S 9 KR 35/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 35/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagten zu 9) wird untersagt, in Verbindung mit der Aufforderung, den Einsatz teurer Schrittinnovationen mit nicht gesichertem therapeutischen Zusatznutzen zu vermeiden, die durchschnittlichen Tagestherapiekosten für die arzneiliche Wirksubstanz R (Präparat B) unter Zugrundelegung einer mittleren Tagesdosis von 15 mg als über dem Durchschnitt liegend auszuweisen, insbesondere wenn dies wie im Kapitel 7 des Gemeinsamen Aktionsprogramms 1999 geschieht. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte zu 9) trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Der Streitwert wird auf 500.000,00 EURO festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Gemeinsamen Aktionsprogramms der Beklagten aus dem Jahre 1999.

Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das unter anderem unter dem Namen B ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff R vertreibt. Bei diesem Arzneimittel handelt es sich um einen sogenannten ACE-Hemmer.

Die Beklagten zu 1) bis 8) sind Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen, die Beklagte zu 9) ist die Bundesorganisation der Kassenärztlichen Vereinigungen, denen alle Kassenärzte angehören. Die Beklagte zu 10) ist die obere Aufsichtsbehörde der Beklagten zu 1) bis 9).

Nachdem sich im Verlauf des Jahres 1999 abzeichnete, dass die Arznei- und Heilmittelbudgets des laufenden Jahres überschritten würden, wenn die Vertragsärzte ihr Verordnungsverhalten nicht änderten, erarbeitete die Beklagte zu 9) ein sogenanntes Notprogramm. Dieses Notprogramm war nach Auffassung der Beklagten zu 1) bis 8) und zu 10) rechtswidrig. Die Beklagte zu 10) versuchte zur Vermeidung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen einen Konsens aller drei Beteiligten herbeizuführen. Resultat dieser Bemühungen war das von allen Beteiligten getragene "Gemeinsame Aktionsprogramm" (GAP), das am 16.09.1999 vorgestellt wurde. Kapitel 7 des GAP enthält unter der Überschrift "Vermeidung des Einsatzes teurer Schrittinnovationen mit nicht gesichertem therapeutischen Zusatznutzen" eine Klassifikation der Arzneimittel in vier Gruppen:

A. Neuartiger Wirkstoff/Wirkprinzip

B. Verbesserung pharmakologischer Qualitäten bereits bekannter Wirkprinzipien

C. Analogpräparate mit marginalen Unterschieden zu eingeführten Wirkstoffen.

D. nicht ausreichend gesichertes Therapieprinzip

Ferner wird ausgeführt, die Auswahl der zu verwendenden Substanz aus einer analogen Wirkstoffgruppe sei nicht nur medizinisch, sondern auch ökonomisch zu treffen. Es folgt eine nach Wirkstoffgruppen geordnete Liste, die die einzelnen Wirkstoffe einer Wirkstoffgruppe auf der Grundlage von durchschnittlichen Tagesdosen (DDD= defind daily dosis) in preislicher Hinsicht miteinander vergleicht. Die Ermittlung der durchschnittlichen Tagesdosen beruht auf statistischem Material der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Neben dem Wirkstoff steht dabei jeweils die Bezeichnung, unter der das Arzneimittel vertrieben wird. Dabei wird in Form eines Balkendiagramms die prozentuale Abweichung der Kosten vom Gruppendurchschnitt angegeben. Die dritte Gruppe betrifft die der ACE-Hemmer. Hier wird ein mittlerer DDD-Preis in Höhe von 1,08 DM ausgewiesen. Für das Medikament B mit dem Wirkstoff R weist das Balkendiagramm eine Abweichung des DDD-Preises um 50 % nach oben vom Gruppendurchschnitt aus. Als günstigsten Wirkstoff dieser Gruppe weist die Aufstellung den Wirkstoff Captopril mit den Medikamenten Lopirin und Tensobon aus, die danach den DDD-Preis um 25 % unterschreiten.

Entwickelt wurde die DDD-Klassifikation von der WHO für Studien über den Medikamentenverbrauch. Nach Ansicht der WHO ist die DDD-Klassifikation für Leitlinien zur Erstattungsfähigkeit, Preisbetrachtung oder Therapeutische Substitution nicht geeignet, da therapeutisch äquivalente Dosen sehr schwer zu bestimmen sind.

Das GAP wurde als Beilage zu Heft 39/1999 des Deutschen Ärzteblattes am 01.10.1999 verschickt. Als Herausgeberin ist die Beklagte zu 9) genannt. Daneben kann das Programm von der Internet-Homepage der Beklagten zu 9) und der Beklagten zu 1) heruntergeladen werden. Auch die Beklagte zu 10) sendet das Programm Interessierten auf Anfrage zu. Im Vorwort des Programms wird ausgeführt, dass es von entscheidender Bedeutung sei, seitens der Kassenärzte nachweisen zu können, alles getan zu haben, um Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen. Dieser Nachweis gelinge nur dann, wenn das Aktionsprogramm ohne Abstriche umgesetzt werde.

Zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens - wobei auf Seiten der Klägerin zusätzlich die H AG, C, eine Schwesterfirma der Klägerin beteiligt war - ist ein Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Köln (Az. S 19 KR 138/95) anhängig gewesen, in dem es um die Festbetragsfestsetzung für das Arzneimittel B ging. Durch Urteil vom 06.10.1997 hob das Sozialgericht Köln rechtskräftig die Festsetzung des Äquivalenzfaktors für R durch den Beigeladenen zu 1) des damaligen Verfahrens, den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf. Dieser war zuvor mit 1,5 festgesetzt worden. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Sozialgerichts Köln setzte dann der Bundesausschuss den Äquivalenzfaktor für R auf 1,0 neu fest. Nachdem sich die Beklagte zu 9) außergerichtlich geweigert hatte, den Vergleich des Wirkstoffes R bzw. des Arzneimittels B mit den übrigen Arzneimitteln bzw. Wirkstoffen im GAP dahingehend zu berichtigen, dass der Preis von B nicht als überdurchschnittlich ausgewiesen werde, hat die Klägerin am 18.02.2000 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor: Kapitel 7 des GAP enthalte eine sachlich unzutreffende Preisgegenüberstellung des von ihr vertriebenen Präparats B im Rahmen der Präparategruppe der ACE-Hemmer. Die dem Preisvergleich zugrundeliegende Berechnung widerspreche den Feststellungen des Sozialgerichts Köln in dem rechtskräftigen Urteil vom 06.10.1997, Az. S 19 KR 138/95. Die Preisgegenüberstellung enthalte faktisch die Aufforderung, aus der Gruppe der ACE-Hemmer das Präparat B nicht mehr zu verordnen. Jedoch sei der genannte Preis für die rechnerisch mittlere Tagesdosis unzutreffend. Die im Kapitel 7 des GAP enthaltene Tabelle befasse sich mit den sechs umsatzstärksten Wirkstoffgruppen nach dem ATC-Code der WHO. Diese würden im Hinblick auf ihre Generikafähigkeit und die durchschnittlichen Tagestherapiekosten bewertet. Die Nichtgenerikafähigen würden als Schrittinnovationen abqualifiziert, ihre durchschnittlichen Tagestherapiekosten fast durchgängig als über dem Durchschnitt liegend ausgewiesen. Zugleich werde der Kassenarzt als Adressat des Programms angewiesen, die Auswahl der zu verwendenden Substanz aus einer analogen Wirkstoffgruppe nicht alleinmedizinisch, sondern auch ökonomisch zu treffen. Ziel sei es, Präparate mit nichtgenerikafähigen Wirkstoffen nicht mehr zu verordnen. Die Zuordnung des Wirkstoffes R zu den sogenannten Schrittinnovationen sei medizinisch unhaltbar. Vielmehr weise dieser Wirkstoff gegenüber Captopril entscheidende Vorteile auf. Das ergebe sich aus dem Urteil des SG Köln vom 06.10.1997. Darüber hinaus würden die durchschnittlichen Tagestherapiekosten für B falsch berechnet. Als mittlerer Preis für die durchschnittlichen Tagestherapiekosten werde für die Gruppe der ACE-Hemmer 1,08 DM angegeben. Danach sollten die Tagestherapiekosten für B um 50 % höher sein und etwa bei 1,54 DM liegen. Hier sei man von der unzutreffenden Annahme einer durchschnittlichen Tagesdosis von 15 mg B ausgegangen; richtig sei dagegen, wie sich aus dem Urteil vom 06.10.1997 ergebe, eine durchschnittliche Tagesdosis von 10 mg. Diese Diskrepanz entspreche genau der seinerzeit erstrittenen Korrektur des Äquivalenzfaktors von 1,5 auf 1,0 mg für R. Da die Beklagte zu 9) in verschiedenen Veröffentlichungen nach wie vor auf das Gemeinsame Aktionsprogramm 1999 verweise und dies mit der Aufforderung verbinde, den dort ausgesprochenen Empfehlungen Folge zu leisten, bestehe weiterhin ein Rechtsschutzinteresse auf ihrer Seite, auch wenn sich formal das Gemeinsame Aktionsprogramm nur auf das Jahr 1999 beziehe. Aus den Veröffentlichungen der WHO ergebe sich eindeutig, dass die im ATC-Code ausgewiesenen durchschnittlichen Tages-Therapiekosten (DDD) sich nicht für Preisvergleiche eigneten. Die WHO spreche insoweit ausdrücklich von einem Missbrauch des Systems.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu untersagen, in Verbindung mit der Aufforderung, den Einsatz teurer Schrittinnovationen mit nicht gesicherten therapeutischen Zusatznutzen zu vermeiden, die durchschnittlichen Tagestherapiekosten für die arzneiliche Wirksubstanz R (Präparat B) unter Zugrundelegung einer mittleren Tagesdosis von 15 mg als über dem Durchschnitt liegend auszuweisen, insbesondere wenn dies wie in Kapitel 7 des Gemeinsamen Aktionsprogramms 1999 geschieht.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1) bis 8) und zu 10) vertreten die Auffassung, dass das Gemeinsame Aktionsprogramm ein Projekt allein der Beklagten zu 9) sei; sie seien deshalb nicht passiv legitimiert, auch wenn das Gemeinsame Aktionsprogramm von Ihnen unterstützt werde. Die von der Klägerin vermisste Rechtsgrundlage für das Gemeinsame Aktionsprogramm finde sich in § 75 SGB V. Darüber hinaus verkenne die Klägerin, dass die Tagestherapiekostendarstellung im Gemeinsamen Aktionsprogramm völlig unabhängig von geltenden Festbeträgen und Äquivalenzfaktoren gewählt worden sei. So würden in der Darstellung auch Wirkstoffe aufgeführt, die noch unter Patentschutz stünden und deshalb einer Festbetragsfestsetzung nicht zugänglich seien. Vielmehr habe man eine einheitliche Darstellung der Tagestherapiekosten für die gesamten Wirkstoffgruppen gewählt, um eine Bewertung nach einheitlichen Kriterien zu gewährleisten. Der ATC-Code der WHO sei fachlich unumstritten. Zudem sei zu beachten, dass das Gemeinsame Aktionsprogramm lediglich eine Information und keine verbindliche Vorgabe für ärztliche Verordnungen darstelle. Die Beklagten seien rechtlich nicht verpflichtet, für die Hinweise und Informationen im gemeinsamen Aktionsprogramm eine bestimmte Systematik des Tageskostenvergleichs zu wählen.

Im übrigen habe die WHO die Richtlinien für die ATC-Klassifikation und die DDD-Festlegung neu gefasst. Danach sei "das ATC-DDD-System auch nicht zur Entscheidungsfindung über Vergütung, Preisfestsetzung und Therapeutische Substitution geeignet".

Daraus sei zu schließen, dass die Verwendung der DDD-Systematik für einen Preisvergleich nicht ausgeschlossen sei.

Die Klägerin hat am 22.10.1999 bei dem Sozialgericht Köln unter dem Aktenzeichen S 9 KR 238/99 ER den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Durch Beschluss vom 15.11.1999 hat die Kammer der Beklagten zu 9) antragsgemäß untersagt, bis zu einer vollstreckbaren Entscheidung in der Hauptsache in Verbindung mit der Aufforderung, den Einsatz teurer Schrittinnovationen mit nicht gesicherten therapeutischen Zusatznutzen zu vermeiden, die durchschnittlichen Tagestherapiekosten für die arzneiliche Wirksubstanz R (Präparat B) unter Zugrundelegung einer mittleren Tagesdosis von 15 mg als über dem Durchschnitt liegend auszuweisen. Im übrigen hat die Kammer den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass das Gemeinsame Aktionsprogramm auf die Preisangaben zum Wirkstoff R bzw. Präparat B unrichtig und damit offensichtlich rechtswidrig seien. Äußerungen von Hoheitsträgern müssten inhaltlich zutreffend sein. Die von der Beklagten zu 9) gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde hat der fünfte Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, Az. L 5 B 32/99 KR mit Beschluss vom 31.08.2000 zurückgewiesen. Auf die Gründe des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 15.11.1999 und die Beschwerdeentscheidung des LSG vom 31.08.2000 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Gerichtsakten, die eingereichten Unterlagen der Klägerin und die beigezogenen erledigten Streitakten des Sozialgerichts Köln, Az. S 9 KR 238/99 ER und S 19 KR 138/95, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Obwohl sich das GAP formal lediglich auf das Jahr 1999 bezieht, weil es (zunächst) nur das Ziel verfolgte, eine Einhaltung der Arznei- und Heilmittelbudgets im Kalenderjahr 1999 zu gewährleisten, besteht das Rechtsschutzinteresse der Klägerin fort. Es ist zu beachten, dass die Situation, die im Jahre 1999 zur Verabschiedung des GAP führte, fortbesteht. Hierauf bezieht sich die Beklagte zu 9) etwa in dem Vorwort zu ihrer Broschüre "Reform 2000". Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Kassenärzte als Adressaten sowohl des GAP wie auch der Broschüre "Reform 2000" die im GAP formulierten Empfehlungen bzw. Angaben weiter berücksichtigen werden. Außerdem hält die Beklagte zu 9) gegenüber der Klägerin auch weiter an der Richtigkeit der im GAP getroffenen Aussagen fest.

Die Klage ist auch - soweit sie sich gegen die Beklagte zu 9) richtet - begründet. Im übrigen ist die Klage als unbegründet zurückzuweisen, da die Passivlegitimation der Beklagten zu 1) bis 8) und 10) nicht gegeben ist. Zutreffend ist zwar, dass es sich um ein "Gemeinsames Aktionsprogramm" handelt, doch dies nur insoweit, als die Beklagten zu 1) bis 8) und 10) unterstützend tätig geworden sind. Es handelt sich nicht um ein Gemeinschaftsprojekt sämtlicher Beklagten, sondern um ein Programm der Beklagten zu 9). Ausschließlich die Beklagte zu 9) ist der Herausgeber des GAP.

Mit § 75 Abs. 10 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) hatte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 01.01.1999 den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und den Kassenärztlichen Vereinigungen das Recht eingeräumt, die Vertragsärzte mit dem Ziel zu informieren, dass sie die Budgets für Arznei-, Verband- und Heilmittel nicht überschreiten, wobei eine ausreichende, zweckmäßige und das Maß des Notwendigen nicht überschreitende Versorgung gewährleistet ist (Bundestags-Drucksache 14/157, Seite S. 34). Damit hat der Gesetzgeber nunmehr eine konkrete Ermächtigungsgrundlage geschaffen, auf deren Basis die Beklagte zu 9) berechtigt ist, Maßnahmen wie das GAP in die Wege zu leiten.

Hoheitsträger können zu Äußerungen jedoch nur in dem Umfang befugt sein, in dem sich die Äußerungen als zutreffend erweisen. Tatsachenäußerungen eines Hoheitsträgers müssen daher inhaltlich zutreffend sein (vgl. BVerfGE 40,287,293; BVerwG, NVwZ 1994, 136). Inhaltlich falsche Tatsachenäußerungen stellen eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des hoheitlichen Handelns dar.

Nach Auffassung der Kammer sind die Preisangaben in der Tabelle zu Kapitel 7 rechtswidrig, da sie auf unzutreffenden Tatsachen beruhen. Nach den Ausführungen des Wissenschaftlichen Institutes der Beklagten zu 1) vom 28.09.1999 wurden für die gelisteten Wirkstoffe DDD-Kosten berechnet. Hierbei wurde auf den DDD-Wert der WHO zurückgegriffen. Als Maß für die verordnete Arzneimittelmenge wurde bei diesen Analysen die definierte Tagesdosis (DDD) verwendet. Die definierte Tagesdosis basiert auf der Menge eines Wirkstoffes bzw. eines Arzneimittels, die typischerweise für die Hauptindikation bei Erwachsenen pro Tag angewendet wird. Mit der zitierten Entscheidung des SG Köln vom 06.10.1997 (S 19 KR 138/95) steht rechtskräftig fest, dass die maßgebliche Tagesdosis für R der von Enalapril zu entsprechen hat und damit auf 10 mg festzusetzen ist. Das SG Köln hat ausgeführt, dass es wissenschaftlich unvertretbar ist, R eine derartig geringere Wirkung zuzuschreiben, dass eine um 50 % höhere Dosis als bei dem Vergleichswirkstoff Enalapril erforderlich ist. Damit wurde der Äquivalenzfaktor, der durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Gruppe der ACE-Hemmer durch Beschluss vom 27.05.1995 festgelegt worden war und der ebenfalls auf der Übernahme des ATC-Codes der WHO beruhte, aufgehoben. Dies bedeutet, dass in der genannten rechtskräftigen Entscheidung der Rückgriff auf die mittlere Tagesdosis von 15 mg im ATC-Code der WHO zurückgewiesen worden ist. Der Bundesausschuss ist mit Beschluss vom 26.06.1998 dieser Verpflichtung nachgekommen und hat den Äquivalenzfaktor für R entsprechend dem für Enalapril auf 1,0 festgesetzt. Die Beklagten zu 1) bis 8) nahmen im Anschluss daran eine Neufestsetzung des Festbetrages für ACE-Hemmer auf der Grundlage des neuen Äquivalenzfaktors für R vor. Da das GAP eine Maßnahme zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung ist, kommt es entscheidend auf die in Deutschland verordnete mittlere Tagesdosis an. Diese liegt entsprechend des korrigierten Äquivalenzfaktors nicht etwa bei 15 mg, sondern bei 10 mg. Der Rückgriff auf den ATC-Code des WHO steht damit in Widerspruch zur rechtskräftigen Entscheidung des SG Köln vom 06.10.1997, in dessen Folge sowohl der Bundesausschuss als auch die Beklagten zu 1) bis 8) selbst von einer Tagesdosis von R von 10 mg ausgegangen sind. Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass nur mit der DDD-Preisdarstellung eine einheitliche Darstellung der Tagestherapiekosten möglich gewesen sei, da nicht zwischen patentgeschützten und Festbeträgen unterliegenden Arzneimitteln habe differenziert werden müssen, sei darauf verwiesen, dass es sich auch bei dem Wirkstoff R um einen bis einschließlich September 2000 unter Patentschutz stehenden Wirkstoff gehandelt hat. Im übrigen rechtfertigt das Bestreben um Einheitlichkeit in der Darstellung nicht, eine durchschnittliche Tagesdosis auszuweisen, die von der Berechnungsweise unter Berücksichtigung der am 17.10.1998 bekannt gemachten Äquivalenzfaktoren abweicht. Unter Berücksichtigung der Äquivalenzfaktoren stellt R einen der günstigsten Wirkstoffe innerhalb der Gruppe der ACE-Hemmer dar, während er unter Zugrundelegung des ATC-Codes den Gruppendurchschnittspreis um 50 % unterschreitet. Nach dem Gebot der Einheitlichkeit der Rechtsordnung ist aber nach dem rechtskräftigen Urteil des SG Köln vom 06.10.1997 von dem daraufhin bekannt gemachten Äquivalenzfaktor von 1,0 und demnach von einer durchschnittlichen Tagesdosis von 10 mg für B auszugehen.

Es kommt hinzu, dass - worauf der Fünfte Senat des LSG NRW in der Beschwerdeentscheidung vom 31.08.2000 hingewiesen hat - die WHO in den von ihr herausgegebenen Richtlinien selbst darauf hinweist, dass die ermittelten DDD für einen Preisvergleich nicht geeignet sind, weil die DDD zum Zweck der Bestimmung des jeweiligen Medikamentenverbrauchs entwickelt worden sind. Zudem weist die WHO zur weiteren Begründung in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die therapeutische Gleichwertigkeit von Wirkstoffen nicht ohne weiteres zu bestimmen ist. Nach Auffassung des Fünften Senates hätte es damit schon einer eingehenderen Begründung durch die Beklagte zu 9) bedurft, um klarzustellen, aus welchen Gründen sie hier dennoch diesen Ausgangsgrund für zutreffend erachtet.

Jedenfalls sind diese Bedenken auch nicht durch die Neufassung der Richtlinien der WHO für die ATC-Klassifikation und die DDD-Festlegung ausgeräumt. Wenn in diesen Richtlinien ausgeführt ist, dass das ATC-DDD-System auch nicht zur Entscheidungsfindung über Vergütung, Preisfestsetzung und Therapeutische Substitution geeignet sein soll, so vermag die Kammer den Schluss der Beklagten zu 9) hieraus nicht nachzuvollziehen, dass die Verwendung der DDD-Systematik für einen Preisvergleich nicht ausgeschlossen sein soll. Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Aus der Formulierung der neugefassten Richtlinien ergibt sich gerade, dass Preisvergleiche unter Anwendung der DDD-Systematik gerade nicht durchgeführt werden sollen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Kammer hat trotz fehlender Passivlegitimation der Beklagten zu 1) bis 8) und 10) der Beklagten zu 9) die volle Kostentragungspflicht auferlegt, da die Klägerin mit ihrem vollen Begehren obsiegt hat und die übrigen Beklagten die streitige Maßnahme mitgetragen haben.
Rechtskraft
Aus
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