S 8 KR 219/03 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Leipzig (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 219/03 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.02.2004 gegen den Bescheid vom 17.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2004 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes über die Vollziehbarkeit einer Beitragsnachforderung zur Sozialversicherung.

Am 12.07.2000 beantragte die am ...1960 geborene Antragstellerin (Ast) bei der Stadt H ... die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft. Zur Begründung führte sie aus, dass sie seit 04.04.1998 selbstständig sei und in Leipzig ein Textileinzelhandelsgeschäft unter der Firma ... betreibe. Sie sei vorher ein Jahr arbeitslos gewesen und habe während dieser Zeit einen Existenzgründerlehrgang besucht. Eine entsprechende Bescheinigung über die Unterrichtung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Gaststättengesetzes der Industrie- und Handelskammer zu L ... vom 12.07.2000 war beigefügt. In der Schankwirtschaft sollten ausschließlich Getränke aller Art, alkoholische und nichtalkoholische, an jedermann abgegeben werden, wobei die tägliche Betriebszeit jeweils mit Eintritt der Sperrzeit enden solle. Bei einer am 19.07.2000 durchgeführten Überprüfung eines Gaststättenbetriebes wies die Erlaubnisbehörde darauf hin, dass noch bestimmte Beanstandungen bestünden, die von ihr zu beseitigen seien.

Am 02.08.2000 erteilte die Stadt H ... der Ast die Erlaubnis zur Betreibung einer Schankwirtschaft, und zwar nur für Getränke und ohne Speisen entsprechend der Sperrzeitverordnung des Landes Sachsen-Anhalt.

Am 02.12.2000 führte die Stadt H ... - Ordnungsamt - von 02.20 Uhr bis 02.35 Uhr eine Betriebskontrolle in dem ... genannten Betrieb durch. Unter anderem wurde festgestellt, dass nur auf Klingeln hin der Eingang geöffnet worden sei. Die Inha- berkennzeichnung und die Preisliste seien (zumindest in nichtlesbarer Form) nicht am Eingang bzw. der Außenseite angebracht. Der Eingang werde kameraüberwacht. Infolgedessen erließ die Stadt H ... unter dem 29.12.2000 einen Kostenfestsetzungsbescheid in Höhe von 150,00 DM wegen nicht sicht- und lesbar angebrachter Inhaberkennzeichnung sowie Preisliste am Eingang bzw. der Außenseite und unerlaubter Verkürzung der Sperrzeit.

Am 10.01.2001 erfolgte eine weitere Nachschau durch das Ordnungsamt H ... Nach dessen Feststellungen handelt es sich um eine unerlaubte Nachtbar. Es sei eine kleine Bühne für Striptease und Tabledance eingerichtet worden, wobei die Durchführung dieser "Veranstaltungen" bauordnungs- und gaststättenrechtlich genehmigungspflichtig sei. Der Betrieb verfüge über Sicherheitsvorkehrungen, die von der Ast nicht ausreichend hätten begründet werden können. Der Preisaushang und die Inhaberkennzeichnung seien zwischenzeitlich am Eingang angebracht worden. Die Ast wurde von den entsprechend festgestellten Beanstandungen in Kenntnis gesetzt und zur Beseitigung der Mängel aufgefordert.

Am 17.01.2001 beantragte die Ast die Verkürzung/Aufhebung der Sperrzeit nach § 4 der Sperrzeitverordnung des Landes SachsenAnhalt. Zur Begründung gab sie an, dass ihre Gaststätte " ..." gerade kurz vor Beginn der allgemeinen Sperrzeit einen hohen Besucherandrang aufweise. Die Gäste hätten den Wunsch nach Bewirtung und Aufenthalt in ihrer Örtlichkeit, die sich auf einem alleinstehenden Eckgrundstück befinde, geäußert.

Am 19.02.2001 überprüften Mitarbeiter der Stadt H ... erneut den Betrieb. Tabledance selbst werde nicht durchgeführt. Das "Tabledance-Podest" solle deshalb als "Blumenständer" umgerüstet werden.

Mit Bescheid vom 06.04.2001 lehnte die Stadt H ... - Ordnungsamt - eine Verkürzung der Sperrzeit ab. Sperrzeitverkürzungen seien nur ausnahmsweise in atypischen Fällen erlaubnisfähig. Die Beweislast für einen atypischen Fall liege bei demjenigen, der die Abweichung erstrebe. Wegen der abgeschiedenen Lage der Gaststätte bestehe keine Bedarfslücke für die Allgemeinheit, sondern allenfalls für ein gewisses Stammpublikum. Zwar handele es sich bei der Gaststätte um ein alleinstehendes Eckhaus; es sei aber in eine Straße mit zahlreichen Wohnungen eingebunden, weshalb sich Geräusche wie Parkraumsuchverkehr usw. störend auf die Nachtruhe der ansässigen Wohnbevölkerung auswirke.

Hiergegen legte die von der Ast am 05.02.2001 bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei ... (vgl. Blatt 40 der Ordnungsamtsakte) Widerspruch ein. Die große Zahl der Besucher, nicht nur Stammgäste, hätten großes Interesses an einem Betrieb der Gaststätte " ..." auch über 01.00 Uhr hinaus. Von der Gaststätte gingen zu keiner Tages- und Nachtzeit Ruhestörungen aus, zumal das Gaststättengebäude einzelstehend sei und die Gaststätte im besten Einvernehmen mit der umliegenden Nachbarschaft betrieben werde. Seine Mandantin habe die Absicht, unter ... Bürgern für eine Sperrzeitverkürzung ihrer Gaststätte " ..." Unterschriften zu sammeln. Das Ordnungsamt möge mitteilen, wie viele Unterschriften nötig seien, um ein öffentliches Bedürfnis nach längeren Öffnungszeiten der Gaststätte seiner Mandantin zu begründen. Mit Schriftsatz vom 31.08.2001 nahmen die beauftragten Rechtsanwälte den Widerspruch zurück.

Unter dem 13.05.2002 war gegen die Ast Strafanzeige gestellt worden. Sie werde verdächtigt, gewerbsmäßig und gemeinschaftlich mit anderen handelnd Ausländerinnen zum illegalen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verholfen zu haben, welche hier der Prostitution zugeführt worden seien. Als Barfrau im Nachtclub " ..." zeichne sie für die Organisation des illegalen Bordellbetriebes mit verantwortlich. Sie kontrolliere die Abrechnung der Prostituierten und führe deren Einnahmen an weitere Beschuldigte ab. Durch ihr Mitwirken würde ausländischen Prostituierten die Möglichkeit illegaler Beschäftigung gewährt.

Laut Polizeiprotokoll fungiere die Ast als Lebensgefährtin des ... B ... Gemeinsam mit ... M ... und ... S ... würden im " ..." ausländische Frauen, zum Teil ohne im Besitz einer erforderlichen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland zu sein, der Prostitution zugeführt. Dies geschehe vorsätzlich, planmäßig und arbeitsteilig des finanziellen Vorteils wegen, da nach dem Ergebnis der Ermittlungen die dort tätigen Frauen ungefähr die Hälfte ihrer Einnahmen an die Betreiber abführen müssten.

Durch Beschluss vom 03.06.2002 hat das Amtsgericht H ...-S ... die Durchsuchung der Wohnung, der Räume sowie der Geschäftsräume, jeweils einschließlich der Nebenräume und Garagen auf einem Grundstück in Leipzig sowie der PKW, die ihnen gehörenden Sachen und ihrer Person angeordnet, da das Auffinden von Beweismitteln bei der Durchsuchung vermutet werde. Unter dem selben Tag erließ das Gericht gegen die Ast einen Haftbefehl. Es werde die Untersuchungshaft angeordnet, weil die Ast dringend verdächtig sei, von Juni 2001 bis zum 29.05.2002 gemeinschaftlich handelnd jeweils durch dieselbe Handlung durch 10 Taten eine andere Person zur Aufnahme oder Fortsetzung von Prostitution bestimmt sowie gewerbs- und bandenmäßig gegen das Ausländergesetz verstoßen zu haben, um einen Vermögensvorteil zu erlangen. Sie sei als Lebensgefährtin von B ... und Konzessionsinhaberin der Bar " ..." in das Geflecht aus illegalen Bordellen bzw. Bordellwohnungen und Verstößen gegen das Ausländergesetz eingebunden.

Anlässlich einer Telefonüberwachung vom 06.06.2002 habe die Ast ... M ... unterstellt, B ... und S ... zu betrügen. Sie habe keine Lust mehr, "ihren A. für das Ding hinzuhalten ... ". Des Weiteren habe sie geäußert, für was Legales wär s in Ordnung. Wenn irgendwas ist, kommen sie zu mir. Ich gehe in den Knast ... Mir hängen sie dann was an. Ich kann mich dann nicht hinstellen und sagen, der ... hat gesagt, ich soll das machen ... Irgendwann fliegt die Bude da drüben auf und ich halte meinen A. hin". Aus dem Gespräch geht nach den polizeilichen Ermittlungen hervor, dass die Ast und B ... wüssten, dass die geschäftlichen Abläufe im " ..." nicht legal seien. Bereits am 08.05.2002 habe sie B ... vorgeworfen, dass die anderen ihre Einlagen von 5.000,00 DM schon herausgeholt hätten. Er selbst habe nur sehr wenig bekommen. Des Weiteren waren vom Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt und dem Bundesgrenzschutz-Amt H ... weitere relevante Gespräche aus telefonischer Uberwachung im Zeitraum 29.08.2001 bis 03.11.2001 aufgeführt, aus denen eine Einbeziehung der Ast in die Geschäfte hervorgeht.

Am 12.06.2001 unternahm die Polizei einen bundesweiten Einsatz zur Aufdeckung illegaler Prostitution. Hierbei wurde für das " ..." festgestellt, dass die Inhaberkennzeichnung ordnungsgemäß angebracht worden sei, ebenso wie eine Preisliste, wobei die Getränkepreise gegenüber anderen Gaststätten sehr hoch seien. Der Gaststätteneingang werde kameraüberwacht. Ein "Podest mit Stange im Gastraum" sei immer noch vorhanden und nicht zum "Blumenständer" umfunktioniert. Neben der Barfrau seien drei männliche und fünf weibliche Personen anwesend. Die Frauen arbeiteten dort als Prostituierte und wohnten in den Zimmern über der Gaststätte. Es bestehe ein direkter Zugang von der Küche ins Treppenhaus und damit zu den Zimmern im ersten und zweiten Obergeschoss.

In einer Vernehmung des Bundesgrenzschutzamtes H ... vom 03.07.2002 sagte ... S ... aus, dass ihr "der H ..." (gemeint ist wohl: ... B ...) auf eine Stellenanzeige hin gesagt habe, dass "seine Frau" (gemeint ist wohl: die Ast) in H ... eine Bar habe. Er würde sie mitnehmen. Nachdem sie am Freitag miteinander gesprochen hätten, habe er sie mit "seiner Frau" abgeholt. "Seine Frau" habe in der Bar gearbeitet und sie eingewiesen, was im Bar- und Thekenbereich zu tun sei. Anfangs habe sie nur zwei Tage arbeiten müssen, weil die Ast noch da gearbeitet habe. Es sei noch eine andere Bardame namens "M ..." dort gewesen. M ... habe drei Tage, sie selbst drei Tage und die Ast am Wochenende gearbeitet. Im Dezember hätten "sie" die M ... "rausgeschmissen". Auch die Ast habe einfach irgendwie aufgehört und sei weg gewesen, ohne dass einer nachgefragt habe. Auf ausdrückliche Nachfrage betonte sie, dass die Ast sie in alles eingewiesen habe, auch in das was zu tun sei, wenn Mädchen auf das Zimmer gegangen seien. Der "H ..." habe sich bei der Einweisung in der Bar aufgehalten. Er habe sich sonst aber "rausgehalten", weil er im hinteren Büro über den Monitor den Barbereich habe einsehen können. Anschließend habe er die Ast heimgefahren. Sie habe ihr am Anfang gesagt, dass sie darauf achten solle, nicht die Füße hoch zu legen und nicht ständig mit dem Handy zu telefonieren. Mit der Ast und "H ..." habe sie ein vertrauensvolles Verhältnis gehabt. Sie habe gewusst, dass die Ast die eigentliche Besitzerin gewesen sei. Mit ihr habe sie auch immer zusammen alles geklärt. Die Ast habe nur am Wochenende gearbeitet, weil sie in der Woche einen Laden betrieben habe (gemeint ist wohl: das " ...").

Am 30.07.2002 meldete die Ast das Gewerbe rückwirkend zum 15.07.2002 ab. Am 28.08.2002 widerrief die Stadt H ... nach Anhörung mit Schreiben vom 10.07.2002 die erteilte Gaststättenerlaubnis. Der Bescheid ist seit 04.10.2002 in Bestandskraft erwachsen.

Unter dem 13.01.2003 unterrichtete das Hauptzollamt M ... die Antragsgegnerin (Ag) von einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft H ... wegen Verdachts des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt nach § 266 a Strafgesetzbuch (StGB), sowie wegen Verdacht des Betruges nach § 263 Abs. 1 StGB. Die Ast sei fÜr das Unternehmen " ..." verantwortlich.

Daraufhin versuchte die Ag unter dem 30.01., 26.02. und 06.03.2003, bei der Ast eine Betriebsprüfung für das Unternehmen " ..." durchzuführen. Die damals bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei ..., teilte daraufhin unter dem 27.03.2003 mit, dass der Ast keine Lohn- und Gehaltsabrechnungen vorlägen. Lediglich Herr M ... sei im Zeitraum 01.07.2001 bis 31.03.2002 geringfügig zu einem monatlichen Lohn von 315,00 EUR beschäftigt gewesen. Unterlagen hierzu lägen jedoch nicht vor. Später ergänzte er seinen Vortrag dahingehend, dass Herr M ... privat krankenversichert sei.

Daraufhin nahm die Ag für den Prüfzeitraum 01.06.2000 bis 11.06.2002 eine Betriebsprüfung vor. Da keine Lohnunterlagen vorgelegt werden konnten, wurden die Entgelte anhand der Unterlagen des Hauptzollamtes geschätzt und auf ein Bruttoentgelt hochgerechnet. Im Rahmen einer Schlussbesprechung vom 20.08.2003 hörte die Ag die Ast zur Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen an.

Unter dem 17.09.2003 erließ sie einen Nachforderungsbescheid über Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 23.964,73 EUR (einschließlich 3.738,07 EUR Säumniszuschläge). Die Ast habe ihre Aufzeichnungspflicht nach der Beitrags- und Überwachungsverordnung (BÜVO) nicht ordnungsgemäß erfüllt. Die Arbeitsentgelte hätten daher geschätzt werden müssen. Hierbei seien für das zu ermittelnde monatliche Bruttoarbeitsentgelt die vom Hauptzollamt M ... gemachten Feststellungen über die Höhe des gezahlten Nettolohnes zu Grunde gelegt worden. Der Beschäftigungszeitraum ergebe sich ebenfalls aus den Feststellungen des Hauptzollamtes. Eine Lohnsteuer-Außenprüfung habe für den Prüfzeitraum nicht stattgefunden. Die gezahlten Entgelte (außer dem Entgelt für den geringfügig Beschäftigten) seien anhand der Unterlagen des Hauptzollamtes geschätzt und auf Bruttoentgelt hochgerechnet worden.

Bezüglich der Arbeitnehmerin ... Z ... berichtigte die Ag unter dem 10.10.2003 ihren Bescheid dahingehend, dass die beanstandeten Beiträge entsprechend der Endziffernregelung zur Barmer-Ersatzkasse (und nicht zur Innungskrankenkasse (IKK) Sachsen-Anhalt) abgeführt würden. Die Nachforderung zur IKK Sachsen-Anhalt reduziere sich auf 0,00 EUR und die Nachforderung zur Barmer-Ersatzkasse erhöhe sich von 344,09 EUR auf 556,33 EUR, zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 30,56 EUR.

Am 14.10.2003 legte die Ast hiergegen Widerspruch ein. Sie wende sich sowohl gegen ihre Inanspruchnahme als auch gegen die Höhe der Inanspruchnahme. Sie sei nicht tatsächlich Inhaberin der Gaststätte " ..." gewesen, sondern habe sich aus Dummheit, Liebe und Angst von ... B ... überreden lassen, die Konzession für die Bar zu beantragen. Sie sei insoweit als "Strohfrau" missbraucht worden. Sie habe aus der Gaststätte auch keinen wirtschaftlichen Eigennutzen gezogen und keine Beschäftigungsverhältnisse begründet. Zahlungen seien allein aus der von Herrn M ... verwalteten Tageskasse erfolgt. Des Weiteren beantragte sie, die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 17.09.2003 auszusetzen. Im Falle einer Vollstreckung würde sie ihrer Existenzgrundlage beraubt, weil damit zu rechnen sei, dass die Kredite für ihren Lack- und Lederwarenhandel gekündigt würden.

Durch Bescheid vom 18.11.2003 lehnte die Ag die Aussetzung der Vollziehbarkeit des Beitragsbescheides ab. Die Ast habe den Bescheiden der Stadt H ... nicht widersprochen und damit ihre Inhabereigenschaft der Gaststätte " ..." eingestanden.

Am 21.11.2003 hat die Ast vorläufigen Rechtsschutz beim Sozialgericht Leipzig begehrt. Sie habe sich von ihrem Freund, Herrn B ..., dazu überreden lassen, ihren Namen für das Lokal herzugeben. Ihr sei weder bekannt gewesen, was sich dort abspielen sollte, noch habe sie irgendeinen Einfluss gehabt auf das, was sich dort abgespielt habe. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, wer und zu welchen Konditionen in der Gaststätte beschäftigt bzw. ggf. entlohnt worden sei. Sie sei deshalb nicht Arbeitgeberin. Ausweislich des Inhalts der Ordnungsamtsakte habe sie nur als "offizielle" Betreiberin fungiert, während B ..., M ... und S ... als Teilhaber am Gewinn beteiligt gewesen seien. Wirtschafter sei M ... gewesen. Auch sei sie bei unangekündigten Besuchen nicht zugegen gewesen. Strafverteidiger der Ast sei nicht Rechtsanwalt B ... Ihr sei im Rahmen des Strafantrages lediglich vorgeworfen worden, als Bardame gearbeitet und bei der Weiterleitung von Geld mitgewirkt zu haben. Sie habe insoweit nur eine dienende Funktion ausgeübt, aber nicht als Arbeitgeber fungiert, der über Einstellung, Entlohnung und Entlassung entscheide. So habe sie auch einfach "irgendwann aufgehört" und sei weg gewesen, ohne dass jemand nachgefragt habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Ast hat hiergegen am 25.02.2004 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben.

Sie beantragt in sachdienlicher Fassung,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 17.09.2003 in Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 12.02.2004 anzuordnen, hilfsweise die aufschiebende Wirkung festzustellen, falls das Gericht davon ausgehen sollte, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe, weil sie sich nicht lediglich gegen die Höhe der Beitragsforderung, sondern insgesamt gegen die Beitragspflicht der Ast an sich richte.

Des Weiteren beantragt sie am 27.11.2003,

ihr unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Ag beantragt unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 18.11.2003,

den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Beklagtenakte sowie zwei Verwaltungsvorgänge der Stadt H ... - Ordnungsamt - Bezug genommen. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft H ... konnte auch auf mehrfache Nachfrage hin nicht beigezogen werden.

II.

Der statthafte Antrag ist zulässig und begründet. Auf Antrag war die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.02.2004 gegen den Bescheid vom 17.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2004 anzuordnen.

Da sich dem Vorbringen der Ast entnehmen lässt, dass sie sich gegen Grund und Höhe der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen wendet, ist im Hauptsacheverfahren eine Anfechtungsklage statthaft. Antragsziel ist somit die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes (Beitragsnachforderung).

Gem. § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG sollen zwar Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben; diese entfällt gleichwohl nach Maßgabe des Abs. 2 in den meisten Fällen. So auch hier nach der einschlägigen Nr. 1. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.

Nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG soll in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 die Aussetzung der Vollziehung dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsak- tes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Voraussetzung für ein Obsiegen der Ast ist, dass ihr Interesse an der Anordnung bzw. Aussetzung der aufschiebenden Wirkung dasjenige der Ag am sofortigen Vollzug überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung ist zwar grundsätzlich nicht auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes abzustellen; soweit sie allerdings nach der im Rahmen dieses Verfahrens nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung absehbar sind, hat das Gericht sie bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen. Erweist sich im Rahmen dieser Prüfung der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, kann ein Interesse des Betroffenen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in der Regel nicht anerkannt werden. Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug rechtmäßiger Verwaltungsakte hat insofern regelmäßig Vorrang. Umgekehrt kann kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes bestehen, dessen Rechtmäßigkeit ernstlichen Zweifeln unterliegt (LSG Berlin, Breithaupt, 1990, 78 (80)). Hierfür reicht es aus, wenn sich die für und gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe zumindest die Waage halten (streitig; wie hier: Sächs. LSG, Beschluss vom 08.11.1999, L 3 B 39/99 AL-ER; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., Rdnr. 152 ff.). Bloße Bedenken begründen noch keine ernsthaften Zweifel.

Vorliegend bestehen indes ernstliche Zweifel. Der Bescheid vom 17.09.2003 erweist sich nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Betrachtungsweise als rechtswidrig. Mithin war die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.02.2004 gegen den Bescheid vom 17.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2004 anzuordnen. Denn es bestehen ernstliche Zweifel an der Beitragspflicht der Ast zur Sozialversicherung. Nach Sachlage ist nicht davon auszugehen, dass sie tatsächlich Arbeitgeberin der im " ..." beschäftigten Personen gewesen ist. Nur als Arbeitgeberin im Verhältnis zu den im " ..." Beschäftigten wäre sie zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages rechtlich verpflichtet (vgl. § 28 e SGB IV). Beitragsrelevante Arbeitsverhältnisse wurden von der Ast indes nicht begründet.

Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V besteht Versicherungspflicht im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung für Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Gesetzlich rentenversichert sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Da eine gesetzgeberische Definition des Begriffs der "Beschäftigung" im Recht der Renten- wie auch der Krankenversicherung fehlt, ist auf § 7 SGB IV sowie zur Klärung der beitragspflichtigen Beschäftigung im Rahmen der Arbeitslosenversicherung auf §§ 24 f Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zurückzugreifen (wie hier: Sächsisches LSG, Urteil vom 02.03.2000, Az: L 1 KR 1/99).

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV).

Das Merkmal der "Beschäftigung" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der durch die Gerichte auszulegen ist (Seewald, in: Kass. Komm., Stand: 4/99, § 7 SGB IV Rdnr. 2). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den unselbstständig Erwerbstätigen den Schutz der Sozialversicherung zwangsweise zugute kommen lassen will. Entscheidend ist die Abgrenzung zwischen den Merkmalen, die für eine Selbstständigkeit sprechen, zu denen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und damit für eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sprechen. Weist eine Tätigkeit sowohl Merkmale für eine Abhängigkeit als auch für eine Selbstständigkeit auf, ist festzustellen, welche Merkmale überwiegen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Hierbei ist maßgebend stets das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (BSG, NJW 1994, 2974; E 45, 199 (200)).

Da das Gesamtbild entscheidend ist, kann nur eine Gesamtbetrachtung der vorliegenden Merkmale in Betracht kommen. Das heißt, es lässt - für sich betrachtet - nur ein einziges Merkmal keine sichere Abgrenzung zu. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht. Diese tritt allerdings zurück, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen (BSG, Urteil vom 30.01.1999, Az: 10 RAr 6/95). Denn nach dem Grundsatz der "Tatsächlichkeit" (Hessisches LSG, Urteil vom 30.11.2000, Az: L 14 KR 777/97) kommt es zur Beurteilung der Frage, ob sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten vorliegen, nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten an, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall. Die einzelnen Merkmale sind somit im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zusammenzutragen und zu gewichten (SG Leipzig, Urteil vom 05.07.2001, Az: S 8 KR 59/99).

Für den Bereich der Arbeitslosenversicherung zur Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen hat das Bundessozialgericht auf die Vorschriften über die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung verwendeten Merkmale Bezug genommen (BSG SozR 4100, § 141 b Nr. 41 S. 156). Danach ist Arbeitnehmer, wer als Arbeiter oder Angestellter gegen Entgelt beschäftigt ist (BSG, Urteil vom 30.01.1997, Az: 10 RAr 6/95). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 des Einkommenssteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen gelten nicht als Arbeitsentgelt. Ob Prostituierte im Rahmen eines Bordellbetriebes "Arbeitnehmer" sind und ob den Betreiber sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen als Arbeitgeber treffen, bestimmt sich - wie bei anderen Tätigkeiten - nach der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit, wobei etwaige zugrundeliegende Vereinbarungen zu berücksichtigen sind. Es ist anerkannt, dass die mögliche Sittenwidrigkeit der Arbeitsverhältnisse der entsprechenden steuerrechtlichen Beurteilung nicht entgegensteht (so bereits: BGH NJW 1985, 208).

Es muss sich danach um eine nichtselbstständige Beschäftigung, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, handeln (BSG SozR 3-4100, § 168 Nr. 18). Die Rechtsprechung hat hierzu als weitere Abgrenzungskriterien entwickelt: Die persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert ist und dem Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitstätigkeiten unterworfen ist (BSG SozR 3-2400, § 7 Nr. 4). Dieses Weisungsrecht kann indes - vor allem bei Diensten höherer Art - dergestalt eingeschränkt sein, dass es zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert ist (BSGE 16, 289 (294)). Selbstständige Tätigkeit wird demgegenüber durch das Unternehmerrisiko und das Recht und die Möglichkeit bestimmt, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und über Arbeitszeit frei zu verfügen (BSGE 38, 53 ff (58); 51, 164 ff (167)). Im Zweifel ist darauf abzustellen, welche Merkmale überwiegen (Arbeitnehmereigenschaft bsw. verneinend für Amateurfußballspieler: SG Leipzig, Urteil vom 13.12.2001, Az: S 8 KR 59/00; bejahend für Zählerableser: SG Leipzig, Urteil vom 24.01.2002 (noch nicht rechtskräftig), Az: S 8 KR 8/00).

Unter Beachtung dieser Grundsätze und in Abwägung der Umstände des Einzelfalles überwiegen hier die gegen eine Beitragspflicht der Ast als Arbeitgeberin sprechenden Gesichtspunkte. Nur sofern man zu der Auffassung gelänge, dass die Ast selbstständig und die beschäftigten Prostituierten und Bardamen zu ihr in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stünden, wäre von einer Beitragspflicht auszugehen. Dies ist indes unter Beachtung der zuvor genannten Kriterien nach Sachlage nicht der Fall. Vielmehr steht nach dem vorliegenden Ergebnis der Ermittlungen fest, dass die Ast lediglich "Strohfrau" der BGB-Gesellschafter B ..., S ... und M ... gewesen ist. Tatsächliche Arbeitgebereigenschaften, wie ein typisches Unternehmerrisiko oder eine Weisungsbefugnis gegenüber den in der Gaststätte illegal und legal beschäftigten Personen, waren ihr nicht beizumessen. Im Einzelnen:

Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Ast haben B ..., M ... und S ... eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft, §§ 705 f. BÜrgerliches Gesetzbuch (BGB)) gegründet, an der die Ast als Erlaubnisinhaberin nicht beteiligt war. Dies geht u. a. aus den Telefon-Überwachungsprotokollen hervor. Diese erweisen sich bei summarischer Überprüfung als grundsätzlich verwertbar, da nicht substanziiert vorgetragen worden ist, dass die polizeilichen Abhörmaßnahmen nicht von einer richterlichen Anordnung gedeckt sein könnten (zu diesem Erfordernis vgl. § 100 b Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO)). Dass die Ast keinerlei Gesellschaftsanteile an der BGB-Gesellschaft gehalten hat, geht aus der telefonischen Überwachung vom 08.05.2000 hervor, wobei die Ast ihren Lebenspartner B ... vorgeworfen hat, dass die anderen Gesellschafter ihn übervorteilt und ihren Anteil "schon herausgeholt" hätten. Der fehlende Kapital-Anteil am Gesellschaftsvermögen unterstreicht, dass ein eigenes Unternehmensrisiko der Ast zu keinem Zeitpunkt bestanden hat.

Als Personengesellschaft verpflichten sich in der BGB-Gesellschaft wenigstens zwei Personen gegenseitig, gemeinsam und auf die vereinbarte Weise einen bestimmten Zweck (Gesellschaftszweck) zu verfolgen.

Im Wirtschaftsleben werden BGB-Gesellschaften häufig zur gemeinsamen Durchführung einzelner Geschäfte abgeschlossen. Die Gesellschaft selbst ist keine juristische Person; vielmehr sind Träger der Rechte und Pflichten aus den Geschäften die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit (Gesamthandsgemeinschaft). Sie sind auch gemeinsam Partner von Rechtsbeziehungen zu Dritten. Daraus folgt, dass die Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft gemeinsam, auch nach außen hin, vertreten. Das in der Gesellschaft gebundene Vermögen gehört den Gesellschaftern gemeinschaftlich (Gesamthandsvermögen, § 718 BGB). Seinen Gesellschaftsanteil, auf dem sein Mitgliedschaftsrecht im Ganzen resultiert, kann der einzelne Gesellschafter grundsätzlich nicht Übertragen (§ 717 Satz 1 BGB); denn wenn ein Gesellschafter ausscheidet, wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern im Wege der Anwachsung zu, ohne dass besondere Übertragungshandlungen erforderlich wären (vgl. § 738 BGB).

Anders als bei juristischen Personen, wie beispielsweise bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ändert zwar ein Mitgliederwechsel nicht die Identität der Gesellschaft, hat aber wegen des Charakters der BGB-Gesellschaft als Personengesellschaft erhebliche Außenwirkung. Mit Gründung der Gesellschaft haben die Gesellschafter B ..., M ... und S ... den Betrieb der Gaststätte " ..." in H ... als gemeinsamen Gesellschaftszweck verfolgt. Aus dem Ergebnis der polizeilichen Mitteilung ist zu folgern, dass in den Geschäftsräumen des Betriebes bzw. in den "Hinterzimmern" und anderen benachbarten Räumlichkeiten vermutlich illegale Prostitution stattgefunden hat.

Da der Betrieb danach unerlaubt und voraussichtlich illegal war, die Gesellschafter selbst aber polizeilich bekannt gewesen sein dürften, benötigten die Gesellschafter zur Verfolgung ihres Gesellschafterzweckes nach außen hin eine unbescholtene Person, die sich insoweit bei der IHK Leipzig für diese Aufgabe sogar fortgebildet hatte (Bescheinigung vom 12.07.2000). Diese war damit "Strohmann" bzw. "Strohfrau", weil sie zur Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse von den tatsächlichen Gaststättenbetreibern lediglich vorgeschoben war (vgl. dazu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.04.1993, Az: 4 A 3247/92). Zwar führt die Strohmann-Eigenschaft der Ast grundsätzlich dazu, dass sie auf Grund dieser Eigenschaft selbst als gaststättenrechtlich unzuverlässig gilt; denn die Unzuverlässigkeit des Strohmannes ergibt sich zwingend aus der Tatsache, dass der Hintermann selbst unzuverlässig ist (vgl.: VG Meiningen, Beschluss vom 21.01.1998, Az: 8 E 1344/97.ME). Die gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit hat indes keinen Einfluss auf sozialversicherungsrechtliche Beitragspflichten, weil es - wie aufgezeigt - auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles ankommt. Tatsächlich hat die Geschäfte aber B ... im rückwärts gelegenen Büro an einem Monitor überwacht. Der andere Gesellschafter, M ..., hat abgerechnet und gemeinsam mit S ... und B ... für die "Beschäftigung" und "Einstellung" von illegalen Prostituierten Sorge getragen. Weder war sie diesen gegenüber wenigstens gleichberechtigt, noch übte sie ein Direktionsrecht gegenüber den Beschäftigten aus.

Eine Arbeitgeber-Stellung und damit eine Beitragspflicht zur Sozialversicherung kann auch nicht in dem Umstand gesehen werden, dass die Ast als formale Gaststätteninhaberin B ... und die anderen Gesellschaftern wesentliche geschäftliche Entscheidungsbefugnise überließ; die Rechtsmacht soll durch tatsächliche Ohnmacht" nämlich nicht entfallen (vgl. dazu: SächsLSG, Urteil vom 22.03.2000, Az: L 3 AL 98/98; Anm. Holstraeter SGb 2000, 137 ff.; zum Alleingesellschafter einer GmbH, siehe auch: BSG NZS 1995, 373). Aus der Inhaberschaft allein - ohne gesellschaftsrechtliches und damit wirtschaftliches Korrelat - folgt indes nach den tatsächlichen Gegebenheiten noch keine Befugnis, die Geschicke der Gesellschaft und das Direktionsrecht gegenüber den Beschäftigten maßgeblich mitzubestimmen. Das Liebesverhältnis zu einem der Gesellschafter allein reicht hierfür nicht aus. Denn für die Eigenschaft als "Strohmann" ist es gerade wesensbestimmend, dass die aus der Inhaberschaft folgende scheinbare Rechtsmacht und die beitragsrechtlich relevanten Verhältnisse nicht übereinstimmen.

Für eine rechtsfähige Kapitalgesellschaft wie der GmbH-Gesellschaft hat das BSG in ständiger Rechtsprechung gefolgert, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer dann regelmäßig als nicht abhängig Beschäftigter anzusehen ist, wenn er entweder mindestens die Hälfte der Gesellschaftsanteile besitzt (vgl. BSG, SozR 3-4100 5 168 Nr. 18) öder/und entsprechende Rechtsmacht nach außen und innen hat, wie bsw. die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot oder eine Weisungsbefugnis gegenüber den Arbeitnehmern (vgl. bereits BSGE 13, 196 ff.) Diese Grundsätze lassen sich auf die BGB-Gesellschaft insoweit übertragen: Weder hatte die Ast auf Grund fehlender Anteile am Gesellschaftsvermögen bestimmenden wirtschaftlichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, noch war sie allein oder überwiegend gegenüber den im " ..." Beschäftigten weisungsbefugt. Ein arbeitnehmertypisches Abhängigkeitsverhältnis zum "Strohmann" besteht regelmäßig nicht.

Zwar weist die Ag zu Recht darauf hin, dass die Ast - und nicht die Gesellschafter - nach außen hin als Inhaberin der Gaststätte fungiert hat; dies ist indes - wie ausgeführt - nicht entscheidend. Vielmehr ist darauf abzustellen, wer tatsächlich die Geschäfte der Gaststätte bestimmt hat. Nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlung ist indes davon auszugehen, dass B ..., M ... und S ... eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft) gegründet haben und - um das " ..." überhaupt betreiben zu können - die Ast als Erlaubnisnehmerin zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks nur vorgeschoben haben.

Entgegen der Rechtsansicht der Ag reicht es somit nicht aus, dass die Ast rechtlich als Inhaberin die Gaststätte betrieben und Bescheide des Ordnungsamtes hingenommen hat. Vielmehr ist entscheidend darauf abzustellen, wer im " ..." tatsächlich "das Sagen" gehabt hat. Ausweislich des Ergebnisses der polizeilichen Ermittlungen war aber davon auszugehen, dass die Gesellschafter gemeinschaftlich handelnd das " ..." wirtschaftlich unterhalten haben, während die Ast selbst lediglich als "Strohfrau" agierte, ohne hieraus einen nachgewiesenen überwiegenden wirtschaftlichen Eigennutz gezogen zu haben.

Wenngleich die Ast anfangs selbst die Einweisung zumindest einer Bardame in das Geschäft vorgenommen haben sollte, war dies von einem - noch nicht geklärten Zeitpunkt an - nicht mehr der Fall. Der überwiegende Teil des Geschäftsumsatzes dürfte im Übrigen nicht im Getränkeverkauf durch die von der Ast möglicherweise angeleiteten Bardamen, sondern in der Prostitution liegen. Für die illegalen Geschäftspraktiken, d. h. der Einstellung und Beschäftigung von vermutlich illegal eingereisten Prostituierten, trug grundsätzlich vielmehr einer der Gesellschafter Sorge, ebenso für deren Unterbringung. Ein "faktisches Arbeitsverhältnis" zu den Beschäftigten wurde mithin nicht von der Ast, sondern allenfalls von den Gesellschaftern begründet.

Von einer "Weisungsbefugnis" der Ast gegenüber den durch Beitragsbescheid in Anspruch genommenen Personen war somit nicht auszugehen. Während die Ast anfangs nur am Wochenende tätig war, d. h. unter der Woche keinen Einfluss auf die Einnahmen und die dort Beschäftigten ausüben konnte, weil sie selbst das Geschäft " ..." in L ... betrieb, war sie von einem nicht mehr geklärten Zeitpunkt an nur noch sporadisch in der Gaststätte anzutreffen. Dies geht aus der Aussage der vom BGS zeugenschaftlich einvernommenen ... S ... hervor. Dass sie die Ast aufgefordert habe, "nicht die Füße hochzulegen und ständig mit dem Handy zu telefonieren", lässt nicht auf einen bestimmenden Einfluss der Ast auf die Art und Weise der Berufsausübung durch die Zeugin schließen.

Bei Kontrollen durch das Ordnungsamt war sie mehrfach nicht vor Ort angetroffen worden. Hierfür bedurfte es der Terminsabstimmung. Dies erhärtet die Aussage, dass sie anfangs nur am Wochenende, später überhaupt nicht mehr, im Lokal anwesend war. Die fehlende Präsenz lässt jedoch auf ein tatsächlich nicht vorhandenes Weisungsrecht gegenüber den Beschäftigten schließen. Da auch mangels Gesellschaftsanteils die mit der Arbeitgebereigenschaft regelmäßig verbundene Wirtschaftsmacht fehlte, erweist sich der angegriffene Beitragsbescheid als voraussichtlich rechtswidrig, so dass dem Antrag stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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