S 12 AS 2003/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 2003/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die Absicht, unangenehme Gemütszustände mithilfe sozialgerichtlicher Verfahren zu verdrängen, stellt kein schutzwürdiges Rechtsschutzziel dar.
Die Verhängung von Missbrauchsgebühren erfolgt ermessenswidrig, wenn sie gegenüber einem gerichtsbekannten Querulanten ohne Rücksicht auf seine in Bezug auf die Führung sozialgerichtlicher Verfahren herabgesetzte Steuerungsfähigkeit erfolgt.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt sinngemäß die Verurteilung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Gewährung höheren Arbeitslosengeldes 2 unter Zugrundelegung eines Mehrbedarfs für Menschen mit Schwerbehinderung sowie unter ungekürzter Berücksichtigung sämtlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (KdU).

Der am XXXXXX mit einer Hüftdysplasie geborene Kläger erfuhr im Kindesalter über einen längeren Zeitraum seitens seiner Mutter emotionale Vernachlässigung und häusliche Gewalt. Er wurde im Alter von 13 Lebensjahren auch Opfer einer Entführung und sexuellen Missbrauchs durch einen erwachsenen Mann. Der Kläger entwickelte eine posttraumatische Belastungsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, eine erhöhte emotionale Vulnerabilität, eine Persönlichkeit mit gewissenhaften und leicht verletzlichen Anteilen, ein ausgeprägtes Pflicht- und Verantwortungsgefühl sowie ein ängstliches Bindungsverhalten mitsamt stressbedingter körperlicher Beschwerden wie Tinnitus, Übergewicht, Allergien (gegen Gräserpollen, Kräuterpollen, Baumpollen, Ambrosia, Hausstaubmilben und Katzenhaare) bzw. (Nahrungsmittel-) Unverträglichkeiten (gegenüber Ibuprofen und ASS, Histamin, Roggen sowie Weizen).

Der Kläger unternahm einen Suizidversuch mit Strom im Alter von 17 Jahren. Im Alter zwischen 17 und 18 Jahren hatte er sexuellen Kontakt mit einer älteren Frau und wurde hierbei für mehrere Stunden ohnmächtig. Später unternahm er nach eigenen Angaben viel mit einer Alkoholikerin, deren Schwester ihm später unterstellte, er habe die Tochter der Alkoholikerin in deren Alter von elf bis zwölf Jahren sexuell misshandelt. Trotz einer diesbezüglichen Gerichtsverhandlung im Jahr 2000 kam es nie zu einer Anklage gegen den Kläger. Die Angelegenheit reaktivierte gleichwohl sein eigenes Missbrauchserleben. Infolgedessen befand sich der Kläger noch im Jahr 2000 erstmals in stationärer psychosomatischer Rehabilitationsbehandlung.

2006 offenbarte das Kind des Klägers – im Alter von damals fast 20 Jahren – dem Kläger, dass der Vater des Klägers das Kind des Klägers im Alter von sieben Jahren einmalig sexuell missbraucht habe. Danach erhielt der Kläger auch Hinweise auf einen eventuellen sexuellen Missbrauch seiner Schwester durch seinen Vater. Diese neuerlichen Re-Traumatisierungen führten 2007/2008 zu einer depressiven Episode. Einen diesbezüglichen Aufenthalt in der Akutklinik XXXXXX musste der Kläger aufgrund seines Kontrollverlusts abbrechen.

2008 ließ sich das Kind des Klägers operativ das Geschlecht umwandeln. Im gleichen Jahr begann der Kläger eine ambulante Psychotherapie, musste 2009 aber erneut für neun Wochen zur psychosomatischen Reha. 2010 – im Jahr der Trennung von seiner Ehefrau – begab er sich erneut für sechs Wochen zur stationären Reha.

Eine anschließende berufliche Wiedereingliederung des Klägers an seinen letzten versicherungspflichtigen Arbeitsplatz als Entwicklungsingenieur der XXXXXX vom 28.11.2011 bis 31.08.2012 scheiterte. Der Kläger bezog anschließend Krankengeld, Arbeitslosengeld 1 und schließlich vom Beklagten Arbeitslosengeld 2.

Am 19.04.2013 berichtete die Diplom-Psychologin XXXXXX gegenüber dem Landesversorgungsamt, sie schätze ein, ihre therapeutischen Bemühungen zwischen 02.10.2008 und 27.03.2014 hätten zwar gut angeschlagen, es komme aber immer wieder zu schweren Rückfällen, wenn der Kläger Stresssituationen ausgesetzt sei.

2013 oder 2014 wurde die Ehe des Klägers geschieden. Im selben Jahr brachte der Kläger seine ersten – von inzwischen 67 – Rechtsbehelfe zum Sozialgericht Karlsruhe an, die sich gegen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, das Landesversorgungsamt, die Agentur für Arbeit und – meistens – gegen den auch hier beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richteten.

Von Mai bis Juli 2014 befand sich der Kläger zur stationären Behandlung in der XXXXXXklink XXXXXX. Im psychologischen Befund hieß es, der Kläger sei dominant, wenig flexibel und halte an Strukturen und Vorstellungen fest. Er zeige eine ausgesprochen misstrauische Haltung. Sein Ausdrucksverhalten sei überexpressiv und logorrhoeisch. Er habe keinen Zugang zu seiner eigenen Emotionalität. Auffallend sei, dass er gestellte Fragen nicht beantworte, sondern immer wieder auf von ihm gebrachte Blätter verweise, die er für das Anamnesegespräch erstellt habe. Dabei werde eine leichte Kränkbarkeit deutlich, sowie eine Tendenz, sich nicht gesehen zu fühlen. Der Antrieb des Klägers sei gesteigert, er sei latent aggressiv und übererregt. Im formalen Denken sei er weitschweifig. Es würden sich paranoide Gedankengänge zeigen. Auf der Strukturebene zeige sich der Kläger paranoid, zwanghaft, narzisstisch, schizoid, ängstlich-vermeidend, aggressionsgehemmt, dissozial und histrionisch. Es sei von einer frühen Störung auszugehen. Weiter würden sich unsichere, emotional instabile Anteile zeigen. Es würden sich deutliche Hinweise auf Dramatisierung ergeben. Er sei nach Rehabilitations- und Wiedereingliederungsmaßnahmen aber wieder berufsfähig.

Dieselbe Klinik behandelte den Kläger im selben Jahr noch einmal vom 17.10. bis 11.12.2014 und schätzte abschließend ein, er sei beziehungsfähig, therapiemotiviert und verfüge trotz des komplizierten Krankheitsverlaufs über ausreichende psychische Ressourcen, Coping-Mechanismen und Lebenserfahrung, um seine berufliche und private Situation in stabile und dauerhafte Ordnung zu bringen.

2015 gewährte die Rentenversicherung dem Kläger eine fünfwöchige psychosomatische Reha in XXXXXX. Im diesbezüglichen Entlassungsbericht wurde dem Kläger eine inzwischen gute Introspektions- und Reflexionsfähigkeit und ein gutes psychosomatisches Krankheitsverständnis bescheinigt. Der Kläger habe durch die psychotherapeutischen Gespräche sein Verständnis für die psychischen Zusammenhänge der Symptomatik erweitern, seine aktuelle Lebenssituation und die Bedeutung relevanter Faktoren für das vorliegende Krankheitsbild besser erkennen und daran arbeiten können. Der Kläger führe seine Beschwerden inzwischen auch auf seine Rechtsstreitigkeiten zurück. Er klage über sein hohes Bedürfnis nach Kontrolle. Leider, so der Kläger selbst, würden ihm die Behörden immer wieder einen Strich durch die Rechnung machen, sodass er wieder zurückgeworfen und alle seine Erfolge wieder zunichtegemacht würden. Der Kläger könne es – nach eigenen Angaben – nicht ertragen, dass jemand Druck auf ihn ausübe. Mit derartigem Stress könne er nicht umgehen. Er habe inzwischen gelernt, sich abzugrenzen. Es komme, so der Kläger über sich selbst, vor, dass er unter Stress in einer Bewegung einfach stehen bleibe und dissoziiere. Er sei ständig in einer Habachtstellung. Im psychotherapeutischen Abschlussgespräch gab der Kläger im Rahmen der Selbsteinschätzung an, er habe von der Reha-Maßnahme profitiert, obwohl es seiner Meinung nach doch zu früh für eine Reha gewesen sei, da er zuhause noch viele Rechtsstreitigkeiten laufen habe, die ihn in der Zukunft noch weiter belasten würden, sodass er sich noch nicht endgültig stabilisieren könne. Dieser Selbsteinschätzung des Klägers pflichteten der Facharzt für Psychiatrie, Neurologie, Psychotherapie, Psychosomatische Schmerzmedizin mit sozialmedizinischer Zusatzausbildung Dr. XXXXXX, der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Rehabilitationswesen und Allgemeinmedizin Dr. XXXXXX, sowie die psychologische Psychotherapeutin XXXXXX aufgrund ihrer fünfwöchigen Verlaufsbeobachtung und der stattgehabten Abschlussuntersuchung bei. Sie meinten zudem, nach Abschluss der stationären Rehabilitation bestünden keine wesentlichen Einschränkungen der mentalen und psychischen Körperfunktionen. Auch aus somatischer Sicht seien keine wesentlichen Einschränkungen des beruflichen Restleistungsvermögens gegeben. Der Kläger könne – auch als Entwicklungsingenieur – noch arbeitstäglich sechs Stunden und mehr einer Berufstätigkeit nachgehen. Er könne selbst körperlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten, hierbei auch überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen arbeiten, dies selbst in Nachtschichten.

Während der Rehabilitationsbehandlung in Gengenbach lernte der Kläger – nach seinen eigenen Angaben in dem Strafverfahren des Amtsgerichts XXXXXX mit dem Aktenzeichen 6 Cs 34 Js 2942/16 – den – jedenfalls bis zum 31.03.2016 – ebenfalls im Grundsicherungsleistungsbezug (des Jobcenter Schwarzwald-Baar-Kreis) stehenden Herrn XXXXXX, geboren am XXXXXX, sodann wohnhaft in XXXXXX, kennen. Beide unterzeichneten anschließend eine Arbeitsvertragsurkunde. Danach sollte der arbeitslose Herr XXXXXX in der Mietwohnung des Klägers in der XXXXXX in XXXXXX – das heißt 160 km von seinem Wohnort entfernt – mit Wirkung zum XXXXXX als Projektmanager mit einem Bruttogehalt von monatlich 4.600,- EUR beschäftigt werden. Wegen der Höhe dieser Gehaltsangaben konnte sich Herr XXXXXX ab dem 01.04.2015 gegen das Risiko seiner Erkrankung freiwillig gesetzlich versichern. Der Kläger entrichtete im Hinblick hierauf Sozialabgaben unter anderem an den für Herr XXXXXX zuständigen Krankenversicherungsträger und bezog gleichzeitig im Rahmen der beruflichen Wiedereingliederung des Herrn XXXXXX von Seiten derselben Krankenkasse als vermeintlicher Arbeitgeber Eingliederungsleistungen in Höhe von 4.830,- EUR. Herr XXXXXX ließ sich unmittelbar nach der Aufnahme der Beschäftigung wegen einer psychischen Erkrankung krankschreiben und bezog – unter Zugrundelegung seines Arbeitseinkommens aus dem vermeintlichen Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger – Krankengeld jedenfalls vom 18.05.2015 bis 28.12.2015 in einer Gesamthöhe von 11.686,08 EUR. Vom diesbezüglichen Vorwurf des Sozialleistungsbetrugs wurden der Kläger und Herr XXXXXX mit Urteil vom 23.08.2017 durch das Amtsgericht XXXXXX mit der Begründung freigesprochen, es sei den Angeklagten anhand der Indizien nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit nachzuweisen, dass diese von Anfang an geplant hätten, ein Arbeitsverhältnis zu fingieren, um Krankengeld bzw. Erstattungsleistungen zu beziehen.

Im Auftrag des Sozialgerichts Karlsruhe untersuchte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXXXX den Kläger am 05.12.2016 ambulant und begutachtete das Ausmaß seiner Teilhabebeeinträchtigungen unter dem 07.01.2017. Dr. XXXXXX meinte, es sei im Rahmen der auffälligen Persönlichkeitsakzentuierung des Klägers, auch im Hinblick auf seinen eigenartigen Kommunikationsstil und seine soziale Interaktionsfähigkeit, von sozialen Anpassungsschwierigkeiten auszugehen, zumal der Kläger angegeben habe, sich zurückgezogen und lediglich Kontakt zu seinen Mitarbeitern und seinem Sohn zu haben. Vor dem Hintergrund des vagen Antwortverhaltens des Klägers hätten auch Zweifel an der Authentizität des Antwortverhaltens nicht ausgeräumt werden können, sodass insgesamt auch ein Aggravationsverhalten nicht auszuschließen sei.

Ausweislich eines Handelsregisterauszugs des Amtsgerichts Mannheim vom 28.03.2017 ist der Kläger aufgrund eines nicht gerichtsbekannten Gesellschaftsvertrags vom 10.11.2016 und 22.02.2017 inzwischen alleiniger Geschäftsführer der im Handelsregister eingetragen "XXXXXX" mit Sitz in der XXXXXX in XXXXXX. Eingetragener Gegenstand der gGmbH sind die "Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und die Unterstützung hilfebedürftiger Personen", welche "durch die menschliche und finanzielle Unterstützung von Menschen, die vom Leben benachteiligt sind (z. B. SGB-Leistungsempfänger, Behinderte und gesellschaftlich von der Norm abweichende Menschen) verwirklicht" werde, aber auch im Wege der "Hilfestellung bei der Wiedereingliederung dieser Menschen in die Gesellschaft und das Arbeitsleben bis hin zur Hilfestellung für die Erlangung öffentlicher Leistungen hierfür."

Im Dezember 2017 verstärkte nach Angaben des Klägers ein Vollbrand seines Autos seine entführungs- bzw. missbrauchsbedingte Klaustrophobie.

Der beklagte Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende forderte den Kläger mit Schreiben vom 31.10.2018 auf, seine KdU zu senken, gab den Wortlaut der diesbezüglichen Gesetzesregelung in § 22 SGB II wieder, bezifferte die seiner Meinung nach für eine alleinstehende Person angemessene Wohnungsgröße (maximal 45 qm) sowie eine höchstens hiernach angemessene Bruttokaltmiete (von 452,70 EUR monatlich) zzgl. etwaiger Heizkosten. Zugleich wies der Beklagte den Kläger auf seine Kostensenkungsobliegenheit hin und stellte ihm eine Reduzierung der bislang für KdU gewährten Leistungen auf die nach Meinung des Beklagten hierfür angemessene Höhe in Aussicht. Mit einer solchen sei nach Ablauf von sechs Monaten ab Zugang dieser Kostensenkungsaufforderung zu rechnen.

Mit Bescheid vom selben Tag (31.10.2018) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.11.2018 und 24.07.2019 gewährte der Beklagte Arbeitslosengeld 2 bis einschließlich April 2019 unter Berücksichtigung der tatsächlichen (d. h. nicht abgesenkten) KdU in Höhe von monatlich 940,- EUR sowie unter Zugrundelegung eines Mehrbedarfes anlässlich der Teilnahme an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige vom 01.04.2019 bis 16.04.2019. Der Kläger erhob hiergegen am 27.11.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe, welches das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 12 AS 4181/18 mit Gerichtsbescheid vom 29.08.2019 abwies. Das vom Kläger legte hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg angestrengte Berufungsverfahren L 9 AS 3341/19 erklärten die Beteiligten übereinstimmend für erledigt.

Mit Schreiben vom 18.02.2019 beantwortete der Kläger die Kostensenkungsaufforderung des Beklagten vom 31.10.2018 und beantragte sinngemäß zugleich die Übernahme der Kosten eines Umzugs und die Übernahme der KdU bezüglich einer neuen Unterkunft. Dabei trug er vor, die Unterkunft müsse wegen seines Tinnitus ruhig gelegen sein. Wegen der Beeinträchtigungen an Wirbelsäule, Hüfte und Daumensattelgelenk müssten sich innerhalb eines Radius‘ von 1,0 km eine Apotheke, ein Edeka, ein Penny, ein Hausarzt, Fachärzte für Innere Medizin sowie Sportmedizin und eine Praxis für Physiotherapie befinden. Wegen seiner schweren Depression, der durch sie bedingten Arbeitsunfähigkeit bzw. Behinderung müsse die Wohnung an der Südseite gelegen sein. Die Unterkunft müsse seinen Allergien gegen bestimmte Lebensmittel, Schimmelpilz, Pollen, Staub, Tiere, Arzneimittel, Aromen und anderen nicht näher benannten "Kontaktstoffen" Rechnung tragen. Wegen seiner beidseitigen Hüftarthrose, der beidseitigen Daumensattelarthrose und seiner seelischen Störungen dürfe die Wohnung bei Tag und Nacht "ohne Außentemparaturregelung" keinerlei "Temperaturabweichungen" zulassen. Wegen seiner seelischen Störungen dürfe die Unterkunft ausschließlich über Fenster mit Brüstung und Rollladen verfügen und müsse zugleich zwei getrennte Ein- und Ausgänge haben. Seine seelische Störung mache auch eine – nicht näher benannte – Größe der Unterkunft erforderlich, da andernfalls seine Behinderung "aktiviert" werde. Die Wohnung müsse wegen der beidseitigen Coxarthrose und der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sowohl über eine Dusche als auch über eine Badewanne verfügen. Erforderlich sei, dass die Wohnungsgröße einer ständig notwendigen Begleitperson Platz biete, da er rund um die Uhr hilfebedürftig sei. Aufgrund der Hüftarthrose, des Wirbelsäulenleidens und der seelischen Störung müsse sich die Unterkunft im Erdgeschoss befinden. Der seelischen Behinderung und der Hüftarthrose müsse durch eine unmittelbare Nähe der Unterkunftseingangstüre zum Lichtschalter Rechnung getragen werden. Wegen der seelischen Störung müsse es eine automatisch schließende Haustüre sowie eine Sprechanlage mit Kamera gegeben. Wegen der Hüftarthrose, der Funktionsstörung der Wirbelsäule und der seelischen Störung sei ein eigener Pkw-Abstellplatz in unmittelbarer Nähe der Haustür der Unterkunft nötig. Der Beklagte müsse wegen der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der beidseitigen Hüftarthrose und der beidseitigen Daumensattelgelenksarthrose die Kosten übernehmen für den Ab- und Aufbau sowie den Transport der Möbel einschließlich der Kosten der Anmietung eines Lkw und der Kosten für die Einlagerung bzw. Verschrottung seiner Möbel in unzureichender Qualität. Wegen der Behinderungen an Wirbelsäule, Hüfte und Händen müssten auch die Kosten für Material bzw. Arbeitskraft zur Renovierung der bisherigen Wohnung übernommen werden. Es seien drei Monate lang doppelte Mietzahlungen für die neue und die alte Unterkunft zu gewähren, da der bisherige Mietvertrag auf Lebenszeit laufe. Der Beklagte müsse auch die Kosten für einen Rück-Umzug aus der künftigen Wohnung in die bisherige Unterkunft übernehmen, sobald der Kläger wieder eine Arbeit aufnimmt. In diesem Fall seien auch die Kosten für den neuerlichen Ab- und Aufbau der Möbel, die doppelten Mietzahlungen, die Mietkosten für den Umzugs-Lkw, die Material- und Dienstleistungskosten für den Rück-Umzug an sich und die Renovierungskosten der künftig ehemaligen Unterkunft ebenso zu decken wie die Kosten für Umzugskartons und alle weiteren zurzeit noch unerwähnten Bedarfe.

Der Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 04.03.2019 darauf hin, dass die Kostenübernahme für Umzugskosten nur bei Vorlage eines konkreten Angebots geprüft werden könne. Am 11.03.2019 teilte der Kläger daraufhin mit, dass sein "zukünftiger Arbeitgeber" bei Bedarf sein künftiger Vermieter sein werde. Die hierfür zur Verfügung stehenden Unterkünfte befänden sich an der bisherigen Wohnanschrift des Klägers (XXXXXX in XXXXXX) sowie in der XXXXXX in XXXXXX.

Der Kläger befand sich vom 12.03.2019 bis 16.04.2019 erneut zur psychosomatischen stationären Rehabilitationsbehandlung. Im diesbezüglichen Entlassungsbericht wurde weiterhin das Vorliegen einer Erwerbsminderung verneint. Selbst als Entwicklungsingenieur könne der Kläger sechs Stunden und mehr arbeiten. Der Kläger befinde sich nach eigenen Angaben seit 2008 durchgängig in ambulanter nervenärztlicher Behandlung einer Gemeinschaftspraxis in XXXXXX, als (weitere) Allergien gebe der Kläger solche gegen Metall, Duftstoffe und Latex an. Weitere Lebensmittelunverträglichkeiten bestünden seinen Angaben zufolge gegen Mais und Zitronensäure. Er sei von Oktober 2016 bis Juni 2017 noch einmal in einer anderen Firma als Entwicklungsingenieur angestellt gewesen und sodann krankheitsbedingt gekündigt geworden. Im Reha-Verlauf habe der Kläger von Mitpatienten die Rückmeldung erhalten, er wirke dominant. Hierzu habe der Kläger gemeint, hiermit sei er vertraut. Häufig versuche er, seine dominante Wirkung abzumildern, indem er weit aushole, um Hintergründe und zugrundeliegende biografische Erlebnisse und Erfahrungen mitzuteilen und somit verstehbarer in seinem Handeln zu werden. Des Weiteren sei es ihm ohnehin nur schwer möglich, sich kurz zu fassen. Er habe dieses Verhalten erst im Lauf der Zeit entwickelt und es beinhalte Vor- und Nachteile für ihn. Der Entlassungsbericht sei nur an den Kläger versandt worden, weil der Kläger mit dessen Weitergabe nicht einverstanden gewesen sei.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers bewilligte der Beklagte ihm Arbeitslosengeld 2 vom 01.05.2019 bis 31.03.2020 mit Bescheid vom 14.03.2019 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2019 nur noch unter Berücksichtigung der seiner Meinung nach angemessenen KdU in Höhe von 544,40 EUR (Grundmiete einschließlich kalter Nebenkosten: 464,40 EUR, Heizkosten: 80,-EUR). Der fachkundig vertretene Kläger erhob deswegen am 08.08.2018 wieder Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (S 12 AS 2637/19) und meinte erneut, ihm stünden unter Berücksichtigung krankheits- bzw. behinderungsbedingter Mehrbedarfe aus § 21 Abs. 4 und 6 SGB II sowie von – den krankheits- und behinderungsbedingten Besonderheiten seines Einzelfalls hinreichend Rechnung tragenden – angemessenen KdU insgesamt höhere Grundsicherungsleistungen zu. Zur Substantiierung seines krankheitsbezogenen Vorbringens machte der Kläger erneut umfangreiche Angaben und legte diverse Unterlagen vor. Er konnte sich aber erneut nicht zu der ihm seitens des Gerichts abverlangten Abgabe einer Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht durchringen, obwohl er wieder darüber belehrt worden war, dass seine Klage ohne Entbindung von der Ärztlichen Schweigepflicht keine Aussicht auf Erfolg habe, weil das Gericht insofern ein verfassungskräftiges Beweisverwertungsverbot zu beachten habe und die aus der Verwaltungsakte sowie aus den beigezogenen Vorverfahrensakten ersichtlichen Begehren des Klägers nur aufgrund sozialmedizinischer Anknüpfungstatsachen beansprucht werden könnten. Das Gericht wies die Klage S 12 AS 2637/19 durch Gerichtsbescheid vom 07.04.2020 unter Hinweis auf die Notwendigkeit eines Nachweises der Behinderungen und des Beweisverwertungsverbotes als unbegründet ab. Hiergegen legte der Kläger keine Berufung ein.

Unter Bezugnahme auf die Aufforderung des Beklagten zur Notwendigkeit der Vorlage konkreter Unterkunftsangebote vom 04.03.2019 legte der Kläger am 15.05.2019 dem Beklagten zwei Mietvertragsentwürfe mit der sinngemäßen Bitte um Zusicherung der Übernahme der dortigen KdU sowie der Übernahme der Umzugskosten vor. Die beiden Mietvertragsentwürfe bezogen sich auf die bereits im Schreiben vom 12.03.2019 genannten Unterkünfte in der XXXXXX bzw. in der XXXXXX. Beide Mietverträge sollten zum 01.05.2019 beginnen und grundsätzlich nur bis 31.03.2020 gelten. Vermieter sollte in beiden Fällen die "XXXXXX" aus XXXXXX sein, deren Geschäftsführer der Kläger selbst ist. Beide Mietverträge sahen eine Grundfläche von 45 qm sowie einen 40-prozentigen zusätzlichen behinderungsbedingten Grundflächenmehrbedarf im Umfang von 18 qm entsprechend des am 28.07.2017 festgestellten Grades der Behinderung des Klägers von 40 Prozent vor. Beide Mietverträge enthielten monatliche Abschlagszahlungen für Heizung und Warmwasser in Höhe von 360,- EUR und sahen eine zusätzliche Bruttowarmmiete von jeweils 914,68 EUR bzw. Gesamtkosten von 1.274,68 EUR vor.

Am 06.09.2019 legte der Kläger dem Beklagten zwei, jeweils sowohl von sich selbst als natürlicher Person als auch von sich selbst als Geschäftsführer und einzigem Vertreter der XXXXXX unterzeichnete Mietvertragsurkunden bezüglich der bereits am 15.05.2019 genannten Wohnungen vor, deren Wirksamkeit jeweils von der Zustimmung des Beklagten abhinge. Inhaltlich bestätigte der Kläger in seiner Funktion als Geschäftsführer und Wohnungsvermieter zudem sich selbst als Sozialleistungsbezieher und Mietinteressent die Authentizität der bereits aktenkundigen Mietvertragsentwürfe und reichte die überarbeiteten und unterschriebenen Varianten ein, mit denen er ausdrücklich auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2019 reagiere. Zu diesen Änderungen gehörten unter anderem die Aufnahme des Anspruchs des Vermieters, die Miete auch außerhalb der gesetzlichen Vorschriften zu erhöhen, ein jeweiliger Verzicht des Mieters auf die Erstellung von Nebenkostenabrechnungen und jeweils umfangreiche Klauseln, wonach sich die Unterkunftskosten im Falle einer Behinderung über die vereinbarte Grundmiete hinaus erhöhe. Als "Besonderheit" sahen die Mietverträge jeweils eine rückwirkende Wirksamkeit ab dem 01.05.2019 vor.

Am 06.11.2019 ist der Kläger im Auftrag des Landessozialgerichts Baden-Württemberg durch die zwei Fachärztinnen für Psychiatrie Dr. XXXXXX und Dr. XXXXXX ambulant untersucht und insbesondere im Hinblick auf das Ausmaß seiner Behinderungen sozialmedizinisch begutachtet worden. Der Kläger berichtete ihnen, die jetzige Situation sei so, dass er die Abfindung der XXXXXX in Höhe von 270.000,- EUR vollkommen aufgebraucht und aktuell sogar 30.000,- EUR Schulden habe. Er mache sich Vorwürfe, weil er außerhalb der Wohnungstüre gewartet habe, als seine Tante in der Wohnung zum Jahreswechsel 2009/2010 einen Selbstmordversuch unternommen habe. Er wolle verstehen, warum er Angst vor männlichen Autoritäten habe, sowie, warum er in Gesprächen laut werde, selbst, wenn es eigentlich um nichts Gravierendes gehe. Er beschäftige sich dauernd mit Gerichtsverfahren. Es seien derzeit über 30. Er könne nachts häufig nicht schlafen und beschäftige sich dann mit den Gerichtsverfahren. Er brauche für eine Seite Erwiderung im Gerichtsverfahren acht Stunden. Danach sei er für zwei bis drei Tage vollkommen erschöpft. Er werde zum Messie. Jedes juristische Verfahren "haue ihn" in eine tiefe Depression. Deren Ausmaß sei aber für Außenstehende durch die sie überlagernde pulsierende Abwehr-Energie aufgrund des posttraumatischen Belastungsstörungssyndroms nur sehr schwer erkennbar. Jegliche Gefahr für sein Leben erzeuge Abwehrreaktionen, die an der Anzahl seiner Klagen zu sehen sei. Er sei froh, dass er so viel Vernunft besitze, diese pulsierende Energie in juristische Verfahren zu stecken. Den beiden Gutachterinnen fiel eine Störung im Sozialverhalten des Klägers auf. Der Kläger habe in der Begutachtung sehr dominant gewirkt. Er habe nur wenig auf die Gutachterinnen eingehen gekonnt. Ein emotionaler Kontakt sei nur schwer herzustellen gewesen. Der Kläger habe Angst vor männlichen Autoritäten. Es ergäben sich keine Hinweise auf Simulation. Verdeutlichungstendenzen könnten nicht ausgeschlossen werden. Beim Kläger lägen als psychiatrische Diagnosen zum Begutachtungszeitpunkt eine posttraumatische Belastungsstörung, eine chronifizierte depressive Erkrankung und eine Persönlichkeitsakzentuierung vor. Der Teil-Grad der Behinderung auf psychiatrischem Fachgebiet sei mit 40 zu bewerten. Unter Berücksichtigung der somatischen Erkrankungen bestehe ein Gesamt-Grad der Behinderung von 50 bzw. die Schwerbehinderteneigenschaft. In den letzten zweieinhalb Jahren seit der Begutachtung bei Dr. XXXXXX habe sich eine starke Chronifizierung sowohl der depressiven Symptome als auch der posttraumatischen Symptome gezeigt. Diese seien damit zu erklären, dass seither eine dysfunktionale Entwicklung stattgefunden habe. Der Fokus in der Tagesbeschäftigung habe auf der psychischen Symptomatik und auf zahlreichen Gerichtsverfahren gelegen. Die Gerichtsverfahren seien nach Einschätzung der Gutachterinnen zum größten Teil darauf ausgerichtet, für die erlittenen Traumatisierungen und die damit verbundenen Einschränkungen in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit des Lebens entschädigt zu werden bzw. von extern diese Traumatisierungen gewürdigt und festgestellt zu bekommen. Damit sei die Sichtweise des Klägers weniger auf die Bearbeitung von Traumata und auf die Entwicklung von neuen Lebensperspektiven gerichtet. Die Sichtweise des Klägers sei stattdessen stark defizitorientiert. Dies führe dazu, dass sich die psychische Symptomatik chronifiziert und vom Kläger selbst schwerer wahrgenommen werde als sie tatsächlich ist, wodurch sich die psychische Symptomatik im Verlauf weiter verschlechtere.

Mit Schreiben vom 13.12.2019 legte der Kläger ein drittes Mal Mietvertragsentwürfe für die beiden Unterkünfte in der XXXXXX in XXXXXX sowie für die XXXXXX in XXXXXX vor. Im Unterschied zu den vorangegangenen Fassungen sahen diese andere Kosten sowie "Optionen" zur kostenpflichtigen Erweiterung der Vermieterpflichten auf die Überlassung eines Parkplatzes (zum Monatspreis von 100,- EUR) bzw. der Gartenpflege (ebenfalls zum Monatspreis von 100,- EUR) vor.

Der Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 20.12.2019 um Auskunft, ob es sich bei der Wohnung in der XXXXXX in XXXXXX um dieselbe Wohnung handele, welche er bisher bewohne, oder um eine andere Wohnung im selben Haus. Gegebenenfalls möge er hier geänderte Wohnkosten mitteilen. Der Kläger möge auch den Vorsitzenden der Hilfe zur XXXXXX mitteilen. Bereits jetzt werde der Kläger darauf hingewiesen, dass rückwirkende Mietverträge nicht rechtens und die Heizkostenpauschalen von monatlich 360,- EUR unangemessen hoch seien, zumal der Kläger bislang in der XXXXXX nur 80,- EUR monatlich hierfür aufwende. Auch im Hinblick auf die Befristung bis 30.03.2020 könnten in Bezug auf die beiden Unterkünfte keine Zusicherungen erfolgen.

Mit Schreiben vom 30.12.2019 und 10.01.2020 reagierte der Kläger ausführlich auf das Schreiben des Beklagten vom 20.12.2019 und legte zwei nochmal überarbeitete Entwürfe für Mietverträge zwischen sich selbst als gGmbH-Geschäftsführer und sich selbst als natürlicher Person betreffend die "konfigurierten Unterkünfte" in der XXXXXX bzw. der XXXXXX vor.

Mit Schreiben vom 16.01.2020 bat der Beklagte den Kläger um Auskunft, ob es sich bei den "konfigurierten Unterkünften" um fiktive Wohnungen handele, wie die aus den Vertragsunterlagen ersichtliche Anmietung von bloßen Zimmeranteilen gemeint, und, ob insofern eine Untervermietung angedacht sei. Gegebenenfalls möge der Hauptmietvertrag vorgelegt werden. Jedenfalls möge auch mitgeteilt werden, ob er zugleich Mieter und Vermieter beider Unterkünfte würde.

Im Rahmen einer sogenannten "Klarstellung" vom 16.01.2020 unterbreitete der Kläger dem Beklagten ein Vergleichsangebot zur Beilegung der Streitigkeiten über die KdU, wegen dessen Inhalt auf den 11. Band der beigezogenen Verwaltungsakte, dort auf Seite 598, Bezug genommen wird.

In seiner Funktion als Geschäftsführer der XXXXXX gewährte der Kläger im April 2020 ein Gelddarlehen über 4.000,- EUR an sich selbst als natürliche Person. Dann beantragte er beim Beklagten für diesen Kalendermonat keine Grundsicherungsleistungen und bezog diese infolgedessen auch nicht.

Für folgenden Bewilligungszeitraum 01.05.2020 bis 31.10.2020 bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen durch Bescheid vom 05.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2020. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte indessen nicht die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU), sondern nur die nach Meinung des Beklagten im Fall des Klägers angemessenen KdU. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Kostensenkungsobliegenheit des Klägers habe trotz einer einmonatigen Unterbrechung des Leistungsbezugs im Monat April 2020 fortbestanden.

Der Kläger ersuchte deswegen am 19.06.2020 das Sozialgericht Karlsruhe um Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung (S 12 AS 1781/20 ER) sowie im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (S 12 AS 1805/20). Das Gericht lehnte diesen ersten Eilantrag mit Beschluss vom 23.06.2020 mit der Begründung ab, es liege aufgrund einer Kontogutschrift in Höhe von in Höhe von 4.000,- EUR am 27.05.2020 kein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung vor.

Zugunsten des Klägers stellte das Landratsamt XXXXXX mit Bescheid vom 24.06.2020 rückwirkend zum 01.02.2017 einen Grad der Behinderung von 50 (bzw. die Schwerbehinderteneigenschaft) und das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ab dem 01.02.2020 fest.

Mit Schreiben vom 25.06.2020 beantragte der Kläger vom Beklagten Auskunft über den Inhalt der in XXXXXX nach § 22b SGB II i.V.m. § 22a SGB II verfassten Satzung. Die gewünschten Unterlagen übersandte der Beklagte ihm mit Schreiben vom 26.06.2020 unter Hinweis auf deren zusätzlicher Einsehbarkeit auf der Homepage der Behörde.

Am 30.06.2020 rief der Kläger das Sozialgericht Karlsruhe erneut wegen derselben Gewährung eines höheren Arbeitslosengeldes 2 im Zeitraum 01.05.2020 bis 31.10.2020 um Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung (S 12 AS 1907/20 ER) sowie im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (S 12 AS 1906/20) an. Das Gericht lehnte den zweiten Eilantrag mit Beschluss vom 01.07.2020 mit der Begründung ab, es liege bis zum Ablauf der einmonatigen Rechtsmittelfrist gegen den Beschluss vom 23.06.2020 ein Fall doppelter Rechtshängigkeit vor.

Am 02.07.2020 erhob der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe "wegen Untätigkeit in der Sache der von der Beklagten eingeforderte Obliegenheitspflichten bezüglich der vom Kläger zur Abhilfe der eingeforderten Obliegenheitspflichten vorgelegten Mietverträge" eine "Untätigkeitsklage" (S 12 AS 1932/20), legte zugleich Unterlagen zum Nachweis der Art und des Ausmaßes seiner Behinderungen vor und beantragte im Verfahren S 12 AS 1932/20 wörtlich, den Beklagten zu verurteilen, "1) - einen der, zur Abhilfe der durch die Beklagte eingeforderten Obliegenheitspflichten, vorgelegten Mietverträge zu genehmigen oder die von ihr eingeforderten Obliegenheitspflichten bzgl. Heizung und Unterkunft zurückzunehmen, 2.) - mit den Behinderungen des Klägers zusammenhängende Bedarfe nach dem § 22 b-c SGB I i.V.m. § 10 SGB-1 zu berechnen, 3.) die beim Kläger entstandenen Mehrkosten durch den Verzug der Untätigkeit rückwirkend bis zum 01.04.2019 zu erstatten." Die Klage S 12 AS 1932/20 wies das Sozialgericht Karlsruhe mit Gerichtsbescheid vom 31.12.2020 ab.

Der Kläger nahm mit Schreiben vom 04.07.2020 sodann die Klagen S 12 AS 1805/20 und S 12 AS 1906/20 zurück und erhob mit Schreiben vom 08.07.2020 ein drittes Mal wegen derselben Gewährung eines höheren Arbeitslosengeldes 2 im Zeitraum 01.05.2020 bis 31.10.2020 zum Sozialgericht Karlsruhe eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 05.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2020 (S 12 AS 1933/20) und beantragte zugleich noch ein weiteres Mal den Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung (S 12 AS 1985/20 ER).

Das Sozialgericht lehnte den dritten Eilantrag mit Beschluss vom 09.07.2020 als unbegründet ab, weil der Kläger vom Antragsgegner gemäß § 77 SGG keine höheren Leistungen beanspruchen könne als der Antragsgegner mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2020 außergerichtlich bewilligt habe, da dieser Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache nach § 77 SGG bindend sei, denn gegen ihn sei bereits ein gegebener Rechtsbehelf ohne Erfolg eingelegt worden, weil der Kläger seine hiergegen gerichtete Klage S 12 AS 1805/20 mit Schreiben vom 04.07.2020 zurückgenommen habe. Der Kläger beantrage im Hauptsacheverfahren S 12 AS 1933/20 – sachgerecht gefasst –, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 05.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2020 zu verurteilen, ihm für den Bewilligungszeitraum 01.05.2020 bis 31.10.2020 höheres Arbeitslosengeldes 2 in gesetzlicher Höhe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren. Die Klage S 12 AS 1933/20 wies das Sozialgericht Karlsruhe mit Gerichtsbescheid vom 31.12.2020 ab.

Am 09.07.2020 hat der Kläger die hier entscheidungstenorgegenständliche Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben (S 12 AS 2003/20) und sinngemäß vorgebracht, aufgrund der bis Februar 2017 rückwirkenden Feststellungen des Landratsamtes zur Höhe seines Grades der Behinderungen sowie des Vorliegens des Merkzeichens "G" müsse der Beklagte alle seine Bewilligungsbescheide betreffend die Zeit ab Oktober 2018 neu berechnen. Die Bescheide seien nach § 44 SGB X unter Berücksichtigung der bis zum 01.02.2017 nachweislich rückwirkend geänderten Sachlage zu überprüfen. Aufgrund der Rückwirkung seien nicht nur die Bescheide ab Oktober 2018 betroffen, sondern auch die Bescheide ab April 2017. Um den Beklagten nicht zu überfordern, bearbeite er aber den Zeitraum der zu überprüfenden Bescheide ab 04/2017 getrennt. Der Kläger hat schriftlich erklärt, damit "einverstanden zu sein, dass gerichtliche und behördliche Akten auch dann beigezogen werden, wenn in ihnen ärztliche Äußerungen enthalten sind" und dies wie folgt begründet:

"Bezüglich der darin enthaltenen Anmerkungen zur Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht (wird) folgendes mitgeteilt: Um eine Erkrankung/Behinderung behandeln zu können muss zuerst das Ausmaß der Erkrankung / Behinderung festgestellt werden. Dies geschieht im Allgemeinen durch Gutachten. Bisher liegt nur ein Gutachten in dem von Ihnen benannten Zeitraum vor. Es ist das neurologische-psychosomatische Gutachten von Frau Dr.XXXXXX von der XXXXXX. Wie anhand der beigefügten Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht (s. Anlage-1) festgestellt werden kann, habe ich Frau Dr. XXXXXX von der ärztlichen Schweigepflicht befreit. Weitere Gutachten sind bisher im benannten Zeitraum nicht erfolgt weshalb auch keine weiteren begutachtenden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht befreit werden können. Zur Ermittlung der Gesamtschädigung und der damit einhergehenden Ermittlungen der gesundheitlichen Bedarfe des Klägers müssen nun im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes der Sozialgerichtsbarkeit die nachfolgend benannten Gutachten nach §106 SGG in Auftrag gegeben werden: 1.) internistisch; 2.) orthopädisch; 3.) allergologisch-dermatologisch; 4.) kardiologisch; 5.) gesamt psychosomatisches-neurologisches Gutachten. Wegen der zu erwartenden hohen Kosten für die Gutachten, deren Ergebnisse zudem für den Kläger aufgrund seiner bereits beschiedenen Behinderungen absehbar sind, ist für den Kläger nachvollziehbar, warum sich die Beklagte durch Verweigerung der beantragten Bedarfe vor ihrem Amtsermittlungsgrundsatz drückt und somit die entstehenden Kosten für die Gutachten dem Sozialgericht zuschiebt. Eine Zurückweisung der Sache an die Beklagte mit der Auflage das diese zuerst ihre Aufgaben nach dem auch bei ihr geltenden Amtsermittlungsgrundsatz erledigt bevor sie die, anhand von Attesten, Allergiepass und Bescheiden beantragten Bedarfe abweist, wird hiermit angeregt."

Der Kläger beantragt im Klageverfahren S 12 AS 2003/20 – sachgerecht gefasst –,

den Beklagten unter Aufhebung sämtlicher entgegenstehender Bescheide zu verurteilen, ihm für den Bewilligungszeitraum 01.04.2019 bis 31.03.2020 höhere Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Menschen mit Schwerbehinderung sowie unter Zugrundelegung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte hat im Verfahren S 12 AS 2003/20 beantragt die Klageabweisung. Dem Kläger gehe es hier um eine komplette Neuberechnung seiner Leistungen ab dem 01.04.2019. Der Kläger habe jedoch keinerlei Bescheide benannt, gegen die er vorgehen möchte. Da derartige Bewilligungsbescheide jedoch bereits bestandskräftig sein dürften oder aber derzeit vor der 12. Kammer des SG Karlsruhe angegriffen seien, sei die Klage offensichtlich unzulässig. Einziger Widerspruchsbescheid, der mit einer Klage vom 09.07.2020 noch fristgerecht hätte angegriffen werden können, wäre wohl der Bescheid vom 05.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2020 betreffend den Bewilligungszeitraum 01.05.2020 bis 31.10.2020 gewesen, der jedoch bereits Gegenstand des Verfahrens S 12 AS 1805/20 gewesen sei, welches durch ein Klagerücknahme geendet habe.

Das Gericht hat unter Zugrundelegung der Schweigepflichtentbindung zwecks eingehender Prüfung der vom Kläger auch hier behaupteten Art und des angeblichen Ausmaßes seiner Behinderungen 13 Bände Verwaltungsakten des Beklagten beigezogen. Die Kammer hat im November 2020 zudem die Prozessakten des Klägers bezüglich der seit November 2018 rechtshängig gewordenen Gerichtsverfahren (S 12 AS 3755/18, S 12 AS 4181/18, S 12 AS 4415/18, S 12 AS 768/19 ER, S 14 SF 884/19 AB, S 14 SF 885/19 AB, S 14 SF 886/19 AB, S 12 AS 2637/19, S 12 AS 2987/19, S 12 AS 3003/19, S 12 AS 3574/19, S 12 AS 12/20, S 12 AS 228/20 ER, S 12 AS 374/20, S 12 AS 530/20, S 10 AS 949/20, S 12 AS 964/20, S 12 AS 965/20, S 12 AS 966/20, S 12 AS 967/20, S 12 AS 968/20, S 12 AS 969/20, S 12 AS 984/20, L 8 SB 2770/17, S 12 AS 1781/20 ER, S 12 AS 1805/20, S 12 AS 1906/20, S 12 AS 1907/20 ER, S 12 AS 1932/20, S 12 AS 1933/20, S 12 AS 1985/20 ER, S 12 AS 2002/20 ER, S 12 AS 2003/20, S 12 AS 2177/20, S 12 AS 3099/20 ER, S 12 AS 3100/20 ER, S 12 AS 3103/20, S 12 AS 3104/20, S 12 AS 3316/20 ER, S 12 AS 3340/20 ER) beigezogen. Am 16.09.2020 hat der Kläger beim Beklagten die Überprüfung nicht näher bestimmter Leistungsbewilligungen beantragt und zur Begründung auf seinen Aufenthalt im Reha-Zentrum XXXXXX in der Klinik XXXXXX u. a. vom 12.03.2019 bis 16.04.2019 verwiesen. Der Beklagte hat diesen Antrag mit Bescheid vom 16.09.2020 abgelehnt, weil er meinte, das Recht sei bei Erlass des Verwaltungsaktes nicht unrichtig angewandt und es sei auch von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden. Am 22.09.2020 hat der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom 16.09.2020 bezüglich des Überprüfungsantrags vom selben Tag Widerspruch eingelegt und auf die außer Acht gelassenen Gewerkschaftsbeiträge verweisen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2020 hat der Beklagte diesen Wiederspruch zurückgewiesen. Eine separate Klage ist hiergegen nicht eingelegt worden.

Am 18.09.2020 hat der Kläger beim Beklagten die Überprüfung der Leistungsbewilligungen vom 01.10.2018 bis 03.10.2020 beantragt, auf seine Entrichtung von Gewerkschaftsbeiträgen an die XXXXXX sowie einen Hinweis zur Sach- und Rechtslage der Vorsitzenden der 11. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe im Verfahren S 11 AS 3800/15 vom 06.10.2016 verwiesen und Beitragsbestätigungen für 2018 und 2019 über durchschnittlich monatlich 55,- EUR vorgelegt. Mit Bescheid vom 23.09.2020 hat der Beklagte den Überprüfungsantrag vom 18.09.2020 mit der Begründung abgelehnt, wegen der Bewilligungsmonate im Kalenderjahr 2018 sei die einjährige Überprüfungsfrist bereits abgelaufen. Wegen der Folgezeiträume sei keine unrichtige Rechtsanwendung ersichtlich und auch nicht die Zugrundelegung eines unrichtigen Sachverhalts. Eine Absetzung der Gewerkschaftsbeiträge vom Einkommen könne schon deshalb nicht erfolgen, weil ab 01.01.2019 keine sozialleistungsmindernde Einkommensanrechnung erfolgt sei. Am 01.10.2020 hat der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.09.2020 bezüglich des Überprüfungsantrags vom 18.09.2020 Widerspruch eingelegt und diesen auf die Zeit ab dem 01.01.2019 bis 31.03.2020 beschränkt. Zur Begründung hat er vorgebracht, es sei nicht schlüssig, warum der Beklagte annehme, es sei zwischen Januar 2019 und März 2020 kein Einkommen erzielt worden, obgleich er, der Beklagte, beim Kläger doch im Jahr 2012 Einkommen in schwankender Höhe angerechnet habe. Der Beklagte müsse seine Annahme, es seien sodann keine Einkünfte erzielt worden, noch prüfen. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2020 hat der Beklagte den Widerspruch vom 01.10.2020 gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.09.2020 zurückgewiesen. Deswegen hat der Kläger am 21.10.2020 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben (S 12 AS 3103/20), dort die Verurteilung des Beklagten zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des seiner Meinung nach nachgewiesenen Bedarfs beantragt und zur Begründung auf ein angeblich durchgehendes monatliches Einkommen von mehr als 60,- EUR hingewiesen, weshalb der Gewerkschaftsbeitrag von durchschnittlich 55,- EUR leistungsmindernd abzusetzen sei. In seinem Fall sei ein Gewerkschaftsbeitrag in dieser und nicht in der für Arbeitslose maßgeblichen Höhe zu entrichten, da er nicht arbeitslos, sondern als Geschäftsführer der "XXXXXX" beschäftigt und lediglich wegen seiner durchgehenden Arbeitsunfähigkeit laufend im Bezug von Arbeitslosengeld 2 sei. Diesbezüglich werde sowohl dem Beklagten wie auch der zuständigen Kammer mitgeteilt, dass sich die Lage des Klägers dahingehend geändert habe, dass dieser nun nicht mehr auf die Unterstützung und das Wohlwollen seines Arbeitgebers (z. B. XXXXXX) und dessen Sozialabteilung angewiesen sei, sondern nun als von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer einer gGmbH diese Aufgaben selbst übernehmen und alle von der Beklagten eingeforderten Nachweise so erbringen könne, dass diese den mitgeteilten Anforderungen der Beklagten genügen. Jegliche vom Beklagten bemängelten Nachweise seien somit das Resultat einer unzureichenden Beratung durch den Beklagten.

Das Gericht hat die Beteiligten zur Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid angehört hierbei auf seine Absicht hingewiesen, die aus den beigezogenen Akten ersichtlichen Gesundheitsstörungen bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Fragen nach einem Verstoß gegen den Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns bzw. nach einem Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB bzw. nach einem Verstoß gegen das Rechtsmissbrauchsverbot angekündigt. Beide Beteiligten haben sich mit der angekündigten Entscheidungsform ausdrücklich einverstanden erklärt. Der Kläger hat hieraufhin auch für den Rechtsstreit S 12 AS 2003/20 seine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht wiederholend bekräftigt und ergänzend ärztliche Schreiben (Atteste, Gutachten, etc.) vorgelegt und Ergänzungen zur Sache vorgetragen. Wegen deren Einzelheiten wird auf Seite 56 bis 79 der Prozessakte S 12 AS 2003/20 Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens und Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und den der beigezogenen Prozess- und Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist abzuweisen, weil der Kläger nicht rechtsschutzbedürftig ist.

Dieses Sachentscheidungserfordernis folgt aus dem Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, aus dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und aus dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns. Das Gebot besagt, dass prozessuale Rechte nicht zu Lasten der Funktionsfähigkeit des staatlichen Rechtspflegeapparats missbraucht werden dürfen. Die Gerichte haben nur die Aufgabe, den Bürgern und der Verwaltung zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit das notwendig ist. Deswegen besteht der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf (MKLS, SGG, vor § 51, Rn. 16f., beck-online). Das Rechtsschutzinteresse kann auch fehlen, wenn es dem Rechtsbehelfsführer nur darum geht, die Ressourcen der Verwaltung und der Gerichte zu beanspruchen und die jeweiligen Sachbearbeiter soweit wie möglich zu schikanieren (LSG BW, 10.8.2015 – L 12 AS 2359/15 WA). Die Absicht, unangenehme Gemütszustände mithilfe sozialgerichtlicher Verfahren zu verdrängen, stellt kein schutzwürdiges Rechtsschutzziel dar. Der Sozialgerichtsbarkeit kommt die Aufgabe, für Menschen mit seelischer Behinderung Verfahren in quasi alltagsbegleitender Funktion einen kommunikativen Resonanzraum zur Thematisierung ihrer Leiden bereitzuhalten nur zu, soweit dies zur Gewährleistung ihres rechtlichen Gehörs aus Art 103 Abs. 1 des Grundgesetzes notwendig ist. Auch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes gewährt keinen Rechtsanspruch darauf, an sich unnötige Gerichtsverfahren anzustrengen, nur, um sich von Schmerz und Lebensangst abzulenken. Der Justizgewährleistungsanspruch umfasst nur das Recht auf Durchsetzung subjektiver Rechtspositionen; er schützt nicht auch das Recht, Gerichte zur Verwirklichung von Ansprüchen nichtrechtlicher Natur anzurufen. Schließlich bezweckt auch die Kostenprivilegierung im sozialgerichtlichen Verfahren für Leistungsempfänger, Versicherte und Menschen mit Behinderung aus § 183 SGG nicht, dass sich Personen mit sozialen Anpassungsschwierigkeiten ihrer Lebensunzufriedenheit mithilfe einer Vielzahl sozialgerichtlicher unentwegt Luft machen können.

Nach diesen Beurteilungsgrundsätzen besteht im vorliegenden Fall kein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Nach freier richterlicher Beweiswürdigung nimmt er das Sozialgericht hier unlauter in Anspruch. Er instrumentalisiert das für ihn gerichts- und anwaltskostenfreie sozialgerichtliche Klageverfahren S 12 AS 2003/20 ausschließlich für illegitime Zwecke:

Erstens ist auch diese Gerichtsverfahren des Klägers in zweckwidriger Weise zum größten Teil darauf ausgerichtet, weitere Anerkennung für seine Gesundheitsstörungen und die daraus resultierenden Teilhabeeinschränkungen zu erlangen. Die seitens der hierfür sachlich zuständigen Landesversorgungsversorgungsverwaltung mittels Verwaltungsakt bereits förmlich erfolgte Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft genügt dem Kläger nicht. Zusätzlich hierzu will er mithilfe dieses Gerichtsverfahrens eine neuerliche Anerkennung und Würdigung seiner Leiden auch durch den beklagten Grundsicherungsträger und das Sozialgericht Karlsruhe erlangen. Die Kammer stützt diese Erkenntnis auf das Ergebnis des im Wege des Urkundenbeweises verwertete Sachverständigengutachten der zwei Fachärztinnen für Psychiatrie Dr. XXXXXX und Dr. XXXXXX. Den Angaben des Klägers gegenüber den Gutachterinnen zufolge verschafft es dem Kläger Zufriedenheit, seine pulsierende Energie in juristische Verfahren zu stecken. Mithilfe ihn aktivierender juristischer Auseinandersetzungen vermöge er seine Lebensangst und seine depressive Erschöpfung vorübergehend weniger zu spüren. Die Sachverständigen haben nachvollziehbar und schlüssig ausgeführt, dass "in der letzten Zeit eine eher dysfunktionale Entwicklung stattgefunden hat, in der der Fokus der Tagesbeschäftigung auf der psychischen Symptomatik und auf zahlreichen Gerichtsverfahren liegt, die zum größten Teil darauf ausgerichtet sind, für die erlittenen Traumatisierungen und die damit verbundenen Einschränkungen in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit des Lebens entschädigt zu werden bzw. von extern diese Traumatisierungen gewürdigt und festgestellt zu bekommen."

Zweitens geht es dem Kläger nach dem Ergebnis der freien richterlichen Beweiswürdigung mit dem vorliegenden Verfahren ganz wesentlich auch darum, in illegitimer Weise die personellen Ressourcen des Beklagten übermäßig zu beanspruchen und die jeweiligen Sachbearbeiter zu schikanieren. Der Kläger instrumentalisiert seit Jahren die Vielzahl sozialverfahrensrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten in Form von Leistungsanträgen, Widersprüchen, Klagen, Berufungen, Eilanträgen, Beschwerden, Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X absichtlich, um die zuständigen Stellen durch die künstliche Erzeugung eines kaum noch überschaubaren Verfahrens- und Arbeitsanfalls zu veranlassen, den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu missachten und ihm aus prozessökonomischen Erwägungen heraus Rechtspositionen einzuräumen, welche die Sozialgesetze in seinem Fall gerade nicht vorsehen. Dies hat der Kläger gegenüber dem Beklagten zur Überzeugung der Kammer sinngemäß anhand seiner sogenannten "Klarstellung" vom 16.01.2020 auf deren Seite 3 ausgedrückt, als er wie folgt formulierte:

"Wollen Sie ihre Begründungen im Widerspruchsbescheid nochmals überdenken oder soll ich mit den Nachweisen, die mir zur Verfügung stehen, in das Klageverfahren gehen? Aufgrund unserer multiplen Klageverfahren, die wir führen, weil Sie meine Leistungen kürzen, wobei ich mehr Leistungen benötige, um meinen Genesungsprozess für eine Arbeitsaufnahme ausreichend zu stabilisieren, wissen Sie, dass das Eingehen eines Klageverfahrens für mich kein Hinderungsgrund ist, um für das Erlangen meiner Arbeitsfähigkeit zu kämpfen. Wie im letzten Jahr bereits erwähnt und dadurch nachgewiesen, ist die einzige Partei, der durch die Länge der Klageverfahren höhere Kosten durch den längeren Leistungsbezug entstehen, das Team 316 der Leistungsabteilung des Jobcenters XXXXXX.

Zur Beilegung unsere Streitigkeiten mache ich dem Team 316 der Leistungsabteilung des Jobcenters Stadt-Karlsruhe folgenden Vorschlag, der jedoch nur im Ganzen angenommen werden kann. Sie haben eine Woche Zeit, dem Vorschlag zuzustimmen, ansonsten gehe ich ins Klageverfahren.

1.) Zum April 2019 rückwirkende Aufhebung der Einforderung der Obliegenheitspflichten mit Ausgleich. 2.) Ca. 100,- EUR/mtl. Genehmigung zusätzlicher Bedarfe ab April 2018 für den nachfolgend bestimmten Zeitraum. 3.) Meine jetzige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung endet am 16.02.2020 (s. Anlage-4). Mein Verlängerungstermin für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist am 06.02.2020. Zur Aufnahme meines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses benötige ich einen Nachweis über eine sechsmonatige durchgehende Arbeitstätigkeit. Daraus ergibt sich das ich, bei der rechtzeitigen Genehmigung der hiermit angeforderten Bedarfe, spätestens zum 31.08.2020 aus dem Arbeitslosengeld 2 Leistungsbezug bin. 4.) Die 10x 100,- EUR = 1000,- EUR "Überschuss" aus der Nachzahlung meiner Bedarfe ab April 2019 setzte ich zur nachfolgend näher bezeichneten gesundheitlichen Stabilisierungsmaßnahme ein. 5.) Ich bekomme die Zusicherung, dass ich im Februar/März 2020 eine ca. dreiwöchige gesundheitliche Stabilisierungsmaßnahme genehmigt bekomme (unter Umständen Türkische Riviera/Side). 6.) Nach sechsmonatiger durchgängiger Arbeitsfähigkeit bekomme ich vom Jobcenter XXXXXX eine schriftliche Bestätigung vom Ärztlichen Dienst über die sechsmonatige durchgängige Arbeitsfähigkeit. 7.) Sollte ich zum 01.09.2020 bei einer durchgängigen Arbeitsfähigkeit noch im Arbeitslosengeld 2 Leistungsbezug sein, gestehe ich dem Jobcenter XXXXXX Kürzungen und Einforderungen von Obliegenheitspflichten ohne Klage zu, solange diese grundgesetzkonform sind. Sie wollen mich aus dem Arbeitslosengeld 2 Bezug loswerden – und ich will aus diesem raus. Nur so wie es bisher von der Seite des Jobcenters XXXXXX versucht wurde, funktioniert es nicht und wird auch – wie wir wissen – nicht funktionieren."

Dass der Kläger den Beklagten mittels einer Vielzahl von Anträgen, Schreiben, Widersprüchen, Eilanträgen und Klagen auch aus Erpressungsabsicht übermäßig belastet, schlussfolgert die Kammer auch aus seinen im Tatbestand dieses Gerichtsbescheides wiedergegebenen Ausführungen im Verfahren S 12 AS 2003/20 vom 05.08.2020. Zur vollen Überzeugung der Kammer erhofft sich der Kläger von der dort ausdrücklich begehrten Zurückverweisung der bereits rechtshängigen Streitsache an den Beklagten zur Einholung von fünf Sachverständigengutachten seitens des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit gerade nicht eine schnellst- und bestmögliche Feststellung seiner behinderungsbedingten Mehr- und KdU-Bedarfe. Der Kläger weiß aufgrund seiner umfangreichen Prozesserfahrung – etwa in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts –, dass eine zweckdienlich sozialmedizinische Sachverhaltsaufklärung gerade auch seitens der bereits in Anspruch genommenen Sozialgerichtsbarkeit erfolgen kann, denn er bezieht sich zur Klagebegründung im selben Schreiben gerade auf das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten der Dres. XXXXXX und XXXXXX zu Art und Ausmaß seiner Behinderungen. Wenn der Kläger gleichwohl ausdrücklich die Zurückverweisung an den Beklagten anregt, soll dies nach Meinung der Kammer dazu führen, dass der Beklagte mit einem exorbitanten Ermittlungsaufwand belastet wird und anlässlich rationaler Kosten-Nutzen-Erwägungen letztlich in der Sache nachgibt, denn ein anderes Motiv für die begehrte Zurückverweisung ist vom Kläger nicht vorgetragen und auch nicht von Amts wegen ersichtlich.

Ein legitimes Rechtschutzbegehren war für das hier vorliegende Klageverfahren S 12 AS 2003/20 zum Zeitpunkt der Klageerhebung auch unter besonderer Berücksichtigung des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachvortrags und Argumentationsaufwandes nicht ersichtlich. Niemand braucht sich mit einem Erstantrags- oder Überprüfungsbegehren nach §§ 44 ff. SGB X vorab im Wege eines Hauptsache-Klageverfahrens an die Sozialgerichte wenden, ohne das Begehren bereits zuvor erfolglos an die originär zuständige Sozialverwaltung gerichtet zu haben. Hier weist der Beklagte in seiner Klageerwiderung zurecht darauf hin, dass am 09.07.2020 keine anfechtbare Verwaltungsentscheidung des Beklagten betreffend den Bewilligungszeitraum 01.04.2019 bis 31.03.2020 vorgelegen hat. Bezüglich des Bewilligungsmonats April 2019 war zum Zeitpunkt der Klageerhebung insofern der Bescheid des Beklagten vom 31.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.11.2018 und 24.07.2019 maßgeblich bzw. der zur Beendigung des Berufungsverfahrens L 9 AS 3341/19 abgeschlossenen Vergleich bereits durch einen – nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist bereits unanfechtbaren Verwaltungsakt umgesetzt, als sich der Kläger mit der Klage S 12 AS 2003/10 an das Gericht wandte. Irgendeine Überprüfung nach §§ 44 ff. SGB X hatte der Kläger insofern bis zur Klageerhebung am 09.07.2020 außergerichtlich noch nicht angestrengt, sodass es der vorschnellen Anrufung des Gerichts mit einem Hauptsacheverfahren jedenfalls noch nicht bedurfte.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Bewilligungszeitraum 01.05.2019 bis 31.03.2020. Diesbezüglich war zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage S 12 AS 2003/20 der Bescheid des Beklagten vom 14.03.2019 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2019 maßgeblich. Nach der Abweisung der hiergegen zum Sozialgericht Karlsruhe erhobenen Klage S 12 AS 2637/19 durch Gerichtsbescheid vom 07.04.2020 und die hiernach binnen der einmonatigen Berufungsfrist unterlassene Berufungseinlegung lag auch insofern am 09.07.2020 kein anfechtbarer Verwaltungsakt mehr vor. Gleichwohl hat der Kläger auch insofern wegen seines Überprüfungsbegehens nach § 44 SGB X sofort bzw. ohne legitimes Rechtsschutzbedürfnis das Gericht angerufen, ohne sich zuvor an den originär zuständigen Verwaltungsträger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu wenden.

Ein legitimes Rechtsschutzbedürfnis an dem Klageverfahren S 12 AS 2003/20 ist auch nachträglich nicht entstanden. Insbesondere ist weder der Überprüfungsbescheid vom 16.09.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2020 noch der Überprüfungsbescheid vom 23.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2020 im Wege einer gewillkürten Klageerweiterung oder kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens S 12 AS 2003/20 geworden. Ein Fall der Einbeziehung nach § 96 SGG liegt schon deshalb nicht vor, weil nach dem Wortlaut der Norm in bereits rechtshängigen Gerichtsverfahren nur dann ein neuer Verwaltungsakt einbezogen wird, wenn anfänglich ein Verwaltungsakt angefochten war, was in Bezug auf die ohne nochmalige vorherige Verwaltungsentscheidung (nach § 44 SGB X) erhobene Klage S 12 AS 2003/20 gerade nicht der Fall war, siehe oben. Überdies läge selbst im Falle einer Einbeziehung dieser beiden erst nach der Klageerhebung beantragten und beschiedenen Überprüfungsanträge kein legitimes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers vor. Wegen des anlässlich des Reha-Aufenthaltes vom 01.04.2019 bis 16.04.2019 für April 2019 begehrten Mehrbedarfs für Behinderte ist bereits aufgrund des Änderungsbescheides vom 24.07.2019 eine leistungserhöhende Berücksichtigung eben dieses Bedarfes in gesetzlicher Höhe von 79,15 EUR erfolgt und die Nachzahlung auch ausgezahlt worden. Und weil der Beklagte zwischen April 2019 und März 2020 – den Berechnungsbögen der diesbezüglichen Bescheide zufolge – ohnehin zu keiner Zeit irgendein leistungsminderndes Einkommen zulasten des Klägers angerechnet hat, hätte der Kläger durch die von ihm begehrte [und gemäß § 11b SGB bei (erwerbstätigen) Grundsicherungsempfängern einkommensmindernde bzw. arbeitslosengelderhöhende] Absetzung von Gewerkschaftsbeiträgen jedenfalls keinerlei rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil.

Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Kosten folgt gemäß § 193 SGG aus dem vollumfänglichen Unterliegen.

Das Gericht sieht von der seitens des Beklagten in der Vergangenheit immer wieder angeregten Verhängung von Missbrauchskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 SGG ab. Nach dieser Norm kann das Gericht zwar einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Ein Zweckmissbrauch der Rechtsverfolgung ist insbesondere gegeben, wenn der Rechtsbehelf zur Erreichung sachfremder Ziele eingelegt wird (Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 192 SGG [Stand: 09.05.2019], Rn. 45). Die Tatbestandsvoraussetzungen der Verhängung von Missbrauchsgebühren lägen hier zwar – vorbehaltlich des gezielt unterlassenen Hinweises auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 SGG – zwar vor. Bei der Entschließung zur Verhängung von Missbrauchskosten muss das Gericht aber auf der Rechtsfolgenseite die persönlichen Verhältnisse des betreffenden Beteiligten wie Alter und Krankheit sowie die Gesamtumstände ihres Verhaltens, insbesondere dem Grad des Verschuldens, berücksichtigen (Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 192 SGG [Stand: 09.05.2019], Rn. 59). Es handelt sich bei § 192 SGG in erster Linie um eine Schadensersatzregelung, nicht um eine Sanktionsvorschrift. Gleichwohl wird man der Norm auch eine disziplinierende Funktion nicht absprechen können, insbesondere bei Anwendung in Fällen der missbräuchlichen Fortführung des Verfahrens (Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 192 SGG [Stand: 09.05.2019], Rn. 15). Der Vorwurf schuldhaften Verhaltens kann nur gemacht werden, wenn der Betroffene verschuldensfähig ist, weil § 192 SGG eine Form der Verschuldenshaftung darstellt und einen quasi-deliktischen Schadensersatzanspruch begründet (Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 192 SGG [Stand: 09.05.2019], Rn. 27). Die Verhängung von Missbrauchsgebühren erfolgt ermessenswidrig, wenn sie gegenüber einem gerichtsbekannten Querulanten ohne Rücksicht auf seine in Bezug auf die Führung sozialgerichtlicher Verfahren herabgesetzte Steuerungsfähigkeit erfolgt.

Aufgrund dieser Überlegung sieht die Kammer von der Verhängung von Missbrauchskosten gegenüber dem Kläger in diesem Verfahren ab. Ausweislich des Entlassungsberichts über die 2015 gewährte fünfwöchige psychosomatische Reha in XXXXXX wurde dem Kläger zwar bereits vor einigen Jahren eine inzwischen gute Introspektions- und Reflexionsfähigkeit und ein gutes psychosomatisches Krankheitsverständnis bescheinigt. Der Kläger konnte schon damals durch die psychotherapeutischen Gespräche sein Verständnis für die psychischen Zusammenhänge der Symptomatik erweitern, seine aktuelle Lebenssituation und die Bedeutung relevanter Faktoren für das vorliegende Krankheitsbild besser erkennen, daran arbeiten, seine psychischen Beschwerden auf seine Rechtsstreitigkeiten zurückführen und sein krankhaft hohes Bedürfnis nach Kontrolle einsehen. Leider vermochte der Kläger es – nach eigenen Angaben – aber nicht zu ertragen, dass Behörden wie der Beklagte oder das Gericht Druck auf ihn ausüben. Da er schlechterdings mit derartigem Stress nicht umgehen kann, hat er seither wider besseren Wissens noch zahlreiche Rechtsstreitigkeiten angestoßen und sich nicht endgültig stabilisieren können. Diesbezüglich stützt das Gericht seine Überzeugungsbildung sowohl auf die Selbsteinschätzung des Klägers als auch auf die fachkundigen Beurteilungen des Facharztes für Psychiatrie, Neurologie, Psychotherapie, Psychosomatische Schmerzmedizin mit sozialmedizinischer Zusatzausbildung Dr. XXXXXX, des Facharztes für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Rehabilitationswesen und Allgemeinmedizin Dr. XXXXXX sowie der psychologischen Psychotherapeutin XXXXXX aufgrund ihrer fünfwöchigen Verlaufsbeobachtung und der stattgehabten Abschlussuntersuchung.

Über all dies kann die 12. Kammer nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt – soweit er entscheidungserheblich ist – geklärt ist, und die Beteiligten Gelegenheit hatten, hierzu Stellung zu nehmen.

Die 12. Kammer macht von dem ihr durch § 105 Abs. 1 SGG eingeräumten Auswahlermessen nach Abwägung aller dafür und dagegen sprechenden Argumente dergestalt Gebrauch, dass sie sich zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid und gegen eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nach § 124 Abs. 1 SGG entschließt, obgleich damit Beschränkungen des verfassungskräftigen Anspruchs rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG), des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Verhandlung aus § 169 Gerichtsverfassungsgesetz i. V. m. § 61 Abs. 1 SGG bzw. aus Art. 6 Abs. 1 EMRK und des Grundsatzes der Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter aus § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG einhergehen.

Nach Auffassung der 12. Kammer müssen die genannten Abwägungsgesichtspunkte aufgrund einer Gesamtbetrachtung im vorliegenden Einzelfall zurückstehen, weil das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung das öffentliche Interesse an einer öffentlichen Verhandlung und das private Interesse des Klägers hieran nicht so schwer zu gewichten hat wie den wohl verstandenen Grundrechtsschutz des Klägers und das prozessrechtliche Gebot der Verfahrensbeschleunigung.

Im vorliegenden Einzelfall wiegt der Eingriff in Art. 103 Abs. 1 GG vergleichsweise wenig schwer, weil den Beteiligten bereits im schriftlichen Verfahren in umfangreicher Weise Gelegenheit zur Darlegung der tatsächlichen und rechtlichen Argumente gegeben wurde. Auch der Eingriff in den Grundsatz der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung wiegt hier nicht schwer, weil das Sozialgericht Karlsruhe über insgesamt 16 Kammern verfügt und infolgedessen an fast jedem Wochentag die Möglichkeit besteht, an einer öffentlichen Verhandlung teilzunehmen, um einen Einblick in die Funktionsweise der Rechtsprechung zu gewinnen und sich von der Einhaltung des formellen und materiellen Rechts zu vergewissern. Auch die fehlende Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter wirkt in diesem Fall nicht schwer. Auch von ihnen sind weitergehende (medizinische) Erkenntnisse zur Frage, ob unter irgendeinem Gesichtspunkt ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Rechtsverfolgung besteht, selbst im Falle sehr lebenserfahrener ehrenamtlicher Richter mitnichten zu erwarten. Insbesondere bedarf es ihrer Hinzuziehung nach dem Vorliegen des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens durch Dres. XXXXXX und XXXXXX und wegen des Erpresserbriefes des Klägers vom 16.01.2020 nicht, um festzustellen, dass dieses Gerichtsverfahren der Befriedigung krankhaft seelischer Bedürfnisse sowie der Durchführung rechtswidriger Nötigungspläne ausgerichtet ist.

Vor allem aber sind Gerichte als Träger hoheitlicher Gewalt gemäß Art. 1 und 2 des Grundgesetzes verpflichtet, die psychische Gesundheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht von psychisch kranken Menschen besonders zu schützen. Gerichte sind daher verfassungskräftig gehalten, im Rahmen der Prozessordnung von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, einen sich krankhaft selbst schädigenden Rechtssuchenden davon abzuhalten, die eigenen Gesundheitsstörungen mithilfe seines persönlichen Erscheinens in sinnlosen mündlichen Verhandlungen in sinnlosen Gerichtsverfahren zu verschlimmern, wenn das Zuwarten auf sowie das Durchführen und Verarbeiten von Gerichtsterminen ersichtlich extremen psychische Belastungen für den Kläger bereiten würden. Ausweislich der im Tatbestand ausführlich wiedergegebenen medizinischen Berichte vermag der Kläger zwar aufgrund seiner Introspektionsfähigkeit und Intelligenz bestens zu erkennen, wie sehr er unter der Vielzahl seiner verbittert und erfolglos geführten Rechtsstreitigkeiten leidet. Offenkundig ist die gutachterlich festgestellte Verschlimmerung infolge der zuletzt nochmal gehäuften Anrufung von Gerichten aber nicht Anlass genug, sich mit dem Beklagten endlich ins Benehmen zu setzen und vom selbstschädigenden Verhalten Abstand zu nehmen. Zur vollen Überzeugung der Kammer wäre es der sehr labilen psychischen Gesundheit des Klägers sehr abträglich, wenn das Gericht ihn im Rahmen einer öffentlichen Verhandlung in Anwesenheit ehrenamtlicher Richter sowie eines Sitzungsvertreters des Beklagten mit den intimen, fachpsychiatrischen Erkenntnissen zu seinen seelischen Abgründen und Selbstzweifeln sowie den Unstimmigkeiten und Widersprüchen seines gestörten Sozialverhaltens konfrontierte. Dies führte aller Wahrscheinlichkeit dazu, dass sich die ohnehin schon chronifizierte psychische Symptomatik – zumindest zeitweise in den Wochen und Monaten vor bzw. nach der mündlichen Verhandlung – weiter verschlechterte.

Zudem dient die Entscheidung durch Gerichtsbescheid der Verfahrensbeschleunigung, weil mit der Vorbereitung und Durchführung einer Kammersitzung – unter den erschwerten Bedingungen der SARS-CoV-2-Pandemie – Verzögerungen verbunden wären, weshalb dessen Erlass letztlich insgesamt auch einer Entscheidung nach § 124 Abs. 1 SGG unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorzuziehen war.

Was vom Beklagten künftig in Bezug auf den Leistungsbezug des Klägers unbedingt zu beachten sein wird und vom Sozialgericht nur deshalb nicht aufzuklären war, weil es für diese Entscheidung in dieser Sache rechtlich unerheblich war, ist, dass bislang – soweit dies ohne die in Bezug auf die Anfangsjahre des Leistungsbezugs des Klägers dem Gericht nicht vollständig vorgelegten Behördenakten ersichtlich ist – scheinbar nie hinreichend geprüft worden ist, inwieweit im Fall des Klägers dem Bestehen eines Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 3, § 9 Abs. 1 und 4, § 10 Abs. 1 bis 4 SGB II entgegenstehen könnte, dass er nach eigenen Angaben (auf bisherige Anfragen zu den bislang nicht restlos offen gelegten Vertrags- und Eigentumsverhältnissen) als (Schein-) Geschäftsführer der (Schein-) "XXXXXX" über die wirtschaftliche Verwertung der Grundstücke im XXXXXX in Pfinztal sowie in der XXXXXX in XXXXXX uneingeschränkt verfügen und diese im Wege eines eigens abgeschlossenen Rahmenkreditvertrages mit der XXXXXX wirtschaftlich ohne jeden Zeitverzug verwerten kann. Aus den beigezogenen 13 Band Verwaltungsakten war hier nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Eigentums- bzw. Vertragsverhältnisse diese Befugnis des Klägers besteht. Insofern dürften - die Gesellschaftsverträge vom 10.11.2016 und 22.02.2017 über die Gründung der (Schein-) "XXXXXX"; - ein aktueller und vollständiger Handelsregisterauszug über die (Schein-) "XXXXXX"; - ein Grundbuchauszug zu dem Grundstück im XXXXXX in XXXXXX; - ein Grundbuchauszug zu dem Grundstück in der JXXXXXX in XXXXXX; - Auskünfte der XXXXXX in XXXXXX über sämtliche (Kredit-) Konten des Klägers und deren (dingliche) Sicherungen (mit Grundstücken oder sonstigen Vermögenswerten des Klägers), - Auskünfte der XXXXXX zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 270.000,- EUR an den Kläger (wohl im Jahr 2015) einzuholen und ggfs. der Wert der Immobilien des Klägers sowie etwaiger Gesellschaftsanteile des Klägers an der "XXXXXX" zu ermitteln sein, weil der Kläger ausweislich der aktenkundigen Unterlagen sowohl im April 2020 als auch im November 2020 aufgrund irgendwelcher nicht restlos nachvollziehbarer Vermögensverschiebungen imstande war, ohne Arbeitslosengeld 2 seinen Lebensunterhalt zu sichern und die XXXXXX ihm bzw. der (Schein-) "XXXXXX" höchstwahrscheinlich nicht ohne irgendeine (dingliche) Sicherung einen aktenkundigen Rahmenkredit über 30.000,- EUR eingeräumt hat. Gut möglich erscheint daher, dass der Kläger seine (aufgrund der anamnestischen Angaben gegenüber Dres. XXXXXX und XXXXXX) aktenkundige Abfindung in Höhe von 270.000,- EUR aus der Auflösung seines Arbeitsvertrages mit der XXXXXX (wohl im Jahr 2015) entgegen seinen diesbezüglichen Angaben gerade nicht vollständig verbraucht, sondern in die genannten Immobilien investiert und die Verfügungsmacht über diese gegenüber dem Beklagten und dem Gericht bislang durch nebulös gebliebene Vertragsgestaltungen verdunkelt hat, um sich im Wege des Sozialleistungsbetrugs rechtswidrig zu bereichern.

Falls ein gewisser Herr XXXXXX (zum Schein) Mitgesellschafter der "XXXXXX" (gewesen) sein sollte und es im Hinblick auf die Höhe des Vermögens des Klägers für das Bestehens eines Leistungsanspruchs überhaupt noch darauf ankommen sollte, dürften auch Prüfungen hinsichtlich des Verdachts bloßer Strohmanngeschäfte mit diesem durchzuführen zu sein, denn die Möglichkeit eines kollusiven Zusammenwirkens zwecks rechtswidriger Erschleichung von Sozialleistungen liegt hier nicht weniger nahe als im Falle der – im Zweifel für die Angeklagten ergangenen, aber – nach Meinung des Sozialgerichts Karlsruhe wenig überzeugenden Freisprüche des Amtsgerichts XXXXXX vom 23.08.2017.

Die Leistungsträger bzw. die Gerichte haben anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt eine behauptete Vermögensverschiebung tatsächlich getätigt wurde oder ob es sich dabei um Scheingeschäfte nach § 117 BGB gehandelt hat. Da es dabei um Angelegenheiten des Hilfebedürftigen geht, treffen den Kläger insoweit Mitwirkungspflichten (zum Beispiel die Herausgabe von Kontoauszügen, Nachweise über Kontobewegungen und Herkunft der Geldbeträge). Bei rückwirkender Aufhebung der Leistungsbewilligung trägt zwar der Leistungsträger grundsätzlich die Feststellungslast, ergibt sich jedoch nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten, dass der Sphäre des Hilfebedürftigen zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar sind, geht dies zu dessen Lasten (vgl. Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12 (Stand: 15.10.2020), Rn. 40).
Rechtskraft
Aus
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