S 83 KR 6061/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
83
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 83 KR 6061/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 300,00 EUR festgesetzt. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 EUR aus der Prüfung der stationären Aufenthalte des bei der Beklagten ge-setzlich krankenversicherten X I (Versicherter).

Der Versicherte wurde vom 27.04.2016 bis zum 06.05.2016 im Krankenhaus der Klägerin behandelt. In der Zeit vom 17.05.2016 bis zum 21.05.2016 kam es sodann zu einem wei-teren vollstationären Aufenthalt des Versicherten im klägerischen Krankenhaus. Am 14.06.2016 stellte die Klägerin der Beklagten den ersten Aufenthalt in Rechnung, wo-raufhin diese eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) wegen einer sekundären Fehlbelegungsprüfung einleitete. Mit Gutachten vom 28.09.2016 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass der letzte Belegtag medizinisch nicht begründet gewesen sei. Gestützt auf dieses Gutachten forderte die Beklagte einen Be-trag in Höhe von 323,83 EUR zurück. Die Klägerin erkannte das Ergebnis der Begutach-tung an und beglich die Rückforderung am 04.10.2016.

Am 19.10.2016 stellte die Klägerin der Beklagten die Kosten für den zweiten Aufenthalt in Rechnung. Diese leitete eine weitere Prüfung durch den MDK ein. In der Prüfanzeige vom 14.12.2018 wies der MDK auf eine Erweiterung des Prüfgegenstandes nach § 6 Prüfverfahrensvereinbarung vom 03.02.2016 (PrüfvV a. F.) sowie auf folgende Fragestel-lungen hin:

- Ist die getrennte Abrechnung der Behandlungsfälle unter Anwendung der Wie-deraufnahmeregelung der FPV korrekt? - Handelte es sich bei den Behandlungen vom 27.04. bis 06.05. und vom 17.05. bis 21.05.2016 um einen Behandlungsfall, sodass die Fälle gemäß Rechtsprechung zusammenzuführen sind?

Am 14.03.2019 bestätigte der MDK die getrennte Abrechnung. Basis der Begutachtung waren dabei die Krankenakte des ersten Aufenthaltes, welche seit dem 28.09.2016 vor-lag, sowie die Unterlagen des zweiten Aufenthaltes, welche seit dem 14.03.2019 vorla-gen. Sodann zahlte die Beklagte an die Klägerin eine Aufwandspauschale für die zuletzt durchgeführte Prüfung. Mit Rechnung vom 02.07.2019 forderte die Klägerin die Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 EUR für die erneute Prüfung des ersten Aufenthaltes/der ersten Rechnung. Die Beklagte verweigerte jegliche Zah-lung.

Mit ihrer am 21.10.2019 bei Gericht eingegangen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begeh-ren auf Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale weiter. Durch die erneute Befas-sung und Übersendung von Unterlagen sei ein zusätzlicher Aufwand entstanden. Die zweite MDK-Prüfung stelle ein neues Prüfverfahren hinsichtlich des ersten Aufenthaltes dar. Unter Berücksichtigung des Wortlautes von § 275 Abs. 1c S. 4 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – in der Fassung vom 23.12.2016 (SGB V a. F.) löse "jede Prüfung" der Ab-rechnung eines Krankenhauses eine Aufwandpauschale aus. Dies treffe auch auf eine Zweitprüfung zu.

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Erwiderung verweist sie darauf, dass die Klägerin für die zweite Prüfung einmal eine Aufwandpauschale erhalten habe. Eine weitere Pauschale stehe ihr daneben nicht zu.

Im Verhandlungstermin vom 05.08.2020 sind die Beteiligten nicht erschienen. Vorab ha-ben sie jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung in Abwesenheit erteilt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genom-men auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beteiligten. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Kammer konnte trotz des Fernbleibens der Beteiligten im Termin entscheiden. Diese wurden nach § 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ordnungsgemäß geladen.

Die Klage ist als Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale steht der Klägerin jedoch nicht zu, da die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V a. F. vorliegend nicht erfüllt sind.

Nach § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V a. F. hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Auf-wandspauschale in Höhe von 300,00 EUR zu entrichten, falls die Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt. Nach der Vor-schrift ist eine Aufwandspauschale zu zahlen, wenn eine gezielte Beauftragung des MDK mit einer Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1c S. 1 und S. 4 SGB V a. F. vorliegt, dem Krankenhaus ein tatsächlicher Aufwand entstanden ist, eine Minderung des Rechnungsbetrages aufgrund der Prüfung nicht erfolgt ist und das Krankenhaus im Übrigen keine Veranlassung für das Prüfverfahren gegeben hat (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2010, Az.: B 1 KR 1/10 R; BSG, Urteil vom 28.11.2013, Az.: B 3 KR 4/13 R, zit. nach juris).

Zur Überzeugung der Kammer fehlt es bereits an einer (weiteren) Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1c S. 1 und S. 4 SGB V a. F. (hierzu 1) sowie an einem (zusätzli-chen) tatsächlichen Aufwand (hierzu 2).

1. Unter Berücksichtigung des Wortlautes "jede Prüfung der Abrechnung eines Kran-kenhauses" (§ 275 Abs. 1c S. 4 SGB V a. F.) kann auch eine erneute Prüfung eines Auf-enthaltes bei einer Erweiterung des Prüfgegenstandes im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 6 PrüfvV a. F. die Zahlung einer (ggf. erneuten) Aufwandspauschale auslösen. Anders liegt der Fall jedoch, wenn – wie hier – die Überprüfung eines bereits geprüften Erstau-fenthaltes unter einer Erweiterung des Prüfgegenstandes innerhalb der Prüfung eines zweiten Aufenthaltes mit der Fragestellung eines unzulässigen Fallsplittings erfolgt.

Dabei geht die Kammer entsprechend des Wortlautes "jede Prüfung einer Abrechnung" davon aus, dass für das Auslösen einer Aufwandspauschale nicht auf die Anzahl der geprüften Aufenthalte, sondern auf die Anzahl der Prüfungen einer Abrechnung unter Berücksichtigung des Prüfgrundes abzustellen ist. Sofern die Klägerin meint, dass im Zusammenspiel von § 275 Abs. 1c S. 4 SGB V a. F in Verbindung mit § 6 Abs. 3 S. 6 PrüfvV a. F "jede Prüfung(serweiterung)" automatisch eine Aufwandspauschale auslöst, so kann dem nicht gefolgt werden. Schließlich ist in § 6 Abs. 3 S. 5-6 PrüfvV a. F. nur von einer Erweiterung des Prüfgegenstandes die Rede. Es wird also grundsätzlich im Rah-men des § 6 Abs. 3 S. 5-6 PrüfvV a. F. keine neue Prüfung eingeleitet, sondern der Um-fang/der Gegenstand einer bereits eingeleiteten Prüfung erweitert. Dies bedeutet, dass für die streitgegenständlichen Aufenthalte des Versicherten im Krankenhaus der Kläge-rin insgesamt zwei Abrechnungsprüfungen – sekundäre Fehlbelegung im Rahmen des ersten Aufenthaltes (erste Abrechnungsprüfung) sowie eine Fallzusammenführung des ersten und zweiten Aufenthaltes (zweite sachlich-rechnerische Abrechnungsprüfung) – erfolgt sind. Dabei hat die zweite Prüfung zu keiner Minderung der Abrechnung geführt und hat daher einmalig die Pflicht zur Zahlung einer Aufwandspauschale ausgelöst. Dieser Zahlungsverpflichtung ist die Beklagte auch nachgekommen. Die Pflicht zur Zah-lung einer weiteren Aufwandspauschale besteht daneben nicht mehr.

Die Kammer verkennt bei diesem Verständnis nicht, dass bei der MDK-Prüfung unter dem Gesichtspunkt der Fallzusammenführung immer zwei Aufenthalte zu prüfen sind und daher in der Regel aufgrund der Übersendung größerer Aktenmengen bzw. sogar von zwei getrennten Patientenakten ein höherer Aufwand auf Seiten des Krankenhau-ses gegenüber einer Abrechnungsprüfung nur eines Aufenthaltes entsteht bzw. entste-hen kann. Dies vermag die Kammer jedoch nicht von einem anderen Verständnis zu überzeugen, da der Umfang des Aufwandes mit der Aufwandspauschale gerade nicht konkret in einem aufwendigen Verfahren festzustellen ist, sondern vielmehr pauschal in Höhe von 300,00 EUR unabhängig vom tatsächlich entstandenen Prüfaufwand (Menge der Akten oder Begehung im Krankenhaus) erfolgt.

2. Selbst wenn die durchgeführte zweite MDK-Prüfung unter Einbeziehung von zwei Aufenthalten innerhalb der Prüfung einer Fallzusammenlegung eine Aufwandspau-schale pro geprüftem Aufenthalt auslösen könnte, so fehlt es streitgegenständlich an ei-nem weiteren Aufwand für das klagende Krankenhaus im Hinblick auf den ersten Auf-enthalt. Schließlich hat der MDK unter Bezugnahme auf das Gutachten vom 14.03.2019 gar kei-ne weiteren Unterlagen des ersten Aufenthaltes beigezogen, sondern auf die bereits aus der vorherigen Prüfung vorliegenden Unterlagen des ersten Aufenthaltes zurückgegrif-fen. Das Entstehen eines tatsächlichen Aufwandes im Hinblick auf den ersten Aufent-halt, welcher neben dem Aufwand der Übersendung von Unterlagen aus dem zweiten Aufenthalt noch zusätzlich zu erstatten sein soll, ist vor diesem Hintergrund nicht ersicht-lich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Unterliegen der Klägerin Rechnung.

In dem Klageverfahren gehören weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen. Damit werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichts-kostengesetzes (GKG) erhoben (§ 197 a Abs. 1 S. 1 SGG). Der Streitwert im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG ist nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeu-tung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Klage war auf Zah-lung von 300,00 EUR gerichtet. Dies ist gemäß §§ 52 Abs. 3, 43 Abs. 1 GKG als Streitwert festzusetzen.

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG grundsätzlich nicht zulässig. Der Beru-fungsstreitwert in Höhe von 750,00 EUR wird bei streitgegenständlicher Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 EUR nicht erreicht. Die Berufung ist auch nicht zuzulassen gemäß § 144 Abs. 2 SGG, weil die Rechtssache als Einzelfallentscheidung erkennbar keine grundsätzliche Bedeutung hat und von keiner Entscheidung des Lan-dessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Ge-richtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht oder auf dieser Abweichung beruht.
Rechtskraft
Aus
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