Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Trier (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 24/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 1999 aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 27. Januar 1998 zurückgewiesen hat. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Klägerin, die als Musiktherapeutin in einer Fachklinik für Suchtkranke arbeitet, ist bei der beklagten Ersatzkasse freiwillig krankenversichert. Sie hat im Oktober 1993 von ihrem Wahlrecht nach § 13 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Gebrauch gemacht und anstelle der Inanspruchnahme von Sach- oder Dienstleistungen die Möglichkeit der Kostenerstattung gewählt. In der Folgezeit wurde sie wegen allgemeiner psycho-vegetativer Erschöpfung sowie zahlreicher unspezifischer körperlicher Beschwerden von dem als Vertragsarzt zugelassenen praktischen Arzt Dr. H. behandelt. Dieser bescheinigte, er habe eine immunologische Systemanalyse durchgeführt und aufgrund der Untersuchungsergebnisse ein chronisches Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome) auf dem Boden einer chronischen Immundysfunktion diagnostiziert, die mit intravenösen Immunglobulinen behandelt werde. Im Zusammenhang mit den von Dr. H. durchgeführten und veranlaßten Leistungen reichte die Klägerin Rechnungen verschiedener Ärzte und Apotheken über einen Gesamtbetrag von ca 11.500 DM zur Erstattung ein.
Die Beklagte lehnte nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung die Erstattung der Kosten für Labordiagnostik ab, weil Untersuchungen dieses Umfangs weder notwendig noch wirtschaftlich gewesen seien. Ebenso seien die verordneten Medikamente medizinisch nicht indiziert, so daß eine Kostenerstattung nicht möglich sei (Bescheid vom 19. Januar 1994; Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1994). Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) Trier hat, gestützt auf ein Gutachten des Neurologen Prof. Dr. M. vom 28. Februar 1997, die Beklagte verurteilt, die Aufwendungen für Laboruntersuchungen und Arzneimittel mit Ausnahme einzelner vom Sachverständigen als nicht notwendig bezeichneter Leistungen zu erstatten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen, soweit die zur Erstattung eingereichten Rechnungen und Rezepte von nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigten Ärzten ausgestellt sind. Im übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Krankenkasse könne die Kostenerstattung nur ablehnen, soweit die in Anspruch genommenen Leistungen nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung seien, also ihrer Art nach als vertragsärztliche Leistungen nicht abgerechnet werden könnten. Aufwendungen für Arzneimittel seien nur dann von der Erstattung ausgeschlossen, wenn die notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung des Medikaments fehle oder die Verordnungsfähigkeit durch Gesetz oder gesetzesnachrangige Rechtsvorschriften ausgeschlossen sei. Darüber hinaus finde eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Maßnahmen nicht statt. Es sei nicht Sache der Verwaltung und der Gerichte, in jedem Einzelfall über die Richtigkeit der gestellten Diagnose und die Indikation für die eingeleitete Behandlung zu urteilen und dabei in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Position zu beziehen. Um etwaige Unwirtschaftlichkeiten in der Behandlung aufzufangen, habe der Gesetzgeber in § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V pauschale, in der Satzung der Krankenkasse festzulegende Abschläge vom Erstattungsbetrag vorgesehen; daneben finde eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht statt. Extrem unwirtschaftlich handelnden Ärzten müsse gegebenenfalls mit Mitteln des Disziplinarrechts begegnet werden.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 13 Abs 2 SGB V. Der Anspruch auf Kostenerstattung unterliege denselben gesetzlichen Beschränkungen wie der Sachleistungsanspruch, an dessen Stelle er trete. Auch für ihn gelte deshalb das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Daraus, daß § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V als pauschalen Ausgleich für etwaige Unwirtschaftlichkeiten einen Abschlag vom Erstattungsbetrag vorschreibe, könne nicht geschlossen werden, daß eine Wirtschaftlichkeitsprüfung in begründeten Einzelfällen ausgeschlossen sein solle. Dies sei schon aus Gründen einer notwendigen Mißbrauchskontrolle unerläßlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 1999 abzuändern, das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 27. Januar 1998 auch bezüglich der noch verbliebenen Verurteilung aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.
Das angefochtene Urteil unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung nur insoweit, als es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, dh ihre Verurteilung zur Kostenerstattung durch das SG aufrechterhalten hat. Soweit die Klage abgewiesen wurde, ist das Urteil rechtskräftig, da die Klägerin ihrerseits kein Rechtsmittel eingelegt hat. Über die Erstattung der durch Nichtvertragsärzte verursachten Behandlungskosten ist deshalb nicht mehr zu befinden.
Der mit der Revision angegriffene Teil der Entscheidung beruht auf einer Verletzung des § 13 Abs 2 SGB V und muß aufgehoben werden. Ob und in welchem Umfang der Klägerin wegen der Behandlung durch die Ärzte Dr. H. , Dr. L. , Dr. Dr. L. , Dr. L. , Dr. K. und Dr. W. Kosten zu erstatten sind, läßt sich nicht abschließend entscheiden, weil dazu weitere Feststellungen erforderlich sind.
Durch die in § 13 Abs 2 Satz 1 SGB V für freiwillige Mitglieder und ihre mitversicherten Familienangehörigen vorgesehene Möglichkeit, anstelle von Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung zu wählen, wird der sachliche Umfang der Leistungspflicht der Krankenkasse nicht verändert. Versicherte, die wie die Klägerin von diesem Wahlrecht Gebrauch machen, erhalten Krankenbehandlung in demselben Umfang und in denselben Grenzen, als wenn sie im Sachleistungssystem verblieben wären. In beiden Fällen müssen die Leistungen sowohl den Anforderungen des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechen als auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V genügen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte auch im Wege der Kostenerstattung nicht beanspruchen. Das LSG hat dies nicht verkannt; es hat jedoch gemeint, der Einwand der Unwirtschaftlichkeit sei der Krankenkasse abgeschnitten, weil § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) verbindlich einen in der Satzung der Kasse festzulegenden Abschlag vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorschreibe. Da durch diesen Abschlag (laut Satzung der Beklagten 7,5 %, jedoch mindestens 5 DM und höchstens 80 DM) etwaige Unwirtschaftlichkeiten in Kostenerstattungsfällen pauschal abgegolten würden, sei daneben für eine gesonderte Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall kein Raum. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Der Regelung in § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V läßt sich nicht entnehmen, daß der vorgesehene Abschlag generell an die Stelle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung treten und diese ersetzen soll; durch seine Erhebung wird deshalb die Überprüfung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise und gegebenenfalls eine dem Prüfungsergebnis entsprechende Kürzung des Rechnungsbetrages im konkreten Erstattungsfall weder ausdrücklich noch sinngemäß ausgeschlossen. Mit der Formulierung, die Satzung habe ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag "für fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen" vorzusehen, knüpft die Bestimmung daran an, daß Kostenerstattungsfälle nach § 13 Abs 2 SGB V nicht in die vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen sind. Die in § 106 SGB V den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen auferlegte Verpflichtung, durch gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu überwachen, bezieht sich auf die nach den Regeln des Sachleistungssystems erbrachten und gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechneten Leistungen. Zwar soll die Wirtschaftlichkeitsprüfung, wie sich aus § 106 Abs 3 Satz 5 SGB V idF des GSG ergibt, durch entsprechende Regelungen in den zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der Ersatzkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen abzuschließenden Prüfvereinbarungen auf Fälle erstreckt werden, in denen die Krankenkasse den Versicherten nach den §§ 29, 30 und 64 SGB V Kosten erstattet. Erstattungsfälle nach § 13 Abs 2 SGB V sind davon jedoch nicht erfaßt, so daß sie keiner Kontrolle durch die Prüfungseinrichtungen unterliegen. Dies soll durch pauschale Abzüge vom Erstattungsbetrag kompensiert werden.
Die Abschläge gleichen indes nicht jede tatsächliche Unwirtschaftlichkeit, sondern nur diejenigen Mehrkosten aus, die sich daraus ergeben, daß die spezifischen Möglichkeiten der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht genutzt werden können. Diese Möglichkeiten bestehen vor allem darin, daß gröbere Unwirtschaftlichkeiten mit Hilfe einer statistischen Vergleichsprüfung auch dann erkannt werden können, wenn wegen der hohen Zahl der abgerechneten Behandlungsscheine eine Überprüfung aller Einzelfälle auf unüberwindbare technische Schwierigkeiten stößt. Die Vorgaben in § 106 Abs 2 und 3 SGB V lassen erkennen, daß von den Prüfgremien nicht etwa jede einzelne Abrechnung oder gar jeder einzelne Behandlungsfall auf die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistungen überprüft wird. Es handelt sich vielmehr primär um eine Auffälligkeitsprüfung, bei der sämtliche eingereichten Honorarabrechnungen und Verordnungen auf der Grundlage eines statistischen Kostenvergleichs routinemäßig daraufhin untersucht werden, ob signifikante Abweichungen von den Durchschnittswerten der jeweiligen Arztgruppe bestehen, die auf eine Unwirtschaftlichkeit hindeuten könnten, oder ob vereinbarte Richtgrößen überschritten wurden (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V). Daneben finden bei einer bestimmten Zahl zufällig ausgewählter Ärzte Prüfungen auf der Basis arztbezogener oder versichertenbezogener Stichproben statt (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V). Erst wenn sich dabei anhand der von den Vertragspartnern vereinbarten Aufgreifkriterien Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Behandlungs- oder Verordnungsweise ergeben und daraufhin von der Krankenkasse oder der Kassenärztlichen Vereinigung ein Prüfantrag gestellt wird, werden die Abrechnung und/oder die Verordnungsbelege des betreffenden Arztes einer genaueren Analyse unterzogen.
Der nach § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V vorgeschriebene Abschlag vom Erstattungsbetrag wegen fehlender Wirtschaftlichkeitsprüfungen soll ersichtlich einen Ausgleich dafür schaffen, daß in Kostenerstattungsfällen die geschilderte routinemäßige statistische Kontrolle der Abrechnungswerte einschließlich der Erhebung von Stichproben unterbleibt und deshalb Unwirtschaftlichkeiten nicht erkannt werden. Hingegen spricht nichts dafür, daß der Gesetzgeber den Krankenkassen in diesen Fällen die Überprüfung zweifelhafter oder unschlüssiger Abrechnungen oder die Geltendmachung dabei zutage getretener Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verbieten und in Kauf nehmen wollte, daß gegebenenfalls auch nachweisbar das Maß des Notwendigen überschreitende oder sogar insgesamt unnötige Behandlungen bezahlt werden müssen. Die begrenzte Funktion des Pauschalabzugs kommt bereits im Text des § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V zum Ausdruck; denn dort werden nicht Kürzungen wegen Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen, sondern lediglich Konsequenzen aus der Tatsache gezogen, daß eine institutionalisierte Prüfung in der Art des § 106 Abs 2 SGB V in diesen Fällen "fehlt". Mit der diesbezüglichen Formulierung ist das den Krankenkassen durch § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V auferlegte Verbot, unwirtschaftliche und insbesondere medizinisch nicht notwendige Leistungen zu gewähren, nicht angesprochen und bleibt deshalb davon unberührt. Die Rechtsentwicklung seit Einführung der Wahlmöglichkeit zwischen Sachleistung und Kostenerstattung zum 1. Januar 1993 stützt die Interpretation, daß der Gesetzgeber mit der Forderung nach Abschlägen für fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen die Durchführung solcher Prüfungen im Einzelfall nicht ausschließen wollte. Die einschlägige Regelung in § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V, die neben den Abschlägen für fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen auch Abschläge für Verwaltungskosten vorsah, wurde später durch das Zweite GKV-Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) mit Wirkung vom 30. Juni 1997 ersatzlos gestrichen und sodann durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl I 3853) mit Wirkung ab 1. Januar 1999 als § 13 Abs 2 Satz 6 SGB V erneut eingeführt. In dem Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Dezember 1998 bestand danach keine gesetzliche Grundlage für pauschale Abschläge, obwohl Kostenerstattungsfälle auch weiterhin nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 SGB V einbezogen waren. Im Ergebnis bedeutet das, daß der Gesetzgeber bei Kostenerstattungen zeitweilig auf eine systematische Erfassung von Unwirtschaftlichkeiten verzichtet hat. Die Bindung an das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Verpflichtung der Krankenkasse, unwirtschaftliche Leistungen zu verweigern, haben dagegen unabhängig von den Änderungen des § 13 Abs 2 SGB V durchgehend bestanden, so daß sich der Pauschalabzug hierauf nicht beziehen kann.
Die Beklagte war nach alledem entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts berechtigt, die zur Erstattung eingereichten Rechnungen auf die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise hin zu überprüfen und im Falle der Unwirtschaftlichkeit entsprechend zu kürzen. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, durch eine Kürzung werde die Klägerin unangemessen benachteiligt, weil sie die Rechnungen bereits bezahlt habe und möglicherweise endgültig mit den Kosten belastet bleibe. Denn das ist gerade ein für die Behandlung auf Privatrechnung typisches Risiko. Durch die Entscheidung für die Kostenerstattung löst sich der Versicherte, soweit die Rechtsbeziehungen zum Leistungserbringer betroffen sind, aus den öffentlich-rechtlichen Bezügen des Sachleistungssystems. Er verschafft sich die erforderliche Behandlung als Privatpatient durch Abschluß eines Dienstvertrags, der nicht nur hinsichtlich der Leistungserbringung, sondern auch hinsichtlich der Vergütung der Leistungen rein privatrechtlicher Natur ist. Die mit dem Sachleistungsgrundsatz verbundenen Vorteile, insbesondere das Privileg, sich um die wirtschaftliche Seite der Behandlung nicht kümmern zu müssen, gibt er mit der Wahl der Kostenerstattung auf. Zugleich übernimmt er das Risiko, daß die in Anspruch genommenen Leistungen nicht oder nicht in vollem Umfang den Erfordernissen des SGB V entsprechen und die entstandenen Kosten deshalb ganz oder teilweise nicht erstattet werden.
Da das LSG - von seinem Standpunkt zu Recht - zur Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der umstrittenen Laborleistungen und Arzneiverordnungen keine Feststellungen getroffen hat, kann der Senat über den Klageanspruch nicht selbst entscheiden, sondern muß die Sache an das Tatsachengericht zurückverweisen. Was den Umfang der gerichtlichen Prüfung und damit den Inhalt der noch anzustellenden Ermittlungen angeht, geben die Ausführungen im angefochtenen Urteil Anlaß zu folgender Klarstellung:
Die Erforderlichkeit der in Rede stehenden diagnostischen und therapeutischen Leistungen kann nicht deshalb ohne nähere Prüfung unterstellt werden, weil Behandlungsentscheidungen in den Verantwortungsbereich des Arztes fallen und wegen dessen "Therapiefreiheit" grundsätzlich hinzunehmen wären. Eine Therapiefreiheit in dem Sinne, daß Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen beliebig eingesetzt werden könnten, kennt weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht. Soweit § 1 Abs 2 der Bundesärzteordnung dem Arzt für die Ausübung seiner fachlich-ärztlichen Tätigkeit einen Freiraum zubilligt, ist dieser schon berufsrechtlich durch die Bindung an den medizinischen Standard und die Regeln der ärztlichen Kunst sowie durch die Rechte des Patienten auf Leben und körperliche Unversehrtheit und auf Information und Selbstbestimmung über Art und Umfang der medizinischen Versorgung begrenzt (ausführlich dazu: Francke, Ärztliche Berufsfreiheit und Patientenrechte, Stuttgart 1994, S 57, 62 ff). Für die vertragsärztliche Tätigkeit gelten zusätzliche Schranken. Wie jeder Arzt hat zwar auch der Vertragsarzt bei der Wahl der ihm geeignet erscheinenden Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden einen Ermessensspielraum, so daß ihm die Krankenkasse in Fällen einer medizinisch vertretbaren Therapieentscheidung regelmäßig nicht entgegenhalten kann, daß eine andere Vorgehensweise zweckmäßiger gewesen wäre. Seine Entscheidungsfreiheit erfährt jedoch Einschränkungen, die sich aus den Erfordernissen einer beitragsfinanzierten, solidarischen Krankenversicherung und in Sonderheit aus dem sie beherrschenden Wirtschaftlichkeitsgebot ergeben. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn es handelt sich um zulässige Regelungen der Berufsausübung zur Sicherung der finanziellen Stabilität des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl zuletzt: NZS 2000, 454 = ArztR 2000, 168 mwN; ferner SozR 2200 § 368e Nr 3; SozR 2200 § 368n Nr 16). Bestrebungen, das Wirtschaftlichkeitsgebot in einen Gegensatz zur Therapiefreiheit zu bringen, ist die Rechtsprechung deshalb stets entgegengetreten (stellvertretend: BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 90; vgl auch BSGE 73, 66, 70 ff = SozR 3-2500 § 2 Nr 2 S 6 ff mwN; BSGE 63, 163, 165 = SozR 2200 § 368p Nr 2 S 7 f). Auch in Kostenerstattungsfällen erstreckt sich demnach die Prüfung darauf, ob sich die gewählte Behandlung auf das Maß des Notwendigen beschränkt hat oder ob etwa aufwendigere Leistungen als nötig erbracht wurden, deren Kosten vom Versicherten selbst zu tragen sind.
Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil das mit dem Begriff Chronic Fatigue Syndrome umschriebene Krankheitsbild offenbar wissenschaftlich umstritten ist und kontrollierte medizinische Studien zu seiner Behandlung noch nicht vorliegen. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß es nicht Aufgabe der Gerichte sein kann, in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen über die diagnostische Einordnung eines bestimmten Krankheitsbildes und die daraus resultierenden therapeutischen Folgerungen Stellung zu beziehen. Das kann aber nicht davon entbinden, zu untersuchen, ob zumindest die von den Befürwortern der betreffenden medizinischen Auffassung selbst aufgestellten Diagnosestandards eingehalten sind, ferner, ob allgemein anerkannte Grundsätze einer sinnvollen Stufendiagnostik zum Ausschluß anderer Erkrankungen befolgt wurden und ob die angewandte Therapie in Ansehung der festgestellten Regelwidrigkeiten medizinisch vertretbar war. Zum Umfang der erforderlichen Ermittlungen bei schwer objektivierbaren Krankheitserscheinungen hat der Senat im Urteil vom 6. Oktober 1999 Stellung genommen (BSGE 85, 56, 58 = SozR 3-2500 § 28 Nr 4 S 16). Dort hat er auch aufgezeigt, daß es von der Fallgestaltung abhängen kann, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein Therapieerfolg zu erwarten sein muß, um die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auszulösen (BSGE 85, 56, 61 f = SozR 3-2500 § 28 Nr 4 S 19 f).
Das Berufungsgericht wird die angesprochenen Punkte zu prüfen und in seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Gründe:
I
Die Klägerin, die als Musiktherapeutin in einer Fachklinik für Suchtkranke arbeitet, ist bei der beklagten Ersatzkasse freiwillig krankenversichert. Sie hat im Oktober 1993 von ihrem Wahlrecht nach § 13 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Gebrauch gemacht und anstelle der Inanspruchnahme von Sach- oder Dienstleistungen die Möglichkeit der Kostenerstattung gewählt. In der Folgezeit wurde sie wegen allgemeiner psycho-vegetativer Erschöpfung sowie zahlreicher unspezifischer körperlicher Beschwerden von dem als Vertragsarzt zugelassenen praktischen Arzt Dr. H. behandelt. Dieser bescheinigte, er habe eine immunologische Systemanalyse durchgeführt und aufgrund der Untersuchungsergebnisse ein chronisches Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome) auf dem Boden einer chronischen Immundysfunktion diagnostiziert, die mit intravenösen Immunglobulinen behandelt werde. Im Zusammenhang mit den von Dr. H. durchgeführten und veranlaßten Leistungen reichte die Klägerin Rechnungen verschiedener Ärzte und Apotheken über einen Gesamtbetrag von ca 11.500 DM zur Erstattung ein.
Die Beklagte lehnte nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung die Erstattung der Kosten für Labordiagnostik ab, weil Untersuchungen dieses Umfangs weder notwendig noch wirtschaftlich gewesen seien. Ebenso seien die verordneten Medikamente medizinisch nicht indiziert, so daß eine Kostenerstattung nicht möglich sei (Bescheid vom 19. Januar 1994; Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1994). Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) Trier hat, gestützt auf ein Gutachten des Neurologen Prof. Dr. M. vom 28. Februar 1997, die Beklagte verurteilt, die Aufwendungen für Laboruntersuchungen und Arzneimittel mit Ausnahme einzelner vom Sachverständigen als nicht notwendig bezeichneter Leistungen zu erstatten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen, soweit die zur Erstattung eingereichten Rechnungen und Rezepte von nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigten Ärzten ausgestellt sind. Im übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Krankenkasse könne die Kostenerstattung nur ablehnen, soweit die in Anspruch genommenen Leistungen nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung seien, also ihrer Art nach als vertragsärztliche Leistungen nicht abgerechnet werden könnten. Aufwendungen für Arzneimittel seien nur dann von der Erstattung ausgeschlossen, wenn die notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung des Medikaments fehle oder die Verordnungsfähigkeit durch Gesetz oder gesetzesnachrangige Rechtsvorschriften ausgeschlossen sei. Darüber hinaus finde eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Maßnahmen nicht statt. Es sei nicht Sache der Verwaltung und der Gerichte, in jedem Einzelfall über die Richtigkeit der gestellten Diagnose und die Indikation für die eingeleitete Behandlung zu urteilen und dabei in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Position zu beziehen. Um etwaige Unwirtschaftlichkeiten in der Behandlung aufzufangen, habe der Gesetzgeber in § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V pauschale, in der Satzung der Krankenkasse festzulegende Abschläge vom Erstattungsbetrag vorgesehen; daneben finde eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht statt. Extrem unwirtschaftlich handelnden Ärzten müsse gegebenenfalls mit Mitteln des Disziplinarrechts begegnet werden.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 13 Abs 2 SGB V. Der Anspruch auf Kostenerstattung unterliege denselben gesetzlichen Beschränkungen wie der Sachleistungsanspruch, an dessen Stelle er trete. Auch für ihn gelte deshalb das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Daraus, daß § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V als pauschalen Ausgleich für etwaige Unwirtschaftlichkeiten einen Abschlag vom Erstattungsbetrag vorschreibe, könne nicht geschlossen werden, daß eine Wirtschaftlichkeitsprüfung in begründeten Einzelfällen ausgeschlossen sein solle. Dies sei schon aus Gründen einer notwendigen Mißbrauchskontrolle unerläßlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 1999 abzuändern, das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 27. Januar 1998 auch bezüglich der noch verbliebenen Verurteilung aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.
Das angefochtene Urteil unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung nur insoweit, als es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, dh ihre Verurteilung zur Kostenerstattung durch das SG aufrechterhalten hat. Soweit die Klage abgewiesen wurde, ist das Urteil rechtskräftig, da die Klägerin ihrerseits kein Rechtsmittel eingelegt hat. Über die Erstattung der durch Nichtvertragsärzte verursachten Behandlungskosten ist deshalb nicht mehr zu befinden.
Der mit der Revision angegriffene Teil der Entscheidung beruht auf einer Verletzung des § 13 Abs 2 SGB V und muß aufgehoben werden. Ob und in welchem Umfang der Klägerin wegen der Behandlung durch die Ärzte Dr. H. , Dr. L. , Dr. Dr. L. , Dr. L. , Dr. K. und Dr. W. Kosten zu erstatten sind, läßt sich nicht abschließend entscheiden, weil dazu weitere Feststellungen erforderlich sind.
Durch die in § 13 Abs 2 Satz 1 SGB V für freiwillige Mitglieder und ihre mitversicherten Familienangehörigen vorgesehene Möglichkeit, anstelle von Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung zu wählen, wird der sachliche Umfang der Leistungspflicht der Krankenkasse nicht verändert. Versicherte, die wie die Klägerin von diesem Wahlrecht Gebrauch machen, erhalten Krankenbehandlung in demselben Umfang und in denselben Grenzen, als wenn sie im Sachleistungssystem verblieben wären. In beiden Fällen müssen die Leistungen sowohl den Anforderungen des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechen als auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V genügen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte auch im Wege der Kostenerstattung nicht beanspruchen. Das LSG hat dies nicht verkannt; es hat jedoch gemeint, der Einwand der Unwirtschaftlichkeit sei der Krankenkasse abgeschnitten, weil § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) verbindlich einen in der Satzung der Kasse festzulegenden Abschlag vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorschreibe. Da durch diesen Abschlag (laut Satzung der Beklagten 7,5 %, jedoch mindestens 5 DM und höchstens 80 DM) etwaige Unwirtschaftlichkeiten in Kostenerstattungsfällen pauschal abgegolten würden, sei daneben für eine gesonderte Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall kein Raum. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Der Regelung in § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V läßt sich nicht entnehmen, daß der vorgesehene Abschlag generell an die Stelle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung treten und diese ersetzen soll; durch seine Erhebung wird deshalb die Überprüfung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise und gegebenenfalls eine dem Prüfungsergebnis entsprechende Kürzung des Rechnungsbetrages im konkreten Erstattungsfall weder ausdrücklich noch sinngemäß ausgeschlossen. Mit der Formulierung, die Satzung habe ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag "für fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen" vorzusehen, knüpft die Bestimmung daran an, daß Kostenerstattungsfälle nach § 13 Abs 2 SGB V nicht in die vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen sind. Die in § 106 SGB V den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen auferlegte Verpflichtung, durch gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu überwachen, bezieht sich auf die nach den Regeln des Sachleistungssystems erbrachten und gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechneten Leistungen. Zwar soll die Wirtschaftlichkeitsprüfung, wie sich aus § 106 Abs 3 Satz 5 SGB V idF des GSG ergibt, durch entsprechende Regelungen in den zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der Ersatzkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen abzuschließenden Prüfvereinbarungen auf Fälle erstreckt werden, in denen die Krankenkasse den Versicherten nach den §§ 29, 30 und 64 SGB V Kosten erstattet. Erstattungsfälle nach § 13 Abs 2 SGB V sind davon jedoch nicht erfaßt, so daß sie keiner Kontrolle durch die Prüfungseinrichtungen unterliegen. Dies soll durch pauschale Abzüge vom Erstattungsbetrag kompensiert werden.
Die Abschläge gleichen indes nicht jede tatsächliche Unwirtschaftlichkeit, sondern nur diejenigen Mehrkosten aus, die sich daraus ergeben, daß die spezifischen Möglichkeiten der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht genutzt werden können. Diese Möglichkeiten bestehen vor allem darin, daß gröbere Unwirtschaftlichkeiten mit Hilfe einer statistischen Vergleichsprüfung auch dann erkannt werden können, wenn wegen der hohen Zahl der abgerechneten Behandlungsscheine eine Überprüfung aller Einzelfälle auf unüberwindbare technische Schwierigkeiten stößt. Die Vorgaben in § 106 Abs 2 und 3 SGB V lassen erkennen, daß von den Prüfgremien nicht etwa jede einzelne Abrechnung oder gar jeder einzelne Behandlungsfall auf die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistungen überprüft wird. Es handelt sich vielmehr primär um eine Auffälligkeitsprüfung, bei der sämtliche eingereichten Honorarabrechnungen und Verordnungen auf der Grundlage eines statistischen Kostenvergleichs routinemäßig daraufhin untersucht werden, ob signifikante Abweichungen von den Durchschnittswerten der jeweiligen Arztgruppe bestehen, die auf eine Unwirtschaftlichkeit hindeuten könnten, oder ob vereinbarte Richtgrößen überschritten wurden (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V). Daneben finden bei einer bestimmten Zahl zufällig ausgewählter Ärzte Prüfungen auf der Basis arztbezogener oder versichertenbezogener Stichproben statt (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V). Erst wenn sich dabei anhand der von den Vertragspartnern vereinbarten Aufgreifkriterien Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Behandlungs- oder Verordnungsweise ergeben und daraufhin von der Krankenkasse oder der Kassenärztlichen Vereinigung ein Prüfantrag gestellt wird, werden die Abrechnung und/oder die Verordnungsbelege des betreffenden Arztes einer genaueren Analyse unterzogen.
Der nach § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V vorgeschriebene Abschlag vom Erstattungsbetrag wegen fehlender Wirtschaftlichkeitsprüfungen soll ersichtlich einen Ausgleich dafür schaffen, daß in Kostenerstattungsfällen die geschilderte routinemäßige statistische Kontrolle der Abrechnungswerte einschließlich der Erhebung von Stichproben unterbleibt und deshalb Unwirtschaftlichkeiten nicht erkannt werden. Hingegen spricht nichts dafür, daß der Gesetzgeber den Krankenkassen in diesen Fällen die Überprüfung zweifelhafter oder unschlüssiger Abrechnungen oder die Geltendmachung dabei zutage getretener Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verbieten und in Kauf nehmen wollte, daß gegebenenfalls auch nachweisbar das Maß des Notwendigen überschreitende oder sogar insgesamt unnötige Behandlungen bezahlt werden müssen. Die begrenzte Funktion des Pauschalabzugs kommt bereits im Text des § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V zum Ausdruck; denn dort werden nicht Kürzungen wegen Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen, sondern lediglich Konsequenzen aus der Tatsache gezogen, daß eine institutionalisierte Prüfung in der Art des § 106 Abs 2 SGB V in diesen Fällen "fehlt". Mit der diesbezüglichen Formulierung ist das den Krankenkassen durch § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V auferlegte Verbot, unwirtschaftliche und insbesondere medizinisch nicht notwendige Leistungen zu gewähren, nicht angesprochen und bleibt deshalb davon unberührt. Die Rechtsentwicklung seit Einführung der Wahlmöglichkeit zwischen Sachleistung und Kostenerstattung zum 1. Januar 1993 stützt die Interpretation, daß der Gesetzgeber mit der Forderung nach Abschlägen für fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen die Durchführung solcher Prüfungen im Einzelfall nicht ausschließen wollte. Die einschlägige Regelung in § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V, die neben den Abschlägen für fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen auch Abschläge für Verwaltungskosten vorsah, wurde später durch das Zweite GKV-Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) mit Wirkung vom 30. Juni 1997 ersatzlos gestrichen und sodann durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl I 3853) mit Wirkung ab 1. Januar 1999 als § 13 Abs 2 Satz 6 SGB V erneut eingeführt. In dem Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Dezember 1998 bestand danach keine gesetzliche Grundlage für pauschale Abschläge, obwohl Kostenerstattungsfälle auch weiterhin nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 SGB V einbezogen waren. Im Ergebnis bedeutet das, daß der Gesetzgeber bei Kostenerstattungen zeitweilig auf eine systematische Erfassung von Unwirtschaftlichkeiten verzichtet hat. Die Bindung an das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Verpflichtung der Krankenkasse, unwirtschaftliche Leistungen zu verweigern, haben dagegen unabhängig von den Änderungen des § 13 Abs 2 SGB V durchgehend bestanden, so daß sich der Pauschalabzug hierauf nicht beziehen kann.
Die Beklagte war nach alledem entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts berechtigt, die zur Erstattung eingereichten Rechnungen auf die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise hin zu überprüfen und im Falle der Unwirtschaftlichkeit entsprechend zu kürzen. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, durch eine Kürzung werde die Klägerin unangemessen benachteiligt, weil sie die Rechnungen bereits bezahlt habe und möglicherweise endgültig mit den Kosten belastet bleibe. Denn das ist gerade ein für die Behandlung auf Privatrechnung typisches Risiko. Durch die Entscheidung für die Kostenerstattung löst sich der Versicherte, soweit die Rechtsbeziehungen zum Leistungserbringer betroffen sind, aus den öffentlich-rechtlichen Bezügen des Sachleistungssystems. Er verschafft sich die erforderliche Behandlung als Privatpatient durch Abschluß eines Dienstvertrags, der nicht nur hinsichtlich der Leistungserbringung, sondern auch hinsichtlich der Vergütung der Leistungen rein privatrechtlicher Natur ist. Die mit dem Sachleistungsgrundsatz verbundenen Vorteile, insbesondere das Privileg, sich um die wirtschaftliche Seite der Behandlung nicht kümmern zu müssen, gibt er mit der Wahl der Kostenerstattung auf. Zugleich übernimmt er das Risiko, daß die in Anspruch genommenen Leistungen nicht oder nicht in vollem Umfang den Erfordernissen des SGB V entsprechen und die entstandenen Kosten deshalb ganz oder teilweise nicht erstattet werden.
Da das LSG - von seinem Standpunkt zu Recht - zur Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der umstrittenen Laborleistungen und Arzneiverordnungen keine Feststellungen getroffen hat, kann der Senat über den Klageanspruch nicht selbst entscheiden, sondern muß die Sache an das Tatsachengericht zurückverweisen. Was den Umfang der gerichtlichen Prüfung und damit den Inhalt der noch anzustellenden Ermittlungen angeht, geben die Ausführungen im angefochtenen Urteil Anlaß zu folgender Klarstellung:
Die Erforderlichkeit der in Rede stehenden diagnostischen und therapeutischen Leistungen kann nicht deshalb ohne nähere Prüfung unterstellt werden, weil Behandlungsentscheidungen in den Verantwortungsbereich des Arztes fallen und wegen dessen "Therapiefreiheit" grundsätzlich hinzunehmen wären. Eine Therapiefreiheit in dem Sinne, daß Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen beliebig eingesetzt werden könnten, kennt weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht. Soweit § 1 Abs 2 der Bundesärzteordnung dem Arzt für die Ausübung seiner fachlich-ärztlichen Tätigkeit einen Freiraum zubilligt, ist dieser schon berufsrechtlich durch die Bindung an den medizinischen Standard und die Regeln der ärztlichen Kunst sowie durch die Rechte des Patienten auf Leben und körperliche Unversehrtheit und auf Information und Selbstbestimmung über Art und Umfang der medizinischen Versorgung begrenzt (ausführlich dazu: Francke, Ärztliche Berufsfreiheit und Patientenrechte, Stuttgart 1994, S 57, 62 ff). Für die vertragsärztliche Tätigkeit gelten zusätzliche Schranken. Wie jeder Arzt hat zwar auch der Vertragsarzt bei der Wahl der ihm geeignet erscheinenden Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden einen Ermessensspielraum, so daß ihm die Krankenkasse in Fällen einer medizinisch vertretbaren Therapieentscheidung regelmäßig nicht entgegenhalten kann, daß eine andere Vorgehensweise zweckmäßiger gewesen wäre. Seine Entscheidungsfreiheit erfährt jedoch Einschränkungen, die sich aus den Erfordernissen einer beitragsfinanzierten, solidarischen Krankenversicherung und in Sonderheit aus dem sie beherrschenden Wirtschaftlichkeitsgebot ergeben. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn es handelt sich um zulässige Regelungen der Berufsausübung zur Sicherung der finanziellen Stabilität des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl zuletzt: NZS 2000, 454 = ArztR 2000, 168 mwN; ferner SozR 2200 § 368e Nr 3; SozR 2200 § 368n Nr 16). Bestrebungen, das Wirtschaftlichkeitsgebot in einen Gegensatz zur Therapiefreiheit zu bringen, ist die Rechtsprechung deshalb stets entgegengetreten (stellvertretend: BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 90; vgl auch BSGE 73, 66, 70 ff = SozR 3-2500 § 2 Nr 2 S 6 ff mwN; BSGE 63, 163, 165 = SozR 2200 § 368p Nr 2 S 7 f). Auch in Kostenerstattungsfällen erstreckt sich demnach die Prüfung darauf, ob sich die gewählte Behandlung auf das Maß des Notwendigen beschränkt hat oder ob etwa aufwendigere Leistungen als nötig erbracht wurden, deren Kosten vom Versicherten selbst zu tragen sind.
Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil das mit dem Begriff Chronic Fatigue Syndrome umschriebene Krankheitsbild offenbar wissenschaftlich umstritten ist und kontrollierte medizinische Studien zu seiner Behandlung noch nicht vorliegen. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß es nicht Aufgabe der Gerichte sein kann, in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen über die diagnostische Einordnung eines bestimmten Krankheitsbildes und die daraus resultierenden therapeutischen Folgerungen Stellung zu beziehen. Das kann aber nicht davon entbinden, zu untersuchen, ob zumindest die von den Befürwortern der betreffenden medizinischen Auffassung selbst aufgestellten Diagnosestandards eingehalten sind, ferner, ob allgemein anerkannte Grundsätze einer sinnvollen Stufendiagnostik zum Ausschluß anderer Erkrankungen befolgt wurden und ob die angewandte Therapie in Ansehung der festgestellten Regelwidrigkeiten medizinisch vertretbar war. Zum Umfang der erforderlichen Ermittlungen bei schwer objektivierbaren Krankheitserscheinungen hat der Senat im Urteil vom 6. Oktober 1999 Stellung genommen (BSGE 85, 56, 58 = SozR 3-2500 § 28 Nr 4 S 16). Dort hat er auch aufgezeigt, daß es von der Fallgestaltung abhängen kann, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein Therapieerfolg zu erwarten sein muß, um die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auszulösen (BSGE 85, 56, 61 f = SozR 3-2500 § 28 Nr 4 S 19 f).
Das Berufungsgericht wird die angesprochenen Punkte zu prüfen und in seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
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