S 9 KA 300/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KA 300/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 21.04.2010 und der Bescheid der Beklagten vom 20.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 07.10.2010 über den Widerspruch über die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der Abrechnung für die Quartale 4/2009 und 1/2010 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der erfolgten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der Abrechnung für die Quartale 4/2009 und 1/2010 hinsichtlich der Ge-bührenordnungspositionen (GOP) 11320 und 11321 EBM. Der Kläger ist Facharzt für Pathologie und seit dem 01.07.1992 niedergelassen. Hinsichtlich der eingereichten Abrechnungen für das Quartal 4/2009 und 2/2010 teilte die Beklagte durch Bescheide vom 21.04.2010 und 20.07.2010 mit, dass die Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 11320 und11321 EBM nicht vergütet würden. Übereinstimmend wurde in beiden Bescheiden die folgende Begründung gegeben: "Aufgrund der Präambel zum Gebührenordnungsabschnitt 19 Punkt 5 gilt die fachliche Befähigung zur Erbringung der Leistungen entsprechend den Gebührenordnungspositio¬nen (GOP) 11320, 11321 und 11322 EBM für die in der Präambel unter 1. genannten Ärz¬te mit dem Erwerb der fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" als nach gewie¬sen. Da uns von Ihnen Herr Kollege I ein Nachweis dieser Weiterbildung nicht vorliegt, können Ihnen die GOP 11320 und 11321 EBM nicht vergütet werden."

Gegen die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen legte der Kläger Widerspruch ein, den er wie folgt begründete: "Die von der KVWL angeführte Präambel zum Gebührenordnungsabschnitt 19 Punkt 5 des EBM sei falsch. Seit der Überarbeitung der Weiterbildungsordnung 2003 sei die Mo-lekularpathologie in die Regelweiterbildung reintegriert worden und die Zusatzbezeich¬nung "fakultative Weiterbildung Molekularpathologie" entfallen. Deshalb dürfe nach der Reintegration der Molekularpathologie in die Regelweiterbildung jeder Pathologe diese Leistungen durchführen, der die entsprechenden Kenntnisse habe. Da sie, sehr geehrter Herr Kollege I, diese nicht mehr mit einer formalen Qualifikation (Bestandteil der Facharztausbildung) nachweisen könnten, hätten Sie die erforderlichen Kenntnisse im Rahmen eines mehrtätigen Tutorials "Molekularpathologie I - V", das als Modelprojekt "Freiwilliger Fortbildungsnachweis" der Ärztekammer Nordrhein anerkannt sei, erworben." Dazu übersandte der Kläger eine Kopie der Teilnahmebescheinigung mit der Bestätigung der Inhalte.

Der Prozessbevollmächtigte führte ergänzend wie folgt aus: "Ziffer 5. der Präambel zum Gebührenordnungsabschnitt 19 des EBM bestimme, dass die Befähigung zur Erbringung der Leistungen nach den GOP 11320, 11321 und 11322 EMB mit dem Erwerb der fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" als nachgewiesen gelte." Der Inhalt der ursprünglichen fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" sei nun¬mehr wieder Gegenstand der Facharztweiterbildung. Die Kriterien und Kenntnisse würden also im Rahmen der Facharztweiterbildung vermittelt. Entsprechend Ziff. 1.3 der allgemei¬nen Bestimmungen bedeute dies, dass die Erbringung der GOP 11320, 11321 und 11322 EBM nunmehr den Erwerb des Facharztes für Pathologie voraussetze. Ziff. 5. der Präam¬bel sei entsprechend der Ziffer 1.3 der Allgemeinen Bestimmungen dahingehend auszule¬gen, dass die Kenntnisse zur Abrechnung der vorgenannten Gebührenordnungspositio¬nen mit dem Erwerb der Qualifikation als Facharzt für Pathologie nachgewiesen seien. Zusätzlich habe der Kläger mit der Bescheinigung über die Teilnahme am Tutorial "Mole¬kularpathologie I - V" vom 19.10.2002 sowie die eingereichte Praktikumsbescheinigung nachgewiesen, dass er die Kenntnisse der ehemaligen fakultativen Weiterbildung erfülle.

Durch Widerspruchsbescheid vom 07.10.2010 wurden die zulässigen Widersprüche des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

Im Widerspruchsbescheid wurde ausgeführt, dass die Entscheidung der Verwaltungsstelle Münster nicht zu beanstanden sei. Die Beklagte führte die Abrechnungen gemäß den ge¬setzlichen und gebührenordnungsmäßigen Bestimmungen, an welche sie gebunden sei, durch. Aufgrund der Präambel zum Gebührenordnungsabschnitt 19.5 des EBM gilt die fachliche Befähigung zur Erbringung der humangenetischen Leistungen entsprechend der GOP 11320, 11321 und 11322 EBM für die in der Präambel unter 1. genannten Ärzte mit dem Erwerb der fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" als nachgewiesen. Der Kläger sei seit dem 01.07.1992 niedergelassen. Die zu diesem Zeitpunkt gültige Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (später Beigeladene zu 1) be¬sagte, dass zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Molekularpathologie" eine Weiterbil¬dung von einem Jahr an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 8 Abs. 1 der Weiterbildungs¬ordnung nachgewiesen werden musste. Angerechnet werden konnte 1/4 Jahr Molekular¬pathologie während der Weiterbildung im Gebiet "Pathologie". Diesen Nachweis habe der Kläger nicht erbracht. Die von ihm vorgelegte Bescheinigung über ein zweitätiges IAP-Praktikum sei zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Molekular¬pathologie" somit nicht ausreichend.

Daher seien die Absetzungen erfolgt.

Der Kläger erhob rechtzeitig Klage und hat damit sein Begehren weiterverfolgt. Der Kläger ist der Auffassung, dass zwar Ziffer 19.5 der Präambel zum Gebührenord-nungsabschnitt 19 des EBM bestimme, dass die Befähigung zur Erbringung der Leistungen entsprechend den GOP 11320, 11321 und11322 EBM mit dem "Erwerb der fakultativen Weiterbildung Molekularpathologie" als nachgewiesen gelte. Diese Bestimmung sei entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch nicht ausschlie߬lich, sondern regele nur, dass jedenfalls mit dem Erwerb der fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" die Befähigung zur Erbringung dieser Leistung als nachgewiesen gelte. Dies schließe nicht aus, die Befähigung zur Erbringung dieser Leistungen auf andere Weise nachzuweisen. Hierzu gehören beispielsweise die vom Kläger vorgelegten Befähigungsnachweise.

Die fakultative Weiterbildung "Molekularpathologie" sei nach der Weiterbildungsordnung 2003 Gegenstand der Ausbildung zum Facharzt für Pathologie. Dies bedeute, wer Facharzt für Pathologie sei, habe damit auch de jure die fakultative Weiterbildung "Molekularpathologie" abgeschlossen und sei damit im Sinne von Ziff. 19.5 der Präambel zum Ge-bührenordnungsabschnitt 19 zur Abrechnung der streitigen Gebührenordnungsposition berechtigt. Ziff. 1.3 der allgemeinen Bestimmungen des EBM bestimme, dass Gebührenordnungspositionen, deren Berechnung an ein Gebiet, eine Schwerpunktkompetenz (Teilgebiet), eine Zusatzweiterbildung oder sonstige Kriterien gebunden sei, das Führen der Bezeichnung, der darauf basierenden Zulassung oder genehmigten Anstellung und Erfüllung der Kriteri¬en voraussetze.

Mit dem Führen der Bezeichnung "Facharzt für Pathologie" seien damit die Voraussetzungen für die Berechnung der Gebührenordnungspositionen gegeben, weil der Kläger die Facharztausbildung besitze und damit die Kriterien der Facharztausbildung erfüllt seien. Zusätzlich habe der Kläger mit einer Bescheinigung über die Teilnahme am Tutorial "Mo-lekularpathologie I -V" vom 19.10.2002 sowie die eingereichte Praktikumsbescheinigung die Kenntnisse der ehemaligen fakultativen Weiterbildung bzw. die Kenntnisse zum Nachweis der Abrechnungsbefähigung der streitigen Gebührenordnungspositionen im Sinne von Ziff. 19.5 der Präambel zum Gebührenordnungsabschnitt 19 nachgewiesen. Soweit die Beklagte meine, dass die theoretische Ausbildung nicht infrage zu stellen sei, sondern der Auffassung sei, dass die eingereichte Praktikumsbescheinigung nicht die zeitlichen Anforderungen erfülle, die seinerzeit zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Mo¬lekularpathologie" notwendig gewesen seien, müsse diesbezüglich allerdings darauf hin¬gewiesen werden, dass die langjährige berufliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Pathologie bzw. Molekularpathologie als Äquivalent anzusehen sei.

Nach der Reintegration der Molekularpathologie in die Regelweiterbildung eines jeden Pathologen dürfe nach der klägerischen Auffassung jeder Facharzt für Pathologie die Leistungen durchführen. Da ein Facharzt für Pathologie heute keine formale Qualifikation mit dem Erwerb einer fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" nachweisen könne, seien andere Fortbildungsnachweise als ausreichend anzusehen, wie z. B. die von ihm hier vorgelegten Nachweise. Er habe somit die erforderlichen Kenntnisse in der Moleku¬larpathologie nachgewiesen und zwar unabhängig davon, ob er die ehemals gültige Be¬zeichnung "fakultative Weiterbildung Molekularpathologie" erworben habe.

Ergänzend wies der Kläger darauf hin, dass die Rechtsauffassung der Ärztekammer Westfalen-Lippe in vollem Umfang seine Auffassung zur Abrechnungsberechtigung stütze. Im Schreiben der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 24.07.2013 wurde ausgeführt: "Die aktuell gültige Weiterbildungsordnung (WBO) vom 09. April 2005 in der Fassung vom 1. Januar 2012 der Ärztekamme Westfalen-Lippe zählt unter den Inhalten der Basiswei¬terbildung für die Facharztkompetenzen Pathologie und Neuropathologie u. a. die speziellen Methoden der morphologischen Diagnostik bis einschließlich der Immunhistochemie, der Morphometrie, der Molekularpathologie, z. B. Nukleinsäure- und Proteinuntersuchungen und der Zytogenetik. Damit fielen die Leistungen nach EBM 11320 - 11322 in das Gebiet der Pathologie." Dazu teilte die Beklagte unter dem 10.12.2013 Folgendes mit. "Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in erster Linie der Wortlaut der Regelung im EBM maßgeblich. Nach dem ab 01.04.2005 geltenden EBM2000plu seien die abrechnungsfähigen Leistun¬gen drei Bereichen zugeordnet, die als arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen, arztgruppenspezifische Leistungen bzw. arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen überschrieben sind.

Die im vorliegenden Verfahren sachlich-rechnerisch richtiggestellten GOP 11320 und 11321 EBM gehörten zu den arztgruppenspezifischen Leistungen (hier: humangenetische Leistungen). Der Kläger sei seit dem 01.07.1992 niedergelassen. Nach der zu diesem Zeitpunkt gülti¬gen Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe wäre die Molekularpathologie nicht Bestandteil der Basisweiterbildung für die Fachkompetenz Pathologie gewesen. Vielmehr besagte die damals gültige Weiterbildungsordnung, dass zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Molekularpathologie" eine Weiterbildung von einem Jahr an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 8 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung nachgewiesen werden musste. Angerechnet werden konnte ein halbes Jahr "Molekularpathologie" während der Weiterbildung im Gebiet Pathologie. Im Ergebnis habe der Kläger diesen Nachweis nicht erbracht, denn die von ihm aufgeführten und belegten Tätigkeiten seien weder zeitlich noch inhaltlich gleichwertig mit denen in der fakultativen Weiterbildung noch mit denen in der Fachweiterbildung nach der aktuellen Weiterbildungsordnung vom 09.04.2005 in der Fassung vom 01.01.2012 vermittelten Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten. Insofern läge keine fachliche Befähigung des Klägers nach Nr. 5 der Präambel des Kapitels 19 vor. Dies stelle eine zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz dar und griffe nicht in den Zulassungsstatus der Arztgruppe des Klägers ein. Ein solcher Eingriff sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur gegeben, wenn Regelungen den Vertragsarzt von der Erbringung bzw. Berechnungsfähigkeit solcher Leistungen ausschließen, die für sein Fachgebiet wesentlich seien. Die Leistungen nach dem GOPn 11320 und 11321 EBM seien für die pathologische Praxis nicht in dem Sinne prägend, dass die pathologische Tätigkeit nicht ohne die Erbringung dieser Leistung vollwertig ausgeübt werden könnte. Für die Frage, ob Leistungen aus einem bestimmten Kapitel des EBM für ein medizinisches Fachgebiet wesentlich und prägend seien, seien nicht auf die einzelne Arztpraxis abzustellen. Der "Nachweis oder Ausschluss einer krankheitsrelevanten oder krankheitsauslösenden genomischen Mutation mittels Hybridisierung menschlicher DANN" oder "mittels Amplifikation menschlicher DNA mittels Polymerase-Kettenreaktion" gehören nicht zum Kernbereich der pathologischen Tätigkeit. Aus diesem Grunde sei die Abrechnung des Klägers zulässigerweise sachlich-rechnerisch richtiggestellt worden."

Der Auffassung der Beklagten, dass eine Abrechnung nur nach dem Erwerb der fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" möglich sei, entgegnete der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass die Auffassung falsch sei. Die Beklagte habe übersehen, dass Nr. 9 der Präambel zu Kapitel 19 EBM bestimme: "Außer den in diesem Kapitel genannten Gebührenordnungspositionen sind bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von den in der Präambel genannten Vertragsärzten - unbeschadet der Regelung gemäß 5 und 6.2 der Allgemeinen Bestim¬mungen - zusätzlich nachfolgende Gebührenordnungspositionen berechnungsfähig: Ge¬bührenordnungsposition des Abschnitts 11.3." Die Regelung in Nr. 9 der Präambel zu Kapitel 19 EBM weise also darauf hin, dass die streitgegenständlichen Gebührenordnungspositionen abrechenbar seien bei Vorliegen "entsprechender Qualifikationsvoraussetzungen". Aus der Systematik der Präambel ergä¬be sich, dass dieser Begriff weiter auszulegen sei als die Qualifikationsvoraussetzungen in Nr.5 der Präambel des Kapitels 19 EBM. Was eine "entsprechende Qualifikation" sei, sei anhand fachärztlicher Kriterien zu entscheiden. Auch berufliche Erfahrungen und das bisherigen Tätigkeitsspektrum des Arztes seien einzubeziehen.

Bereits mit der Fachartqualifikation, deren Gegenstand nach der nunmehr geltenden Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe nunmehr auch die Molekularpathologie sei, habe der Kläger eine "entsprechende Qualifikation" nachgewiesen. Dieses wird ergänzt durch die weiter vorgelegten Qualifikationsnachweise im Fach Molekularpathologie sowie die bisherige Abrechnungsbefugnis des Klägers für die hier streitgegen¬ständlichen Gebührenordnungspositionen. Damit seien die Qualifikationsnachweise letzt¬lich auch von der Beklagten anerkannt worden.

Darüber hinaus sei für die "entsprechende Qualifikation" entscheidend, dass im pathologi¬schen Institut des Klägers seit dem Jahr 2005 eine Abteilung Molekularpathologie etabliert und akkreditiert sei. In dieser Abteilung seien molekularpathologische Untersuchungen in nicht unerheblicher Menge durchgeführt worden. Darüber hinaus habe das Institut in den letzten Jahren an den Ringversuchen der Deut¬schen Gesellschaft für Pathologie mit Erfolg teilgenommen. Die Beklagte habe damit lediglich die Qualifikation gemäß Nr.5 der Präambel zu Kapitel 19 EBM geprüft aber nicht geprüft, ob eine entsprechende Qualifikation zur Abrechnung der Gebührenordnungsposition des Abschnittes 11.3 entsprechend den Nr. 9 der Präam¬bel 19 EBM vorgelegen habe. Die Beurteilung, ob ein Arzt befähigt sei, bestimmte Leistungen abzurechnen, sei eine ärztliche Frage. Diese Beurteilung werde nicht von der Beklagten als Kassenärztliche Vereinigung vorgenommen, sondern von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Im vorliegenden Fall gäbe es eine Empfehlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an die Kassenärztlichen Vereinigungen, dass den so genannten "Alt Pathologen" die Abrechnung der molekularpathologischen Leistungen erlaubt sein soll, wenn die Voraussetzun¬gen vorliegen, die vom Bundesverband Deutscher Pathologen und der Deutschen Gesellschaft für Pathologie definiert worden seien. Deren übereinstimmende Beurteilung zur "Qualifikation Molekularpathologie" vom 08.07.2011 werde als Anlage beigelegt. Darin heiße es, dass an einer Qualifikation zur Erbringung molekularpathologischer Leistungen kein Zweifel anzunehmen sei, wenn die selbstständige Erbringung von mindestens 50 Fällen molekularpathologischer Leistungen nachgewiesen worden seien. Anhang der vorliegenden Tabelle sei nachgewiesen, dass der Kläger ein Vielfaches hiervon erbracht habe.

Selbst wenn man sich auf den - fehlerhaften - Standpunkt der Beklagten einließe, wäre die Streichung der streitgegenständlichen Gebührenordnungspositionen nicht gerechtfertigt, weil dies einen unzulässigen Eingriff in die Berufsausübung des Klägers und somit einer Verletzung seiner Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG darstellte. Im Endergebnis handele es sich um eine für das Fachgebiet der Pathologie wesentliche Leistung. Vom Tätigkeitsspektrum einer modernen Pathologie seien die hier streitgegenständlichen Untersuchungen sowohl in der Diagnostik als auch in der prädiktiven Pathologie für den Erfolg bestimmter Therapieansätze, z. B. hemmende Medikamente der Wachstumsfaktoren, von elementarer Bedeutung. Die molekularpathologischen Methoden gehören heute wie die Immunhistochemie und Morphometrie zu den gängigen Untersu¬chungsverfahren in der pathologischen Praxis. Bereits dadurch, dass die frühere Weiterbildung zur Erlangung der Zusatzbezeichnung Molekularpathologie in die so genannte Basisweiterbildung für die Facharztkompetenz Pathologie eingegliedert worden sei, sei klargestellt worden, dass es sich bei den Leistun¬gen der Molekularpathologie um wesentliche Leistungen der Pathologie handelt, nicht nur um Randleistungen. Darüber hinaus habe die Beklagte selbst bisher den Standpunkt vertreten, dass moleku-largenetische Untersuchungen zu den Standarduntersuchungen des Fachgebietes Patho¬logie gehörten, die im Rahmen der Facharztweiterbildung zu vermitteln seien. Soweit es sich aber um Standarduntersuchungen handele, dürfte klar sein, dass diese für das Fach¬gebiet wesentlich seien. Bei diesem Diskussionsstand hat Beklagte mit Schreiben vom 17.11.2014 zur Kenntnis gegeben, dass sie zwischenzeitlich die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) um eine Beurteilung der vom Kläger dargelegten molekularpathologischen Qualifikation gebeten habe. Die ÄKWL habe daraufhin mitgeteilt, dass sie nicht beurteilen könne, ob die Molekularpathologie Gegenstand der Facharztanerkennung des Klägers vom 05.02.1986 durch die Landesärztekammer Bayern zu Grunde liegende Weiterbildungsordnung gewesen wäre, da ihr hierzu keine Informationen vorlägen. Solche Fachärzte für Pathologie, die ihre Facharztanerkennung nach einer Weiterbildungsordnung erworben hätten, die das Fachgebiet "Molekularpathologie" nicht umfasste, könnten aber bei der ÄKWL eine sogenannte "Kompetenzprüfung Molekularpathologie" ablegen. Die Zulassung zu dieser Prüfung erfolge jedoch nur, wenn entsprechende - von der ÄKWL zu prüfende - Voraussetzungen erfüllt würden. Diese Voraussetzungen sind in dem Schreiben der ÄKWL vom 14.11.2014 vom Ressort für Aus- und Weiterbildung zusammengefasst worden. Im Erörterungstermin vom 20.11.2014 hat das Gericht deutlich gemacht, dass es sich der Qualifikationsprüfung des Klägers zur Frage der Molekularpathologie unmittelbar anneh¬men möchte. Gleichzeitig soll aber auch eine Materialsammlung eingereicht werden und im Übrigen die Ärztekammer Westfalen-Lippe im Gebiet des ärztlichen Berufsrechts und der Weiterbildung beigeladen werden.

Dementsprechend ist auch in der Folgezeit verfahren worden. Nach der Beiziehung der angesprochenen Unterlagen hat sich die ÄKWL als Beigeladene zu 1) zur Frage der Fachgebietszuordnung von molekularpathologischen Untersuchungen geäußert. Entscheidend bei der Frage der Fachgebietszuordnung könne nach Auffassung der ÄKWL nicht auf den Zeitpunkt des Erwerbs einer Facharztanerkennung abgestellt werden. Über die Verpflichtung zur lebenslangen Fortbildung müssen Ärztinnen und Ärzte gewährleisten, ihren Beruf stets auf der Höhe des verfügbaren ärztlichen Wissens auszuüben. Dies gelte auch und insbesondere, wenn sich neue Untersuchungsverfahren etablieren. Molekularpathologische Untersuchungen seien ein Beispiel dafür, wie ein Gebiet - in diesem Fall das Fachgebiet Pathologie - durch neue Untersuchungsverfahren erweitert wurde. Daher sei die mit Schreiben der Bundesärztekammer vom 24.04.2015 an den Berufsverfahren Deutscher Pathologen geäußerte Einschätzung, molekularpathologische Untersuchungen gehören in das Fachgebiet "Pathologie" zu teilen. Auf Anregung der Beklagten im Schriftsatz vom 07.03.2016 wurden die Partner der Bun-desmantelverträge, nämlich die Kassenärztliche Bundesvereinigung einerseits und der Spitzenverband der Krankenkassen andererseits als Beigeladene zu 2) und 3) in das Ver¬fahren aufgenommen. Mit Anschreiben des Gerichts vom 10.05.2016 wurden die Beigela¬denen zu 2) und 3) zur Stellungnahme aufgefordert. Die Beigeladene zu 3) hat im Schriftsatz vom 13.06.2016 mitgeteilt, dass sie die Auffassung der Beklagten, wonach auf den Wortlaut in Nr. 5 der Präambel zum Kapitel 9 abzustellen sei, teile. Diese Voraussetzungen seien nicht nachgewiesen.

Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass auch systematische Erwägungen für die Auf¬fassung der Beklagten spräche, denn wenn alle Fachärzte für Pathologie als Teil ihrer Facharztausbildung die fachliche Befähigung zur Erbringung der Leistungen gemäß den GOP 11320, 11321 und11322 EBM hätten, wäre die Regelung in Nr. 5 der Präambel zum Kapitel 19 EBM insoweit überflüssig. Vor dem Termin im Sozialgericht Dortmund am 14.07.2016 stellte der Prozessbevollmächtigte für den Kläger noch einmal dar, dass die Formulierung in der Einleitung zu Kapitel 19.1 gegenüber der Darstellung der Beigeladenen zu 3) nicht ausschließe, dass nicht auch Ärzte, die auf andere Weise umfassende molekularbiologische Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben hätte, die oben genannten Gebührenordnungspositionen erbringen können. Diesen Kenntniserwerb hat auch die Bundesärztekammer im Schreiben vom 24.04.2015 an den Berufsverband Deutscher Pathologen zum Ausdruck gebracht. Dem hat sich die Beigeladene zu 3) anschlossen. Nur am Rande sei erwähnt, dass andere Kassenärztliche Vereinigungen (z. B. Hamburg und Niedersachsen) in ihrem Bereich bei Vorliegen identischer Qualifikation wie der des Klägers, eine Berechtigung zur Abrechnung der oben genannten Gebührenordnungszif¬fern gegenwertig aussprechen und in der Vergangenheit ausgesprochen hätten. Es könne allerdings nicht sein, dass es vom Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung abhänge, wie identische Sachverhalte bewertet würden.

Weiterhin wurde zwischen den Beteiligten über die Frage der Durchführung einer so genannten "Kompetenzprüfung Molekularpathologie" bei der Ärztekammer als gleichwertige fachliche Befähigung der Regelung im Rahmen der Präambel zum Abschnitt 19.4 EBM (alt und neu) diskutiert. Im Rahmen des Kammertermins am 14.07.2016 hat der Vorsitzende nach eingehender Beratung mit den ehrenamtlichen Richterin mitgeteilt, dass die Kammer als Fachkammer zusammengetreten ist und die Erklärung des Vorsitzenden aus dem Erörterungstermin vom 20.11.2014 eingehend rechtlich und auch fachmedizinisch überprüft worden sei. Dies führte zu dem Ergebnis, dass die seinerzeitige Erklärung nicht mehr aufrechterhalten sondern zurückgezogen werde. Auf dieser Grundlage hat der Vorsitzende weiterhin erklärt im Termin am 14.07.2016: "Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 17.11.2014 mitgeteilt hat, kann an der Stelle des Nachweises auf dem Fachgebiet der "Molekularpathologie" bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe eine sogenannte "Kompetenzprüfung zur Molekularpathologie" abgelegt werden. Die Kriterien der Ärztekammer Westfalen-Lippe ergeben sich dabei zumindest im Ansatz aus dem Begleitschreiben des Ressort Aus- und Weiterbildung am 14.11.2014, das als Anlage dem Schreiben der Beklagten vom 17.11.2014 beigefügt war.

Insgesamt meint die Kammer, dass sie nicht an die Stelle der dazu aufgerufenen und be¬stimmten Organisationen zur Feststellung der Qualifikation des Klägers treten kann. Im Rahmen des Termins wurde die Beigeladene zu 1) dazu aufgefordert, die vorliegenden Unterlagen und den gesamten Akteninhalt daraufhin zu überprüfen, ob ein entsprechen¬der Qualifikationsnachweis bei dem Kläger vorliegt, sofern sie nicht die Kompetenzprüfung "Molekularpathologie" in angemessener und d. h. kurzer Zeit terminieren würde. Darauf hat der Kläger erklärt "Ich werde mich der Kompetenzprüfung "Molekularpathologie" bei entsprechender Einla¬dung unterziehen." Dazu erkläre der Vertreter der Beklagten abschließend: "Die Zusage, dass der Kläger den entsprechenden Qualifikationsnachweis erfüllt hat, wenn er die Kompetenzprüfung "Molekularpathologie" abgelegt hat und diese als gleichwertiger Qualitätsnachweis anerkannt wird, gilt gemäß des Schriftsatzes vom 12.07.2016 weiterhin und wurde auch schon im Schriftsatz vom 17.11.2014 so erklärt." Im Rahmen des Verhandlungstermins am 14.07.2016 haben der Prozessbevollmächtigte des Klägers und der Vertreter der Beklagten erklärt: "Wir sind mit einer Entscheidung der Kammer im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden."

Der Kläger beantragt:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 21.04.2010 und der Bescheid der Beklagten vom 20.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 07.10.2010 über den Widerspruch über die sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Abrechnung für die Quartale 4/2009 und 1/2010 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens."

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt:

"Es wird beantragt, die Klage abzuweisen."

In der Nachfolge des Termins hat die Beklagte vorgetragen, dass sie ihrer Auffassung nach durch die Neufassung des EBM an der bisherigen Bewertung der Rechtslage festhalte. Das Gericht hat in der Folgezeit alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es zur Durchführung einer "Kompetenzprüfung Molekularpathologie" kommen konnte. Diese sollte nach den ursprünglichen Absprachen am 10.09.2016 erfolgen. Im Schreiben der beigeladenen Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 05.09.2016 wurde Bezug genommen auf den Überprüfungsantrag, den die 9. Kammer in der Sitzung am 14.07.2016 formuliert hatte und zwar dahingehend zu überprüfen, ob ein entsprechender Qualifikationsnachweis bei dem Kläger vorliegt. Dazu hat die Beigeladene zu 1) sämtliche Unterlagen geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, als die für die ärztliche Fortbildung und Weiterbildung zuständige Institution, dass der Kläger seiner Fortbildungsverpflichtung nachgekommen sei und qualifiziert sei, als Facharzt für Pathologie molekularpathologische Untersuchungen durchzuführen. Zutreffend sei, so die Darstellung der Ärztekammer Westfalen-Lippe, dass zwar die Weiterbildungsordnung im Jahre 1986 molekularpathologische Untersuchungen noch nicht als Bestandteil des Fachgebietes Pathologie vorgesehen hatte. Dieses läge aber in der Natur der Sache: Der Stand des Wissens in der Medizin - insbesondere bei der hier zur Diskussion stehenden Molekularpathologie, sei äußerst dynamisch und schreite rasch voran. Aus diesem Grunde gäbe es die berufsrechtliche Verpflichtung zur kontinuierlichen Fortbildung. Seit Inkrafttreten der Weiterbildungsordnung vom 09.04.2005 sei die Moleku¬larpathologie aber Kernbestandteil des Gebietes Pathologie (keine Fachkunde mehr). Hierbei gelte, was der 6. Senat des Bundessozialgerichtes in seiner Entscheidung vom 29.09.1999 (Az.: B 6 KA 38/98) festgestellt habe: "Bei der Bindung an das Fachgebiet und der damit verbundenen Beurteilung der Fachfremdheit einer Leistung ist allerdings jeweils zu beachten, dass Vertragsärzte - gleich auf welcher Regelungsebene - aus verfas¬sungsrechtlichen Gründen (Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz) nicht von der Honorierung solcher vertragsärztlichen Leistungen ausgeschlossen dürften, die in den Kernbereich ihres Fachgebietes fallen bzw. die für ihr Gebiet wesentlich und prägend sind. Vor diesem Hintergrund habe sich der Beigeladene zu 1) die Frage gestellt, auf welcher Rechtsgrundlage sie eine Kompetenzprüfung "Molekularpathologie" durchführen solle. Die Darstellung der Beklagten im Schreiben vom 12.07.2016 sei unzutreffend, denn man habe derartige Gespräche mit einzelnen ihrer Mitglieder nur deswegen geführt, um einen Rechtsstreit mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu vermeiden. Die Ärzte hatten keinen Rechtsanspruch auf die Durchführung einer Kompetenzprüfung." Im Schriftsatz vom 30.09.2016 hat die Beklagte ihr Unverständnis für die fehlende Bereitschaft der Beigeladenen zu 1) dargelegt. Unabhängig davon halte die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung fest, dass der Kläger bislang keine Nachweise vorgelegt habe, die ihn zur Abrechnung der begehrten Leistun¬gen berechtigten. Abschließend hat der Prozessbevollmächtigte für den Kläger ausgeführt, dass das Sozial¬gericht in der mündlichen Verhandlung am 14.07.2016 den Hinweis erteilt habe, dass sie die fachlich-medizinische Entscheidung der Ärztekammer Westfalen-Lippe überlassen werde, weil es sich als Fehler erwiesen habe, die Überprüfung der Kenntnisse des Klä¬gers auf dem Gebiet der Molekularpathologie von den von der Ärztekammer aufgestellten und dargestellten Kriterien abzukoppeln. Nunmehr habe die Ärztekammer Westfalen-Lippe nach medizinischen Kriterien entspre¬chend des oben genannten Schriftsatzes entschieden, dieser Entscheidung ist zu folgen. Soweit sich die Beklagte in ihrer Argumentation, nur die zu Beginn der Facharztausbildung gültige Weiterbildungsordnung sei für die Beurteilung der Qualifikation eines Arztes ma߬geblich (Verweis auf BSG, Urteils vom 09.04.2008, B 6 KA 40/07 R), ist diese Auffassung mit der vorgenannten Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht vereinbar. In der Ent¬scheidung sei ausgeführt worden, dass der dort eine Ermächtigung beantragende Kläger diese bereits deshalb nicht erhalten konnte, weil er die Leistungen aus Rechtsgründen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht erbringen und abrechnen durfte. Die Frage nach der abschließenden Qualifikationsvorrausetzung ist somit nicht vergleich¬bar mit der Regelung in Nr. 5 der Präambel zu Abschnitt 19.1 EBM. Vielmehr habe das Bundessozialgericht zu Recht in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Anknüpfung einer bestimmten berufsrechtlichen Qualifikation als Facharzt für ein be¬stimmtes Fachgebiet nur dann inhaltlich unbedenklich und mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei, wenn das Erfordernis einer entsprechenden Qualifikation nicht sachwidrig sei und "nicht Ärzte von einem Leistungsbereich ausschließt, der zum Kern ihres Fachgebietes gehört bzw. für dieses wesentlich und prägend ist" (BSG Urteil vom 09.04.2008, B 6 KA 40/07 R, Rdnr. 19). Die Beigeladene zu 1) hatte in ihrem Schriftsatz vom 05.09.2016 klar ausgeführt, dass seit Inkrafttreten der Weiterbildungsordnung vom 09.04.2005 die Molekularpathologie Kern¬bestandteil des Gebietes Pathologie sei.

Auch die Auffassung der Beklagten sei unzutreffend, dass nur die zu Beginn der Fach-arztausbildung des Klägers gültige Weiterbildungsordnung für die Beurteilung der Qualifikation des Klägers maßgeblich sei. Die fehlende Ausbildung während der Facharztausbildung könne nur über eine "fakultative Weiterbildung Molekularpathologie oder eine gleichwertige Ausbildung" ausgeglichen werden. Das Gegenteil ergibt sich aus dem Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner Sitzung am 11. März 2016. Aus der dortigen Ziffer 12, Änderung der Präambel 19.1, ergäbe sich, dass die Berechnung der Gebührenordnungspositionen des Abschnittes 19.4 Fachärzten für Pathologie erstattet ist, sofern diese nicht einer der beiden vorgenannten Gruppen angehören, bei Vorliegen der "entsprechenden Qualifi¬kationsvoraussetzungen". Dazu hat die Beigeladene zu 1) ausgeführt, dass die entspre¬chenden Qualifikationsvoraussetzungen beim Kläger vorliegen. Weiterhin ist auch aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 04.05.2016 (B 6 KA 13/15 R, Rdnr. 22) zu entnehmen, dass das Bundessozialgericht die aktuelle Weiterbildungsordnung zur Beur¬teilung herangezogen hat. Im Endergebnis wäre der Ausschluss für die Erbringung derartiger Leistungen keine zu¬lässige Berufsausübungsregelung mehr und damit nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagte sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten und den dazu eingereichten Unterlagen und Anlagen zu den Schriftsätzen Bezug genommen. Diese alle sind Gegenstand der Beratung der Kammer gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Kammer hat im Entscheidungstenor dem Aufhebungsantrag des Klägers entsprochen, weil die erteilten Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2010 zu den sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der Abrechnungen für die Quartale 4/2009 und 1/2010 rechtswidrig gewesen sind und den Kläger in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 SGG verletzten. Vielmehr ist die Beklagte zu verpflichten gewesen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, wobei die Kammer zu der Überzeugung gelangt ist, dass bei dem Kläger der Qualifikationsnachweis für das Gebiet der Molekular-Pathologie erbracht ist. Hinsichtlich der Füllung der Qualifikationsvoraussetzungen muss zur Überzeugung der Kammer einerseits auf die Entwicklung des Fachgebietes der Pathologie und andererseits auf die fachärztlichen Befähigungsnachweise des Klägers abgestellt werden. Die Kammer wiederholt die Feststellung aus der mündlichen Verhandlung am 14.07.2016, dass die fachlich-medizinische Entscheidung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (Beigela¬dene zu 1.) allein entscheidend sei, weil es sich als Fehler erwiesen habe, die Überprü¬fung der Kenntnisse des Klägers auf dem Gebiet der molekularen Pathologie von den von der Ärztekammer aufgestellten und dargestellten Kriterien abzukoppeln.

Mit Schreiben vom 05.09.2016 hat die Ärztekammer Westfalen-Lippe die Ergebnisse der Überprüfung aufgrund der vorgelegten Unterlagen und des bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe geführten "Punktekontos" geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger seiner Fortbildungsverpflichtung nachgekommen ist und qualifiziert ist, als Facharzt für Pathologie molekularpathologische Untersuchungen durchzuführen. Diesem Überprüfungsergebnis schließt sich die Kammer nach eingehender Überprüfung in vollem Umfang an. Zutreffend ist, dass die Weiterbildungsverordnung im Jahre 1986 (als der Kläger seine Facharztprüfung abgelegt hat) molekularpathologische Untersuchungen noch nicht Bestandteil des Fachgebietes Pathologie vorgesehen hatte. Dies liegt in der Natur der Sache: Der Stand des Wissens in der Medizin - insbesondere bei der hier zur Diskussion stehenden Molekularpathologie - ist äußerst dynamisch und schreitet rasch voran. Aus diesem Grund gibt es die berufsrechtliche Verpflichtung zur kontinuierlichen Fortbildung. Seit Inkrafttreten der Weiterbildungsordnung vom 09.04.2005 ist die Molekularpathologie aber Kernbestandteil des Gebietes Pathologie. Daher gibt es keine davon gesonderten Nachweise der Fachkunde mehr. Unter Beachtung dieser Vorgaben kann nicht, wie es die Beklagte gehandhabt hat, für den Qualifikationsnachweis ausschließlich auf den Erwerb der fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" abgestellt werden.

Zwar hat zum Zeitpunkt der Niederlassung des Klägers als Pathologe seit dem 01.07.1992 Punkt 5 der Präambel zum Gebührenordnungsabschnitt 19 des EBM als Regelung bestanden. Danach galt die fachliche Befähigung zur Erbringung der humangenetischen Leistungen entsprechend den GOP 11323, 11321 und 11322 für die in der Präambel unter 1 genannten Ärzte mit dem Erwerb der fakultativen Weiterbildung "Molekularpathologie" als nachgewiesen. Wenn auch weiterhin zutreffend dazu darauf hingewiesen wurde, dass die zu diesem Zeitpunkt gültige Weiterbildungsordnung der Beigeladenen zu 1. besagte, dass zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Molekularpathologie" eine Weiterbildung von einem Jahr in einer Weiterbildungsstätte gemäß § 8 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung nachgewiesen werden musste und dabei jedoch ein halbes Jahr Molekularpathologie während der Wei¬terbildung im Gebiet "Pathologie" angerechnet werden konnte, so mag es zutreffen, dass der Kläger diesen speziellen Nachweis nicht erbracht hat. Jedoch muss andererseits gesehen werden, dass die Überprüfung der Qualifikationsvo-raussetzungen nicht nur statisch und retrospektiv vorzunehmen ist, sondern die tatsächli¬ chen Qualifikationsnachweise zu beachten hat. Bei dieser Gesamtsicht war auch Punkt 9 der Präambel zum Gebührenordnungsabschnitt 19 zu beachten. Darin war formuliert: "9. Außer den in diesem Kapitel genannten Gebührenordnungspositionen sind bei Vorlie¬gen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von den in der Präambel genann¬ten Vertragsärzten - unbeschadet der Regelungen gemäß Punkt 5 und 6 Punkt 2 der all¬gemeinen Bestimmungen - zusätzlich nachfolgende Gebührenordnungspositionen be¬rechnungsfähig: Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 11.3." Im Endergebnis hat der Kläger diese entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen nach dem Ergebnis der Überprüfung durch die Ärztekammer Westfalen-Lippe erbracht. Daher war eine ergänzende Kompetenzprüfung "Molekularpathologie", die von der Ärzte¬kammer Westfalen-Lippe durchgeführt werden sollte und dann nach positivem Ergebnis von der Beklagten als Qualifikationsnachweis anerkannt worden wäre, nicht erforderlich. Es muss hier darauf abgestellt werden, dass die Ärztekammer Westfalen-Lippe als fach¬lich zuständige Institution medizinisch-fachlich die Qualifikationsnachweise für das Gebiet der molekularen Pathologie als Teil der Pathologie bei dem Kläger als vorliegend aner¬kannt hat. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen, die nicht nur Rückschlüsse auf die weiter vertieften und erlangten theoretischen Kenntnisse des Klägers zulassen, sondern insbesondere den Nachweis fachlicher Leistungserbringung auf dem Gebiet der Molekularpathologie darstel¬len, ist der Kläger zumindest seit dem Zeitraum der Leistungserbringungen in den Quarta¬len 4/2009 und 1/2010 als qualifiziert anzusehen und zur Leistungserbringung berechtigt gewesen. Dementsprechend waren die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen im Er¬gebnis rechtlich falsch. Es kann keinem Zweifel mehr unterliegen, dass molekularpathologische Leistungen zum Kerngebiet des Fachgebietes Pathologie gehören. Im Endergebnis kann der Kläger nicht von einer Honorierung solcher vertragsärztlicher Leistung ausgeschlossen werden, weil er nach einer zwischenzeitlich überholten Weiterbildungsordnung seine Weiterbildung hätte durchführen sollen. Die gesamten Beteiligten in diesem Verfahren sind aber gleichwohl der Ansicht, dass die fachliche Qualifikation in diesem Fall ausschließlich von der Ärztekammer Westfalen-Lippe als hier zu berufene Organisation zu prüfen sei. Die dazu erlasse positive Entscheidung ist im Schriftsatz der Beigeladenen zu 1) wiedergegeben. Sobald sich die Beklagte in ihrer Argumentation, nur die zu Beginn der Facharztausbildung gültige Weiterbildungsordnung sei für die Beurteilung der Qualifikation eines Arztes maßgeblich (Verweis auf BSG, Urteil vom 09.04.2008, B 6 KA 40/07 R in SozR 4-2500 § 87 SGB 5 Nr. 16), ist diese Auffassung mit der vorgenannten Entscheidung des Bundessozialgerichts inhaltlich nicht vereinbar. Das Bundessozialgericht hat in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, dass der dort eine Ermächtigung beantragende Kläger diese bereits deshalb nicht erhalten könne, weil er die Leistungen aus Rechtsgründen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht erbringen und abrechnen könne. Zur Begründung hat das Bundessozialgericht auf Abschnitt 13.3.7 IBM/Ä-2005 verwiesen, wonach die Abrechnung nur Fachärzten für innere Medizin mit dem Schwerpunkt Pneumologie und Lungenärzten Vorbehalten sei. Der Klä¬ger in dem dortigen Verfahren verfügte jedoch nicht über die Schwerpunktbezeichnung Pneumologie. Dieser abschließenden Qualifikationsvoraussetzungen sind jedoch nicht vergleichbar mit der Regelung in Nr. 5 der Präambel zu Abschnitt 19 EBM der lediglich darüber spricht, welche fachliche Befähigung in jedem Fall bereits aus sich heraus den Nachweis der Be¬fähigung zur Durchführung und Abrechnung dieser Leistungen erbringt. Mit dieser Formu¬lierung ist kein Ausschluss eingehend erfolgt, dass nicht eine Befähigung auch durch an¬dere Qualifikationen wie in der Regelung zu Punkt 9 der Präambel zum Abschnitt 19 EBM angesprochen erbracht werden könne. Hier ist entscheidend, dass seit Inkrafttreten der Weiterbildungsverordnung vom 09.04.2005 die Molekularpathologie Kernbestandteil des Gebietes der Pathologie ist. Demgemäß verstieße das Erfordernis ausschließlich des Ablegens einer fakultativen Wei¬terbildung "Molekularpathologie" im praktischen Ergebnis gegen Art. 12 Abs. 1 GG, weil die Molekularpathologie wie nach den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) Kernbestandteil des Fachgebietes Pathologie geworden ist. Das Urteil des BSG führte also im Ergebnis zum genauen Gegenteil dessen, was die Be¬klagte daraus ableitet. Für die Kammer war zu ihrer Überzeugungsbildung nachvollziehbar, dass es aus der Sicht der Beklagten unverständlich bleibe, dass der Beigeladenen zu 1) nunmehr die Bereitschaft dafür fehlte, "Kompetenzprüfung Molekularpathologie" anzubieten obwohl sie die Prüfung in der Vergangenheit für andere Vertragsärzte angeboten und durchgeführt hat. Insbesondere hat der Kläger seine Bereitschaft zur Durchführung dieser Kompetenzprüfung verbindlich vor Gericht erklärt.

Wenn die Beklagte unabhängig davon an ihrer Rechtsauffassung festhält, dass der Kläger bislang keine Nachweise vorgelegt hat, die ihn zwar die ihn zwar zur Abrechnung der begehrten Leistungen berechtigen, so trifft dies im Endergebnis nicht zu. Im Gegensatz zur Ausführung der Beklagten, dass es für den vorliegenden Fall unerheblich sei, ob die Molekularpathologie mittlerweile nun Teil der Weiterbildung zum Facharzt für Pathologie geworden sei oder nicht, denn nur die zu Beginn der Facharztausbildung gültige Weiterbildungsordnung sei für die Beurteilung der Qualifikation des Klägers maßgeblich, kann sich die Beklagte nicht in diesem Sinne auf das Urteil des Bundessozialge¬richts vom 04.05.2016 (B 6 KA 13/15 R, Rndr. 22) berufen.

An der zitierten Stelle ist ausdrücklich ausgeführt worden, dass das Bundessozialgericht die aktuelle Weiterbildungsordnung zur Beurteilung herangezogen hat. Außerdem handel¬te es sich dort um ein Problem des Überschreitens der Fachgebietsgrenze und somit der Fachfremdheit. Davon ist der vorliegende Fall sehr weit entfernt und gehört zu einer ganz anderen Kategorie. Vielmehr muss hier noch einmal klar gestellt werden, dass aufgrund der Grundlage der §§ 72 Abs. 2, 82 Abs. 1 und 135 Abs. 2 SGB 5 die Partner der Bundesmantelverträge Vereinbarungen schließen und "u. a. Qualifikationserfordernisse im EBM festlegen" können und dies ist durch den genannten Beschluss des Bewertungsausschusses zu Punkt 9 der Präambel zum Abschnitt 19 IBM in derart und Weise geschehen, dass "entsprechende Qualifikationsvoraussetzungen" anerkannt sind. Der Nachweis dieser Qualifikationsvoraussetzungen ist von der Beigeladenen zu 1) über¬prüft und im Ergebnis bejaht worden. Gründe, weshalb der Auffassung der vom Gericht selbst als fachlich zuständige Institution nämlich der Beigeladenen zu 1) nicht zu folgen sei, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Richtigerweise ist davon auszugehen, dass die Molekularpathologie inzwischen zum Kerngebiet der Pathologie gehört und damit für das Fachpathologiewesen prägend ist. Es ist deshalb rechtlich nicht zulässig, einen Facharzt für Pathologie mit entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von dem streitigen Leistungsbereich der sachlich- und rechnerischen Richtigstellung deshalb auszuschließen, weil dieser nicht Teil der seinerzeitigen Weiterbildungsordnung der Pathologie gewesen ist. Vielmehr muss die Weiterentwicklung im Facharztbereich berücksichtigt werden, damit jeweils mit den rechtlichen und grundrechtlichen Erfordernissen abgeglichen werden kann. Sofern die Beklagte nur auf die in der Vergangenheit zum Zeitpunkt der Niederlassung nachgewiesenen Qualifikati¬onsanforderungen abstellt, übersieht sie, dass dies keine zulässige Berufsausübungsre¬gelung mehr wäre, sondern ein lebenslanger Ausschluss für die Erbringung derartiger Leistungen und damit mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar wäre. Aus dem Gesamtergebnis erfolgt die Verpflichtung der Beklagten den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, d. h. bei Berücksichtigung des Qualifikationsnachweises für den Bereich der Molekularpathologie, neu zu bescheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff. VwGO. Danach trägt die Beklagte als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens (vgl. § 162 Abs. 1 VwGO entsprechende Anwendung).
Rechtskraft
Aus
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