Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 (9) KR 138/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Kostenbeteiligung der Beklagten an einem von ihr im Jahre 2001 absolvierten Funktionstraining.
Sie wurde im Jahre 1930 geboren und leidet unter einer Morbus Parkinson Erkrankung. Aufgrund dessen wurde ihr vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 zuerkannt. Sie ist Mitglied der Turnerschaft 0000 e.V. C, die im Rahmen einer Morbus-Parkinson-Gruppe laufend Funktionstraining in Form von Wassergymnastik anbietet. Das Funktionstraining wird wöchentlich außerhalb der Schulferien in einem Schwimmbad durchgeführt, welches zu einem Schulgebäude gehört.
Im ersten Halbjahr des Jahres 2000 hatte die Beklagte auf einen entsprechenden Antrag und eine Verordnung des behandelnden Arztes das von der Klägerin durchgeführte Funktionstraining gefördert, indem sie pro Termin festgesetzte Beträge an die Turnerschaft 0000 e.V. C überwies. Dabei handelte es sich um einen Betrag zwischen 6,50 DM und 9,50 DM.
Am 29.01.2001 beantragte die Klägerin erneut unter Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung ihres behandelnden Arztes, des Neurologen und Psychiaters Dr. I, die Förderung des Funktionstrainings und zwar für das gesamte Jahr 2001. Nach Befragung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Kosten könnten nicht erneut übernommen werden. Funktionstraining sei darauf ausgerichtet, die behinderungsbedingte Einschränkung zu überwinden. Es sollten Fähigkeiten und Bewegungsabläufe vermittelt werden, um den Behinderten in die Lage zu versetzen, sportliche Übungen selbst durchzuführen. Ein Zeitraum von 6 Monaten solle im Allgemeinen nicht überschritten werden. Die wiederholte Verordnung sei nur möglich, falls dies zur Erreichung oder Sicherung des Reha-Zieles erforderlich sei. Daraufhin reichte die Klägerin ein Attest der Uni-Klinik Köln ein, welches das Vorliegen einer Muskelsteifigkeit belegt. Sie vertrat die Auffassung, dass dies zur Rechtfertigung einer Folgeverordnung ausreichend sei.
Mit Bescheid vom 13.03.2001 lehnte die Beklagte nach nochmaliger Befragung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen den Antrag ab. Ergänzend führte sie zur Begründung aus, Reha-Sport werde nur so lange gefördert, wie Versicherte der Überwachung durch einen Arzt oder der Anleitung durch einen Übungsleiter bedürften. Danach seien die Maßnahmen in die eigene Verantwortung des Betreffenden gestellt. Es handele sich um Maßnahmen der Hilfe zur Selbsthilfe. Bei chronischen Krankheitsbildern könne die Selbständigkeit zwar dauerhaft fehlen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin dagegen geltend, sie könne die wassergymnastischen Übungen nicht alleine durchführen, weil sie kein eigenes Schwimmbecken besitze. Die Durchführung der Übungen im Wasser sei aber erforderlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2001 wurde der Widerspruch von der Beklagten zurückgewiesen. Dabei bezog sie sich nunmehr auf die Vorschriften der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining (RehaSpGVb), wonach die entsprechenden Maßnahmen als Hilfe zur Selbsthilfe gedacht seien und das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V.
Mit Bescheid vom 02.08.2001 hob die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 03.05.2001 auf und führte hinsichtlich der Ermessenserwägungen ergänzend aus, sportliche Betätigung sei sinnvoll und notwendig, müsse aber von der Klägerin in eigener Verantwortung durchgeführt werden. Sie habe die entsprechenden Übungen erlernt und könne sie selbst ohne Zuschuss der Beklagten durchführen.
Am 22.05.2001 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf ihre Ausführung aus dem Verwaltungsverfahren. Ferner macht sie geltend, die Beklagte habe in vergleichbaren Fällen auch Folgeverordnungen positiv beschieden. Insofern sei ihr Verhalten widersprüchlich. Die Erkrankung als solche könne sich grundsätzlich nur verschlechtern. Dies könne nicht billigend in Kauf genommen werden, ohne Maßnahmen zu fördern, die der Verschlechterung entgegenwirkten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2001 zu verurteilen, die Kosten für die im Jahre 2001 durchgeführten Funktionstrainingsmaßnahmen in Form von Wassergymnastik nach den jeweils geltenden Sätzen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Außerdem stützt sie ihre Auffassung auf ein Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13.12.2001, welches sie in Kopie vorlegt. Sie hält die dort dargestellten Grundsätze auch im vorliegenden Fall für anwendbar.
Zur Frage des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen für die Bewilligung des Funktionstrainings hat das Gericht den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. I Stellung nehmen lassen. Ferner hat das Gericht von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. N am 18.11.2001 eingeholt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Prozessakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 13.03.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2001 ist nicht rechtswidrig und die Klägerin deswegen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung des von ihr durchgeführten Funktionstrainings bei der Turnerschaft 0000 e.V. C für das Jahr 2001. Denn es lässt sich schon nicht feststellen, dass die Ablehnung der Förderung dieses Funktionstrainings durch die Beklagte ermessensfehlerhaft im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG gewesen ist.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 43 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in der bis zum 30.06.2001 gültigen Fassung bzw. ab dem 01.07.2001 § 44 Abs. 1 Nr. 4 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX). § 43 Nr. 1 SGB V räumte den Krankenversicherungsträgern die Möglichkeit ein, Rehabilitationssport und Funktionstraining gegenüber ihren Versicherten zu fördern. Art und Umfang der Förderung stand im Ermessen der Versicherungsträger. Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG wäre die Ablehnung der Förderung deswegen nur dann rechtswidrig, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden wären oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.
Die Beklagte hat zunächst von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht, wie sich aus den ausführlichen Erwägungen in dem Widerspruchsbescheid vom 02.08.2001 ergibt. Insoweit ist es insbesondere unschädlich, dass die entsprechenden Ausführungen erst während des laufenden Klageverfahrens mitgeteilt wurden. Hierfür hätte es abweichend zum alten Recht nach der Änderung des § 41 Abs. 2 SGB X sogar keines ausdrücklichen Widerspruchsbescheides mehr bedurft (vgl. Kassler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 41 SGB X Rz. 25).
Die Beklagte hat ihr Ermessen auch nicht in einem dem Zweck der Ermächtigung widersprechenden Weise ausgeübt (Ermessensmissbrauch). Sie hat sich bei ihrer Entscheidung im Wesentlichen an den als solchen nicht zu beanstandenden Ermessensrichtlinien der RehaSpGVb orientiert. Die in diesem Zusammenhang hier einschlägigen Regelungen über das Funktionstraining sehen die Notwendigkeit solange als gegeben an, wie der Behinderte während des Funktionstrainings der Anleitung durch den Therapeuten bedarf, also nicht über Fertigkeiten in den Bewegungsabläufen verfügt, die ihn in die Lage versetzen, das Funktionstraining selbständig durchzuführen. Die Selbständigkeit kann bei bestimmten chronischen Krankheiten dauerhaft fehlen (vgl. § 3 Abs. 2 Reha SpGVb). Andererseits sind nach § 3 Abs. 3 RehaSpGVb Übungen ohne medizinische Notwendigkeit, die lediglich der Erzielung oder Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens dienen, nicht als Funktionstraining anzuerkennen. Ferner sind nach § 14 Abs. 3 Satz 2 Reha SpGVb maßgeblich für eine angemessene Förderungsdauer die Verhältnisse des Einzelfalles. Die Notwendigkeit von Funktionstraining kann wiederholt bescheinigt werden, soweit dies zur Erreichung oder Sicherung des Rehabilitationsziels erforderlich ist.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte, die wie oben bereits dargelegt im Sinne der auszufüllenden Ermessensregelung des § 43 Nr. 1 SGB V nicht zu beanstanden sind, ist die Ablehnung der Förderung des Funktionstrainings gegenüber der Klägerin für das Jahr 2001 nicht ermessensfehlerhaft. Dabei stützt sich die Kammer im Wesentlichen auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. N in seinem Gutachten vom 18.11.2001. Danach leidet die Klägerin unter einem sogenannten monorigiden Parkinson Syndrom mit Muskelsteifheit. Zum Zeitpunkt der Untersuchung und in dem gesamten hier fraglichen Zeitraum war die Erkrankung jedoch medikamentös sehr gut eingestellt. Pathologische Defizite im Sinne eines Morbus Parkinson waren nicht festzustellen. Insbesondere lagen eine Erhöhung des Muskeltonus, ein Zahnradphänomen sowie die typischen amimischen Zeichen und Gangbildveränderungen nicht vor. Aufgrund dieses klinischen Zustandes der Klägerin ist es nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht missbräuchlich, wenn die Beklagte die medizinische Notwendigkeit der weiteren Durchführung der Wassergymnastik jedenfalls für diesen Zeitraum abgelehnt hat. Aufgrund der Durchführung des bereits zuvor über ein halbes Jahr geförderten Funktionstrainings kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in der Lage ist, die entsprechenden Übungen eigenverantwortlich weiter durchzuführen.
Dem kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, dass ihr ein eigenes Schwimmbad nicht zur Verfügung steht. Denn die Klägerin hat im Rahmen der Begutachtung durch Dr. N angegeben, sie würde mit ihrem Ehemann einmal wöchentlich im warmen Wasser (28 Grad) schwimmen gehen. In diesem Zusammenhang erscheint der Kammer die Durchführung der krankengymnastischen Übungen in eigener Regie unproblematisch möglich. Ob der Klägerin aufgrund der Chronizität der Erkrankung bzw. im Fall einer Verschlechterung in Form des Auftretens der von Dr. N nicht feststellbaren Begleiterscheinungen in Zukunft erneut die Förderung des Funktionstrainings zu bewilligen wäre, steht hier nicht zur Entscheidung und müsste aufgrund eines erneuten Antrages der Klägerin geprüft werden. Jedenfalls erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. N nicht sachwidrig, wenn die Beklagte die Klägerin auf die eigenständige Durchführung der im ersten Halbjahr des Jahres 2000 erlernten Übungen verweist.
Aus der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. I ergibt sich nach Auffassung der Kammer nichts anderes. Zwar hat Dr. I die Notwendigkeit der Wassergymnastik für das Jahr 2000 ausdrücklich bestätigt. Dabei hat er sich aber lediglich auf einen von ihm verfassten Aufsatz bezogen, in dem er generell die Möglichkeiten bzw. die Notwendigkeit von krankengymnastischen Maßnahmen sowie von Funktionstraining und Reha-Sport darlegt. Der pauschalen Aussage des Dr. I, ein Parkinson Erkrankter brauche in jedem Stadium der Erkrankung einmal wöchentlich aufbauende Kritik einer professionellen Krankengymnastik folgt die Kammer nicht. Sie wird nicht der in der RehaSpGVb festgelegten Einzelfallbetrachtung gerecht. Wie oben bereits dargestellt, kann die medizinische Notwendigkeit des Funktionstrainings jedenfalls in dem vorliegenden Einzelfall nicht eindeutig belegt werden. Nach alledem lässt sich eine Ermessensfehlerhaftigkeit der Entscheidung der Beklagten nicht feststellen.
Da schon ein Ermessensfehler nicht vorliegt und die Beklagte deswegen nicht zur Neubescheidung der Klägerin verurteilt werden kann, liegen erst recht die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor, die allein zu einer Verurteilung der Beklagten zur Förderung des Funktionstrainings führen könnten.
Die obigen Ausführungen gelten auch für die nach dem 30.06.2000 bestehende Rechtslage. Die durch den Gesetzgeber vorgenommene Änderung des § 43 Nr. 1 SGB V und die Überführung der Vorschrift über die Förderung des Funktionstrainings in § 44 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX hat in der Sache keine Veränderung nach sich gezogen.
Der Gegenstandswert des vorliegenden Verfahrens beläuft sich unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beteiligten allenfalls auf etwa 200 EUR. Damit ist die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Auch die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor. Auch unter dem Gesichtspunkt des § 144 Abs. 2 SGG kommt eine Zulassung der Berufung nicht in Betracht, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Denn wesentlich sind im vorliegenden Fall die Umstände des Einzelfalles. Die Entscheidung weicht auch nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts oder eines gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Kostenbeteiligung der Beklagten an einem von ihr im Jahre 2001 absolvierten Funktionstraining.
Sie wurde im Jahre 1930 geboren und leidet unter einer Morbus Parkinson Erkrankung. Aufgrund dessen wurde ihr vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 zuerkannt. Sie ist Mitglied der Turnerschaft 0000 e.V. C, die im Rahmen einer Morbus-Parkinson-Gruppe laufend Funktionstraining in Form von Wassergymnastik anbietet. Das Funktionstraining wird wöchentlich außerhalb der Schulferien in einem Schwimmbad durchgeführt, welches zu einem Schulgebäude gehört.
Im ersten Halbjahr des Jahres 2000 hatte die Beklagte auf einen entsprechenden Antrag und eine Verordnung des behandelnden Arztes das von der Klägerin durchgeführte Funktionstraining gefördert, indem sie pro Termin festgesetzte Beträge an die Turnerschaft 0000 e.V. C überwies. Dabei handelte es sich um einen Betrag zwischen 6,50 DM und 9,50 DM.
Am 29.01.2001 beantragte die Klägerin erneut unter Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung ihres behandelnden Arztes, des Neurologen und Psychiaters Dr. I, die Förderung des Funktionstrainings und zwar für das gesamte Jahr 2001. Nach Befragung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Kosten könnten nicht erneut übernommen werden. Funktionstraining sei darauf ausgerichtet, die behinderungsbedingte Einschränkung zu überwinden. Es sollten Fähigkeiten und Bewegungsabläufe vermittelt werden, um den Behinderten in die Lage zu versetzen, sportliche Übungen selbst durchzuführen. Ein Zeitraum von 6 Monaten solle im Allgemeinen nicht überschritten werden. Die wiederholte Verordnung sei nur möglich, falls dies zur Erreichung oder Sicherung des Reha-Zieles erforderlich sei. Daraufhin reichte die Klägerin ein Attest der Uni-Klinik Köln ein, welches das Vorliegen einer Muskelsteifigkeit belegt. Sie vertrat die Auffassung, dass dies zur Rechtfertigung einer Folgeverordnung ausreichend sei.
Mit Bescheid vom 13.03.2001 lehnte die Beklagte nach nochmaliger Befragung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen den Antrag ab. Ergänzend führte sie zur Begründung aus, Reha-Sport werde nur so lange gefördert, wie Versicherte der Überwachung durch einen Arzt oder der Anleitung durch einen Übungsleiter bedürften. Danach seien die Maßnahmen in die eigene Verantwortung des Betreffenden gestellt. Es handele sich um Maßnahmen der Hilfe zur Selbsthilfe. Bei chronischen Krankheitsbildern könne die Selbständigkeit zwar dauerhaft fehlen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin dagegen geltend, sie könne die wassergymnastischen Übungen nicht alleine durchführen, weil sie kein eigenes Schwimmbecken besitze. Die Durchführung der Übungen im Wasser sei aber erforderlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2001 wurde der Widerspruch von der Beklagten zurückgewiesen. Dabei bezog sie sich nunmehr auf die Vorschriften der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining (RehaSpGVb), wonach die entsprechenden Maßnahmen als Hilfe zur Selbsthilfe gedacht seien und das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V.
Mit Bescheid vom 02.08.2001 hob die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 03.05.2001 auf und führte hinsichtlich der Ermessenserwägungen ergänzend aus, sportliche Betätigung sei sinnvoll und notwendig, müsse aber von der Klägerin in eigener Verantwortung durchgeführt werden. Sie habe die entsprechenden Übungen erlernt und könne sie selbst ohne Zuschuss der Beklagten durchführen.
Am 22.05.2001 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf ihre Ausführung aus dem Verwaltungsverfahren. Ferner macht sie geltend, die Beklagte habe in vergleichbaren Fällen auch Folgeverordnungen positiv beschieden. Insofern sei ihr Verhalten widersprüchlich. Die Erkrankung als solche könne sich grundsätzlich nur verschlechtern. Dies könne nicht billigend in Kauf genommen werden, ohne Maßnahmen zu fördern, die der Verschlechterung entgegenwirkten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2001 zu verurteilen, die Kosten für die im Jahre 2001 durchgeführten Funktionstrainingsmaßnahmen in Form von Wassergymnastik nach den jeweils geltenden Sätzen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Außerdem stützt sie ihre Auffassung auf ein Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13.12.2001, welches sie in Kopie vorlegt. Sie hält die dort dargestellten Grundsätze auch im vorliegenden Fall für anwendbar.
Zur Frage des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen für die Bewilligung des Funktionstrainings hat das Gericht den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. I Stellung nehmen lassen. Ferner hat das Gericht von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. N am 18.11.2001 eingeholt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Prozessakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 13.03.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2001 ist nicht rechtswidrig und die Klägerin deswegen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung des von ihr durchgeführten Funktionstrainings bei der Turnerschaft 0000 e.V. C für das Jahr 2001. Denn es lässt sich schon nicht feststellen, dass die Ablehnung der Förderung dieses Funktionstrainings durch die Beklagte ermessensfehlerhaft im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG gewesen ist.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 43 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in der bis zum 30.06.2001 gültigen Fassung bzw. ab dem 01.07.2001 § 44 Abs. 1 Nr. 4 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX). § 43 Nr. 1 SGB V räumte den Krankenversicherungsträgern die Möglichkeit ein, Rehabilitationssport und Funktionstraining gegenüber ihren Versicherten zu fördern. Art und Umfang der Förderung stand im Ermessen der Versicherungsträger. Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG wäre die Ablehnung der Förderung deswegen nur dann rechtswidrig, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden wären oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.
Die Beklagte hat zunächst von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht, wie sich aus den ausführlichen Erwägungen in dem Widerspruchsbescheid vom 02.08.2001 ergibt. Insoweit ist es insbesondere unschädlich, dass die entsprechenden Ausführungen erst während des laufenden Klageverfahrens mitgeteilt wurden. Hierfür hätte es abweichend zum alten Recht nach der Änderung des § 41 Abs. 2 SGB X sogar keines ausdrücklichen Widerspruchsbescheides mehr bedurft (vgl. Kassler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 41 SGB X Rz. 25).
Die Beklagte hat ihr Ermessen auch nicht in einem dem Zweck der Ermächtigung widersprechenden Weise ausgeübt (Ermessensmissbrauch). Sie hat sich bei ihrer Entscheidung im Wesentlichen an den als solchen nicht zu beanstandenden Ermessensrichtlinien der RehaSpGVb orientiert. Die in diesem Zusammenhang hier einschlägigen Regelungen über das Funktionstraining sehen die Notwendigkeit solange als gegeben an, wie der Behinderte während des Funktionstrainings der Anleitung durch den Therapeuten bedarf, also nicht über Fertigkeiten in den Bewegungsabläufen verfügt, die ihn in die Lage versetzen, das Funktionstraining selbständig durchzuführen. Die Selbständigkeit kann bei bestimmten chronischen Krankheiten dauerhaft fehlen (vgl. § 3 Abs. 2 Reha SpGVb). Andererseits sind nach § 3 Abs. 3 RehaSpGVb Übungen ohne medizinische Notwendigkeit, die lediglich der Erzielung oder Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens dienen, nicht als Funktionstraining anzuerkennen. Ferner sind nach § 14 Abs. 3 Satz 2 Reha SpGVb maßgeblich für eine angemessene Förderungsdauer die Verhältnisse des Einzelfalles. Die Notwendigkeit von Funktionstraining kann wiederholt bescheinigt werden, soweit dies zur Erreichung oder Sicherung des Rehabilitationsziels erforderlich ist.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte, die wie oben bereits dargelegt im Sinne der auszufüllenden Ermessensregelung des § 43 Nr. 1 SGB V nicht zu beanstanden sind, ist die Ablehnung der Förderung des Funktionstrainings gegenüber der Klägerin für das Jahr 2001 nicht ermessensfehlerhaft. Dabei stützt sich die Kammer im Wesentlichen auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. N in seinem Gutachten vom 18.11.2001. Danach leidet die Klägerin unter einem sogenannten monorigiden Parkinson Syndrom mit Muskelsteifheit. Zum Zeitpunkt der Untersuchung und in dem gesamten hier fraglichen Zeitraum war die Erkrankung jedoch medikamentös sehr gut eingestellt. Pathologische Defizite im Sinne eines Morbus Parkinson waren nicht festzustellen. Insbesondere lagen eine Erhöhung des Muskeltonus, ein Zahnradphänomen sowie die typischen amimischen Zeichen und Gangbildveränderungen nicht vor. Aufgrund dieses klinischen Zustandes der Klägerin ist es nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht missbräuchlich, wenn die Beklagte die medizinische Notwendigkeit der weiteren Durchführung der Wassergymnastik jedenfalls für diesen Zeitraum abgelehnt hat. Aufgrund der Durchführung des bereits zuvor über ein halbes Jahr geförderten Funktionstrainings kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in der Lage ist, die entsprechenden Übungen eigenverantwortlich weiter durchzuführen.
Dem kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, dass ihr ein eigenes Schwimmbad nicht zur Verfügung steht. Denn die Klägerin hat im Rahmen der Begutachtung durch Dr. N angegeben, sie würde mit ihrem Ehemann einmal wöchentlich im warmen Wasser (28 Grad) schwimmen gehen. In diesem Zusammenhang erscheint der Kammer die Durchführung der krankengymnastischen Übungen in eigener Regie unproblematisch möglich. Ob der Klägerin aufgrund der Chronizität der Erkrankung bzw. im Fall einer Verschlechterung in Form des Auftretens der von Dr. N nicht feststellbaren Begleiterscheinungen in Zukunft erneut die Förderung des Funktionstrainings zu bewilligen wäre, steht hier nicht zur Entscheidung und müsste aufgrund eines erneuten Antrages der Klägerin geprüft werden. Jedenfalls erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. N nicht sachwidrig, wenn die Beklagte die Klägerin auf die eigenständige Durchführung der im ersten Halbjahr des Jahres 2000 erlernten Übungen verweist.
Aus der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. I ergibt sich nach Auffassung der Kammer nichts anderes. Zwar hat Dr. I die Notwendigkeit der Wassergymnastik für das Jahr 2000 ausdrücklich bestätigt. Dabei hat er sich aber lediglich auf einen von ihm verfassten Aufsatz bezogen, in dem er generell die Möglichkeiten bzw. die Notwendigkeit von krankengymnastischen Maßnahmen sowie von Funktionstraining und Reha-Sport darlegt. Der pauschalen Aussage des Dr. I, ein Parkinson Erkrankter brauche in jedem Stadium der Erkrankung einmal wöchentlich aufbauende Kritik einer professionellen Krankengymnastik folgt die Kammer nicht. Sie wird nicht der in der RehaSpGVb festgelegten Einzelfallbetrachtung gerecht. Wie oben bereits dargestellt, kann die medizinische Notwendigkeit des Funktionstrainings jedenfalls in dem vorliegenden Einzelfall nicht eindeutig belegt werden. Nach alledem lässt sich eine Ermessensfehlerhaftigkeit der Entscheidung der Beklagten nicht feststellen.
Da schon ein Ermessensfehler nicht vorliegt und die Beklagte deswegen nicht zur Neubescheidung der Klägerin verurteilt werden kann, liegen erst recht die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor, die allein zu einer Verurteilung der Beklagten zur Förderung des Funktionstrainings führen könnten.
Die obigen Ausführungen gelten auch für die nach dem 30.06.2000 bestehende Rechtslage. Die durch den Gesetzgeber vorgenommene Änderung des § 43 Nr. 1 SGB V und die Überführung der Vorschrift über die Förderung des Funktionstrainings in § 44 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX hat in der Sache keine Veränderung nach sich gezogen.
Der Gegenstandswert des vorliegenden Verfahrens beläuft sich unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beteiligten allenfalls auf etwa 200 EUR. Damit ist die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Auch die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor. Auch unter dem Gesichtspunkt des § 144 Abs. 2 SGG kommt eine Zulassung der Berufung nicht in Betracht, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Denn wesentlich sind im vorliegenden Fall die Umstände des Einzelfalles. Die Entscheidung weicht auch nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts oder eines gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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