Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 36/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 1999 aufgehoben. Die Rechtssache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Beklagte fordert vom Kläger Beitragszuschüsse in Höhe von 5.784 DM zurück.
Der Kläger ist als landwirtschaftlicher Unternehmer beitragspflichtiges Mitglied der Beklagten. Im Februar 1995 beantragte er ab 1. Januar 1995 einen Beitragszuschuss nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Im Antragsformular kreuzte er an, dass es sich bei seiner Landwirtschaft um einen nach § 4 Abs 1 oder § 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) Buch führenden Betrieb handele, und gab an, dass sein Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft nach dem letzten Einkommensteuerbescheid (1992) 5.948 DM betragen habe. Andere Einkünfte habe er 1992 nicht erzielt.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger nach §§ 32 bis 35 ALG ab 1. Januar 1995 einen Beitragszuschuss der Klasse 1 in Höhe von 233 DM monatlich. Dabei legte sie ein landwirtschaftliches Arbeitseinkommen des Klägers in Höhe von 5.948 DM zu Grunde (Bescheid vom 9. September 1995). Unter dem 22. Januar 1996 teilte sie dem Kläger mit, dass sie ihm für die Zeit ab 1. Januar 1996 - wiederum unter Zugrundelegung eines landwirtschaftlichen Arbeitseinkommens von 5.948 DM - einen Beitragszuschuss in Höhe von 249 DM monatlich gewähre (Ergänzungsbescheid). Im Vordruck für die Beantragung eines Beitragszuschusses für das Jahr 1997 gab der Kläger an, dass sein land- und forstwirtschaftliches Einkommen nach § 13a EStG durch eine pauschale Ermittlung nach Durchschnittswerten festgestellt werde. Mit Bescheid vom 24. März 1997 hob daraufhin die Beklagte den Bescheid vom 9. September 1995 und die auf ihm beruhenden Folgebescheide gemäß § 34 Abs 3 ALG auf und forderte die für die Jahre 1995 und 1996 gewährten Beitragszuschüsse in Höhe von 5.784 DM zurück. Ein Anspruch auf Beitragszuschuss bestehe nur, wenn das jährliche Einkommen 40.000 DM nicht übersteige (§ 32 Abs 1 ALG). Das Einkommen des Klägers habe 1995 und 1996 jedoch diesen Grenzbetrag überschritten. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. September 1997).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid des SG Münster vom 8. Januar 1998). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG die Bescheide vom 9. September 1995 und 22. Januar 1996 zu Recht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben. Diese Vorschrift sei eine Spezialvorschrift im Verhältnis zu §§ 44 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), die hier Anwendung finde. Auf Grund der falschen Angaben des Klägers sei sein Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft unzutreffend unter Zugrundelegung des im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1992 ausgewiesenen Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft ermittelt worden. Richtigerweise hätte das Einkommen des Klägers jedoch nach Maßgabe des § 32 Abs 5 und 6 ALG mit dem Ergebnis festgestellt werden müssen, dass er nicht zuschussberechtigt sei. Die Beklagte habe ihn als einen Studenten ohne weitere Einkünfte auch mit Recht der Gruppe 1 iS des § 32 Abs 6 Satz 1 Nr 2 ALG zugeordnet (Betriebe mit außerbetrieblichen Einkünften des Unternehmers "bis zu 1/6 der Bezugsgröße").
Die - vom Senat zugelassene - Revision hat der Kläger damit begründet, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht die Gruppeneinteilung des § 32 ALG nicht differenziert genug sei. § 32 Abs 6 Satz 1 Nr 2 ALG erfasse nicht Landwirte, die - wie er als Student - überhaupt kein außerlandwirtschaftliches Einkommen erzielt hätten. Die Vorschrift sei deshalb auf ihn nicht anwendbar, anderenfalls verfassungswidrig (Verstoß gegen Art 3, 12 Abs 1 Grundgesetz (GG)). Zum anderen sei das LSG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die §§ 44 ff SGB X von § 34 Abs 3 Satz 2 ALG verdrängt würden. Die Rücknahme der Leistungsbewilligung sei nicht zwingend, sondern stehe im Ermessen der Verwaltung. Bei der Ermessensabwägung habe die Behörde Vertrauensgesichtspunkte zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 1999, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 8. Januar 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. März 1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 2. September 1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision des Klägers ist iS der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Für eine abschließende Entscheidung bedarf es noch ergänzender Tatsachenfeststellungen durch das LSG.
1. Nach § 34 Abs 3 ALG (alle Vorschriften hier in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung) sind die Bescheide der Beklagten über die Gewährung von Beitragszuschüssen mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn das Einkommen auf Grund der Mitwirkung des Leistungsberechtigten unrichtig festgestellt worden ist.
a) Der Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Bescheides vom 24. März 1997 idF des Widerspruchsbescheids vom 2. September 1997, mit dem die Beklagte die Bewilligungsbescheide aufgehoben und die Beitragszuschüsse zurückgefordert hatte, hängt zunächst davon ab, ob die Beklagte sein Einkommen unrichtig festgestellt hat. Das ist hier der Fall, weil das maßgebliche Einkommen nicht nach § 32 Abs 2 bis 4 ALG, sondern nach § 32 Abs 5 und 6 ALG zu bestimmen ist und die Anwendung der richtigen Rechtsvorschriften zu einem anderen Ergebnis führt.
Der Senat hat bereits entschieden, dass § 32 Abs 5 und 6 ALG mit dem GG vereinbar ist, in sachgerechter Weise die Feststellung des Arbeitseinkommens regelt (vgl BSG SozR 3-5868 § 32 Nr 1; zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ebenso bereits BSG, Urteil vom 23. Oktober 1996 - 4 RLw 4/96, GVLAK RdSchr AH 3/97) und dass das Arbeitseinkommen eines Landwirts, der über kein außerlandwirtschaftliches Einkommen verfügt, nach § 32 Abs 6 ALG bestimmt wird, wenn sein Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht - vgl § 32 Abs 5 Satz 1 ALG - nach § 4 Abs 1 oder Abs 3 EStG ermittelt wurde (BSG SozR 3-5868 § 32 Nr 2). Daran hält der Senat auch für den hier zu entscheidenden Fall fest. Das LSG hat unangegriffen und damit bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht Buch führender Landwirt iS des § 4 Abs 1 oder Abs 3 EStG war. Deshalb ist nach § 32 Abs 6 ALG sein Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft auf der Grundlage von Beziehungswerten zu ermitteln, die sich aus dem Wirtschaftswert (vgl § 1 Abs 6 ALG) und dem fünfjährigen Durchschnitt der Gewinne der für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten landwirtschaftlichen Testbetriebe ergeben. Im Hinblick auf die veränderliche Ertragskraft bei steigendem Wirtschaftswert und zusätzlicher außerbetrieblicher Berufstätigkeit unterscheidet die Vorschrift zwischen drei Gruppen von Betrieben, und zwar solche, deren Unternehmer nach § 1 Abs 2 oder Abs 4 Satz 4 ALG ein außerbetriebliches Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen bis zu 1/6 der Bezugsgröße des Jahres, auf das für das außerbetriebliche Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen abzustellen ist, erzielt hat (Gruppe 1), sowie Betriebe, deren Unternehmer - untereinander abgestuft - entsprechend höhere außerbetriebliche Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen erzielt haben (Gruppen 2 und 3). Für 1995 hat die Beklagte den Kläger unter Berücksichtigung des Wirtschaftswertes einschließlich Korrekturfaktors zu Recht als Vollerwerbslandwirt der Gruppe 1, bis 31. Oktober 1996 insbesondere im Hinblick auf ein erhebliches außerbetriebliches Erwerbseinkommen als Zuerwerbslandwirt der Gruppe 3 zugeordnet und für die restliche Zeit des Jahres 1996 wegen des zu berücksichtigenden höheren außerbetrieblichen Erwerbseinkommens keinen Beitragszuschuss gewährt. Dem ist das LSG gefolgt. Feststellungen, die der Einstufung durch die Beklagte für 1995 entgegenstehen, hat es nicht getroffen.
Der Einwand des Klägers, § 32 Abs 6 ALG sei auf ihn, soweit er als Student kein außerlandwirtschaftliches Einkommen erzielt habe, nicht anwendbar, ist unzutreffend. Bereits in seinen Entscheidungen vom 8. Oktober 1998 (BSG SozR 3-5868 § 32 Nr 1, 2) hat der Senat angenommen, der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift des § 32 ALG die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Bei der Zuschussgewährung aus staatlichen Mitteln stehe ihm im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG ein weit gehender Gestaltungsspielraum zur Verfügung, der im Rahmen der Leistungsverwaltung noch weiter reiche als bei der Eingriffsverwaltung (vgl BVerfGE 78, 104, 121 mwN). Die Berechnung des Beitragszuschusses nach dem Wirtschaftswert könne zwar im Einzelfall zu Härten führen. Sie seien aber hinzunehmen (BSG, Entscheidung vom 12. Juni 2001 - B 10 LW 18/99 R - SozR 3-5868 § 32 Nr 10). Daran hält der Senat fest. Der Gesetzgeber konnte sich mit Generalisierungen und Typisierungen begnügen und musste auch keine andere Methode der Gewinnermittlung wählen. Da es den nicht Buch führenden Landwirten freisteht, zwischen der Durchschnittsgewinnermittlung und der Feststellung des Gewinns nach Betriebsvermögensvergleich oder Überschussrechnung zu wählen (§ 13a Abs 2 EStG), können sie eine für sie besonders ungünstige Methode der Gewinnermittlung vermeiden. Mit diesem Hinweis lassen sich aber die vom Kläger gegen die Typisierung des Gesetzgebers in § 32 Abs 6 ALG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumen.
Im Übrigen ist eine generalisierende oder typisierende Regelung nicht verfassungswidrig, wenn damit verbundene Härten allenfalls eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Der Gesetzgeber war daher nicht gehalten, für den Fall, dass im Einzelfall kein außerlandwirtschaftliches Einkommen erzielt wird, eine noch mehr differenzierende Gruppeneinteilung vorzusehen. Der Kläger kann für 1995 der Gruppe 1 und im anschließenden Zeitraum, wie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend begründet, der Gruppe 3 zugeordnet werden. Auf dieser Grundlage ist das LSG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht zuschussberechtigt war, weil sein Einkommen jeweils den nach § 32 Abs 1 ALG geltenden Grenzwert überstieg.
b) Ob die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden können, hängt nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG weiter davon ab, ob die unrichtige Einkommensfeststellung "auf Grund der Mitwirkung" des Klägers erfolgt ist.
Der Rechtsbegriff "auf Grund" beschreibt nach allgemeinem juristischem Sprachgebrauch einen kausalen Zusammenhang. So gibt diese Formulierung etwa in § 9 Abs 1 Nr 1 und § 13 Abs 1 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) - dort betreffend die Beendigung der Beschäftigung von landwirtschaftlichen Arbeitnehmern auf Grund von Flächenstilllegungen - einen kausalen Zusammenhang iS der im Sozialrecht herrschenden Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung wieder (vgl im Einzelnen die Senatsurteile vom 9. August 2001 - B 10 LW 9/00 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - sowie B 10 LW 28/00 R). Wird dieser Begriff in sozial(versicherungs)rechtlichen Gesetzesvorschriften verwendet, hat er regelmäßig dieselbe Bedeutung. Er weist insbesondere in der Unfall- (BSGE 45, 176, 178 = SozR 2200 § 548 Nr 37), aber auch in der Kranken- (BSGE 33, 202, 204 = SozR Nr 48 zu § 182 Reichsversicherungsordnung (RVO)) und der Rentenversicherung (BSGE 30, 167, 178 = SozR Nr 79 zu § 1246 RVO), im Recht der sozialen Entschädigung (BSGE 79, 87, 88 = SozR 3-3800 § 2 Nr 5) und im Arbeitsförderungsrecht (BSGE 69, 108, 110 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 6) sowie beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (BSG, Urteil vom 5. Mai 1988 - 12 RK 44/86 - SozSich 1988, 382) auf die Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung hin. Dies ist im Regelungsbereich des ALG nicht anders. Der Tatbestand "auf Grund der Mitwirkung" in § 34 Abs 3 Satz 2 ALG erfordert danach, dass der Kläger - neben anderen Ursachen - jedenfalls eine wesentliche Mitursache zum eingetretenen Erfolg - die unrichtige Gewährung von Beitragszuschüssen durch die Beklagte - gesetzt haben muss, damit die entsprechenden Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden können. Ursachen sind die Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie als Mitursachen anzusehen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Kommt jedoch einem der Umstände gegenüber anderen eine überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand allein Ursache iS der Kausalitätsnorm. Ob eine Ursache wesentlich ist, stellt eine Wertentscheidung dar, die sich nach der Qualität der Bedingung richtet (vgl die genannten Senatsurteile vom 9. August 2001). Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht sicher entnehmen, dass es diesen Beurteilungsmaßstab auf § 34 Abs 3 Satz 2 ALG überhaupt angewendet hat. Aber selbst wenn man dies bejahen wollte, ist dem LSG ein Rechtsfehler unterlaufen. Es hat nicht alle für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs erheblichen Umstände berücksichtigt und gewichtet.
Entgegen der Auffassung des LSG war das Antragsformular, das der Kläger im Februar 1995 verwendete, missverständlich und konnte bei Antragstellern Irrtümer hervorrufen. Die in dem hier ausgefüllten Fragebogen unter B. - Angaben zum Betrieb - gestellte Frage, ob es sich bei der Landwirtschaft um einen nach § 4 Abs 1 oder § 4 Abs 3 EStG Buch führenden Betrieb handelt, ist missverständlich. Der Antragsteller soll eine tatsächliche Angabe machen, die jedoch durch die Bezugnahme auf § 4 Abs 1 oder § 4 Abs 3 EStG von rechtlichen Voraussetzungen abhängt. Sie sind im Antragsformular weder selbst genannt noch erläutert. Deshalb liegt es im Bereich des Möglichen, dass der Kläger den Hinweis irrtümlich fehlinterpretiert und die Frage deshalb zu Unrecht mit "ja" beantwortet hat. Das gilt umso mehr, als die Frage nicht lautet, - was verständlicher gewesen wäre - ob der Landwirt buchführungspflichtig sei oder nach welchen Vorschriften des EStG die steuerliche Festsetzung seines Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft erfolge. Schließlich könnte auch der Umstand, dass die Beklagte das ab Geltung des ALG neu eingeführte Formular umgestaltet hat, dafür sprechen, dass sich das bis dahin verwendete Antragsformular wegen seiner unzureichenden Gestaltung in der Praxis nicht bewährt hat.
Die Beurteilung des LSG, das vom Kläger im Februar 1995 verwendete Antragsformular sei unmissverständlich, bindet den Senat nicht. Es handelt sich insoweit nicht um eine Tatsachenfeststellung iS von § 163 SGG, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung wie die Auslegung der in den Gesetzen enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe. Das BSG hat den Inhalt von (Antrags-)Formularen einschließlich der Bewertung, dass sie eindeutig oder missverständlich sind, und welche Auswirkungen diese Beurteilung auf die im Zusammenhang dieser Bewertung anzuwendenden Normen hat, bisher in den verschiedensten Konstellationen als rechtliche Einordnung von rechtserheblichen Tatsachen behandelt und auch ohne entsprechende Rügen von Beteiligten überprüft. So ist zB der Wortlaut eines Antragsformulars dahingehend bewertet worden, die Formulierung schließe nicht das der (dortigen) Klägerin unterlaufende Missverständnis zum Begriff "lebende Kinder" aus. Dies müsse sich die beklagte Verwaltung zurechnen lassen (vgl BSG SozR 5870 § 20 Nr 3; s ferner BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 139/88 - DBl R 3812a, SGB X § 48; BSG, NZA-RR 1996, 110 f).
Da nicht auszuschließen ist, dass der Kläger auf Grund der geschilderten Gestaltung des Antragsformulars der Beklagten die dort gestellten Fragen missverstanden und sie deshalb unrichtig beantwortet hat, könnte die Überzahlung des Beitragszuschusses möglicherweise entscheidend durch die Verwaltung verursacht sein, dh iS der Theorie von der wesentlichen Bedingung wäre eine Mitverursachung des Klägers im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne in diesem Fall unbeachtlich und eine Rücknahme des Bescheides vom 9. September 1995 und der auf ihm beruhenden Folgebescheide hätte nicht nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG erfolgen dürfen. Die bisherigen Tatsachenfeststellungen reichen nicht aus, um dies abschließend beurteilen zu können. Die insoweit noch notwendigen Ermittlungen wird das LSG nachholen müssen.
c) Da für die Kausalitätsfeststellung als Tatsache (im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn) und für die Subsumtion der festgestellten Tatsachen unter den Rechtsbegriff "wesentliche Ursache" iS der Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung ein Verschulden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist (vgl Senatsurteil vom 12. Juni 2001 - B 9 V 5/00 R -, dort unter B 3 c, SozR 3-3100 § 5 Nr 9 und zur Veröffentlichung in BSGE Band 88, 153 vorgesehen) und die Gesetzesbegründung zu § 34 ALG (vgl BT-Drucks 12/5700 S 77 zu § 34) keinen gegenteiligen Hinweis enthält, bedarf es hier insbesondere einer Gegenüberstellung der ermittelten, vom Kläger und der Beklagten jeweils für die falsche Erklärung gesetzten Ursachen iS der sozialrechtlichen Kausalitätsnorm und einer abschließenden wertenden Entscheidung zur Wesentlichkeit der einzelnen Ursachen.
2. Ergibt sich, dass das Einkommen des Klägers auf Grund seiner Mitwirkung falsch festgestellt worden ist und dass ihm bei richtiger Feststellung kein Beitragszuschuss zu gewähren gewesen wäre, kommt für die daraus folgenden Sanktionen hier allerdings kein ergänzender Rückgriff auf die Grundsätze in Betracht, die der Senat in seinem Urteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R - (BSGE 87, 76 ff = SozR 3-5868 § 32 Nr 4) für den Fall eines an sich zuschussberechtigten Landwirts aufgestellt hat, von dem Einkommensteuerbescheide schuldhaft nicht nach § 32 Abs 4 ALG rechtzeitig vorgelegt worden waren. Der hier zu beurteilende Fall ist nicht vergleichbar. Der Senat hat dort ausgeführt, dass die schuldhafte nicht rechtzeitige Vorlage von Steuerbescheiden das vollständige Ruhen des Anspruchs auf den Beitragszuschuss zur Folge hat und Überzahlungen nach Aufhebung des Bewilligungsbescheides für die Vergangenheit grundsätzlich unabhängig vom Verschulden und ohne Vertrauensschutz zu erstatten sind (§§ 32 Abs 4 Satz 1 Halbs 2, 34 Abs 4 ALG, 50 Abs 1 SGB X). Steht dem betreffenden Kläger die Leistung jedoch "an sich" zu - wie in jenem Fall -, hat der Senat im Hinblick auf Art 3 Abs 1 und 20 Abs 3 GG diese Sanktionen als unverhältnismäßig im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der einschlägigen Vorschriften des ALG dahingehend eingeschränkt, dass der Rückforderung Ermessenserwägungen vorauszugehen haben. Dies gilt indessen nicht für die Rücknahme eines Bewilligungsbescheides nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG.
34 Abs 3 Satz 2 ALG iVm § 32 Abs 5 und 6 ALG enthalten gegenüber § 45 SGB X ebenso eine von der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers getragene Sonderregelung wie §§ 32 Abs 4, 34 Abs 4 ALG im Verhältnis zu § 48 SGB X.
34 Abs 3 ALG enthält im Gegensatz zu § 45 SGB X keine Vertrauensschutzregelung und knüpft auch nicht an den Rechtsmaßstab des Verschuldens an. Selbst wenn der Antragsteller die Leistung im Einzelfall gutgläubig in Empfang genommen haben sollte, ist für den Eintritt der gesetzlichen Rechtsfolge nach dem Willen des Gesetzgebers allein entscheidend, dass der Leistungsempfänger die wesentliche Ursache für die unrichtige Bewilligung des Beitragszuschusses gesetzt hat. Deshalb ist auch kein Raum für eine entsprechende Anwendung der in § 48 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz und § 45 Abs 2 SGB X normierten Vertrauensschutztatbestände.
Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
Gründe:
I
Die Beklagte fordert vom Kläger Beitragszuschüsse in Höhe von 5.784 DM zurück.
Der Kläger ist als landwirtschaftlicher Unternehmer beitragspflichtiges Mitglied der Beklagten. Im Februar 1995 beantragte er ab 1. Januar 1995 einen Beitragszuschuss nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Im Antragsformular kreuzte er an, dass es sich bei seiner Landwirtschaft um einen nach § 4 Abs 1 oder § 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) Buch führenden Betrieb handele, und gab an, dass sein Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft nach dem letzten Einkommensteuerbescheid (1992) 5.948 DM betragen habe. Andere Einkünfte habe er 1992 nicht erzielt.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger nach §§ 32 bis 35 ALG ab 1. Januar 1995 einen Beitragszuschuss der Klasse 1 in Höhe von 233 DM monatlich. Dabei legte sie ein landwirtschaftliches Arbeitseinkommen des Klägers in Höhe von 5.948 DM zu Grunde (Bescheid vom 9. September 1995). Unter dem 22. Januar 1996 teilte sie dem Kläger mit, dass sie ihm für die Zeit ab 1. Januar 1996 - wiederum unter Zugrundelegung eines landwirtschaftlichen Arbeitseinkommens von 5.948 DM - einen Beitragszuschuss in Höhe von 249 DM monatlich gewähre (Ergänzungsbescheid). Im Vordruck für die Beantragung eines Beitragszuschusses für das Jahr 1997 gab der Kläger an, dass sein land- und forstwirtschaftliches Einkommen nach § 13a EStG durch eine pauschale Ermittlung nach Durchschnittswerten festgestellt werde. Mit Bescheid vom 24. März 1997 hob daraufhin die Beklagte den Bescheid vom 9. September 1995 und die auf ihm beruhenden Folgebescheide gemäß § 34 Abs 3 ALG auf und forderte die für die Jahre 1995 und 1996 gewährten Beitragszuschüsse in Höhe von 5.784 DM zurück. Ein Anspruch auf Beitragszuschuss bestehe nur, wenn das jährliche Einkommen 40.000 DM nicht übersteige (§ 32 Abs 1 ALG). Das Einkommen des Klägers habe 1995 und 1996 jedoch diesen Grenzbetrag überschritten. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. September 1997).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid des SG Münster vom 8. Januar 1998). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG die Bescheide vom 9. September 1995 und 22. Januar 1996 zu Recht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben. Diese Vorschrift sei eine Spezialvorschrift im Verhältnis zu §§ 44 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), die hier Anwendung finde. Auf Grund der falschen Angaben des Klägers sei sein Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft unzutreffend unter Zugrundelegung des im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1992 ausgewiesenen Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft ermittelt worden. Richtigerweise hätte das Einkommen des Klägers jedoch nach Maßgabe des § 32 Abs 5 und 6 ALG mit dem Ergebnis festgestellt werden müssen, dass er nicht zuschussberechtigt sei. Die Beklagte habe ihn als einen Studenten ohne weitere Einkünfte auch mit Recht der Gruppe 1 iS des § 32 Abs 6 Satz 1 Nr 2 ALG zugeordnet (Betriebe mit außerbetrieblichen Einkünften des Unternehmers "bis zu 1/6 der Bezugsgröße").
Die - vom Senat zugelassene - Revision hat der Kläger damit begründet, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht die Gruppeneinteilung des § 32 ALG nicht differenziert genug sei. § 32 Abs 6 Satz 1 Nr 2 ALG erfasse nicht Landwirte, die - wie er als Student - überhaupt kein außerlandwirtschaftliches Einkommen erzielt hätten. Die Vorschrift sei deshalb auf ihn nicht anwendbar, anderenfalls verfassungswidrig (Verstoß gegen Art 3, 12 Abs 1 Grundgesetz (GG)). Zum anderen sei das LSG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die §§ 44 ff SGB X von § 34 Abs 3 Satz 2 ALG verdrängt würden. Die Rücknahme der Leistungsbewilligung sei nicht zwingend, sondern stehe im Ermessen der Verwaltung. Bei der Ermessensabwägung habe die Behörde Vertrauensgesichtspunkte zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 1999, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 8. Januar 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. März 1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 2. September 1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision des Klägers ist iS der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Für eine abschließende Entscheidung bedarf es noch ergänzender Tatsachenfeststellungen durch das LSG.
1. Nach § 34 Abs 3 ALG (alle Vorschriften hier in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung) sind die Bescheide der Beklagten über die Gewährung von Beitragszuschüssen mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn das Einkommen auf Grund der Mitwirkung des Leistungsberechtigten unrichtig festgestellt worden ist.
a) Der Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Bescheides vom 24. März 1997 idF des Widerspruchsbescheids vom 2. September 1997, mit dem die Beklagte die Bewilligungsbescheide aufgehoben und die Beitragszuschüsse zurückgefordert hatte, hängt zunächst davon ab, ob die Beklagte sein Einkommen unrichtig festgestellt hat. Das ist hier der Fall, weil das maßgebliche Einkommen nicht nach § 32 Abs 2 bis 4 ALG, sondern nach § 32 Abs 5 und 6 ALG zu bestimmen ist und die Anwendung der richtigen Rechtsvorschriften zu einem anderen Ergebnis führt.
Der Senat hat bereits entschieden, dass § 32 Abs 5 und 6 ALG mit dem GG vereinbar ist, in sachgerechter Weise die Feststellung des Arbeitseinkommens regelt (vgl BSG SozR 3-5868 § 32 Nr 1; zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ebenso bereits BSG, Urteil vom 23. Oktober 1996 - 4 RLw 4/96, GVLAK RdSchr AH 3/97) und dass das Arbeitseinkommen eines Landwirts, der über kein außerlandwirtschaftliches Einkommen verfügt, nach § 32 Abs 6 ALG bestimmt wird, wenn sein Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht - vgl § 32 Abs 5 Satz 1 ALG - nach § 4 Abs 1 oder Abs 3 EStG ermittelt wurde (BSG SozR 3-5868 § 32 Nr 2). Daran hält der Senat auch für den hier zu entscheidenden Fall fest. Das LSG hat unangegriffen und damit bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht Buch führender Landwirt iS des § 4 Abs 1 oder Abs 3 EStG war. Deshalb ist nach § 32 Abs 6 ALG sein Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft auf der Grundlage von Beziehungswerten zu ermitteln, die sich aus dem Wirtschaftswert (vgl § 1 Abs 6 ALG) und dem fünfjährigen Durchschnitt der Gewinne der für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten landwirtschaftlichen Testbetriebe ergeben. Im Hinblick auf die veränderliche Ertragskraft bei steigendem Wirtschaftswert und zusätzlicher außerbetrieblicher Berufstätigkeit unterscheidet die Vorschrift zwischen drei Gruppen von Betrieben, und zwar solche, deren Unternehmer nach § 1 Abs 2 oder Abs 4 Satz 4 ALG ein außerbetriebliches Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen bis zu 1/6 der Bezugsgröße des Jahres, auf das für das außerbetriebliche Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen abzustellen ist, erzielt hat (Gruppe 1), sowie Betriebe, deren Unternehmer - untereinander abgestuft - entsprechend höhere außerbetriebliche Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen erzielt haben (Gruppen 2 und 3). Für 1995 hat die Beklagte den Kläger unter Berücksichtigung des Wirtschaftswertes einschließlich Korrekturfaktors zu Recht als Vollerwerbslandwirt der Gruppe 1, bis 31. Oktober 1996 insbesondere im Hinblick auf ein erhebliches außerbetriebliches Erwerbseinkommen als Zuerwerbslandwirt der Gruppe 3 zugeordnet und für die restliche Zeit des Jahres 1996 wegen des zu berücksichtigenden höheren außerbetrieblichen Erwerbseinkommens keinen Beitragszuschuss gewährt. Dem ist das LSG gefolgt. Feststellungen, die der Einstufung durch die Beklagte für 1995 entgegenstehen, hat es nicht getroffen.
Der Einwand des Klägers, § 32 Abs 6 ALG sei auf ihn, soweit er als Student kein außerlandwirtschaftliches Einkommen erzielt habe, nicht anwendbar, ist unzutreffend. Bereits in seinen Entscheidungen vom 8. Oktober 1998 (BSG SozR 3-5868 § 32 Nr 1, 2) hat der Senat angenommen, der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift des § 32 ALG die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Bei der Zuschussgewährung aus staatlichen Mitteln stehe ihm im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG ein weit gehender Gestaltungsspielraum zur Verfügung, der im Rahmen der Leistungsverwaltung noch weiter reiche als bei der Eingriffsverwaltung (vgl BVerfGE 78, 104, 121 mwN). Die Berechnung des Beitragszuschusses nach dem Wirtschaftswert könne zwar im Einzelfall zu Härten führen. Sie seien aber hinzunehmen (BSG, Entscheidung vom 12. Juni 2001 - B 10 LW 18/99 R - SozR 3-5868 § 32 Nr 10). Daran hält der Senat fest. Der Gesetzgeber konnte sich mit Generalisierungen und Typisierungen begnügen und musste auch keine andere Methode der Gewinnermittlung wählen. Da es den nicht Buch führenden Landwirten freisteht, zwischen der Durchschnittsgewinnermittlung und der Feststellung des Gewinns nach Betriebsvermögensvergleich oder Überschussrechnung zu wählen (§ 13a Abs 2 EStG), können sie eine für sie besonders ungünstige Methode der Gewinnermittlung vermeiden. Mit diesem Hinweis lassen sich aber die vom Kläger gegen die Typisierung des Gesetzgebers in § 32 Abs 6 ALG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumen.
Im Übrigen ist eine generalisierende oder typisierende Regelung nicht verfassungswidrig, wenn damit verbundene Härten allenfalls eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Der Gesetzgeber war daher nicht gehalten, für den Fall, dass im Einzelfall kein außerlandwirtschaftliches Einkommen erzielt wird, eine noch mehr differenzierende Gruppeneinteilung vorzusehen. Der Kläger kann für 1995 der Gruppe 1 und im anschließenden Zeitraum, wie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend begründet, der Gruppe 3 zugeordnet werden. Auf dieser Grundlage ist das LSG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht zuschussberechtigt war, weil sein Einkommen jeweils den nach § 32 Abs 1 ALG geltenden Grenzwert überstieg.
b) Ob die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden können, hängt nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG weiter davon ab, ob die unrichtige Einkommensfeststellung "auf Grund der Mitwirkung" des Klägers erfolgt ist.
Der Rechtsbegriff "auf Grund" beschreibt nach allgemeinem juristischem Sprachgebrauch einen kausalen Zusammenhang. So gibt diese Formulierung etwa in § 9 Abs 1 Nr 1 und § 13 Abs 1 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) - dort betreffend die Beendigung der Beschäftigung von landwirtschaftlichen Arbeitnehmern auf Grund von Flächenstilllegungen - einen kausalen Zusammenhang iS der im Sozialrecht herrschenden Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung wieder (vgl im Einzelnen die Senatsurteile vom 9. August 2001 - B 10 LW 9/00 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - sowie B 10 LW 28/00 R). Wird dieser Begriff in sozial(versicherungs)rechtlichen Gesetzesvorschriften verwendet, hat er regelmäßig dieselbe Bedeutung. Er weist insbesondere in der Unfall- (BSGE 45, 176, 178 = SozR 2200 § 548 Nr 37), aber auch in der Kranken- (BSGE 33, 202, 204 = SozR Nr 48 zu § 182 Reichsversicherungsordnung (RVO)) und der Rentenversicherung (BSGE 30, 167, 178 = SozR Nr 79 zu § 1246 RVO), im Recht der sozialen Entschädigung (BSGE 79, 87, 88 = SozR 3-3800 § 2 Nr 5) und im Arbeitsförderungsrecht (BSGE 69, 108, 110 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 6) sowie beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (BSG, Urteil vom 5. Mai 1988 - 12 RK 44/86 - SozSich 1988, 382) auf die Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung hin. Dies ist im Regelungsbereich des ALG nicht anders. Der Tatbestand "auf Grund der Mitwirkung" in § 34 Abs 3 Satz 2 ALG erfordert danach, dass der Kläger - neben anderen Ursachen - jedenfalls eine wesentliche Mitursache zum eingetretenen Erfolg - die unrichtige Gewährung von Beitragszuschüssen durch die Beklagte - gesetzt haben muss, damit die entsprechenden Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden können. Ursachen sind die Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie als Mitursachen anzusehen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Kommt jedoch einem der Umstände gegenüber anderen eine überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand allein Ursache iS der Kausalitätsnorm. Ob eine Ursache wesentlich ist, stellt eine Wertentscheidung dar, die sich nach der Qualität der Bedingung richtet (vgl die genannten Senatsurteile vom 9. August 2001). Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht sicher entnehmen, dass es diesen Beurteilungsmaßstab auf § 34 Abs 3 Satz 2 ALG überhaupt angewendet hat. Aber selbst wenn man dies bejahen wollte, ist dem LSG ein Rechtsfehler unterlaufen. Es hat nicht alle für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs erheblichen Umstände berücksichtigt und gewichtet.
Entgegen der Auffassung des LSG war das Antragsformular, das der Kläger im Februar 1995 verwendete, missverständlich und konnte bei Antragstellern Irrtümer hervorrufen. Die in dem hier ausgefüllten Fragebogen unter B. - Angaben zum Betrieb - gestellte Frage, ob es sich bei der Landwirtschaft um einen nach § 4 Abs 1 oder § 4 Abs 3 EStG Buch führenden Betrieb handelt, ist missverständlich. Der Antragsteller soll eine tatsächliche Angabe machen, die jedoch durch die Bezugnahme auf § 4 Abs 1 oder § 4 Abs 3 EStG von rechtlichen Voraussetzungen abhängt. Sie sind im Antragsformular weder selbst genannt noch erläutert. Deshalb liegt es im Bereich des Möglichen, dass der Kläger den Hinweis irrtümlich fehlinterpretiert und die Frage deshalb zu Unrecht mit "ja" beantwortet hat. Das gilt umso mehr, als die Frage nicht lautet, - was verständlicher gewesen wäre - ob der Landwirt buchführungspflichtig sei oder nach welchen Vorschriften des EStG die steuerliche Festsetzung seines Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft erfolge. Schließlich könnte auch der Umstand, dass die Beklagte das ab Geltung des ALG neu eingeführte Formular umgestaltet hat, dafür sprechen, dass sich das bis dahin verwendete Antragsformular wegen seiner unzureichenden Gestaltung in der Praxis nicht bewährt hat.
Die Beurteilung des LSG, das vom Kläger im Februar 1995 verwendete Antragsformular sei unmissverständlich, bindet den Senat nicht. Es handelt sich insoweit nicht um eine Tatsachenfeststellung iS von § 163 SGG, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung wie die Auslegung der in den Gesetzen enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe. Das BSG hat den Inhalt von (Antrags-)Formularen einschließlich der Bewertung, dass sie eindeutig oder missverständlich sind, und welche Auswirkungen diese Beurteilung auf die im Zusammenhang dieser Bewertung anzuwendenden Normen hat, bisher in den verschiedensten Konstellationen als rechtliche Einordnung von rechtserheblichen Tatsachen behandelt und auch ohne entsprechende Rügen von Beteiligten überprüft. So ist zB der Wortlaut eines Antragsformulars dahingehend bewertet worden, die Formulierung schließe nicht das der (dortigen) Klägerin unterlaufende Missverständnis zum Begriff "lebende Kinder" aus. Dies müsse sich die beklagte Verwaltung zurechnen lassen (vgl BSG SozR 5870 § 20 Nr 3; s ferner BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 139/88 - DBl R 3812a, SGB X § 48; BSG, NZA-RR 1996, 110 f).
Da nicht auszuschließen ist, dass der Kläger auf Grund der geschilderten Gestaltung des Antragsformulars der Beklagten die dort gestellten Fragen missverstanden und sie deshalb unrichtig beantwortet hat, könnte die Überzahlung des Beitragszuschusses möglicherweise entscheidend durch die Verwaltung verursacht sein, dh iS der Theorie von der wesentlichen Bedingung wäre eine Mitverursachung des Klägers im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne in diesem Fall unbeachtlich und eine Rücknahme des Bescheides vom 9. September 1995 und der auf ihm beruhenden Folgebescheide hätte nicht nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG erfolgen dürfen. Die bisherigen Tatsachenfeststellungen reichen nicht aus, um dies abschließend beurteilen zu können. Die insoweit noch notwendigen Ermittlungen wird das LSG nachholen müssen.
c) Da für die Kausalitätsfeststellung als Tatsache (im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn) und für die Subsumtion der festgestellten Tatsachen unter den Rechtsbegriff "wesentliche Ursache" iS der Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung ein Verschulden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist (vgl Senatsurteil vom 12. Juni 2001 - B 9 V 5/00 R -, dort unter B 3 c, SozR 3-3100 § 5 Nr 9 und zur Veröffentlichung in BSGE Band 88, 153 vorgesehen) und die Gesetzesbegründung zu § 34 ALG (vgl BT-Drucks 12/5700 S 77 zu § 34) keinen gegenteiligen Hinweis enthält, bedarf es hier insbesondere einer Gegenüberstellung der ermittelten, vom Kläger und der Beklagten jeweils für die falsche Erklärung gesetzten Ursachen iS der sozialrechtlichen Kausalitätsnorm und einer abschließenden wertenden Entscheidung zur Wesentlichkeit der einzelnen Ursachen.
2. Ergibt sich, dass das Einkommen des Klägers auf Grund seiner Mitwirkung falsch festgestellt worden ist und dass ihm bei richtiger Feststellung kein Beitragszuschuss zu gewähren gewesen wäre, kommt für die daraus folgenden Sanktionen hier allerdings kein ergänzender Rückgriff auf die Grundsätze in Betracht, die der Senat in seinem Urteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R - (BSGE 87, 76 ff = SozR 3-5868 § 32 Nr 4) für den Fall eines an sich zuschussberechtigten Landwirts aufgestellt hat, von dem Einkommensteuerbescheide schuldhaft nicht nach § 32 Abs 4 ALG rechtzeitig vorgelegt worden waren. Der hier zu beurteilende Fall ist nicht vergleichbar. Der Senat hat dort ausgeführt, dass die schuldhafte nicht rechtzeitige Vorlage von Steuerbescheiden das vollständige Ruhen des Anspruchs auf den Beitragszuschuss zur Folge hat und Überzahlungen nach Aufhebung des Bewilligungsbescheides für die Vergangenheit grundsätzlich unabhängig vom Verschulden und ohne Vertrauensschutz zu erstatten sind (§§ 32 Abs 4 Satz 1 Halbs 2, 34 Abs 4 ALG, 50 Abs 1 SGB X). Steht dem betreffenden Kläger die Leistung jedoch "an sich" zu - wie in jenem Fall -, hat der Senat im Hinblick auf Art 3 Abs 1 und 20 Abs 3 GG diese Sanktionen als unverhältnismäßig im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der einschlägigen Vorschriften des ALG dahingehend eingeschränkt, dass der Rückforderung Ermessenserwägungen vorauszugehen haben. Dies gilt indessen nicht für die Rücknahme eines Bewilligungsbescheides nach § 34 Abs 3 Satz 2 ALG.
34 Abs 3 Satz 2 ALG iVm § 32 Abs 5 und 6 ALG enthalten gegenüber § 45 SGB X ebenso eine von der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers getragene Sonderregelung wie §§ 32 Abs 4, 34 Abs 4 ALG im Verhältnis zu § 48 SGB X.
34 Abs 3 ALG enthält im Gegensatz zu § 45 SGB X keine Vertrauensschutzregelung und knüpft auch nicht an den Rechtsmaßstab des Verschuldens an. Selbst wenn der Antragsteller die Leistung im Einzelfall gutgläubig in Empfang genommen haben sollte, ist für den Eintritt der gesetzlichen Rechtsfolge nach dem Willen des Gesetzgebers allein entscheidend, dass der Leistungsempfänger die wesentliche Ursache für die unrichtige Bewilligung des Beitragszuschusses gesetzt hat. Deshalb ist auch kein Raum für eine entsprechende Anwendung der in § 48 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz und § 45 Abs 2 SGB X normierten Vertrauensschutztatbestände.
Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
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