Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 7 R 366/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 224/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 7/20 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Rentenbescheid der Beklagten vom 15.09.2016 wird geändert und der Widerspruchsbescheid vom 07.11.2016 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem 01.11.2016 abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 236 b SGB VI) zu gewähren.
3. Die Beklagte hat der Klägerin ihre Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236 b Sozialgesetzbuch (SGB) VI anstatt der seit dem 01.11.2016 von der Beklagten bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI).
Die 1952 geborene Klägerin beantragte am 01.08.2016 zum 01.11.2016 eine Altersrente für langjährig Versicherte. Sie war aufgrund der betriebsbedingten Kündigung ihrer letzten Arbeitgeberin, C. GmbH & Co KG, vom 25.10.2013 wegen Betriebsschließung zum 31.05.2014 nach dortiger langjähriger Tätigkeit arbeitslos geworden. Seit dem 01.06.2014 bezog sie auf ihren Antrag von der Arbeitsagentur Kassel Arbeitslosengeld gemäß § 136 SGB III mit einem Anspruchsbeginn am 01.06.2014 für eine Anspruchsdauer von 720 Kalendertagen zu einem täglichen Leistungsbetrag von 32,29 EUR. Zum 01.11.2014 beendete die Klägerin vorübergehend ihre Arbeitslosigkeit und nahm eine Tätigkeit als Verkaufsberaterin in einem Umfang von wenigstens 15 Stunden wöchentlich auf, woraufhin die Arbeitsagentur mit Bescheid vom 30.10.2014 die Arbeitslosengeldbewilligung aufhob. Nach arbeitgeberseitiger Kündigung meldete sich die Klägerin am 11.03.2015 bei der Arbeitsagentur erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das ihr mit Bescheid vom 27.03.2015 aus ihrem ursprünglich erworbenen Arbeitslosengeldanspruch für die Zeit vom 16.03.2015 bis 14.10.2016 für die noch bestehende Restanspruchsdauer von 570 Kalendertagen wieder bewilligt wurde.
Mit Bescheid vom 15.09.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.11.2016 auf ihren Antrag vom August 2016 Altersrente für langjährige Versicherte gemäß § 36, § 236 SGB VI, wobei sie nach dem Versicherungsverlauf der Klägerin eine Wartezeit von 35 Jahren bei insgesamt angerechneten 524 Monaten an rentenrechtlicher Wartezeit anerkannte. Den Zugangsfaktor verminderte die Beklagte wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte für 15 Monate um 0,003 pro Monat, somit insgesamt um 0,045 der persönlichen Entgeltpunkte der Klägerin. Bei Erteilung des Bescheides teilte die Beklagte - entsprechend ihrer zuvor nach Aktenvermerk vom 24.08.2016 (Blatt 22 Beklagtenakte) erfolgten internen Prüfung - mit, die Klägerin erfülle die Wartezeit von 540 Monaten für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abschläge nicht: Die Zeit der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung ab 16.03.2015 könne nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden, da diese nicht durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe bedingt sei. Die Insolvenz betreffe die Auflösung eines früheren Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2014, nach dem Arbeitslosigkeit und ein weiteres Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber gefolgt sei. Der Bezug des Arbeitslosengeldes müsse jedoch durch die Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des letzten Arbeitsgebers bedingt sein.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 24.09.2016 Widerspruch. Sie trug vor, ihr Versuch, ab dem 01.11.2014 ein neues Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen, sei in der Probezeit zum 15.03.2015 aufgrund der dann erfolgten Kündigung des Arbeitgebers gescheitert, hiernach sei sie erneut arbeitslos geworden. Die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit seit dem 01.06.2015 – nach Verlust ihres langjährigen Arbeitsplatzes aufgrund Geschäftsaufgabe ihres früheren Arbeitgebers zum 31.05.2014 – sei als einheitlicher Lebensvorgang zu betrachten. Das von ihr vorgelegte Arbeitszeugnis zeige, dass die Geschäftsaufgabe maßgebend für ihre Arbeitslosigkeit ab dem 01.06.2014 gewesen sei, weshalb der Gesamtzeitraum bis zur Bewilligung der Rente am 01.11.2016 als Zeit der Arbeitslosigkeit und der Entgeltersatzleistung durch Arbeitslosengeld zu berücksichtigen sei. Dann seien auch die erforderlichen Wartezeitmonate von 540 (45 Jahre) für die Gewährung einer für sie "abschlagsfreien" Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllt. § 51 Abs. 3 a Nr. 3 SGB VI sehe dies für die letzten zwei Jahre vor Rentenbewilligung gerade deswegen vor, wenn eine Geschäftsaufgabe – wie bei der Klägerin – durch den Arbeitgeber zur Arbeitslosigkeit vor Rentenbezug geführt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Eine Anrechnung der Zeit vom 16.03.2015 bis 14.10.2016 (Arbeitslosigkeit nach zwischenzeitlicher Beschäftigung vom 01.11.2014 bis 15.03.2015) von 19 Monaten komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe damit lediglich 524 Monate an Wartezeiten erbracht, was lediglich für die Gewährung einer Rente für langjährig Versicherte ausreichend sei, jedoch die Voraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit der erforderlichen Wartezeit von 540 Monaten nicht erfülle. Der Zweijahreszeitraum nach § 51 a Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3, 2. Hs. SGB VI umfasse den 01.11.2014 und bis zum 31.10.2016. Die Anrechnung der Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 01.06.2014 bis 31.10.2014 sei erfolgt. Nachdem das letzte Arbeitsverhältnis vom 01.11.2014 bis 15.03.2015 gedauert habe, dieses jedoch nicht durch eine Insolvenz des Arbeitsgebers oder durch seine Geschäftsaufgabe beendet worden sei, sei die Arbeitslosigkeit, die hiernach vom 16.03.2015 bis zum 14.10.2016 mit der Zahlung von Arbeitslosengeld verbunden gewesen sei, nicht mehr als rentenrechtliche Zeit auf die Wartezeit von 45 Jahren für die Rente für besonders langjährig Versicherte anzurechnen. Mangels Erfüllung der Wartezeit sei daher die Gewährung einer Rente für besonders langjährig Versicherte, im Falle der Klägerin abschlagsfrei, nicht in Betracht gekommen.
Hiergegen richtet sich die am 05.12.2016 bei dem Sozialgericht erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Sie bleibt bei ihrer Auffassung, dass ihre Arbeitslosigkeit lediglich wegen der Geschäftsaufgabe ihrer langjährigen Arbeitgeberin zum 31.05.2014 eingetreten sei. Bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung ihres zwischenzeitlichen Beschäftigungsverhältnisses vom November 2014 bis März 2015 stelle der Gesamtzeitraum seit Beginn der Arbeitslosigkeit am 01.06.2014 die aufgrund der Geschäftsaufgabe der langjährigen Arbeitsgeberin zum 31.05.2014 kausal eingetretene Arbeitslosigkeit dar. Denn ihr sei lediglich aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung wegen Geschäftsaufgabe von Seiten der Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis gekündigt worden. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn sie – entsprechend ihrer Verpflichtung gegenüber der Arbeitsagentur – hiernach wieder ein Arbeitsverhältnis aufnehme, insbesondere weil nur eine Weiterbewilligung des Arbeitslosengeld-Anspruches erfolgt sei, welcher bereits bei Eintritt der zeitlich ersten Arbeitslosigkeit zum 1.6.2014 entstanden war. Denn durch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vom 01.11.2014 bis 15.03.2015 kein neuer Arbeitslosengeld-Anspruch entstanden und der alte nicht erloschen. Damit sei auch der Bezug von Arbeitslosengeld - wie von § 51 Abs. 3 a SGB VI verlangt - bei ihr eingetreten.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Rentenbescheid der Beklagten vom 15.09.2016 zu ändern, den Widerspruchsbescheid vom 07.11.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.11.2016 abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährige Versicherte (§ 236 b SGB VI) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung im Widerspruchsbescheid vom 07.11.2016 fest. Die Berücksichtigung des in der Zeit nach dem 15.03.2015 bezogenen Arbeitslosengeldes sei nicht durch die Insolvenz oder die Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, mit dem die Klägerin zuletzt ein Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 01.11.2014 bis zum 15.03.2015 begründet habe. Die Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3, 2. Hauptsatz SGB VI über die Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes als Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung komme nicht mehr in Betracht, da die Zahlung des Arbeitslosengeldes ab dem 16.03.2015 nicht durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des insoweit maßgebenden letzten Arbeitgebers erfolgt sei. Damit fehle es der Klägerin an der erforderlichen Wartezeit von 45 Jahren für die begehrte Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind. Das Gericht hat nach Erörterungstermin mit den Beteiligten vom 03.02.2017 die Akte der Arbeitsagentur Kassel beigezogen. Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 03.02.2017 mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu am 03.02.2017 im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Kassel ihre Zustimmung erteilt hatten.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 07.11.2016 ist rechtswidrig, soweit er der Klägerin für die Zeit ab dem 01.11.2016 die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte verweigert. Gleichermaßen ist der Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 15.09.2016 über die Gewährung der Altersrente für langjährig Versicherte zugunsten der Klägerin ab dem 01.11.2016 unter gleichzeitiger Ablehnung einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährige Versicherte insoweit rechtswidrig, so dass die Klage in vollem Umfang Erfolg hat. Denn die Klägerin hat ab dem Zeitpunkt des Rentenbeginnes am 1.11.2016 nicht nur Anspruch auf Rente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI), sondern auf eine Rente für besonders langjährige Versicherte (§ 236 b SGB VI).
Als Ausnahme zu § 38 SGB VI sieht § 236 b SGB VI vor, dass Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Gemäß § 236 b Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Nach Satz 2 der Vorschrift wird für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, die Altersgrenze von 63 Jahren schrittweise angehoben.
Die Klägerin hat das 63. Lebensjahr bereits mit Ablauf des 23.07.2015 vollendet, so dass bei Beantragung der Altersrente im August 2016 die Voraussetzung der Vollendung des 63. Lebensjahres der Klägerin gemäß § 236 b Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bereits erfüllt war. Sie war damit gemäß § 236 b Abs. 2 Satz 1 SGB VI wegen ihres Alters nach Vollendung des 63. Lebensjahres grundsätzlich anspruchsberechtigt für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Die Klägerin hat auch - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - die weitere Voraussetzung des § 236 b Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erfüllt. Denn sie hat die Wartezeit von 45 Jahren (540 Kalendermonate) erfüllt. Die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren richtet sich nach der Vorschrift des § 51 Abs. 3 a SGB VI. Gemäß § 51 Abs. 3 a SGB VI werden auf die Wartezeit von 45 Jahren Kalendermonate angerechnet mit
1. Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2. Berücksichtigungszeiten,
3. Zeiten des Bezugs von
a) Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung
b) Leistungen bei Krankheit
c) Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach a) in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung sei durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitsgebers bedingt, und 4. freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nr. 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Bei der Klägerin, die in der Zeit vom 01.06.2014 bis 31.10.2014 ebenso unstreitig arbeitslos, wie sie in der Zeit vom 01.11.2014 bis zum 15.03.2015 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, und für die in der Zeit nach dem 15.03.2015 bis zum 14.10.2016 Arbeitslosengeld als Entgeltersatzleistung von Seiten der Arbeitsagentur gezahlt worden ist, kommen lediglich zur Erfüllung der noch auf die Wartezeit von 45 Monaten fehlenden 16 Kalendermonate Zeiten der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung nach § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3 a SGB VI in Betracht. Nach ihrem Versicherungsverlauf sind ohne die Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 16.03.2015 bis 31.10.2016 insgesamt nur 524 Kalendermonate mit maßgebenden rentenrechtlichen Zeiten erfüllt, so dass noch nicht die für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderliche Wartezeit im Sinne von § 236 b Nr. 2 SGB VI von 45 Jahren erfüllt wäre. Allerdings ist auch die Zeit vom 01.04.2015 bis zum Oktober 2016 (19 Monate) auf die 45 jährige Wartezeit anzurechnen, da es sich hierbei um Entgeltersatzleistungen der Arbeitsagentur bei Arbeitslosigkeit handelte. Zu Unrecht hat die Beklagte diese Zeit nicht als Zeit des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung im Sinne von § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3 a SGB VI anerkannt. Denn auch diese Zeit war durch die – im Übrigen unstreitige – vollständige Geschäftsaufgabe der langjährigen Arbeitgeberin zum 31.05.2014 kausal bedingt, ohne dass die von der Klägerin in der Zeit vom November 2014 bis März 2015 erneut aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung diesen Kausalzusammenhang beseitigt hat.
Bereits der Wortlaut der Vorschrift des § 45 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI spricht dafür, die Zeit der Entgeltersatzleistung auch nach Beendigung des zwischenzeitlichen Beschäftigungsverhältnisses am 15.3.2015 auf die erforderliche Wartezeit anzurechnen. Die Anrechnung erfolgt nach der Vorschrift dann, wenn der Bezug der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung (im Falle der Klägerin: Arbeitslosengeld nach dem SGB III) durch eine vollständige Geschäftsaufgabe bedingt ist. Dies ist im Falle der Klägerin gegeben, da auch das nach dem 15.3.2015 bezogene Arbeitslosengeld wegen der nach dem 1.6.2014 eingetreten Arbeitslosigkeit gezahlt (wiederbewilligt) worden ist. Die Arbeitslosigkeit der Klägerin nach dem 31.5.2014 beruhte gerade auf der – unstreitigen – Geschäftsaufgabe ihrer damaligen Arbeitgeberin, da der ursprüngliche Arbeitslosengeldanspruch der Klägerin für die gesamte Zeit bis zu seiner Ausschöpfung im Oktober 2016 aus der im Juni 2014 eingetretenen Arbeitslosigkeit beruhte. Denn der aufgrund der am 1.6.2014 eingetretenen Arbeitslosigkeit entstandene Arbeitslosengeldanspruch (§§ 136 ff SGB III) war nicht gemäß § 161 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erloschen, da ein neuer Anspruch aufgrund der nur kurzen Zwischenbeschäftigung der Klägerin vom November 2014 bis 15. März 2015 nicht entstehen konnte. Denn die Klägerin hat mit Ablauf des 15.3.2015 keine Anwartschaftszeit für einen neuen Arbeitslosengeldanspruch begründet, da sie in der zweijährigen Rahmenfrist nicht wenigstens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der für die Zeit ab dem 1.6.2014 zuerkannte Arbeitslosengeldanspruch bestand damit fort und wurde ab dem 16.3.2015 von der Arbeitsagentur lediglich hinsichtlich der noch bestehenden Restanspruchsdauer weiterbewilligt. Dieser Restanspruch auf Arbeitslosengeld bestand gerade deswegen, weil die Klägerin wegen einer Betriebsaufgabe arbeitslos geworden war, so dass der Bezug der Entgeltersatzleistung durch die Geschäftsaufgabe am 31.5.2014 im Sinne des § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI bedingt war. Die Beschäftigung von November 2014 bis März 2015 hat hierauf keinen Einfluss und unterbricht das Kausalitätserfordernis nicht, da sie keinen Einfluss auf die Entgeltersatzleistung hatte. Die Rückausnahme der Vorschrift des § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI ist damit erfüllt.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift des § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI, der zur Überzeugung der Kammer darin liegt, "Frühverrentungsanreize" einerseits zu verhindern, andererseits erkennbar und offensichtlich von Versicherten unverschuldete und nicht selbst gestaltbare Fälle (Insolvenz oder Geschäftsaufgabe der Arbeitgeber) wiederum im Verantwortungsbereich der Versichertengemeinschaft anzusiedeln. Denn ohne die Geschäftsaufgabe der Arbeitgeberin zum 31.5.2014 wäre die Klägerin nicht arbeitslos geworden und hätte durch eigene Beitragsleistung Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 1 SGB VI entrichtet, was zur Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren und damit gleichermaßen zum hier geltend gemachten Rentenanspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte geführt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Berufung gegen dieses Urteil bedurfte nicht der Zulassung durch das Sozialgericht, da Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem 01.11.2016 abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 236 b SGB VI) zu gewähren.
3. Die Beklagte hat der Klägerin ihre Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236 b Sozialgesetzbuch (SGB) VI anstatt der seit dem 01.11.2016 von der Beklagten bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI).
Die 1952 geborene Klägerin beantragte am 01.08.2016 zum 01.11.2016 eine Altersrente für langjährig Versicherte. Sie war aufgrund der betriebsbedingten Kündigung ihrer letzten Arbeitgeberin, C. GmbH & Co KG, vom 25.10.2013 wegen Betriebsschließung zum 31.05.2014 nach dortiger langjähriger Tätigkeit arbeitslos geworden. Seit dem 01.06.2014 bezog sie auf ihren Antrag von der Arbeitsagentur Kassel Arbeitslosengeld gemäß § 136 SGB III mit einem Anspruchsbeginn am 01.06.2014 für eine Anspruchsdauer von 720 Kalendertagen zu einem täglichen Leistungsbetrag von 32,29 EUR. Zum 01.11.2014 beendete die Klägerin vorübergehend ihre Arbeitslosigkeit und nahm eine Tätigkeit als Verkaufsberaterin in einem Umfang von wenigstens 15 Stunden wöchentlich auf, woraufhin die Arbeitsagentur mit Bescheid vom 30.10.2014 die Arbeitslosengeldbewilligung aufhob. Nach arbeitgeberseitiger Kündigung meldete sich die Klägerin am 11.03.2015 bei der Arbeitsagentur erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das ihr mit Bescheid vom 27.03.2015 aus ihrem ursprünglich erworbenen Arbeitslosengeldanspruch für die Zeit vom 16.03.2015 bis 14.10.2016 für die noch bestehende Restanspruchsdauer von 570 Kalendertagen wieder bewilligt wurde.
Mit Bescheid vom 15.09.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.11.2016 auf ihren Antrag vom August 2016 Altersrente für langjährige Versicherte gemäß § 36, § 236 SGB VI, wobei sie nach dem Versicherungsverlauf der Klägerin eine Wartezeit von 35 Jahren bei insgesamt angerechneten 524 Monaten an rentenrechtlicher Wartezeit anerkannte. Den Zugangsfaktor verminderte die Beklagte wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte für 15 Monate um 0,003 pro Monat, somit insgesamt um 0,045 der persönlichen Entgeltpunkte der Klägerin. Bei Erteilung des Bescheides teilte die Beklagte - entsprechend ihrer zuvor nach Aktenvermerk vom 24.08.2016 (Blatt 22 Beklagtenakte) erfolgten internen Prüfung - mit, die Klägerin erfülle die Wartezeit von 540 Monaten für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abschläge nicht: Die Zeit der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung ab 16.03.2015 könne nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden, da diese nicht durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe bedingt sei. Die Insolvenz betreffe die Auflösung eines früheren Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2014, nach dem Arbeitslosigkeit und ein weiteres Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber gefolgt sei. Der Bezug des Arbeitslosengeldes müsse jedoch durch die Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des letzten Arbeitsgebers bedingt sein.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 24.09.2016 Widerspruch. Sie trug vor, ihr Versuch, ab dem 01.11.2014 ein neues Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen, sei in der Probezeit zum 15.03.2015 aufgrund der dann erfolgten Kündigung des Arbeitgebers gescheitert, hiernach sei sie erneut arbeitslos geworden. Die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit seit dem 01.06.2015 – nach Verlust ihres langjährigen Arbeitsplatzes aufgrund Geschäftsaufgabe ihres früheren Arbeitgebers zum 31.05.2014 – sei als einheitlicher Lebensvorgang zu betrachten. Das von ihr vorgelegte Arbeitszeugnis zeige, dass die Geschäftsaufgabe maßgebend für ihre Arbeitslosigkeit ab dem 01.06.2014 gewesen sei, weshalb der Gesamtzeitraum bis zur Bewilligung der Rente am 01.11.2016 als Zeit der Arbeitslosigkeit und der Entgeltersatzleistung durch Arbeitslosengeld zu berücksichtigen sei. Dann seien auch die erforderlichen Wartezeitmonate von 540 (45 Jahre) für die Gewährung einer für sie "abschlagsfreien" Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllt. § 51 Abs. 3 a Nr. 3 SGB VI sehe dies für die letzten zwei Jahre vor Rentenbewilligung gerade deswegen vor, wenn eine Geschäftsaufgabe – wie bei der Klägerin – durch den Arbeitgeber zur Arbeitslosigkeit vor Rentenbezug geführt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Eine Anrechnung der Zeit vom 16.03.2015 bis 14.10.2016 (Arbeitslosigkeit nach zwischenzeitlicher Beschäftigung vom 01.11.2014 bis 15.03.2015) von 19 Monaten komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe damit lediglich 524 Monate an Wartezeiten erbracht, was lediglich für die Gewährung einer Rente für langjährig Versicherte ausreichend sei, jedoch die Voraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit der erforderlichen Wartezeit von 540 Monaten nicht erfülle. Der Zweijahreszeitraum nach § 51 a Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3, 2. Hs. SGB VI umfasse den 01.11.2014 und bis zum 31.10.2016. Die Anrechnung der Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 01.06.2014 bis 31.10.2014 sei erfolgt. Nachdem das letzte Arbeitsverhältnis vom 01.11.2014 bis 15.03.2015 gedauert habe, dieses jedoch nicht durch eine Insolvenz des Arbeitsgebers oder durch seine Geschäftsaufgabe beendet worden sei, sei die Arbeitslosigkeit, die hiernach vom 16.03.2015 bis zum 14.10.2016 mit der Zahlung von Arbeitslosengeld verbunden gewesen sei, nicht mehr als rentenrechtliche Zeit auf die Wartezeit von 45 Jahren für die Rente für besonders langjährig Versicherte anzurechnen. Mangels Erfüllung der Wartezeit sei daher die Gewährung einer Rente für besonders langjährig Versicherte, im Falle der Klägerin abschlagsfrei, nicht in Betracht gekommen.
Hiergegen richtet sich die am 05.12.2016 bei dem Sozialgericht erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Sie bleibt bei ihrer Auffassung, dass ihre Arbeitslosigkeit lediglich wegen der Geschäftsaufgabe ihrer langjährigen Arbeitgeberin zum 31.05.2014 eingetreten sei. Bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung ihres zwischenzeitlichen Beschäftigungsverhältnisses vom November 2014 bis März 2015 stelle der Gesamtzeitraum seit Beginn der Arbeitslosigkeit am 01.06.2014 die aufgrund der Geschäftsaufgabe der langjährigen Arbeitsgeberin zum 31.05.2014 kausal eingetretene Arbeitslosigkeit dar. Denn ihr sei lediglich aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung wegen Geschäftsaufgabe von Seiten der Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis gekündigt worden. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn sie – entsprechend ihrer Verpflichtung gegenüber der Arbeitsagentur – hiernach wieder ein Arbeitsverhältnis aufnehme, insbesondere weil nur eine Weiterbewilligung des Arbeitslosengeld-Anspruches erfolgt sei, welcher bereits bei Eintritt der zeitlich ersten Arbeitslosigkeit zum 1.6.2014 entstanden war. Denn durch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vom 01.11.2014 bis 15.03.2015 kein neuer Arbeitslosengeld-Anspruch entstanden und der alte nicht erloschen. Damit sei auch der Bezug von Arbeitslosengeld - wie von § 51 Abs. 3 a SGB VI verlangt - bei ihr eingetreten.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Rentenbescheid der Beklagten vom 15.09.2016 zu ändern, den Widerspruchsbescheid vom 07.11.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.11.2016 abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährige Versicherte (§ 236 b SGB VI) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung im Widerspruchsbescheid vom 07.11.2016 fest. Die Berücksichtigung des in der Zeit nach dem 15.03.2015 bezogenen Arbeitslosengeldes sei nicht durch die Insolvenz oder die Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, mit dem die Klägerin zuletzt ein Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 01.11.2014 bis zum 15.03.2015 begründet habe. Die Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3, 2. Hauptsatz SGB VI über die Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes als Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung komme nicht mehr in Betracht, da die Zahlung des Arbeitslosengeldes ab dem 16.03.2015 nicht durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des insoweit maßgebenden letzten Arbeitgebers erfolgt sei. Damit fehle es der Klägerin an der erforderlichen Wartezeit von 45 Jahren für die begehrte Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind. Das Gericht hat nach Erörterungstermin mit den Beteiligten vom 03.02.2017 die Akte der Arbeitsagentur Kassel beigezogen. Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 03.02.2017 mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu am 03.02.2017 im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Kassel ihre Zustimmung erteilt hatten.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 07.11.2016 ist rechtswidrig, soweit er der Klägerin für die Zeit ab dem 01.11.2016 die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte verweigert. Gleichermaßen ist der Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 15.09.2016 über die Gewährung der Altersrente für langjährig Versicherte zugunsten der Klägerin ab dem 01.11.2016 unter gleichzeitiger Ablehnung einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährige Versicherte insoweit rechtswidrig, so dass die Klage in vollem Umfang Erfolg hat. Denn die Klägerin hat ab dem Zeitpunkt des Rentenbeginnes am 1.11.2016 nicht nur Anspruch auf Rente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI), sondern auf eine Rente für besonders langjährige Versicherte (§ 236 b SGB VI).
Als Ausnahme zu § 38 SGB VI sieht § 236 b SGB VI vor, dass Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Gemäß § 236 b Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Nach Satz 2 der Vorschrift wird für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, die Altersgrenze von 63 Jahren schrittweise angehoben.
Die Klägerin hat das 63. Lebensjahr bereits mit Ablauf des 23.07.2015 vollendet, so dass bei Beantragung der Altersrente im August 2016 die Voraussetzung der Vollendung des 63. Lebensjahres der Klägerin gemäß § 236 b Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bereits erfüllt war. Sie war damit gemäß § 236 b Abs. 2 Satz 1 SGB VI wegen ihres Alters nach Vollendung des 63. Lebensjahres grundsätzlich anspruchsberechtigt für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Die Klägerin hat auch - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - die weitere Voraussetzung des § 236 b Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erfüllt. Denn sie hat die Wartezeit von 45 Jahren (540 Kalendermonate) erfüllt. Die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren richtet sich nach der Vorschrift des § 51 Abs. 3 a SGB VI. Gemäß § 51 Abs. 3 a SGB VI werden auf die Wartezeit von 45 Jahren Kalendermonate angerechnet mit
1. Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2. Berücksichtigungszeiten,
3. Zeiten des Bezugs von
a) Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung
b) Leistungen bei Krankheit
c) Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach a) in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung sei durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitsgebers bedingt, und 4. freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nr. 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Bei der Klägerin, die in der Zeit vom 01.06.2014 bis 31.10.2014 ebenso unstreitig arbeitslos, wie sie in der Zeit vom 01.11.2014 bis zum 15.03.2015 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, und für die in der Zeit nach dem 15.03.2015 bis zum 14.10.2016 Arbeitslosengeld als Entgeltersatzleistung von Seiten der Arbeitsagentur gezahlt worden ist, kommen lediglich zur Erfüllung der noch auf die Wartezeit von 45 Monaten fehlenden 16 Kalendermonate Zeiten der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung nach § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3 a SGB VI in Betracht. Nach ihrem Versicherungsverlauf sind ohne die Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 16.03.2015 bis 31.10.2016 insgesamt nur 524 Kalendermonate mit maßgebenden rentenrechtlichen Zeiten erfüllt, so dass noch nicht die für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderliche Wartezeit im Sinne von § 236 b Nr. 2 SGB VI von 45 Jahren erfüllt wäre. Allerdings ist auch die Zeit vom 01.04.2015 bis zum Oktober 2016 (19 Monate) auf die 45 jährige Wartezeit anzurechnen, da es sich hierbei um Entgeltersatzleistungen der Arbeitsagentur bei Arbeitslosigkeit handelte. Zu Unrecht hat die Beklagte diese Zeit nicht als Zeit des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung im Sinne von § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3 a SGB VI anerkannt. Denn auch diese Zeit war durch die – im Übrigen unstreitige – vollständige Geschäftsaufgabe der langjährigen Arbeitgeberin zum 31.05.2014 kausal bedingt, ohne dass die von der Klägerin in der Zeit vom November 2014 bis März 2015 erneut aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung diesen Kausalzusammenhang beseitigt hat.
Bereits der Wortlaut der Vorschrift des § 45 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI spricht dafür, die Zeit der Entgeltersatzleistung auch nach Beendigung des zwischenzeitlichen Beschäftigungsverhältnisses am 15.3.2015 auf die erforderliche Wartezeit anzurechnen. Die Anrechnung erfolgt nach der Vorschrift dann, wenn der Bezug der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung (im Falle der Klägerin: Arbeitslosengeld nach dem SGB III) durch eine vollständige Geschäftsaufgabe bedingt ist. Dies ist im Falle der Klägerin gegeben, da auch das nach dem 15.3.2015 bezogene Arbeitslosengeld wegen der nach dem 1.6.2014 eingetreten Arbeitslosigkeit gezahlt (wiederbewilligt) worden ist. Die Arbeitslosigkeit der Klägerin nach dem 31.5.2014 beruhte gerade auf der – unstreitigen – Geschäftsaufgabe ihrer damaligen Arbeitgeberin, da der ursprüngliche Arbeitslosengeldanspruch der Klägerin für die gesamte Zeit bis zu seiner Ausschöpfung im Oktober 2016 aus der im Juni 2014 eingetretenen Arbeitslosigkeit beruhte. Denn der aufgrund der am 1.6.2014 eingetretenen Arbeitslosigkeit entstandene Arbeitslosengeldanspruch (§§ 136 ff SGB III) war nicht gemäß § 161 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erloschen, da ein neuer Anspruch aufgrund der nur kurzen Zwischenbeschäftigung der Klägerin vom November 2014 bis 15. März 2015 nicht entstehen konnte. Denn die Klägerin hat mit Ablauf des 15.3.2015 keine Anwartschaftszeit für einen neuen Arbeitslosengeldanspruch begründet, da sie in der zweijährigen Rahmenfrist nicht wenigstens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der für die Zeit ab dem 1.6.2014 zuerkannte Arbeitslosengeldanspruch bestand damit fort und wurde ab dem 16.3.2015 von der Arbeitsagentur lediglich hinsichtlich der noch bestehenden Restanspruchsdauer weiterbewilligt. Dieser Restanspruch auf Arbeitslosengeld bestand gerade deswegen, weil die Klägerin wegen einer Betriebsaufgabe arbeitslos geworden war, so dass der Bezug der Entgeltersatzleistung durch die Geschäftsaufgabe am 31.5.2014 im Sinne des § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI bedingt war. Die Beschäftigung von November 2014 bis März 2015 hat hierauf keinen Einfluss und unterbricht das Kausalitätserfordernis nicht, da sie keinen Einfluss auf die Entgeltersatzleistung hatte. Die Rückausnahme der Vorschrift des § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI ist damit erfüllt.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift des § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 3 a) SGB VI, der zur Überzeugung der Kammer darin liegt, "Frühverrentungsanreize" einerseits zu verhindern, andererseits erkennbar und offensichtlich von Versicherten unverschuldete und nicht selbst gestaltbare Fälle (Insolvenz oder Geschäftsaufgabe der Arbeitgeber) wiederum im Verantwortungsbereich der Versichertengemeinschaft anzusiedeln. Denn ohne die Geschäftsaufgabe der Arbeitgeberin zum 31.5.2014 wäre die Klägerin nicht arbeitslos geworden und hätte durch eigene Beitragsleistung Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 51 Abs. 3 a) Satz 1 Nr. 1 SGB VI entrichtet, was zur Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren und damit gleichermaßen zum hier geltend gemachten Rentenanspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte geführt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Berufung gegen dieses Urteil bedurfte nicht der Zulassung durch das Sozialgericht, da Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
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