B 2 U 12/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 8 U 3620/94
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 578/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 12/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Einkommen iS des Bundessozialhilfegesetzes gehören Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung in voller Höhe.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Dezember 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Nachzahlung von Verletztenrente an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes, des Versicherten A. R. (V).

Der am 30. Juni 1926 geborene und am 7. November 1996 verstorbene V bezog seit Juli 1979 von der Beigeladenen Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). In einem vor dem Hessischen Landessozialgericht (LSG) am 29. September 1993 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich die Beklagte, dem V wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 26. Mai 1943 Verletztenrente vom 1. Januar 1979 an zu gewähren. Sie errechnete einen Nachzahlungsbetrag iH von DM 34.901,50 (Bescheid vom 27. Oktober 1993). Der Beigeladenen erstattete sie für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. November 1993 einen Betrag iH von DM 24.444,21 und zahlte an V einen Restbetrag iH von DM 11.267,29 zuzüglich DM 3.885,74 Zinsen. Das Begehren des V, ihm ergänzend für diesen Zeitraum die Verletztenrente in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) auszuzahlen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 30. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1994).

Die hiergegen von V erhobene Klage, die nach seinem Tode von der Klägerin fortgeführt wurde, hat das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) abgewiesen (Urteil vom 27. Januar 1998). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 12. Dezember 2001). Unabhängig davon, ob diese Sonderrechtsnachfolgerin des V iS des § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) oder dessen Erbin iS des § 58 SGB I geworden sei, stehe ihr auf Grund von § 107 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Nachzahlungsanspruch nicht zu. Durch Zahlung des Erstattungsbetrages der Beklagten an die Beigeladene sei die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X dem V gegenüber eingetreten, da insoweit im Verhältnis zwischen Beklagter und Beigeladener die Voraussetzungen des § 104 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB X erfüllt seien. Die Beigeladene wäre V gegenüber (in Höhe der Verletztenrente) nicht zur Gewährung von HLU nach § 11 Abs 1 BSHG verpflichtet gewesen, wenn die Beklagte für denselben Zeitraum ihrer Verpflichtung nachgekommen wäre, ihm Verletztenrente zu zahlen. Denn diese Leistung wäre nach §§ 76, 77 BSHG bedarfsmindernd auf die Sozialhilfeleistung anzurechnen gewesen.

Die Verletztenrente sei als Einkommen im Sinne des BSHG zu qualifizieren und falle nicht unter die in § 76 Abs 1 BSHG normierten Ausnahmeleistungen. Etwas anderes folge auch nicht aus § 77 BSHG. Eine Verletztenrente sei weder Schmerzensgeld iS des § 847 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) noch eine Leistung, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, etwa der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu einem ausdrücklichen Zweck gewährt werde. Sie sei vielmehr zweckneutral und schon deshalb bei der Gewährung von Sozialhilfe als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen. Durch das Bundessozialgericht (BSG) sei anerkannt, dass mit der Verletztenrente eine zweifache Zielrichtung verfolgt werde, nämlich der Ausgleich eines immateriellen Körperschadens mit dadurch bedingten Mehraufwendungen sowie der abstrakte Ersatz eines Einkommensschadens. Eine Schmerzensgeldkomponente enthalte die Verletztenrente dagegen nicht (BSGE 82, 83, 93 ff = SozR 3-2600 § 93 Nr 7). So dürfe nach der Rechtsprechung des BSG bei der Beitragsberechnung für freiwillige Mitglieder von Ersatzkassen im Rahmen des § 180 Abs 4 RVO zur Vermeidung einer willkürlichen und verfassungsrechtlich unhaltbaren Ungleichbehandlung von Unfallverletzten und Beschädigten der Grundrententeil der Verletztenrente genau wie die Grundrente nach dem BVG keine Berücksichtigung finden (BSGE 60, 128, 132 ff = SozR 2200 § 180 Nr 31); ebenso wenig sei sie bei einer Entscheidung über die Befreiung von Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 61 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) als Einkommen zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen (BSGE 71, 299, 301 = SozR 3-2500 § 61 Nr 2). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe in gleicher Weise zur Anrechnung der Verletztenrente bei von Gesamtversorgungssystemen zu schließenden Versorgungslücken geurteilt (BAG, Urteil vom 19. Juli 1983 - 3 AZR 241/82 = NJW 1984, 83; Urteil vom 23. Februar 1988 - 3 AZR 100/86 = NZA 1988, 609). Trotz vereinzelter Regelungen im SGB IV (§ 18a Abs 3 Nr 4) und im SGB VI (§ 93 Abs 2 Nr 2a) sowie der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) habe der Gesetzgeber davon abgesehen, ein generelles Verbot, die Grundrente bei Gewährung einkommensabhängiger Leistungen als Einkommen zu berücksichtigen, in das BVG, das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) oder das Sozialgesetzbuch aufzunehmen. Er habe sich darauf beschränkt, lediglich für bestimmte einzelne Leistungen anzuordnen, dass die Grundrente nicht zum Einkommen zähle. Dies sei auch in § 76 Abs 1 BSHG geschehen. Dies schließe die Annahme eines allgemein gültigen Prinzips der Unantastbarkeit bereits von Grundrenten nach dem BVG aus. Noch weniger ließen sich die vereinzelt getroffenen Regelungen für die Verletztenrente dahin verallgemeinern, dass auch über ihren Anwendungsbereich hinaus eine Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen in Höhe einer in vergleichbaren Fällen gezahlten Grundrente generell ausgeschlossen sei. Entsprechendes gelte im Wohngeldrecht (BVerwGE 101, 86 ff). Auch im BSHG habe der Gesetzgeber bisher keine Gleichstellung der anteiligen Verletztenrente vorgesehen; es sei nicht Aufgabe der Gerichte, hier eine Korrektur vorzunehmen.

Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine Gleichstellung von Rentnern nach dem BVG und dem BEG mit Beziehern von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht beabsichtige, wozu er auch von Verfassungs wegen nicht gezwungen sei. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete zwar eine willkürlich ungleiche Behandlung wesentlich gleicher Sachverhalte; der Gesetzgeber habe hier aber gute Gründe, von einer Gleichstellung abzusehen. Denn nach der gegenwärtigen Rechtslage seien die Bezieher von Verletztenrenten Schadensersatzberechtigten nach dem BGB gleichgestellt, deren Ansprüche - mit Ausnahme des Schmerzensgeldanspruchs (§ 77 Abs 2 BSHG) - auf die HLU angerechnet würden. Die Verletztenrentenansprüche resultierten letztlich aus dem gleichen Rechtsgrund wie zivilrechtliche Schadensersatzansprüche, denn sie seien das Surrogat für den Verzicht der durch Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit geschädigten Arbeitnehmer auf ihre privatrechtlichen Schadensersatzansprüche. Eine dahingehende Gleichbehandlung sei daher vom gesetzgeberischen Ermessen gedeckt. Außerdem dürfe der Gesetzgeber die Entschädigung für einen Körperschaden, der während eines zu Gunsten der Allgemeinheit geleisteten Dienstes erlitten worden sei, gegenüber Ersatzleistungen für im Rahmen privater Dienst- und Arbeitsverhältnisse erlittene Unfallverletzungen unterschiedlich regeln. Denn der Geschädigte habe sich den zur Beschädigung führenden Einsatz nicht aussuchen können und ein Sonderopfer für die Allgemeinheit erbracht; niemand anderes könne daraus für sich ein verfassungsrechtliches Gebot auf Inanspruchnahme derselben Vorteile herleiten.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Entscheidung des LSG lasse die historische Entwicklung unberücksichtigt. Ursprünglich habe § 76 BSHG die Grundrente nach dem BVG nicht erwähnt. Erst das BVerwG habe deren Anrechnungsfreiheit bestätigt; die gesetzliche Neuregelung sei dann im Jahre 1969 erfolgt. Entgegen der Darstellung des LSG habe auch das BSG zur Frage der Anrechnungsfreiheit der Unfallrente eine ständige Rechtsprechung entwickelt (BSGE 71, 299 = SozR 3-2500 § 61 Nr 2; SozR 2200 § 180 Nr 31). Da die Verletztenrente jedenfalls teilweise die gleiche Funktion wie die Beschädigtengrundrente habe, nämlich ebenfalls nach einem am Umfang des Integritätsverlustes orientierten Prozentsatz gezahlt werde und ferner das Unfallopfer bei gleicher Schädigung die gleichen Bedürfnisse und die gleichen Erschwernisse zu ertragen habe, wäre es eine willkürliche und verfassungsrechtlich nicht haltbare Ungleichbehandlung, die Unfallrente im Gegensatz zur Kriegsopferrente in vollem Umfang als Einnahme zum Lebensunterhalt zu behandeln. Für die Abgrenzung des für den Mehrbedarf zweckgebunden Teils der Unfallrente biete sich mangels anderer Anhaltspunkte ein Vergleich mit den in § 31 Abs 1 BVG für Kriegsopferrenten vorgesehenen Beträgen an. Diese seien Ausdruck der Vorstellungen des Gesetzgebers über den Mehrbedarf von Verletzten, von denen abzuweichen regelmäßig kein Anlass bestehe. Das angefochtene Berufungsurteil sei mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar. Soweit das LSG die Bezieher von Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung Schadensersatzberechtigten nach dem BGB gleichstellen wolle, sei dem entgegenzuhalten, dass die Verletztenrente eine Leistung der Sozialversicherung sei, die an Versicherte gezahlt werde, die einen Arbeitsunfall erlitten hätten. Dagegen könnten zivilrechtliche Schadensersatzansprüche aus vielerlei Gründen herrühren. Eine Gleichstellung der Verletztenrente sei daher nur mit anderen Sozialleistungen möglich, etwa mit den Grundrenten nach dem BVG oder dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen LSG vom 12. Dezember 2001 sowie das Urteil des SG Frankfurt vom 27. Januar 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1994 zu verurteilen, die dem Versicherten gegenüber einbehaltene Nachzahlung der Verletztenrente in Höhe der entsprechenden Grundrente nach dem BVG an sie auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Revision zurückzuweisen.

Auch sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

II

Die Revision ist unbegründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung des einer Grundrente nach dem BVG entsprechenden Anteils an der V gegenüber einbehaltenen und der Beigeladenen erstatteten Nachzahlung der Verletztenrente hat.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den §§ 580, 581 RVO (vgl § 212 SGB VII). Es kann offen bleiben, ob die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 Abs 1 Nr 1 SGB I) oder als Erbin bzw Miterbin (§ 58 SGB I) auf sie übergegangene Ansprüche des V auf Geldleistungen herleiten kann, da der hier streitige Anspruch jedenfalls nach § 107 Abs 1 SGB X als erfüllt gilt. Nach dieser Vorschrift gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch besteht. Diese Erfüllungsfiktion tritt gegenüber dem Inhaber eines Anspruchs gegen einen Sozialleistungsträger demnach ein, wenn diesem im Hinblick auf die betreffende Sozialleistung gegen einen anderen Leistungsträger ein Erstattungsanspruch iS der §§ 102 bis 105 SGB X zusteht. Dadurch wird eine Verknüpfung zwischen den Ansprüchen des Berechtigten gegen einen Sozialleistungsträger und dem davon an sich unabhängigen Anspruch des vorleistenden Trägers auf Erstattung gegen den eigentlich verpflichteten Leistungsträger in der Weise hergestellt, dass der Anspruch des Berechtigten als erloschen gilt und damit Doppelleistungen aus öffentlichen Kassen vermieden werden (vgl von Wulffen, SGB X, 4. Aufl, § 107 RdNr 2; Nehls in Hauck, SGB X/3, Stand März 2000, K § 107 RdNr 1; Eichenhofer in Wannagat, SGB X/3, Stand Mai 2002, § 107 RdNr 3, 4 mwN).

Die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SBG X ist gegenüber dem von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des der Höhe der Grundrente entsprechenden Restes der Verletztenrente des V eingetreten, da ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen wegen der verauslagten HLU an V gegenüber der Beklagten nach § 104 Abs 1 SGB X auch in Höhe einer entsprechenden Grundrente nach dem BVG, die von der Klägerin geltend gemacht wird, (bis zur Erfüllung) bestand. Nach § 104 Abs 1 SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit dieser Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (Satz 1). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungspflicht eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet wäre (Satz 2). Erläuternd führt § 104 Abs 1 Satz 3 SGB X zum Nachrangverhältnis aus, dass ein Erstattungsanspruch nicht besteht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. § 104 SGB X geht also von nebeneinander bestehenden Leistungspflichten (mindestens) zweier Leistungsträger aus, wobei die Verpflichtung eines dieser Leistungsträger wegen System- oder Einzelanspruchssubsidiarität der Leistungspflicht des anderen nachgeht (vgl BSGE 74, 36, 38 = SozR 3-1300 § 104 Nr 8, 12 mwN; BSG SozR 3-2600 § 13 Nr 2).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn die Beigeladene hat als nachrangig verpflichteter Leistungsträger gegenüber V als Berechtigtem Sozialleistungen in Form von HLU erbracht, obwohl (vorrangig) ein Leistungsanspruch des V gegenüber der Beklagten bestand. Die von § 104 Abs 1 SGB X vorausgesetzte Nachrangigkeit der Ansprüche eines Hilfe Suchenden gegenüber dem zuständigen Sozialhilfeträger ergibt sich aus der in § 2 BSHG normierten Systemsubsidiarität der Sozialhilfe (vgl BSGE 58, 119, 123 = SozR 1300 § 104 Nr 7; von Wulffen/Roos, SGB X, 4. Aufl, § 104 RdNr 6; W.Schellhorn/H.Schellhorn, BSHG, 16. Aufl, § 2 RdNr 5). Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer sich selbst helfen kann oder die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Dass der demzufolge vorrangige Anspruch des V auf Verletztenrente für die Zeit vom 1. Januar 1979 an durch die zu dieser Leistung verpflichtete Beklagte erst im Jahre 1993 verbindlich anerkannt wurde, obwohl die Beigeladene bereits seit Juli 1979 HLU an V erbracht hat, ist für die Frage der Vor- bzw Nachrangigkeit iS des § 104 Abs 1 SGB X ohne Bedeutung. Maßgeblich ist allein, dass die Beigeladene bei rechtzeitiger Zahlung der Verletztenrente an V durch die Beklagte nicht bzw nicht in diesem Umfang ab Juli 1979 HLU gemäß den Vorschriften der §§ 11 ff BSHG hätte erbringen müssen und dass sie so mit ihrer Leistung gleichsam lediglich in Vorlage getreten ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 104 Nr 12).

HLU ist nach § 11 Abs 1 Satz 1 BSHG nämlich nur demjenigen zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Seinen notwendigen Lebensunterhalt hätte V bei rechtzeitiger Zahlung der Verletztenrente durch die Beklagte indes zumindest teilweise beschaffen können, ohne dass die Beigeladene angesichts der bestehenden Bedürfnislage in entsprechendem Umfang HLU hätte gewähren müssen. Dass auch die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als "Einkommen" iS von § 11 Abs 1 Satz 1 BSHG gilt, ergibt sich aus §§ 76, 77 BSHG. Nach § 76 Abs 1 BSHG gehören zum Einkommen iS des BSHG alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem BSHG, der Grundrente nach dem BVG und der Renten oder Beihilfen nach dem BEG für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Verletztenrenten nach §§ 580, 581 RVO oder § 56 SGB VII sind "Einkünfte in Geld"; sie erfüllen auch nicht den von seinem Wortlaut her eindeutigen Ausnahmetatbestand des § 76 Abs 1 BSHG, denn sie sind weder Grundrenten nach dem BVG noch Leistungen nach dem BEG wegen Lebens-, Körper- oder Gesundheitsschäden.

Nach § 77 Abs 1 BSHG sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient. In gleicher Weise ist nach § 77 Abs 2 BSHG (in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. März 1994) eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 847 BGB geleistet wird, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dass eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung kein Schmerzensgeld nach § 847 BGB darstellt, ist bereits aus dem klaren Wortlaut der Norm zu ersehen. Sie ist auch einem Schmerzensgeld iS von § 847 BGB nicht gleich zu stellen, obwohl die Verletztenrente auch dem Ausgleich eines immateriellen Schadens zu dienen bestimmt ist (vgl BSGE 82, 83, 93 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7). Schmerzensgeld hat als zivilrechtliche Leistung andere Voraussetzungen und Zielrichtungen (s dazu Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl, § 847 RdNr 4 mwN) als eine schadensausgleichende Rente aus dem Sozialversicherungsrecht; außerdem handelt es sich bei der Regelung in § 77 Abs 2 BSHG um eine nicht analogiefähige Sondervorschrift (vgl BVerwGE 98, 256, 259; W.Schellhorn/H.Schellhorn, BSHG, 16. Aufl, § 77 RdNr 22; Fichtner, BSHG, § 77 RdNr 8).

Eine Ausnahme von der Berücksichtigung als Einkommen nach § 76 Abs 1 BSHG folgt hinsichtlich der Verletztenrente auch nicht aus § 77 Abs 1 BSHG, da diese Leistung zwar auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährt wird, es aber an einer ausdrücklich genannten Zweckbestimmung fehlt. § 77 Abs 1 BSHG soll einerseits zu Gunsten des Hilfe Suchenden bewirken, dass die besonderen Zweckbestimmungen bestimmter öffentlich-rechtlicher Leistungen durch Anrechnung im Rahmen der Sozialhilfe nicht vereitelt werden. Andererseits soll diese Vorschrift aber auch verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen aus öffentlichen Mitteln erbracht werden (BVerwGE 45, 157, 160; HessVGH, Urteil vom 22. September 1992 - 9 UE 2489/89 = ZfS 1993, 23, 24; BayVGH, Urteil vom 26. Februar 1965 - 72 III 64 = FEVS 12, 248, 249). Eine den Anforderungen des § 77 Abs 1 BSHG genügende Zweckbestimmung der betreffenden Leistung ist dann gegeben, wenn sich dieser Zweck aus der jeweiligen gesetzlichen Vorschrift eindeutig ergibt. Es reicht dabei nicht aus, dass sich der Leistungszweck lediglich den gesetzgeberischen Materialien des die betreffende Leistung regelnden Gesetzes entnehmen lässt, ohne dass dies im Gesetzestext selbst zum Ausdruck gekommen wäre. Das Gesetz muss nicht unbedingt selbst das Wort "Zweck" verwenden. Es kann ausreichen, dass die Zweckbestimmung aus den Voraussetzungen für die Leistungsgewährung folgt, soweit sich aus dem Gesamtzusammenhang die vom Gesetzgeber gewollte Zweckbindung eindeutig ableiten lässt (vgl BVerwGE 69, 177, 181; W.Schellhorn/H.Schellhorn, aaO, § 77 RdNr 11). Ergibt sich danach, dass die so festzustellenden Leistungszwecke - der Zweck der besonderen Leistung einerseits und derjenige der Sozialhilfe andererseits - nicht identisch sind, so ist die betreffende öffentlich-rechtliche Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als Einkommen anzurechnen; andernfalls ist sie aber zu berücksichtigen. Als Einkommen iS von § 76 Abs 1 BSHG zu berücksichtigen ist die andere Leistung auch dann, wenn sie ohne ausdrückliche Nennung eines Zweckes, also "zweckneutral", gewährt wird (BVerwG aaO).

Nach diesen Grundsätzen ist eine "ausdrückliche" Zweckbestimmung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erkennbar, sodass diese als "zweckneutrale" Leistung anzusehen ist, von der Ausnahmevorschrift des § 77 Abs 1 BSHG nicht erfasst wird und als Einkommen nach § 76 Abs 1 BSHG anzurechnen ist. Die der Gewährung von Verletztenrente zu Grunde liegenden Vorschriften - die hier maßgeblichen §§ 580, 581 ff, 1585 Abs 2 RVO, aber auch die Bestimmungen der §§ 56 ff SGB VII - regeln nämlich nur den Beginn, die Dauer und die Höhe sowie die Berechnungsmodalitäten der Verletztenrente. Eine ausdrückliche und eindeutige Zweckbestimmung für diese Leistung lässt sich aus diesen Vorschriften jedenfalls nicht ablesen (vgl BVerwGE 101, 86, 89 ff für den Bereich des Wohngeldgesetzes; BayVGHE 46, 112, 114; HessVGH, Urteil vom 22. September 1992 - 9 UE 2489/89 = ZfS 1993 S 23, 24). Dass die Verletztenrente durchaus verschiedene Funktionen, etwa die des Einkommensersatzes und die der Kompensation immaterieller Schäden, erfüllen kann, wie dies das BSG in der Vergangenheit mehrfach betont hat (vgl BSGE 71, 299, 301 f = SozR 3-2500 § 61 Nr 2 mwN; BSGE 82, 83, 93 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7), bedeutet nicht, dass diese Funktionen einer "Zweckbestimmung" iS des § 77 Abs 1 BSHG gleichzuachten wären, zumal die genannten Entscheidungen vor einem anderen rechtlichen Hintergrund ergangen sind. § 77 Abs 1 BSHG ist nämlich, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Sozialhilfe (vgl § 2 BSHG), nur einer engen Auslegung zugänglich (W.Schellhorn/H.Schellhorn, aaO, § 77 RdNr 11) und die von der Rechtsprechung (aaO) aufgezeigten Funktionen ergeben sich nicht - wie dies § 77 Abs 1 BSHG voraussetzt - unmittelbar aus dem Gesetz oder dem Gewährungszusammenhang. Selbst wenn sich am ehesten noch durch eine Anknüpfung an die maßgeblichen Berechnungsfaktoren (Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw Jahresarbeitsverdienst) aus dem Gesetz (§ 581 RVO bzw § 56 SGB VII) die Lohnersatzfunktion als Leistungszweck der Verletztenrente unmittelbar aus dem Gesetz ableiten ließe, wäre die Verletztenrente gleichwohl in die Einkommensberechnung nach § 76 Abs 1 BSHG einzubeziehen. Denn als Lohnersatz erfüllt die Verletztenrente ebenso wie die Sozialhilfe den Zweck der Sicherstellung des Lebensunterhaltes (vgl HessVGH, Urteil vom 22. September 1992 - 9 UE 2489/89 = ZfS 1993 S 23, 24).

Auch eine analoge Anwendung oder eine verfassungskonforme Auslegung des § 76 Abs 1 BSHG führen nicht dazu, dass die Verletztenrente in Höhe der Grundrente nach dem BVG nicht als Einkommen anzurechnen wäre. Einer Analogie zu § 76 Abs 1 BSHG steht jedenfalls entgegen, dass - worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat - insoweit gerade keine planwidrige Lücke im Gesetz besteht, zu deren Schließung die Rechtsprechung berufen wäre. Eine solche Gesetzeslücke ist nach der Rechtsprechung des BSG dann anzunehmen, wenn das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es der Rechtsprechung insoweit die Rechtsfindung überlassen wollte, wenn es den betreffenden Sachverhalt auf Grund eines Versehens nicht erfasst oder wenn sich der nicht geregelte Tatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat (stellvertretend BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Verletztenrente bei der Normierung der Ausnahmen von der Einkommensanrechnung in § 76 Abs 1 BSHG unbeabsichtigt nicht berücksichtigt hat.

Ein Blick auf die historische Entwicklung der Regelung zeigt entgegen der Auffassung der Revision, dass der Gesetzgeber bei den Novellierungen des § 76 Abs 1 BSHG in den Jahren 1969 und 1986 bewusst vorgegangen ist und gezielt nur bestimmte Leistungen, nämlich die Grundrenten nach dem BVG sowie Renten und Beihilfen, die nach dem BEG wegen Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit gewährt werden, in Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG von der Einkommensberechnung ausnehmen wollte. Auch bestand nicht die Absicht, einen - nicht existierenden - allgemeinen Grundsatz zu verwirklichen, demzufolge Verletztenrenten in Höhe der Grundrente nach dem BVG generell bei der Bestimmung der für den Lebensunterhalt erforderlichen Mittel auszuklammern wären. Dass es dem Gesetzgeber bei den seit Erlass des BSHG im Jahre 1961 vorgenommenen Änderungen des § 76 Abs 1 BSHG durch die Gesetze vom 14. August 1969 (BGBl I 1153) und vom 28. Oktober 1986 (BGBl I 1657) ausschließlich darum ging, die oben genannten Ausnahmen vom allgemeinen Prinzip der Einbeziehung aller Einkünfte in die Einkommensberechnung - und nur diese - einzuführen und dass ihm dabei auch kein Versehen unterlaufen ist, zeigen die Materialien zu diesen Änderungsgesetzen (vgl zum Gesetz vom 14. August 1969 BT-Drucks V/4429 S 4 und zum Gesetz vom 28. Oktober 1986 BT-Drucks 10/4662 S 4). Daraus ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die zu schaffende Ausnahmeregelung auch andere als die ausdrücklich erwähnten Leistungen betreffen sollte. Insbesondere die eingehende Begründung für die Erweiterung der Ausnahmeregelung in § 76 Abs 1 BSHG auf Leistungen nach dem BEG im Änderungsgesetz vom 28. Oktober 1986 (aaO) lässt vielmehr erkennen, dass dem Gesetzgeber klar bewusst war, welche Ausnahmen im Einzelnen bestanden und inwieweit aus Gründen der Gleichbehandlung eine Ausdehnung auf andere Leistungen als geboten angesehen wurde und entsprechend getroffen werden sollte.

Das Zusammentreffen von Verletztenrente und der Gewährung von Sozialhilfe ist auch kein ungeregelter Tatbestand, der sich erst nach Erlass des Gesetzes (bzw der betreffenden Änderungsgesetze) durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hätte und somit bei dem ursprünglichen Gesetzesbeschluss bzw den Änderungen vom Gesetzgeber nicht hätte einbezogen und berücksichtigt werden können. Dass bereits vor Erlass des Änderungsgesetzes vom 14. August 1969 (aaO) Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 76 Abs 1 BSHG als anzurechnendes Einkommen angesehen wurde, belegt etwa die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 1965 - 72 III 64 - (FEVS 12, 248 ff). Zudem lässt auch der Umstand, dass an anderen Stellen im Sozialrecht für das Zusammentreffen von Verletztenrente und anderen Leistungen bzw die Verrechnung gesetzliche Regelungen geschaffen wurden (etwa in § 11 Nr 4 AlhiV vom 7. August 1974 (BGBl I 1929), nunmehr in § 11 Abs 1 Nr 2 AlhiV, in § 93 Abs 2 Nr 2a SGB VI bzw in § 18a Abs 3 Nr 4 SGB IV) den Rückschluss zu, dass sich der Gesetzgeber auch dieser Problematik bewusst war und § 76 Abs 1 BSHG allein in der vorliegenden Form ohne Einbeziehung der Verletztenrente in die Ausnahmeregelung ausgestalten wollte.

Darüber hinaus ist eine verfassungskonforme Auslegung (vgl dazu BVerfGE 88, 145, 166; BVerfG SozR 3-5755 Art 2 § 27 Nr 1; Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl, Art 20 RdNr 34 mwN) des § 76 Abs 1 BSHG dahingehend, dass auf Grund des sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG abzuleitenden Gleichbehandlungsgebots Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe der Grundrente nach dem BVG ebenfalls wie diese und wie anteilig Renten bzw Beihilfen nach dem BEG von der Anrechnung als berücksichtigungsfähiges Einkommen ausgenommen werden, vorliegend nicht angezeigt. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn eine solche Auslegung einerseits von Verfassungs wegen geboten wäre und andererseits noch mit dem Wortlaut und dem Regelungszweck des § 76 Abs 1 BSHG als äußerster Grenze in Einklang zu bringen wäre (vgl BSGE 87, 76, 85 = SozR 3-5868 § 32 Nr 4). Beide genannten Voraussetzungen sind hier indes nicht erfüllt.

Aus der Nichtaufnahme der Verletztenrente in den Ausnahmetatbestand des § 76 Abs 1 BSHG (bzw auch in die Regelung des § 77 BSHG) ergibt sich keine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes, sodass auch keine Veranlassung dazu besteht, die Ausnahmetatbestände auf den einer Grundrente nach dem BVG entsprechenden Anteil an einer Verletztenrente auszudehnen. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dieses Grundrecht ist daher vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfG SozR 3-5755 Art 2 § 27 Nr 1 mwN). Der Gesetzgeber hat aber gerade bei der Gewährung von Sozialleistungen, die - wie hier bei der Sozialhilfe - an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, grundsätzlich einen weiten Spielraum, wenn er Regelungen darüber trifft, ob und in welchem Umfang das Vermögen des Empfängers auf den individuellen Bedarf angerechnet wird (vgl BVerfGE 100, 195, 205). Daher verletzt die Lösung in § 76 Abs 1 BSHG, die Ausnahmen vom allgemeinen Prinzip der Einkommensanrechnung nur auf Grundrenten nach dem BVG oder diesen entsprechende Leistungen nach dem BEG zu beschränken, nicht Art 3 Abs 1 GG. Der Gesetzgeber ist nämlich - wie oben ausgeführt - bei der Ausgestaltung der Regelung planvoll vorgegangen und hat die betreffenden Ausnahmetatbestände lediglich aus bestimmten Gründen heraus geschaffen. Der die Bevorzugung von Leistungsbeziehern nach dem BVG bzw dem BEG durch § 76 Abs 1 BSHG rechtfertigende Grund ist darin zu sehen, dass dem betreffenden Personenkreis als Kriegs- oder Wehrdienstbeschädigten bzw als Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes ein "Sonderopfer" abverlangt wurde (vgl BSG SozR 3-5910 § 76 Nr 3; BT-Drucks 10/4662 S 4). Daraus, dass dieser fest umrissenen Gruppe nun aus besonderem Anlass Vergünstigungen zugestanden werden, kann niemand anders für sich ein verfassungsrechtliches Gebot herleiten, dieselben Vorteile ebenfalls in Anspruch nehmen zu dürfen (vgl BVerfG SozR 4100 § 111 Nr 6). Daher war weder der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten, auch die Verletztenrente in den Ausnahmetatbestand des § 76 Abs 1 BSHG einzubeziehen noch besteht dazu im Rahmen der Normanwendung bzw -auslegung eine entsprechende Pflicht für die ausführende Verwaltung oder die Rechtsprechung.

Im Übrigen lässt auch der eindeutige Wortlaut des § 76 Abs 1 BSHG und die darin zum Ausdruck kommende Systematik - anders als etwa in Fällen einer den Grundsätzen des BVG folgenden Grundrente nach dem OEG (vgl BSG SozR 3-5910 § 76 Nr 3) - eine derartige Auslegung nicht zu. Zwar übersieht der Senat nicht die Parallelen zwischen einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und einer Entschädigung aus der Kriegsopferversorgung, die von der Rechtsprechung für andere Bereiche als das Sozialhilferecht angenommen worden sind (vgl insoweit BSGE 71, 299, 301 ff = SozR 3-2500 § 61 Nr 2 mwN); eine Ausdehnung des Ausnahmetatbestandes des § 76 Abs 1 BSHG auf die eigenen Strukturprinzipien folgende Verletztenrente würde aber die von Wortlaut und Systematik der Norm gesetzte Grenze überschreiten. So ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass gerade im Hinblick auf die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit einer Verletztenrente im Bereich des Sozialhilferechts - entgegen der Auffassung der Revision - keine "gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung" vorliegt; für die Entscheidung des BSG vom 8. Dezember 1992 - 1 RK 11/92 - (aaO) waren andere Normen als die des Sozialhilferechtes, nämlich Bestimmungen des SGB V, streitentscheidend. Da diesen Regelungen eine andere Systematik und Zielrichtung als dem Sozialhilferecht zu Eigen ist und insbesondere im Sozialhilferecht der Grundsatz der Subsidiarität (§ 2 BSHG) als eines der tragenden Prinzipien in besonderer Weise Geltung beansprucht (vgl W.Schellhorn/H.Schellhorn, BSHG, 16. Aufl, § 2 RdNr 2), können die Erwägungen in der genannten, von der Revision hauptsächlich zum Gegenstand ihres Vorbringens gemachten Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Deshalb ist auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 76 Abs 1 BSHG in dem von der Revision geltend gemachten Umfang ausgeschlossen, sodass die dem V zustehende Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in keinerlei Hinsicht von der sozialhilferechtlichen Einkommensanrechnung auszunehmen war.

Schließlich erweisen sich die betreffenden Leistungen - die anteilige Verletztenrente und die HLU - als gleichartig iS der Erstattungsregelungen der §§ 102 ff SGB X (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 57, 218, 219 = SozR 1300 § 104 Nr 3; BSG SozR 1300 § 104 Nr 11). Eine Gleichartigkeit in diesem Sinne setzt nicht etwa voraus, dass die betreffenden Ansprüche ihren Ursprung in einem einheitlichen Leistungsgrund haben müssten. Gerade im Hinblick auf die Zahlung von Verletztenrenten einerseits und von Sozialhilfe andererseits reicht es vielmehr aus, dass die erbrachten Geldleistungen in irgendeiner Art dem Lebensunterhalt dienen (BSG SozR 1300 § 104 Nr 12 mwN). Dass die Verletztenrente dem Lebensunterhalt dient, bedarf keiner weiteren Erörterung. Der an anderer Stelle in der Rechtsprechung entwickelte Gedanke, dass die Verletztenrente neben dem Lebensführungsaufwand auch einen Ausgleich eines durch die Körperschäden bedingten Mehrbedarfs (etwa in Höhe einer Grundrente nach dem BVG) beinhalte (vgl BSGE 71, 299, 302 = SozR 3-2500 § 61 Nr 2; BAG, Urteil vom 19. Juli 1983 - 3 AZR 241/82 = NJW 1984, 83, 84; BAG, Urteil vom 23. Februar 1988 - 3 AZR 100/86 = NZA 1988, 609, 610), kann nicht dazu führen, in diesem Umfang von einer Gleichartigkeit zwischen Verletztenrente und HLU abzusehen. Im Rahmen des Erstattungsrechts ist diesbezüglich eine weite Betrachtungsweise angebracht, da sich die Leistungen hinsichtlich ihrer Lebensunterhaltsfunktion auch nur in irgendeiner Art decken müssen.

Aus alledem folgt, dass der Erstattungsanspruch der Beigeladenen gegen die Beklagte hinsichtlich der für V verauslagten HLU gemäß § 104 Abs 1 SGB X begründet und demzufolge der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung von Verletztenrente auch in Höhe der Grundrente nach dem BVG nach § 107 SGB X als erfüllt anzusehen ist. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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