Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 9 (7) KR 35/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 89/04
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 26.08.2002 und 09.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2002 verurteilt, die Kosten für die häusliche Krankenpflege der Klägerin in Form der Einmalkatheterisierung im jeweils verordneten und erbrachten Umfang für die Zeit ab dem 09.09.2002 zu übernehmen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten der Einmalkatheterisierung der Klägerin im Kindergarten im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs 2 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - SGB V - zu übernehmen hat.
Die am 00.00.1997 geborene, bei der Beklagten familienversicherte Klägerin leidet einer neurogenen Blasenstörung bei Caudasyndrom, Zustand nach Spina bifida aperta Hydrocephalus internus, schlaffe Paraplegie, Zustand nach Klumpfußoperation beidseits. Aufgrund der angeborenen Blasenlähmung ist es erforderlich, dass die Klägerin alle 4 Stunden katheterisiert wird. In den häuslichen Umgebung werden diese Maßnahmen von ihrer Mutter durchgeführt. Die Klägerin ist in die Pflegestufe II eingestuft und erhält Pflegegeld.
Seit September 2002 besucht die Klägerin einen Ganztagsregelkindergarten. Im August 2002 beantragte die Mutter der Klägerin die Kostenübernahme für eine Einmalkatheterisierung im Kindergarten durch einen Pflegedienst. Zur Begründung legte sie eine Bescheinigung der Kinderärztin Frau Dr. M-X vom 12.08.2002 vor, worin sie die Erforderlichkeit einer alle 4 Stunden erfolgenden Katheterisierung bestätigte, um weiteren Komplikationen vorzubeugen. Des weiteren fügte sie Verordnungen häuslicher Krankenpflege zur Sicherung der ambulanten Behandlung ab dem 09.09.2002 bei.
Im Schreiben vom 26.08.2002 und förmlichem Bescheid vom 09.09.2002 lehnte die Beklagte die Genehmigung häuslicher Krankenpflege zur Einmalkatheterisierung mit der Begründung ab, die Einmalkatheterisierung sei im Rahmen der häuslichen Krankenpflege weder verordnungsfähig noch durch einen Pflegedienst abrechenbar. Eine Kostenübernahme sei nur dann möglich, wenn es sich um den Wechsel eines transurethralen Dauerkatheters handele, was hier nicht der Fall sei. Überdies werde eine Leistungserbringung im Kindergarten, in der Schule oder in sonstigen außerfamiliären Einrichtungen vom Gesetz nicht erfasst und löse auch keine Leistungspflicht der Beklagten aus.
Schließlich handele es sich bei der beantragten Leistung um eine Hilfe bei der Ausscheidung, welche bei der Pflegestufenbestimmung in einem zeitlichen Umfang von 8 x täglich Anrechnung gefunden habe. Eine zusätzliche Vergütung durch die Krankenkasse könne nicht erfolgen. Hiergegen erhob die Klägerin am 07.10.2002 durch ihre Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten Widerspruch und machte geltend: nach § 37 Abs 2 SGB V seien Krankenpflegeleistungen nicht ausgeschlossen, wenn der Versicherte sich nur vorübergehend, z. B. zum Besuch des Kindergartens oder der Schule, außerhalb des Hauses aufhalte. Im übrigen stelle die Einmalkatheterisierung keine Maßnahme der Grundpflege dar, zumal auch nach den "Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung häuslicher Krankenpflege" vom 16.02.2000 unter den Punkten 22. und 23. die Katheterisierung als Teil der Behandlungspflege genannt werde. Insoweit bestehe kein rechtlicher Unterschied, ob eine Einmal- oder eine Dauerkatheterisierung vorgenommen werden müsse. Die Beklagte vertrat demgegenüber weiterhin die Auffassung, die Einmalkatheterisierung falle nicht in ihre Leistungspflicht; überdies werde sie außerhalb des Haushaltes im Kindergarten erbracht. Auch gebe es integrative Kindergärten, die Kinderkrankenschwestern beschäftigten, die die Einmalkatheterisierung durchführen könnten. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin verwies demgegenüber auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des BSG vom 21.11.2002, Az: B 3 KR 13/02 R, demzufolge Leistungen der häuslichen Krankenpflege auch außerhalb der Familienwohnung erbracht werden könnten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch unter Darstellung der insoweit einschlägigen Vorschriften aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend führte sie aus: Die Katheterisierung beziehe sich nach den Richtlinien lediglich auf die Versorgung mit einem Dauerkatheter. Das Legen eines Einmalkatheters werde lediglich im Zusammenhang mit der Restharnbestimmung erwähnt und als ärztliche Leistung deklariert. Bei der Einmalkatheterisierung handele es sich demnach - unabhängig vom Ort der Durchführung - nicht umeine Leistung, die im Rahmen der häuslichen Krankenpflege von der Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden könne.
Die Klägerin hat am 26.02.2003 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Kostenübernahme für die Einmalkatheterisierung im Kindergarten begehrt. Sie trägt unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor: Die am 14.05.200 In Kraft getretenen "Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege" beinhalteten keine abschließende Aufzählung hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen. Wenn die Behandlungspflege zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich sei, könne dieser Anspruch nicht durch Richtlinien ausgeschlossen werden. Die Katheterisierung bei Kindern mit Spina bifida habe immer mittels Einmalkatheterisierung zu erfolgen. Die Klägerin verweist zur Stützung ihrer Rechtsauffassung auf Urteile des Sozialgerichts Köln vom 11.06.2001, Az: S 23 (9) KN 27/99 KR, des LSG NW vom 30.04.2002, Az: L 5 KR 116/01 sowie des Sozialgerichts Regensburg vom 09.10.2003, Az: S 2 KR 87/03.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 26.08.2002 und 09.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003 zu verurteilen, die Kosten für eine häusliche Krankenpflege in Form der Einmalkatheterisierung im jeweils verordneten und erbrachten Umfang für die Zeit ab dem 09.09.2002 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verbleibt demgegenüber bei ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung. Die Richtlinien seien für sie aufgrund ihres normativen Charakters verbindlich; demzufolge dürfe die Einmalkatheterisierung als nicht verordnungsfähige Leistung nicht als Sachleistung durch die Beklagte erbracht werden. Da diese Leistung bereits im Rahmen der Pflegeversicherung berücksichtigt werde, sei eine nochmalige Berücksichtigung als Sachleistung der Krankenversicherung nicht möglich. Die Beklagte hat die erstellten Pflegegutachten in Kopie vorgelegt.
Das Gericht hat zur Frage der medizinischen Notwendigkeit der Katheterisierung einen Befundbericht der nunmehr behandelnden Kinderärztin Frau I eingeholt. In ihrem Schreiben vom 19.01.2004 hat sie ua ausgeführt: Es sei notwendig, die Klägerin 4 bis 5 x täglich zu katheterisieren, da eine aufsteigende Harnwegsinfektgefährdung bei dauernden Restharnbeständen bestehe. Z. Zt. sei eine Einmalkatheterisierung während der Kindergartenzeit und demnächst der Schulzeit dringend erforderlich. Die Mutter der Klägerin sei aufgrund der Betreuungsarbeit für die beiden anderen Kinder nicht in der Lage, dies im Kindergarten selbst zu tun. Auf die beigefügten medizinischen Unterlagen wird Bezug genommen.
Der Anfang September 2002 bei der Stadt N gestellte Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die Einmalkatheterisierung nach dem Bundessozialhilfegesetz wurde mit der Begründung abgelehnt, Maßnahmen zulasten des Sozialhilfeträgers seien grundsätzlich nachrangig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - zulässige Klage ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen ablehnenden Bescheide der Beklagten im Sinne des § 54 Abs 2 S 1 SGG beschwert, denn die Entscheidung der Beklagten ist rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 2 SGB V in Form der Einmalkatheterisierung während der Zeit ihres Kindergartenbesuchs zu gewähren. Die Klägerin hat indessen Anspruch auf Kostenübernahme für die Einmalkatheterisierung durch Mitarbeiter eines Pflegedienstes während des Kindergartenbesuchs im jeweils vertragsärztlich verordneten und erbrachten Umfang.
Gem § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen nach S 2 Nr 4 dieser Vorschrift auch die häusliche Krankenpflege im Sinne des § 37 SGB V.
Die Klägerin hat einen diesbezüglichen Sachleistungsanspruch auf Gewährung von Behandlungspflege nach § 37 SGB V gegenüber der Beklagten. Nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V, der hier einschlägig ist, erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die Notwendigkeit und Erforderlichkeit der häuslichen Krankenpflege als Maßnahme der Behandlungspflege ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den von den behandelnden Kinderärztinnen Frau I und Frau Dr. M-X ausgestellten Verordnungen und den darin angegebenen Diagnosen. Das regelmäßig alle vier Stunden erforderliche Legen eines Blasenkatheters bei der Klägerin stellt eine Maßnahme der Behandlungspflege im Sinne dieser Vorschrift dar. Zur Behandlungspflege gehören alle Pflegemaßnahmen, die durch eine bestimmte Erkrankung verursacht werden, speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu linden. (vgl. hierzu: Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30.10.2001, AZ: B 3 KR 27/01 R) Bei der Klägerin liegt eine neurogene Blasenentleerungsstörung vor, die eine regelmäßige Katheterisierung erforderlich macht, um die Verschlimmerung dieser Erkrankung zu verhindern bzw. das Entstehen weiterer Krankheitsfolgen zu vermeiden. Das Gericht geht im Unterschied zur Beklagten, die die Einmalkatheterisierung als grundpflegerische Verrichtung beurteilt, die mit den Leistungen aus der Pflegeversicherung abgegolten wird, davon aus, dass es sich bei der Einmalkatheterisierung der Klägerin um eine Maßnahme handelt, die sowohl grundpflegerische als auch behandlungspflegerische Elemente enthält, wobei im vorliegenden Fall aufgrund des bei der Klägerin gegebenen Krankheitsbildes die Behandlungspflege im Sinne des § 37 SGB V im Vordergrund steht. Die Kammer sieht sich in ihrer Rechtsauffassung, dass es sich bei der Einmalkatheterisierung nicht um eine lediglich der Grundpflege zuzuordnende Leistung handelt, im übrigen auch durch die Ausführungen in Abschnitt D Nr 5.1.7 der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches bestätigt, worin die Einmalkatheterisierung nicht als bloße grundpflegerische, sondern als krankheitsspezifische Pflegemaßnahme bezeichnet wird. Durch die insoweit gewählte Formulierung wird bereits deutlich, dass ihr eine Sonderstellung zukommt, auch wenn der hiermit für die Pflegeperson verbundene Zeitaufwand zusätzlich zu dem bei der Darm- und Blasenentleerung bestehenden Hilfsbedarf zu berücksichtigen und als Erschwernisfaktor zu werten ist. Dies bedeutet indessen nach Auffassung des Gerichts nicht zwangsläufig, dass die Einmalkatheterisierung als Maßnahme der Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V von vornherein ausgeschlossen ist. Die medizinische Notwendigkeit einer regelmäßigen, in 4-stündigem Abstand vorzunehmenden Katheterisierung ist unbestritten. Hierbei handelt es sich neben der dem grundpflegerischen Bereich zuzuordnenden Hilfe bei der Blasenentleerung darüber hinaus um eine Maßnahme der Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V. Hierzu gehören nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.11.2002, Az: B 3 KR 13/02 R mwN) alle Pflegemaßnahmen, die durch eine bestimmte Erkrankung erforderlich werden, auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten bzw. Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu lindern. Die Einmalkatheterisierung wird zudem ärztlich verordnet und dient dazu, lebensbedrohliche Krankheitsfolgen zu vermeiden. Deshalb geht die Einmalkatheterisierung ihrer Zwecksetzung nach über die bloße Blasenentleerung im Sinne der enumerativ aufgeführten Verrichtungen des § 14 Abs 4 SGB XI hinaus, was ihre Beurteilung als Behandlungspflege aus Sicht des Gerichts rechtfertigt. Angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles hält das Gericht die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.08.1998, Az: B 10 KR 4/97 R), derzufolge krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, die an sich in die Leistungspflicht der Krankenversicherung fallen, nur dann zum Pflegeaufwand nach dem SGB XI gehören, wenn sie entweder a) Bestandteil der Hilfe für die sog Katalogverrichtungen des § 14 Abs 4 SGB XI sind oder b) in unmittelbarem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit dieser Hilfe erforderlich werden, auf den hier gegebenen Sachverhalt für nicht übertragbar.
Es hat daher dabei zu verbleiben, dass es sich bei den verordneten Maßnahmen um im Rahmen der krankenversicherungsrechtlich geregelten Behandlungspflege von der Beklagten zu erbringende Leistungen handelt, soweit sie bei bestehender Schulpflicht in der Schule durchgeführt werden. Ein Versagungsgrund für die Leistungserbringung liegt schließlich auch dann nicht vor, wenn gleichzeitig Leistungen nach dem SGB XI bezogen werden, denn die Vorschriften des Pflegeversicherungsgesetzes stehen der Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege im Sinne des § 37 SGB V neben Pflegeleistungen nach Maßgabe der Regelungen des SGB XI nicht entgegen.
Diesbezüglich ist in § 13 Abs 2 SGB XI bestimmt, dass die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V unberührt bleiben. Damit ist klargestellt, dass auch in den Fällen, in denen Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz erbracht werden, häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V nicht ausgeschlossen ist. Die Erbringung von Behandlungspflege zusätzlich zu Leistungen aus der Pflegeversicherung ist demzufolge ausdrücklich vorgesehen und ergänzt die vielfach unzureichenden Pflegeleistungen.
Hieraus folgt, dass der vorgegebene Katalog der grundpflegerischen Verrichtungen nicht beliebig um weitere Leistungen erweitert werden kann. Das Gericht vermag der Beklagten nicht beizupflichten, soweit sich diese im Hinblick auf die von der Klägerin bereits erhaltenen Leistungen nach der Pflegestufe II gegen eine Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes wendet. In Anbetracht des gegliederten Sozialversicherungssystems ist es unvermeidlich, auch bei einem einheitlich erscheinenden Lebenssachverhalt danach zu unterscheiden, ob ein Anspruch auf Behandlungspflege, die der Krankenversicherung zugeordnet ist, oder auf Grundpflege, die dem Anwendungsbereich des Pflegeversicherungsgesetzes unterfällt, besteht. Insoweit sind die Anspruchsinhalte verschieden. § 37 Abs 2 S 2 SGB V hat sowohl einfache, keine Fachkunde erfordernde als auch qualifizierte, Fachkunde erfordernde behandlungspflegerische Leistungen zum Gegenstand. Dagegen besteht die in § 14 Abs 3 SGB XI geregelte Hilfe in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen, die im einzelnen in § 14 Abs 4 SGB XI aufgeführt sind. Die Kammer hält es deshalb im Ergebnis für nicht zulässig, Verrichtungen, wie die verordneten Leistungen als Grundpflege zu bewerten. Dies hätte zur Folge, dass die Leistungspflicht einer Krankenkasse für die Erbringung solcher Leistungen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V im Falle von Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz von vornherein entfiele, obgleich ein Rechtsanspruch auf Behandlungspflege normiert ist. Nach der derzeit gegebenen Rechtslage besteht sowohl auf Pflegeleistungen nach dem SGB XI als auch auf die Gewährung von Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 SGB V ein Rechtsanspruch des Versicherten, wobei diese Leistungen ggfs. auch nebeneinander zu erbringen sind.
Soweit nach Maßgabe der mit Wirkung zum 14.05.2000 in Kraft getretenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die "Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 und Abs 7 SGB V" in der Fassung vom 16.02.2000, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 13.05.2000, gem Abschnitt I Grundlagen Nr 3 "die in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähigen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege dem dieser Richtlinie angefügten Leistungsverzeichnis zu entnehmen sind und dort nicht aufgeführte Maßnahmen nicht als häusliche Krankenpflege verordnungsfähig sind und von der Krankenkasse nicht genehmigt werden dürfen", hält das Gericht diese Leistungseinschränkung jedenfalls, was den Ausschluss der Einmalkatheterisierung angeht, nicht für verbindlich. Zwar ergibt sich nach Maßgabe der die Katheterisierung regelnden Nrn 22, 23 der vorgenannten Richtlinien, dass hiervon nur die Versorgung eines suprapubischen Katheters bzw. das Legen, Entfernen oder Wechseln eines Dauerkatheters erfasst werden, während die Einmalkatheterisierung an keiner Stelle Erwähnung findet. In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen hat dies zur Folge, dass die Einmalkatheterisierung auch bei unbestritten feststehender Notwendigkeit aus dem Leistungskatalog einer gesetzlichen Krankenversicherung herausfällt. Dieses Ergebnis hält die Kammer für mit geltendem Recht nicht vereinbar. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Klägerin Leistungen aus der Pflegeversicherung erhält. Diese decken jedoch lediglich ihren Grundpflegebedarf ab und stehen einer Inanspruchnahme von Behandlungspflege zu Lasten der Krankenkasse nicht entgegen. Insoweit ist die unterschiedliche Zielsetzung der verschiedenen Gesetzeswerke zu beachten. Während das SGB XI die Pflege des Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung fördern und sicherstellen will, bezwecken die Regelungen des SGB V die Sicherstellung der Krankenbehandlung nach Maßgabe der in § 27 SGB V im einzelnen definierten Behandlungsziele. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass den Richtlinien grundsätzlich normkonkretisierender Charakter zukommt. Anders als die Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 135 SGB V, in denen im einzelnen aufgeführte, bestimmte Diagnose- und Therapieverfahren ausdrücklich aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen sind und hinsichtlich derer das BSG deren Verbindlichkeit für die Leistungsansprüche der Versicherten festgestellt hat, werden in den hier maßgeblichen Richtlinien über die im einzelnen benannten Maßnahmen hinaus sämtliche sonstigen Leistungen von vornherein ausgeschlossen. Hierdurch werden die Rechte der Versicherten auf Krankenbehandlung nach §§ 27, 37 SGB V nach Auffassung des Gerichts in unzulässiger Weise verkürzt, ohne dass hierfür eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht.
§ 37 SGB V sieht seinem Wortlaut nach eine Beschränkung auf bestimmte Maßnahmen der Behandlungspflege nicht vor. Die Einschränkung in Abs 3 dieser Vorschrift bezieht sich lediglich auf die Möglichkeiten anderweitiger Erbringung, was den Maßnahmen nicht den Charakter der Behandlungspflege nimmt. Auch eröffnet § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 und Abs 7 SGB V dem Richtliniengeber nicht so weitgehende Kompetenzen, bestimmte Leistungskomplexe gänzlich von der Möglichkeit einer vertragsärztlichen Verordnung auszuschließen. Die Richtlinien als untergesetzliche Rechtsnormen sind demzufolge nicht geeignet, gesetzliche Ansprüche aus § 37 Abs 2 SGB V einzuschränken. Hierzu bedarf es nach Auffassung des Gerichts eines förmlichen Parlamentsgesetzes, so dass der Ausschluss aller sonstigen als der im einzelnen benannten Maßnahmen nicht hinreichend von einer gesetzlichen Ermächtigung gedeckt ist. Gem § 31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt.
Da eine solche Ermächtigung hier weder in § 37 noch in § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 und Abs 7 SGB V vorliegt, ist der Leistungsausschluss hinsichtlich der Einmalkatheterisierung unwirksam. Ein solcher Leistungsausschluss lässt sich mit dem gesetzlich normierten Anspruch auf umfassende Krankenbehandlung bzw. -pflege nicht in Einklang bringen.
Sollte der Richtliniengeber die Einmalkatheterisierung bei der Aufstellung des Leistungskataloges lediglich vergessen haben, handelt es sich um ein bloßes Redaktionsversehen, das der Leistungsgewährung ebenfalls nicht entgegensteht.
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert der Anspruch der Klägerin gem § 37 Abs 2 S 1 SGB V aber auch nicht daran, dass die Katheterisierung der Klägerin während des Besuchs des Kindergartens und nicht im von der Familienwohnung begründeten häuslichen Bereich durchgeführt wird.
§ 37 Abs 2 S 1 SGB V begrenzt die Leistungspflicht der Krankenkasse indessen nicht räumlich auf den Haushalt des Versicherten oder seine Familie als Leistungsort und schließt medizinisch erforderliche Maßnahmen, die bei vorübergehenden Aufenthalten außerhalb der Familienwohnung anfallen, dann nicht aus, wenn sich der Versicherte ansonsten ständig in seinem Haushalt bzw. in seiner Familie aufhält und dort seinen Lebensmittelpunkt hat. (vgl. hierzu: Urteil des BSG vom 21.11.2002, Az: B 3 KR 13/02 R) Die zutreffende Auslegung des § 37 SGB V ergibt, dass der Anspruch auf Behandlungspflege auch dann besteht, wenn sich ein Versicherter vorübergehend nicht in seinem Haushalt oder dem Haushalt seiner Familie aufhält ... Der Wortlaut der hier maßgeblichen Vorschrift rechtfertigt die von der Beklagten angenommene Begrenzung nicht. Die erweiternde Auslegung des § 37 Ab 2 S 1 SGB V ist nach seinem Wortlaut nicht nur möglich, sondern nach Sinn und Zweck der Bestimmung sowie nach dem Gebot der versichertenfreundlichen Auslegung, wie es aus § 2 Abs 2 SGB I zu entnehmen ist, auch geboten. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 3 ff. SGB I aufgeführten sozialen Rechte, zu denen auch die notwendige Krankenversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, bei der Auslegung des SGB und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten. Dabei ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.
Nach § 2 Abs 1 SGB I dienen die sozialen Rechte der Erfüllung der in § 1 SGB I genannten Aufgaben, insbesondere der Schaffung gleicher Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit junger Menschen. Dazu gehört bei Kindern die Wiederherstellung und Sicherung der Möglichkeit zur sozialen Integration unter Gleichaltrigen in einem Kindergarten bzw. einer Kindertagesstätte sowie der Schulfähigkeit nach Eintritt der Schulpflicht. (vgl. hierzu: BSG aaO)
Der Wortlaut des § 37 Abs 2 S 1 SGB V führt mit "in ihrem Haushalt" und "in ihrer Familie" zwei Alternativen auf, bei denen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege zu erbringen ist. Entweder befindet sich der Versicherte in seinem Haushalt oder in seiner Familie. Dies ist hier der Fall, denn die Klägerin lebt auch trotz kurzfristiger Abwesenheit während des Kindergartenbesuchs weiterhin in ihrer Familie. Der Wortlaut der Vorschrift fordert nicht, dass sich der Versicherte in dem Haushalt seiner Familie aufhält. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gebrauch der Formulierung "als häusliche Krankenpflege". Diese beinhaltet lediglich, dass die Leistung der Krankenkasse, die Behandlungspflege, als "häusliche Krankenpflege" qualifiziert wird, gerade auch dann, wenn sich ein Versicherter zwar in seiner Familie, aber nicht in deren Haushalt befindet. Diese Qualifizierung der Leistung Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege wäre nicht notwendig gewesen, wenn es ohnehin immer auf den Haushalt des Versicherten oder den seiner Familie ankäme. Insoweit ist die Gewährung von Behandlungspflege außerhalb des eigenen oder aber des Haushalts der Familie nicht ausgeschlossen. Dem Gesetzgeber ging es bei der Umschreibung des Aufenthaltsortes des Versicherten im Rahmen der Behandlungspflege vor allem um die Abgrenzung zur Leistungserbringung im stationären Bereich. Die Regelung geht davon aus, dass Behandlungspflege dort zu erbringen ist, wo die Versorgung des Versicherten mit Grundpflege und hauswirtschaftlicher Hilfe sichergestellt ist. Ebenso wie im Bereich der Pflegeversicherung kann auch bei der Behandlungspflege der Anspruch des Versicherten nicht davon abhängen, ob er sich zu Hause aufhält. Im Hinblick auf den vorrangigen Zweck der Behandlungspflege, das Ziel der ärztlichen Behandlung, also die Heilung, Besserung oder die Verhütung einer Verschlimmerung einer Krankheit zu sichern, ist der Aufenthaltsort des Versicherten - sofern nicht Krankenhausbehandlung oder vollstationäre Pflege vorliegt - ohne Belang.
Im vorliegenden Fall kann die Sicherung des Erfolgs der ärztlichen Behandlung der Klägerin während des Kindergartenbesuchs in gleicher Weise erreicht werden wie zu Hause.
Die Familie bildet trotz des an 5 Tagen in der Woche erfolgenden Kindergartenbesuchs weiter den Lebensmittelpunkt der Klägerin, an den sie regelmäßig und auf Dauer zurückkehrt. Der vom Gesetzgeber gebrauchte Begriff der Familie würde unzulässig verengt, wollte man in diesen Zusammenhang den örtlichen Aufenthalt des Versicherten im Haushalt er Familie als Voraussetzung für die Gewährung von Behandlungspflege fordern. Eine nur kurzfristige Abwesenheit zum Zwecke des Kindergartenbesuchs lässt den Lebensmittelpunkt des Versicherten in seiner Familie unberührt und belässt ihm den Anspruch auf Behandlungspflege im Sinne des § 37 Abs 2 SGB V.
Ansprüche gegen den Träger der Eingliederungshilfe sind gem § 2 Abs 1 des BSHG gegenüber dem Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung subsidiär.
Der Anspruch der Klägerin ist schließlich auch nicht gem § 37 Abs 3 SGB V ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann. Die Mutter der Klägerin ist zwar in der Lage, ihre Tochter mit den erforderlichen pflegerischen Maßnahmen zu versorgen, und erfüllt diese Aufgabe auch immer dann, wenn sie zu Hause ist. Ihr ist es jedoch wegen der Versorgung der Geschwister der Klägerin und des Haushalts nicht zumutbar, ihre Tochter auch während des Kindergartenbesuchs zu katheterisieren. Insoweit sind bei der Inanspruchnahme von Haushaltsangehörigen zur Entlastung der Krankenversicherung nach § 37 Abs 3 SGB V Grenzen der Zumutbarkeit gesetzt. Dies gilt insbesondere im Falle eigener Erkrankung oder Erkrankung der Geschwister der Klägerin. Die Klägerin ist auch nicht auf die Inanspruchnahme der Leistungen eines integrativen Kindergartens verweisbar. Insoweit bleibt es den Erziehungsberechtigten überlassen, welche Bildungsmöglichkeiten sie für ihre Kinder auswählen.
Nach alledem erweist sich der Klage Anspruch in vollem Umfang als begründet und die Beklagte ist antragsgemäß zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten der Einmalkatheterisierung der Klägerin im Kindergarten im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs 2 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - SGB V - zu übernehmen hat.
Die am 00.00.1997 geborene, bei der Beklagten familienversicherte Klägerin leidet einer neurogenen Blasenstörung bei Caudasyndrom, Zustand nach Spina bifida aperta Hydrocephalus internus, schlaffe Paraplegie, Zustand nach Klumpfußoperation beidseits. Aufgrund der angeborenen Blasenlähmung ist es erforderlich, dass die Klägerin alle 4 Stunden katheterisiert wird. In den häuslichen Umgebung werden diese Maßnahmen von ihrer Mutter durchgeführt. Die Klägerin ist in die Pflegestufe II eingestuft und erhält Pflegegeld.
Seit September 2002 besucht die Klägerin einen Ganztagsregelkindergarten. Im August 2002 beantragte die Mutter der Klägerin die Kostenübernahme für eine Einmalkatheterisierung im Kindergarten durch einen Pflegedienst. Zur Begründung legte sie eine Bescheinigung der Kinderärztin Frau Dr. M-X vom 12.08.2002 vor, worin sie die Erforderlichkeit einer alle 4 Stunden erfolgenden Katheterisierung bestätigte, um weiteren Komplikationen vorzubeugen. Des weiteren fügte sie Verordnungen häuslicher Krankenpflege zur Sicherung der ambulanten Behandlung ab dem 09.09.2002 bei.
Im Schreiben vom 26.08.2002 und förmlichem Bescheid vom 09.09.2002 lehnte die Beklagte die Genehmigung häuslicher Krankenpflege zur Einmalkatheterisierung mit der Begründung ab, die Einmalkatheterisierung sei im Rahmen der häuslichen Krankenpflege weder verordnungsfähig noch durch einen Pflegedienst abrechenbar. Eine Kostenübernahme sei nur dann möglich, wenn es sich um den Wechsel eines transurethralen Dauerkatheters handele, was hier nicht der Fall sei. Überdies werde eine Leistungserbringung im Kindergarten, in der Schule oder in sonstigen außerfamiliären Einrichtungen vom Gesetz nicht erfasst und löse auch keine Leistungspflicht der Beklagten aus.
Schließlich handele es sich bei der beantragten Leistung um eine Hilfe bei der Ausscheidung, welche bei der Pflegestufenbestimmung in einem zeitlichen Umfang von 8 x täglich Anrechnung gefunden habe. Eine zusätzliche Vergütung durch die Krankenkasse könne nicht erfolgen. Hiergegen erhob die Klägerin am 07.10.2002 durch ihre Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten Widerspruch und machte geltend: nach § 37 Abs 2 SGB V seien Krankenpflegeleistungen nicht ausgeschlossen, wenn der Versicherte sich nur vorübergehend, z. B. zum Besuch des Kindergartens oder der Schule, außerhalb des Hauses aufhalte. Im übrigen stelle die Einmalkatheterisierung keine Maßnahme der Grundpflege dar, zumal auch nach den "Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung häuslicher Krankenpflege" vom 16.02.2000 unter den Punkten 22. und 23. die Katheterisierung als Teil der Behandlungspflege genannt werde. Insoweit bestehe kein rechtlicher Unterschied, ob eine Einmal- oder eine Dauerkatheterisierung vorgenommen werden müsse. Die Beklagte vertrat demgegenüber weiterhin die Auffassung, die Einmalkatheterisierung falle nicht in ihre Leistungspflicht; überdies werde sie außerhalb des Haushaltes im Kindergarten erbracht. Auch gebe es integrative Kindergärten, die Kinderkrankenschwestern beschäftigten, die die Einmalkatheterisierung durchführen könnten. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin verwies demgegenüber auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des BSG vom 21.11.2002, Az: B 3 KR 13/02 R, demzufolge Leistungen der häuslichen Krankenpflege auch außerhalb der Familienwohnung erbracht werden könnten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch unter Darstellung der insoweit einschlägigen Vorschriften aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend führte sie aus: Die Katheterisierung beziehe sich nach den Richtlinien lediglich auf die Versorgung mit einem Dauerkatheter. Das Legen eines Einmalkatheters werde lediglich im Zusammenhang mit der Restharnbestimmung erwähnt und als ärztliche Leistung deklariert. Bei der Einmalkatheterisierung handele es sich demnach - unabhängig vom Ort der Durchführung - nicht umeine Leistung, die im Rahmen der häuslichen Krankenpflege von der Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden könne.
Die Klägerin hat am 26.02.2003 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Kostenübernahme für die Einmalkatheterisierung im Kindergarten begehrt. Sie trägt unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor: Die am 14.05.200 In Kraft getretenen "Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege" beinhalteten keine abschließende Aufzählung hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen. Wenn die Behandlungspflege zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich sei, könne dieser Anspruch nicht durch Richtlinien ausgeschlossen werden. Die Katheterisierung bei Kindern mit Spina bifida habe immer mittels Einmalkatheterisierung zu erfolgen. Die Klägerin verweist zur Stützung ihrer Rechtsauffassung auf Urteile des Sozialgerichts Köln vom 11.06.2001, Az: S 23 (9) KN 27/99 KR, des LSG NW vom 30.04.2002, Az: L 5 KR 116/01 sowie des Sozialgerichts Regensburg vom 09.10.2003, Az: S 2 KR 87/03.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 26.08.2002 und 09.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003 zu verurteilen, die Kosten für eine häusliche Krankenpflege in Form der Einmalkatheterisierung im jeweils verordneten und erbrachten Umfang für die Zeit ab dem 09.09.2002 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verbleibt demgegenüber bei ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung. Die Richtlinien seien für sie aufgrund ihres normativen Charakters verbindlich; demzufolge dürfe die Einmalkatheterisierung als nicht verordnungsfähige Leistung nicht als Sachleistung durch die Beklagte erbracht werden. Da diese Leistung bereits im Rahmen der Pflegeversicherung berücksichtigt werde, sei eine nochmalige Berücksichtigung als Sachleistung der Krankenversicherung nicht möglich. Die Beklagte hat die erstellten Pflegegutachten in Kopie vorgelegt.
Das Gericht hat zur Frage der medizinischen Notwendigkeit der Katheterisierung einen Befundbericht der nunmehr behandelnden Kinderärztin Frau I eingeholt. In ihrem Schreiben vom 19.01.2004 hat sie ua ausgeführt: Es sei notwendig, die Klägerin 4 bis 5 x täglich zu katheterisieren, da eine aufsteigende Harnwegsinfektgefährdung bei dauernden Restharnbeständen bestehe. Z. Zt. sei eine Einmalkatheterisierung während der Kindergartenzeit und demnächst der Schulzeit dringend erforderlich. Die Mutter der Klägerin sei aufgrund der Betreuungsarbeit für die beiden anderen Kinder nicht in der Lage, dies im Kindergarten selbst zu tun. Auf die beigefügten medizinischen Unterlagen wird Bezug genommen.
Der Anfang September 2002 bei der Stadt N gestellte Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die Einmalkatheterisierung nach dem Bundessozialhilfegesetz wurde mit der Begründung abgelehnt, Maßnahmen zulasten des Sozialhilfeträgers seien grundsätzlich nachrangig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - zulässige Klage ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen ablehnenden Bescheide der Beklagten im Sinne des § 54 Abs 2 S 1 SGG beschwert, denn die Entscheidung der Beklagten ist rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 2 SGB V in Form der Einmalkatheterisierung während der Zeit ihres Kindergartenbesuchs zu gewähren. Die Klägerin hat indessen Anspruch auf Kostenübernahme für die Einmalkatheterisierung durch Mitarbeiter eines Pflegedienstes während des Kindergartenbesuchs im jeweils vertragsärztlich verordneten und erbrachten Umfang.
Gem § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen nach S 2 Nr 4 dieser Vorschrift auch die häusliche Krankenpflege im Sinne des § 37 SGB V.
Die Klägerin hat einen diesbezüglichen Sachleistungsanspruch auf Gewährung von Behandlungspflege nach § 37 SGB V gegenüber der Beklagten. Nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V, der hier einschlägig ist, erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die Notwendigkeit und Erforderlichkeit der häuslichen Krankenpflege als Maßnahme der Behandlungspflege ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den von den behandelnden Kinderärztinnen Frau I und Frau Dr. M-X ausgestellten Verordnungen und den darin angegebenen Diagnosen. Das regelmäßig alle vier Stunden erforderliche Legen eines Blasenkatheters bei der Klägerin stellt eine Maßnahme der Behandlungspflege im Sinne dieser Vorschrift dar. Zur Behandlungspflege gehören alle Pflegemaßnahmen, die durch eine bestimmte Erkrankung verursacht werden, speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu linden. (vgl. hierzu: Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30.10.2001, AZ: B 3 KR 27/01 R) Bei der Klägerin liegt eine neurogene Blasenentleerungsstörung vor, die eine regelmäßige Katheterisierung erforderlich macht, um die Verschlimmerung dieser Erkrankung zu verhindern bzw. das Entstehen weiterer Krankheitsfolgen zu vermeiden. Das Gericht geht im Unterschied zur Beklagten, die die Einmalkatheterisierung als grundpflegerische Verrichtung beurteilt, die mit den Leistungen aus der Pflegeversicherung abgegolten wird, davon aus, dass es sich bei der Einmalkatheterisierung der Klägerin um eine Maßnahme handelt, die sowohl grundpflegerische als auch behandlungspflegerische Elemente enthält, wobei im vorliegenden Fall aufgrund des bei der Klägerin gegebenen Krankheitsbildes die Behandlungspflege im Sinne des § 37 SGB V im Vordergrund steht. Die Kammer sieht sich in ihrer Rechtsauffassung, dass es sich bei der Einmalkatheterisierung nicht um eine lediglich der Grundpflege zuzuordnende Leistung handelt, im übrigen auch durch die Ausführungen in Abschnitt D Nr 5.1.7 der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches bestätigt, worin die Einmalkatheterisierung nicht als bloße grundpflegerische, sondern als krankheitsspezifische Pflegemaßnahme bezeichnet wird. Durch die insoweit gewählte Formulierung wird bereits deutlich, dass ihr eine Sonderstellung zukommt, auch wenn der hiermit für die Pflegeperson verbundene Zeitaufwand zusätzlich zu dem bei der Darm- und Blasenentleerung bestehenden Hilfsbedarf zu berücksichtigen und als Erschwernisfaktor zu werten ist. Dies bedeutet indessen nach Auffassung des Gerichts nicht zwangsläufig, dass die Einmalkatheterisierung als Maßnahme der Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V von vornherein ausgeschlossen ist. Die medizinische Notwendigkeit einer regelmäßigen, in 4-stündigem Abstand vorzunehmenden Katheterisierung ist unbestritten. Hierbei handelt es sich neben der dem grundpflegerischen Bereich zuzuordnenden Hilfe bei der Blasenentleerung darüber hinaus um eine Maßnahme der Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V. Hierzu gehören nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.11.2002, Az: B 3 KR 13/02 R mwN) alle Pflegemaßnahmen, die durch eine bestimmte Erkrankung erforderlich werden, auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten bzw. Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu lindern. Die Einmalkatheterisierung wird zudem ärztlich verordnet und dient dazu, lebensbedrohliche Krankheitsfolgen zu vermeiden. Deshalb geht die Einmalkatheterisierung ihrer Zwecksetzung nach über die bloße Blasenentleerung im Sinne der enumerativ aufgeführten Verrichtungen des § 14 Abs 4 SGB XI hinaus, was ihre Beurteilung als Behandlungspflege aus Sicht des Gerichts rechtfertigt. Angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles hält das Gericht die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.08.1998, Az: B 10 KR 4/97 R), derzufolge krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, die an sich in die Leistungspflicht der Krankenversicherung fallen, nur dann zum Pflegeaufwand nach dem SGB XI gehören, wenn sie entweder a) Bestandteil der Hilfe für die sog Katalogverrichtungen des § 14 Abs 4 SGB XI sind oder b) in unmittelbarem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit dieser Hilfe erforderlich werden, auf den hier gegebenen Sachverhalt für nicht übertragbar.
Es hat daher dabei zu verbleiben, dass es sich bei den verordneten Maßnahmen um im Rahmen der krankenversicherungsrechtlich geregelten Behandlungspflege von der Beklagten zu erbringende Leistungen handelt, soweit sie bei bestehender Schulpflicht in der Schule durchgeführt werden. Ein Versagungsgrund für die Leistungserbringung liegt schließlich auch dann nicht vor, wenn gleichzeitig Leistungen nach dem SGB XI bezogen werden, denn die Vorschriften des Pflegeversicherungsgesetzes stehen der Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege im Sinne des § 37 SGB V neben Pflegeleistungen nach Maßgabe der Regelungen des SGB XI nicht entgegen.
Diesbezüglich ist in § 13 Abs 2 SGB XI bestimmt, dass die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V unberührt bleiben. Damit ist klargestellt, dass auch in den Fällen, in denen Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz erbracht werden, häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V nicht ausgeschlossen ist. Die Erbringung von Behandlungspflege zusätzlich zu Leistungen aus der Pflegeversicherung ist demzufolge ausdrücklich vorgesehen und ergänzt die vielfach unzureichenden Pflegeleistungen.
Hieraus folgt, dass der vorgegebene Katalog der grundpflegerischen Verrichtungen nicht beliebig um weitere Leistungen erweitert werden kann. Das Gericht vermag der Beklagten nicht beizupflichten, soweit sich diese im Hinblick auf die von der Klägerin bereits erhaltenen Leistungen nach der Pflegestufe II gegen eine Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes wendet. In Anbetracht des gegliederten Sozialversicherungssystems ist es unvermeidlich, auch bei einem einheitlich erscheinenden Lebenssachverhalt danach zu unterscheiden, ob ein Anspruch auf Behandlungspflege, die der Krankenversicherung zugeordnet ist, oder auf Grundpflege, die dem Anwendungsbereich des Pflegeversicherungsgesetzes unterfällt, besteht. Insoweit sind die Anspruchsinhalte verschieden. § 37 Abs 2 S 2 SGB V hat sowohl einfache, keine Fachkunde erfordernde als auch qualifizierte, Fachkunde erfordernde behandlungspflegerische Leistungen zum Gegenstand. Dagegen besteht die in § 14 Abs 3 SGB XI geregelte Hilfe in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen, die im einzelnen in § 14 Abs 4 SGB XI aufgeführt sind. Die Kammer hält es deshalb im Ergebnis für nicht zulässig, Verrichtungen, wie die verordneten Leistungen als Grundpflege zu bewerten. Dies hätte zur Folge, dass die Leistungspflicht einer Krankenkasse für die Erbringung solcher Leistungen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V im Falle von Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz von vornherein entfiele, obgleich ein Rechtsanspruch auf Behandlungspflege normiert ist. Nach der derzeit gegebenen Rechtslage besteht sowohl auf Pflegeleistungen nach dem SGB XI als auch auf die Gewährung von Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 SGB V ein Rechtsanspruch des Versicherten, wobei diese Leistungen ggfs. auch nebeneinander zu erbringen sind.
Soweit nach Maßgabe der mit Wirkung zum 14.05.2000 in Kraft getretenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die "Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 und Abs 7 SGB V" in der Fassung vom 16.02.2000, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 13.05.2000, gem Abschnitt I Grundlagen Nr 3 "die in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähigen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege dem dieser Richtlinie angefügten Leistungsverzeichnis zu entnehmen sind und dort nicht aufgeführte Maßnahmen nicht als häusliche Krankenpflege verordnungsfähig sind und von der Krankenkasse nicht genehmigt werden dürfen", hält das Gericht diese Leistungseinschränkung jedenfalls, was den Ausschluss der Einmalkatheterisierung angeht, nicht für verbindlich. Zwar ergibt sich nach Maßgabe der die Katheterisierung regelnden Nrn 22, 23 der vorgenannten Richtlinien, dass hiervon nur die Versorgung eines suprapubischen Katheters bzw. das Legen, Entfernen oder Wechseln eines Dauerkatheters erfasst werden, während die Einmalkatheterisierung an keiner Stelle Erwähnung findet. In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen hat dies zur Folge, dass die Einmalkatheterisierung auch bei unbestritten feststehender Notwendigkeit aus dem Leistungskatalog einer gesetzlichen Krankenversicherung herausfällt. Dieses Ergebnis hält die Kammer für mit geltendem Recht nicht vereinbar. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Klägerin Leistungen aus der Pflegeversicherung erhält. Diese decken jedoch lediglich ihren Grundpflegebedarf ab und stehen einer Inanspruchnahme von Behandlungspflege zu Lasten der Krankenkasse nicht entgegen. Insoweit ist die unterschiedliche Zielsetzung der verschiedenen Gesetzeswerke zu beachten. Während das SGB XI die Pflege des Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung fördern und sicherstellen will, bezwecken die Regelungen des SGB V die Sicherstellung der Krankenbehandlung nach Maßgabe der in § 27 SGB V im einzelnen definierten Behandlungsziele. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass den Richtlinien grundsätzlich normkonkretisierender Charakter zukommt. Anders als die Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 135 SGB V, in denen im einzelnen aufgeführte, bestimmte Diagnose- und Therapieverfahren ausdrücklich aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen sind und hinsichtlich derer das BSG deren Verbindlichkeit für die Leistungsansprüche der Versicherten festgestellt hat, werden in den hier maßgeblichen Richtlinien über die im einzelnen benannten Maßnahmen hinaus sämtliche sonstigen Leistungen von vornherein ausgeschlossen. Hierdurch werden die Rechte der Versicherten auf Krankenbehandlung nach §§ 27, 37 SGB V nach Auffassung des Gerichts in unzulässiger Weise verkürzt, ohne dass hierfür eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht.
§ 37 SGB V sieht seinem Wortlaut nach eine Beschränkung auf bestimmte Maßnahmen der Behandlungspflege nicht vor. Die Einschränkung in Abs 3 dieser Vorschrift bezieht sich lediglich auf die Möglichkeiten anderweitiger Erbringung, was den Maßnahmen nicht den Charakter der Behandlungspflege nimmt. Auch eröffnet § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 und Abs 7 SGB V dem Richtliniengeber nicht so weitgehende Kompetenzen, bestimmte Leistungskomplexe gänzlich von der Möglichkeit einer vertragsärztlichen Verordnung auszuschließen. Die Richtlinien als untergesetzliche Rechtsnormen sind demzufolge nicht geeignet, gesetzliche Ansprüche aus § 37 Abs 2 SGB V einzuschränken. Hierzu bedarf es nach Auffassung des Gerichts eines förmlichen Parlamentsgesetzes, so dass der Ausschluss aller sonstigen als der im einzelnen benannten Maßnahmen nicht hinreichend von einer gesetzlichen Ermächtigung gedeckt ist. Gem § 31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt.
Da eine solche Ermächtigung hier weder in § 37 noch in § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 und Abs 7 SGB V vorliegt, ist der Leistungsausschluss hinsichtlich der Einmalkatheterisierung unwirksam. Ein solcher Leistungsausschluss lässt sich mit dem gesetzlich normierten Anspruch auf umfassende Krankenbehandlung bzw. -pflege nicht in Einklang bringen.
Sollte der Richtliniengeber die Einmalkatheterisierung bei der Aufstellung des Leistungskataloges lediglich vergessen haben, handelt es sich um ein bloßes Redaktionsversehen, das der Leistungsgewährung ebenfalls nicht entgegensteht.
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert der Anspruch der Klägerin gem § 37 Abs 2 S 1 SGB V aber auch nicht daran, dass die Katheterisierung der Klägerin während des Besuchs des Kindergartens und nicht im von der Familienwohnung begründeten häuslichen Bereich durchgeführt wird.
§ 37 Abs 2 S 1 SGB V begrenzt die Leistungspflicht der Krankenkasse indessen nicht räumlich auf den Haushalt des Versicherten oder seine Familie als Leistungsort und schließt medizinisch erforderliche Maßnahmen, die bei vorübergehenden Aufenthalten außerhalb der Familienwohnung anfallen, dann nicht aus, wenn sich der Versicherte ansonsten ständig in seinem Haushalt bzw. in seiner Familie aufhält und dort seinen Lebensmittelpunkt hat. (vgl. hierzu: Urteil des BSG vom 21.11.2002, Az: B 3 KR 13/02 R) Die zutreffende Auslegung des § 37 SGB V ergibt, dass der Anspruch auf Behandlungspflege auch dann besteht, wenn sich ein Versicherter vorübergehend nicht in seinem Haushalt oder dem Haushalt seiner Familie aufhält ... Der Wortlaut der hier maßgeblichen Vorschrift rechtfertigt die von der Beklagten angenommene Begrenzung nicht. Die erweiternde Auslegung des § 37 Ab 2 S 1 SGB V ist nach seinem Wortlaut nicht nur möglich, sondern nach Sinn und Zweck der Bestimmung sowie nach dem Gebot der versichertenfreundlichen Auslegung, wie es aus § 2 Abs 2 SGB I zu entnehmen ist, auch geboten. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 3 ff. SGB I aufgeführten sozialen Rechte, zu denen auch die notwendige Krankenversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, bei der Auslegung des SGB und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten. Dabei ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.
Nach § 2 Abs 1 SGB I dienen die sozialen Rechte der Erfüllung der in § 1 SGB I genannten Aufgaben, insbesondere der Schaffung gleicher Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit junger Menschen. Dazu gehört bei Kindern die Wiederherstellung und Sicherung der Möglichkeit zur sozialen Integration unter Gleichaltrigen in einem Kindergarten bzw. einer Kindertagesstätte sowie der Schulfähigkeit nach Eintritt der Schulpflicht. (vgl. hierzu: BSG aaO)
Der Wortlaut des § 37 Abs 2 S 1 SGB V führt mit "in ihrem Haushalt" und "in ihrer Familie" zwei Alternativen auf, bei denen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege zu erbringen ist. Entweder befindet sich der Versicherte in seinem Haushalt oder in seiner Familie. Dies ist hier der Fall, denn die Klägerin lebt auch trotz kurzfristiger Abwesenheit während des Kindergartenbesuchs weiterhin in ihrer Familie. Der Wortlaut der Vorschrift fordert nicht, dass sich der Versicherte in dem Haushalt seiner Familie aufhält. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gebrauch der Formulierung "als häusliche Krankenpflege". Diese beinhaltet lediglich, dass die Leistung der Krankenkasse, die Behandlungspflege, als "häusliche Krankenpflege" qualifiziert wird, gerade auch dann, wenn sich ein Versicherter zwar in seiner Familie, aber nicht in deren Haushalt befindet. Diese Qualifizierung der Leistung Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege wäre nicht notwendig gewesen, wenn es ohnehin immer auf den Haushalt des Versicherten oder den seiner Familie ankäme. Insoweit ist die Gewährung von Behandlungspflege außerhalb des eigenen oder aber des Haushalts der Familie nicht ausgeschlossen. Dem Gesetzgeber ging es bei der Umschreibung des Aufenthaltsortes des Versicherten im Rahmen der Behandlungspflege vor allem um die Abgrenzung zur Leistungserbringung im stationären Bereich. Die Regelung geht davon aus, dass Behandlungspflege dort zu erbringen ist, wo die Versorgung des Versicherten mit Grundpflege und hauswirtschaftlicher Hilfe sichergestellt ist. Ebenso wie im Bereich der Pflegeversicherung kann auch bei der Behandlungspflege der Anspruch des Versicherten nicht davon abhängen, ob er sich zu Hause aufhält. Im Hinblick auf den vorrangigen Zweck der Behandlungspflege, das Ziel der ärztlichen Behandlung, also die Heilung, Besserung oder die Verhütung einer Verschlimmerung einer Krankheit zu sichern, ist der Aufenthaltsort des Versicherten - sofern nicht Krankenhausbehandlung oder vollstationäre Pflege vorliegt - ohne Belang.
Im vorliegenden Fall kann die Sicherung des Erfolgs der ärztlichen Behandlung der Klägerin während des Kindergartenbesuchs in gleicher Weise erreicht werden wie zu Hause.
Die Familie bildet trotz des an 5 Tagen in der Woche erfolgenden Kindergartenbesuchs weiter den Lebensmittelpunkt der Klägerin, an den sie regelmäßig und auf Dauer zurückkehrt. Der vom Gesetzgeber gebrauchte Begriff der Familie würde unzulässig verengt, wollte man in diesen Zusammenhang den örtlichen Aufenthalt des Versicherten im Haushalt er Familie als Voraussetzung für die Gewährung von Behandlungspflege fordern. Eine nur kurzfristige Abwesenheit zum Zwecke des Kindergartenbesuchs lässt den Lebensmittelpunkt des Versicherten in seiner Familie unberührt und belässt ihm den Anspruch auf Behandlungspflege im Sinne des § 37 Abs 2 SGB V.
Ansprüche gegen den Träger der Eingliederungshilfe sind gem § 2 Abs 1 des BSHG gegenüber dem Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung subsidiär.
Der Anspruch der Klägerin ist schließlich auch nicht gem § 37 Abs 3 SGB V ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann. Die Mutter der Klägerin ist zwar in der Lage, ihre Tochter mit den erforderlichen pflegerischen Maßnahmen zu versorgen, und erfüllt diese Aufgabe auch immer dann, wenn sie zu Hause ist. Ihr ist es jedoch wegen der Versorgung der Geschwister der Klägerin und des Haushalts nicht zumutbar, ihre Tochter auch während des Kindergartenbesuchs zu katheterisieren. Insoweit sind bei der Inanspruchnahme von Haushaltsangehörigen zur Entlastung der Krankenversicherung nach § 37 Abs 3 SGB V Grenzen der Zumutbarkeit gesetzt. Dies gilt insbesondere im Falle eigener Erkrankung oder Erkrankung der Geschwister der Klägerin. Die Klägerin ist auch nicht auf die Inanspruchnahme der Leistungen eines integrativen Kindergartens verweisbar. Insoweit bleibt es den Erziehungsberechtigten überlassen, welche Bildungsmöglichkeiten sie für ihre Kinder auswählen.
Nach alledem erweist sich der Klage Anspruch in vollem Umfang als begründet und die Beklagte ist antragsgemäß zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
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