Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 30/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 15. März 2000 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Honorarbegrenzung durch das Praxisbudget nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Der Kläger nimmt als Hautarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) begrenzte seine Honoraranforderungen für die Quartale I/1998 und II/1998 wegen Überschreitung des Praxisbudgets und des Zusatzbudgets Allergologie. Er habe im Quartal I/1998 das Praxisbudget von 816.303 Punkten um 50.707 Punkte und das Zusatzbudget von 85.086 Punkten um 41.169 Punkte, im Quartal II/1998 das Praxisbudget von 866.054,8 Punkten um 40.055,2 Punkte und das Zusatzbudget von 90.828 Punkten um 27.692 Punkte überschritten. Die Beklagte berücksichtigte zudem bestandskräftig gewordene Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide, nach denen das Honorar für die von ihm abgerechneten, vom Praxisbudget erfassten Beratungs- und Betreuungsleistungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Quartal I/1998 um 42,99 % (= 78.279,1 Punkte) und im Quartal II/1998 um 43,61 % (= 73.649 Punkte) zu mindern war. Im Hinblick auf die Begrenzung der Honoraranforderung durch die Budgetierung kürzte sie die Punktzahlanforderungen im Praxisbudgetbereich nur um 67.716,7 Punkte (Quartal I/1998) und 66.127,4 Punkte (Quartal II/1998). Dadurch wurde das zulässige Punktzahlvolumen des Praxisbudgets jeweils unterschritten.
Der Kläger wandte mit seinen Widersprüchen gegen die Honorarbescheide ein, dass er mehr Leistungen erbracht habe, als ihm unter der Geltung des Praxisbudgets vergütet worden seien. Werde im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Vergütung für bestimmte Leistungen gekürzt, so müsse die Honorarberechnung berücksichtigen, dass noch genügend andere wirtschaftlich erbrachte Leistungen bereit stünden, um das Budget auszuschöpfen. Ein Anspruch auf höheres Honorar folge jedenfalls aus der Regelung in Abschnitt A I. Teil B Nr 4 Satz 5 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä), wonach Leistungen, die ein Zusatzbudget überstiegen, mit dem Praxisbudget zu verrechnen seien, sofern dieses unterschritten werde. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15. März 2000). Die angeführte Regelung des EBM-Ä sei hier nicht anwendbar. Der Kläger habe mit den abgerechneten Leistungen sowohl das Praxisbudget als auch das Zusatzbudget Allergologie überschritten. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung verfolge das Ziel, den Arzt zu einer wirtschaftlichen Behandlungs- und Verordnungsweise anzuhalten. Sie müsse fühlbare Auswirkungen haben, weswegen das infolge der Kürzung wegen Unwirtschaftlichkeit nur unvollständig in Anspruch genommene Praxisbudget nicht durch Leistungen aufgefüllt werden könne, die dem Zusatzbudget zuzuordnen seien.
Mit seiner Sprungrevision macht der Kläger geltend, Überschreitungen des Zusatzbudgets seien auch dann mit dem Praxisbudget zu verrechnen, wenn das Praxisbudget zwar ursprünglich durch Leistungen ausgeschöpft gewesen, infolge einer Wirtschaftlichkeitsprüfung aber wieder unterschritten worden sei. Die Korrekturen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung würden erst die Verhältnisse herstellen, unter denen die Budgetregelungen des EBM-Ä anzuwenden seien. Dass ein unwirtschaftliches Verhalten dann im Einzelfall keine Honorarkürzung zur Folge habe, sei hinzunehmen, weil die Verrechnungsvorschrift im EBM-Ä nicht danach differenziere, ob das Praxisbudget vor oder nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterschritten werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 15. März 2000 und die Honorarbescheide für die Quartale I/1998 und II/1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Überschreitungen des Zusatzbudgets Allergologie jeweils mit dem bei der Honorargewährung nicht berücksichtigten Punktzahlvolumen des Praxisbudgets zu verrechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/1998 und II/1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 1999 zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Punktzahl, mit der er das Zusatzbudget Allergologie überschritten hat, mit derjenigen Punktmenge verrechnet wird, für die ihm infolge der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung innerhalb des Punktekontingents des Praxisbudgets kein Honorar gewährt wird. Die mit der Bildung von Praxis- und Zusatzbudgets einhergehende Neustrukturierung der vertragsärztlichen Vergütung schließt es nicht aus, dass auch budgetierte Leistungen einer Honorarkürzung wegen Unwirtschaftlichkeit (§ 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) unterliegen können.
Die Bestimmungen des EBM-Ä über die Praxis- und Zusatzbudgets (Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B), die durch Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 19. November 1996 und 11. März 1997 (Deutsches Ärzteblatt (DÄ) 1996, A-3364 ff; 1997, A-864 ff) zum 1. Juli 1997 eingeführt worden sind, beruhen auf der Ermächtigungsgrundlage des § 87 Abs 2 Satz 1, Abs 2a Satz 1 und 2 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266). Diese Normen lassen die Begrenzung der dem einzelnen Vertragsarzt zustehenden Honorierung zu. Mit Wirkung zum 1. Juli 1997 ist § 87 Abs 2a SGB V durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) zudem um Satz 8 ergänzt worden, wonach Obergrenzen für die Menge von Leistungen oder von Gruppen von Leistungen, die von einer Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbar sind, vorgesehen werden können. Die in Ausfüllung der genannten Ermächtigungsgrundlage erlassenen Regelungen des EBM-Ä über Praxis- und Zusatzbudgets hat der Senat bereits mehrfach als rechtmäßig beurteilt, jedenfalls, soweit es die Bemessung der Praxisbudgets bis zum Ende des Jahres 2002 anbelangt (Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 33/01 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Nach ihnen unterliegen die im EBM-Ä aufgeführten ärztlichen Leistungen bei bestimmten Arztgruppen nach Maßgabe näherer Bestimmungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal einer fallzahlabhängigen Budgetierung. Diese begrenzt nicht die Anzahl der abrechenbaren Leistungen, sondern lediglich das Ausmaß, bis zu dem Leistungen in voller Höhe vergütet werden, sodass das auf die einzelne Leistung entfallende Honorar abhängig von der Zahl der insgesamt erbrachten Leistungen sinkt (vgl BSGE 86, 30, 41 = SozR 3-2500 § 83 Nr 1 S 13; s zum Ganzen auch: BSGE 86, 16, 18 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 117 ff und Senatsurteil vom 15. Mai 2002 aaO, mwN). Daneben gibt es Leistungen, die nicht von der Budgetierung erfasst sind. Auch bestimmte Arztgruppen sind von der Budgetierung ausgenommen.
Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch nach der ausdrücklichen Sanktionierung von Budgetierungsregelungen durch Anfügung des Satzes 8 in § 87 Abs 2a SGB V (2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520) nicht auf solche Arztgruppen und/oder solche Leistungen beschränkt, die von der Budgetierung ausgenommen sind. Schon daraus leitet sich ab, dass die gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsprüfung auch unter der Geltung der Praxis- und Zusatzbudgets durchzuführen ist. Einem Ausschluss der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei budgetierten Leistungen stehen zudem die unterschiedlichen Zielsetzungen von Budgetierung und Wirtschaftlichkeitsprüfung entgegen. Über die Budgetierung der Vergütung der ärztlichen Leistungen soll der Anreiz zu einer vermehrten Erbringung von Leistungen verringert, dem mit der bisherigen Leistungsmengensteigerung einhergehenden Punktwertverfall entgegengewirkt und auf diese Weise den Vertragsärzten mehr Sicherheit bei der Kalkulation ihrer Praxiseinnahmen gegeben werden (vgl BSGE 86, 16, 21 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 120 f; zum Ganzen zuletzt: BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 aaO). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung verfolgt hingegen das Ziel, die Vertragsärzte zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 2 Abs 1, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 und § 72 Abs 2 SGB V) anzuhalten (BSGE 76, 53, 54 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 145/146). Bereits die unterschiedlichen Ansätze von Vergütungsbudgetierung und Wirtschaftlichkeitsprüfung und die ihnen zu Grunde liegenden verschiedenen Zielrichtungen zeigen auf, dass die Einführung der Budgetierungsregelungen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht obsolet macht (im Ergebnis ebenso: Plagemann, Der Arzt und sein Recht 2001, 88, 90; G. Schneider, MedR 1998, 540, 543 f). Bei den in ein Budget fallenden Leistungen ist eine unwirtschaftliche Leistungserbringung nicht nur wie im vorliegenden Fall einer Budgetüberschreitung möglich, sondern auch dann, wenn das jeweilige Budget nicht überschritten wird. So kann ein Vertragsarzt, ohne das jeweilige Budget auszuschöpfen, vermehrt Leistungen erbringen und abrechnen, die sich nach den Maßstäben einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V) als unwirtschaftlich erweisen. In einem solchen Fall gehen trotz der Begrenzung der Punktzahlanforderungen durch Praxis- und Zusatzbudgets unwirtschaftliche Honoraranforderungen eines Vertragsarztes nicht ins Leere; sie wirken sich zu Lasten anderer Vertragsärzte aus, denn bei einer begrenzten Gesamtvergütung verringern sich durch die unberechtigte Honorierung unwirtschaftlicher Leistungen die Vergütungen für andere wirtschaftlich handelnde Vertragsärzte. Darüber hinaus ist die Rechtssphäre der Krankenkassen betroffen, wenn die von ihnen zu leistende Gesamtvergütung zur Vergütung unwirtschaftlicher Behandlungsmaßnahmen verwendet wird.
Die Durchführung von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch bei Honoraranforderungen, die unter die Praxis- oder Zusatzbudgets fallen, ist danach nicht ausgeschlossen. Die Beklagte war somit berechtigt, die im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzten Honorarkürzungen trotz der Begrenzung des Honoraranspruchs des Klägers durch Praxis- und Zusatzbudgets zu berücksichtigen.
Der Kläger kann für seine Forderung, die Überschreitungen der Punktzahlgrenze beim Zusatzbudget Allergologie mit dem Teil des Punktzahlvolumens des Praxisbudgets zu verrechnen, das auf Grund der Kürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnerisch nicht bzw nicht mehr ausgeschöpft ist, nichts aus der Vorschrift des Abschnitts A I. Teil B Nr 4 Satz 5 EBM-Ä herleiten. In ihr ist bestimmt, dass Überschreitungen des Punktzahlvolumens des bzw der Zusatzbudgets insoweit mit dem Praxisbudget verrechnet werden, als dieses unterschritten wird. Somit werden Leistungen, die in das Zusatzbudget fallen, trotz Überschreitung der Grenzen des Zusatzbudgets uneingeschränkt honoriert, solange ein freies Punktzahlvolumen dafür noch im Praxisbudget zur Verfügung steht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat in den Quartalen I/1998 und II/1998 zwar das ihm für Leistungen der Allergologie zustehende Zusatzbudget überschritten. Es fehlt aber die Unterschreitung des Praxisbudgets im selben Zeitraum. Die von ihm abgerechneten Leistungen liegen oberhalb der durch das Budget vorgegebenen Punktzahl. Dieses wäre nur dann nicht ausgeschöpft, wenn die von Honorarkürzungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung betroffenen Leistungen nicht auf das Budget anzurechnen wären. Eine sich aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergebende Honorarkürzung kann indessen nicht als Nichtausschöpfung des Praxisbudgets im Sinne der Vorschrift des Abschnitts A I. Teil B Nr 4 Satz 5 EBM-Ä gewertet werden. Punktzahlanforderungen, die auf Grund von Kürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zu vergüten sind, stehen nicht solchen Punktzahlanforderungen gleich, die nicht angefordert wurden und damit das Praxisbudget von vornherein nicht ausschöpften. Gegen eine solche rechtliche Gleichstellung sprechen Sinn und Zweck sowohl der Praxisbudgets als auch der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Wesentliches Ziel der Regelungen des EBM-Ä über Praxis- und Zusatzbudgets ist die Steuerung ärztlichen Verhaltens dadurch, dass die wirtschaftlichen Anreize für eine Mengenausweitung ärztlicher Leistungen verringert werden (vgl BSGE 86, 16, 21 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 120 f; BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 33/01 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dieser Zielsetzung widerspräche es, würde die Auffüllung des Praxisbudgets, das wegen Kürzungen durch Wirtschaftlichkeitsprüfungsmaßnahmen nicht ausgeschöpft wurde, mit solchen Punktzahlanforderungen zugelassen, die bei einer Überschreitung von Zusatzbudgets angefallen sind. Eine solche Handhabung der Regelung in Abschnitt A I. Teil B Nr 4 Satz 5 EBM-Ä würde vielmehr Tendenzen begünstigen, im Bereich der Zusatzbudgets vorsorglich Leistungen über den budgetierten Rahmen hinaus zu erbringen, um sie für den Fall einer Kürzung der Vergütung im Bereich der Praxisbudgets bei diesem einführen zu können. Dies entspräche nicht dem Sinn der Anrechnungsregelung. Diese soll den Praxen, die über die Zusatzbudgets spezialisierte Leistungen erbringen, die Möglichkeit eröffnen, bei Unterschreitung des Praxisbudgets ihre das Zusatzbudget überschreitenden Leistungen doch noch voll vergütet zu erhalten. Die Regelung dient damit - ähnlich wie die Ausnahmeregelung in Nr 4.3 aaO über die Erweiterung der Zusatzbudgets - dem Schutz spezialisierter Praxen, soll aber nicht Anreize geben, den Gesamtleistungsbedarf möglichst auszuweiten. Dies würde indessen gefördert, wenn eine Ausschöpfung des Praxisbudgets für den Fall zugelassen würde, dass sich die Unterschreitung erst durch Honorarkürzungen auf Grund von Wirtschaftlichkeitsprüfungen ergibt.
Wollte man zulassen, das Praxisbudget auch in dem Fall auszuschöpfen, dass dessen Grenzen erst infolge von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise unterschritten werden, liefe dies auch Sinn und Zweck der Wirtschaftlichkeitsprüfung zuwider. Aus § 106 SGB V ergibt sich, dass das Abrechnungsverhalten aller Ärzte zu jeder Zeit einer effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen muss (BSGE 84, 85, 87 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 273/274; Nr 53 S 295; zuletzt BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 55 S 309 f). Dabei gehört die Honorarkürzung zum Kernbestand der Maßnahmen, mit denen das Wirtschaftlichkeitsgebot durchgesetzt wird (vgl BSGE 68, 97, 98 = SozR 3-2500 § 106 Nr 4 S 10/11; Clemens in Schulin (Hrsg), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, 1994, § 33 RdNr 5, § 35 RdNr 1, 2). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung würde entwertet, wenn über das Punktzahlvolumen des Zusatzbudgets hinaus erbrachte Leistungen auch dann aus dem Praxisbudget vergütet werden könnten, wenn dieses erst infolge einer Honorarkürzung unterschritten ist. Denn dann füllten Leistungen des Zusatzbudgets die durch die Kürzung entstandenen Unterschreitungen, das ausgezahlte Honorar würde sich trotz unwirtschaftlicher Behandlungsweise nicht mindern. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung liefe unter diesen Bedingungen ins Leere.
Bei der Höhe des aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu errechnenden Kürzungsbetrages ist zu beachten, dass die Prüfung einen budgetierten Bereich betroffen hat. Die Kürzung wegen Unwirtschaftlichkeit soll nur das auf die unwirtschaftlichen Leistungen entfallende Honorar abschöpfen und nicht im Zusammenwirken mit den Praxisbudgets zu einer "doppelten" Belastung des Arztes führen. Budgetierte Leistungen dürfen folglich nur mit dem Wert abgezogen werden, den sie im Budget gehabt hätten (vgl Grütters, Auswirkungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes vom 01.01.1996 auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V, Diss Münster 1998, S 73 betr Abstaffelungsregelungen). Die Honorarkürzung ist bei dieser Handhabung nach wie vor fühlbar, ohne dass sie die Budgetierung unbeachtet lässt. Die beklagte KÄV hat diesen Anforderungen Rechnung getragen. Sie hat zum einen die Quote errechnet, die die Beratungs- und Betreuungsleistungen an den Leistungen ausmachen, die zum Bereich des Praxisbudgets gehören, und zum anderen die infolge des Praxisbudgets verbleibende Honorierungsquote festgestellt. Aus der Multiplikation dieser Quoten hat sie eine Gesamtanteilsquote errechnet. Ihr entsprechend hat sie die von den Prüfgremien festgesetzte Kürzung (42,99 % = 78.279,1 Punkte im Quartal I/1998 bzw 43,61 % = 73.649 Punkte im Quartal II/1998) reduziert und um den so ermittelten Betrag den nach den Budgetierungsregelungen errechneten Honoraranspruch vermindert.
In Bezug auf das Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit haben die Beklagte und die Vorinstanz zu Recht von weiteren Feststellungen abgesehen. Insoweit liegen nach § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestandskräftig gewordene Bescheide aus den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung vor. Solche Bescheide müssen bei der Honorarfestsetzung ohne erneute inhaltliche Überprüfung beachtet werden (BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 9).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG, Urteile vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 20/01 R und B 6 KA 73/00 R -, beide zur Veröffentlichung in BSGE bzw SozR vorgesehen).
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Honorarbegrenzung durch das Praxisbudget nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Der Kläger nimmt als Hautarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) begrenzte seine Honoraranforderungen für die Quartale I/1998 und II/1998 wegen Überschreitung des Praxisbudgets und des Zusatzbudgets Allergologie. Er habe im Quartal I/1998 das Praxisbudget von 816.303 Punkten um 50.707 Punkte und das Zusatzbudget von 85.086 Punkten um 41.169 Punkte, im Quartal II/1998 das Praxisbudget von 866.054,8 Punkten um 40.055,2 Punkte und das Zusatzbudget von 90.828 Punkten um 27.692 Punkte überschritten. Die Beklagte berücksichtigte zudem bestandskräftig gewordene Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide, nach denen das Honorar für die von ihm abgerechneten, vom Praxisbudget erfassten Beratungs- und Betreuungsleistungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Quartal I/1998 um 42,99 % (= 78.279,1 Punkte) und im Quartal II/1998 um 43,61 % (= 73.649 Punkte) zu mindern war. Im Hinblick auf die Begrenzung der Honoraranforderung durch die Budgetierung kürzte sie die Punktzahlanforderungen im Praxisbudgetbereich nur um 67.716,7 Punkte (Quartal I/1998) und 66.127,4 Punkte (Quartal II/1998). Dadurch wurde das zulässige Punktzahlvolumen des Praxisbudgets jeweils unterschritten.
Der Kläger wandte mit seinen Widersprüchen gegen die Honorarbescheide ein, dass er mehr Leistungen erbracht habe, als ihm unter der Geltung des Praxisbudgets vergütet worden seien. Werde im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Vergütung für bestimmte Leistungen gekürzt, so müsse die Honorarberechnung berücksichtigen, dass noch genügend andere wirtschaftlich erbrachte Leistungen bereit stünden, um das Budget auszuschöpfen. Ein Anspruch auf höheres Honorar folge jedenfalls aus der Regelung in Abschnitt A I. Teil B Nr 4 Satz 5 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä), wonach Leistungen, die ein Zusatzbudget überstiegen, mit dem Praxisbudget zu verrechnen seien, sofern dieses unterschritten werde. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15. März 2000). Die angeführte Regelung des EBM-Ä sei hier nicht anwendbar. Der Kläger habe mit den abgerechneten Leistungen sowohl das Praxisbudget als auch das Zusatzbudget Allergologie überschritten. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung verfolge das Ziel, den Arzt zu einer wirtschaftlichen Behandlungs- und Verordnungsweise anzuhalten. Sie müsse fühlbare Auswirkungen haben, weswegen das infolge der Kürzung wegen Unwirtschaftlichkeit nur unvollständig in Anspruch genommene Praxisbudget nicht durch Leistungen aufgefüllt werden könne, die dem Zusatzbudget zuzuordnen seien.
Mit seiner Sprungrevision macht der Kläger geltend, Überschreitungen des Zusatzbudgets seien auch dann mit dem Praxisbudget zu verrechnen, wenn das Praxisbudget zwar ursprünglich durch Leistungen ausgeschöpft gewesen, infolge einer Wirtschaftlichkeitsprüfung aber wieder unterschritten worden sei. Die Korrekturen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung würden erst die Verhältnisse herstellen, unter denen die Budgetregelungen des EBM-Ä anzuwenden seien. Dass ein unwirtschaftliches Verhalten dann im Einzelfall keine Honorarkürzung zur Folge habe, sei hinzunehmen, weil die Verrechnungsvorschrift im EBM-Ä nicht danach differenziere, ob das Praxisbudget vor oder nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterschritten werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 15. März 2000 und die Honorarbescheide für die Quartale I/1998 und II/1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Überschreitungen des Zusatzbudgets Allergologie jeweils mit dem bei der Honorargewährung nicht berücksichtigten Punktzahlvolumen des Praxisbudgets zu verrechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/1998 und II/1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 1999 zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Punktzahl, mit der er das Zusatzbudget Allergologie überschritten hat, mit derjenigen Punktmenge verrechnet wird, für die ihm infolge der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung innerhalb des Punktekontingents des Praxisbudgets kein Honorar gewährt wird. Die mit der Bildung von Praxis- und Zusatzbudgets einhergehende Neustrukturierung der vertragsärztlichen Vergütung schließt es nicht aus, dass auch budgetierte Leistungen einer Honorarkürzung wegen Unwirtschaftlichkeit (§ 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) unterliegen können.
Die Bestimmungen des EBM-Ä über die Praxis- und Zusatzbudgets (Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B), die durch Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 19. November 1996 und 11. März 1997 (Deutsches Ärzteblatt (DÄ) 1996, A-3364 ff; 1997, A-864 ff) zum 1. Juli 1997 eingeführt worden sind, beruhen auf der Ermächtigungsgrundlage des § 87 Abs 2 Satz 1, Abs 2a Satz 1 und 2 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266). Diese Normen lassen die Begrenzung der dem einzelnen Vertragsarzt zustehenden Honorierung zu. Mit Wirkung zum 1. Juli 1997 ist § 87 Abs 2a SGB V durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) zudem um Satz 8 ergänzt worden, wonach Obergrenzen für die Menge von Leistungen oder von Gruppen von Leistungen, die von einer Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbar sind, vorgesehen werden können. Die in Ausfüllung der genannten Ermächtigungsgrundlage erlassenen Regelungen des EBM-Ä über Praxis- und Zusatzbudgets hat der Senat bereits mehrfach als rechtmäßig beurteilt, jedenfalls, soweit es die Bemessung der Praxisbudgets bis zum Ende des Jahres 2002 anbelangt (Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 33/01 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Nach ihnen unterliegen die im EBM-Ä aufgeführten ärztlichen Leistungen bei bestimmten Arztgruppen nach Maßgabe näherer Bestimmungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal einer fallzahlabhängigen Budgetierung. Diese begrenzt nicht die Anzahl der abrechenbaren Leistungen, sondern lediglich das Ausmaß, bis zu dem Leistungen in voller Höhe vergütet werden, sodass das auf die einzelne Leistung entfallende Honorar abhängig von der Zahl der insgesamt erbrachten Leistungen sinkt (vgl BSGE 86, 30, 41 = SozR 3-2500 § 83 Nr 1 S 13; s zum Ganzen auch: BSGE 86, 16, 18 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 117 ff und Senatsurteil vom 15. Mai 2002 aaO, mwN). Daneben gibt es Leistungen, die nicht von der Budgetierung erfasst sind. Auch bestimmte Arztgruppen sind von der Budgetierung ausgenommen.
Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch nach der ausdrücklichen Sanktionierung von Budgetierungsregelungen durch Anfügung des Satzes 8 in § 87 Abs 2a SGB V (2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520) nicht auf solche Arztgruppen und/oder solche Leistungen beschränkt, die von der Budgetierung ausgenommen sind. Schon daraus leitet sich ab, dass die gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsprüfung auch unter der Geltung der Praxis- und Zusatzbudgets durchzuführen ist. Einem Ausschluss der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei budgetierten Leistungen stehen zudem die unterschiedlichen Zielsetzungen von Budgetierung und Wirtschaftlichkeitsprüfung entgegen. Über die Budgetierung der Vergütung der ärztlichen Leistungen soll der Anreiz zu einer vermehrten Erbringung von Leistungen verringert, dem mit der bisherigen Leistungsmengensteigerung einhergehenden Punktwertverfall entgegengewirkt und auf diese Weise den Vertragsärzten mehr Sicherheit bei der Kalkulation ihrer Praxiseinnahmen gegeben werden (vgl BSGE 86, 16, 21 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 120 f; zum Ganzen zuletzt: BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 aaO). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung verfolgt hingegen das Ziel, die Vertragsärzte zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 2 Abs 1, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 und § 72 Abs 2 SGB V) anzuhalten (BSGE 76, 53, 54 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 145/146). Bereits die unterschiedlichen Ansätze von Vergütungsbudgetierung und Wirtschaftlichkeitsprüfung und die ihnen zu Grunde liegenden verschiedenen Zielrichtungen zeigen auf, dass die Einführung der Budgetierungsregelungen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht obsolet macht (im Ergebnis ebenso: Plagemann, Der Arzt und sein Recht 2001, 88, 90; G. Schneider, MedR 1998, 540, 543 f). Bei den in ein Budget fallenden Leistungen ist eine unwirtschaftliche Leistungserbringung nicht nur wie im vorliegenden Fall einer Budgetüberschreitung möglich, sondern auch dann, wenn das jeweilige Budget nicht überschritten wird. So kann ein Vertragsarzt, ohne das jeweilige Budget auszuschöpfen, vermehrt Leistungen erbringen und abrechnen, die sich nach den Maßstäben einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V) als unwirtschaftlich erweisen. In einem solchen Fall gehen trotz der Begrenzung der Punktzahlanforderungen durch Praxis- und Zusatzbudgets unwirtschaftliche Honoraranforderungen eines Vertragsarztes nicht ins Leere; sie wirken sich zu Lasten anderer Vertragsärzte aus, denn bei einer begrenzten Gesamtvergütung verringern sich durch die unberechtigte Honorierung unwirtschaftlicher Leistungen die Vergütungen für andere wirtschaftlich handelnde Vertragsärzte. Darüber hinaus ist die Rechtssphäre der Krankenkassen betroffen, wenn die von ihnen zu leistende Gesamtvergütung zur Vergütung unwirtschaftlicher Behandlungsmaßnahmen verwendet wird.
Die Durchführung von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch bei Honoraranforderungen, die unter die Praxis- oder Zusatzbudgets fallen, ist danach nicht ausgeschlossen. Die Beklagte war somit berechtigt, die im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzten Honorarkürzungen trotz der Begrenzung des Honoraranspruchs des Klägers durch Praxis- und Zusatzbudgets zu berücksichtigen.
Der Kläger kann für seine Forderung, die Überschreitungen der Punktzahlgrenze beim Zusatzbudget Allergologie mit dem Teil des Punktzahlvolumens des Praxisbudgets zu verrechnen, das auf Grund der Kürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnerisch nicht bzw nicht mehr ausgeschöpft ist, nichts aus der Vorschrift des Abschnitts A I. Teil B Nr 4 Satz 5 EBM-Ä herleiten. In ihr ist bestimmt, dass Überschreitungen des Punktzahlvolumens des bzw der Zusatzbudgets insoweit mit dem Praxisbudget verrechnet werden, als dieses unterschritten wird. Somit werden Leistungen, die in das Zusatzbudget fallen, trotz Überschreitung der Grenzen des Zusatzbudgets uneingeschränkt honoriert, solange ein freies Punktzahlvolumen dafür noch im Praxisbudget zur Verfügung steht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat in den Quartalen I/1998 und II/1998 zwar das ihm für Leistungen der Allergologie zustehende Zusatzbudget überschritten. Es fehlt aber die Unterschreitung des Praxisbudgets im selben Zeitraum. Die von ihm abgerechneten Leistungen liegen oberhalb der durch das Budget vorgegebenen Punktzahl. Dieses wäre nur dann nicht ausgeschöpft, wenn die von Honorarkürzungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung betroffenen Leistungen nicht auf das Budget anzurechnen wären. Eine sich aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergebende Honorarkürzung kann indessen nicht als Nichtausschöpfung des Praxisbudgets im Sinne der Vorschrift des Abschnitts A I. Teil B Nr 4 Satz 5 EBM-Ä gewertet werden. Punktzahlanforderungen, die auf Grund von Kürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zu vergüten sind, stehen nicht solchen Punktzahlanforderungen gleich, die nicht angefordert wurden und damit das Praxisbudget von vornherein nicht ausschöpften. Gegen eine solche rechtliche Gleichstellung sprechen Sinn und Zweck sowohl der Praxisbudgets als auch der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Wesentliches Ziel der Regelungen des EBM-Ä über Praxis- und Zusatzbudgets ist die Steuerung ärztlichen Verhaltens dadurch, dass die wirtschaftlichen Anreize für eine Mengenausweitung ärztlicher Leistungen verringert werden (vgl BSGE 86, 16, 21 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 120 f; BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 33/01 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dieser Zielsetzung widerspräche es, würde die Auffüllung des Praxisbudgets, das wegen Kürzungen durch Wirtschaftlichkeitsprüfungsmaßnahmen nicht ausgeschöpft wurde, mit solchen Punktzahlanforderungen zugelassen, die bei einer Überschreitung von Zusatzbudgets angefallen sind. Eine solche Handhabung der Regelung in Abschnitt A I. Teil B Nr 4 Satz 5 EBM-Ä würde vielmehr Tendenzen begünstigen, im Bereich der Zusatzbudgets vorsorglich Leistungen über den budgetierten Rahmen hinaus zu erbringen, um sie für den Fall einer Kürzung der Vergütung im Bereich der Praxisbudgets bei diesem einführen zu können. Dies entspräche nicht dem Sinn der Anrechnungsregelung. Diese soll den Praxen, die über die Zusatzbudgets spezialisierte Leistungen erbringen, die Möglichkeit eröffnen, bei Unterschreitung des Praxisbudgets ihre das Zusatzbudget überschreitenden Leistungen doch noch voll vergütet zu erhalten. Die Regelung dient damit - ähnlich wie die Ausnahmeregelung in Nr 4.3 aaO über die Erweiterung der Zusatzbudgets - dem Schutz spezialisierter Praxen, soll aber nicht Anreize geben, den Gesamtleistungsbedarf möglichst auszuweiten. Dies würde indessen gefördert, wenn eine Ausschöpfung des Praxisbudgets für den Fall zugelassen würde, dass sich die Unterschreitung erst durch Honorarkürzungen auf Grund von Wirtschaftlichkeitsprüfungen ergibt.
Wollte man zulassen, das Praxisbudget auch in dem Fall auszuschöpfen, dass dessen Grenzen erst infolge von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise unterschritten werden, liefe dies auch Sinn und Zweck der Wirtschaftlichkeitsprüfung zuwider. Aus § 106 SGB V ergibt sich, dass das Abrechnungsverhalten aller Ärzte zu jeder Zeit einer effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen muss (BSGE 84, 85, 87 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 273/274; Nr 53 S 295; zuletzt BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 55 S 309 f). Dabei gehört die Honorarkürzung zum Kernbestand der Maßnahmen, mit denen das Wirtschaftlichkeitsgebot durchgesetzt wird (vgl BSGE 68, 97, 98 = SozR 3-2500 § 106 Nr 4 S 10/11; Clemens in Schulin (Hrsg), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, 1994, § 33 RdNr 5, § 35 RdNr 1, 2). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung würde entwertet, wenn über das Punktzahlvolumen des Zusatzbudgets hinaus erbrachte Leistungen auch dann aus dem Praxisbudget vergütet werden könnten, wenn dieses erst infolge einer Honorarkürzung unterschritten ist. Denn dann füllten Leistungen des Zusatzbudgets die durch die Kürzung entstandenen Unterschreitungen, das ausgezahlte Honorar würde sich trotz unwirtschaftlicher Behandlungsweise nicht mindern. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung liefe unter diesen Bedingungen ins Leere.
Bei der Höhe des aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu errechnenden Kürzungsbetrages ist zu beachten, dass die Prüfung einen budgetierten Bereich betroffen hat. Die Kürzung wegen Unwirtschaftlichkeit soll nur das auf die unwirtschaftlichen Leistungen entfallende Honorar abschöpfen und nicht im Zusammenwirken mit den Praxisbudgets zu einer "doppelten" Belastung des Arztes führen. Budgetierte Leistungen dürfen folglich nur mit dem Wert abgezogen werden, den sie im Budget gehabt hätten (vgl Grütters, Auswirkungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes vom 01.01.1996 auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V, Diss Münster 1998, S 73 betr Abstaffelungsregelungen). Die Honorarkürzung ist bei dieser Handhabung nach wie vor fühlbar, ohne dass sie die Budgetierung unbeachtet lässt. Die beklagte KÄV hat diesen Anforderungen Rechnung getragen. Sie hat zum einen die Quote errechnet, die die Beratungs- und Betreuungsleistungen an den Leistungen ausmachen, die zum Bereich des Praxisbudgets gehören, und zum anderen die infolge des Praxisbudgets verbleibende Honorierungsquote festgestellt. Aus der Multiplikation dieser Quoten hat sie eine Gesamtanteilsquote errechnet. Ihr entsprechend hat sie die von den Prüfgremien festgesetzte Kürzung (42,99 % = 78.279,1 Punkte im Quartal I/1998 bzw 43,61 % = 73.649 Punkte im Quartal II/1998) reduziert und um den so ermittelten Betrag den nach den Budgetierungsregelungen errechneten Honoraranspruch vermindert.
In Bezug auf das Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit haben die Beklagte und die Vorinstanz zu Recht von weiteren Feststellungen abgesehen. Insoweit liegen nach § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestandskräftig gewordene Bescheide aus den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung vor. Solche Bescheide müssen bei der Honorarfestsetzung ohne erneute inhaltliche Überprüfung beachtet werden (BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 9).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG, Urteile vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 20/01 R und B 6 KA 73/00 R -, beide zur Veröffentlichung in BSGE bzw SozR vorgesehen).
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