Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 22 AL 166/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14.06.1994 und des Widerspruchsbescheides vom 07.09.1994 verurteilt, der Klägerin Konkursausfallgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen gemäß dem Antrag vom 17.05.1994 zu zahlen. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Konkursausfallgeld ab Oktober 1993.
Die Klägerin war seit März 1992 bei der "H C GmbH" als Sekretärin beschäftigt. Arbeitsentgelt hat sie bis einschließlich September 1993 erhalten. Anfang Dezember 1993 erkrankte die Klägerin. Als sie im Januar 1994 versuchte, die Arbeit wieder aufzunehmen, fand sie die Geschäftsräume des Unternehmens verschlossen. Ihre Ansprüche machte die Klägerin unter dem 11.01.1994 bei dem Arbeitsgericht T anhängig. Die Klage konnte dem Arbeitgeber nicht zugestellt werden; der Geschäftsführer des Unternehmens hatte sich mit unbekanntem Aufenthalt ins Ausland abgesetzt. - Mit Beschluss vom 02.05.1994 wies das Amtsgericht S (Az.: 00 N 000/00) - einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der " H C GmbH "- als unzulässig zurück: Feststellungen zur Masselosigkeit könnten nicht getroffen werden, da der Vertreter des Unternehmens nicht greifbar sei. Die Klägerin ist in diesem Verfahren als Zeugin gehört worden.
Am 19.04.1994 wandte sich die Klägerin wegen der Gewährung von Konkursausfallgeld an die Beklagte und stellte unter dem 17.05.1994 den formellen Leistungsantrag betreffend den Zeitraum Oktober 1993 - Januar 1994. Das Begehren blieb ohne Erfolg (Bescheid der Beklagten vom 14.06.1994/Widerspruchsbescheid vom 07.09.1994), ebenso die zum SG Köln erhobene Klage - Gerichtsbescheid vom 07.01.1997 zu Az.: S 22 Ar 207/94 -. Auf die Berufung der Klägerin wurde der Gerichtsbescheid aufgehoben und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das erkennende Gericht zurückverwiesen (Urteil des LSG NRW vom 07.05.1998 - L 9 AL 30/97 - ). Das Landessozialgericht kam, ausgehend von der Einstellung der Betriebstätigkeit der " H C GmbH " im Dezember 1993 zu dem Ergebnis, nicht alle für die Masselosigkeit des Unternehmens bedeutsamen Beweismittel und Beweisanzeichen seien herangezogen worden. Letzteres müsse nunmehr von der - ersten - Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die angefochtene Entscheidungen der Beklagten, den Gerichtsbescheid vom 07.01.1997 sowie das Urteil des LSG NRW vom 07.05.1998 verwiesen ( vgl. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Gericht hat Ermittlungen zur Frage der Masselosigkeit der " H C GmbH " durchgeführt (vgl. Bl. 105 f Nr. 1 - 18 der Gerichtsakten). - Wegen des Ergebnisses sei auf die Auskünfte der A Inkasso AG vom 29.02.2000 (Bl. 116 GA), des Finanzamtes S vom 29.02.2000 (Bl. 117 GA), der Stadtsparkasse X vom 29.02.2000 (Bl. 119 GA), der U Krankenkasse vom 29.02.2000 (Bl. 120 ff GA), der G GmbH u. Co KG vom 09.03.2000 (Bl. 143 GA), der I AG vom 10.03.2000 (Bl. 145 ff GA), der S1 Inkasso GmbH u. Co KG vom 08.03.2000 (Bl. 148 GA), der Steuerberater S2 und M vom 15.03.2000 (Bl. 149 f), der Rechtsanwälte Dr. T1 - u.a.- vom 16.03.2000 (Bl. 152 GA), der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes vom 20.03.2000 (Bl. 153 GA), des Hauptzollamtes Düsseldorf vom 24.03.2000 (Bl. 154 GA), der AOK Rheinland vom 28.03.2000 (Bl. 160 GA), der Bau-BG vom 10.04.2000 (Bl. 161 f GA) und der Steuerberater B/N vom 05.06.2000 (Bl. 164 GA) Bezug genommen.
Angesichts des Ergebnisses stellt auch die Beklagte Masselosigkeit der H C GmbH nicht mehr in Abrede (Schriftsatz vom 23.02.2001 - Bl. 177 GA). Nunmehr verweist sie jedoch auf die Angabe der Klägerin im Konkursantragsverfahren, ab Oktober 1993 sei keine Geschäftstätigkeit der Schuldnerin mehr feststellbar gewesen; sie, die Klägerin, habe im Büro "nur noch herumgesessen". Abwicklungsarbeiten nach Einstellung der Betriebstätigkeit - so die Beklagte - seien unerheblich.
Dem hält die Klägerin - mit Beweisantritt - entgegen, die Betriebstätigkeit der "H C GmbH" habe erst im Dezember 1993 ihr Ende gefunden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.06.1994 und des Widerspruchsbescheides vom 07.09.1994 zu verurteilen, Konkursausfallgeld gemäß dem Antrag vom 17.05.1994 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Wertung.
Das Gericht hat zur Klärung des Zeitpunktes der Betriebseinstellung der "H C GmbH" die Herren H1, N, B, C1 sowie T2 im Termin vom 18.07.2002 als Zeugen gehört. Auf die Anlagen 1-5 zur Niederschrift vom Teminstage sei dieserhalb verwiesen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch der zum Az.: S 00 Ar 000/00 - SG Köln - (H1./. BA.) geführten, den der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - Kaug Nr.: 0000 -, der Akten des Amtsgerichts S-00 N 000/00 - sowie den der StA X1 - 00 Js 0000/00 -, die das Gericht beigezogen hat und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 14.06.1994 und der Widerspruchsbescheid vom 07.09.1994 durch die die Beklagte der Klägerin Konkursausfallgeld verweigert hat, sind rechtswidrig. Sie beinhalten daher eine Beschwer der Klägerin i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG und unterliegen der Aufhebung. Die seitens des Gerichtes eingeholten Auskünfte von Gläubigern der H C GmbH, schließlich das Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18.07.2002 begründen vielmehr die Überzeugung der Kammer, dass sämtliche Voraussetzungen der §§ 141a ff Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gegeben sind.
Dies gilt zunächst für den Zeitpunkt der Antragstellung. Gem. § 141e Abs. 1 S. 2 AFG ist der Antrag auf Konkursausfallgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von 2 Monaten nach Eröffnung des Konkursverfahrens oder einem gleichrangigem Ereignis - hierunter die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG) - zu stellen. Betriebseinstellung der "H C GmbH" erfolgte nach Angaben der Klägerin im Dezember 1993; ihr Formularantrag auf Gewährung von Konkursausfallgeld datiert vom 17.05.1994. Verstreichen der zweimonatigen Antragsfrist kann der Klägerin dennoch nicht entgegengehalten werden. Hat nämlich der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Konkursausfallgeld gewährt, wenn der Antrag innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden ist (§ 141e Abs. 1 S. 3 AFG). Im Falle der "H C GmbH" gestalteten sich die im Konkursantragsverfahren durchzuführenden Ermittlungen des Amtsgerichts S schwierig, da auf den Geschäftsführer der GmbH nicht zurückgegriffen werden konnte. Erst mit Beschluss des Amtsgerichts vom 02.05.1994 stand daher fest, dass Konkurseröffnung, nach § 141b Abs. 3 Nr. 2 "vorrangiges" Insolvenzereignis, nicht stattfinden würde. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit steht der Leistungsantrag der Klägerin vom 17.05.1994. Im übrigen ist augenfällig, dass die Klägerin zur Durchsetzung ihrer (Arbeitsentgelt-)Ansprüche gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber keinerlei Sorgfalt hat vermissen lassen, sodass auch § 141e Abs. 1 S. 4 AFG dem Vorwurf der Versäumung der Antragsfrist entgegenstehen würde: Bereits unter dem 11.01.1994 hat die Klägerin wegen ausstehenden Arbeitsentgeltes Klage gegen die " H C GmbH " zum Arbeitsgericht T erhoben und ist im übrigen schon am 19.04.1994 wegen Konkursausfallgeldes an die Beklagte herangetreten.
Des weiteren ist Grundlage der gerichtlichen Entscheidung, dass ein als "unzulässig" vom zuständigen Konkursgericht zurückgewiesener Konkursantrag - so der Beschluss des Amtsgerichts S vom 02.05.1994 - als "Nichtantrag" i. R. des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG zu werten ist. Auch an der weiteren Voraussetzung der Vorschrift, der Masselosigkeit der "H C GmbH", fehlt es nicht. Dies ist das Ergebnis der vom Gericht eingeholten Auskünfte (vgl. Bl. 105 ff GA): Insbesondere die Mitteilungen des Finanzamtes S vom 29.02.2000 (1.421.152,83 DM), der U Krankenkasse vom 29.02.2000 (25.013,68 DM), der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes vom 20.03.2000 (134.703,05 DM), der AOK Rheinland vom 28.03.2000 (126.245,20 DM) und der Bau-BG vom 10.04.2000 (12.255,67 DM) weisen auf so erhebliche Verbindlichkeiten der "H C GmbH" hin, dass von Überschuldung des Unternehmens gesprochen werden muss. Masselosigkeit legen auch die fruchtlosen Beitreibungsbemühungen der H2 Krankenkasse vom Oktober 1993 (vgl. Bl. 129 GA), der G GmbH u. Co KG (vgl. Bl. 143 GA), der Steuerberater B/N (vgl. Bl. 144 GA) und der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (vgl. Bl. 154 ff GA) nahe. Dieser Erkenntnis verschließt sich auch die Beklagte nicht (vgl. Schriftsatz vom 23.02.2001).
Als Ablehnungsgrund führt sie hingegen - nunmehr - ins Feld, Einstellung der Betriebstätigkeit der "H C GmbH" sei nicht erst im Dezember 1993, sondern bereits im Oktober des Jahres zu verzeichnen. Dem ist indes nicht zu folgen:
Zum einen widerspricht eine solche "Kehrtwendung" der eigenen "Feststellung einer Insolvenz" seitens der Beklagten vom 24.01.1994 (Vorsatzblatt zur Kaug-Akte): Zeitnah wurde hier als Zeitpunkt der Einstellung der Betriebstätigkeit der 18.12.1993 vermerkt. Entsprechende Eintragungen finden sich Bl. 1 Kaug-Akte Teil I. Im Schreiben der Beklagten vom 06.01.1995 an das Finanzamt S ist von "Beendigung der gewerblichen Tätigkeit am 23.12.1993 die Rede. Zum anderen geht auch das Urteil des LSG NRW vom 07.05.1998 in Einklang hiermit von Betriebseinstellung "im Dezember 1993" aus, ohne dass die Beklagte dies bisher in Zweifel gezogen hätte.
Ihr neuer Ansatz, der sich allein auf die Bekundungen der Klägerin anlässlich der Vernehmung vom 14.04.1994 im Konkursantragsverfahren stützt, "ab Oktober 1993" sei "eigentlich keine Betriebstätigkeit der Schuldnerin mehr feststellbar" gewesen, man habe im Büro "nur noch herumgesessen", begegnet schon deshalb Bedenken, weil aus den seinerzeit geschilderten Wahrnehmungen der Klägerin nicht zwingend auf die Einstellung der Betriebstätigkeit des Unternehmens insgesamt, das außerhalb des Bürobereiches liegende Baustellen betreute, zu schließen ist. Dem entsprechend präzisiert die Klägerin bei eingehender Befragung durch das Gericht im Termin vom 18.07.2002 ihre Darstellung dahingehend, dass sich die Aufgaben im Büro bis in den Dezember 1993 hinein zunehmend abgeschwächt, dennoch, auch was den ohnehin schon geringen Kontakt zum Chef B1 betraf, in durchaus betriebstypischer Form fortgesetzt haben. Glaubhaft versichert die Klägerin, aus ihrer Perspektive sei keineswegs erkennbar gewesen, dass es mit dem Unternehmen schon vor Dezember 1993 zu Ende gegangen sei. Vielmehr sei sie mit Querelen um Baustellen, insbesondere aber mit der "Behandlung" der Gläubiger bis zu ihrer Erkrankung im Dezember 1993 beschäftigt gewesen.
Bestätigt wird die Annahme, es habe bis in den Dezember 1993 hinein noch betriebstypische Aktivitäten der "H C GmbH" gegeben, schließlich durch die Gesamtheit der Bekundungen der im Termin vom 18.07.2002 gehörten Zeugen. Um Abwicklungsarbeiten dürfte es sich schon deshalb nicht gehandelt haben, da angesichts des plötzlichen Verschwindens des Repräsentanten der GmbH, B1, von irgendwie planvoller Beendigung des Unternehmens gerichteter Tätigkeit keine Rede gewesen sein kann. Dementsprechend bestätigt der Zeuge H1 glaubhaft Bauaufträge noch für Oktober/November 1993, die nach ihrem Volumen jedenfalls für länger als 2 Monate ausgelegt waren. Dass der Zeuge der Lebensgefährtin der Klägerin ist, stellt seine Angaben nach Wertung der Kammer nicht infrage, ebensowenig die Tatsache, dass er gegen den ihm negativen Gerichtsbescheid des SG Köln vom 21.08.1996 - S 00 Ar 000/00 - entgegen der Klägerin Berufung nicht eingelegt hat; der Zeuge verweist insoweit glaubhaft auf seine finanziell angespannte Situation. In Einklang mit seiner Aussage berichten zudem die Zeugen N und B, die Steuerberater der "H C GmbH", von einem im Dezember 1993 geplatzten Scheck, mit dem die Erstellung der Gehaltsabrechnung November 1993 für das Unternehmen honoriert werden sollte; die Einlösung sollte vor Weihnachten erfolgen. Auf ca. 20 Mitarbeiter des Unternehmens habe sich die Lohnabrechnung bezogen, erinnert sich der Zeuge B. Aus dem Gesamtgeschehen schließt er, dass Ende November/Anfang Dezember, jedenfalls Ende des Jahres 1993, die Betriebstätigkeit der "H C GmbH" erst ihr Ende gefunden hat. Entsprechend Aussagekräftiges vermögen die Zeugen C1 und T2 nicht beizutragen. Allerdings bekundet der Zeuge T2, dass er die H C GmbH als Subunternehmer für den Rohbau eines Mehrfamilienhauses - 9 Familien - hinzugezogen hat. Er bestätigt damit jedenfalls den Eindruck der Kammer, dass es im Jahre 1993 durchaus nicht an Aufträgen für das Insolvenzunternehmen gefehlt hat. Im Zusammenhang mit den Bekundungen der Zeugen H1, N und B schließt sich der Kreis. Der Klage durfte nach allem der Erfolg nicht versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Konkursausfallgeld ab Oktober 1993.
Die Klägerin war seit März 1992 bei der "H C GmbH" als Sekretärin beschäftigt. Arbeitsentgelt hat sie bis einschließlich September 1993 erhalten. Anfang Dezember 1993 erkrankte die Klägerin. Als sie im Januar 1994 versuchte, die Arbeit wieder aufzunehmen, fand sie die Geschäftsräume des Unternehmens verschlossen. Ihre Ansprüche machte die Klägerin unter dem 11.01.1994 bei dem Arbeitsgericht T anhängig. Die Klage konnte dem Arbeitgeber nicht zugestellt werden; der Geschäftsführer des Unternehmens hatte sich mit unbekanntem Aufenthalt ins Ausland abgesetzt. - Mit Beschluss vom 02.05.1994 wies das Amtsgericht S (Az.: 00 N 000/00) - einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der " H C GmbH "- als unzulässig zurück: Feststellungen zur Masselosigkeit könnten nicht getroffen werden, da der Vertreter des Unternehmens nicht greifbar sei. Die Klägerin ist in diesem Verfahren als Zeugin gehört worden.
Am 19.04.1994 wandte sich die Klägerin wegen der Gewährung von Konkursausfallgeld an die Beklagte und stellte unter dem 17.05.1994 den formellen Leistungsantrag betreffend den Zeitraum Oktober 1993 - Januar 1994. Das Begehren blieb ohne Erfolg (Bescheid der Beklagten vom 14.06.1994/Widerspruchsbescheid vom 07.09.1994), ebenso die zum SG Köln erhobene Klage - Gerichtsbescheid vom 07.01.1997 zu Az.: S 22 Ar 207/94 -. Auf die Berufung der Klägerin wurde der Gerichtsbescheid aufgehoben und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das erkennende Gericht zurückverwiesen (Urteil des LSG NRW vom 07.05.1998 - L 9 AL 30/97 - ). Das Landessozialgericht kam, ausgehend von der Einstellung der Betriebstätigkeit der " H C GmbH " im Dezember 1993 zu dem Ergebnis, nicht alle für die Masselosigkeit des Unternehmens bedeutsamen Beweismittel und Beweisanzeichen seien herangezogen worden. Letzteres müsse nunmehr von der - ersten - Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die angefochtene Entscheidungen der Beklagten, den Gerichtsbescheid vom 07.01.1997 sowie das Urteil des LSG NRW vom 07.05.1998 verwiesen ( vgl. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Gericht hat Ermittlungen zur Frage der Masselosigkeit der " H C GmbH " durchgeführt (vgl. Bl. 105 f Nr. 1 - 18 der Gerichtsakten). - Wegen des Ergebnisses sei auf die Auskünfte der A Inkasso AG vom 29.02.2000 (Bl. 116 GA), des Finanzamtes S vom 29.02.2000 (Bl. 117 GA), der Stadtsparkasse X vom 29.02.2000 (Bl. 119 GA), der U Krankenkasse vom 29.02.2000 (Bl. 120 ff GA), der G GmbH u. Co KG vom 09.03.2000 (Bl. 143 GA), der I AG vom 10.03.2000 (Bl. 145 ff GA), der S1 Inkasso GmbH u. Co KG vom 08.03.2000 (Bl. 148 GA), der Steuerberater S2 und M vom 15.03.2000 (Bl. 149 f), der Rechtsanwälte Dr. T1 - u.a.- vom 16.03.2000 (Bl. 152 GA), der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes vom 20.03.2000 (Bl. 153 GA), des Hauptzollamtes Düsseldorf vom 24.03.2000 (Bl. 154 GA), der AOK Rheinland vom 28.03.2000 (Bl. 160 GA), der Bau-BG vom 10.04.2000 (Bl. 161 f GA) und der Steuerberater B/N vom 05.06.2000 (Bl. 164 GA) Bezug genommen.
Angesichts des Ergebnisses stellt auch die Beklagte Masselosigkeit der H C GmbH nicht mehr in Abrede (Schriftsatz vom 23.02.2001 - Bl. 177 GA). Nunmehr verweist sie jedoch auf die Angabe der Klägerin im Konkursantragsverfahren, ab Oktober 1993 sei keine Geschäftstätigkeit der Schuldnerin mehr feststellbar gewesen; sie, die Klägerin, habe im Büro "nur noch herumgesessen". Abwicklungsarbeiten nach Einstellung der Betriebstätigkeit - so die Beklagte - seien unerheblich.
Dem hält die Klägerin - mit Beweisantritt - entgegen, die Betriebstätigkeit der "H C GmbH" habe erst im Dezember 1993 ihr Ende gefunden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.06.1994 und des Widerspruchsbescheides vom 07.09.1994 zu verurteilen, Konkursausfallgeld gemäß dem Antrag vom 17.05.1994 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Wertung.
Das Gericht hat zur Klärung des Zeitpunktes der Betriebseinstellung der "H C GmbH" die Herren H1, N, B, C1 sowie T2 im Termin vom 18.07.2002 als Zeugen gehört. Auf die Anlagen 1-5 zur Niederschrift vom Teminstage sei dieserhalb verwiesen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch der zum Az.: S 00 Ar 000/00 - SG Köln - (H1./. BA.) geführten, den der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - Kaug Nr.: 0000 -, der Akten des Amtsgerichts S-00 N 000/00 - sowie den der StA X1 - 00 Js 0000/00 -, die das Gericht beigezogen hat und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 14.06.1994 und der Widerspruchsbescheid vom 07.09.1994 durch die die Beklagte der Klägerin Konkursausfallgeld verweigert hat, sind rechtswidrig. Sie beinhalten daher eine Beschwer der Klägerin i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG und unterliegen der Aufhebung. Die seitens des Gerichtes eingeholten Auskünfte von Gläubigern der H C GmbH, schließlich das Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18.07.2002 begründen vielmehr die Überzeugung der Kammer, dass sämtliche Voraussetzungen der §§ 141a ff Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gegeben sind.
Dies gilt zunächst für den Zeitpunkt der Antragstellung. Gem. § 141e Abs. 1 S. 2 AFG ist der Antrag auf Konkursausfallgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von 2 Monaten nach Eröffnung des Konkursverfahrens oder einem gleichrangigem Ereignis - hierunter die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG) - zu stellen. Betriebseinstellung der "H C GmbH" erfolgte nach Angaben der Klägerin im Dezember 1993; ihr Formularantrag auf Gewährung von Konkursausfallgeld datiert vom 17.05.1994. Verstreichen der zweimonatigen Antragsfrist kann der Klägerin dennoch nicht entgegengehalten werden. Hat nämlich der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Konkursausfallgeld gewährt, wenn der Antrag innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden ist (§ 141e Abs. 1 S. 3 AFG). Im Falle der "H C GmbH" gestalteten sich die im Konkursantragsverfahren durchzuführenden Ermittlungen des Amtsgerichts S schwierig, da auf den Geschäftsführer der GmbH nicht zurückgegriffen werden konnte. Erst mit Beschluss des Amtsgerichts vom 02.05.1994 stand daher fest, dass Konkurseröffnung, nach § 141b Abs. 3 Nr. 2 "vorrangiges" Insolvenzereignis, nicht stattfinden würde. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit steht der Leistungsantrag der Klägerin vom 17.05.1994. Im übrigen ist augenfällig, dass die Klägerin zur Durchsetzung ihrer (Arbeitsentgelt-)Ansprüche gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber keinerlei Sorgfalt hat vermissen lassen, sodass auch § 141e Abs. 1 S. 4 AFG dem Vorwurf der Versäumung der Antragsfrist entgegenstehen würde: Bereits unter dem 11.01.1994 hat die Klägerin wegen ausstehenden Arbeitsentgeltes Klage gegen die " H C GmbH " zum Arbeitsgericht T erhoben und ist im übrigen schon am 19.04.1994 wegen Konkursausfallgeldes an die Beklagte herangetreten.
Des weiteren ist Grundlage der gerichtlichen Entscheidung, dass ein als "unzulässig" vom zuständigen Konkursgericht zurückgewiesener Konkursantrag - so der Beschluss des Amtsgerichts S vom 02.05.1994 - als "Nichtantrag" i. R. des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG zu werten ist. Auch an der weiteren Voraussetzung der Vorschrift, der Masselosigkeit der "H C GmbH", fehlt es nicht. Dies ist das Ergebnis der vom Gericht eingeholten Auskünfte (vgl. Bl. 105 ff GA): Insbesondere die Mitteilungen des Finanzamtes S vom 29.02.2000 (1.421.152,83 DM), der U Krankenkasse vom 29.02.2000 (25.013,68 DM), der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes vom 20.03.2000 (134.703,05 DM), der AOK Rheinland vom 28.03.2000 (126.245,20 DM) und der Bau-BG vom 10.04.2000 (12.255,67 DM) weisen auf so erhebliche Verbindlichkeiten der "H C GmbH" hin, dass von Überschuldung des Unternehmens gesprochen werden muss. Masselosigkeit legen auch die fruchtlosen Beitreibungsbemühungen der H2 Krankenkasse vom Oktober 1993 (vgl. Bl. 129 GA), der G GmbH u. Co KG (vgl. Bl. 143 GA), der Steuerberater B/N (vgl. Bl. 144 GA) und der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (vgl. Bl. 154 ff GA) nahe. Dieser Erkenntnis verschließt sich auch die Beklagte nicht (vgl. Schriftsatz vom 23.02.2001).
Als Ablehnungsgrund führt sie hingegen - nunmehr - ins Feld, Einstellung der Betriebstätigkeit der "H C GmbH" sei nicht erst im Dezember 1993, sondern bereits im Oktober des Jahres zu verzeichnen. Dem ist indes nicht zu folgen:
Zum einen widerspricht eine solche "Kehrtwendung" der eigenen "Feststellung einer Insolvenz" seitens der Beklagten vom 24.01.1994 (Vorsatzblatt zur Kaug-Akte): Zeitnah wurde hier als Zeitpunkt der Einstellung der Betriebstätigkeit der 18.12.1993 vermerkt. Entsprechende Eintragungen finden sich Bl. 1 Kaug-Akte Teil I. Im Schreiben der Beklagten vom 06.01.1995 an das Finanzamt S ist von "Beendigung der gewerblichen Tätigkeit am 23.12.1993 die Rede. Zum anderen geht auch das Urteil des LSG NRW vom 07.05.1998 in Einklang hiermit von Betriebseinstellung "im Dezember 1993" aus, ohne dass die Beklagte dies bisher in Zweifel gezogen hätte.
Ihr neuer Ansatz, der sich allein auf die Bekundungen der Klägerin anlässlich der Vernehmung vom 14.04.1994 im Konkursantragsverfahren stützt, "ab Oktober 1993" sei "eigentlich keine Betriebstätigkeit der Schuldnerin mehr feststellbar" gewesen, man habe im Büro "nur noch herumgesessen", begegnet schon deshalb Bedenken, weil aus den seinerzeit geschilderten Wahrnehmungen der Klägerin nicht zwingend auf die Einstellung der Betriebstätigkeit des Unternehmens insgesamt, das außerhalb des Bürobereiches liegende Baustellen betreute, zu schließen ist. Dem entsprechend präzisiert die Klägerin bei eingehender Befragung durch das Gericht im Termin vom 18.07.2002 ihre Darstellung dahingehend, dass sich die Aufgaben im Büro bis in den Dezember 1993 hinein zunehmend abgeschwächt, dennoch, auch was den ohnehin schon geringen Kontakt zum Chef B1 betraf, in durchaus betriebstypischer Form fortgesetzt haben. Glaubhaft versichert die Klägerin, aus ihrer Perspektive sei keineswegs erkennbar gewesen, dass es mit dem Unternehmen schon vor Dezember 1993 zu Ende gegangen sei. Vielmehr sei sie mit Querelen um Baustellen, insbesondere aber mit der "Behandlung" der Gläubiger bis zu ihrer Erkrankung im Dezember 1993 beschäftigt gewesen.
Bestätigt wird die Annahme, es habe bis in den Dezember 1993 hinein noch betriebstypische Aktivitäten der "H C GmbH" gegeben, schließlich durch die Gesamtheit der Bekundungen der im Termin vom 18.07.2002 gehörten Zeugen. Um Abwicklungsarbeiten dürfte es sich schon deshalb nicht gehandelt haben, da angesichts des plötzlichen Verschwindens des Repräsentanten der GmbH, B1, von irgendwie planvoller Beendigung des Unternehmens gerichteter Tätigkeit keine Rede gewesen sein kann. Dementsprechend bestätigt der Zeuge H1 glaubhaft Bauaufträge noch für Oktober/November 1993, die nach ihrem Volumen jedenfalls für länger als 2 Monate ausgelegt waren. Dass der Zeuge der Lebensgefährtin der Klägerin ist, stellt seine Angaben nach Wertung der Kammer nicht infrage, ebensowenig die Tatsache, dass er gegen den ihm negativen Gerichtsbescheid des SG Köln vom 21.08.1996 - S 00 Ar 000/00 - entgegen der Klägerin Berufung nicht eingelegt hat; der Zeuge verweist insoweit glaubhaft auf seine finanziell angespannte Situation. In Einklang mit seiner Aussage berichten zudem die Zeugen N und B, die Steuerberater der "H C GmbH", von einem im Dezember 1993 geplatzten Scheck, mit dem die Erstellung der Gehaltsabrechnung November 1993 für das Unternehmen honoriert werden sollte; die Einlösung sollte vor Weihnachten erfolgen. Auf ca. 20 Mitarbeiter des Unternehmens habe sich die Lohnabrechnung bezogen, erinnert sich der Zeuge B. Aus dem Gesamtgeschehen schließt er, dass Ende November/Anfang Dezember, jedenfalls Ende des Jahres 1993, die Betriebstätigkeit der "H C GmbH" erst ihr Ende gefunden hat. Entsprechend Aussagekräftiges vermögen die Zeugen C1 und T2 nicht beizutragen. Allerdings bekundet der Zeuge T2, dass er die H C GmbH als Subunternehmer für den Rohbau eines Mehrfamilienhauses - 9 Familien - hinzugezogen hat. Er bestätigt damit jedenfalls den Eindruck der Kammer, dass es im Jahre 1993 durchaus nicht an Aufträgen für das Insolvenzunternehmen gefehlt hat. Im Zusammenhang mit den Bekundungen der Zeugen H1, N und B schließt sich der Kreis. Der Klage durfte nach allem der Erfolg nicht versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
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