Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Oldenburg (NSB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 15/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 18. April 2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten einen Zuschuß zur Herstellung eines überdachten Sitzplatzes in seinem Garten als Maßnahme der Pflegeversicherung zur Verbesserung seines individuellen Wohnumfeldes.
Der 1933 geborene Kläger leidet an den Folgen der Alzheimer Krankheit; er ist der Pflegestufe III zugeordnet. Nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN) vom 9. Juni 1997 ist der Kläger nicht orientiert, koordinierte Handlungsabläufe sind nicht mehr gegeben; der Kläger ist auf den Rollstuhl angewiesen und kann diesen nicht eigenständig nutzen. Im März 1998 beantragte der Kläger einen Zuschuß für die Herstellung eines überdachten Sitzplatzes in seinem Garten. Frische Luft tue ihm gut, lindere seine Beschwerden und habe einen guten Einfluß auf sein Allgemeinbefinden. Er sei deshalb bestrebt, sich möglichst häufig im Garten aufzuhalten. Das von ihm bewohnte Erdgeschoß des Hauses befinde sich etwa 2 m über dem Boden. Um in den Garten zu gelangen, müsse er mit dem Rollstuhl über eine an das Wohnzimmer angrenzende Treppe verbracht werden. Dies könne seine Ehefrau nicht ohne fremde Hilfe leisten. Ein Treppenlift koste 32.000 DM, was seine finanziellen Mittel übersteige. Ein überdachter Sitzplatz im Garten könne zumindest insoweit Abhilfe schaffen, als er bei plötzlichem Witterungsumschwung vorübergehend Schutz vor Nässe biete, bis fremde Hilfe eingetroffen sei, um ihn wieder ins Wohnhaus zu befördern. Der Kostenvoranschlag für den vom Kläger geplanten Sitzplatz im Garten belief sich auf 2.618,97 DM. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Juni 1998 ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. September 1998).
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen (Urteil vom 23. November 1999). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. April 2000): Die Beklagte sei bei der Ablehnung des Zuschusses zutreffend davon ausgegangen, daß "Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen" nicht solche Veränderungen umfassen, die außerhalb des Bereichs häuslicher Pflege liegen. Die Erforderlichkeit einer Maßnahme könne nicht stets und vollständig nach den individuellen Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten des Einzelnen beurteilt werden. Im Interesse der Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft müßten vielmehr die individuellen Bedürfnisse eine Begrenzung unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit der Versichertengemeinschaft erfahren. Dies rechtfertige es, den Begriff des individuellen Wohnumfeldes im wesentlichen auf die Wohnung selbst und deren unmittelbaren Zugang zu begrenzen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 40 Abs 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Das LSG begrenze die Zuschußfähigkeit im Rahmen des § 40 Abs 4 SGB XI zu Unrecht auf Maßnahmen innerhalb der Wohnung. Der Wortlaut der Vorschrift sehe eine solche Begrenzung nicht vor. Zum häuslichen Wohnumfeld gehöre auch ein Freisitz im Garten. Ein solcher Freisitz erleichtere die von seiner Ehefrau zu erbringende Pflege ganz erheblich. Sie könne während des geschützten Aufenthaltes im Freien häusliche Arbeiten verrichten und die hauswirtschaftliche Versorgung sicherstellen. Der Aufenthalt im eigenen Garten diene auch zur Aufrechterhaltung der elementaren Lebensführung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 18. April 2000 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 23. November 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses für die Errichtung eines überdachten Sitzplatzes in seinem Garten neu zu bescheiden, weil es an den Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung fehlt.
Nach § 40 Abs 4 SGB XI können die Pflegekassen Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes subsidiär bezuschussen. Nach den Feststellungen des LSG ist nicht zu erkennen, daß in bezug auf die streitigen Maßnahmen ein vorrangig verpflichteter Leistungsträger - etwa die Krankenversicherung im Wege der Hilfsmittelversorgung - in Betracht kommt, so daß die Beklagte zuständig wäre.
Die Ablehnung des begehrten Zuschusses war jedoch nicht rechtswidrig. § 40 Abs 4 SGB XI läßt die Gewährung eines Zuschusses für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nur zu, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Da der Kläger im Hinblick auf die schwerwiegende Grunderkrankung, an der er leidet, zu einer selbständigen Lebensführung nicht mehr in der Lage ist, war nur zu prüfen, ob eine Bezuschussung unter dem Aspekt der Ermöglichung oder der wesentlichen Erleichterung der Pflege in Betracht kommt.
Der überdachte Sitzplatz im Garten soll dem Zweck dienen, einen Aufenthalt des Klägers auch an Tagen mit unsicherer Wetterprognose zu ermöglichen, weil die den Kläger pflegende Ehefrau nicht in der Lage ist, ihren Mann aus eigener Kraft jederzeit wieder in das Haus zurück zu befördern, und daher zeitaufwendige Hilfen für den Rücktransport organisieren muß. Dies widerspricht den Zielen, die § 40 Abs 4 SGB XI mit der Bezuschussung verfolgt, nicht schon deshalb, weil kein Zusammenhang mit einer der in § 14 Abs 4 SGB XI aufgeführten Verrichtungen besteht. Der Senat hat mit Urteil vom 3. November 1999 (B 3 P 3/99 R = SozR 3-3300 § 40 Nr 1) entschieden, daß zumindest das Ziel, die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederherzustellen bzw zu erhalten, uU darüber hinausgeht und damit nicht verlangt wird, daß die Maßnahme eine Verrichtung iS des § 14 Abs 4 SGB XI betrifft.
Der Senat konnte - anders als vom LSG entschieden - offenlassen, ob ein Freisitz im Garten noch zum individuellen Wohnumfeld zählt. Die Pflicht zur Zahlung eines Zuschusses kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil die vom Kläger vorgesehene Maßnahme nicht dem Ziel dient, die häusliche Pflege erst zu ermöglichen oder sie erheblich zu erleichtern. Diese Ziele werden nicht schon dadurch erreicht, daß die Pflegeperson sich durch die Maßnahme subjektiv entlastet fühlt. Die Maßnahme muß vielmehr objektiv erforderlich sein, um die Pflege im häuslichen Umfeld überhaupt erst durchführen zu können; oder zu einer erheblichen Erleichterung bei der Pflege führen. Beides ist hier nicht der Fall. Die Feststellungen der Vorinstanzen lassen nicht den Schluß zu, daß die häusliche Pflege des Klägers ohne den Freisitz nicht mehr gewährleistet ist, so daß eine Heimunterbringung die Folge wäre.
Der überdachte Freisitz erleichtert aber auch nicht die Pflege in erheblicher Weise. Mit der Einschränkung "erheblich" hat der Gesetzgeber wie bei der Bestimmung der einzelnen Pflegemaßnahmen zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit und des Leistungsumfangs zum Ausdruck gebracht, daß nicht jedwede der Pflege zuzurechnende Maßnahme berücksichtigt werden soll, um die solidarisch finanzierte Pflegeversicherung nicht finanziell zu überfordern. Die Leistungsverpflichtung der Pflegeversicherung wird einmal dadurch begrenzt, daß es sich um eine für die weitere häusliche Pflege notwendige Maßnahme handeln muß. Zum anderen muß die durch die Maßnahme eintretende Erleichterung der Pflege deutlich erkennbar sein. Die Leistungspflicht der Pflegeversicherung ist hier deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine nicht notwendige Maßnahme handelt, die die üblichen Anforderungen an den Wohnkomfort übersteigt. Der Senat hat im Urteil vom 3. November 1999 (aaO) bereits entschieden, daß sich die Erforderlichkeit einer Maßnahme, wenn sie die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen ermöglichen soll, nicht stets und vollständig nach den individuellen Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten des einzelnen Pflegebedürftigen richtet. Maßgebend kann vielmehr nur ein üblicher und durchschnittlicher Standard sein, wie es sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 4 Abs 3, 29 Abs 1 SGB XI) ergibt. Danach kann ein Versicherter keinen Zuschuß für den Einbau eines elektrischen Antriebs für eine Markise auf der Terrasse beanspruchen, damit er sich auch bei starker Sonneneinstrahlung dort aufhalten kann. Was aber für zu eigenständiger Lebensführung noch befähigte Pflegebedürftige gilt, kann für vollständig auf fremde Hilfe angewiesene Personen nicht anders entschieden werden: Die Möglichkeit, sich im Garten aufzuhalten, übersteigt den durchschnittlichen Wohnkomfort in gleicher Weise.
Es konnte offen bleiben, ob eine Linderung von Beschwerden des Pflegebedürftigen wie bei der Versorgung mit Pflegehilfsmitteln (§ 40 Abs 1 SGB XI), über den Gesetzeswortlaut hinaus, auch bei Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes einen Anspruch auf einen Zuschuß begründen kann. Denn das Wohlbefinden des Klägers wird zwar durch den Aufenthalt im Freien gesteigert, dies kann jedoch nicht mit einer Linderung von Beschwerden gleichgesetzt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten einen Zuschuß zur Herstellung eines überdachten Sitzplatzes in seinem Garten als Maßnahme der Pflegeversicherung zur Verbesserung seines individuellen Wohnumfeldes.
Der 1933 geborene Kläger leidet an den Folgen der Alzheimer Krankheit; er ist der Pflegestufe III zugeordnet. Nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN) vom 9. Juni 1997 ist der Kläger nicht orientiert, koordinierte Handlungsabläufe sind nicht mehr gegeben; der Kläger ist auf den Rollstuhl angewiesen und kann diesen nicht eigenständig nutzen. Im März 1998 beantragte der Kläger einen Zuschuß für die Herstellung eines überdachten Sitzplatzes in seinem Garten. Frische Luft tue ihm gut, lindere seine Beschwerden und habe einen guten Einfluß auf sein Allgemeinbefinden. Er sei deshalb bestrebt, sich möglichst häufig im Garten aufzuhalten. Das von ihm bewohnte Erdgeschoß des Hauses befinde sich etwa 2 m über dem Boden. Um in den Garten zu gelangen, müsse er mit dem Rollstuhl über eine an das Wohnzimmer angrenzende Treppe verbracht werden. Dies könne seine Ehefrau nicht ohne fremde Hilfe leisten. Ein Treppenlift koste 32.000 DM, was seine finanziellen Mittel übersteige. Ein überdachter Sitzplatz im Garten könne zumindest insoweit Abhilfe schaffen, als er bei plötzlichem Witterungsumschwung vorübergehend Schutz vor Nässe biete, bis fremde Hilfe eingetroffen sei, um ihn wieder ins Wohnhaus zu befördern. Der Kostenvoranschlag für den vom Kläger geplanten Sitzplatz im Garten belief sich auf 2.618,97 DM. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Juni 1998 ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. September 1998).
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen (Urteil vom 23. November 1999). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. April 2000): Die Beklagte sei bei der Ablehnung des Zuschusses zutreffend davon ausgegangen, daß "Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen" nicht solche Veränderungen umfassen, die außerhalb des Bereichs häuslicher Pflege liegen. Die Erforderlichkeit einer Maßnahme könne nicht stets und vollständig nach den individuellen Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten des Einzelnen beurteilt werden. Im Interesse der Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft müßten vielmehr die individuellen Bedürfnisse eine Begrenzung unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit der Versichertengemeinschaft erfahren. Dies rechtfertige es, den Begriff des individuellen Wohnumfeldes im wesentlichen auf die Wohnung selbst und deren unmittelbaren Zugang zu begrenzen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 40 Abs 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Das LSG begrenze die Zuschußfähigkeit im Rahmen des § 40 Abs 4 SGB XI zu Unrecht auf Maßnahmen innerhalb der Wohnung. Der Wortlaut der Vorschrift sehe eine solche Begrenzung nicht vor. Zum häuslichen Wohnumfeld gehöre auch ein Freisitz im Garten. Ein solcher Freisitz erleichtere die von seiner Ehefrau zu erbringende Pflege ganz erheblich. Sie könne während des geschützten Aufenthaltes im Freien häusliche Arbeiten verrichten und die hauswirtschaftliche Versorgung sicherstellen. Der Aufenthalt im eigenen Garten diene auch zur Aufrechterhaltung der elementaren Lebensführung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 18. April 2000 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 23. November 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses für die Errichtung eines überdachten Sitzplatzes in seinem Garten neu zu bescheiden, weil es an den Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung fehlt.
Nach § 40 Abs 4 SGB XI können die Pflegekassen Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes subsidiär bezuschussen. Nach den Feststellungen des LSG ist nicht zu erkennen, daß in bezug auf die streitigen Maßnahmen ein vorrangig verpflichteter Leistungsträger - etwa die Krankenversicherung im Wege der Hilfsmittelversorgung - in Betracht kommt, so daß die Beklagte zuständig wäre.
Die Ablehnung des begehrten Zuschusses war jedoch nicht rechtswidrig. § 40 Abs 4 SGB XI läßt die Gewährung eines Zuschusses für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nur zu, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Da der Kläger im Hinblick auf die schwerwiegende Grunderkrankung, an der er leidet, zu einer selbständigen Lebensführung nicht mehr in der Lage ist, war nur zu prüfen, ob eine Bezuschussung unter dem Aspekt der Ermöglichung oder der wesentlichen Erleichterung der Pflege in Betracht kommt.
Der überdachte Sitzplatz im Garten soll dem Zweck dienen, einen Aufenthalt des Klägers auch an Tagen mit unsicherer Wetterprognose zu ermöglichen, weil die den Kläger pflegende Ehefrau nicht in der Lage ist, ihren Mann aus eigener Kraft jederzeit wieder in das Haus zurück zu befördern, und daher zeitaufwendige Hilfen für den Rücktransport organisieren muß. Dies widerspricht den Zielen, die § 40 Abs 4 SGB XI mit der Bezuschussung verfolgt, nicht schon deshalb, weil kein Zusammenhang mit einer der in § 14 Abs 4 SGB XI aufgeführten Verrichtungen besteht. Der Senat hat mit Urteil vom 3. November 1999 (B 3 P 3/99 R = SozR 3-3300 § 40 Nr 1) entschieden, daß zumindest das Ziel, die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederherzustellen bzw zu erhalten, uU darüber hinausgeht und damit nicht verlangt wird, daß die Maßnahme eine Verrichtung iS des § 14 Abs 4 SGB XI betrifft.
Der Senat konnte - anders als vom LSG entschieden - offenlassen, ob ein Freisitz im Garten noch zum individuellen Wohnumfeld zählt. Die Pflicht zur Zahlung eines Zuschusses kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil die vom Kläger vorgesehene Maßnahme nicht dem Ziel dient, die häusliche Pflege erst zu ermöglichen oder sie erheblich zu erleichtern. Diese Ziele werden nicht schon dadurch erreicht, daß die Pflegeperson sich durch die Maßnahme subjektiv entlastet fühlt. Die Maßnahme muß vielmehr objektiv erforderlich sein, um die Pflege im häuslichen Umfeld überhaupt erst durchführen zu können; oder zu einer erheblichen Erleichterung bei der Pflege führen. Beides ist hier nicht der Fall. Die Feststellungen der Vorinstanzen lassen nicht den Schluß zu, daß die häusliche Pflege des Klägers ohne den Freisitz nicht mehr gewährleistet ist, so daß eine Heimunterbringung die Folge wäre.
Der überdachte Freisitz erleichtert aber auch nicht die Pflege in erheblicher Weise. Mit der Einschränkung "erheblich" hat der Gesetzgeber wie bei der Bestimmung der einzelnen Pflegemaßnahmen zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit und des Leistungsumfangs zum Ausdruck gebracht, daß nicht jedwede der Pflege zuzurechnende Maßnahme berücksichtigt werden soll, um die solidarisch finanzierte Pflegeversicherung nicht finanziell zu überfordern. Die Leistungsverpflichtung der Pflegeversicherung wird einmal dadurch begrenzt, daß es sich um eine für die weitere häusliche Pflege notwendige Maßnahme handeln muß. Zum anderen muß die durch die Maßnahme eintretende Erleichterung der Pflege deutlich erkennbar sein. Die Leistungspflicht der Pflegeversicherung ist hier deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine nicht notwendige Maßnahme handelt, die die üblichen Anforderungen an den Wohnkomfort übersteigt. Der Senat hat im Urteil vom 3. November 1999 (aaO) bereits entschieden, daß sich die Erforderlichkeit einer Maßnahme, wenn sie die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen ermöglichen soll, nicht stets und vollständig nach den individuellen Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten des einzelnen Pflegebedürftigen richtet. Maßgebend kann vielmehr nur ein üblicher und durchschnittlicher Standard sein, wie es sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 4 Abs 3, 29 Abs 1 SGB XI) ergibt. Danach kann ein Versicherter keinen Zuschuß für den Einbau eines elektrischen Antriebs für eine Markise auf der Terrasse beanspruchen, damit er sich auch bei starker Sonneneinstrahlung dort aufhalten kann. Was aber für zu eigenständiger Lebensführung noch befähigte Pflegebedürftige gilt, kann für vollständig auf fremde Hilfe angewiesene Personen nicht anders entschieden werden: Die Möglichkeit, sich im Garten aufzuhalten, übersteigt den durchschnittlichen Wohnkomfort in gleicher Weise.
Es konnte offen bleiben, ob eine Linderung von Beschwerden des Pflegebedürftigen wie bei der Versorgung mit Pflegehilfsmitteln (§ 40 Abs 1 SGB XI), über den Gesetzeswortlaut hinaus, auch bei Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes einen Anspruch auf einen Zuschuß begründen kann. Denn das Wohlbefinden des Klägers wird zwar durch den Aufenthalt im Freien gesteigert, dies kann jedoch nicht mit einer Linderung von Beschwerden gleichgesetzt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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