Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 110/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Parteien streiten in der Sache darum, ob die Beklagte die monatlich an die Klägerin zur Auszahlung gelangenden Beträge ihrer Witwenrente ab 1. Januar 1993 wegen der Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit herabsetzen und einen angeblich überzahlten Betrag zurückfordern darf.
Die Klägerin ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts Inhaberin eines Damen- und Herrenmodegeschäfts. Mit Bescheid vom 30. September 1992 bewilligte ihr die Beklagte ab dem 29. Dezember 1991 Witwenrente nach ihrem am 29. Dezember 1991 verstorbenen Ehemann (Versicherter). Im ersten Jahr nach dem Tod des Versicherten ergab sich dabei trotz nach Auffassung der Beklagten berücksichtigungsfähigen Einkommens noch kein anzurechnender Betrag. Mit weiterem Bescheid vom 30. November 1992 wurde der monatliche Zahlbetrag ab 1. Januar 1993 wegen anzurechnenden Einkommens zunächst um 10 vH des berücksichtigungsfähigen Betrags herabgesetzt. Mit Bescheid vom 3. Februar 1993 wurde der Wert des Rentenrechts wegen der Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten von Anfang an neu festgestellt; die Anrechnungsbeträge blieben jeweils unverändert.
Im Blick auf den vom Steuerberater für das Kalenderjahr 1992 ermittelten Gewinn ging die Beklagte zunächst im Rentenbescheid vom 29. Juni 1993 für die Zeit ab 1. Juli 1993 und im weiteren Bescheid vom 1. November 1993 für die Zeit ab 1. Januar 1994 jeweils von einem anzurechnenden Einkommen aus. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin, mit dem sie auf einen vom Steuerberater nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung angekündigten Verlust zum 30. September 1993 hingewiesen hatte, half die Beklagte ab und führte mit Bescheid vom 18. Februar 1994 für die Zeit ab 1. Januar 1993 keine Einkommensanrechnung durch. Ebenso ergibt sich auch aus dem weiteren Bescheid vom 21. Juli 1994 für die Zeit ab 1. Juli 1994 keine Einkommensanrechnung.
Nachdem der Steuerberater der Klägerin mitgeteilt hatte, diese habe im Kalenderjahr 1993 doch Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, hob die Beklagte mit Bescheid vom 5. Oktober 1995 die Bescheide vom 18. Februar 1994 und 21. Juli 1994 auf und setzte die Anrechnungsbeträge ab 1. Januar 1993 neu fest. Außerdem forderte sie die Rückzahlung des angeblich überzahlten Betrags. Im Laufe des anschließenden Widerspruchsverfahrens wurden die Anrechnungsbeträge mit weiterem Bescheid vom 19. September 1996 ab 1. Juli 1995 neu bestimmt und für den Zeitraum vom 1. Juli 1995 bis zum 31. Oktober 1996 eine weitere Überzahlung geltend gemacht. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 1997 zurückgewiesen.
Das SG Koblenz hat die Klagen der Klägerin mit Urteil vom 25. Juni 1997 abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Rheinland-Pfalz am 26. Mai 1999 hat die Klägerin ausweislich des Protokolls beantragt,
"das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. Juni 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997 aufzuheben,
hilfsweise,
von Amts wegen ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten darüber einzuholen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt (Februar 1994) nicht absehbar gewesen sei, daß die Klägerin doch noch für 1993 einen Gewinn erzielt hat."
Das LSG hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 26. Mai 1999 zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens sei lediglich der Bescheid vom 5. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997. Zwar sei der Bescheid vom 19. September 1996 Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, doch habe ihn die Klägerin weder mit der Klage noch mit der Berufung angegriffen. Die teilweise Rücknahme der Rentenbewilligung und die hiermit verbundene Festsetzung der Erstattungsforderung seien nicht zu beanstanden. Der Neuberechnungsbescheid vom 18. Februar 1994 und ebenso der Bescheid vom 21. Juli 1994 seien rechtswidrig gewesen; ihrer Rücknahme stehe nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin nicht entgegen. Diese habe zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt, daß ihr die überzahlte Witwenrente nicht zustand.
Der Senat hat auf die Beschwerde der Klägerin die Revision gegen dieses Urteil zugelassen. Die Klägerin hat das Rechtsmittel eingelegt: Das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht. Dem angefochtenen Urteil sei zu entnehmen, daß grobe Fahrlässigkeit iS von § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des LSG dann vorliege, wenn eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung gegeben sei, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteige und erkennen lasse, daß ausgehend von der individuellen Einsichts- und Urteilskraft selbst einfachste und naheliegendste Überlegungen nicht angestellt worden seien. Im Blick hierauf hätte sich das Berufungsgericht jedoch gedrängt fühlen müssen, dem ausweislich der Verhandlungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag zu folgen; dieser sei nämlich gerade zu dem Zweck gestellt worden, die atypischen Umstände in das Verfahren einzuführen, aufgrund deren es der Klägerin bzw ihrem Steuerberater ausgehend gerade vom eigenen Sorgfaltsmaßstab des LSG nicht möglich gewesen sei, die Geschäftsentwicklung abzusehen. Das Berufungsgericht sei diesem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Ergebnis der unterbliebenen Beweiserhebung wäre gewesen, daß die Klägerin und ihr damaliger Steuerberater zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides nicht mit einem den Witwenrentenanspruch beeinflussenden Gewinn rechnen konnten; auf der Grundlage seines Rechtsstandpunkts hätte das LSG jedoch zu einer der Klägerin günstigen Entscheidung kommen müssen. Die Revision sei daher zumindest im Sinne des Hilfsantrags begründet. Darüber hinaus beruhe das Urteil auf einer falschen Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der groben Fahrlässigkeit. Das LSG habe nämlich die maßgeblichen individuellen Verhältnisse unberücksichtigt gelassen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. Juni 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 zurückzuweisen.
Sie schließt sich der angegriffenen Entscheidung im wesentlichen an. Die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bescheide grob fahrlässig nicht gekannt.
II
Die aufgrund der Zulassung durch den Senat statthafte Revision der Klägerin erweist sich auch im übrigen als zulässig (vgl zu den Anforderungen an die Begründung bei der Rüge von Verfahrensmängeln etwa BSG SozR Nr 28 zu § 164 SGG sowie Haueisen, Der Verfahrensmangel als Revisionsgrund im sozialgerichtlichen Verfahren, NJW 1955, 1857, 1859).
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG auch begründet. Das angefochtene Urteil ist bereits ausgehend von der dort vertretenen (sachlich unzutreffenden) Rechtsauffassung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen; obwohl sich das LSG auf dieser Grundlage zu entsprechenden Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, setzt es sich mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag der Klägerin nicht andeutungsweise auseinander (hierzu nachfolgend unter 1). Der Senat kann das angefochtene Urteil auch nicht aus anderen Gründen bestätigen (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG); auch insofern bedarf es zunächst noch umfangreicher weiterer Tatsachenfeststellungen (hierzu unter 2).
1. Nach der Rechtsauffassung des LSG, von der für die Beurteilung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, zunächst auszugehen ist (vgl bereits BSGE 2, 84), hat das SG den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997 ua deshalb zutreffend bestätigt, weil die Klägerin die Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Verwaltungsakte vom 18. Februar 1994 und 21. Juli 1994 infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG dann angenommen, wenn eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Davon sei auszugehen, wenn schon einfachste und naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte. Maßgebend sei dabei die individuelle Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Versicherten (subjektiver Sorgfaltsmaßstab).
Diese Voraussetzungen sieht das LSG im konkreten Zusammenhang bei Bekanntgabe der Bescheide vom 18. Februar und 21. Juli 1994 deshalb als erfüllt an, weil die Klägerin von der Beklagten mehrfach auf die Auswirkungen des Zusammentreffens der Hinterbliebenenrente mit Erwerbseinkommen hingewiesen worden ist. Gerade daraus, daß sie die Beklagte unter Hinweis auf das sich aus der Betriebswirtschaftlichen Analyse (BWA) zum 30. September 1993 entsprechend dem damaligen Kenntnisstand ergebende Verlustergebnis zur Feststellung eines ungekürzten Rentenanspruchs veranlaßt habe, sei sie zur Überprüfung der weiteren Entwicklung im 4. Quartal 1993 verpflichtet gewesen. Das unlautere Verhalten der Klägerin sei darin zu erblicken, daß sie dies offenbar pflichtwidrig unterlassen habe. Dabei könne dahingestellt bleiben, wann die Klägerin von der BWA zum 31. Dezember 1993 Kenntnis erlangt habe; jedenfalls hätte sie sich zu Beginn des Jahres 1994 - etwa durch Anforderung dieser BWA vom Steuerberater - vergewissern müssen, ob sich der von diesem im Schreiben vom 29. November 1993 ursprünglich prognostizierte Verlust in einen Gewinn umgewandelt hatte oder nicht. Diese Pflicht treffe jeden Versicherten, der zu Lasten der Solidargemeinschaft öffentlich-rechtliche Leistungen beziehe, denen im Zeitpunkt ihrer Feststellung noch nicht abschließend zu beurteilende Tatsachen zugrunde liegen, erst recht aber die Klägerin als Gewerbetreibende, die nach dem für Kaufleute geltenden besonderen Sorgfaltsmaßstab des § 347 Abs 1 HGB für eine sorgfältige Kontrolle der Zahlungseingänge und -ausgänge verantwortlich sei. Abgesehen davon habe sich der Klägerin wegen der erheblichen Differenz zwischen dem vom Steuerberater mitgeteilten Verlustergebnis und einem zu erwartenden und tatsächlich auch eingetretenen hohen Gewinn die Notwendigkeit der Überprüfung der Einkommensverhältnisse aufdrängen müssen. Da in der BWA zum 30. September 1993 ein Verlust von 141.580,57 DM ausgewiesen sei, 1993 aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 57.124,00 DM erzielt worden seien, errechneten sich für das 4. Quartal 1993 Einnahmen von 198.974,57 DM. Bei diesem Betrag habe es der Klägerin unabhängig von der endgültigen Bilanz auffallen müssen, daß ein Gewinn erzielt worden sei, der ihren Witwenrentenanspruch beeinflusse. Die Klägerin könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, daß sie wegen ihrer Gesundheitsstörungen auf die Hilfe Dritter angewiesen sei. Ein eventuelles Verschulden ihres Steuerberaters oder ihres mit den kaufmännischen Angelegenheiten betrauten Sohnes müsse sie sich entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen.
Die Rechtsauffassung des LSG geht damit zusammenfassend davon aus, daß sich die Klägerin unter grobem Verstoß gegen ihre rechtlichen Verpflichtungen zum Zeitpunkt des Ergehens der mit den angefochtenen Bescheiden aufgehobenen Verwaltungsakte keine Kenntnis vom tatsächlichen Betriebsergebnis im Kalenderjahr 1993 verschafft hatte, obwohl ihr dies unter Berücksichtigung ihrer individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit möglich und zumutbar gewesen wäre. Dies zugrunde gelegt ist vom Berufungsgericht kein Grund angeführt worden oder sonst ersichtlich, warum es sich nicht hätte gedrängt fühlen müssen, insbesondere dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag "von Amts wegen ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten darüber einzuholen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt (Februar 1994) nicht absehbar gewesen sei, daß die Klägerin doch noch für 1993 einen Gewinn erzielt hat", zu folgen und gemäß § 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG den Sachverhalt umfassend und vollständig von Amts wegen aufzuklären (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Insbesondere durfte das Gericht, nachdem bereits die Verlustprognose zum 30. September 1993 gegenüber der Beklagten nur auf der Grundlage einer entsprechenden BWA geltend gemacht worden war, nicht offenlassen, ob gerade zu den von ihm für maßgeblich erachteten Zeitpunkten eine abschließende Feststellung des Jahresergebnisses 1993 überhaupt möglich war und der Klägerin aufgrund gerade ihr zur Verfügung stehender Sachkenntnis unmittelbar oder auf der Grundlage einer weiteren betriebswirtschaftlichen Auswertung bzw Gewinnermittlung des Steuerberaters so zur Verfügung stehen konnte, daß sie zu einer entsprechenden Mitteilung an die Beklagte in der Lage war. Dies ist ohne Einschaltung eines Sachverständigen und weitere Ermittlungen, wann genau und in welchem Umfang relevante Daten zur Verfügung standen bzw welcher Sachkenntnis es zu ihrer Erfassung und Auswertung jeweils bedurfte, nicht zu beurteilen. Entsprechende Feststellungen durften nicht durch bloße Vermutungen ("offenbar") oder nicht näher begründete Behauptungen zum subjektiven Kenntnisstand der Klägerin ("hätte ... auffallen müssen") auf der Grundlage eines Vergleichs absoluter Zahlen ohne konkreten Bezug zum Zeitpunkt ihrer (individuellen) Verfügbarkeit ersetzt werden. Erst recht war es unzulässig, derartigen Vermutungen in jedem Falle Vorrang vor dem Ergebnis weiterer Maßnahmen zur Sachaufklärung zu geben und damit eine Beweiswürdigung vorwegzunehmen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 49 mwN).
Die Durchführung der unterlassenen Ermittlungen hätte im für die Klägerin günstigsten Fall ergeben, daß zu den vom LSG für relevant erachteten Zeitpunkten ein verläßliches Jahresergebnis für das Kalenderjahr 1993 bereits "objektiv" (auch mit größter Sachkenntnis) nicht ermittelt werden konnte und sie demgemäß von vornherein außer Stande war, sich Kenntnis von der möglichen Rechtswidrigkeit der Nichtanrechnungsentscheidungen vom 18. Februar und 21. Juli 1994 zu verschaffen. Ausgehend von der dargestellten Rechtsauffassung des LSG hätte jedenfalls dieses Ergebnis notwendig zum Erfolg der Berufung führen müssen.
2. Die angefochtene Aufhebung der Nichtanrechnungsentscheidung vom 18. Februar 1994 konnte nicht auf § 48 Abs 1 SGB X gestützt werden, weil keine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten war:
Nach § 97 Abs 1 Satz 1 SGB VI ist der Rentenversicherungsträger ermächtigt, Erwerbseinkommen von Berechtigten, das mit einer Witwenrente "zusammentrifft", hierauf (dh auf die monatlichen Zahlungsansprüche) durch (Dauer-)Verwaltungsakt (Festsetzung eines monatlichen Anrechnungsbetrages) anspruchsvernichtend "anzurechnen" (vgl zur dogmatischen Figur der Anrechnung eingehend Urteil des Senats vom 31. März 1998 - BSGE 82, 83 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7; zur Verfassungsmäßigkeit des Anrechnungsmodells Urteil des Senats SozR 3-2200 § 1281 Nr 1 und Beschluss des BVerfG vom 28. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86, BVerfGE 97, 271, 292); dies gilt insoweit, als Einkommen seiner Art nach als anrechenbar in Betracht kommt (vgl hierzu die abschließende Auflistung in § 18a SGB IV) und nach Abzug pauschalierter Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (vgl § 18b Abs 5 SGB IV) bestimmte Freibeträge übersteigt (vgl § 97 Abs 2 SGB VI). Das verbleibende anrechenbare Einkommen wird - für Fälle der vorliegenden Art (Tod des Versicherten in der Zeit vom 1. Januar 1986 bis zum 31. Dezember 1995 und Eheschließung vor dem 1. Januar 1986) gemäß § 314 Abs 3 SGB VI in den ersten 48 Kalendermonaten zunächst zeitlich gestaffelt in geringerem Umfang - zu 40 vH angerechnet (Anrechnungsbetrag), § 97 Abs 2 Satz 3 SGB VI. Ein Zusammentreffen von Einkommen und Witwenrente liegt im Rechtssinne vor, wenn der Rentenberechtigte für denselben Zahlungszeitraum (dh bei Renten: für einen bestimmten Kalendermonat; vgl § 118 Abs 1 SGB VI) gegen den Träger der Rentenversicherung aus einem Renten(stamm)recht einen Zahlungsanspruch auf Rente hat und ihm zeitgleich außerdem ein Recht auf Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit zusteht (vgl zutreffend etwa Gürtner in Kasseler Kommentar, § 97 SGB VI RdNr 20 und § 93 SGB VI RdNr 12). Sachlicher Grund und Grenze der Anrechnung eigenen Erwerbseinkommens auf die Hinterbliebenenrente ist die Fähigkeit des Hinterbliebenen, sich mittels eigenen Erwerbseinkommens ganz oder zumindest teilweise selbst zu unterhalten, so daß es insoweit der Deckung des Unterhaltsbedarfs mittels einer Hinterbliebenenrente nicht bedarf. Bezieht der Witwer oder die Witwe ein den (Anrechnungs-)Freibetrag übersteigendes Einkommen, ergibt sich ein geringerer Bedarf nach am bisherigen Lebensstandard ausgerichteter wirtschaftlicher Sicherung. Abzustellen ist dabei auf das "verfügbare Einkommen" des Hinterbliebenen (Urteil des Senats SozR 3-2400 § 18b Nr 1 mit Hinweis auf Beschluss des BVerfG vom 28. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86, BVerfGE 97, 271, 292).
Demgemäß ist nach § 18b Abs 1 Satz 1 SGB IV im Rahmen der sog Anrechnung grundsätzlich das tatsächlich erzielte "monatliche Einkommen" maßgebend, um es dem Betrag der Rente für eben diesen Monat gegenüberzustellen (sog Wirklichkeitsmaßstab). Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sieht das Gesetz jedoch von einer monatlichen Ermittlung des jeweils konkret erzielten Einkommens ab und läßt eine pauschalierende Berücksichtigung des eigenen Erwerbseinkommens dergestalt genügen, daß grundsätzlich das durchschnittliche Erwerbseinkommen des letzten Kalenderjahres als fiktive Größe ("gilt") der aktuellen Anrechnung abschließend und endgültig zugrunde zu legen ist. Dieser monatliche Durchschnittswert wird unter der Voraussetzung im wesentlichen konstanter Verhältnisse bei Erwerbseinkommen iS von § 18a Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGB IV gebildet, indem dasjenige des gesamten letzten Kalenderjahres durch zwölf geteilt und der sich so ergebende Wert gekürzt um die Beträge nach § 18b Abs 5 Nr 1 SGB IV als laufendes Erwerbseinkommen zugrunde gelegt wird (zu der hier nicht vorliegenden Ausnahme, daß eine Umlegung des Jahreseinkommens auf zwölf Monate zu einer realitätsfernen Annahme des laufenden Einkommens führen würde, vgl § 18b Abs 2 Satz 1 SGB IV und Urteil des Senats SozR 3-2400 § 18b Nr 1).
Vom Grundsatz der Maßgeblichkeit einer realitätsnahen Fiktion auf der Basis des Vorjahreseinkommens ist eine Ausnahme dann vorgesehen, wenn die dargestellte pauschalierende Vorgehensweise die aktuellen Verhältnisse ausgehend von den gesetzlich normierten Maßstäben nicht mehr im wesentlichen zutreffend repräsentiert. So ist nach § 18b Abs 4 Halbsatz 1 SGB IV bereits bei der erstmaligen Feststellung des Werts des Rechts auf Rente für die Anrechnungsentscheidung vom "laufenden Erwerbseinkommen ... nach Abs 2" auszugehen, wenn dieses voraussichtlich im Durchschnitt um wenigstens 10 vH geringer ist als das nach den Abs 2 und 3 der Vorschrift nach Jahresdurchschnittssätzen ermittelte Einkommen. An die Stelle einer Fiktion auf der Basis des Vorjahreseinkommens tritt damit insofern eine hypothetische Einschätzung des aktuellen monatlichen Einkommens auf der Grundlage aller bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens verfügbaren einschlägigen Umstände (vgl etwa BSG SozR 3-7833 § 6 Nr 15). Ebenso wie die regelmäßig maßgebliche Fiktion auf der Grundlage des Vorjahreseinkommens sind dann entsprechend der Vorgehensweise des Gesetzes ausnahmsweise auch diese Annahmen die abschließende und endgültige (tatsächliche) Grundlage einer hierauf beruhenden endgültigen und vorbehaltslosen Entscheidung. Sie beruhen von vornherein nicht auf sich erst später realisierenden tatsächlichen Gegebenheiten und werden daher durch erst nachträglich eintretende Umstände und Entwicklungen auch nicht mit Wirkung für die Vergangenheit widerlegt (vgl BSG aaO sowie SozR 1300 § 46 Nr 49 S 156 und vom 22. September 1988, 7 RAr 61/86, VdKMitt 1989, S 31 = SozSich 1989, 191). Eine Anpassung hypothetisch zugrunde gelegter Einkommensbeträge an nachträglich geänderte Verhältnisse kommt daher nur zukunftsbezogen und - im vorliegenden Zusammenhang dem Gesichtspunkt der "Verwaltungsökonomie" (Vermeidung einer laufenden Befassung der Sachbearbeitung) entsprechend - grundsätzlich erst mit Wirkung ab der nächsten Rentenanpassung in Betracht (vgl hierzu im einzelnen unmittelbar nachfolgend). Für die Vergangenheit nimmt das Gesetz demgegenüber die sich aus der eventuellen Abweichung von Hypothese und tatsächlichem Verlauf ergebende "Wirklichkeitsfremdheit" gerade in Kauf. Die hinsichtlich der Einkommensfestsetzung auf hypothetischer Grundlage umfassend eröffnete gerichtliche Kontrolle hat daher auf den Zeitpunkt der letzten hierauf basierenden Verwaltungsentscheidung abzustellen (vgl etwa BSGE 67, 228 und BSG SozR 3-4100 § 36 Nr 1 sowie § 60 Nr 1 jeweils mwN); die Prüfungsdichte entspricht dem in der Weise, daß nur die zu diesem Zeitpunkt objektiv verfügbaren Umstände in die Beurteilung einbezogen werden können. Ebenso hat sich auch eine spätere Überprüfung der ursprünglichen Richtigkeit des ergangenen Verwaltungsakts (§§ 44, 45 SGB X) hierauf zu beschränken und kann zu seiner Aufhebung nur dann führen, wenn allein aufgrund von deren nachträglicher Erhebung und Würdigung abschließend feststeht, daß die damalige Entscheidung nicht ergehen durfte (vgl BSG SozR 1300 § 45 Nr 49).
Spätere Einkommensänderungen (Erhöhungen ebenso wie Minderungen) sind grundsätzlich erst vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung (bei mehreren, derjenigen zum 1. Juli) an zu berücksichtigen, § 18d Abs 1 SGB IV. Die Verwaltung soll damit grundsätzlich davon entlastet werden, kontinuierlich Änderungen zu ermitteln und ggf die bisher getroffene Anrechnungsregelung anpassen zu müssen (vgl etwa Hauck/Haines, Komm zum SGB IV, § 18d RdNr 3 und Seewald in Kasseler Kommentar, § 18d RdNr 1). Änderungen sind damit grundsätzlich auch erst ab diesem Zeitpunkt "wesentlich" iS von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X.
Ein bisher auf fiktiver Grundlage bestimmter Anrechnungsbetrag ist demgemäß bei Fortführung dieses Festsetzungsmodus unabhängig von der tatsächlichen aktuellen Entwicklung erst ab dem 1. Juli des laufenden Kalenderjahres entsprechend dem dann maßgeblichen Vorjahreseinkommen anzupassen. Liegt der bisherigen Festsetzung ein hypothetisch angenommenes Einkommen zugrunde, wird dieses vorbehaltlich des § 18d Abs 2 SGB IV ebenfalls (erst) zum 1. Juli des Folgejahres und dann grundsätzlich und in aller Regel auf der Basis des nach § 18b Abs 2 SGB IV ermittelten (fiktiven) Einkommens ersetzt. Nur ausnahmsweise und auf Antrag des Berechtigten sind demgegenüber aktuelle Einkommensminderungen bereits vom Zeitpunkt ihres Eintritts an (als wesentlich) zu berücksichtigen, wenn das Einkommen voraussichtlich um wenigstens 10 vH geringer ist als das bisher berücksichtigte (fiktive oder hypothetisch angenommene) Einkommen. Dies gilt bei Erwerbseinkommen jedoch nur dann, wenn nach den Maßstäben des Gesetzes bereits eine ausreichende Grundlage für seine hypothetische Bemessung vorhanden ist, dh das Einkommen in einem Zeitraum von mindestens drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten im Durchschnitt um wenigstens 10 vH geringer ist als das bisher berücksichtigte (§ 18d Abs 1 Satz 1 SGB IV); anders als bei der hypothetischen Bemessung im Rahmen der erstmaligen Ermittlung des Anrechnungsbetrages nach § 18b Abs 4 SGB IV bedarf es demgemäß für diejenige nach § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV als Beurteilungsgrundlage eines dreimonatigen Referenzzeitraums, für den bei isolierter Betrachtung eine Minderung im geforderten Umfang als bereits eingetreten angenommen werden kann. Einkommensminderungen iS von Satz 1 können schließlich gemäß § 18d Abs 2 Satz 2 SGB IV bei der nächsten Rentenanpassung - also "turnusgemäß" - im Einzelfall auch von Amts wegen berücksichtigt werden. Das gemäß § 18d Abs 2 SGB IV hypothetisch festgelegte Einkommen wird schließlich zum Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung zukunftsgerichtet seinerseits erneut durch ein fiktives ersetzt, es sei denn, die Voraussetzungen der Norm lägen zu diesem Zeitpunkt oder vorher abermals vor.
Das Gesetz kennt damit zwei voneinander zu unterscheidende und nur zeitabschnittsweise aufeinanderfolgend austauschbare Methoden der Festsetzung des anrechenbaren Erwerbseinkommens. Rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel ist Grundlage für die Bestimmung des Anrechnungsbetrags das Erwerbseinkommen des letzten Kalenderjahres; dieses bestimmt aufgrund gesetzlicher Fiktion ("gilt") die rechtlich aktuell zugrunde zu legenden Verhältnisse, ohne daß es auf die tatsächlichen Einkommensentwicklungen ankäme. Nur ausnahmsweise, nämlich bei erstmaliger Bestimmung des nach Anrechnung sich ergebenden Auszahlbetrages (der "Rente" iS von § 18b Abs 4) und bei späteren Einkommensminderungen iS von § 18d Abs 2 SGB IV kann unter besonderen weiteren Voraussetzungen die auf der Grundlage der gegenwärtig bekannten Verhältnisse sich ergebende Einschätzung der aktuellen Einkommensverhältnisse zur Grundlage der Zahlbetragsermittlung gemacht werden.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ergibt sich für den vorliegenden Sachverhalt folgendes:
Die in dem angegriffenen Bescheid vom 5. Oktober 1995 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997) aufgehobene Nichtanrechnungsentscheidung vom 18. Februar 1994 hatte ausgehend von einer als wesentlich angesehenen Änderung die - dort jeweils auf fiktivem Einkommen beruhende (§ 18b Abs 2 Satz 1 SGB IV) - Festsetzung der Anrechnungsbeträge für die Zeit ab dem 1. Januar 1993 in den Bescheiden vom 3. Februar 1993, 29. Juni 1993 und 1. November 1993 aufgehoben und ersetzt (§ 48 Abs 1 SGB X iVm § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV). Den an die Stelle der aufgehobenen früheren Regelungen ergangenen Anrechnungs-Verwaltungsakten im Bescheid vom 5. Oktober 1995 lag damit nunmehr ein nach § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV hypothetisch bestimmtes Einkommen zugrunde. Diese Regelungen hätten auf der Basis erneut eines fiktiven Einkommens (§ 48 Abs 1 SGB X iVm § 18b Abs 2 Satz 1 SGB IV) ihrerseits wegen § 18d Abs 1 SGB IV zu Lasten der Klägerin nur zukunftsgerichtet und frühestens für die Zeit ab dem 1. Juli 1994 abgeändert werden können; hierzu verhält sich indessen erst der weitere Bescheid vom 21. Juli 1994. Der Aufhebungs-Verwaltungsakt im Bescheid vom 5. Oktober 1995 kann daher auf eine nachträgliche Änderung der bei Erlaß der Bescheide vom 3. Februar 1993, 29. Juni 1993 und 1. November 1993 maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse von vornherein nicht gestützt werden.
3. Ob die am 18. Februar 1994 erklärte Aufhebung der Anrechnungs-Verwaltungsakte in den Bescheiden vom 3. Februar 1993, 29. Juni 1993 und 1. November 1993 selbst wegen ursprünglicher Unrichtigkeit iS von § 45 SGB X rechtswidrig war und nach dieser Vorschrift zurückgenommen werden durfte, kann derzeit noch nicht abschließend entschieden werden: Das SG, dessen Auffassung sich das Berufungsgericht durch Verweisung in den Gründen seines Urteils (§ 153 Abs 2 SGG) ausdrücklich zu eigen gemacht hat, ist insofern davon ausgegangen, daß sich die anfängliche Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 18. Februar 1994 daraus ergebe, daß "eine Einkommensanrechnung bei der Berechnung der Witwenrente der Klägerin, die nach § 97 SGB VI durchzuführen war, nicht vorgenommen wurde und daher die Rente in unzutreffender Höhe zu hoch an die Klägerin ausgezahlt wurde". Dies bedarf nach den vorstehenden Ausführungen zunächst zumindest der nachhaltigen Präzisierung. Eine anfängliche Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 18. Februar 1994 käme danach nur dann in Betracht, wenn sich nunmehr ergäbe, daß die damals auf hypothetischer Grundlage getroffenen Einkommensfeststellungen im Blick auf bereits bei Erlaß dieses Bescheides objektiv verfügbare Erkenntnisse auf unzutreffender tatsächlicher Grundlage ergangen, daher ganz oder teilweise rechtswidrig waren und statt dessen für Zeiten ab dem 1. Januar 1993 bzw einem späteren Zeitpunkt vor Erlaß des aufgehobenen Bescheides auf der Grundlage eines anderen relevanten hypothetischen (bzw nunmehr wieder fiktiven) Einkommens zu Lasten der Klägerin ein Anrechnungsbetrag hätte festgesetzt werden müssen. Nur wenn daher die nunmehr noch vorzunehmenden Ermittlungen des Berufungsgerichts ergeben, daß sich bereits aufgrund der bei Erlaß des Bescheides vom 18. Februar 1994 objektiv verfügbaren Erkenntnisse
a) notwendig eine andere hypothetische (bzw ggf bereits abschließende) Einschätzung des der Klägerin aktuell verfügbar/realisierbar zur Verfügung stehenden Gewinns aus Gewerbebetrieb hätte ergeben müssen und sich
b) auf dieser Grundlage keine oder jedenfalls keine iS von § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV relevante Minderung gegenüber den auf der Grundlage des jeweiligen Vorjahreseinkommens fiktiv vorgenommenen Festlegungen des anzurechnenden Erwerbseinkommens ergibt,
kommt dessen anfängliche Rechtswidrigkeit in Betracht.Bisher steht jedoch weder fest, wann die Klägerin ggf welche Beträge für ihren Unterhalt hätte einsetzen können noch zu welchen Zeitpunkten welche Erkenntnisse hierüber objektiv zur Verfügung standen; dies wird nunmehr nach Beiziehung aller in Betracht kommenden Geschäftsunterlagen - ebenso wie die sich daran ggf anschließende Frage der subjektiven Erkennbarkeit einer eventuellen Rechtswidrigkeit für die Klägerin auf der Grundlage ihrer persönlichen Urteils- und Einsichtsfähigkeit (vgl Urteil des Senats vom 30. Oktober 1997, 4 RA 71/96, mit Hinweis auf BSG SozR 1300 § 48 Nr 11, - im wesentlichen im Wege des Sachverständigenbeweises) zu klären sein. Darüber hinaus könnten auch hinsichtlich der Unternehmereigenschaft der Klägerin gewisse Zweifel deshalb bestehen, weil nach der Bestätigung des Steuerberaters vom 21. Mai 1999 jedenfalls für die betriebswirtschaftlichen Auswertungen deren Sohn, der insoweit die kaufmännischen Dinge abwickelt, der Ansprechpartner ist bzw sie selbst wegen ihrer starken Sehbehinderung nicht in der Lage ist, Unterlagen zu lesen und auf ständige Begleitung angewiesen ist.
In dem ebenfalls aufgehobenen Bescheid vom 21. Juli 1994 wurde die bisherige Festsetzung des Anrechnungsbetrags auch für die Zeit ab dem 1. Juli 1994 unverändert fortgeschrieben. Auch insofern kommt als Ermächtigungsgrundlage für die im Bescheid vom 5. Oktober 1995 vorgenommene Aufhebung allein § 45 SGB X wegen ursprünglicher Unrichtigkeit der Nichtanrechnungsentscheidung in Betracht. Das LSG wird dementsprechend weitere Ermittlungen auch auf den Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides bezogen durchzuführen haben.
4. Angefochten ist schließlich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch der weitere Bescheid vom 19. September 1996, der gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 5. Oktober 1995 jedenfalls insofern geworden ist, als er - wie dieser - den Anrechnungsbetrag für die Zeit ab dem 1. Juli 1995 betrifft. Die Klägerin hat die einschlägigen Verwaltungsakte im Bescheid vom 5. Oktober 1995 von Anfang an und durchgehend insgesamt angegriffen. Es ist daher nicht erkennbar, warum eine weitere - die Klägerin zusätzlich belastende - Regelung hinsichtlich eines bereits beanstandeten Zeitraums von ihrem allein maßgeblichen Begehren (§ 123 SGG) nicht umfaßt sein sollte.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten.
Gründe:
I
Die Parteien streiten in der Sache darum, ob die Beklagte die monatlich an die Klägerin zur Auszahlung gelangenden Beträge ihrer Witwenrente ab 1. Januar 1993 wegen der Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit herabsetzen und einen angeblich überzahlten Betrag zurückfordern darf.
Die Klägerin ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts Inhaberin eines Damen- und Herrenmodegeschäfts. Mit Bescheid vom 30. September 1992 bewilligte ihr die Beklagte ab dem 29. Dezember 1991 Witwenrente nach ihrem am 29. Dezember 1991 verstorbenen Ehemann (Versicherter). Im ersten Jahr nach dem Tod des Versicherten ergab sich dabei trotz nach Auffassung der Beklagten berücksichtigungsfähigen Einkommens noch kein anzurechnender Betrag. Mit weiterem Bescheid vom 30. November 1992 wurde der monatliche Zahlbetrag ab 1. Januar 1993 wegen anzurechnenden Einkommens zunächst um 10 vH des berücksichtigungsfähigen Betrags herabgesetzt. Mit Bescheid vom 3. Februar 1993 wurde der Wert des Rentenrechts wegen der Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten von Anfang an neu festgestellt; die Anrechnungsbeträge blieben jeweils unverändert.
Im Blick auf den vom Steuerberater für das Kalenderjahr 1992 ermittelten Gewinn ging die Beklagte zunächst im Rentenbescheid vom 29. Juni 1993 für die Zeit ab 1. Juli 1993 und im weiteren Bescheid vom 1. November 1993 für die Zeit ab 1. Januar 1994 jeweils von einem anzurechnenden Einkommen aus. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin, mit dem sie auf einen vom Steuerberater nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung angekündigten Verlust zum 30. September 1993 hingewiesen hatte, half die Beklagte ab und führte mit Bescheid vom 18. Februar 1994 für die Zeit ab 1. Januar 1993 keine Einkommensanrechnung durch. Ebenso ergibt sich auch aus dem weiteren Bescheid vom 21. Juli 1994 für die Zeit ab 1. Juli 1994 keine Einkommensanrechnung.
Nachdem der Steuerberater der Klägerin mitgeteilt hatte, diese habe im Kalenderjahr 1993 doch Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, hob die Beklagte mit Bescheid vom 5. Oktober 1995 die Bescheide vom 18. Februar 1994 und 21. Juli 1994 auf und setzte die Anrechnungsbeträge ab 1. Januar 1993 neu fest. Außerdem forderte sie die Rückzahlung des angeblich überzahlten Betrags. Im Laufe des anschließenden Widerspruchsverfahrens wurden die Anrechnungsbeträge mit weiterem Bescheid vom 19. September 1996 ab 1. Juli 1995 neu bestimmt und für den Zeitraum vom 1. Juli 1995 bis zum 31. Oktober 1996 eine weitere Überzahlung geltend gemacht. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 1997 zurückgewiesen.
Das SG Koblenz hat die Klagen der Klägerin mit Urteil vom 25. Juni 1997 abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Rheinland-Pfalz am 26. Mai 1999 hat die Klägerin ausweislich des Protokolls beantragt,
"das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. Juni 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997 aufzuheben,
hilfsweise,
von Amts wegen ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten darüber einzuholen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt (Februar 1994) nicht absehbar gewesen sei, daß die Klägerin doch noch für 1993 einen Gewinn erzielt hat."
Das LSG hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 26. Mai 1999 zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens sei lediglich der Bescheid vom 5. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997. Zwar sei der Bescheid vom 19. September 1996 Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, doch habe ihn die Klägerin weder mit der Klage noch mit der Berufung angegriffen. Die teilweise Rücknahme der Rentenbewilligung und die hiermit verbundene Festsetzung der Erstattungsforderung seien nicht zu beanstanden. Der Neuberechnungsbescheid vom 18. Februar 1994 und ebenso der Bescheid vom 21. Juli 1994 seien rechtswidrig gewesen; ihrer Rücknahme stehe nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin nicht entgegen. Diese habe zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt, daß ihr die überzahlte Witwenrente nicht zustand.
Der Senat hat auf die Beschwerde der Klägerin die Revision gegen dieses Urteil zugelassen. Die Klägerin hat das Rechtsmittel eingelegt: Das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht. Dem angefochtenen Urteil sei zu entnehmen, daß grobe Fahrlässigkeit iS von § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des LSG dann vorliege, wenn eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung gegeben sei, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteige und erkennen lasse, daß ausgehend von der individuellen Einsichts- und Urteilskraft selbst einfachste und naheliegendste Überlegungen nicht angestellt worden seien. Im Blick hierauf hätte sich das Berufungsgericht jedoch gedrängt fühlen müssen, dem ausweislich der Verhandlungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag zu folgen; dieser sei nämlich gerade zu dem Zweck gestellt worden, die atypischen Umstände in das Verfahren einzuführen, aufgrund deren es der Klägerin bzw ihrem Steuerberater ausgehend gerade vom eigenen Sorgfaltsmaßstab des LSG nicht möglich gewesen sei, die Geschäftsentwicklung abzusehen. Das Berufungsgericht sei diesem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Ergebnis der unterbliebenen Beweiserhebung wäre gewesen, daß die Klägerin und ihr damaliger Steuerberater zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides nicht mit einem den Witwenrentenanspruch beeinflussenden Gewinn rechnen konnten; auf der Grundlage seines Rechtsstandpunkts hätte das LSG jedoch zu einer der Klägerin günstigen Entscheidung kommen müssen. Die Revision sei daher zumindest im Sinne des Hilfsantrags begründet. Darüber hinaus beruhe das Urteil auf einer falschen Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der groben Fahrlässigkeit. Das LSG habe nämlich die maßgeblichen individuellen Verhältnisse unberücksichtigt gelassen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. Juni 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 1999 zurückzuweisen.
Sie schließt sich der angegriffenen Entscheidung im wesentlichen an. Die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bescheide grob fahrlässig nicht gekannt.
II
Die aufgrund der Zulassung durch den Senat statthafte Revision der Klägerin erweist sich auch im übrigen als zulässig (vgl zu den Anforderungen an die Begründung bei der Rüge von Verfahrensmängeln etwa BSG SozR Nr 28 zu § 164 SGG sowie Haueisen, Der Verfahrensmangel als Revisionsgrund im sozialgerichtlichen Verfahren, NJW 1955, 1857, 1859).
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG auch begründet. Das angefochtene Urteil ist bereits ausgehend von der dort vertretenen (sachlich unzutreffenden) Rechtsauffassung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen; obwohl sich das LSG auf dieser Grundlage zu entsprechenden Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, setzt es sich mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag der Klägerin nicht andeutungsweise auseinander (hierzu nachfolgend unter 1). Der Senat kann das angefochtene Urteil auch nicht aus anderen Gründen bestätigen (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG); auch insofern bedarf es zunächst noch umfangreicher weiterer Tatsachenfeststellungen (hierzu unter 2).
1. Nach der Rechtsauffassung des LSG, von der für die Beurteilung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, zunächst auszugehen ist (vgl bereits BSGE 2, 84), hat das SG den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997 ua deshalb zutreffend bestätigt, weil die Klägerin die Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Verwaltungsakte vom 18. Februar 1994 und 21. Juli 1994 infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG dann angenommen, wenn eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Davon sei auszugehen, wenn schon einfachste und naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte. Maßgebend sei dabei die individuelle Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Versicherten (subjektiver Sorgfaltsmaßstab).
Diese Voraussetzungen sieht das LSG im konkreten Zusammenhang bei Bekanntgabe der Bescheide vom 18. Februar und 21. Juli 1994 deshalb als erfüllt an, weil die Klägerin von der Beklagten mehrfach auf die Auswirkungen des Zusammentreffens der Hinterbliebenenrente mit Erwerbseinkommen hingewiesen worden ist. Gerade daraus, daß sie die Beklagte unter Hinweis auf das sich aus der Betriebswirtschaftlichen Analyse (BWA) zum 30. September 1993 entsprechend dem damaligen Kenntnisstand ergebende Verlustergebnis zur Feststellung eines ungekürzten Rentenanspruchs veranlaßt habe, sei sie zur Überprüfung der weiteren Entwicklung im 4. Quartal 1993 verpflichtet gewesen. Das unlautere Verhalten der Klägerin sei darin zu erblicken, daß sie dies offenbar pflichtwidrig unterlassen habe. Dabei könne dahingestellt bleiben, wann die Klägerin von der BWA zum 31. Dezember 1993 Kenntnis erlangt habe; jedenfalls hätte sie sich zu Beginn des Jahres 1994 - etwa durch Anforderung dieser BWA vom Steuerberater - vergewissern müssen, ob sich der von diesem im Schreiben vom 29. November 1993 ursprünglich prognostizierte Verlust in einen Gewinn umgewandelt hatte oder nicht. Diese Pflicht treffe jeden Versicherten, der zu Lasten der Solidargemeinschaft öffentlich-rechtliche Leistungen beziehe, denen im Zeitpunkt ihrer Feststellung noch nicht abschließend zu beurteilende Tatsachen zugrunde liegen, erst recht aber die Klägerin als Gewerbetreibende, die nach dem für Kaufleute geltenden besonderen Sorgfaltsmaßstab des § 347 Abs 1 HGB für eine sorgfältige Kontrolle der Zahlungseingänge und -ausgänge verantwortlich sei. Abgesehen davon habe sich der Klägerin wegen der erheblichen Differenz zwischen dem vom Steuerberater mitgeteilten Verlustergebnis und einem zu erwartenden und tatsächlich auch eingetretenen hohen Gewinn die Notwendigkeit der Überprüfung der Einkommensverhältnisse aufdrängen müssen. Da in der BWA zum 30. September 1993 ein Verlust von 141.580,57 DM ausgewiesen sei, 1993 aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 57.124,00 DM erzielt worden seien, errechneten sich für das 4. Quartal 1993 Einnahmen von 198.974,57 DM. Bei diesem Betrag habe es der Klägerin unabhängig von der endgültigen Bilanz auffallen müssen, daß ein Gewinn erzielt worden sei, der ihren Witwenrentenanspruch beeinflusse. Die Klägerin könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, daß sie wegen ihrer Gesundheitsstörungen auf die Hilfe Dritter angewiesen sei. Ein eventuelles Verschulden ihres Steuerberaters oder ihres mit den kaufmännischen Angelegenheiten betrauten Sohnes müsse sie sich entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen.
Die Rechtsauffassung des LSG geht damit zusammenfassend davon aus, daß sich die Klägerin unter grobem Verstoß gegen ihre rechtlichen Verpflichtungen zum Zeitpunkt des Ergehens der mit den angefochtenen Bescheiden aufgehobenen Verwaltungsakte keine Kenntnis vom tatsächlichen Betriebsergebnis im Kalenderjahr 1993 verschafft hatte, obwohl ihr dies unter Berücksichtigung ihrer individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit möglich und zumutbar gewesen wäre. Dies zugrunde gelegt ist vom Berufungsgericht kein Grund angeführt worden oder sonst ersichtlich, warum es sich nicht hätte gedrängt fühlen müssen, insbesondere dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag "von Amts wegen ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten darüber einzuholen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt (Februar 1994) nicht absehbar gewesen sei, daß die Klägerin doch noch für 1993 einen Gewinn erzielt hat", zu folgen und gemäß § 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG den Sachverhalt umfassend und vollständig von Amts wegen aufzuklären (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Insbesondere durfte das Gericht, nachdem bereits die Verlustprognose zum 30. September 1993 gegenüber der Beklagten nur auf der Grundlage einer entsprechenden BWA geltend gemacht worden war, nicht offenlassen, ob gerade zu den von ihm für maßgeblich erachteten Zeitpunkten eine abschließende Feststellung des Jahresergebnisses 1993 überhaupt möglich war und der Klägerin aufgrund gerade ihr zur Verfügung stehender Sachkenntnis unmittelbar oder auf der Grundlage einer weiteren betriebswirtschaftlichen Auswertung bzw Gewinnermittlung des Steuerberaters so zur Verfügung stehen konnte, daß sie zu einer entsprechenden Mitteilung an die Beklagte in der Lage war. Dies ist ohne Einschaltung eines Sachverständigen und weitere Ermittlungen, wann genau und in welchem Umfang relevante Daten zur Verfügung standen bzw welcher Sachkenntnis es zu ihrer Erfassung und Auswertung jeweils bedurfte, nicht zu beurteilen. Entsprechende Feststellungen durften nicht durch bloße Vermutungen ("offenbar") oder nicht näher begründete Behauptungen zum subjektiven Kenntnisstand der Klägerin ("hätte ... auffallen müssen") auf der Grundlage eines Vergleichs absoluter Zahlen ohne konkreten Bezug zum Zeitpunkt ihrer (individuellen) Verfügbarkeit ersetzt werden. Erst recht war es unzulässig, derartigen Vermutungen in jedem Falle Vorrang vor dem Ergebnis weiterer Maßnahmen zur Sachaufklärung zu geben und damit eine Beweiswürdigung vorwegzunehmen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 49 mwN).
Die Durchführung der unterlassenen Ermittlungen hätte im für die Klägerin günstigsten Fall ergeben, daß zu den vom LSG für relevant erachteten Zeitpunkten ein verläßliches Jahresergebnis für das Kalenderjahr 1993 bereits "objektiv" (auch mit größter Sachkenntnis) nicht ermittelt werden konnte und sie demgemäß von vornherein außer Stande war, sich Kenntnis von der möglichen Rechtswidrigkeit der Nichtanrechnungsentscheidungen vom 18. Februar und 21. Juli 1994 zu verschaffen. Ausgehend von der dargestellten Rechtsauffassung des LSG hätte jedenfalls dieses Ergebnis notwendig zum Erfolg der Berufung führen müssen.
2. Die angefochtene Aufhebung der Nichtanrechnungsentscheidung vom 18. Februar 1994 konnte nicht auf § 48 Abs 1 SGB X gestützt werden, weil keine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten war:
Nach § 97 Abs 1 Satz 1 SGB VI ist der Rentenversicherungsträger ermächtigt, Erwerbseinkommen von Berechtigten, das mit einer Witwenrente "zusammentrifft", hierauf (dh auf die monatlichen Zahlungsansprüche) durch (Dauer-)Verwaltungsakt (Festsetzung eines monatlichen Anrechnungsbetrages) anspruchsvernichtend "anzurechnen" (vgl zur dogmatischen Figur der Anrechnung eingehend Urteil des Senats vom 31. März 1998 - BSGE 82, 83 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7; zur Verfassungsmäßigkeit des Anrechnungsmodells Urteil des Senats SozR 3-2200 § 1281 Nr 1 und Beschluss des BVerfG vom 28. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86, BVerfGE 97, 271, 292); dies gilt insoweit, als Einkommen seiner Art nach als anrechenbar in Betracht kommt (vgl hierzu die abschließende Auflistung in § 18a SGB IV) und nach Abzug pauschalierter Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (vgl § 18b Abs 5 SGB IV) bestimmte Freibeträge übersteigt (vgl § 97 Abs 2 SGB VI). Das verbleibende anrechenbare Einkommen wird - für Fälle der vorliegenden Art (Tod des Versicherten in der Zeit vom 1. Januar 1986 bis zum 31. Dezember 1995 und Eheschließung vor dem 1. Januar 1986) gemäß § 314 Abs 3 SGB VI in den ersten 48 Kalendermonaten zunächst zeitlich gestaffelt in geringerem Umfang - zu 40 vH angerechnet (Anrechnungsbetrag), § 97 Abs 2 Satz 3 SGB VI. Ein Zusammentreffen von Einkommen und Witwenrente liegt im Rechtssinne vor, wenn der Rentenberechtigte für denselben Zahlungszeitraum (dh bei Renten: für einen bestimmten Kalendermonat; vgl § 118 Abs 1 SGB VI) gegen den Träger der Rentenversicherung aus einem Renten(stamm)recht einen Zahlungsanspruch auf Rente hat und ihm zeitgleich außerdem ein Recht auf Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit zusteht (vgl zutreffend etwa Gürtner in Kasseler Kommentar, § 97 SGB VI RdNr 20 und § 93 SGB VI RdNr 12). Sachlicher Grund und Grenze der Anrechnung eigenen Erwerbseinkommens auf die Hinterbliebenenrente ist die Fähigkeit des Hinterbliebenen, sich mittels eigenen Erwerbseinkommens ganz oder zumindest teilweise selbst zu unterhalten, so daß es insoweit der Deckung des Unterhaltsbedarfs mittels einer Hinterbliebenenrente nicht bedarf. Bezieht der Witwer oder die Witwe ein den (Anrechnungs-)Freibetrag übersteigendes Einkommen, ergibt sich ein geringerer Bedarf nach am bisherigen Lebensstandard ausgerichteter wirtschaftlicher Sicherung. Abzustellen ist dabei auf das "verfügbare Einkommen" des Hinterbliebenen (Urteil des Senats SozR 3-2400 § 18b Nr 1 mit Hinweis auf Beschluss des BVerfG vom 28. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86, BVerfGE 97, 271, 292).
Demgemäß ist nach § 18b Abs 1 Satz 1 SGB IV im Rahmen der sog Anrechnung grundsätzlich das tatsächlich erzielte "monatliche Einkommen" maßgebend, um es dem Betrag der Rente für eben diesen Monat gegenüberzustellen (sog Wirklichkeitsmaßstab). Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sieht das Gesetz jedoch von einer monatlichen Ermittlung des jeweils konkret erzielten Einkommens ab und läßt eine pauschalierende Berücksichtigung des eigenen Erwerbseinkommens dergestalt genügen, daß grundsätzlich das durchschnittliche Erwerbseinkommen des letzten Kalenderjahres als fiktive Größe ("gilt") der aktuellen Anrechnung abschließend und endgültig zugrunde zu legen ist. Dieser monatliche Durchschnittswert wird unter der Voraussetzung im wesentlichen konstanter Verhältnisse bei Erwerbseinkommen iS von § 18a Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGB IV gebildet, indem dasjenige des gesamten letzten Kalenderjahres durch zwölf geteilt und der sich so ergebende Wert gekürzt um die Beträge nach § 18b Abs 5 Nr 1 SGB IV als laufendes Erwerbseinkommen zugrunde gelegt wird (zu der hier nicht vorliegenden Ausnahme, daß eine Umlegung des Jahreseinkommens auf zwölf Monate zu einer realitätsfernen Annahme des laufenden Einkommens führen würde, vgl § 18b Abs 2 Satz 1 SGB IV und Urteil des Senats SozR 3-2400 § 18b Nr 1).
Vom Grundsatz der Maßgeblichkeit einer realitätsnahen Fiktion auf der Basis des Vorjahreseinkommens ist eine Ausnahme dann vorgesehen, wenn die dargestellte pauschalierende Vorgehensweise die aktuellen Verhältnisse ausgehend von den gesetzlich normierten Maßstäben nicht mehr im wesentlichen zutreffend repräsentiert. So ist nach § 18b Abs 4 Halbsatz 1 SGB IV bereits bei der erstmaligen Feststellung des Werts des Rechts auf Rente für die Anrechnungsentscheidung vom "laufenden Erwerbseinkommen ... nach Abs 2" auszugehen, wenn dieses voraussichtlich im Durchschnitt um wenigstens 10 vH geringer ist als das nach den Abs 2 und 3 der Vorschrift nach Jahresdurchschnittssätzen ermittelte Einkommen. An die Stelle einer Fiktion auf der Basis des Vorjahreseinkommens tritt damit insofern eine hypothetische Einschätzung des aktuellen monatlichen Einkommens auf der Grundlage aller bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens verfügbaren einschlägigen Umstände (vgl etwa BSG SozR 3-7833 § 6 Nr 15). Ebenso wie die regelmäßig maßgebliche Fiktion auf der Grundlage des Vorjahreseinkommens sind dann entsprechend der Vorgehensweise des Gesetzes ausnahmsweise auch diese Annahmen die abschließende und endgültige (tatsächliche) Grundlage einer hierauf beruhenden endgültigen und vorbehaltslosen Entscheidung. Sie beruhen von vornherein nicht auf sich erst später realisierenden tatsächlichen Gegebenheiten und werden daher durch erst nachträglich eintretende Umstände und Entwicklungen auch nicht mit Wirkung für die Vergangenheit widerlegt (vgl BSG aaO sowie SozR 1300 § 46 Nr 49 S 156 und vom 22. September 1988, 7 RAr 61/86, VdKMitt 1989, S 31 = SozSich 1989, 191). Eine Anpassung hypothetisch zugrunde gelegter Einkommensbeträge an nachträglich geänderte Verhältnisse kommt daher nur zukunftsbezogen und - im vorliegenden Zusammenhang dem Gesichtspunkt der "Verwaltungsökonomie" (Vermeidung einer laufenden Befassung der Sachbearbeitung) entsprechend - grundsätzlich erst mit Wirkung ab der nächsten Rentenanpassung in Betracht (vgl hierzu im einzelnen unmittelbar nachfolgend). Für die Vergangenheit nimmt das Gesetz demgegenüber die sich aus der eventuellen Abweichung von Hypothese und tatsächlichem Verlauf ergebende "Wirklichkeitsfremdheit" gerade in Kauf. Die hinsichtlich der Einkommensfestsetzung auf hypothetischer Grundlage umfassend eröffnete gerichtliche Kontrolle hat daher auf den Zeitpunkt der letzten hierauf basierenden Verwaltungsentscheidung abzustellen (vgl etwa BSGE 67, 228 und BSG SozR 3-4100 § 36 Nr 1 sowie § 60 Nr 1 jeweils mwN); die Prüfungsdichte entspricht dem in der Weise, daß nur die zu diesem Zeitpunkt objektiv verfügbaren Umstände in die Beurteilung einbezogen werden können. Ebenso hat sich auch eine spätere Überprüfung der ursprünglichen Richtigkeit des ergangenen Verwaltungsakts (§§ 44, 45 SGB X) hierauf zu beschränken und kann zu seiner Aufhebung nur dann führen, wenn allein aufgrund von deren nachträglicher Erhebung und Würdigung abschließend feststeht, daß die damalige Entscheidung nicht ergehen durfte (vgl BSG SozR 1300 § 45 Nr 49).
Spätere Einkommensänderungen (Erhöhungen ebenso wie Minderungen) sind grundsätzlich erst vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung (bei mehreren, derjenigen zum 1. Juli) an zu berücksichtigen, § 18d Abs 1 SGB IV. Die Verwaltung soll damit grundsätzlich davon entlastet werden, kontinuierlich Änderungen zu ermitteln und ggf die bisher getroffene Anrechnungsregelung anpassen zu müssen (vgl etwa Hauck/Haines, Komm zum SGB IV, § 18d RdNr 3 und Seewald in Kasseler Kommentar, § 18d RdNr 1). Änderungen sind damit grundsätzlich auch erst ab diesem Zeitpunkt "wesentlich" iS von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X.
Ein bisher auf fiktiver Grundlage bestimmter Anrechnungsbetrag ist demgemäß bei Fortführung dieses Festsetzungsmodus unabhängig von der tatsächlichen aktuellen Entwicklung erst ab dem 1. Juli des laufenden Kalenderjahres entsprechend dem dann maßgeblichen Vorjahreseinkommen anzupassen. Liegt der bisherigen Festsetzung ein hypothetisch angenommenes Einkommen zugrunde, wird dieses vorbehaltlich des § 18d Abs 2 SGB IV ebenfalls (erst) zum 1. Juli des Folgejahres und dann grundsätzlich und in aller Regel auf der Basis des nach § 18b Abs 2 SGB IV ermittelten (fiktiven) Einkommens ersetzt. Nur ausnahmsweise und auf Antrag des Berechtigten sind demgegenüber aktuelle Einkommensminderungen bereits vom Zeitpunkt ihres Eintritts an (als wesentlich) zu berücksichtigen, wenn das Einkommen voraussichtlich um wenigstens 10 vH geringer ist als das bisher berücksichtigte (fiktive oder hypothetisch angenommene) Einkommen. Dies gilt bei Erwerbseinkommen jedoch nur dann, wenn nach den Maßstäben des Gesetzes bereits eine ausreichende Grundlage für seine hypothetische Bemessung vorhanden ist, dh das Einkommen in einem Zeitraum von mindestens drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten im Durchschnitt um wenigstens 10 vH geringer ist als das bisher berücksichtigte (§ 18d Abs 1 Satz 1 SGB IV); anders als bei der hypothetischen Bemessung im Rahmen der erstmaligen Ermittlung des Anrechnungsbetrages nach § 18b Abs 4 SGB IV bedarf es demgemäß für diejenige nach § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV als Beurteilungsgrundlage eines dreimonatigen Referenzzeitraums, für den bei isolierter Betrachtung eine Minderung im geforderten Umfang als bereits eingetreten angenommen werden kann. Einkommensminderungen iS von Satz 1 können schließlich gemäß § 18d Abs 2 Satz 2 SGB IV bei der nächsten Rentenanpassung - also "turnusgemäß" - im Einzelfall auch von Amts wegen berücksichtigt werden. Das gemäß § 18d Abs 2 SGB IV hypothetisch festgelegte Einkommen wird schließlich zum Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung zukunftsgerichtet seinerseits erneut durch ein fiktives ersetzt, es sei denn, die Voraussetzungen der Norm lägen zu diesem Zeitpunkt oder vorher abermals vor.
Das Gesetz kennt damit zwei voneinander zu unterscheidende und nur zeitabschnittsweise aufeinanderfolgend austauschbare Methoden der Festsetzung des anrechenbaren Erwerbseinkommens. Rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel ist Grundlage für die Bestimmung des Anrechnungsbetrags das Erwerbseinkommen des letzten Kalenderjahres; dieses bestimmt aufgrund gesetzlicher Fiktion ("gilt") die rechtlich aktuell zugrunde zu legenden Verhältnisse, ohne daß es auf die tatsächlichen Einkommensentwicklungen ankäme. Nur ausnahmsweise, nämlich bei erstmaliger Bestimmung des nach Anrechnung sich ergebenden Auszahlbetrages (der "Rente" iS von § 18b Abs 4) und bei späteren Einkommensminderungen iS von § 18d Abs 2 SGB IV kann unter besonderen weiteren Voraussetzungen die auf der Grundlage der gegenwärtig bekannten Verhältnisse sich ergebende Einschätzung der aktuellen Einkommensverhältnisse zur Grundlage der Zahlbetragsermittlung gemacht werden.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ergibt sich für den vorliegenden Sachverhalt folgendes:
Die in dem angegriffenen Bescheid vom 5. Oktober 1995 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1997) aufgehobene Nichtanrechnungsentscheidung vom 18. Februar 1994 hatte ausgehend von einer als wesentlich angesehenen Änderung die - dort jeweils auf fiktivem Einkommen beruhende (§ 18b Abs 2 Satz 1 SGB IV) - Festsetzung der Anrechnungsbeträge für die Zeit ab dem 1. Januar 1993 in den Bescheiden vom 3. Februar 1993, 29. Juni 1993 und 1. November 1993 aufgehoben und ersetzt (§ 48 Abs 1 SGB X iVm § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV). Den an die Stelle der aufgehobenen früheren Regelungen ergangenen Anrechnungs-Verwaltungsakten im Bescheid vom 5. Oktober 1995 lag damit nunmehr ein nach § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV hypothetisch bestimmtes Einkommen zugrunde. Diese Regelungen hätten auf der Basis erneut eines fiktiven Einkommens (§ 48 Abs 1 SGB X iVm § 18b Abs 2 Satz 1 SGB IV) ihrerseits wegen § 18d Abs 1 SGB IV zu Lasten der Klägerin nur zukunftsgerichtet und frühestens für die Zeit ab dem 1. Juli 1994 abgeändert werden können; hierzu verhält sich indessen erst der weitere Bescheid vom 21. Juli 1994. Der Aufhebungs-Verwaltungsakt im Bescheid vom 5. Oktober 1995 kann daher auf eine nachträgliche Änderung der bei Erlaß der Bescheide vom 3. Februar 1993, 29. Juni 1993 und 1. November 1993 maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse von vornherein nicht gestützt werden.
3. Ob die am 18. Februar 1994 erklärte Aufhebung der Anrechnungs-Verwaltungsakte in den Bescheiden vom 3. Februar 1993, 29. Juni 1993 und 1. November 1993 selbst wegen ursprünglicher Unrichtigkeit iS von § 45 SGB X rechtswidrig war und nach dieser Vorschrift zurückgenommen werden durfte, kann derzeit noch nicht abschließend entschieden werden: Das SG, dessen Auffassung sich das Berufungsgericht durch Verweisung in den Gründen seines Urteils (§ 153 Abs 2 SGG) ausdrücklich zu eigen gemacht hat, ist insofern davon ausgegangen, daß sich die anfängliche Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 18. Februar 1994 daraus ergebe, daß "eine Einkommensanrechnung bei der Berechnung der Witwenrente der Klägerin, die nach § 97 SGB VI durchzuführen war, nicht vorgenommen wurde und daher die Rente in unzutreffender Höhe zu hoch an die Klägerin ausgezahlt wurde". Dies bedarf nach den vorstehenden Ausführungen zunächst zumindest der nachhaltigen Präzisierung. Eine anfängliche Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 18. Februar 1994 käme danach nur dann in Betracht, wenn sich nunmehr ergäbe, daß die damals auf hypothetischer Grundlage getroffenen Einkommensfeststellungen im Blick auf bereits bei Erlaß dieses Bescheides objektiv verfügbare Erkenntnisse auf unzutreffender tatsächlicher Grundlage ergangen, daher ganz oder teilweise rechtswidrig waren und statt dessen für Zeiten ab dem 1. Januar 1993 bzw einem späteren Zeitpunkt vor Erlaß des aufgehobenen Bescheides auf der Grundlage eines anderen relevanten hypothetischen (bzw nunmehr wieder fiktiven) Einkommens zu Lasten der Klägerin ein Anrechnungsbetrag hätte festgesetzt werden müssen. Nur wenn daher die nunmehr noch vorzunehmenden Ermittlungen des Berufungsgerichts ergeben, daß sich bereits aufgrund der bei Erlaß des Bescheides vom 18. Februar 1994 objektiv verfügbaren Erkenntnisse
a) notwendig eine andere hypothetische (bzw ggf bereits abschließende) Einschätzung des der Klägerin aktuell verfügbar/realisierbar zur Verfügung stehenden Gewinns aus Gewerbebetrieb hätte ergeben müssen und sich
b) auf dieser Grundlage keine oder jedenfalls keine iS von § 18d Abs 2 Satz 1 SGB IV relevante Minderung gegenüber den auf der Grundlage des jeweiligen Vorjahreseinkommens fiktiv vorgenommenen Festlegungen des anzurechnenden Erwerbseinkommens ergibt,
kommt dessen anfängliche Rechtswidrigkeit in Betracht.Bisher steht jedoch weder fest, wann die Klägerin ggf welche Beträge für ihren Unterhalt hätte einsetzen können noch zu welchen Zeitpunkten welche Erkenntnisse hierüber objektiv zur Verfügung standen; dies wird nunmehr nach Beiziehung aller in Betracht kommenden Geschäftsunterlagen - ebenso wie die sich daran ggf anschließende Frage der subjektiven Erkennbarkeit einer eventuellen Rechtswidrigkeit für die Klägerin auf der Grundlage ihrer persönlichen Urteils- und Einsichtsfähigkeit (vgl Urteil des Senats vom 30. Oktober 1997, 4 RA 71/96, mit Hinweis auf BSG SozR 1300 § 48 Nr 11, - im wesentlichen im Wege des Sachverständigenbeweises) zu klären sein. Darüber hinaus könnten auch hinsichtlich der Unternehmereigenschaft der Klägerin gewisse Zweifel deshalb bestehen, weil nach der Bestätigung des Steuerberaters vom 21. Mai 1999 jedenfalls für die betriebswirtschaftlichen Auswertungen deren Sohn, der insoweit die kaufmännischen Dinge abwickelt, der Ansprechpartner ist bzw sie selbst wegen ihrer starken Sehbehinderung nicht in der Lage ist, Unterlagen zu lesen und auf ständige Begleitung angewiesen ist.
In dem ebenfalls aufgehobenen Bescheid vom 21. Juli 1994 wurde die bisherige Festsetzung des Anrechnungsbetrags auch für die Zeit ab dem 1. Juli 1994 unverändert fortgeschrieben. Auch insofern kommt als Ermächtigungsgrundlage für die im Bescheid vom 5. Oktober 1995 vorgenommene Aufhebung allein § 45 SGB X wegen ursprünglicher Unrichtigkeit der Nichtanrechnungsentscheidung in Betracht. Das LSG wird dementsprechend weitere Ermittlungen auch auf den Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides bezogen durchzuführen haben.
4. Angefochten ist schließlich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch der weitere Bescheid vom 19. September 1996, der gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 5. Oktober 1995 jedenfalls insofern geworden ist, als er - wie dieser - den Anrechnungsbetrag für die Zeit ab dem 1. Juli 1995 betrifft. Die Klägerin hat die einschlägigen Verwaltungsakte im Bescheid vom 5. Oktober 1995 von Anfang an und durchgehend insgesamt angegriffen. Es ist daher nicht erkennbar, warum eine weitere - die Klägerin zusätzlich belastende - Regelung hinsichtlich eines bereits beanstandeten Zeitraums von ihrem allein maßgeblichen Begehren (§ 123 SGG) nicht umfaßt sein sollte.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten.
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