B 6 KA 22/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1954/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 59/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 22/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2001 und des Sozialgerichts München vom 4. Februar 1999 geändert. Es wird festgestellt, dass die Bescheide der Beklagten vom 16. Dezember 1996, 6. März 1997, 18. Juni 1998, 9. Dezember 1998, 16. Dezember 1999 und 14. Dezember 2000 sowie die Widerspruchsbescheide vom 24. September 1998 und 23. September 1999 rechtswidrig gewesen sind, soweit die Beklagte die Genehmigung zur Erbringung von Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä befristet hat. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der Kosten für alle Rechtszüge zu erstatten. Der Kläger hat der Beklagten die Hälfte der Kosten für alle Rechtszüge zu erstatten.

Gründe:

I

Umstritten ist die Berechtigung des Klägers zur Erbringung und Abrechnung psychiatrischer Leistungen nach Abschnitt G II des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä).

Der Kläger nimmt im Bereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Neurologe an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Nachdem die Partner der Bundesmantelverträge in einer "Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM-Ä" festgelegt hatten, die Leistungen des Abschnitts G II EBM-Ä in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung seien nur für Ärzte mit den Gebietsbezeichnungen "Nervenarzt, Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater" berechnungsfähig, beantragte der Kläger am 1. Februar 1996, ihm die Abrechnung der im Abschnitt G II EBM-Ä aufgeführten Leistungen im gleichen Umfang wie bisher über den 31. Dezember 1995 hinaus zu gestatten. Er machte geltend, etwa ein Drittel seiner bisher in der Praxis erbrachten Leistungen entfielen auf die psychiatrischen Leistungspositionen. Zumindest im ländlichen Raum müsse ein Neurologe auch psychiatrische Behandlungen durchführen. Die Beklagte lehnte den Antrag zunächst ab. Im Widerspruchsverfahren erteilte sie dem Kläger, gestützt auf Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der "Ergänzenden Vereinbarung", eine Ausnahmegenehmigung zur Erbringung psychiatrischer Leistungen. Diese wurde zunächst bis Ende 1998 befristet und später mehrfach erneuert, zuletzt mit Bescheid vom 2. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2002. Das Begehren des Klägers auf Erteilung einer unbefristeten Genehmigung wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 24. September 1998).

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger seinen ursprünglichen Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag nicht weiter verfolgt und die Feststellung begehrt, auch über den 31. Dezember 1999 hinaus psychiatrische Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä erbringen zu dürfen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4. Februar 1999).

Im Berufungsrechtszug hat der Kläger auf Anregung des Berufungssenats beantragt, die Bescheide der Beklagten aufzuheben, soweit die ihm erteilte Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä befristet worden ist. Das Landessozialgericht (LSG) hat die mit diesem Antrag geführte Berufung zurückgewiesen, weil die ausschließliche Zuordnung der psychiatrischen Leistungen zu den Arztgruppen der Psychiater, Nervenärzte sowie der Kinder- und Jugendpsychiater rechtmäßig sei und der Kläger keinen Anspruch auf eine unbefristete Ausnahmegenehmigung habe (Urteil vom 21. Februar 2001).

Mit seiner Revision rügt der Kläger zunächst eine unzulängliche Gewährung rechtlichen Gehörs im Berufungsrechtszug. Wichtiger Sachvortrag sei vom LSG nicht zur Kenntnis genommen worden. Insbesondere habe sich das Berufungsgericht nicht mit der von ihm substantiiert vorgetragenen systematischen Benachteiligung der Neurologen insbesondere gegenüber den Psychiatern sowie den Allgemeinärzten und Kinderärzten im Zuge der Umgestaltung des EBM-Ä zum 1. Januar 1996 befasst.

In der Sache beruhe das angefochtene Urteil auf einer Verkennung der Reichweite des Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) und des Gleichbehandlungsgebotes gemäß Art 3 Abs 1 GG. Es sei zwar nicht geboten, den Neurologen die Erbringung aller psychiatrischen Leistungen der Gebührenordnung zu ermöglichen und sie insoweit den Psychiatern völlig gleich zu stellen. Der vollständige Ausschluss der Neurologen von der Erbringung aller Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä führe jedoch zu einer Verletzung des Zulassungsstatus dieser Arztgruppe. Nach gesicherter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft lägen bei ca 20 bis 30 % der neurologischen Erkrankungen auch psychische Störungen vor, die zu einem einheitlichen therapeutischen Vorgehen auf neurologischem wie auf psychiatrischem Gebiet zwängen. Es gehe darum, psychische Störungen als Teil des Verlaufs neurologischer Erkrankungen angemessen behandeln zu können, etwa bei Parkinson-Erkrankungen, Demenzleiden und Epilepsie. Derartige Erkrankungen gingen oft mit exogenen Psychosen einher, die auch der Neurologe nur durch Anwendung psychiatrischer Behandlungsmethoden beeinflussen könne. Nicht zuletzt deshalb sei auch die Weiterbildung einerseits der Neurologen und andererseits der Psychiater eng verzahnt. Wenn der vollständige Ausschluss der Neurologen von der Erbringung und Abrechnung von Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä Bestand habe, stünden für diese Arztgruppe keine therapeutischen Abrechnungsziffern mehr zur Verfügung. Das sei nicht sachgerecht, weil die neurologische Tätigkeit zwar auch diagnostische Elemente beinhalte, sich jedoch nicht in Diagnostik erschöpfe. Die Verengung des Abrechnungsspektrums zu Lasten der Neurologen beruhe auf einer gezielten Benachteiligung dieser Arztgruppe, die vor allem im Vergleich mit den Psychiatern und den Ärzten für Allgemeinmedizin und für Kinderheilkunde sichtbar werde. Haus- und Kinderärzte könnten zahlreiche diagnostische und therapeutische Leistungen mit psychiatrischer Intention erbringen, etwa nach Nr 10, 11, 14, 15, 19, 21 und 990 EBM-Ä, ohne eine spezielle psychiatrische Qualifikation zu besitzen. Für die Neurologen seien die psychiatrischen Begleitleistungen - im Unterschied zu den Allgemein- und Kinderärzten - fachgebietsprägend.

Zumindest habe er - der Kläger - nunmehr einen Anspruch auf eine unbefristete Genehmigung zur Erbringung der Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä. Die Beklagte habe ihm diese Genehmigung mehrfach auf Zeit erteilt und teile offenbar seine Einschätzung, dass er über die notwendige Qualifikation verfüge und dass psychiatrische Behandlungen einen Schwerpunkt seiner Praxistätigkeit ausmachten. Nach nunmehr dreimaliger Befristung könne die Beklagte sich nicht mehr darauf berufen, es sei noch nicht absehbar, ob sein psychiatrisches Leistungsangebot zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2001 sowie das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. Februar 1999 aufzuheben und festzustellen, dass er berechtigt ist, Leistungen nach Abschnitt G II EBM zu erbringen und abzurechnen,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2001 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. Februar 1999 zu ändern sowie festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 16. Dezember 1996 in Gestalt der Abhilfebescheide vom 6. März 1997 und 18. Juni 1998, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 1998, sowie die Bescheide vom 9. April 1998 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23. September 1999, vom 16. Dezember 1999 und vom 14. Dezember 2000 rechtswidrig gewesen sind, soweit die darin erteilte Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä befristet ist,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2001 aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die vorinstanzlichen Entscheidungen sowie ihre Verwaltungsentscheidungen nach wie vor für rechtmäßig. Die Partner der "Ergänzenden Vereinbarung" hätten den ihnen zukommenden Gestaltungsspielraum nicht verletzt, weil die psychiatrischen Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä eingehende Kenntnisse in der psychiatrischen Behandlung und Therapie erforderten, die in der neurologischen Weiterbildung nicht vermittelt würden. Dementsprechend seien die Leistungen des Abschnitts G I EBM-Ä nur von Neurologen und Nervenärzten abrechenbar, obwohl die Psychiater ebenfalls ein Jahr ihrer Weiterbildung der Neurologie widmen müssten, wie umgekehrt die Neurologen ein Jahr Weiterbildung in Psychiatrie/Psychotherapie zu absolvieren hätten. Ein Arzt benötige zur Diagnose und anschließenden Therapie von Gesundheitsstörungen auf neurologischem wie auf psychiatrischem Gebiet Kenntnisse und Erfahrungen gerade hinsichtlich differenzialdiagnostischer Fragestellungen. Das Weiterbildungsrecht für die Ärzte Bayerns könne gleichwohl nicht dahin verstanden werden, dass die Fachgebietsgrenzen zwischen den Gebieten der Neurologie und der Psychiatrie im Wesentlichen aufgehoben seien. Zu Recht habe sie - die Beklagte - die Ausnahmegenehmigung befristet. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung bestehe nicht. Deshalb sei sie auch berechtigt, die Genehmigung mit einer Nebenbestimmung zu versehen.

II

Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg.

Hinsichtlich der prozessualen Beurteilung des Klagebegehrens ist dem LSG nicht in vollem Umfang zu folgen. In erster Linie macht der Kläger geltend, kraft seines Vertragsarztstatus über den 31. Dezember 1995 hinaus unabhängig von einer Genehmigung seitens der beklagten KÄV berechtigt zu sein, bestimmte psychiatrische Leistungen erbringen und abrechnen zu dürfen. Dieses Begehren hat der in den Vorinstanzen nicht anwaltlich vertretene Kläger im ersten Rechtszug für die damals noch streitige Zeit nach dem 31. Dezember 1999 mit der Feststellungsklage verfolgt. Das ist das gebotene prozessuale Vorgehen. Der Kläger ist nicht gehalten, eine Verpflichtungsklage zu erheben, weil nach seiner für die Beurteilung des Klagebegehrens grundsätzlich maßgeblichen Rechtsauffassung eine Genehmigung seitens der Beklagten nicht zu ergehen hat. Aus diesem Grund steht auch die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage (dazu Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 55 RdNr 19) hier der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen.

Nachrangig zu diesem Begehren verfolgt der Kläger den Standpunkt, die Beklagte sei verpflichtet, ihm die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung bestimmter psychiatrischer Leistungen ohne zeitliche Begrenzung zu erteilen. Für dieses Begehren ist grundsätzlich die Anfechtung der den Genehmigungsbescheiden jeweils beigefügten Befristung das sachgerechte Vorgehen. Bei der Befristung der Genehmigung handelt es sich um eine Nebenbestimmung iS des § 32 Abs 2 Nr 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Da die Genehmigung nach Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung - wie noch näher auszuführen ist - einen rechtlich gebundenen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt, kann die der Genehmigung beigefügte Befristung selbstständig angefochten werden. Das hat der Senat für die Ermächtigung von Krankenhausärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, die nach § 31 Abs 7 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) zu befristen ist, entschieden (BSGE 70, 167, 168 f = SozR 3-2500 § 116 Nr 2 S 10/11; vgl auch Senatsurteil vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 20/01 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - zu einer auf § 20 Abs 3 Ärzte-ZV gestützten Bedingung). Für die Befristung einer Genehmigung zur ausnahmsweisen Erbringung psychiatrischer Leistungen durch einen Neurologen gilt im Grundsatz nichts anderes.

Soweit das LSG das Begehren des Klägers insgesamt auf die Anfechtung der Befristung reduziert hat, wird es seinem Anliegen nicht in vollem Umfang gerecht. Aus der insoweit maßgeblichen Perspektive des Klägers besteht ein erheblicher Unterschied, ob er kraft seines Vertragsarztstatus berechtigt ist, auch bestimmte psychiatrische Leistungen erbringen zu dürfen, oder ob er insoweit einer speziellen Genehmigung bedarf, deren Erteilung möglicherweise im Ermessen der KÄV liegt und die diese ggf nach Maßgabe der §§ 44 ff SGB X auch zurücknehmen kann.

Die Anfechtung der Befristung der Genehmigungen erfasst nur die Bescheide, die den Zeitraum bis zum 30. Juni 2001 betreffen. Der Bescheid vom 2. Januar 2002, mit dem die Genehmigung befristet bis zum 30. Juni 2002 verlängert worden ist, ist nicht Verfahrensgegenstand geworden. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, wonach die an die erstmalige befristete Genehmigung anknüpfenden Bescheide für die Folgezeiträume gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klage- bzw Berufungsverfahrens geworden sind. Diese Annahme liegt im Hinblick auf die Rechtsprechung des Senats zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG auf befristete Ermächtigungen (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 14) nicht nahe. Jedenfalls ist § 96 SGG auf Bescheide, die im Laufe des Revisionsverfahrens ergehen, nicht in der Weise anzuwenden, dass diese Gegenstand des Revisionsverfahrens werden. Vielmehr ergibt sich aus § 171 Abs 2 SGG, dass solche Bescheide, soweit sie grundsätzlich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 96 SGG erfüllen, als mit der Klage vor dem SG angefochten gelten (vgl Meyer-Ladewig, aaO, § 171 RdNr 3).

Soweit die ursprünglich angefochtenen Befristungen der Genehmigung Verfahrensgegenstand geworden sind, haben sie sich durch Ablauf des Zeitraums, für den sie eine Regelung getroffen haben, erledigt. Nicht anders als beim Streit über befristete Ermächtigungen ist hier der Kläger berechtigt, seinen ursprünglichen Anfechtungsantrag umzustellen und in der Form eines Fortsetzungsfeststellungsbegehrens gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG weiter zu verfolgen (vgl für das Recht der Ermächtigung beispielhaft Senatsurteile vom 12. September 2001 - B 6 KA 86/00 R = SozR 3-2500 § 116 Nr 23 - und vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Voraussetzung für die Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, dass die Beklagte auch in Zukunft dem Kläger - wenn überhaupt - immer nur zeitlich befristet erlauben will, psychiatrische Leistungen zu erbringen. Diese Situation ist hier gegeben, nachdem bereits ein entsprechender Folgebescheid - befristet für die Zeit bis zum 30. Juni 2002 - ergangen ist. Die Wiederholungsgefahr hat sich mithin bereits realisiert.

Der Hauptantrag des Klägers auf Feststellung, ohne spezielle Genehmigung die von ihm für erforderlich gehaltenen psychiatrischen Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä erbringen zu dürfen, ist nicht begründet, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben. In der Präambel zu Abschnitt G II EBM-Ä (Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie) ist seit dem 1. Januar 1996 bestimmt, dass die Leistungen dieses Abschnitts nur von Ärzten mit den Gebietsbezeichnungen "Nervenarzt, Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater" abgerechnet werden können. Dem liegt die zwischen den Partnern der Bundesmantelverträge getroffene "Ergänzende Vereinbarung zur Reform des einheitlichen Bewertungsmaßstabs" vom 14. September 1995 (DÄ 1995, A-2585 = C-1719) zu Grunde, die durch eine Vereinbarung vom 11. Dezember 1995 (DÄ 1995, A-3643 = C-2323) um einen Abschnitt 4a (Abrechnungsregelungen) erweitert worden ist. Unter Nr 7 Abs 3 dieser Vereinbarung ist die Abrechenbarkeit der hier betroffenen Leistungen auf die og Arztgruppen beschränkt worden. Zugleich ist bestimmt worden, dass die KÄVen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen im Einzelfall Ärzten die Genehmigung zur Abrechnung der in diesem Abschnitt genannten Leistungen erteilen können. Die ergänzende Vereinbarung vom 14. September 1995 iVm der Erweiterung vom 11. Dezember 1995 steht mit höherrangigem Recht in Einklang, auch soweit sie zur Folge hat, dass Ärzte für Neurologie grundsätzlich keine psychiatrischen Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä mehr erbringen und abrechnen dürfen.

Vereinbarungen zur Ergänzung des EBM-Ä finden ihre Rechtsgrundlage in den Vorschriften der §§ 72 Abs 2, 82 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Das hat der Senat in seinen Urteilen vom 20. Januar 1999 (BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 8), 8. März 2000 (SozR 3-2500 § 72 Nr 11) sowie vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 11/99 R - nicht veröffentlicht - näher ausgeführt. Danach sind sowohl der Ausschluss der Kinderärzte von der Erbringung der psychiatrischen Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä, die Beschränkung der Abrechenbarkeit physikalisch-medizinischer Leistungen auf bestimmte Arztgruppen als auch die Konzentration der Leistung nach Nr 800 EBM-Ä (neurologischer Gesamtstatus) bei Nervenärzten, Neurologen und Neurochirurgen rechtmäßig. Für den Ausschluss der Neurologen von der Erbringung psychiatrischer Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä gilt nichts anderes.

Die generelle Berechtigung der Partner der Bundesmantelverträge, bestimmte im EBM-Ä verzeichnete Leistungen einzelnen Arztgruppen vorzubehalten, stellt der Kläger nicht in Abrede. Er ist jedoch der Auffassung, der Ausschluss der Neurologen von der Erbringung aller in Abschnitt G II EBM-Ä verzeichneten psychiatrischen Leistungen stelle den Zulassungsstatus der Ärzte für Neurologie in Frage und sei deshalb mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung unwirksam. Dem ist nicht zu folgen.

Der Ausschluss der Neurologen von der Erbringung der in Abschnitt G II EBM-Ä aufgeführten psychiatrischen Leistungen stellt eine zulässige Berufsausübungsregelung iS des Art 12 Abs 1 GG dar und greift nicht in den Zulassungsstatus dieser Arztgruppe ein. Ein solcher Eingriff ist nach der Rechtsprechung des Senats nur gegeben, wenn Regelungen den Vertragsarzt von der Erbringung bzw Berechnungsfähigkeit solcher Leistungen ausschließen, die für sein Fachgebiet wesentlich sind (zuletzt BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 16 S 88; SozR 3-2500 § 135 Nr 15 S 76; SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 30; SozR 3-2500 § 72 Nr 8 S 20). Die in Abschnitt G II EBM-Ä verzeichneten Leistungen gehören zum Gebiet der Psychiatrie und sind für die Disziplin der Neurologie nicht in dem Sinne prägend, dass die ambulante neurologische Tätigkeit nicht ohne die Erbringung der psychiatrischen Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä vollwertig ausgeübt werden könnte. Entgegen der Auffassung des Klägers kann für die Frage, ob Leistungen aus einem bestimmten Kapitel des EBM-Ä für ein medizinisches Fachgebiet wesentlich und prägend sind, nicht auf die einzelne Arztpraxis abgestellt werden. Der Bewertungsausschuss sowie die Partner der Bundesmantelverträge als Normgeber sind nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, an typische Sachverhalte anzuknüpfen und dafür generalisierende Regelungen zu treffen. Besonderen, in der Vergangenheit gewachsenen Praxissituationen kann allenfalls durch Ausnahmeregelungen Rechnung getragen werden, wie sie hier in Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung getroffen worden sind und dem Kläger auch zugute kommen.

Im Rahmen einer notwendigerweise typisierenden und generalisierenden Regelung ist es nicht zu beanstanden, dass die Partner der Bundesmantelverträge die spezifisch neurologischen Leistungen den Ärzten für Neurologie, Nervenheilkunde und Neurochirurgie und die spezifisch psychiatrischen Leistungen den Nervenärzten, Psychiatern und Kinder- und Jugendpsychiatern vorbehalten. Die Fachgebiete der Neurologie und Psychiatrie sind seit Jahrzehnten getrennt, wenngleich nach wie vor zahlreiche Ärzte über die Berechtigung zur Führung beider Fachgebietsbezeichnungen verfügen. Diese Ärzte dürfen bisweilen nach Maßgabe des jeweiligen Weiterbildungsrechts auch die Bezeichnung "Nervenarzt" bzw "Arzt für Nervenheilkunde" führen, wie der Senat in einem zum Bedarfsplanungsrecht ergangenen Urteil näher ausgeführt hat (BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3). Soweit die Gebietsbezeichnung "Nervenarzt" oder "Arzt für Nervenheilkunde" heute noch erworben werden kann, setzt das eine dreijährige Weiterbildung sowohl in der Neurologie als auch in der Psychiatrie voraus (vgl Abschnitt I Nr 21 der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns in der Neufassung vom 1. Oktober 1993 idF vom 14. Oktober 2001 (WBO) sowie Abschnitt I Nr 23 der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer nach den Beschlüssen des 95. Deutschen Ärztetages 1992 (MWBO)). Deshalb kann aus der Regelung, dass Nervenärzte neurologische und psychiatrische Leistungen weiterhin erbringen und abrechnen dürfen, nicht geschlossen werden, dass die Partner der Bundesmantelverträge davon ausgegangen seien, beide ärztlichen Disziplinen seien untrennbar miteinander verbunden. Auch der Umstand, dass ein Arzt im Rahmen seiner Weiterbildung zum Neurologen Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Psychiatrie erwerben und ein Jahr seiner Weiterbildung der Psychiatrie widmen muss, rechtfertigt nicht die Annahme, zwischen beiden Fachgebieten bestünden hinsichtlich der diagnostischen Verfahren und der zu behandelnden Gesundheitsstörungen keine wesentlichen Unterschiede mehr.

WBO wie MWBO sehen für die Gebiete der Psychiatrie und der Neurologie eine fünfjährige Weiterbildungszeit vor, wobei in der Neurologie ein Jahr in der Psychiatrie und umgekehrt in der Psychiatrie ein Jahr in der Neurologie abgeleistet werden muss (Abschnitt I Nr 23 bzw 33 WBO bzw Abschnitt I Nr 25 bzw 36 MWBO). Die Verpflichtung des Arztes, der die Weiterbildung in einem Fachgebiet anstrebt, auch eine bestimmte Zeit der Weiterbildung in einem anderen benachbarten Fachgebiet nachzuweisen, besteht nicht nur im Verhältnis zwischen Neurologen und Psychiatern, sondern zB auch bei Ärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin oder für Rechtsmedizin (vgl Nr 33 bzw 38 MWBO). Sie weicht allerdings von dem üblichen Gang der Weiterbildung ab, die grundsätzlich vollständig in dem angestrebten Gebiet absolviert werden kann, wobei jedoch die Möglichkeit besteht, Zeiten in verwandten oder benachbarten Gebieten angerechnet zu erhalten. Die Notwendigkeit einer Weiterbildung auch in einem anderen als dem angestrebten Fachgebiet ist dem Umstand geschuldet, dass in bestimmten Krankheitsfällen neurologische und psychiatrische Fragestellungen einander überlappen können und uU voneinander abgegrenzt werden müssen. Deshalb hält es der Normgeber des Weiterbildungsrechts für erforderlich, dass Neurologen wie Psychiater Kenntnisse im jeweils anderen Fachgebiet besitzen, die über diejenigen Kenntnisse hinausgehen, die ihnen die ärztliche Ausbildung generell vermittelt. Diese Notwendigkeit wird dadurch belegt, dass die Weiterbildung in Neurologie eingehende Kenntnisse und Erfahrungen ua in der deskriptiven Erfassung des psychopathologischen Befundes und der klinischen Psychiatrie vermitteln soll, "soweit dies für die Differenzialdiagnose neurologischer Erkrankungen erforderlich ist" (Abschnitt I Nr 23 WBO, Nr 25 MWBO). In der psychiatrischen Weiterbildung müssen eingehende Kenntnisse und Erfahrungen in der Methodik und Technik der neurologischen Untersuchungen und in Diagnostik und Differenzialdiagnostik neurologischer Krankheitsbilder vermittelt werden, "soweit dies für Diagnose und Therapie psychiatrischer Erkrankungen erforderlich ist" (Abschnitt I Nr 33 WBO, Nr 36 MWBO). An der grundsätzlichen Trennung der Fachgebiete, die auch in den Gebietsdefinitionen in MWBO und WBO zum Ausdruck kommt, ändert das nichts. Da der Kläger als Arzt für Neurologie an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, ist er gehalten, sich auf die Leistungen dieses Fachgebietes zu beschränken (vgl BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 7 S 29). Dass er durch die Regelung in der Ergänzenden Vereinbarung daran gehindert wird, die für das Fachgebiet der Neurologie wesentlichen und prägenden Leistungen zu erbringen, ist nicht ersichtlich.

Die Auffassung des Klägers, der Vorbehalt für Psychiater und Kinder- und Jugendpsychiater hinsichtlich der Leistungen des Abschnitts G II EBM-Ä deute auf eine bewusste Benachteiligung der Neurologen hin, trifft nicht zu. Dagegen spricht schon, dass die relativ hoch bewertete Leistung nach Nr 800 EBM-Ä (neurologischer Gesamtstatus - 400 Punkte) im Zuge der Umgestaltung des EBM-Ä zum 1. Januar 1996 gerade dieser Arztgruppe vorbehalten worden ist. Im Übrigen können Neurologen die mit 1.800 Punkten hoch bewertete kontinuierliche haus- oder nervenärztliche, psychiatrische oder neurologische Betreuung eines in der familiären oder häuslichen Umgebung versorgten Demenzkranken oder betreuungsbedürftigen Patienten (Nr 14 EBM-Ä) durchführen und abrechnen. Dasselbe gilt hinsichtlich der kontinuierlichen haus- oder nervenärztlichen, psychiatrischen oder neurologischen Betreuung eines Kranken, der in einem beschützenden Wohnheim bzw einer Einrichtung oder in einem Pflege- oder Altenheim betreut wird (Nr 15 EBM-Ä - 800 Punkte). Durch die damit gegebenen Abrechnungsmöglichkeiten hat der Normgeber ausdrücklich anerkannt, dass es bei Demenzkranken, Spastikern oder betreuungsbedürftigen geistig Behinderten Gesundheitsstörungen gibt, die ggf von Hausärzten, aber auch von Neurologen und Psychiatern behandelt und kontinuierlich begleitet werden können. Zudem können Neurologen neben den Grundleistungen nach Nr 1 EBM-Ä auch die anderen in Abschnitt B II 2. EBM-Ä aufgeführten fachübergreifenden Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen erbringen und abrechnen. Schließlich haben sie die Möglichkeit, die verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen unter systematischer Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion nach Nr 851 EBM-Ä zu erbringen und abzurechnen, sofern sie die dafür erforderliche Qualifikation nachweisen.

Soweit der Kläger geltend macht, auf Grund der Regelung in der Präambel zu Abschnitt G II EBM-Ä fehle es an spezifisch neurologischen Beratungspositionen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. In dem der Neurologie gewidmeten Abschnitt G I EBM-Ä sind zahlreiche Leistungspositionen der neurologischen Diagnostik enthalten, zB im Hinblick auf Funktionsstörungen des zentralen Nervensystems. Wenn der Kläger in geringerem Umfang als andere Ärzte seiner Arztgruppe entsprechende Leistungen erbringt und sich verstärkt auf verbale Interventionen, insbesondere im Hinblick auf die psychischen Auswirkungen schwerwiegender neurologischer Gesundheitsstörungen konzentriert, mag das bei der Prüfung einer Ausnahme von dem Abrechnungsausschluss von Bedeutung sein, stellt aber die Rechtmäßigkeit der für alle Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Abgrenzungen der Fachgebiete nicht in Frage. Da mithin objektiv keine Anhaltspunkte für eine systematische Benachteiligung der Neurologen bei der Umgestaltung des EBM-Ä zum 1. Januar 1996 vorliegen, bestand für das LSG kein Anlass, Ermittlungen über die Intentionen der Verfasser des EBM-Ä anzustellen. Die entsprechende Verfahrensrüge des Klägers ist unbegründet; von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 170 Abs 3 Satz 1 SGG ab.

Zu Unrecht hat das LSG indessen die Entscheidung der Beklagten gebilligt, dem Kläger eine Ausnahme nach Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung lediglich befristet zu gewähren. In dieser Regelung ist bestimmt: "Die Kassenärztlichen Vereinigungen können im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen im Einzelfall Ärzten eine Genehmigung zur Abrechnung der in diesem Abschnitt genannten Leistungen erteilen, wenn diese eine gleichwertige fachliche Befähigung nachweisen, die Versorgung dieser Patienten im Rahmen ihres Fachgebietes einen Schwerpunkt ihrer Praxistätigkeit darstellt und die Erbringung dieser Leistung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist."

Die Beklagte hat in ihren Bescheiden zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger nach ihrer Einschätzung über eine dem Psychiater gleichwertige fachliche Befähigung jedenfalls im Hinblick auf die Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä verfügt. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und ist deshalb für das Revisionsverfahren zu Grunde zu legen. Weiterhin hat die Beklagte nicht in Frage gestellt, dass die psychiatrische Tätigkeit bei dem Kläger einen "Schwerpunkt seiner Praxistätigkeit" darstellt, weil er etwa 30 % seines vertragsärztlichen Umsatzes in Punkten mit Leistungen des Abschnitts G II EBM-Ä erwirtschaftet. Der Senat hat in diesem Zusammenhang in dem bereits zitierten Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 11/99 R - offen gelassen, ob für einen "Schwerpunkt der Praxistätigkeit" iS der Ergänzenden Vereinbarung zu fordern ist, dass ein Anteil von zumindest 20 % der von der Praxis des Arztes insgesamt abgerechneten Punktzahl auf die betroffenen Leistungen entfällt, wie es der Senat in seinen Urteilen vom 6. September 2000 grundsätzlich für eine Ausnahme von einzelnen Teilbudgets verlangt hat (BSGE 87, 112, 117 = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 137). Diese Wendung ist nach dem Inhalt der Ausführungen in dem Senatsurteil vom 31. Januar 2001 dahin zu verstehen, dass evtl auch ein niedriger Wert ausreichen könnte, um einen Schwerpunkt der Praxistätigkeit im Sinne der Ergänzenden Vereinbarung annehmen zu können. Dass bei einer Quote von 30 % ein Versorgungsschwerpunkt vorliegt, unterliegt jedenfalls keinem Zweifel.

Im Hinblick auf die dritte Voraussetzung einer Ausnahmegenehmigung, nämlich die Notwendigkeit der Erbringung der betroffenen Leistungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, hält sich die Beklagte für berechtigt, die Genehmigung jeweils für einen bestimmten Zeitraum zu befristen. Eine solche Berechtigung besteht indessen nicht.

Als Rechtsgrundlage für eine Befristung der Genehmigung kommt hier allein § 32 SGB X in Betracht. Nach dieser auch im Vertragsarztrecht anwendbaren Vorschrift kann ein begünstigender Verwaltungsakt mit der Nebenbestimmung in Form einer Befristung versehen werden (§ 32 Abs 2 Nr 1 SGB X). Gemäß § 32 Abs 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, jedoch nur dann mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn dies durch Gesetz zugelassen ist oder wenn die Nebenbestimmung sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Diese Einschränkungen gelten auch im Rahmen der Entscheidung über eine Ausnahmegenehmigung nach Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung, weil der Arzt entgegen der Rechtsauffassung des LSG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung hat, wenn in seiner Person die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dem steht die Wendung "können" in Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung nicht entgegen. Der Senat hat bereits entschieden, dass den Ausnahmeregelungen der Ergänzenden Vereinbarung trotz ihres Bezuges zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht nur ein objektiv rechtlicher Charakter zukommt (Senatsurteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 11/99 R -). Sie begründen vielmehr auch ein subjektives Recht des betroffenen Arztes auf Freistellung vom Vergütungsausschluss bei Vorliegen der in der Norm geregelten Voraussetzungen. Die Entscheidung darüber kann immer nur antragsabhängig bezogen auf eine einzelne Arztpraxis getroffen werden. Da mit dem Merkmal "Schwerpunkt der Praxistätigkeit" an die individuelle Situation des einzelnen Arztes angeknüpft wird, geht die Wirkung der Regelungen auf ihn über einen bloßen Rechtsreflex hinaus. Das ergibt sich auch aus der generellen Zielrichtung des Abschnitts 4a der Ergänzenden Vereinbarung.

Mit den zum 1. Januar 1996 in Kraft getretenen weit reichenden Änderungen des EBM-Ä durch Schaffung neuer Bewertungsrelationen sollte das vertragsärztliche Honorierungssystem grundsätzlich anders ausgerichtet werden. Hierzu waren Begleitregelungen seitens der Partner der Bundesmantelverträge nötig, die zB mit der Ergänzenden Vereinbarung vom 14. September 1995 geschaffen wurden. Am 11. Dezember 1995 wurde diese Vereinbarung noch ua um den Abschnitt "4a Abrechnungsregelungen" ergänzt, um aus Gründen der Rechtssicherheit die Abrechnungsvoraussetzungen für einzelne - durch die Neuregelungen aufgewertete - EBM-Ä-Positionen gemeinsam gesamtvertraglich festzulegen (so Mitteilung der Herausgeber des Deutschen Ärzteblattes zum Inkrafttreten begleitender Änderungen und Ergänzungen des EBM-Ä in DÄ 1995, A-3643 = C-2323 unter Nr 2; Köhler/Hess in Kölner Kommentar zum EBM, Grundlagen und Ziel des EBM, S 53 unter 12). Die Partner der Bundesmantelverträge waren sich im Klaren, dass der Vorbehalt für Nervenärzte, Psychiater und Kinder- und Jugendpsychiater für alle Leistungen des Abschnitts G II EBM-Ä dazu führen würde, dass etliche Ärzte anderer Arztgruppen, die diese Leistungen bis Ende 1995 erbracht hatten, das in Zukunft nicht mehr würden praktizieren können. Diese Rechtsfolge trat ein, obwohl einzelne Vertragsärzte sich für die Erbringung der entsprechenden Leistungen qualifiziert und ihre Praxis schwerpunktmäßig darauf ausgerichtet haben konnten. Die Rücksichtnahme auf diesen Personenkreis erforderte eine "flexible vertragliche Übergangsregelung in Form von Ausnahmegenehmigungen" (so Köhler/Hess, aaO, S 54 f unter 17). Vor diesem Hintergrund stellt Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung eine Übergangs- und Härteregelung dar, die dazu dient, die beschriebenen negativen Auswirkungen auf die Berufsausübungsfreiheit von Vertragsärzten in Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzumildern. Diese Zielsetzung kann die Vorschrift nur erfüllen, wenn den betroffenen Ärzten bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zugebilligt wird.

Ob die Voraussetzungen der Ausnahmeregelungen nach Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung erfüllt sind, ist im Streitfall von den Gerichten in vollem Umfang nachzuprüfen. Bei der Frage, ob eine Praxis einen entsprechenden Versorgungsschwerpunkt aufweist und die Erbringung der betreffenden Leistung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist, steht der KÄV mangels eines Erkenntnis- oder Einschätzungsvorrangs ein Beurteilungsspielraum nicht zu (zu alledem bereits Senatsurteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 11/99 R -). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Entscheidung der Beklagten, die Genehmigung zeitlich zu befristen, bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabs nicht rechtmäßig.

Die Voraussetzungen, unter denen ein begünstigender Verwaltungsakt, auf den ein Rechtsanspruch besteht, befristet werden darf, sind nicht gegeben. Nach § 32 Abs 1 SGB X ist eine Befristung nur zulässig, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist (1. Alternative) oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden (2. Alternative). Die Voraussetzungen der 1. Alternative sind nicht erfüllt, weil der KÄV nicht "durch Rechtsvorschrift" die Möglichkeit eingeräumt worden ist, Ausnahmegenehmigungen befristet zu erteilen. Als "Rechtsvorschriften" iS der 1. Alternative des § 32 Abs 1 SGB X kommen auch untergesetzliche Regelungen durch Rechtsverordnungen, Satzungen und autonomes Recht in Betracht (vgl Senatsurteil vom 31. Oktober 2001 - B 6 KA 76/00 R - ZfS 2002, 72 - sowie von Wulffen/ Engelmann, SGB X, 4. Aufl 2001, § 32 RdNr 9; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVfG], 7. Aufl 2000, § 36 RdNr 41). Die Ergänzende Vereinbarung, die ihrer Normqualität nach Bestandteil des Bundesmantelvertrages-Ärzte ist, enthält jedoch eine entsprechende Regelung über die Befristung von Ausnahmegenehmigungen nicht. Eine analoge Anwendung der Befristungsvorgabe in § 31 Abs 7 Ärzte-ZV für Ermächtigungen ist nicht möglich, weil insoweit unterschiedliche Sachverhalte vorliegen und nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Partner der Bundesmantelverträge es planwidrig unterlassen haben, eine Befristungsmöglichkeit generell vorzugeben.

Auch die Voraussetzungen der 2. Alternative des § 32 Abs 1 SGB X, nach denen ein begünstigender Verwaltungsakt, auf den ein Rechtsanspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung versehen werden darf, sind nicht erfüllt. Danach ist die Nebenbestimmung zulässig, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Das Berufungsgericht hat ersichtlich angenommen, auf dieser normativen Grundlage dürfe die Genehmigung befristet werden, weil eine solche überhaupt nur erteilt werden könne, wenn und soweit ohne die entsprechende Tätigkeit des Arztes die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei. Damit - so ist das Berufungsgericht zu verstehen - wohne der Ausnahmegenehmigung durch den Bezug zur Sicherstellungsverpflichtung der KÄV von vornherein ein zeitliches Element inne, das die KÄV durch eine konkrete zeitliche Befristung der Genehmigung realisieren dürfe. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Sie wird insbesondere dem Charakter der Ausnahmegenehmigung nach Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung als Härteregelung nicht gerecht.

Der Senat hat in seinem dem LSG bei Abfassung seiner Entscheidung noch nicht vorliegenden Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 11/99 R - die Regelung in Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung in Anlehnung an die Nr 4 der Vereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Weiterentwicklung der Reform des EBM vom 7. August 1996 (DÄ 1996 A-2815 f = C-1986 (Weiterentwicklungsvereinbarung)) ausgelegt. Nach dieser Regelung konnten "im Einzelfall Ausnahmen" von der Teilbudgetierung zugelassen werden, "soweit der Arzt einen entsprechenden Versorgungsschwerpunkt für seine Praxis nachweist". Auch in Nr 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung ist ein Bezug zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung enthalten. Zu diesem hat der Senat in seinen Urteilen vom 6. September 2000 (ua BSGE 87, 112, 119 = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 140) ausgeführt, es handele sich nicht um eine tatbestandliche Voraussetzung, die von Seiten der KÄV im Einzelfall positiv in dem Sinne festgestellt werden müsse, dass etwa in jedem einzelnen Fall einer beantragten Freistellung von einem Teilbudget geprüft werden müsse, ob die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im betroffenen Leistungsbereich auch dann noch gewährleistet wäre, wenn der jeweils antragstellende Arzt die entsprechenden Leistungen nicht mehr erbringen könne. Ein solches Vorgehen wird von der Nr 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung nicht gefordert und ist auch nicht praktisch umsetzbar. Nach Auffassung des Senats kommt dem Sicherstellungsaspekt im Rahmen der Befreiung von den Teilbudgets, die in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis 30. Juni 1997 gegolten haben, nur insofern Bedeutung zu, dass Ärzte die Befreiung von einem Teilbudget nicht unter dem Hinweis auf ein spezialisiertes Leistungsangebot erreichen können, das für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung etwa unter medizinischen Gesichtspunkten generell nicht sinnvoll ist. Ansonsten bietet das Tatbestandsmerkmal der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung iS der Nr 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung der KÄV keine Handhabe, durch die Versagung von Teilbudget-Aussetzungen spezifische Praxisausrichtungen mit dem Hinweis darauf zu blockieren, dass hinsichtlich des fachgruppenuntypischen Leistungsangebots einer Praxis bereits Überkapazitäten bestehen. Die von vornherein nur für einen sehr kurzen Zeitraum eingeführten Teilbudgets können ihrer Natur nach kein Mittel zu einer langfristig angelegten Steuerung der Versorgungsstruktur und zur Verlagerung von Behandlungsschwerpunkten sein. Dieser letztgenannte Aspekt trifft auf die Ausnahmeregelung nach Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung nicht unmittelbar zu, weil die Regelungen über die ausschließliche Zuordnung einzelner ärztlicher Leistungen zu bestimmten Arztgruppen - im Unterschied zu den Teilbudgets - von vornherein als Dauerregelungen angelegt waren und nicht nur für einen bestimmten Zeitraum gelten sollen. Gleichwohl kann das Merkmal der "Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung" in Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung nicht anders ausgelegt werden als in Nr 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung.

Würde mit dem LSG Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung ähnlich wie § 116 Satz 2 SGB V bzw §§ 31, 31a Ärzte-ZV in dem Sinne verstanden, dass eine Genehmigung nur erteilt werden dürfe, wenn auf andere Weise die vertragsärztliche Versorgung in einem bestimmten Leistungsbereich und einem bestimmten regionalen Umfeld nicht sichergestellt werden könnte, wirkte Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung nicht als Härteregelung, denn bei diesem Verständnis enthielte die Vorschrift zwei miteinander unvereinbare Aspekte. Auf der einen Seite soll den Interessen der Ärzte Rechnung getragen werden, die bis zum 31. Dezember 1995 rechtmäßig einen bestimmten Versorgungsschwerpunkt in ihrer Praxis aufgebaut haben und diesen mangels entsprechender formaler Qualifikation bzw Zugehörigkeit zu einer bestimmten Arztgruppe nach der Umgestaltung des EBM-Ä zum 1. Januar 1996 nicht mehr fortführen könnten. Auf der anderen Seite wäre die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu berücksichtigen. Hierzu hat aber der Bestandsschutzgedanke schon im Ausgangspunkt keinen Bezug. Im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG wäre es nicht begründbar, dass bei ansonsten gleicher Praxisstruktur ein Neurologe, in dessen Planungsbereich psychiatrische Leistungen nur in geringem Umfang angeboten werden, eine Ausnahmegenehmigung für psychiatrische Leistungen erhält, während ein Neurologe in einem psychiatrisch überversorgten Planungsbereich die Genehmigung nicht erhalten kann. Die Auswirkungen auf die Praxis der beiden Ärzte wären identisch, sodass der eine trotz vorliegender Härte seine gewachsene Praxisausrichtung kurzfristig umstellen müsste. Bei diesem Verständnis liefen für eine nicht näher quantifizierbare Gruppe von Ärzten die unter Härtegesichtspunkten zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebotes gebotenen Ausnahmeregelungen der Ergänzenden Vereinbarung leer. Das würde ihrer oben näher dargelegten Zielsetzung widersprechen.

Da somit das Bestehen von Versorgungslücken keine positiv festzustellende tatbestandliche Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Abschnitt 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung ist, kann darauf auch nicht die Befristung der Genehmigung gestützt werden. Die Entscheidung der Beklagten, die dem Kläger erteilten Ausnahmegenehmigungen jeweils zu befristen, erweist sich dementsprechend als rechtswidrig. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine zeitlich unbefristete Genehmigung, wenn er über die entsprechende Qualifikation verfügt und die psychiatrischen Leistungen in seiner Praxis nach wie vor einen Versorgungsschwerpunkt iS des Abschnitts 4a Nr 7 Abs 5 der Ergänzenden Vereinbarung darstellen. Darüber wird die Beklagte in dem Widerspruchsverfahren zu entscheiden haben, das bei ihr anhängig ist, nachdem der Kläger unter dem 27. Januar 2002 Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. Januar 2002 erhoben hat, mit dem die Beklagte die Genehmigung wiederum befristet bis zum 30. Juni 2002 erteilt hat. Die Beklagte hat ihren Bescheid mit der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen, dass Widerspruch möglich ist, und selbst offenbar nicht die Auffassung vertreten, § 96 SGG bzw § 171 Abs 2 SGG kämen zur Anwendung. Der Senat hält dies für zutreffend und stellt deshalb klar, dass der Bescheid vom 2. Januar 2002 nicht als beim SG München angefochten zu behandeln ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl Senatsurteile vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R - und - B 6 KA 73/00 R -; jeweils zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Senat berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Hauptbegehren, ohne Genehmigung weiterhin psychiatrische Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä erbringen zu dürfen, erfolglos geblieben ist.
Rechtskraft
Aus
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