S 13 AS 567/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AS 567/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 436/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die am 00.00.1981 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der am 00.00.2007 geborenen Antragstellerin zu 2). Sie leben zusammen mit einer weiteren – volljährigen – Tochter der Antragstellerin zu 1) in einer Wohnung in Köln. Am 00.00.2018 heiratete die Klägerin Herrn D. Dieser betrieb jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt ein unter "N" firmierendes Gewerbe. Ausweislich einer aktenkundigen betriebswirtschaftlichen Auswertung belief sich im Kalenderjahr 2016 das Betriebsergebnis auf 135.461,75 Euro und das Ergebnis nach neutralen Aufwendungen, Erträgen und Steuern vorläufig auf 129.690,44 Euro. Am 00.00.2018 wurde der Antragsteller zu 3) als gemeinsames Kind der Antragstellerin zu 1) und ihres Ehemanns geboren. Er lebt nach Angaben der Antragsteller in der Wohnung seiner Mutter. Am 06.09.2018 erklärte die Antragstellerin zu 1) schriftlich gegenüber dem Antragsgegner, dass es stimme, dass man geheiratet habe. Allerdings lebten sie getrennt. Der Wohnsitz des Ehemanns sei im L Weg 3, 51061 L1. Ausweislich eines Aktenvermerks der Antragsgegnerin vom 11.10.2018 habe sich der Sachverhalt im weiteren Verlauf anders dargestellt. Die Ehe werde weitergeführt, die Ehegatten lebten lediglich an zwei verschiedenen Wohnorten. Am 27.12.2019 beantragte die Antragstellerin zu 1) für sich und ihre Kinder Leistungen. Nach zwei persönlichen Vorsprachen am 23.01.2020 und 31.01.2020, über die der Antragsgegner Vermerke anfertigte, für deren Inhalt auf die Vermerke Bezug genommen wird, lehnte der Antragsgegner den Antrag mit Bescheid vom 04.02.2020 ab. Die Antragsteller seien nicht hilfebedürftig. Sie hätten selbst angegeben, dass der Ehemann sie finanziell unterstütze. Gegen diesen Bescheid ist ein Widerspruchsverfahren der Antragsteller anhängig. Die Antragsteller haben am 12.02.2020 einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gestellt. Die Antragsteller tragen vor, dass der Antragsgegner bestens wisse, dass die Antragstellerin zu 1) seit geraumer Zeit von ihrem Ehemann getrennt sei. Sie wüssten nicht mehr aus und ein. Die Antragsteller beantragen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragstellern SGB II-Leistungen nach Maßgabe des Gesetzes zu gewähren. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass der Ehemann der Antragstellerin zu 1) trotz der räumlichen Trennung zur Bedarfsgemeinschaft gehöre. Der Umfang der von ihm geleisteten Unterstützung sei nicht offengelegt worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Diese haben dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen.

II. Der zulässige sinngemäße Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung ist unbegründet. Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass – nach einer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung – sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund gegeben sind. Ein Anordnungsanspruch setzt voraus, dass dem Antragsteller ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung zusteht. Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn dem Antragsteller irreparable Rechtsverletzungen drohen und dem Antragsteller daher ein Zuwarten auf den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens schlechthin nicht zugemutet werden kann. Die erforderlichen Tatsachen sind glaubhaft zu machen, §§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG; 920 Abs. 2, 294 ZPO. Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind. Nach diesem Maßstab ist jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Antragsteller hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält, § 9 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs. 2 S. 2 SGB II ist bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Der Ehemann der Antragstellerin zu 1) gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 a) SGB II als nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte zur Bedarfsgemeinschaft. Ungeachtet der Frage, ob ein dauerndes Getrenntleben im Sinne dieser Norm ausschließlich nach familienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen ist (so Bundessozialgericht, Urteil vom 18.20.2010, Az. B 4 AS 49/09 R), setzt es einen nach außen erkennbaren Willen mindestens eines Ehegatten voraus, nicht nur vorübergehend mit dem anderen Partner nicht mehr zusammenleben zu wollen. Hierbei kommt dem Indiz des räumlichen Zusammenlebens besondere Bedeutung zu (vgl. Valgolio in Hauck/Noftz: SGB II, Stand: 08/2019, § 7 Rn. 190 mit weiteren Nachweisen). Danach ist von einem Getrenntleben nicht auszugehen. Zwar bewohnen die Ehegatten vorliegend unterschiedliche Wohnungen. Die Ehegatten haben jedoch zu keinem Zeitpunkt eine gemeinsame Ehewohnung bewohnt. Dieser seit der Eheschließung bestehende Umstand ist daher vorliegend kein Indiz für eine Trennungsabsicht. Einen nach außen erkennbaren Willen eines Ehegatten zur Trennung vermag die Kammer nicht festzustellen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Antragstellerin zu 1) am 23.01.2020 bei der persönlichen Vorsprache sich bei dem Antragsgegner auch dazu erkundigt hat, welche finanzielle Unterstützung sie im Falle einer Trennung erhalten könne. Dies lässt erkennen, dass die Antragstellerin zu 1) eine Trennung von ihrem Ehemann im Sinne eines dauernden Getrenntlebens derzeit noch nicht vollzogen hat. Bei diesem Sachverhalt war es auch nicht ansatzweise ausreichend, dass der Prozessbevollmächtigte pauschal behauptet hat, dass die Antragstellerin zu 1) "schon längere Zeit von ihrem Mann räumlich getrennt lebt" und dass die Eheschließung "nur wegen der Schwangerschaft" erfolgt sei. Daher ist auch das Einkommen und Vermögen des Ehemanns der Antragstellerin zu 1) zur Deckung des Lebensunterhaltes heranzuziehen, § 9 Abs. 2 S. 1, 2 SGB II. Zu dessen Einkommens- und Vermögensverhältnissen haben die Antragsteller nichts dargelegt. Aktenkundig ist jedoch, dass der Ehemann jedenfalls im Jahr 2016 aus einem Gewerbebetrieb ein Jahreseinkommen von über 100.000,00 Euro erwirtschaftet hat. Ein solches Einkommen steht einer Hilfebedürftigkeit der Antragsteller zweifelsohne entgegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
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