S 2 SB 4020/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 4020/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1.) Ein Chondrosarkom ist als niedrigmaligne Krebsform nicht mit einem Carcinoma in Situ im Sinne von Teil B Zif. 1 lit. d der Anlage zu § 2 der VersMedV zu vergleichen. Weil es in Teil B nicht ausdrücklich Erwähnung findet, ist es gemäß Teil B Zif. 1 lit. c der Anlage zu § 2 der VersMedV für eine Dauer von fünf Jahren mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewerten.
2.) Kann ein Tumor (i.v.F. das Chondrosarkom) operativ lediglich teilweise entfernt werden und verbleibt auch nach anschließender Strahlentherapie restliches Tumorgewebe, ist die Erkrankung mangels vollständiger „Geschwulstbeseitigung“ dem Eintritt der Heilungsbewährung nicht zugänglich. Der von Teil B der Anlage zu § 2 der VersMedV vorgesehene Einzel-GdB ist dann auf Dauer zu Grunde zu legen.
Der Bescheid vom 02.05.2019 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 11.10.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2019 wird abgeändert und der Beklagte verpflichtet, einen Grad der Behinderung von 60 seit dem 10.05.2019 festzustellen. Der Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten. Gründe:

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Wiederfeststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50. Sie ist am 25.03.1961 geboren. Mit Bescheid vom 10.12.2007 stellte der Beklagte aufgrund eines nach versorgungsärztlicher Einschätzung niedrigmaligen Chondrosarkom der Schädelbasis mit Funktionsstörung der Zunge in Heilungsbewährung einen GdB von 50 fest und entzog diesen mit Bescheid vom 08.11.2012 wegen Eintritts der Heilungsbewährung vollständig (kein Gesamt-GdB von mindestens 20). Widerspruch erhob die Klägerin jeweils nicht. Am 11.02.2019 beantragte die Klägerin erneut die Feststellung eines GdB. Der Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und wertete diese versorgungsärztlich aus. Nach der letzten ärztlichen Einschätzung sei von den Funktionsbehinderungen "Fingerpolyarthrose, Gebrauchseinschränkung beider Hände" (Teil-GdB 30), "Hirnschädigung mit Teilleistungsstörung" (Teil-GdB 20), "Funktionsstörung der Zunge" (Teil-GdB 10), Gebrauchseinschränkung des rechten Armes, Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks" (Teil-GdB 10) und "Schwerhörigkeit" (Teil-GdB 10) auszugehen. Der Gesamt-GdB sei mit 40 angemessen bewertet. Hierauf gestützt stellte der Beklagte mit Bescheid vom 02.05.2019 (Gesamt-GdB 20) in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 11.10.2019 (Gesamt-GdB 40) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2019 einen Gesamt-GdB von 40 fest. Mit ihrer am 06.12.2019 zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Beklagte habe im Verwaltungsverfahren wie auch im Widerspruchsverfahren die gesundheitlichen Einschränkungen nicht hinreichend berücksichtigt und den Sachverhalt insoweit nicht vollständig aufgeklärt. Zusätzlich zu den in den Bescheiden vom 02.05.2019 und 11.10.2019 genannten Gesundheitsstörungen sei eine Hüftarthrose zu berücksichtigen. Dadurch werde eine wesentliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens verursacht. Zusätzlich zu den Einschränkungen der Beweglichkeit der Finger seien nunmehr Störungen des Bewegungsablaufes (Hüftfehlhaltung) und damit verbundene Rückenschmerzen zu berücksichtigen. Die Klägerin lässt sinngemäß beantragen, die Bescheide vom 02.05.2019 und vom 11.10.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2019 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, einen GdB von mindestens 50 seit dem 10.05.2019 festzustellen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Hüftgelenksleiden sei in keinem der vorliegenden Befundberichte dokumentiert und von der Klägerin im Neufeststellungsantrag auch nicht geltend gemacht worden. Aktuelle ärztliche Unterlagen, die noch nicht Gegenstand einer versorgungsärztlichen Überprüfung gewesen seien, habe die Klägerin nicht vorgelegt. Es werde auf die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 17.09.2019 und die Begründung des Widerspruchsbescheides verwiesen. Das Gericht hat eine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid angekündigt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte nebst beigezogener Verwaltungsakte verwiesen, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

A.) Das Gericht entscheidet nach vorangegangener Anhörung ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, §§ 105, 3 Abs. 1 S. 2 Fall 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). B.) Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhobene Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 02.05.2019 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 11.10.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte für die Zeit ab dem 10.05.2019 einen Gesamt-GdB von 60 feststellt. I.) Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung eines GdB nach früherer und im Sinne von § 77 SGG bindender vollständiger Entziehung des GdB ist § 152 Abs. 1 S 1 SGB IX in der seit dem 01.01.2018 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung vom 23.12.2016 (Bundesteilhabegesetz - BTHG; BGBl. 2016, S. 3234ff), mit welchem die Vorschriften des SGB IX eine weitreichende redaktionelle Änderung erfahren haben. Nach dieser Vorschrift stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den Gesamt-GdB fest. Als Gesamt-GdB werden dabei nach § 152 Abs. 1 S 5 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wenn nicht ein niedrigerer Gesamt-GdB als 20 gegeben ist, § 152 Abs. 1 S. 6 SGB IX. Dabei ist das seit jeher im Schwerbehindertenrecht geltende Finalitätsprinzip zu beachten, das sowohl im Behinderungsbegriff des § 2 Abs. 1 SGB IX als auch in den Prinzipien zur Feststellung des Gesamt-GdB nach § 152 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX festgeschrieben worden ist. Durch den bis zum 14.01.2015 in der Vorgängervorschrift des § 69 Abs. 1 S 5 SGB IX enthaltenen Verweis auf die im Rahmen des § 30 BVG festgelegten Maßstäbe wurde auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem abgestellt, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden sind. Von diesen Mindestvomhundertsätzen leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (VersMedV) ab, wobei die nähere Ausgestaltung in der Anlage zu § 2 der VersMedV, den sogenannten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG), erfolgt ist. Als Rechtsverordnung binden sie grundsätzlich sowohl Verwaltung als auch Gerichte. Die VMG sind jedoch, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere des früheren § 69 SGB IX, dessen Regelugen ab dem 01.01.2018 in § 152 SGB IX überführt wurden - zu überprüfen. Daher sind VersMedV und VMG im Lichte dieser rechtlichen Vorgaben auszulegen und bei Verstößen dagegen nicht anzuwenden (Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R). Mit der zum 15.01.2015 eingeführten Verordnungsermächtigung des § 70 Abs. 2 SGB IX, die seit dem 01.01.2018 in § 153 Abs. 2 SGB IX geregelt ist, hat der Gesetzgeber das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates diejenigen Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, welche nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Für eine Übergangszeit bis zum Erlass einer neuen Rechtsverordnung sind weiterhin die VMG anzuwenden, wie sich aus der ebenfalls zum 15.01.2015 in Kraft getretenen Übergangsvorschrift des §159 Abs. 7 SGB IX, welche zum 01.01.2018 inhaltsgleich in § 241 Abs. 5 SGB IX überführt wurde, ergibt. Die VersMedV und die dort enthaltenen VMG dienen folglich auch weiterhin als verbindliche Rechtsquelle sowohl für die Bestimmung des GdB als auch für die Feststellung der Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Gesamt-GdB gem. § 152 Abs. 3 S. 1 SGB IX ferner nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Folglich werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (§ 2 Abs. 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen bestimmt. In einem zweiten Schritt sind diese mit einem Einzel-GdB zu bewerten und den jeweils unter Teil A Ziff. 2 Buchstabe e) der VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen. Innerhalb der Funktionssysteme sind die jeweiligen Einzel-GdB sodann zu einem Teil-GdB zusammen zu fassen. In einem dritten Schritt ist gemäß Teil A Ziff. 3 der VMG dann in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Teil-GdB in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle feste Grade angegeben sind. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist ferner zu beachten, dass zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen in Funktionssystemen, die nur einen Teil-GdB von 10 bedingen, von Ausnahmefällen abgesehen nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnten. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (Teil A Ziff. 3 Buchstabe d) ee) VMG). Bei Gesundheitsstörungen, welche in Funktionssystemen einen Teil-GdB von 20 bedingen, ist es vielfach ebenfalls nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Maßgeblich ist hier, inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, ob sich eine Behinderung auf eine andere besonders nachhaltig auswirkt oder inwieweit sie sich überschneiden (Teil A Ziff. 3 Buchstaben a)-d) VMG). II.) Gemessen hieran ist für die vorhandenen Beeinträchtigungen ein Gesamt-GdB von 60 zur Überzeugung der Kammer als angemessen zu erachten. Dabei sind zunächst, gegliedert nach den unter Teil A Ziff. 2 Buchstabe e) der VMG genannten Funktionssystemen, die folgenden Teil-GdB zu berücksichtigen: 1.) Arme Bei der Klägerin liegt eine destruierende Fingergelenkspolyarthrose beidseits vor. Nach dem Bericht des Rheumatologen Dr. Kittel vom 23.04.2019 besteht ein deutliches Faustschlussdefizit und ein Streckdefizit an DIII und V rechts sowie DV links. Dies rechtfertigt auch nach Einschätzung der erkennenden Kammer einen Teil-GdB von 30, nachdem zu berücksichtigen ist, dass paarige Gliedmaßen betroffen sind, was zu einer besonders nachteiligen Auswirkung führt, vgl. Teil A Ziff. d bb VMG. Im Ergebnis sind zur Überzeugung der Kammer im Funktionssystem Arme keine Funktionseinschränkungen objektiviert, die mit einem Verlust von drei Fingern mit Einschluss des Daumens an einer Hand vergleichbar wären. 2.) Gehirn einschließlich Psyche Die im Bericht vom 04.10.2017 beschriebene transiente globale Amnesie stellt, anders als vom Beklagten scheinbar angenommen (vgl. den Verweis in der ärztlichen Stellungnahme des Dr. Krause auf Bl. 46 der Verwaltungsakte) zur Überzeugung der Kammer keine bleibende Funktionseinschränkung dar und rechtfertigt damit nicht die Annahme eines Teil-GdB von 20. 3) Allerdings liegt bei der Klägerin ein Zustand nach Teilresektion eines Chondrosarkoms der Schädelbasis links mit Z.n. Schwerionenbestrahlung vor. Eine Heilungsbewährung ist nach Teil B Ziff. 1c) VMG abzuwarten nach Transplantationen innerer Organe und nach der Behandlung von Krankheiten, bei denen dies in der GdB-Tabelle vorgegeben ist. Dazu gehören vor allen bösartige Geschwulstkrankheiten. Für die häufigsten und wichtigsten solcher Krankheiten sind im Folgenden Anhaltswerte für den GdB angegeben. Sie sind auf den Zustand nach operativer oder anderweitiger Beseitigung der Geschwulst bezogen. Der Zeitraum des Abwartens einer Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre; kürzere Zeiträume werden in der Tabelle vermerkt. Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann; eine zusätzliche adjuvante Therapie hat keinen Einfluss auf den Beginn der Heilungsbewährung. Der aufgeführte GdB bezieht dabei den regelhaft verbleibenden Organ- oder Gliedmaßenschaden ein. Außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung - z.B. lang dauernde schwere Auswirkungen einer wiederholten Chemotherapie - sind zu berücksichtigen. Bei den nicht ausdrücklich genannten malignen Geschwulstkrankheiten ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Bis zum Ablauf der Heilungsbewährung - in der Regel bis zum Ablauf des fünften Jahres nach der Geschwulstbeseitigung - ist in den Fällen, in denen der verbliebene Organ- oder Gliedmaßenschaden für sich allein keinen GdB von wenigstens 50 bedingt, im allgemeinen nach Geschwulstbeseitigung im Frühstadium ein GdB von 50 und nach Geschwulstbeseitigung in höheren Stadien ein GdB von 80 angemessen. Bedingen der verbliebene Körperschaden oder die Therapiefolgen einen GdB von 50 oder mehr, ist der bis zum Ablauf der Heilungsbewährung anzusetzende GdB entsprechend höher zu bewerten. Dies zu Grunde gelegt rechtfertigt das niedermaligne Chondrosarkom zur Überzeugung der Kammer nach wie vor einen Einzel-GdB von 50. Das Chondrosarkom ist nicht ausdrücklich in den VMG aufgeführt und damit anhand der vorstehenden Punkte zu bewerten. Es handelt sich, hier folgt die Kammer der Einschätzung in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.09.2007, um eine niedrigmaligne Krebsform, die allerdings nicht mit einem Carcinoma in Situ zu vergleichen ist und deshalb weder mit weniger als 50 (vgl. Teil B Ziff. 1d VMG), noch mit mehr als 50 bewertet werden kann. Aus den Berichten des Universitätsklinikums Heidelberg vom 03.05.2012 und 09.12.2015 ergibt sich ferner eindeutig, dass lediglich eine Teil-Resektion des Chondrosarkoms mit anschließender Bestrahlung erfolgen konnte. Vor diesem Hintergrund ist die Erkrankung zur Überzeugung der Kammer einer Heilungsbewährung nicht zugänglich, denn diese erfordert nach den Vorgaben der VMG eine "Geschwulstbeseitigung", die bereits nach allgemeinem Wortverständnis als äußerster Auslegungsgrenze nur bei einer Vollresektion angenommen werden kann und vorliegend gerade nicht gegeben ist. Dieser Einzel-GdB erfasst dabei ohne weiteres auch die Funktionsstörung der Zunge und die postoperative Parese der im Bericht des Universitätsklinikums Heidelberg vom 09.12.2015 genannten, postoperativ aufgetretenen Deltoideusparese links mit Schultertiefstand. Auch wenn sich diese insbesondere auf die Armehebefähigkeit auswirkt, hält die Kammer eine Berücksichtigung im Funktionssystem der Arme nicht für angebracht, nachdem es sich eindeutig um eine postoperative Folge der Teilresektion des Chondrosarkoms handelt, für welche mangels eindeutiger Zuordnung zu einem Funktionssystem ein gesonderter Teil-GdB zu berücksichtigen ist. 4.) Die weiteren Funktionseinschränkungen rechtfertigen zur Überzeugung der Kammer nachvollziehbar keinen weiteren Teil-GdB von mehr als 10 im Funktionssystem der Beine. Die Klägerin hat in ihrem Antrag hier keine Beschwerden angegeben, solche werden auch vom behandelnden Orthopäden und Hausarzt nicht bestätigt. 5.) Unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 50 für das lediglich teilresizierte Chondrosarkom und dem weiteren Teil-GdB von 30 im Funktionssystem der Arme ist ein Gesamt-GdB von 60 angemessen und für die Zeit seit dem 10.05.2019 (diesbezüglich greift der ne-ultra-petita-Grundsatz) festzustellen. Die Klage war auch nicht im Übrigen abzuweisen. Ein Behinderter ist nach Anhebung des GdB auf den von ihm genannten Mindestwert (oder wie vorliegend sogar darüber hinaus) ebenso wenig beschwert wie ein Kläger, dem die in seinem Antrag geforderte Mindestsumme an Schmerzensgeld zugesprochen wird (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 9 SB 2/16 R –, juris Rn. 14). Anhaltspunkte für die Geltendmachung eines höheren Gesamt-GdB als vom Gericht erkannt sind nicht ersichtlich. C.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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