Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 80/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. März 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung eines sog Zwischenübergangsgeldes.
Der Kläger war ab Dezember 1993 arbeitsunfähig und bezog in der Folgezeit Krankengeld (Krg). Wegen eines Bronchialasthmas bewilligte ihm die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für die Zeit ab 6. Juni 1995 ein Heilverfahren; dieses wurde am 10. Juni 1995 wegen eines Alkoholdelirs abgebrochen. Der Kläger wurde vom 10. Juni bis 9. Juli 1995 zu Lasten der Krankenkasse stationär zur Entgiftung behandelt. Für die Zeit vom 10. Juli bis 16. Oktober 1995 bewillige ihm die Beklagte eine stationäre Entwöhnungsbehandlung. Sie hatte ihm für die Zeit vom 6. bis 10. Juni und vom 10. Juli bis 16. Oktober 1995 jeweils das Recht auf Übergangsgeld (Übg) zuerkannt. Vom 11. bis zu seiner sog Aussteuerung am 13. Juni 1995 hatte der Kläger Krg bezogen.
Den im April 1996 gestellten Antrag des Klägers, ihm für die Zeit vom 14. Juni bis 10. Juli 1995 Übg zu bewilligen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, ein Zwischenübergangsgeld könne nicht zwischen zwei medizinischen Maßnahmen gewährt werden (Bescheid vom 11. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 1998). Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 14. Juni bis 9. Juli 1995 Übg zu gewähren (Urteil vom 19. August 1999), weil mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 22. Juni 1989, SozR 2200 § 1241e Nr 18) davon auszugehen sei, daß Zwischenübergangsgeld auch zur Überbrückung zwischen zwei gesamtplanpflichtigen medizinischen Maßnahmen zu gewähren sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. März 2000). Zur Begründung ist ausgeführt worden, die Zuerkennung eines Überbrückungsübergangsgeldes komme nur bei zwei aufeinander folgenden Maßnahmen medizinischer und berufsfördernder Art, nicht aber - wie hier - zwischen zwei medizinischen Maßnahmen in Betracht. Der abweichenden Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 22. Juni 1989 (aaO), die zu dem bis Ende 1991 geltenden Recht ergangen sei, sei der Gesetzgeber bei der Neukonzeption in § 25 Abs 3 Nr 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht gefolgt; dies belege schon der Wortlaut der Norm. Im übrigen scheitere die Zuerkennung des Rechts auch daran, daß der eigentliche Rehabilitationsplan, nämlich das beim Kläger vorliegende Bronchialasthma zu bessern, durch die zweite Maßnahme nicht weiterverfolgt worden sei und beide Maßnahmen nicht auf die Komplettierung eines Gesamtkonzepts ausgerichtet gewesen seien.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI. Er trägt vor, die Norm sei eine inhaltsgleiche Nachfolgebestimmung zu den §§ 18e Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), 1241e Reichsversicherungsordnung (RVO) und 17e Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG). Dabei habe der Gesetzgeber den früheren Wortlaut beibehalten. § 18e AVG habe das BSG (Urteil vom 22. Juni 1989, aaO) aber lückenfüllend durch Analogie dahin ausgelegt, daß Übg auch dann zu gewähren sei, wenn zwischen zwei medizinischen Maßnahmen ein Überbrückungstatbestand vorliege. Dies sei der Fall, wenn bei Abschluß der ersten Maßnahme aufgrund eines Gesamtplans oder objektiv feststehe, daß weitere Maßnahmen zur Rehabilitation erforderlich seien und die Zustimmung des Versicherten zur Teilnahme an der weiteren Maßnahme in diesem Zeitpunkt vorliege, oder in zeitlichem oder in innerem Zusammenhang mit der abgeschlossenen Maßnahme nachträglich erklärt werde. Diese Voraussetzungen seien erfüllt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. März 2000 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19. August 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden sei.
II
Die Revision des Klägers ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Das LSG hat im Ergebnis zu Recht auf die Berufung der Beklagten die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen; denn dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Recht auf Übg für den streitbefangenen Zeitraum vom 14. Juni bis 9. Juli 1995 zu.
1. §§ 20 Abs 1 Satz 1 und 25 Abs 1 SGB VI greifen nicht ein. Im Regelfall ist Übg nur während der Dauer der Teilnahme an medizinischen oder berufsfördernden Maßnahmen zu erbringen. Das Recht auf Übg während einer solchen Teilnahme besteht gegenüber dem Rentenversicherungsträger, der die Maßnahme bewilligt hat (§ 20 Abs 1 Nr 1 SGB VI). Die in der Zwischenzeit vom 10. Juni bis 9. Juli 1995 durchgeführte sog Entgiftungsbehandlung war jedoch nicht vom Rentenversicherungsträger, sondern vom Krankenversicherungsträger gewährt worden.
2. Auch der Ausnahmetatbestand des § 25 Abs 3 SGB VI ist nicht gegeben; insoweit konnte von vornherein nur eine Anwendung der Nr 4 aaO in Betracht kommen.
Nach dieser Norm wird Übg ua auch für den Zeitraum erbracht, in dem der Versicherte nach Abschluß von medizinischen oder berufsfördernden Leistungen arbeitsunfähig ist und keinen Anspruch auf Krg hat, sofern berufsfördernde Leistungen erforderlich sind, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Übg bewirken und aus Gründen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, nicht unmittelbar anschließend erbracht werden können. Die Voraussetzungen dieser Norm sind ihrem Wortlaut nach schon deshalb nicht gegeben, weil im Anschluß an die bisherigen medizinischen Maßnahmen ab 10. Juli 1995 nicht berufsfördernde, sondern weitere medizinische Leistungen erforderlich waren.
3. Auch eine entsprechende Anwendung von § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI kommt nicht in Betracht. Der Senat hält an seiner zu § 18e AVG (= § 1241e RVO) ergangenen Rechtsprechung fest (SozR 2200 § 1241e Nr 18), wonach Übg nicht nur - wie der Wortlaut des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI besagt - zwischen medizinischen und berufsfördernden Maßnahmen oder zwischen zwei berufsfördernden Maßnahmen, sondern auch zwischen zwei medizinischen Maßnahmen zu gewähren ist, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (dazu gleich). Dieser Rechtssatz, den der Senat zu dem bis Ende 1991 geltenden Recht aufgestellt hat, gilt unverändert fort; denn die ab 1. Januar 1992 in Kraft getretene Regelung des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI hat zwar nicht wörtlich, aber inhaltlich die Regelungen in den Vorgängervorschriften der §§ 18e AVG und 1241e RVO übernommen.
Unverzichtbare Voraussetzung ist nach dieser Rechtsprechung, daß es sich bei den hier zu beurteilenden medizinischen Maßnahmen um zwei gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Rehabilitation gehandelt hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
Wie die Vorgängervorschrift des § 18e Abs 1 AVG bezweckt auch § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI die wirtschaftliche Sicherstellung des Versicherten durch eine Geldleistung während einer von ihm nicht zu vertretenden Reha-Pause zwischen zwei Maßnahmen, es sei denn, er bedarf wegen des Bezuges von Krg oder Arbeitsentgelt nicht eines solchen Schutzes. Grund hierfür ist einerseits, daß sich der Versicherte zur Teilnahme an einer "vorgesehenen" weiteren Maßnahme bereithalten muß und deswegen in seinen Dispositionsmöglichkeiten, aber auch in seinen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt ist. Andererseits trifft den Versicherungsträger die Verantwortung, daß der nicht wirtschaftlich abgesicherte Betreute während einer für ihn unvermeidbaren Reha-Unterbrechung wirtschaftlich nicht weiter absinkt. Daher ist der zuständige Leistungsträger gesetzlich verpflichtet (§ 5 Abs 3 RehaAnglG), einen Gesamtplan aufzustellen, wenn mehrere Reha-Maßnahmen - gleich welcher Art - erforderlich sind. Er hat dabei sicherzustellen, daß die Maßnahmen nahtlos ineinandergreifen. Gelingt dies aus Gründen nicht, die der schutzbedürftige Betreute nicht zu vertreten hat, ist dieser durch Weitergewährung des Übg wenigstens wirtschaftlich so zu stellen, als hätte der Leistungsträger seinen Sicherstellungsauftrag erfüllt (vgl zum ganzen BSG, Urteil vom 22. Juni 1989, aaO).
Voraussetzung für die Zuerkennung eines Rechts auf ein solches "Zwischenübergangsgeld" (so die Bezeichnung in BSG SozR 2200 § 1241e Nr 9) bzw auf "Überbrückungsübergangsgeld" (so die Bezeichnung in BSG SozR 2200 § 1241e Nr 7) ist daher, daß es sich bei den durch eine "Pause" unterbrochenen Maßnahmen um gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Reha handelt, die der Rentenversicherungsträger, hätte er einen Gesamtplan aufgestellt, nahtlos nacheinander hätte gewähren müssen. Hiervon kann der Senat aufgrund des für ihn bindend festgestellten Sachverhaltes nicht ausgehen.
a) Geht man von den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG aus, wurde dem Kläger von der Beklagten für die Zeit ab 6. Juni 1995 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme allein wegen eines Bronchialasthmas bewilligt, einer Maßnahme iS von § 9 Abs 1 SGB VI, die darauf gerichtet war, die Erwerbsfähigkeit des Klägers herzustellen. Sie erstreckte sich demnach nicht auf die Behandlung einer Vielzahl (iS einer Bündelung von Einzelmaßnahmen) von Erkrankungen jedweder Art. Im Hinblick auf diese bewilligte Einzelmaßnahme war - jedenfalls bis zum Beginn der Maßnahme - ein Gesamtplan iS von § 5 Abs 3 RehaAnglG nicht aufzustellen. Es handelte sich nicht um eine "erste" von zwei (oder mehreren) gesamtplanpflichtigen Maßnahmen (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1241e Nr 10 (S 25)).
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die Zeit nach Abbruch der Maßnahme am 10. Juni 1995 wegen des Alkoholdelirs.
Aus dem og Sinn und Zweck der Vorschrift folgt, daß Übg nur zu zahlen ist, wenn die Maßnahme planmäßig (wie vorgesehen) beendet wird. Denn nur dann muß der Rehabilitationsträger wegen eventueller Verzögerungen bei der Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme für diese einstehen (BSG SozR 2200 § 1241e Nr 17 (S 52 f)), weil er das nahtlose Ineinandergreifen der Maßnahmen zu gewähren hat. Im Falle eines vorzeitigen Abbruchs der Maßnahme hat der Rehabilitationsträger jedoch gerade keinen Einfluß auf das nahtlose Ineinandergreifen, so daß dadurch bedingte Verzögerungen ihm nicht zuzurechnen sind.
c) Darüber hinaus handelt es sich - unterstellt, das Übg sei grundsätzlich auch für die Zeit nach Abbruch einer Maßnahme bis zur nächsten Maßnahme zu gewähren - bei der hier in der Zeit vom 10. Juni bis 9. Juli 1995 durchgeführten Entgiftungsbehandlung nicht um eine gesamtplanfähige Maßnahme.
Nach Sinn und Zweck des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI ist zwar auch davon auszugehen, daß Übg grundsätzlich zu gewähren ist, wenn sich erst nach "Abschluß" der konkret bewilligten Maßnahme objektiv herausstellt, daß weitere gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Rehabilitation erforderlich sind. Der Rehabilitationsträger muß dann - sobald dies objektiv feststeht - einen Gesamtplan erstellen. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn aufgrund der konkret bewilligten (Einzel-) Maßnahme objektiv feststeht, daß im Rahmen der bewilligten Rehabilitationsmaßnahme weitere medizinische (Behandlungs-) Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw Besserung der Erwerbsfähigkeit erforderlich werden. Dies gilt nach Sinn und Zweck des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI iVm § 5 Abs 3 RehaAnglG nicht, wenn bei Abschluß der bewilligten Maßnahme eine weitere aufgrund eines neuen medizinischen Sachverhalts erforderlich wird (BSG SozR 2200 § 1241e Nr 18 (S 58); Nr 7 (S 14) entsprechend).
Nach Abbruch der Maßnahme am 10. Juni 1995 aufgrund des Alkoholdelirs wurden Maßnahmen aufgrund eines neuen, nicht durch die bewilligte Rehabilitationsmaßnahme wegen des Bronchialasthmas gedeckten medizinischen Sachverhalts notwendig. Sie konnten daher nicht bereits Gegenstand einer vorhersehbaren "Gesamtplanung" sein. Sie machten die von der Krankenkasse getragene Entgiftungsbehandlung erforderlich und (ggf je nach Ausgang der Entgiftungsbehandlung) eine vom Rentenversicherungsträger als Rehabilitationsträger zu bewilligende Entwöhnungsbehandlung.
d) Die Entgiftungsbehandlung als solche ist darüber hinaus keine für den Träger der Rentenversicherung gesamtplanfähige Maßnahme (BSG SozR 3-2600 § 13 Nr 1 bis 3; SozR 3-2200 § 1237 Nr 4). Denn § 13 Abs 2 SGB VI schließt - im Sinne einer Systemabgrenzung - die Entgiftungsbehandlung im Krankenhaus grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der vom Rentenversicherungsträger zu erbringenden Rehabilitationsmaßnahmen aus. Entgiftung ist Akut-Behandlung, keine Rehabilitationsmaßnahme, so daß der Rentenversicherungsträger kein Recht auf diese Leistung zuerkennen darf. Das bedeutet, daß bei Gewährung stationärer Maßnahmen für Alkoholabhängige die zu Beginn erforderliche stationäre Entgiftungsbehandlung in die Zuständigkeit des Trägers der Krankenversicherung fällt, während der Träger der Rentenversicherung nur für die sich hieran anschließende Entwöhnungsbehandlung die Leistungspflicht übernehmen kann.
e) Von dieser gesetzlichen Konzeption abweichend kann eine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers nur in einem Ausnahmefall gegeben sein, nämlich dann, wenn während der bewilligten und durchgeführten medizinischen Leistung zur Rehabilitation - etwa während der Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung - eine vorübergehende akute Behandlungsbedürftigkeit - zB wegen einer erforderlichen Entgiftung - eintritt und davon auszugehen ist, daß nach Abschluß dieser Behandlung die Rehabilitationsmaßnahme fortgesetzt werden wird.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hatte dem Kläger in der Zeit vom 6. bis 10. Juni 1995 keine Entwöhnungsbehandlung, sondern eine Rehabilitationsmaßnahme allein wegen eines Bronchialasthmas gewährt. Das Alkoholdelir und die anschließende Entgiftungsbehandlung haben keine Unterbrechung, sondern einen Abbruch der bewilligten Maßnahme bewirkt. Auch bereits aus diesem Grunde stand dem Kläger während der von der Krankenkasse getragenen Entgiftungsbehandlung im Verhältnis zur Beklagten kein Recht auf Übg zu.
Die Revision des Klägers konnte damit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung eines sog Zwischenübergangsgeldes.
Der Kläger war ab Dezember 1993 arbeitsunfähig und bezog in der Folgezeit Krankengeld (Krg). Wegen eines Bronchialasthmas bewilligte ihm die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für die Zeit ab 6. Juni 1995 ein Heilverfahren; dieses wurde am 10. Juni 1995 wegen eines Alkoholdelirs abgebrochen. Der Kläger wurde vom 10. Juni bis 9. Juli 1995 zu Lasten der Krankenkasse stationär zur Entgiftung behandelt. Für die Zeit vom 10. Juli bis 16. Oktober 1995 bewillige ihm die Beklagte eine stationäre Entwöhnungsbehandlung. Sie hatte ihm für die Zeit vom 6. bis 10. Juni und vom 10. Juli bis 16. Oktober 1995 jeweils das Recht auf Übergangsgeld (Übg) zuerkannt. Vom 11. bis zu seiner sog Aussteuerung am 13. Juni 1995 hatte der Kläger Krg bezogen.
Den im April 1996 gestellten Antrag des Klägers, ihm für die Zeit vom 14. Juni bis 10. Juli 1995 Übg zu bewilligen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, ein Zwischenübergangsgeld könne nicht zwischen zwei medizinischen Maßnahmen gewährt werden (Bescheid vom 11. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 1998). Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 14. Juni bis 9. Juli 1995 Übg zu gewähren (Urteil vom 19. August 1999), weil mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 22. Juni 1989, SozR 2200 § 1241e Nr 18) davon auszugehen sei, daß Zwischenübergangsgeld auch zur Überbrückung zwischen zwei gesamtplanpflichtigen medizinischen Maßnahmen zu gewähren sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. März 2000). Zur Begründung ist ausgeführt worden, die Zuerkennung eines Überbrückungsübergangsgeldes komme nur bei zwei aufeinander folgenden Maßnahmen medizinischer und berufsfördernder Art, nicht aber - wie hier - zwischen zwei medizinischen Maßnahmen in Betracht. Der abweichenden Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 22. Juni 1989 (aaO), die zu dem bis Ende 1991 geltenden Recht ergangen sei, sei der Gesetzgeber bei der Neukonzeption in § 25 Abs 3 Nr 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht gefolgt; dies belege schon der Wortlaut der Norm. Im übrigen scheitere die Zuerkennung des Rechts auch daran, daß der eigentliche Rehabilitationsplan, nämlich das beim Kläger vorliegende Bronchialasthma zu bessern, durch die zweite Maßnahme nicht weiterverfolgt worden sei und beide Maßnahmen nicht auf die Komplettierung eines Gesamtkonzepts ausgerichtet gewesen seien.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI. Er trägt vor, die Norm sei eine inhaltsgleiche Nachfolgebestimmung zu den §§ 18e Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), 1241e Reichsversicherungsordnung (RVO) und 17e Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG). Dabei habe der Gesetzgeber den früheren Wortlaut beibehalten. § 18e AVG habe das BSG (Urteil vom 22. Juni 1989, aaO) aber lückenfüllend durch Analogie dahin ausgelegt, daß Übg auch dann zu gewähren sei, wenn zwischen zwei medizinischen Maßnahmen ein Überbrückungstatbestand vorliege. Dies sei der Fall, wenn bei Abschluß der ersten Maßnahme aufgrund eines Gesamtplans oder objektiv feststehe, daß weitere Maßnahmen zur Rehabilitation erforderlich seien und die Zustimmung des Versicherten zur Teilnahme an der weiteren Maßnahme in diesem Zeitpunkt vorliege, oder in zeitlichem oder in innerem Zusammenhang mit der abgeschlossenen Maßnahme nachträglich erklärt werde. Diese Voraussetzungen seien erfüllt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. März 2000 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19. August 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden sei.
II
Die Revision des Klägers ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Das LSG hat im Ergebnis zu Recht auf die Berufung der Beklagten die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen; denn dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Recht auf Übg für den streitbefangenen Zeitraum vom 14. Juni bis 9. Juli 1995 zu.
1. §§ 20 Abs 1 Satz 1 und 25 Abs 1 SGB VI greifen nicht ein. Im Regelfall ist Übg nur während der Dauer der Teilnahme an medizinischen oder berufsfördernden Maßnahmen zu erbringen. Das Recht auf Übg während einer solchen Teilnahme besteht gegenüber dem Rentenversicherungsträger, der die Maßnahme bewilligt hat (§ 20 Abs 1 Nr 1 SGB VI). Die in der Zwischenzeit vom 10. Juni bis 9. Juli 1995 durchgeführte sog Entgiftungsbehandlung war jedoch nicht vom Rentenversicherungsträger, sondern vom Krankenversicherungsträger gewährt worden.
2. Auch der Ausnahmetatbestand des § 25 Abs 3 SGB VI ist nicht gegeben; insoweit konnte von vornherein nur eine Anwendung der Nr 4 aaO in Betracht kommen.
Nach dieser Norm wird Übg ua auch für den Zeitraum erbracht, in dem der Versicherte nach Abschluß von medizinischen oder berufsfördernden Leistungen arbeitsunfähig ist und keinen Anspruch auf Krg hat, sofern berufsfördernde Leistungen erforderlich sind, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Übg bewirken und aus Gründen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, nicht unmittelbar anschließend erbracht werden können. Die Voraussetzungen dieser Norm sind ihrem Wortlaut nach schon deshalb nicht gegeben, weil im Anschluß an die bisherigen medizinischen Maßnahmen ab 10. Juli 1995 nicht berufsfördernde, sondern weitere medizinische Leistungen erforderlich waren.
3. Auch eine entsprechende Anwendung von § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI kommt nicht in Betracht. Der Senat hält an seiner zu § 18e AVG (= § 1241e RVO) ergangenen Rechtsprechung fest (SozR 2200 § 1241e Nr 18), wonach Übg nicht nur - wie der Wortlaut des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI besagt - zwischen medizinischen und berufsfördernden Maßnahmen oder zwischen zwei berufsfördernden Maßnahmen, sondern auch zwischen zwei medizinischen Maßnahmen zu gewähren ist, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (dazu gleich). Dieser Rechtssatz, den der Senat zu dem bis Ende 1991 geltenden Recht aufgestellt hat, gilt unverändert fort; denn die ab 1. Januar 1992 in Kraft getretene Regelung des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI hat zwar nicht wörtlich, aber inhaltlich die Regelungen in den Vorgängervorschriften der §§ 18e AVG und 1241e RVO übernommen.
Unverzichtbare Voraussetzung ist nach dieser Rechtsprechung, daß es sich bei den hier zu beurteilenden medizinischen Maßnahmen um zwei gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Rehabilitation gehandelt hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
Wie die Vorgängervorschrift des § 18e Abs 1 AVG bezweckt auch § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI die wirtschaftliche Sicherstellung des Versicherten durch eine Geldleistung während einer von ihm nicht zu vertretenden Reha-Pause zwischen zwei Maßnahmen, es sei denn, er bedarf wegen des Bezuges von Krg oder Arbeitsentgelt nicht eines solchen Schutzes. Grund hierfür ist einerseits, daß sich der Versicherte zur Teilnahme an einer "vorgesehenen" weiteren Maßnahme bereithalten muß und deswegen in seinen Dispositionsmöglichkeiten, aber auch in seinen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt ist. Andererseits trifft den Versicherungsträger die Verantwortung, daß der nicht wirtschaftlich abgesicherte Betreute während einer für ihn unvermeidbaren Reha-Unterbrechung wirtschaftlich nicht weiter absinkt. Daher ist der zuständige Leistungsträger gesetzlich verpflichtet (§ 5 Abs 3 RehaAnglG), einen Gesamtplan aufzustellen, wenn mehrere Reha-Maßnahmen - gleich welcher Art - erforderlich sind. Er hat dabei sicherzustellen, daß die Maßnahmen nahtlos ineinandergreifen. Gelingt dies aus Gründen nicht, die der schutzbedürftige Betreute nicht zu vertreten hat, ist dieser durch Weitergewährung des Übg wenigstens wirtschaftlich so zu stellen, als hätte der Leistungsträger seinen Sicherstellungsauftrag erfüllt (vgl zum ganzen BSG, Urteil vom 22. Juni 1989, aaO).
Voraussetzung für die Zuerkennung eines Rechts auf ein solches "Zwischenübergangsgeld" (so die Bezeichnung in BSG SozR 2200 § 1241e Nr 9) bzw auf "Überbrückungsübergangsgeld" (so die Bezeichnung in BSG SozR 2200 § 1241e Nr 7) ist daher, daß es sich bei den durch eine "Pause" unterbrochenen Maßnahmen um gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Reha handelt, die der Rentenversicherungsträger, hätte er einen Gesamtplan aufgestellt, nahtlos nacheinander hätte gewähren müssen. Hiervon kann der Senat aufgrund des für ihn bindend festgestellten Sachverhaltes nicht ausgehen.
a) Geht man von den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG aus, wurde dem Kläger von der Beklagten für die Zeit ab 6. Juni 1995 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme allein wegen eines Bronchialasthmas bewilligt, einer Maßnahme iS von § 9 Abs 1 SGB VI, die darauf gerichtet war, die Erwerbsfähigkeit des Klägers herzustellen. Sie erstreckte sich demnach nicht auf die Behandlung einer Vielzahl (iS einer Bündelung von Einzelmaßnahmen) von Erkrankungen jedweder Art. Im Hinblick auf diese bewilligte Einzelmaßnahme war - jedenfalls bis zum Beginn der Maßnahme - ein Gesamtplan iS von § 5 Abs 3 RehaAnglG nicht aufzustellen. Es handelte sich nicht um eine "erste" von zwei (oder mehreren) gesamtplanpflichtigen Maßnahmen (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1241e Nr 10 (S 25)).
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die Zeit nach Abbruch der Maßnahme am 10. Juni 1995 wegen des Alkoholdelirs.
Aus dem og Sinn und Zweck der Vorschrift folgt, daß Übg nur zu zahlen ist, wenn die Maßnahme planmäßig (wie vorgesehen) beendet wird. Denn nur dann muß der Rehabilitationsträger wegen eventueller Verzögerungen bei der Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme für diese einstehen (BSG SozR 2200 § 1241e Nr 17 (S 52 f)), weil er das nahtlose Ineinandergreifen der Maßnahmen zu gewähren hat. Im Falle eines vorzeitigen Abbruchs der Maßnahme hat der Rehabilitationsträger jedoch gerade keinen Einfluß auf das nahtlose Ineinandergreifen, so daß dadurch bedingte Verzögerungen ihm nicht zuzurechnen sind.
c) Darüber hinaus handelt es sich - unterstellt, das Übg sei grundsätzlich auch für die Zeit nach Abbruch einer Maßnahme bis zur nächsten Maßnahme zu gewähren - bei der hier in der Zeit vom 10. Juni bis 9. Juli 1995 durchgeführten Entgiftungsbehandlung nicht um eine gesamtplanfähige Maßnahme.
Nach Sinn und Zweck des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI ist zwar auch davon auszugehen, daß Übg grundsätzlich zu gewähren ist, wenn sich erst nach "Abschluß" der konkret bewilligten Maßnahme objektiv herausstellt, daß weitere gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Rehabilitation erforderlich sind. Der Rehabilitationsträger muß dann - sobald dies objektiv feststeht - einen Gesamtplan erstellen. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn aufgrund der konkret bewilligten (Einzel-) Maßnahme objektiv feststeht, daß im Rahmen der bewilligten Rehabilitationsmaßnahme weitere medizinische (Behandlungs-) Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw Besserung der Erwerbsfähigkeit erforderlich werden. Dies gilt nach Sinn und Zweck des § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI iVm § 5 Abs 3 RehaAnglG nicht, wenn bei Abschluß der bewilligten Maßnahme eine weitere aufgrund eines neuen medizinischen Sachverhalts erforderlich wird (BSG SozR 2200 § 1241e Nr 18 (S 58); Nr 7 (S 14) entsprechend).
Nach Abbruch der Maßnahme am 10. Juni 1995 aufgrund des Alkoholdelirs wurden Maßnahmen aufgrund eines neuen, nicht durch die bewilligte Rehabilitationsmaßnahme wegen des Bronchialasthmas gedeckten medizinischen Sachverhalts notwendig. Sie konnten daher nicht bereits Gegenstand einer vorhersehbaren "Gesamtplanung" sein. Sie machten die von der Krankenkasse getragene Entgiftungsbehandlung erforderlich und (ggf je nach Ausgang der Entgiftungsbehandlung) eine vom Rentenversicherungsträger als Rehabilitationsträger zu bewilligende Entwöhnungsbehandlung.
d) Die Entgiftungsbehandlung als solche ist darüber hinaus keine für den Träger der Rentenversicherung gesamtplanfähige Maßnahme (BSG SozR 3-2600 § 13 Nr 1 bis 3; SozR 3-2200 § 1237 Nr 4). Denn § 13 Abs 2 SGB VI schließt - im Sinne einer Systemabgrenzung - die Entgiftungsbehandlung im Krankenhaus grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der vom Rentenversicherungsträger zu erbringenden Rehabilitationsmaßnahmen aus. Entgiftung ist Akut-Behandlung, keine Rehabilitationsmaßnahme, so daß der Rentenversicherungsträger kein Recht auf diese Leistung zuerkennen darf. Das bedeutet, daß bei Gewährung stationärer Maßnahmen für Alkoholabhängige die zu Beginn erforderliche stationäre Entgiftungsbehandlung in die Zuständigkeit des Trägers der Krankenversicherung fällt, während der Träger der Rentenversicherung nur für die sich hieran anschließende Entwöhnungsbehandlung die Leistungspflicht übernehmen kann.
e) Von dieser gesetzlichen Konzeption abweichend kann eine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers nur in einem Ausnahmefall gegeben sein, nämlich dann, wenn während der bewilligten und durchgeführten medizinischen Leistung zur Rehabilitation - etwa während der Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung - eine vorübergehende akute Behandlungsbedürftigkeit - zB wegen einer erforderlichen Entgiftung - eintritt und davon auszugehen ist, daß nach Abschluß dieser Behandlung die Rehabilitationsmaßnahme fortgesetzt werden wird.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hatte dem Kläger in der Zeit vom 6. bis 10. Juni 1995 keine Entwöhnungsbehandlung, sondern eine Rehabilitationsmaßnahme allein wegen eines Bronchialasthmas gewährt. Das Alkoholdelir und die anschließende Entgiftungsbehandlung haben keine Unterbrechung, sondern einen Abbruch der bewilligten Maßnahme bewirkt. Auch bereits aus diesem Grunde stand dem Kläger während der von der Krankenkasse getragenen Entgiftungsbehandlung im Verhältnis zur Beklagten kein Recht auf Übg zu.
Die Revision des Klägers konnte damit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
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