S 20 P 25/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 20 P 25/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 P 22/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Umwandlung der Pflegestufe II in Pflegestufe I.

Die Klägerin erlitt im Dezember 1998 einen Schlaganfall. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 29.04.1999 Pflegegeld nach der Stufe II ab 10.02.1999. Der Bewilligung lag ein Gutachten des MDK vom 09.03.1999 zu Grunde. Der Gutachter Dr. L nahm bei der Körperpflege einen Hilfebedarf von 78 Minuten, bei der Ernährung von 12 Minuten und bei der Mobilität von 48 Minuten, insgesamt von 138 Minuten, und bei der Hauswirtschaft von 60 Minuten an. Er empfahl eine Wiederholungsbegutachtung im März 2001.

Im August 2001 holte die Beklagte ein Wiederholungsgutachten ein; die Gutachterin M nahm für die Körperpflege einen Bedarf von 51 Minuten, für die Ernährung von 12 Minuten und für die Mobilität von 23 Minuten an, insgesamt von 86 Minuten zuzüglich der hauswirtschatlichen Versorgung von 45 Minuten; der pflegerische Hilfebedarf habe sich deutlich verringert.

Nach Anhörung der Klägerin teilte die Beklagte dieser durch Bescheid vom 14.09.2001 mit, dass die Begutachtung ergeben habe, dass nunmehr die Pflegestufe I vorliege. Ab 01.10.2001 werde der Klägerin daher Pflegegeld von monatlich 400 DM überwiesen. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 06.09.2001; sie verwies darauf, dass sich keine Verbesserung ergeben habe; es sei bislang nicht berücksichtigt worden, dass sie Begleitung benötige zur Aufrechterhaltung des Familienzusammenhalts und im Hinblick auf ihre Glaubenstreue, wie Besuche der Verwandten, des Gottesdienstes oder des Friedhofs.

Nach erneuter Anhörung und Übersendung des Gutachtens des MDK wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch durch Bescheid vom 02.07.2002 als unbegründet zurück; ab 01.08.2001 liege keine Schwerpflegebedürftigkeit mehr vor, so dass die Rückstufung in die Stufe I zu Recht vorgenommen worden sei.

Am 29.07.2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

Sie beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid der Beklagten vom 14.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält den Inhalt der angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Das Gericht hat einen Befundbericht des Arztes E1 beigezogen sowie den Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie und Krankenpfleger Dr. E2 mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Inhalts des Sachverständigengutachtens wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2002 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht, wenn die Beklagte darin die Bewilligung des Pflegegeldes von der Stufe II in die Stufe I umgewandelt hat. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen vor. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

Die Beklagte hat allerdings nicht ausdrücklich den Bescheid vom 29.04.1999 teilweise aufgehoben. Dieser Entscheidungsinhalt kann konkludent jedoch dem Bescheid entnommen werden, wenn sie darin die Bewilligung von Pflegegeld von der Stufe II in die Stufe I umgewandelt hat.

Der Pflegebedarf der Klägerin hat sich auch zwischenzeitlich seit der ersten Bewilligungsentscheidung wesentlich verringert und erreicht nun nur noch im Grundpflegebereich einen Bedarf von 89 Minuten. Damit werden nicht mehr die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 SGB XI erforderlichen zwei Stunden Grundpflege erreicht.

Bei der Klägerin kann nur noch ein Bedarf von 89 Minuten in der Grundpflege festgestellt werden, während in zeitlicher Nähe zu dem im Dezember 1998 erlittenen Schlaganfall im März 1999 noch ein Bedarf von 138 Minuten vorgelegen hat. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege benötigt, kann nur noch wie folgt festgestellt werden:

- Ganzkörperwäsche 20 Minuten - Teilwäsche bis Unterkörper 6 Minuten - Baden 3 Minuten - Zahnpflege 8 Minuten - Kämmen 4 Minuten - Stuhlgang 2 Minuten - Richten der Bekleidung 5 Minuten - Wechseln von Windeln 2 Minuten - Mundgerechte Zubereitung 18 Minuten - Ankleiden 12 Minuten - Entkleiden 7 Minuten - Treppensteigen 2 Minuten.

Damit hat sich gegenüber dem Pflegebedarf Anfang 1999 eine wesentliche Besserung ergeben. Denn damals war noch ein Hilfebedarf gegeben bei der hygienischen Verrichtung nach Wasserlassen, beim Richten der Bekleidung als vollständige Übernahme und nicht wie jetzt als Teilübernahme, beim Aufstehen und Zubettgehen und beim Gehen innerhalb der Wohnung.

Die Kammer folgt insoweit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. E2. Die Kammer sieht keinen Anlass am Inhalt des Sachverständigengutachtens zu zweifeln. Es stimmt im Wesentlichen mit dem Gutachten des MDK überein. Über die Angaben des Befundberichtes geht es insoweit hinaus, als dort bei der Darm- und Blasenentleerung kein Hilfebedarf angenommen wird. Es unterscheidet sich nur insoweit vom Bericht des behandelnden Arztes, als dort beim Aufstehen und Zubettgehen ein Hilfebedarf angenommen worden ist, den der gerichtliche Gutachter auf Grund der Angaben der Klägerin und ihrer Tochter verneint hat. Aber auch unter Zugrundelegung eines Bedarfs in diesem Bereich würde die Grenze zur Pflegestufe II nicht mehr erreicht. Der erfahrene Gutachter hat die vorliegenden Unterlagen und Angaben der Klägerin und der Pflegeperson eingehend gewürdigt. Eine Besserung des Pflegebedarfs ist auch insoweit nachvollziehbar, als die Klägerin bei der ersten Begutachtung gerade erst aus der Rehabilitationsmaßnahme nach dem Schlaganfall nach Hause gekommen war und eine Gewöhnung und Anpassung an die dadurch bedingten Behinderungen noch nicht stattgefunden hatte.

Ein weiterer Pflegebedarf - wie von der Klägerin angesprochen - besteht nicht. Entgegen ihrer Auffassung kann beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung und in diesem Zusammenhang beim Treppensteigen kein weitergehender Bedarf anerkannt werden. Der Kirchenbesuch ist ebenso wie der Besuch von Verwandten hier nicht als Grundpflegebedarf anzuerkennen. Nur die Wegbegleitungen werden insoweit anerkannt, die "für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen". Darunter fallen Wege zum Arzt oder Krankengymnasten, nicht aber zu Gottesdiensten (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Auch Verwandtenbesuche sind insoweit nicht unumgänglich zur Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause. Regelmäßige Arztbesuche einmal wöchentlich fallen nach Angaben der Klägerin nicht an.

Liegen damit die Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht mehr vor, hat die Beklagte zu Recht für die Zukunft ab 01.10.2001 die Leistungen reduziert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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