Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 2150/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig einen Mehrbedarf für den Ankauf eines funktionsfähigen PCs oder Laptops nebst Drucker und Druckerzubehör in Höhe von insgesamt 240,00 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 65 Prozent.
Gründe:
Der Antragsteller macht mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Erbringung einen pandemiebedingten Mehrbedarf für die Anschaffung eines Laptops nebst Drucker und Druckerzubehör in Höhe von 270,00 EUR geltend.
1. Der Antrag hat teilweise Erfolg.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Anordnung setzt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache in Form des Bestehens eines Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes (d.h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Hierbei sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 17.04.2013, Az. B 9 V 1/12 R). Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht jedoch noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Die Sach- und Rechtslage ist im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich im Rahmen einer summarischen Prüfung zu ermitteln (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 19.07.2006, Az. L 20 B 146/06 AS ER). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, geht es also um eine Sicherung einer menschenwürdigen Existenz, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so muss auf der Grundlage einer Folgenabwägung entschieden werden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az. 1 BvR 569/05; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.02.2011, Az. L 7 AS 1770/10 B ER; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., § 86b, Rn. 29a).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vor. Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsgrunds sowie eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht.
Es ist zunächst ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller ist grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem SGB II. Die Kontoauszüge seiner Mutter, die das Gericht angefordert hat, bieten keine Anhaltspunkte für ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Einkommen oder Vermögen.
Nach summarischer Prüfung ist dem Antragsteller ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II zu gewähren. Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Das Gericht schließt sich diesbezüglich nach eigener Prüfung der Einschätzung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 22. Mai 2020 (L 7 AS 719/20 B ER) an, wonach ein Bedarf für die Anschaffung von internetfähigen Computern zur Teilnahme an dem pandemiebedingten Schulunterricht im heimischen Umfeld im Regelbedarf nicht berücksichtigt und aufgrund der Schließung bzw. Einschränkung des Präsenzschulbetriebs erforderlich geworden ist. Es handelt es sich um einen laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf, da auch die Anschaffung eines Gegenstandes zur laufenden Benutzung einen laufenden Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II darstellen kann (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 12/13 R).
Der Bedarf ist auch unabweisbar. Der Antragsteller hat im Verfahren glaubhaft gemacht, dass die seitens des schulischen Fördervereins zur Verfügung gestellten Geräte bereits an andere Schüler vergeben wurden und in der Schule keine Möglichkeit besteht, Ausdrucke anzufertigen.
Nach der Auffassung des Gerichts ist die Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 240,00 EUR aber ausreichend. Zunächst ist für einen Laptop ausgehend von dem Bedarfspaket "digitales Klassenzimmer" der Bundesregierung ein Betrag von 150 EUR je Schüler anzusetzen. Soweit der Antragsteller hier einen höheren Betrag angesetzt hat, ist darauf hinzuweisen, dass der Bedarf auch durch ein gebrauchtes Gerät erfüllt werden kann (vgl. SG Mainz, Beschluss vom 07.10.2019 – S 14 AS 582/19 ER). Für Drucker, Patrone und Kabel hat das Gericht die seitens des Antragstellers ermittelten Beträge zugrunde gelegt (60,00 EUR, 20,00 EUR sowie 10,00 EUR), so dass sich ein Betrag von insgesamt 240,00 EUR ergibt.
Zudem geht das Gericht nach summarischer Prüfung von dem Vorliegen eines Anordnungsgrunds aus.
Zwar verkennt das Gericht nicht, dass am 29.06.2020 die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen beginnen. Ausweislich der Email der Maire-Kahle-Gesamtschule ist eine vollständige Rückkehr zum Präsenzunterricht unmittelbar nach dem Beginn des nächsten Schuljahrs jedoch nicht zu erwarten.
Es kann zudem nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Verteilung der Mittel aus der Zusatzvereinbarung DigitalPakt Schule 2019 bis 2024 rechtzeitig vor Beginn des Schuljahres 2020/2021 erfolgen wird und zudem just dem Antragsteller zu Gute kommen werden.
Ein diesbezügliches Abwarten kann von dem Antragsteller nicht erwartet werden. Denn sollte eine Verteilung der Mittel nicht kurzfristig erfolgen, wäre der Antragsteller gezwungen, gerichtliche Hilfe durch ein erneutes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Anspruch zu nehmen, was bereits in wenigen Wochen einzuleiten wäre, um einen rechtzeitigen Abschluss noch vor dem Beginn des neuen Schuljahrs zu sicherstellen zu können. Dies erachtet das Gericht nicht als sachgerecht.
Eine endgültige Klärung des Anspruchs des Antragstellers hat zudem dem Hauptsacheverfahren vorbehalten zu bleiben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG analog und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung teilweise Erfolg hat.
Gründe:
Der Antragsteller macht mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Erbringung einen pandemiebedingten Mehrbedarf für die Anschaffung eines Laptops nebst Drucker und Druckerzubehör in Höhe von 270,00 EUR geltend.
1. Der Antrag hat teilweise Erfolg.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Anordnung setzt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache in Form des Bestehens eines Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes (d.h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Hierbei sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 17.04.2013, Az. B 9 V 1/12 R). Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht jedoch noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Die Sach- und Rechtslage ist im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich im Rahmen einer summarischen Prüfung zu ermitteln (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 19.07.2006, Az. L 20 B 146/06 AS ER). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, geht es also um eine Sicherung einer menschenwürdigen Existenz, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so muss auf der Grundlage einer Folgenabwägung entschieden werden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az. 1 BvR 569/05; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.02.2011, Az. L 7 AS 1770/10 B ER; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., § 86b, Rn. 29a).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vor. Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsgrunds sowie eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht.
Es ist zunächst ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller ist grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem SGB II. Die Kontoauszüge seiner Mutter, die das Gericht angefordert hat, bieten keine Anhaltspunkte für ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Einkommen oder Vermögen.
Nach summarischer Prüfung ist dem Antragsteller ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II zu gewähren. Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Das Gericht schließt sich diesbezüglich nach eigener Prüfung der Einschätzung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 22. Mai 2020 (L 7 AS 719/20 B ER) an, wonach ein Bedarf für die Anschaffung von internetfähigen Computern zur Teilnahme an dem pandemiebedingten Schulunterricht im heimischen Umfeld im Regelbedarf nicht berücksichtigt und aufgrund der Schließung bzw. Einschränkung des Präsenzschulbetriebs erforderlich geworden ist. Es handelt es sich um einen laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf, da auch die Anschaffung eines Gegenstandes zur laufenden Benutzung einen laufenden Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II darstellen kann (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 12/13 R).
Der Bedarf ist auch unabweisbar. Der Antragsteller hat im Verfahren glaubhaft gemacht, dass die seitens des schulischen Fördervereins zur Verfügung gestellten Geräte bereits an andere Schüler vergeben wurden und in der Schule keine Möglichkeit besteht, Ausdrucke anzufertigen.
Nach der Auffassung des Gerichts ist die Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 240,00 EUR aber ausreichend. Zunächst ist für einen Laptop ausgehend von dem Bedarfspaket "digitales Klassenzimmer" der Bundesregierung ein Betrag von 150 EUR je Schüler anzusetzen. Soweit der Antragsteller hier einen höheren Betrag angesetzt hat, ist darauf hinzuweisen, dass der Bedarf auch durch ein gebrauchtes Gerät erfüllt werden kann (vgl. SG Mainz, Beschluss vom 07.10.2019 – S 14 AS 582/19 ER). Für Drucker, Patrone und Kabel hat das Gericht die seitens des Antragstellers ermittelten Beträge zugrunde gelegt (60,00 EUR, 20,00 EUR sowie 10,00 EUR), so dass sich ein Betrag von insgesamt 240,00 EUR ergibt.
Zudem geht das Gericht nach summarischer Prüfung von dem Vorliegen eines Anordnungsgrunds aus.
Zwar verkennt das Gericht nicht, dass am 29.06.2020 die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen beginnen. Ausweislich der Email der Maire-Kahle-Gesamtschule ist eine vollständige Rückkehr zum Präsenzunterricht unmittelbar nach dem Beginn des nächsten Schuljahrs jedoch nicht zu erwarten.
Es kann zudem nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Verteilung der Mittel aus der Zusatzvereinbarung DigitalPakt Schule 2019 bis 2024 rechtzeitig vor Beginn des Schuljahres 2020/2021 erfolgen wird und zudem just dem Antragsteller zu Gute kommen werden.
Ein diesbezügliches Abwarten kann von dem Antragsteller nicht erwartet werden. Denn sollte eine Verteilung der Mittel nicht kurzfristig erfolgen, wäre der Antragsteller gezwungen, gerichtliche Hilfe durch ein erneutes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Anspruch zu nehmen, was bereits in wenigen Wochen einzuleiten wäre, um einen rechtzeitigen Abschluss noch vor dem Beginn des neuen Schuljahrs zu sicherstellen zu können. Dies erachtet das Gericht nicht als sachgerecht.
Eine endgültige Klärung des Anspruchs des Antragstellers hat zudem dem Hauptsacheverfahren vorbehalten zu bleiben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG analog und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung teilweise Erfolg hat.
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