S 9 R 213/17

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 9 R 213/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 324/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 27/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewertung der vom Kläger in Polen zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten.

Der 1960 in C-Stadt (Polen) geborene Kläger besuchte bis 24.6.1978 die (Grund)Berufsschule, die er laut Zeugnis vom 24.6.1973 als Elektromechaniker beendete. Im Anschluss besuchte er bis 1981 das Technikum. Vom 1.7.1981 bis 2.12.1981 war er bei der Firma D. beschäftigt. Es folgte Wehrdienst. Ab 5.3.1982 bis 16.1.1989 war er dann wieder bei D. beschäftigt. Sodann zog er am 17.1.1989 in die Bundesrepublik Deutschland zu, wo er als Vertriebener anerkannt wurde. Am 11.6.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten Kontenklärung unter Vorlage verschiedener Unterlagen aus Polen (mit Übersetzung) und Deutschland, u.a. Zeugnisse über den Abschluss als Elektromechaniker und am Technikum sowie des Unternehmens für Handel und Technik von Feuerwehr- und Schutzausrüstung D. vom 31.5.1989, dass die Tätigkeit des Klägers als Monteur-Elektriker benannte. Die Beklagte ließ den Kläger einen Fragebogen ausfüllen, der sich darin auch selbst als Monteur-Elektriker bezeichnete. Mit Bescheid vom 22.2.2016 stellte die Beklagte die Versicherungszeiten bis 31.12.2009 fest. Mit Schreiben vom 12.3.2016, eingegangen bei der Beklagten am 15.3.2016, legte der Kläger Widerspruch ein. In der Folge hinterfragte er (u.a.), warum seine Tätigkeit der Qualifikationsgruppe 4 statt 2 zugeordnet werde und warum die Zeit vom 1.7.1981 bis 16.1.1989 nur gekürzt berücksichtigt sei. Er legte eine Kopie des am 10.11.1981 ausgestellten Legitimationsbuches vor. Mit Schreiben vom 23.8.2016 erklärte die Beklagte dem Kläger, dass die Zeiten ab Ausstellungsdatum des Legitimationsbuches am 10.11.1981 als nachgewiesen angesehen würden. Die Zeit vor der Ausstellung könne nur als glaubhaft gemacht angesehen werden. In die Qualifikationsgruppe 4 würden Facharbeiter eingestuft, in die Gruppe 2 Fachschulabsolventen. Die Einstufung dürfe aber nur insoweit erfolgen wie auch eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung ausgeübt worden sei. Bei Verrichtung sog. unterwertiger Arbeit erfolge die Einstufung dieser entsprechend. Er habe zwar eine Qualifikation zum Techniker-Elektriker erworben, sei dann nach den vorliegenden Bescheinigungen aber als Monteur/Elektriker beschäftigt gewesen, was eine Facharbeitertätigkeit darstelle und der Qualifikationsgruppe 4 zuzuordnen sei. Die Beklagte fragte an, ob sich der Widerspruch damit erledigt habe. Auf Seiten des Klägers kamen Bevollmächtigte hinzu, die nunmehr neu vortrugen, dass die Firma D. kein reines Handelsunternehmen gewesen sei, sondern auch einen Technikbereich gehabt habe, in der der Kläger tätig gewesen sei. Voraussetzung dafür sei eine technische Ausbildung gewesen. Der Kläger machte geltend, dass es falsch sei, dass das Legitimationsbuch erst eine Eintragung ab 10.11.1981 enthalte, sondern dieses enthalte eine Eintragung für die Zeit ab 1.7.1981. Der Kläger legte eine neue Bescheinigung des Technischen Handelsunternehmens der elektrotechnischen Branche für Feuerwehr- und Schutzausrüstung D. vom 2.3.2017 vor, die ihn als Wartungsmechaniker für elektrotechnische Anlagen benannte und mitteilte, dass dafür elektrotechnische Kenntnisse und entsprechende Ausbildung erforderlich gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.6.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen aus dem Schreiben vom 23.8.2016.

Am 7.7.2017 ist die Klage beim Sozialgericht Kassel eingegangen.

Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte zu beachten habe, dass ein Legitimationsbuch grundsätzlich erst nach der Probezeit erstellt worden sei. Er beruft sich auf seine Qualifikation am Technikum. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten gibt er an, dass die Firma D. sowohl im Handelsbereich als auch im technischen Bereich tätig war. In der mündlichen Verhandlung am 12.6.2018 hat der Kläger begehrt, dass ihm die Beklagte sagen möge, welche Aussagen in Bescheinigungen erfolgen müssten, um ihn besser einzustufen; er werde das dann der Firma D. genau mitteilen und entsprechende Auskünfte von dort besorgen. Der Kläger behauptet nunmehr, dass die Firma D. nahezu keinen Handel betrieben habe.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.2.2016 abzuändern, den Widerspruchsbescheid vom 26.6.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger in Polen vom 1.7.1981 bis 16.1.1989 zurückgelegten Beitragszeiten in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI sowie dem Wirtschaftsbereich 7 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen und die vom Kläger in Polen vom 1.7.1981 bis 9.11.1981 zurückgelegten Beitragszeiten als nachgewiesene Beitragszeiten zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihren Entscheidungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fest. Sie führt ergänzend aus, dass sich bereits aus der Namensbezeichnung des Unternehmens D. in den verschiedenen vorgelegten Unterlagen eine Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 17 (Handel) ergebe. Insgesamt seien nach Anlage 14 zum SGB VI 23 Wirtschaftsbereiche zu unterscheiden. Sei ein Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, sei diese für die Bestimmung des Bereichs maßgeblich (§ 22 Abs. 1 S. 4 FRG). Kämen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrerer Bereiche in Betracht, sei von ihnen der Bereich mit den niedrigen Durchschnittsverdiensten maßgeblich (§ 22 Abs. 1 S. 5 FRG).

Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand dieser Entscheidung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klage ist zulässig. Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass eine endgültige Bewertung der Zeiten erst im Leistungsfall erfolgen wird (§ 149 Abs. 5 S. 3 Sozialgesetzbuch [SGB] VI). Nach der Rechtsprechung des BSG sind in Vormerkungsbescheiden festgestellte Tatbestände rentenrechtlicher Zeiten rechtserheblich und bindend, solange und soweit sie nicht durch Verwaltungsakt aufgehoben werden. Folge der verbindlichen Feststellung rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid ist, dass diese Zeiten im Leistungsfall grundsätzlich zu berücksichtigen sind, solange und soweit die entsprechenden Feststellungen im Vormerkungsbescheid nicht wirksam aufgehoben wurden (vgl. Bay. LSG vom 24.7.2012 – L 6 R 421/11, zitiert nach juris, mwN).

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.2.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.6.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten. Die vom Kläger in Polen zurückgelegten Beitragszeiten sind von der Beklagten zutreffend in Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) berücksichtigt.

Zu Recht hat die Beklagte die Zeit vom 3.12.1981 bis 4.3.1982 nicht als Beitragszeit berücksichtigt. Der Kläger hat nach eigenen Angaben in dieser Zeit seinen Militärdienst absolviert und ist damit keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen.

Dem Kläger steht auch eine günstigere Bewertung der in Polen vom 1.7.1981 bis 2.12.1981 und 5.3.1982 bis 16.1.1989 zurückgelegten Beitragszeiten nicht zu.

Durch das FRG werden bestimmte außerhalb des alten Bundesgebietes einschließlich Berlin (West) zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten den nach Reichsrecht oder Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt mit dem Ziel, die durch Kriegs- und Nachkriegseinwirkungen außerhalb des Bundesgebietes einschließlich Berlin (West) in ihrer rentenrechtlichen Absicherung betroffenen Personen so zu stellen, als ob sie ihr Arbeitsleben und damit auch ihr Rentenversicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbracht hätten. Dementsprechend bestimmt § 15 Abs. 1 FRG, dass die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegten Beitragszeiten bei dem fremdrentenberechtigten Personenkreis so behandelt werden, als ob es sich um inländische Beitragszeiten handeln würde. Der von dieser Vorschrift erfasste Personenkreis soll nach dem Willen des Gesetzgebers in der Rentenversicherung so gestellt werden, wie ein nach Ausbildung und ausgeübtem Beruf vergleichbarer Versicherter, der die Beitragszeiten tatsächlich im Bundesgebiet zurückgelegt hat (sog. Eingliederungsprinzip; vgl. dazu BSG vom 4.6.1986 – GS 1/85 – sowie vom 15.11.1987 – GS 2/85; Hess. LSG vom 23.5.2003 – L 13 RJ 1086/00, alle zitiert nach juris).

Die Abgeltung derartiger Fremdrentenzeiten in der bundesdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt nicht nach der Höhe des erzielten Lohnes oder Gehaltes. Bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage für Fremdrentenzeiten wird nicht auf den wirklichen Arbeitsverdienst im Herkunftsland, sondern auf den Durchschnittsverdienst der gleichen Berufsgruppe im Reichs- oder Bundesgebiet abgestellt. Vom tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt wollte und konnte der Gesetzgeber nicht ausgehen, weil dessen Umrechnung in Reichsmark bzw. Deutsche Mark wegen der vielfachen Unterschiede in den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten unter den Herkunftsländern und gegenüber dem Reichs- bzw. Bundesgebiet (Währungs- und Lohnsituation, Verhältnis des Lohnes zur Kaufkraft) unverhältnismäßige Schwierigkeiten ausgelöst und wohl auch zu unbilligen Ergebnissen geführt hätte. Die jeweilige Festlegung der für den einzelnen Versicherten im Rahmen der Rentenberechnung maßgebenden Beitragswerte bzw. Entgeltpunkte erfolgt gemäß § 22 FRG im Rahmen von Verdienstgruppen (Leistungsgruppen bzw. Qualifikationsgruppen), deren Gliederung sich an Durchschnittswerten orientiert und aus der Amtlichen Verdienststatistik des Statistischen Bundesamtes übernommen worden ist (vgl. Hess. LSG vom 23.5.2003, aaO).

Um die Fremdrentenberechtigten nicht anders (insbesondere nicht besser) zu behandeln als die Bevölkerung in den neuen Bundesländern wurde daher festgelegt, die Fremdrentenzeiten - wie DDR-Zeiten, für die die tatsächlichen Entgelte nicht bekannt sind - nach dem neuen Tabellenwerk des SGB VI zu bewerten. Die Vorschrift des § 22 FRG verweist insoweit auf § 256b SGB VI, wonach die Ermittlung der maßgeblichen Entgeltpunkte anhand von Tabellenwerten erfolgt, die sich nach Einstufung in eine Qualifikationsgruppe der Anlage 13 zum SGB VI und nach Zuordnung zu einem (Wirtschafts-) Bereich der Anlage 14 zum SGB VI ergeben (vgl. Hess. LSG vom 23.5.2003, aaO).

Nach den in der Anlage 13 zum SGB VI den einzelnen Qualifikationsgruppen vorangestellten Sätzen sind Fremdrentenzeiten in eine der beschriebenen insgesamt fünf Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn die Versicherten deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (Satz 1). Maßgebend ist hiernach die durch Ausbildung erworbene Qualifikation. Hiervon kennt das Gesetz lediglich die Ausnahme der langjährigen Berufserfahrung: Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, so sind sie in diese (höhere) Qualifikationsgruppe einzustufen (Satz 2).

Die (höchste) Qualifikationsgruppe 1 ist vorgesehen für Hochschulabsolventen, d.h. für
1. Personen, die in Form eines Direkt-, Fern-, Abend- oder externen Studiums an einer Universität, Hochschule, Ingenieurhochschule, Akademie oder an einem Institut mit Hochschulcharakter ein Diplom erworben oder ein Staatsexamen abgelegt haben,
2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder wissenschaftlicher Leistungen ein wissenschaftlicher Grad oder Titel zuerkannt worden ist (z. B. Attestation im Bereich Volksbildung, Dr. h. c., Professor),
3. Inhaber gleichwertiger Abschlusszeugnisse staatlich anerkannter höherer Schulen und Universitäten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium (z. B. Teilstudium), das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschloss.

In die Qualifikationsgruppe 2 sind einzustufen Fachschulabsolventen, d.h.
1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist,
2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist,
3. Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen,
4. Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) führten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.

Zur Qualifikationsgruppe 3 gehören Meister, d.h. Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde. Hierzu zählen nicht in Meisterfunktion eingesetzte oder den Begriff "Meister" als Tätigkeitsbezeichnung führende Personen, die einen Meisterabschluss nicht haben (z. B. Platzmeister, Wagenmeister).

Die Qualifikationsgruppe 4 ist demgegenüber vorgesehen für Facharbeiter, d.h. für Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.

In die Qualifikationsgruppe 5 sind schließlich angelernte und ungelernte Tätigkeiten einzustufen, d.h. Tätigkeiten von
1. Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind,
2. Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind,
3. Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für die ausgeübte Tätigkeit.

Fremdrentenzeiten müssen hiernach unter die konkreten Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen, die dem System der beruflichen Bildung der DDR entnommen sind und die in dieser Form in den verschiedenen FRG-Herkunftsgebieten nicht (immer) anzutreffen sind, subsumiert werden. Es müssen also die Merkmale der Qualifikationsgruppen sinngemäß und vor allem sinnvoll auf die Verhältnisse in den Herkunftsländern der Fremdrentenberechtigten übertragen werden, wobei für die Bestimmung der Qualifikationsgruppe jeweils im Einzelfall zu fragen ist, welcher DDR-Qualifikation die im Herkunftsgebiet erworbene Qualifikation entsprochen hat. Das ergibt sich für die Qualifikationsgruppen 1 und 2 ausdrücklich aus der jeweils unter der Ziffer 3 getroffenen Regelung zur Behandlung fremder Berufsqualifikationen. Danach ist eine Einstufung in diese Qualifikationsgruppen vorzunehmen, wenn die fremden Ausbildungsabschlüsse den DDRAbschlüssen "gleichwertig" waren bzw. "den Anforderungen im Beitrittsgebiet entsprachen". Der Vergleich der fremden Berufsqualifikationen mit denen der DDR kann allerdings nicht auf die beiden ersten Qualifikationsgruppen beschränkt bleiben, sondern muss für alle Qualifikationsgruppen gelten. Es ist demgemäß generell erforderlich, die fremden Berufsqualifikationen und ihr Niveau festzustellen, um sie dann mit den DDRQualifikationen vergleichen zu können, wobei ein derartiger Vergleich vielfach dadurch erleichtert wird, dass die Systeme der Berufsbildung in der DDR und in den FRGHerkunftsgebieten in weiten Bereichen vergleichbare Grundzüge aufwiesen (vgl. Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers 1995, 354ff., mit Darstellung der länderspezifischen Gesichtspunkte; Hess. LSG vom 23.5.2003, aaO, zitiert nach juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erfüllt der Kläger für die zurückgelegten Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten vom 1.7.1981 bis 2.12.1981 und 5.3.1982 bis 16.1.1989 zwar die Voraussetzung der Qualifikationsgruppe 2 (Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI) einer bestandenen Facharbeiterprüfung bzw. des Besitzes eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbriefs), er erfüllt jedoch nicht die Voraussetzung einer Tätigkeit auf diesem Niveau.

1981 hat der Kläger zwar den förmlichen Abschluss eines Techniker-Elektrikers erworben. Damit hat er grundsätzlich das Qualifikationsmerkmal der Qualifikationsstufe 2 erlangt. Der Kläger hat jedoch nach den vorliegenden Unterlagen nie eine einem Techniker-Elektriker "entsprechende Tätigkeit" ausgeübt, sondern war nur tätig auf der Qualifikationsstufe 4. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Beklagten im Kontoklärungsverfahren, dem Arbeitszeugnis der Firma D. vom 31.5.1989 und der Arbeitgeberbescheinigung war er als Monteur-Elektriker tätig, entsprechend der 1978 erworbenen Qualifikation zum Elektromechaniker. Hierbei handelt es sich um eine Facharbeitertätigkeit.

Die Kammer sieht angesichts der eigenen Angaben des Klägers und der Angaben des Arbeitgebers den Sachverhalt als geklärt und Ermittlungen nicht für geboten an. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 12.6.2018 moniert hat, dass ihm immer nur gesagt würde, die Unterlagen reichten nicht für eine Qualifikationsstufe 2, und gefordert hat, die Beklagte möge ihm vorgeben, was geschrieben werden müsse für eine Einstufung in die Qualifikationsstufe 2, sodass er dies dem Arbeitgeber vorgeben könne, muss die Kammer dem nicht nachgehen. Ein solches Vorgehen würde jeder daraufhin erstellten Bescheinigung jegliche Überzeugungskraft nehmen. Auch würde sich jede Bescheinigung, die nun den Kläger als etwas anderen als Monteur-Elektriker ausgeben würde, in Widerspruch zu den bisher vorliegenden Angaben stellen. Selbst wenn es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, dass immer die Erstangaben von größerem Beweiswert sind (vgl. Hess. LSG vom 24.3.2015 - L 3 U 225/10, mwN, zitiert nach juris), haben diese doch oft - wie auch im Falle des Klägers - als noch unbeeinflusst erteilte zeitlich früheste Angaben für die Beweiswürdigung eine besondere Bedeutung.

Die Beklagte hat auch zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung der in Polen zurückgelegten Beschäftigungszeiten vom 1.7.1981 bis 9.11.1981 ohne wertmäßige Kürzung der Entgeltpunkte hat.

Nach § 22 Abs. 3 FRG werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die nach § 22 Abs. 1 FRG ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. Durch diese Kürzung auf 5/6 wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in den Beschäftigungszeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung enthalten sein können, für die ein Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste. Dabei wurde die statistische Erfahrung zugrundegelegt, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind. Demgegenüber können Beschäftigungs- und Beitragszeiten nur dann als nachgewiesen gelten, wenn die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte vorlag. Eine solche Festsetzung setzt voraus, dass konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen vorhanden sind und die Arbeitsunterbrechungen nicht 1/6 erreichen (vgl. so bereits Hess. LSG vom 11.11.2003 – L 2 RJ 25/03; LSG B.-W. vom 11.12.2000 – L 9 RJ 2551/98; LSG Saarland vom 4.8.2006 – L 7 RJ 42/04; BSG vom 20.8.1974 – 4 RJ 241/73; BSG vom 9.11.1982 – 11 RA 64/81, alle zitiert nach juris).

Für den Kläger günstig hat die Beklagte das polnische Arbeitsbuch ab dessen Ausstellungsdatum am 10.11.1981 als Nachweis ausreichen lassen. Für die Zeit ab 13.12.1982 enthält dieses Angaben zu krankheitsbedingten Fehlzeiten.

Für die Kammer ist es jedoch nicht zu beanstanden, dass ein Arbeitsbuch Nachweisqualität erst mit seinem Ausstelldatum erlangt und hinsichtlich der für die Vergangenheit vor seinem Ausstelldatum liegenden Zeiten nur als Mittel der Glaubhaftmachung genügt.

Wie sich aus § 4 Abs. 1 S. 2 FRG ergibt, ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Für die Glaubhaftmachung ist es demgemäß ausreichend, wenn bei Würdigung aller Gesamtumstände die gute Möglichkeit besteht, dass sich der Vorgang so, wie es behauptet wird, zugetragen hat, und wenn für das Vorliegen dieser Möglichkeit trotz verbleibender begründeter Zweifel letztlich mehr spricht als dagegen. Der vollständige Beweis (Nachweis) ist demgegenüber regelmäßig erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (vgl. LSG Saarland vom 4.8.2006, aaO; Hess. LSG vom 28.03.2003 - L 13 RJ 591/00, zitiert nach juris).

Den Nachweis der ununterbrochenen Beschäftigung hat der Kläger im vorliegenden Fall für die Zeit bis 9.11.1981 nicht geführt. Ein Legitimationsbuch kann grundsätzlich nur als Nachweis für solche Beitragszeiten herangezogen werden, die nach seiner Ausstellung liegen, nicht für Zeiten davor (vgl. LSG R.-P. vom 7.4.2003 – L 2RI 246/00; Bay. LSG vom 15.2.2012 – L 19 R 8/10, beide zitiert nach juris). Entgegen der Meinung des Klägers enthält das Legitimationsbuch keine vor dem 10.11.1981 gefertigten Eintragungen. Dass am 10.11.1981 (oder später) Angaben zum Zeitraum vom 1.7.1981 bis 9.11.1981 nachgetragen worden sind, genügt nicht um von einem Nachweis der diebezüglichen Zeiten auszugehen.

Schließlich hat die Beklagte die streitgegenständlichen Beschäftigungszeiten auch zutreffend dem Wirtschaftsbereich 17 zugeordnet.

Der Gesetzgeber unterscheidet in der Anlage 14 zum SGB VI 23 Wirtschaftsbereiche. Grundlage für die Gliederung ist die Wirtschaftsstruktur der DDR. Die für die Zuordnung der ausgeübten Tätigkeit zu einem der in Anlage 14 genannten Wirtschaftsbereiche maßgebenden tatsächlichen Umstände sind im Wege der Glaubhaftmachung nachzuweisen (vgl. LSG B.-W. vom 15.3.2016 – L 9 R 1550/14, zitiert nach juris).

Dem Wirtschaftsbereich 17 Handel werden die Teilbereiche Außenhandel, Binnenhandel und Kühl- und Lagerhäuser zugeordnet. Hierbei werden dem Teilbereich Außenhandel sämtliche Im- und Exportbetriebe zugeordnet. Der Teilbereich Binnenhandel umfasst hingegen den gesamten Handel mit Konsumgütern (z.B. Centrum-Warenhäuser, Delikat- und Exquisitläden, Einzelhandel, Gaststätten, Großhandel, HO-Läden, die Mitropa), ferner den Produktionsmittelhandel (z.B. Holz-, Kohlen-, Saatguthandelsbetriebe, Minol, Pharmaziehandel einschließlich der Apotheken). Diesem Wirtschaftsbereich werden auch die Versorgungsbetriebe für gesellschaftliche Speisung (Großküchen) zugeordnet (vgl. jurisPK, SGB VI, § 256b Rn. 227, zitiert nach juris).

Die Kammer lässt dahinstehen, ob der sehr unbestimmte Vortrag des Klägers die Tätigkeiten seiner Abteilung betreffend eher dem Wirtschaftsbereich 6 oder – wie beantragt – dem Wirtschaftsbereich 7 zuzuordnen ist.

Der Wirtschaftsbereich 7 umfasst die Teilbereiche Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie, Elektronische Industrie, Feinmechanische und optische Industrie und den Bereich der Industrie für Mess-, Steuer- und Regeltechnik (siehe ausführlich jurisPK, aaO, Rn. 160-169). Der Wirtschaftsbereich 6 umfasst demgegenüber Betriebe, die entweder Fahrzeuge oder Maschinen bauen oder Metallverarbeitung betreiben (siehe ausführlich jurisPK, aaO, Rn. 134-159).

Maßgebend für die Zuordnung ist der Hauptzweck des Beschäftigungsbetriebes (§ 22 Abs. 1 S. 4 FRG) (vgl. LSG B.-W. vom 15.3.2016, aaO). Nach den vorliegenden Unterlagen (Arbeitszeugnis vom 31.5.1989, Legitimationsbuch und Bescheinigung vom 2.3.2017) handelt es sich bei der Firma D. im Schwerpunkt um ein Handelsunternehmen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 12.6.2018 erstmals behauptet hat, der Schwerpunkt des Unternehmens sei ein anderer, liefert er dafür keinerlei Nachweise und setzt sich in Widerspruch zu seinen eigenen Angaben noch in den Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 15.3.2017, 18.9.2017 und 13.4.2018, dass das Unternehmen im Handelsbereich und im technischen Bereich aktiv (gewesen) sei. Die Kammer hat keinen Grund zu zweifeln, dass das Unternehmen sowohl eine Handelssparte als auch eine technische Sparte hatte. Die Kammer hat aber auch keinen Anlass zu zweifeln, dass Unternehmensschwerpunkt 1981 bis 1989 der Handel mit Produkten war. Und selbst wenn dies anders wäre: Kommen mehrere Wirtschaftsbereiche in Betracht, ist von ihnen der Bereich mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten maßgeblich (§ 22 Abs. 1 S. 5 FRG), was in diesem Fall der von der Beklagten gewählte Wirtschaftsbereich 17 (Handel) ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache selbst.
Rechtskraft
Aus
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