S 5 KR 356/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 356/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Bei einem hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen richtet sich die Höhe des Krankengeldes grundsätzlich nach dem Arbeitseinkommen, das die Krankenkasse vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Beitragsbemessung zugrunde gelegt hatte. Unerheblich ist hingegen die Beitragsbemessung bei Beginn des Anspruchs auf Krankengeld, und zwar auch dann, wenn der Anspruch erst ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit an entsteht.

2. Die Krankenkasse darf bei der Festsetzung des Krankengeldes ausnahmsweise von der Vermutung nach § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V abweichen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der so anzunehmende Betrag erkennbar nicht der realen wirtschaftlichen Situation des hauptberuflich selbstständigen Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspricht. Maßgeblich ist insoweit sein Arbeitseinkommen im letzten Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Die Diskrepanz zwischen der Beitragsbemessungsgrundlage und dem tatsächlichen Arbeitseinkommen muss evident sein. Dies kommt vor allem in Betracht, wenn die Beiträge zur Krankenversicherung nach der so genannten Mindestbemessungsgrundlage festgesetzt wurden. In anderen Fällen ist eine Abweichung nur dann evident, wenn es für das maßgebliche Kalenderjahr bereits einen Einkommensteuerbescheid gibt; sonstige Unterlagen lassen diesen Schluss hingegen nicht zu, insbesondere nicht ein Einkommensteuerbescheid für ein früheres Jahr als das letzte Jahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit.
1. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 12.8.2019 in der Gestalt des Bescheids vom 12.12.2019 sowie des Widerspruchsbescheids vom 8.1.2020 verpflichtet, dem Kläger Krankengeld für die Zeit ab dem 13.5.2019 in Höhe von täglich 39,45 EUR brutto zu bewilligen. 2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe eines Anspruchs auf Krankengeld.

Der Kläger ist hauptberuflich selbstständig erwerbstätig und bei der Beklagten freiwillig krankenversichert mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit.

Laut Einkommenssteuerbescheid für 2016 (vom 29.3.2018) betrugen seine jährlichen Einkünfte 20.291 EUR.

Auf dieser Grundlage setzte die Beklagte mit Bescheid vom 21.3.2019 die vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 1.1.2019 fest. Dabei berücksichtigte sie beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.690,92 EUR pro Monat.

Ab dem 1.4.2019 war der Kläger krankgeschrieben. Sein behandelnder Arzt bescheinigte ihm durchgehend Arbeitsunfähigkeit bis (mindestens) zum 13.12.2019.

Kurz nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit, am 10.4.2019, reichte der Kläger seinen Einkommenssteuerbescheid für 2017 (vom 1.3.2019) bei der Beklagten ein. Laut Steuerbescheid betrugen seine jährlichen Einkünfte nur noch 9.142 EUR.

Daraufhin reduzierte die Beklagte mit Bescheid vom 12.4.2019 die vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 1.4.2019. Sie berücksichtigte nun nur noch beitragspflichtige Einnahmen in Höhe der so genannten Mindestbemessungsgrundlage, also in Höhe von 1.038,33 EUR pro Monat.

Vier Monate später, mit Bescheid vom 12.8.2019, bewilligte die Beklagte dem Kläger Krankengeld ab dem 13.5.2019 in Höhe von täglich 17,77 EUR brutto / 17,50 EUR netto.

Gegen die Höhe der bewilligten Leistung legte der Kläger am 22.8.2019 Widerspruch ein. Er machte geltend, das Krankengeld betrage 70 % des erzielten Regelentgelts. Als Regelentgelt gelte der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend gewesen sei. Er, der Kläger, sei seit dem 1.4.2019 arbeitsunfähig. Maßgeblicher Bemessungszeitraum sei daher der März 2019. In diesem Monat habe die Beklagte Beiträge auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheids für 2016 erhoben. Dieser Bescheid weise Einkünfte in Höhe von 20.291 EUR aus. Angesichts dessen stehe ihm Krankengeld nicht nur in Höhe von 17,77 EUR zu, sondern in Höhe von 39,45 EUR brutto.

Mit Bescheid vom 12.12.2019 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und bewilligte dem Kläger Krankengeld ab dem 13.5.2019 nun in Höhe von 23,70 EUR brutto / 21,14 EUR netto.

Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.1.2020 zurück. Zur Begründung gab sie an, für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer seien, gelte gemäß § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V als Regelentgelt grundsätzlich der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgeblich gewesen sei. Diese Regelung finde allerdings keine Anwendung, sofern es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Einnahmen, die die Krankenkasse vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ihrer Beitragsfestsetzung zugrunde gelegt habe, erkennbar nicht der wirtschaftlichen Situation des Versicherten entsprächen, weil sein Arbeitseinkommen tatsächlich wesentlich niedriger gewesen sei. Dann sei das Arbeitseinkommen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit konkret zu ermitteln. Dies könne anhand des Einkommenssteuerbescheids für das Vorjahr geschehen. Gebe es einen solchen Bescheid noch nicht, müsse die Krankenkasse das Arbeitseinkommen aufgrund der steuerrechtlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen feststellen. Wie sich aus dem Einkommenssteuerbescheid für 2017 ergebe, sei das Arbeitseinkommen des Klägers bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit wesentlich geringer gewesen als bei der Beitragserhebung für März 2019 berücksichtigt. Angesichts dessen sei die Beitragsfestsetzung für die Höhe des Krankengeldes hier nicht mehr maßgebend. Im Übrigen habe sie mit Bescheid vom 12.4.2019 die Höhe der geschuldeten Beiträge zur Krankenversicherung rückwirkend zum 1.4.2019 angepasst, also noch vor Beginn des Anspruchs auf Krankengeld.

Mit der am 28.1.2019 erhobenen Klage verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Er trägt ergänzend vor, bei der Berechnung des Krankengeldes sei regelmäßig in der Weise vorzugehen, wie sie § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V beschreibe; dies gebiete schon die Verwaltungspraktikabilität. Nur in besonderen Ausnahmefällen sei davon abzuweichen. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege ein solcher Fall hier nicht vor: Sein Arbeitseinkommen schwanke von Jahr zu Jahr. Der Einkommenssteuerbescheid für 2017 habe daher keinen Aussagewert für seine wirtschaftliche Situation im Jahr 2018 und zu Beginn des Jahres 2019. Keinesfalls sei eine erhebliche Differenz zwischen Beitragsbemessung und aktuellem Arbeitseinkommen klar zutage getreten. Unerheblich sei die Beitragsänderung, die die Beklagte mit Bescheid vom 12.4.2019 aufgrund des Einkommenssteuerbescheids für 2017 vorgenommen habe; denn dies sei erst nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit geschehen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 12.8.2019 in der Gestalt des Bescheids vom 12.12.2019 sowie des Widerspruchsbescheids vom 8.1.2020 zu verurteilen, ihm Krankengeld ab dem 13.5.2019 auf Grundlage eines jährlichen Arbeitseinkommens in Höhe von 20.291 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor, zeitliche Grenze für die Berücksichtigung von Tatsachen sei nicht der Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern die Entscheidung der Krankenkasse über den Anspruch auf Krankengeld. Bei Erlass des Bewilligungsbescheids vom 12.8.2019 habe ihr der Einkommenssteuerbescheid für 2017 (vom 1.3.2019) bereits vorgelegen; sie habe ihn daher berücksichtigen dürfen. Aus diesem Steuerbescheid hätten sich konkrete Anhaltspunkte ergeben, die die Vermutung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V widerlegten. Im Übrigen habe der Kläger am 20.5.2019 als Antwort auf eine Einkommensanfrage selbst kein höheres Einkommen behauptet, sondern auf seinen Einkommenssteuerbescheid verwiesen.

Einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid haben der Kläger (am 7.5.2020) und die Beklagte (am 8.5.2020) zugestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1) Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Krankengeld ab dem 13.5.2019 (dazu a) in der geltend gemachten Höhe von täglich 39,45 EUR brutto (dazu b).

a) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs. 1 SGB V). Ausgenommen hiervon sind hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (§ 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB V). Für Versicherte, die eine solche Wahlerklärung abgegeben haben, entsteht der Anspruch auf Krankengeld von der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit an (§ 46 S. 4 SGB V).

Im vorliegenden Fall hat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. dem Kläger Arbeitsunfähigkeit wegen "Unwohlsein und Ermüdung" (ICD-10-Ziff. R 53) ab dem 1.4.2019 bescheinigt. In der Verwaltungsakte befinden sich nahtlose Bescheinigungen bis zum 13.12.2019; ob danach noch weitere Bescheinigungen erfolgten, ist der Kammer nicht bekannt. Die Beklagte hat die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht infrage gestellt. Auch die Kammer sieht keinen Anlass, daran zu zweifeln; die diagnostizierte Erkrankung kann ohne weiteres die vom Kläger ausgeübte selbständige Tätigkeit als Wirtschaftsinformatiker ausschließen. Der freiwillig versicherte Kläger hat eine Wahlerklärung abgegeben. Angesichts dessen begann sein Anspruch auf Krankengeld mit der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit, also ab dem 13.5.2019.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Kläger Krankengeld nicht nur in Höhe von 23,70 EUR brutto zu, sondern in Höhe von 39,45 EUR brutto.

aa) Das Krankengeld beträgt 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (§ 47 Abs. 1 S. 1 SGB V). Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, gilt als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war (§ 47 Abs. 4 S. 2 SGB V).

Der Kläger – kein Arbeitnehmer – war ab dem 1.4.2019 arbeitsunfähig. Seinerzeit galt für ihn der Beitragsbescheid vom 21.3.2019, mit dem die Beklagte die vom Kläger zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge ab dem 1.1.2019 festgesetzt hatte. Bei der Beitragsbemessung hatte sie beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.690,92 EUR pro Monat berücksichtigt. Dies beruhte auf dem Einkommensteuerbescheid für 2016, der jährliche Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 20.291 EUR auswies. Vor diesem Hintergrund lag der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war, bei 56,36 EUR (1.690,92 EUR: 30). 70 % dieses Regelentgelts entsprechen 39,45 EUR.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der spätere Beitragsbescheid vom 12.4.2019, mit dem die Beklagte die vom Kläger zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge rückwirkend reduziert hat (auf der Grundlage niedrigerer beitragspflichtiger Einnahmen). Dieser Beitragsbescheid ist zwar noch vor Entstehung des Anspruchs auf Krankengeld am 13.5.2019 ergangen, aber nicht "vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit" am 1.4.2019 – wie dies § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V nach seinem klaren Wortlaut voraussetzt. Im Übrigen erfolgt in diesem Bescheid eine Festsetzung der Beiträge erst ab dem 1.4.2019, also wiederum nicht für einen Zeitraum "vor", sondern allenfalls "mit" Beginn der Arbeitsunfähigkeit.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Regelentgelt hier nicht in anderer Weise zu bestimmen als dies § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V vorgibt.

Allerdings gilt § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen nicht ausnahmslos. Vielmehr ergibt sich aus der Vorschrift nur eine gesetzliche Vermutung zur Höhe des Regelentgelts, die im Einzelfall widerlegt werden kann. Um der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes gerecht zu werden, kann ausnahmsweise von der Vermutung abgewichen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der nach § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V anzunehmende Betrag erkennbar nicht der realen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspricht, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich niedriger war (BSG, Urteil vom 6.11.2008, B 1 KR 8/08 R, Rdnr. 14 – nach Juris). Maßgeblich ist insoweit das Arbeitseinkommen im letzten Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (BSG, a.a.O., Rdnr. 17 – nach Juris; Beschluss vom 10.5.2010, B 1 KR 144/09 B, Rdnr. 8 – nach Juris). Um indes die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, muss die Diskrepanz zwischen der Beitragsbemessungsgrundlage und dem tatsächlichen Arbeitseinkommen evident sein (Bohlken in: jurisPK-SGB V, § 47 Rdnr. 97). Dies kommt vor allem in Betracht, wenn die Beiträge zur Krankenversicherung nach der so genannten Mindestbemessungsgrundlage festgesetzt wurden (Bohlken, a.a.O.). In anderen Fällen dürfte eine Abweichung nur dann evident sein, wenn es für das maßgebliche Kalenderjahr bereits einen Einkommensteuerbescheid gibt; sonstige Unterlagen lassen diesen Schluss hingegen nicht zu: Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Anders als der Finanzverwaltung steht der Krankenkasse kein Instrumentarium zur Verfügung, um den Gewinn eines Versicherten nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts selbständig festzustellen – selbst dann nicht, wenn ihr der Umsatz oder die Bruttoeinnahmen des Versicherten bekannt sind; denn hierbei handelt es sich nicht um dessen Gewinn (BSG, Urteil vom 2.9.2009, B 12 KR 21/08 R, Rdnr. 15 – nach Juris). Auch etwaige Gewinn- und Verlustrechnungen, die ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater aufgestellt hat, lassen keine abschließende Aussage zum Gewinn zu (BSG, a.a.O., Rdnr. 17 – nach Juris). So bleibt der Krankenkasse nur ein Rückgriff auf den Einkommensteuerbescheid.

Letztes Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit war hier das Jahr 2018. In diesem Jahr hatte die Beklagte die Beiträge des Klägers zur Krankenversicherung beitragsgerecht bemessen, also noch nicht nach der so genannten Mindestbemessungsgrundlage. Jedenfalls bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens gab es noch keinen Einkommensteuerbescheid für 2018, der Aufschluss über die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Klägers in diesem Jahr hätte geben können. Dem Einkommensteuerbescheid für 2017 (vom 1.3.2019) ist naturgemäß nichts zum Arbeitseinkommen im Jahr 2018 zu entnehmen. Es besteht auch kein Erfahrungssatz, dass sich der Gewinn im Zweifel nicht ändere, also ohne weiteres in das Folgejahr projiziert werden könne. Im Gegenteil: Fast kein Steuerbescheid stimmt im Ergebnis mit dem Vorjahr überein (BSG, Urteil vom 2.9.2009, B 12 KR 21/08 R, Rdnr. 17 – nach Juris). Vor diesem Hintergrund bietet der Einkommensteuerbescheid für 2017 keine Grundlage für die Annahme, der Gewinn des Klägers sei im Jahr 2018 wesentlich niedriger gewesen als die beitragspflichtigen Einnahmen, die die Beklagte im Bescheid vom 21.3.2019 berücksichtigt hat; erst recht nicht ist eine solche Diskrepanz offensichtlich. Wie erwähnt, eignen sich andere Unterlagen als Einkommensteuerbescheide nicht, um das Arbeitseinkommen zu erkennen. Unerheblich ist daher der Vordruck, den der Kläger am 20.5.2019 ausgefüllt hat. Im Übrigen macht der Kläger darin keine konkreten Angaben zu seiner wirtschaftlichen Situation im Jahr 2018, sondern verweist lediglich auf den Einkommensteuerbescheid für 2017 – der insoweit gerade keine Aussagekraft hat. Fehlt es also an klar zutage tretenden Anhaltspunkten dafür, das Arbeitseinkommen des Klägers sei 2018 deutlich niedriger gewesen als der nach § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V anzunehmende Betrag, so bleibt es bei der Bemessung des Krankengeldes nach dem gesetzlichen Grundsatz für den Regelfall, also der Anknüpfung an die Einnahmen, die vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Beitragsfestsetzung zugrunde lagen.

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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