S 7 (9) KR 24/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 (9) KR 24/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Umlagebescheides zur Finanzierung des medizinischen Dienstes für das Haushaltsjahr 2000.

Der bis zum 31.12.1988 bei den Landesversicherungsanstalten errichteten vertrauensärztlichen Dienst wurde zum 01.01.1989 im Rahmen des Gesundheitsreformgesetzes (BGB l I Seite 2477 ff.) als medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) unter Umwandlung der bestehenden Rechtsverhältnisse fortgeführt und als Arbeitsgemeinschaft der Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, der landwirtschaftlichen Krankenkassen und der Verbände der Ersatzkassen umstrukturiert. Von ihnen werden die zur Finanzierung des medizinischen Dienstes erforderlichen Mittel durch eine Umlage aufgebracht, § 281 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Im Interesse einer gleichmäßigen Inanspruchnahme des medizinischen Dienstes durch alle Kassenarten wurden die Kosten nicht nach der Häufigkeit der Begutachtung aufgeteilt, sondern nach dem Verhältnis der Zahl der Versicherten der einzelnen Krankenkassen (Gesetzesbegründung in Drucksache des Dt. Bundestages 11/2237 zu § 289). Entsprechend der bereits bestehenden Verwaltungsvorschriften über die Statistik in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde mit § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V bei der Berechnung auf den Stichtag 01. Oktober abgestellt.

Mit Erlass vom 30.07.1997 änderte das Bundesministerium für Gesundheit seine Verwaltungsvorschriften zum Rechnungswesen und Statistik der gesetzlichen Krankenversicherung (Bundesarbeitsblatt 10/1997, Erlaß des BMG 228-44910-1/44921-1) die Statistikvordrucke und deren Ausfüllanleitung insofern, als das als Stichtag für die Erhebung der Mitgliederzahl mit Wirkung ab 01.01.1998 auf den 01. Juli (und nicht mehr wie zuvor auf den 01. Oktober) eines jeden Jahres abgestellt wurde. Dies erfolgte unter anderem, um dem medizinischen Dienst zu einem früheren Zeitpunkt verlässliche Daten für ihre Haushaltsplanung zur Verfügung zu stellen. Die Änderung der Verwaltungsvorschrift wurde unter Beteiligung der Länder und der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen.

Das Bundesministerium für Gesundheit beabsichtigte parallel dazu im Herbst 1998 im Rahmen des Gesundheitsreformgesetzes 2000 eine entsprechende Änderung des § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V dahingehend, dass aus der bisherigen Formulierung der Hinweis auf den konkreten Stichtag (01. Oktober) entfallen sollte. Geplant war, diese Neuregelung zum 01.01.1999 in Kraft zu setzen. In dem betreffenden Referentenentwurf aus März 1999 heißt es in der Kommentierung zu § 281: "Die Terminierung auf den 01. Oktober eines jeden Jahres beruhte auf den Vorschriften über die Statistik, wonach jeweils zum 01. Oktober die Zahl der Mitglieder der einzelnen Krankenkassen auf Landesebene, bezogen auf den Beschäftigungsort, zu erheben war. Die Vorschriften über die Statistik sind inzwischen geändert worden. Um die Abhängigkeit von den Statistikvorschriften zu lösen, sollten die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich festlegen, wann die Zahl der Mitglieder der einzelnen Krankenkasse jährlich festzustellen ist."

Nach dem Regierungswechsel im Jahre 1998 wurde die zunächst im Entwurf vorgesehene Änderung des § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V aus politischen Gründen wegen der Zustimmungsbedürftigkeit durch den Bundesrat jedoch aus dem Entwurf des Gesundheitsreformgesetzes 2000 wieder herausgenommen. Die Vorschrift wurde bislang nicht vom Gesetzgeber geändert; das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung trat im übrigen am 01.01.2000 in Kraft (BGBl I Seite 2626 ff.).

Die Vorstände des medizinischen Dienstes der Spitzenverbände (MDS) und der Spitzenverbände der Krankenkassen (u.a. des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen) sowie die Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit einigten sich in einer Sitzung am 23.06.1998 darauf, dass "zukünftig der 01. Juli den Stichtag ( ...) für die Mitglieder Zuordnung zur Umlageberechnung in den medizinischen Dienstes bilden" solle. Das Bundesministerium für Gesundheit wollte abschließend prüfen, ob wegen einer einheitlichen Verfahrensweise im vorgesehenen Änderungsgesetz ein konkreter Stichtag (nämlich der 01. Juli), vorgegeben werden könne.

Die Klägerin, eine überregionale und branchenübergreifende (bundesunmittelbare) Betriebskrankenkasse ist Mitglied des beklagten Verbandes.

Mit Schreiben vom 20.01.2000 machte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.380.886,40 DM (nach heutiger Währung 706.036,00 EURO) zur Finanzierung MDK geltend und legte zur Berechnung die Mitgliederzahlen der Klägerin vom 01. Juli des Vorvorjahres (01.07.1998) zugrunde. Zur Erläuterung der Berechnung führte der Beklagte aus, die Berechnung sei aufgrund der Mitgliederstatistik KM6 Stichtag 01.07.1998 einschließlich der Rentner erfolgt. Danach ergebe sich für die Klägerin folgende Berechnung: 76.040 Mitglieder x 18,6 DM = 1.380.886,40 DM.

Der Betrag sei gemäß Beschluss des Verwaltungsrates am 15.02.2000 fällig.

Die Klägerin überwies vorläufig einen um die Hälfte gekürzten Rechnungsbetrag in Höhe von 690.443,20 DM (nach heutiger Währung 353.018,00 EURO) und hat am 08.02.2000 Klage erhoben, mit der sie den Umlagebescheid anficht. Zur Klage begründung führt die Klägerin aus, der Beklagte habe gegen die "klar definierte Ermächtigungsgrundlage" des § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der auf den Stichtag 01. Oktober abstelle, verstoßen, indem er bei der Berechnung der Umlage als Stichtag den 01.07.1998 zugrunde gelegt habe. Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens sei unerheblich, aufgrund welcher praktischen Schwierigkeiten im konkreten Einzelfall die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben erschwert oder gar unmöglich gemacht würde.

Desweiteren wendet sich die Klägerin die gegen ihrer Meinung nach fehlende Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des MDK Nordrhein, was nach ihrer Auffassung dazu führe, dass bereits der Haushaltsplan des MDK Nordrhein, der Grundlage für die erhobene Umlage sei, gegen §§ 281 Abs. 2 SGB V, 70 Abs. 5 und 69 Abs. 2 des 4. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) verstoße. Auch dies mache den angefochtenen Umlagebescheid rechtswidrig.

Nach § 281 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 70 Abs. 5 SGB IV könne die Aufsichtsbehörde den Haushaltsplan oder einzelne Ansätze des Haushaltsplanes beanstanden, soweit gegen Gesetz oder sonstiges für den Träger maßgebendes Recht verstoßen würde, insbesondere soweit dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Trägers zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gefährdet würde. Nach § 281 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 69 Abs. 2 des SGB IV habe der MDK Nordrhein bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes sicherzustellen, dass er die ihm obliegen den Aufgaben unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllen könne.

Gegen diese Vorschriften verstoße der MDK in "gravierender Art und Weise". Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens des MDK Nordrhein könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung einschreite oder nicht. Insbesondere könne aus dem Untätigbleiben der Aufsichtsbehörde nicht auf die Rechtmäßigkeit des Verhaltens des MDK Nordrhein geschlossen werden.

Bereits der Umstand, dass die Klägerin lediglich Anspruch auf eine zeitliche Inanspruchnahme des MDK Nordrhein von wöchentlich ca. 12 Stunden habe, zeige, dass die Klägerin aus wirtschaftlichen Gründen bei Aufwendung des Umlagebetrages Sachverstand in weit größerem, zeitlichen und fachlichen Umfang "einkaufen" könnte, als dies über den MDK Nordrhein möglich sei. Dieser "Einkauf" fremden Sachverstandes durch Abschluß entsprechender Dienstverträge nach Zivilrecht hätte für die Klägerin darüber hinaus den großen rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteil, dass im Falle von Schlechtleistungen entsprechende Ansprüche gegen die Vertragspartner bestünden und durchgesetzt werden könnten. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen stünden der Klägerin gegen den MDK Nordrhein "selbst in Fällen krasser Falschbearbeitung" keinerlei Ansprüche zu. Auch diese Überlegung zeige, dass einzig über den Haushaltsplan und dadurch über die Umlage eine Sanktionsmöglichkeit gegenüber dem MDK Nordrhein bestehe.

Die mangelnde Leistungsfähigkeit des MDK Nordrhein, die sich im wesentlichen in Schlechtleistungen manifestiere, sei nach den Erkenntnissen der Klägerin struktureller Natur. Es handle sich nicht um wenige Einzelfälle und auch vielfache Gespräche und Veränderungsbemühungen in Kooperation mit den Verantwortlichen des MDK Nordrhein hätten in der Vergangenheit keine greifbaren Ergebnisse gezeigt. Unter Vorlage eines Schreibens von Herrn Prof. Hahn und der Aufzählung einiger - nach Auffassung der Klägerin - die Schlechtleistungen des MDK belegenden Einzelfälle rügt die Klägerin, dass die erforderliche Kompetenz zur Beurteilung der medizinischen Gesichtspunkte beim MDK nicht vorhanden seien bzw. medizinisch und rechtlich erforderliche Untersuchungstermine nicht zeitnah stattfänden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20.01.2000, die Umlage zur Finanzierung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein in Höhe von 1.380,886,40 DM aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, der Umlagebescheid sei rechtmäßig. Soweit die Klägerin sich dagegen wende, dass die Mitgliederzahlen vom 01.07 des Vorjahres zugrunde gelegt worden seien, weist sie auf die Statistikänderung hin. Eine Mitgliederzuordnung zum 01.10 - wie im § 281 SGB V und in den Satzungen des MDK vorgesehen - sei nicht mehr durchführbar. Aufgrund des Erlasses des Bundesministeriums für Gesundheit vom 30.07.1997 habe die Beklagte den Stichtag 01.07. zugrunde legen müssen, da entsprechende amtliche Statistiken zum 01.10. nicht mehr zur Verfügung stünden. Soweit die Klägerin sich durch die Festlegung des Stichtages zum 01.07. eines Jahres beschwert sehe, sei darauf hinzuweisen, dass die aufgrund der Kündigungsmöglichkeiten der Pflichtversicherten erfolgten Mitgliederbewegungen erst zum 01.01. des Folgejahres deutlich würden und Berücksichtigung fänden. Im übrigen enthalte der Wortlaut des § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V zwar keine Verknüpfung zwischen dem Erhebungszeitpunkt und der Statistikverordnung, insoweit sei jedoch ergänzend auf § 281 Abs. 2 SGB V hinzuweisen, wonach für das Haushalts- und Rechnungswesen einschließlich der Statistiken die §§ 67 bis 69, 70 Abs. 5, 72 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz, §§ 73 bis 77 Abs. 1 und 79 Abs. 1 und 2 i.V.m. 3a des 4. Buches des Sozialgesetzbuches sowie aufgrund des § 78 des 4. Buches erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten würden.

Die in Bezug auf § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht mehr konkruente Gesetzeslage sei durch die Weiterentwicklung des Rechts durch den Gesetzgeber entstanden und die dadurch entstandenen Differenzen könnten nur auf dem Weg der Ermittlung der Intension des Gesetzgebers ausgeräumt werden. Intension des Gesetzgebers zum Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes zum 01.01.1989 sei im Interesse einer einheitlichen Handhabung die Aufbringung der Umlage anhand der Anzahl der Mitglieder der einzelnen Krankenkassen gewesen. Dies bedeute, im Interesse einer einheitlichen Vorgehensweise zur Finanzierung des MDK die Verwendung einer einheitlichen Statistik zur Berechnung der Umlage aller Kassenarten. Damit habe sich der Beklagte bei seiner Vorgehensweise am Willen des Gesetzgebers orientiert. Der Beklagte sehe dadurch nicht die Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung der Umlage infrage gestellt. Denn Grundlage für die Erhebung der Umlage sei § 281 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach der MDK grundsätzlich von seinen Mitgliedern, die wiederrum in § 278 SGB V benannt seien, zu finanzieren sei.

Das Gericht hat eine Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit aus einem Parallelverfahren (Az.: S 27 KR 9/00) beigezogen. Wegen der Einzelheiten die ser Unterlagen sowie des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Prozeßakte Bezug genommen. Seine Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Anfechtungsklage ist zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Duisburg ist nach § 57 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegeben, denn sowohl die Klägerin, als auch der Beklagte sind juristische Personen des öffentlichen Rechts. Eine Sonderzuständigkeit nach § 57 a 4. Fallgruppe SGG liegt dem gegenüber nicht vor. Bei Fragen im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit von Umlagebescheiden zur Finanzierung des medizinischen Dienstes handelt es sich nicht um eine Streitigkeit nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn es geht nicht um Entscheidungen oder Verträge im Zusammenhang mit dem Leistungsrecht des SGB V, sondern um Schaffung von Finanzausgleichen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung. Die Selbstverwaltungsautonomie beinhaltet das Recht, die zur Finanzierung der gesetzlichen Aufgaben des Beklagten benötigten Mittel im Rahmen von Umlagen (oder Beiträgen), zu erheben. Daraus folgende Streitigkeiten sind organisationsrechtlicher Natur, die nicht unter § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG, sondern unter die Allgemeinklausel des § 51 Abs. 1 SGG fallen.

Die gegen den Umlagebescheid des Beklagten gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 20.01.2000 handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X).

Der Durchführung eines Vorverfahrens bedarf es gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 3 SGG nicht.

II.

Die Klage ist im übrigen jedoch unbegründet.

Die Klägerin ist durch den streitbefangenen Umlagebescheid des Beklagten vom 20.01.2000 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn der Bescheid ist nicht rechtswidrig. Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin, als eine seiner Mitgliedskassen, für das Jahr 1998 den Betrag in Höhe von 1.380.886,40 DM (alte Währung) zur Finanzierung des MDK Nordrhein zu Recht erhoben.

1.

Es ist insbesondere nicht rechtswidrig, dass der Beklagte die Umlage durch einen Leistungsbescheid, mithin ein Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X erhoben hat. Auch zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung kann im Einzelfall ein Verhältnis der Über- und Unterordnung bestehen, dass dem Regelverhältnis von Verwaltung und Bürger vergleichbar ist. Ein solches Über- und Unterordnungsverhältnis tritt insbesondere im Beitragsrecht in Erscheinung, denn hier entscheidet einer der beiden Träger über die Beitragspflicht dem anderen, dem Grunde nach und über die Höhe der von diesem zu leistenden Beiträge (vgl. LSG NRW Urteil vom 21.09.1995, Az.: L 16 Kr 142/92 im Anschluß an ein Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 02.02.1978, Az.: 12 RK 29/77). Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch im Rahmen des vorliegenden strittigen Umlageverfahrens (vergleichbar mit den in ständiger Rechtsprechung erkannten Qualität eines Verwaltungsaktes eines Umlagebescheides im Rahmen des gemeindlichen Steuerrechts, vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 18.03.1960 in der Zeitschrift "Die öffentliche Verwaltung - DÖV - 1960, 594, Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes - VGH - vom 02.08.1996, Az.: 4 B 94.1200 m.w.N.).

Der Umlagebescheid ist auch im übrigen formell rechtmäßig. Insbesondere war vor Erlaß der Bescheide weder eine Anhörung der Klägerin (§ 24 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches, SGB X), noch eine Begründung hinsichtlich der Berechnung der Umlage (§ 35 Abs. 1 SGB X) erforderlich.

Wie aus der Klagebegründung hervorgeht und die vorangegangenen Gesprächskreise auf Bundes- und Landesebene vermuten lassen, wurde die Klägerin durch ihren Verband, die Beklagte - umfänglich informiert. Sinn und Zweck des Anhörungsrechtes, nämlich Überraschungsentscheidungen zu vermeiden und das Vertrauensverhältnis zwischen "Behörden und Bürgern" zu stärken (Urteil des BSG in SozR 1300 § 24 Nr. 9), wurde damit hinreichend Rechnung getragen; von der - auch praktisch nicht möglichen - individuellen Anhörung aller am Umlageverfahren beteiligten Krankenkassen durfte abgesehen werden. Angesichts des bei den Kassen vorauszusetzenden Kenntnisstandes ist eine über allgemeine Erläuterungen hinausgehende Begründung der Berechnung des Ausgleichsbetrages, insbesondere einer Erläuterung des veränderten Stichtages auch nicht erforderlich (vgl. Urteil des LSG NRW vom 23.10.2001, Az.: L 5 KR 152/00).

Es kann dahin gestellt bleiben, ob es sich zudem vorliegend um einen sogenannten Massenverwaltungsakt handelt, für den eine Anhörung nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 SGB X und eine Begründung der Bescheide gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 3 SGB X verzichtbar war, jedenfalls könnte nach § 42 Satz 1 SGB X das Fehlen einer Begründung nicht zur Aufhebung des materiell zutreffenden Bescheides führen.

2.

Der streitbefangene Umlagebescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Entscheidungsberechtigung des Beklagten für die Erhebung der Umlage nicht aus § 281 SGB V. Dabei kann es dahin gestellt bleiben, ob es sich bei dieser Norm - sei es (wie der Beklagte meint) § 281 Abs. 1 Satz 1 oder (wie die Klägerin meint) Satz 2 SGB V - um eine Ermächtigungsgrundlage oder eine bloße Berechnungsgrundlage handelt, die Vorschrift findet jedenfalls lediglich im Verhältnis zwischen dem MDK und seinen Mitgliedern Anwendung. Die Mitglieder des medizinischen Dienstes sind jedoch nicht die Krankenkassen (und damit nicht die Klägerin), sondern gemäß § 278 Abs. 2 SGB V die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, die landwirtschaftlichen Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen.

Die Berechtigung zum Erlaß des Umlagebescheides im Verhältnis zwischen dem einzelnen Landesverband und seinen Mitgliedskassen ergibt sich - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch nicht aus dem Haushaltsplan des MDK Nordrhein. Durch den Haushaltsplan selbst werden Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet, noch aufgehoben, § 281 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 68 Abs. 1 SGB IV. Der Haushaltsplan dient vielmehr "lediglich" der Feststellung der Mittel, die zur Erfüllung der Aufgaben des MDK im Haushaltsjahr voraussichtlich erforderlich sind und ist so zwar Grundlage für die Haushalts- und Wirtschaftsführung (vgl. § 281 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 68 Abs. 1 SGB IV). Durch den Haushaltsplan wird die Verwaltung jedoch nicht ermächtigt, die im Haushaltsplan vorgesehe nen Einnahmen zu erzielen und Ausgaben zu leisten. Der Vollzug eines Haushaltsplans liegt in der Hand der Verwaltung.

Die Berechtigung zum Erlaß des Umlagebescheides ergibt sich vielmehr - wie im Rahmen der Landesverbandsbeiträge (vgl. insofern LSG NRW Urteil vom 21.09.1995, Az.: L 16 Kr 142/92) - aus der Natur der Sache, denn die Beklagte kann die ihr gesetzlich übertragenden Aufgaben, wozu auch die Errichtung (§ 278 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und Unterhaltung (§ 281 Abs. 1 Satz 1 SGB V) des medizinischen Dienstes gehört, nur erfüllen, wenn ihm seine Mitglieder die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen. Der Umstand, dass der Beklagte von seinen Mitgliedskassen finanziell auszustatten ist, ergibt sich bereits aus § 210 Abs. 1 Nr. 6 SGB X, wonach die Satzung des Landesverbandes unter anderem Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel des Verbandes enthalten muss (vgl. LSG NRW a.a.O.).

Einer Ermächtigungsgrunde bedarf es entgegen der Aussicht der Beteiligten nicht. Der auf Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) basierende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und daraus abgeleitete Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes (durch § 31 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches SGB I ausgedehnt auf den Bereich der Leistungsverwaltung) findet keine Anwendung im Verhältnis zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (vgl. Maunz-Düring-Herzog Kommentar zu Art. 20 Rdnr. 33 ff., insbesondere 50), wenn - wie vorliegend - hinter der öffentlich-rechtlichen Organisationsforum nicht gesellschaftliche Interessenwahrnehmungen, sondern die bloße Erfüllung einer staatlichen Aufgabe steht (vgl. auch Urteil des LSG NRW vom 23.10.2001, Az.: L 5 KR 152/00).

Für das Verhältnis der Beteiligten ist zunächst die Satzung ausschlaggebend; diese hat nach § 210 Abs. 1 Nr. 6 SGB X zu regeln, wie die Aufwendungen des Verbandes auf die Mitgliedskassen umgelegt werden, insbesondere ob die Umlage nach dem Haushaltsplan unter dem Rechnungsergebnis festgesetzt wird, ob für alle Aufwendungen einheitliche oder unterschiedliche Verteilungsmaßstäbe gelten, welche Berechnungsgrundlagen zugrunde gelegt werden, wann eine Umlage zu zahlen ist sowie ob ggfs. Vorschüsse erhoben werden. In der Verbandssatzung kann ausserdem die Mittelaufbringung für den MDK geregelt werden, wobei der in § 281 Abs. 1 Satz 2 festgelegte Verteilungsmaßstab grundsätzlich zu beachten ist (vgl. Krauskopf, Kommentar zu § 210 SGB V, Randnr. 13 der insoweit sogar - entgegen der Ansicht des Gerichtes - von einer diesbezüglichen Verpflichtung der Landesverbände ausgeht). Die Satzung der Beklagten enthält keine Bestimmungen zur Finanzierung des MDK. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung des Beklagten (sowohl in der Fassung zum Zeitpuntk des Erlasses des Umlagebescheides, als auch unverändert der akutellen Fassung) obliegt es dem Verwaltungsrat der Beklagten, Umlagen festzusetzen. Der Vorstand als Vertreter der Beklagten hat die entsprechenden Beschlüsse des Verwaltungsrates durchzuführen.

Soweit der Landesverband - wie vorliegend - zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des MDK im öffentlichen Interesse gegenüber dem MDK auf die Geltendmachung des gesetzlichen Verteilungsmaßstabes nach Maßgabe des § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V zum Stichtag 01. Oktober vor dem Hintergrund, dass eine entsprechende Statistik nicht mehr verfügbar ist, verzichtet hat, schlägt diese Entscheidung zumindest in diesem Einzelfall auf die Verbandsmitglieder, mithin auch die Klägerin, durch und ist von diesen im Rückgriff als Verbandslast zu tragen. Eine Verbandslast trifft die Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft als eine (Zwangs)Mitgliedschaftspflicht unabhängig davon, ob die Verschiebung des Stichtages hypotetisch zu einer Gleich- oder Besserstellung (in diesen Fällen wäre die Klägerin ohnehin nicht materiell beschwert) oder Schlechterstellung der Klägerin führt. Eine vorherige Abstimmung mit den Mitgliedskassen, wie es § 211 Abs. 2 Ziff. 8 SGB V vorsieht, ist hier nicht erforderlich.

Zwar ist grundsätzlich am Verteilungsmaßstab des § 281 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch im Verhältnis zwischen Landesverband seinerseits und seinen Mitgliedern, den Mitgliedskassen festzuhalten, der Beklagte war jedoch im vorliegenden Fall zu einer am Sinn und Zweck der jeweiligen Ermächtigungsnorm orientierten abweichenden Zahlung an den MDK berechtigt. Er hat sich insofern von sachlichen, zweckgerichteten Erwägungen leiten lassen und auch der gesetzgeberischen Intension der Orientierung an den Mitgliederzahlen nicht entgegengewirkt. Für diesen Fall steht dem Beklagten die Möglichkeit zur Schaffung eines kasseninternen Finanzausgleichs im Rahmen seines durch die Satzungsautonomie zugewilligten Gestaltungsspielraums bei der Erfüllung seiner Verbandsaufgaben zu.

Soweit die Klägerin die vollständige Zahlung der Umlage darüber hinaus wegen einer (ihrer Auffassung nach) Unwirtschaftlichkeit und Leistungsunfähigkeit des MDK verweigert, so ist dies nicht zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach entschieden, dass die selbsthilfeartige Verweigerung eines Beitragsanteils zu einer Berufskammer bzw. zur Studentenschaft nicht nur ein unzulässiges, sondern ungeeignetes Mittel ist, die Rechtswidrigkeit einer bestimmten Tätigkeit geltend zu machen, weil damit nur das Beitragsaufkommen verkürzt, aber nicht bewirkt werde, dass der Verband die beanstandete Tätigkeit einstelle (vgl. z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - in BVerwGE 59, 242, 248 f.). Gleiches gilt hier im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten. Die Klägerin müsste sich bei Beanstandungen des MDK an die Aufsichtsbehörden wenden. Die Aufsicht erstreckt sich nicht nur auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht, das für den medizinischen Dienst maßgebend ist. Sie umfasst auch die Prüfung der Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung, vgl. § 281 Abs. 3 i.V.m. § 274 SGB V. Im übrigen sind die Ärzte des MDK bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben gemäß § 275 Abs. 5 Satz 1 SGB V nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen.

Die von der Klägerin letztlich beabsichtigte Lösung vom MDK (wie sie nicht nur aus der vorliegenden Klageschrift sowie aus den Schriftsätzen der Klägerin in einer Vielzahl anderer Verfahren offensichtlich wird, sondern auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ausgeführt wurde) und Beauftragung von Beratungsärzten ausserhalb des MDK, ist nach Auffassung des Gerichtes nach bestehender Rechtslage, insbesondere im Hinblick auf § 275 SGB V, nicht zuletzt wegen der vom Gesetzgeber beabsichtigten finanziellen und fachlichen Unabhängigkeit des MDK (unabhängig von weitergehenden datenschutzrechtlichen Erwägungen) unzulässig.

Die einzelne Kasse muss die Arbeitsgemeinschaft "Medizinischer Dienst der Krankenversicherung" (vgl. § 278 SGB V), deren Mitglied der Beklagte ist, unabhängig davon mit(re)finanzieren, ob und zu welchem Umfang sie einen konkreten Nutzen aus der Einrichtung zieht bzw. welchen Nutzen Sie zieht. Die Pflicht zur (Re)finanzierung der Verbandsaufgabe (Errichtung und Unterhaltung des MDK) kann nicht davon abhängig gemacht werden, in welchem Umfang eine Krankenkasse konkrete Unterstützungsleistungen des Verbandes für sich in Anspruch nimmt oder welche Qualität diese Leistungen haben (vgl. auch Urteil des LSG NRW vom 23.01.2001, Az.: L 5 KR 115/00).

Die Kammer teilt ebenfalls nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Sitzungsvertreter der Klägerin vorgetragenen verfassungsrechlichen Bedenken. Abgesehen davon, dass die Entscheidungsberechtigung der Beklagten - wie ausgeführt - nicht auf § 281 SGB V beruht und insofern die Verfassungsmäßigkeit dieser Norm im Verhältnis zwischen den Beteiligten - also zwischen der Klägerin als bundesunmittelbar Körperschaft des öffentlichen Rechts und der Beklagten als einer juristischen Person auf Landesebene - unerheblich ist, verstösst die Vorschrift nach Auffassung des Gerichtes nicht gegen das Grundgesetz und insofern insbesondere nicht gegen "das Verbot der Mischverwaltung" (so der Klägerbevollmächtigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung). Dazu ist zunächst anzumerken, dass das Verfassungsrecht - dem Wortlaut nach - den Begriff der "Mischverwaltung" nicht kennt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat insofern ausgeführt, aus der Verwendung des Begriffs "Mischverwaltung" ergäbe sich nichts für die Prüfung der Frage, ob ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörden bei der Verwaltung im konkreten Fall rechtlich zulässig ist. Eine verwaltungsorganisatorische Erscheinungsform sei nicht deshalb rechtswidrig, weil sie als Mischverwaltung einzuordnen ist, sondern nur, wenn ihr zwingende Kompetenz - oder Organisationsnormen oder sonstige Vorschriften des Verfassungsrechts entgegenstehen (Urteil des BVerfG vom 12.01.1983, Az.: 2 BvL 23/81; ähnlich im Urteil vom 28.01.1998, Az.: BvF 3/92). Dies wurde von der Klägerin jedoch nicht vorgetragen und ist auch - nach Auffassung des Gerichtes - nicht ersichtlich. Der Hauptgedanke einer unzulässigen Mischverwaltung beruht nämlich auf dem Grundsatz der Rechtswidrig keit von Kompetenzverschiebungen. Weder der Bund, noch die Länder können über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen, so dass auch mit Zustimmung der Beteiligten Kompetenzverschiebungen nicht zulässig sind (vgl. BVerfGE 4 , 115 (139) und 32, 145 (156) und Urteil des BVerfG vom 12.01.1983, Az.: 2 BvL 23/81). Solche Zuständigkeitsverschiebungen, etwa Verlagerungen in oder Aushöhlungen von Entscheidungsbereichen, sind hingegen vorliegend nicht erkennbar. Weder der MDK als Arbeitsgemeinschaft der Landesverbände, noch der Beklagte als zuständiger Landesverband und insofern insbesondere nicht die Regelung des § 281 SGB V greift in die Entscheidungskompetenz der Klägerin ein.

Im übrigen ist im Anschluss an das LSG NRW (Urteil vom 23.10.2001, Az.: L 5 KR 152/00) abschließend darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfassungsgericht mehrfach über Finanzausgleichsverfahren in der Sozialversicherung, bei denen teils landesunmittelbare, teils bundesunmittelbare Träger beteiligt waren, zu entscheiden hatte, ohne dass es evtl. finanzrechtliche Grenzen eines solchen Finanzverbundes problematisiert hat (LSG a.o. m.w.N.), so dass auch dies vermuten lässt, dass eine Verfassungswidrigkeit insofern nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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