Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 11/98 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1998 und des Sozialgerichts Köln vom 17. Juni 1996 geändert. Die Festsetzung von Festbeträgen für Ovulationshemmer der Gruppen 4 und 5 gemäß den Bekanntmachungen im Bundesanzeiger Nr 103 vom 2. Juni 1995 und im Bundesanzeiger Nr 30 vom 13. Februar 1998 wird aufgehoben. Die Beklagten haben der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Klägerin stellt in dem von ihr betriebenen Pharmaunternehmen ua verschiedene orale Kontrazeptiva her, die in erster Linie als empfängnisverhütende Mittel verordnet und in Tablettenform eingenommen werden (Antibabypille). Die Präparate gehören zur Gruppe der "Ovulationshemmer", für welche die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen (KKn) gemäß § 35 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Festbeträge festgesetzt haben. Gegen diese Festbeträge wendet sich die Klägerin.
Der Beigeladene zu 1) bildete mit Beschluss vom 14. Februar 1995 die Festbetragsgruppen für Ovulationshemmer (§ 35 Abs 1 SGB V). Die Beklagten setzten daraufhin am 29. Mai 1995 die hier streitigen Festbeträge für die Zeit ab 1. Juli 1995 fest (Bundesanzeiger Nr 103 vom 2. Juni 1995 S 6105, 6106). Die Festbeträge wurden am 9. Februar 1998 für die Zeit ab 1. April 1998 neu festgesetzt (Bundesanzeiger Nr 30 vom 13. Februar 1998 S 1719, 1724). Die festgesetzten Beträge stellen die Obergrenze dar, bis zu der eine KK derartige Mittel bezahlt. Die Differenz zu einem höheren Preis, den zu fordern den produzierenden Pharmaunternehmen und den abgebenden Apotheken nicht verboten ist, geht - ebenso wie der allgemeine Zuzahlungsbetrag (§ 31 Abs 2 und 3 SGB V) - zu Lasten der Versicherten. Die Festsetzung der Festbeträge hatte nach Angaben der Klägerin zur Folge, daß sie sich wie andere Pharmaunternehmen gezwungen sah, ihre höheren Preise auf die Festbetragshöhe zurückzunehmen, um sich auf dem Markt behaupten zu können. Dadurch seien ihr Umsatzeinbußen von ca 17 Millionen DM jährlich entstanden.
Die gegen die ursprüngliche Festbetragsfestsetzung von 1995 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen (Urteil vom 17. Juni 1996). Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei durch die Festbeträge nicht in ihren Grundrechten aus Art 12 und 14 Grundgesetz (GG) verletzt, weil lediglich ihre Erwerbsmöglichkeiten betroffen seien. Die Spitzenverbände der KKn hätten keine Anbieterpreise festgesetzt, sondern in rechtmäßiger Weise Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begrenzt. Die Festsetzung der Festbeträge schränke den Wettbewerb nicht ein, sondern fördere ihn. Die Festsetzung im einzelnen beruhe auch nicht auf sachfremden oder naturwissenschaftlich nicht vertretbaren Erwägungen.
Dieses Urteil hat die Klägerin mit der Berufung angefochten und zugleich ihre Klage auf die neue Festbetragsfestsetzung von 1998 erweitert. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und die zusätzlich erhobene Klage als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 17. September 1998). Es hat zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie auf das Vorbringen der Beklagten verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, die Festbetragsfestsetzung von 1995 verstoße weder gegen nationales Recht noch gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaften (EG-Recht). Auf die Frage, ob § 35 SGB V mit dem GG vereinbar sei, komme es nicht an, weil auch eine möglicherweise nichtige Festbetragsfestsetzung nicht in die subjektiven Rechte der Klägerin, insbesondere nicht in die durch Art 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit, eingreife. Ein Recht der Pharmaunternehmen, § 35 SGB V im Wege einer abstrakten Normenkontrolle überprüfen zu lassen, bestehe nicht. Die Klageerweiterung auf die Festbetragsfestsetzung von 1998 sei unzulässig, weil weder die Voraussetzungen des § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch die des § 96 SGG vorgelegen hätten.
Mit der Revision rügt die Klägerin als Verfahrensfehler einen Mangel an Gründen des Berufungsurteils, weil das LSG pauschal auf die Entscheidung der Vorinstanz verwiesen habe, ohne sich mit dem eingehenden Berufungsvorbringen auseinanderzusetzen (§§ 136 Abs 1 Nr 6, 153 Abs 2 SGG). Weiterhin liege eine Versagung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) und eine Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) vor. Zudem hätte das LSG die kartellrechtlichen Vorfragen durch das zuständige Kartellgericht klären lassen (§§ 96 Abs 2, 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)) und das Bundeskartellamt unterrichten müssen (§§ 97, 90 GWB aF). Die Abweisung der Klage gegen die Festbetragsfestsetzung von 1998 verstoße gegen § 96 SGG.
In der Sache selbst fehle es für eine Festbetragsfestsetzung für empfängnisverhütende Mittel an einer gesetzlichen Ermächtigung, weil diese nur für Arzneimittel gelte (§ 35 SGB V). Bei empfängnisverhütenden Mitteln handele es sich aber nicht um Arzneimittel im Sinne des Krankenversicherungsrechts, weil sie in 95 % der Fälle nicht therapeutischen Zwecken dienten. Die Festbetragsfestsetzung sei auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit (Art 12 GG), weil nur etwa 20 % der verordneten Ovulationshemmer von den gesetzlichen KKn zu bezahlen seien, die Festbeträge aber sich auf den gesamten Markt auswirkten, weil für ein und dasselbe Mittel nicht - je nach Zahlungspflichtigem - unterschiedliche Preise genommen werden dürften. Die Beklagten hätten auch therapeutisch nicht vergleichbare Mittel fehlerhaft in einer Gruppe zusammengelegt und die Preise der Höhe nach willkürlich festgesetzt. Die Klägerin beruft sich ferner auf den Vorlagebeschluß des erkennenden Senats an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 14. Juni 1995 (3 KR 20/94), in dem die gesetzliche Regelung (§ 35 SGB V) zu Recht als verfassungswidrig angesehen worden sei. Die Regelung verstoße ferner gegen europäisches Wettbewerbsrecht (Art 85, 86 EGV), wie inzwischen von mehreren Kartellgerichten entschieden worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1998 zu ändern und die Festsetzung von Festbeträgen für Ovulationshemmer der Gruppen 4 und 5 gemäß den Bekanntmachungen im Bundesanzeiger Nr 103 vom 2. Juni 1995 und im Bundesanzeiger Nr 30 vom 13. Februar 1998 aufzuheben, hilfsweise,
die Beklagten zu verpflichten, die Festbeträge für Ovulationshemmer der Gruppen 4 und 5 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen, weiterhin hilfsweise,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1998 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagten und der Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagten und die Beigeladenen verteidigen das angefochtene Urteil und vertreten die Ansicht, die hier streitige Festbetragsfestsetzung sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 35 SGB V gedeckt, weil insoweit der Arzneimittelbegriff des Arzneimittelgesetzes (AMG) gelte, der hormonelle Kontrazeptiva umfasse (§ 2 Abs 1 Nr 5 AMG).
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem Klagebegehren war bereits deshalb stattzugeben, weil es für die Festsetzung von Festbeträgen für Ovulationshemmer an einer Ermächtigungsgrundlage mangelt.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Die auf die Aufhebung der Festbetragsfestsetzung gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage iS des § 54 Abs 1 SGG zulässig. Die Festbetragsfestsetzung ist formal nicht als Rechtsnorm, sondern als Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)) erlassen worden, wovon alle Beteiligten ausgehen. In den Bekanntmachungen beider Festbetragsfestsetzungen wurde mitgeteilt, daß die Begründung beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen eingesehen werden könne. Ferner wurde eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Sowohl eine Begründung als auch eine Rechtsmittelbelehrung sind beim Erlaß von Normen nicht vorgesehen. Die Absicht, sich den im Gesetzgebungsverfahren erfolgten Äußerungen anzuschließen (vgl im Ausschußbericht die Deutung "als gestaltender Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung" - BT-Drucks 11/3480 S 54) spricht ebenfalls dafür, daß die Beklagten die Form der Allgemeinverfügung gewählt haben. Ferner legt der Wortlaut des Gesetzes nahe, daß die Festbetragsfestsetzung in der Form des Verwaltungsaktes einfachgesetzlich geboten ist; denn § 35 Abs 7 Satz 2 und 3 SGB V bestimmen: "Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt." Ob die Festbetragsfestsetzung ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X ist, insbesondere ob sie die Regelung eines Einzelfalls enthält, oder ob sie im Sinne der Verfassung als Rechtsnorm erlassen werden mußte, ist für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage ohne Bedeutung. Beim Rechtsschutz gegen hoheitliches Handeln kommt es für den zulässigen Rechtsbehelf entscheidend auf die äußere Form an, nicht darauf, ob die gewählte Form des Verwaltungshandelns rechtlich zutreffend war; dies ist eine Frage der Begründetheit (vgl Vorlagebeschluß des erkennenden Senats vom 14. Juni 1995 - 3 KR 20/94 - NZS 1995, 502; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl 2000, § 35 RdNr 71).
2. Die Klägerin ist auch klagebefugt. Sie ist als Produzentin empfängnisverhütender Mittel durch die Festbetragsfestsetzung in ihrem Grundrecht aus Art 12 GG betroffen, so daß die Festbetragsfestsetzung an Art 12 Abs 1 Satz 2 GG zu messen ist, wonach die Berufsausübung nur durch Gesetz oder aufgrund verfassungsgemäßer gesetzlicher Ermächtigung geregelt werden kann (so auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1. September 1999 - 1 BvR 829/93, 1836/93 und 264/95 - zu Art 30 Abs 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) 1992, der für die Jahre 1993 und 1994 einen Preisabschlag und ein Preismoratorium für bestimmte Arzneimittel vorsah).
Art 12 Abs 1 GG gewährt dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als Beruf zu ergreifen und zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Er schützt insoweit auch inländische juristische Personen wie die Klägerin. Die Wirtschaftsverfassung enthält als eines ihrer Grundprinzipien den freien Marktwettbewerb. Die freie Entfaltung im Wettbewerb ist Bestandteil der Berufsausübung des Unternehmers und wird durch Art 12 Abs 1 GG geschützt (vgl BVerfGE 32, 311, 317; 46, 120, 137 f; BVerwGE 71, 183, 189). Der Schutzbereich, den Art 12 GG gewährleistet, wird nicht nur durch direkte Eingriffe des Gesetzgebers oder der Verwaltung in den freien Wettbewerb berührt; es reichen auch indirekte rechtliche Regelungen aus, die die Wettbewerbsbedingungen tatsächlich verändern. Dies ist schon bei staatlicher Planung und Subventionierung mit berufsregelnder Tendenz möglich (vgl BVerfGE 46, 120, 137; 82, 209, 223 f).
Die Festbetragsregelung für Arzneimittel wendet sich wie die Festbetragsregelung für Hilfsmittel nach der Formulierung der §§ 35 und 36 SGB V iVm §§ 31 Abs 2 und 33 Abs 2 SGB V zwar nur an die Versicherten, ohne die Leistungserbringer (Arzneimittelhersteller und Hilfsmittelerbringer) ausdrücklich anzusprechen. Das mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) geschaffene Instrument der Festbeträge zielt aber ganz vorrangig auf Einsparungen auf Kosten der Leistungserbringer und nimmt nur in engen Grenzen und nur für eine vorübergehende Zeit eine Belastung der Versicherten in Kauf (vgl im einzelnen Beschluss des erkennenden Senats vom 14. Juni 1995 - 3 RK 20/94 - NZS 1995, 502). Die Festbeträge bewirken, daß die Versicherten den Preis, soweit er den Festbetrag übersteigt, selbst zahlen müssen. Dies führt in der Praxis vielfach dazu, daß sich Arzneimittelhersteller gezwungen sehen, im Interesse ihrer Marktchancen die Preise auf das Festbetragsniveau herabzusetzen, weil die Versicherten in der Regel eine Zuzahlung vermeiden wollen. Bei einem Anteil der sozial Krankenversicherten von ca 90 vH der Bevölkerung kann ein Arzneimittelhersteller sich nicht allein auf dem freien Markt behaupten. Damit hat das Instrument der Festbeträge den Charakter einer Preisbeeinflussung im Sinne eines Eingriffs in den Wettbewerb durch ein Nachfragekartell.
Art 12 GG räumt gegen unzulässige Eingriffe in die Berufsfreiheit einen gerichtlich durchsetzbaren Abwehranspruch ein. Auch die prozessualen Vorschriften des GRG zur Festbetragsfestsetzung lassen erkennen, daß die Leistungserbringer (Arzneimittelhersteller und Hilfsmittelerbringer) ein Klagerecht haben sollen. Im Gesetz ist insoweit angeordnet, daß die Klage gegen die Festbetragsfestsetzung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 35 Abs 7 Satz 2 SGB V). Die Vorschrift regelt nach ihrer amtlichen Begründung den Rechtsschutz, dem die Festsetzung der Festbeträge als Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung unterliegt. Damit sollte nicht etwa nur klargestellt werden, daß eine unzulässige Klage keine aufschiebende Wirkung hat, die ihr sonst zukäme. Hätte der Gesetzgeber keine Klagemöglichkeit einräumen wollen, dann hätte er allenfalls die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen, aber nicht auch das Vorverfahren (§ 35 Abs 7 Satz 3 SGB V), und er hätte für die Festbetragsfestsetzung auch nicht die örtliche Zuständigkeit konzentriert (§ 57 Abs 4 SGG idF durch das GRG). Die gesetzliche Regelung wird im Schrifttum zutreffend als ausdrückliche Eröffnung einer Klagemöglichkeit verstanden (Hess im Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Januar 1998, § 35 SGB V RdNr 15). So haben es auch die Beklagten gesehen: Die der Festbetragsfestsetzung beigefügte Rechtsmittelbelehrung bezeichnet diese nicht als unanfechtbar, sondern geht von der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage aus.
3. Soweit die Klage auch die Rechtmäßigkeit der Gruppeneinteilung angreift, steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen, daß eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung unzulässig ist (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V). Damit wird eine gerichtliche Überprüfung der Gruppeneinteilung nicht entgegen Art 19 Abs 4 GG vollständig ausgeschlossen, sondern diese unterliegt erst im Rahmen einer Klage gegen die Festsetzung einer gerichtlichen Nachprüfung (BT-Drucks 11/3480 S 54).
4. Die Klage ist - entgegen der Ansicht des LSG - auch zulässig, soweit sie die Festbetragsfestsetzung des Jahres 1998 betrifft. Diese Festsetzung ist Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die ursprüngliche Festbetragsregelung von 1995 galt unbefristet. Dieser Verwaltungsakt (Allgemeinverfügung) ist für die Zeit ab 1. April 1998 durch einen neuen Verwaltungsakt geändert bzw abgelöst worden. Damit sind die Voraussetzungen des § 96 Abs 1 SGG gegeben.
Daraus ergibt sich zugleich, daß der Klage nicht das Rechtsschutzinteresse fehlt, soweit sie sich gegen die zum 1. April 1998 abgelöste alte Festbetragsfestsetzung des Jahres 1995 richtet. Zwar dürfte es vermutlich keine noch offenen Abrechnungsfälle für empfängnisverhütende Mittel aus der Zeit bis 1998 mehr geben. Es ist aber zu berücksichtigen, daß bei einer alleinigen Aufhebung der Festbetragsfestsetzung des Jahres 1998 die ursprüngliche Festbetragsregelung des Jahres 1995, die seinerzeit nicht befristet war, wieder in Kraft treten würde. Daher besteht das Rechtsschutzinteresse für die Klage auch gegenüber der alten Regelung des Jahres 1995.
5. Der Senat konnte den Rechtsstreit entscheiden, ohne das Bundeskartellamt zu beteiligen.
Nach § 90 Abs 1 Satz 1 GWB, das hier in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998 (BGBl I S 2546) anzuwenden ist, hat das Gericht das Bundeskartellamt über alle Rechtsstreitigkeiten zu unterrichten, die sich aus dem GWB, aus Kartellverträgen oder aus Kartellbeschlüssen ergeben. Die hier in Betracht zu ziehenden Regelungen des GWB sind jedoch seit dem 1. Januar 2000 nicht mehr auf Fälle der vorliegenden Art anwendbar. Nach § 69 SGB V in der seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung des GKV-GRG vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S 2626) regeln die Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V (§§ 69 bis 140h SGB V) sowie die §§ 63 und 64 SGB V "abschließend" die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihrer Verbände, einschließlich der Beschlüsse der Bundes- und Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 SGB V (Satz 1). Dies gilt auch dann, wenn durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind (Satz 4). In den - wie hier - von § 69 SGB V erfaßten Rechtsstreitigkeiten ist somit nicht mehr das nationale Kartellrecht des GWB (aA Engelmann NZS 2000, 213, 220), sondern nur noch das Wettbewerbsrecht der Europäischen Gemeinschaften anzuwenden. Zugleich ist die Zuständigkeit für kartellrechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Leistungserbringung in der GKV von den Zivilgerichten auf die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit übergegangen (§ 69 SGB V, § 51 Abs 2 Satz 2 SGG, § 87 Abs 1 GWB). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben daher in solchen Fällen aufgrund eigener Zuständigkeit auch über kartellrechtliche Fragen zu befinden. Weil das GWB nunmehr unanwendbar ist und bei Fragen des europäischen Wettbewerbsrechts, die von der Klägerin aufgeworfen worden sind, eine Unterrichtung des Bundeskartellamtes nach § 90 GWB nicht vorgesehen ist, war der Senat daher nicht gehalten, die bis zum 31. Dezember 1999 gebotene, von den Vorinstanzen aber unterlassene Unterrichtung nachzuholen.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet.
1. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) liegt vor.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet, daß das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muß (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 3).
Das LSG hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß es die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 17. Juni 1996 zurückgewiesen hat, ohne in den Entscheidungsgründen auf einen wesentlichen Teil der Darlegungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 20. Dezember 1996 einzugehen. Das LSG hat die Berufung "aus den Gründen des angefochtenen Urteils" des SG gemäß § 153 Abs 2 SGG zurückgewiesen, ohne sich mit den detaillierten Einwänden der Klägerin gegen die Ausführungen des SG im einzelnen auseinanderzusetzen. Seine ergänzenden Bemerkungen betrafen lediglich Fragen des Umfangs der sozialgerichtlichen Prüfungskompetenz und des Verfahrensrechts. Ein Berufungsgericht kann nur dann pauschal auf die Begründung des angefochtenen Urteils nach § 153 Abs 2 SGG verweisen, wenn es dem Urteil des SG nichts hinzuzufügen hat und es keinen neuen Vortrag tatsächlicher oder rechtlicher Art gibt (BVerwG Buchholz 312 EntlG Nr 17; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 153 RdNr 7). Die Einwände der Klägerin gegen bestimmte Aussagen und Auffassungen des SG zur Rechtmäßigkeit der streitigen Festbetragsfestsetzungen stellen einen solchen neuen Vortrag rechtlicher Art dar, auf den das LSG im einzelnen hätte eingehen müssen. Die Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil war insoweit nicht zulässig. Zudem hat das LSG die Berufung gleichermaßen auch "aus den Gründen des Vorbringens der Prozeßgegner der Klägerin" zurückgewiesen, ohne sich mit den eingehenden Darlegungen der Klägerin zu diesem Vorbringen im einzelnen zu beschäftigen und ohne zu kennzeichnen, ob es bei Differenzen in Einzelfragen dem SG oder den Prozeßgegnern der Klägerin folgt.
2. Die Frage, ob in der fehlerhaften Anwendung des § 153 Abs 2 SGG und der unzureichenden Auseinandersetzung des LSG mit dem Berufungsvorbringen der Klägerin über die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 3; Meyer-Ladewig aaO § 62 RdNr 7a) hinaus auch der Verfahrensmangel des Fehlens von Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG; § 202 SGG iVm § 551 Nr 7 Zivilprozeßordnung (ZPO)) gesehen werden kann (dazu BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 19; BGHZ 39, 333, 337; BVerwG Buchholz 310 § 133 VwGO Nr 92), kann offenbleiben. Denn auch ein sog absoluter Revisionsgrund zwingt nicht zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an die Vorinstanz, wenn - wie hier - eine Entscheidung in der Sache möglich ist (BSGE 75, 74, 75 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr 12).
3. Die Revision der Klägerin ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht begründet; denn der Klage ist stattzugeben. § 35 SGB V ermächtigt nicht zur Festsetzung von Festbeträgen für empfängnisverhütende Mittel, weshalb die angefochtenen Beschlüsse der Beklagten aufzuheben sind.
a) Der Senat hat in seinem Beschluss vom 14. Juni 1995 - 3 RK 20/94 - (NZS 1995, 502) die Auffassung vertreten, die Ermächtigung zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in § 35 SGB V verstoße gegen die nach dem GG für die Normsetzung geltenden Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Das Gesetz regele die Festbetragsfestsetzung als Erlaß eines Verwaltungsakts in Form der Allgemeinvergütung. Es hätte aber in Ansehung des Art 12 Abs 1 Satz 2 GG den Erlaß einer Rechtverordnung vorsehen müssen. An dieser Auffassung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der dagegen vorgebrachten Kritik (zB Hess aaO § 35 SGB V RdNrn 11a, 15) fest. Einer erneuten Vorlage an das BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG bedurfte es indes nicht, weil der Klage stattzugeben war, ohne daß es auf die Klärung der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 35 SGB V ankam.
b) Die Festsetzung von Festbeträgen für Ovulationshemmer ist schon von der Ermächtigungsgrundlage des § 35 SGB V nicht gedeckt.
Diese Vorschrift ermächtigt zur Festsetzung von Festbeträgen für "Arzneimittel". Empfängnisverhütende Mittel in Form oraler Kontrazeptiva, um die es hier geht, sind aber grundsätzlich keine Arzneimittel im Sinne des SGB V (so bereits BSG Urteil vom 24. Januar 1990 - 3 RK 18/88 - BSGE 66, 163 = SozR 3-2200 § 182 Nr 1 zur entsprechenden Regelung in der RVO). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Mittel bestimmungsgemäß zur Verhinderung einer unerwünschten Schwangerschaft eingenommen werden, was in 95 % aller Fälle zutrifft. Lediglich in den übrigen 5 % aller Fälle, in denen das Mittel zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird, die Empfängnisverhütung also notwendig ist, um zB einer Krankheit oder sonstigen körperlichen oder seelischen Schädigung vorzubeugen bzw diese zu bekämpfen, können orale Kontrazeptiva als Arzneimittel iS der §§ 31 und 35 SGB V angesehen werden. Die Ausklammerung oraler Kontrazeptiva in ihrer weit überwiegenden Funktion als Mittel zur Verhütung ungewollter Schwangerschaften aus dem Arzneimittelbegriff der §§ 31 und 35 SGB V ergibt sich bereits aus der Gegenüberstellung von § 24a Abs 2 SGB V einerseits und § 31 SGB V andererseits. § 24a Abs 3 SGB V verweist nur für die Zuzahlung bei empfängnisverhütenden Mitteln auf die Regelung des § 31 Abs 2 bis 4 SGB V über die Zuzahlung bei Arzneimitteln. Es gibt aber keine allgemeine Regelung, nach der empfängnisverhütende Mittel als Arzneimittel iS des § 31 oder des § 35 SGB V gelten oder Arzneimitteln im Bereich der GKV gleichgestellt werden. Zwar sind hormonsteuernde empfängnisverhütende Mittel Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 Nr 5 AMG. Der auf die medizinisch-physiologische Wirkungsweise der Mittel und die Gefahrenabwehr zugeschnittene Arzneimittelbegriff des AMG ist aber umfassender als der des SGB V, der allein auf die Bekämpfung und Verhütung von Krankheiten (§§ 1 und 27 SGB V) ausgerichtet ist (vgl Höfler im Kasseler Kommentar, § 31 SGB V RdNrn 4 bis 10; Gerlach in Hauck, SGB V, § 31 RdNr 15). Die Arzneimittelbegriffe des AMG und des SGB V sind zwar weitgehend deckungsgleich; für den Bereich der Empfängnisverhütung gilt dies aber gerade nicht. Für eine generelle Gleichstellung des Arzneimittelbegriffs des SGB V mit dem des AMG können sich die Beklagten auch nicht auf das Urteil des 8. Senats vom 28. Januar 1999 - B 8 KN 1/98 KR R - (SozR 3-2500 § 27 Nr 10) berufen. Zwar hat der 8. Senat dort ausgeführt, mit der zum 1. Juli 1997 erfolgten Einschränkung des § 31 Abs 1 SGB V auf "apothekenpflichtige" Arzneimittel sei der Arzneimittelbegriff des AMG auch für das SGB V maßgeblich geworden, er hat dies aber nur auf die im AMG enthaltene Abgrenzung der Arzneimittel von den Nahrungsmitteln bezogen. Für den Bereich der empfängnisverhütenden Mittel gilt die Gleichstellung mit dem Arzneimittelbegriff des AMG hingegen nicht; dazu hat sich der 8. Senat nicht geäußert. Auch in den Gesetzesmaterialien zum GSG vom 21. Dezember 1992 (BT-Drucks 12/3608 S 78) wird ausdrücklich zwischen Arzneimitteln und empfängnisverhütenden Mitteln differenziert. Diese Unterscheidung ist im übrigen auch deshalb geboten, weil empfängnisverhütende Mittel iS des § 24a SGB V zwar Arzneimittel iS des § 2 AMB sein können (hormonelle Kontrazeptiva), aber nicht sein müssen (zB Intrauterinpessare, Kondome).
c) Für empfängnisverhütende Mittel fehlt eine Ermächtigungsgrundlage für eine Festbetragsregelung, wie es sie für Arzneimittel gibt. § 31 Abs 2 SGB V, auf den in § 24a Abs 2 SGB V verwiesen wird, setzt eine Festbetragsfestsetzung nur voraus, ermächtigt aber nicht zu einer solchen. Als der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Schwangeren- und Familienhilfe vom 27. Juli 1992 (BGBl I S 1398) § 24a SGB V zum 5. August 1992 einführte, hätte er zur Erweiterung der Regelung des § 35 SGB V auf empfängnisverhütende Mittel entweder in § 35 SGB V oder in § 24a SGB V eine entsprechende Bestimmung einfügen müssen. Das ist nicht geschehen. Zum 1. Januar 1993 ist durch das GSG nur die Verweisung auf § 31 Abs 2 bis 4 SGB V in § 24a Abs 2, 2. Halbsatz SGB V eingefügt worden. Diese Verweisung hat für Zuzahlungen, für die sie gerade gelten soll, auch ohne die entsprechende Anwendbarkeit des auf § 35 SGB V hinweisenden ersten Halbsatzes des § 31 Abs 2 SGB V ihren Sinn. Nach § 31 Abs 2 SGB V trägt die KK für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 SGB V festgesetzt ist, die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel trägt die KK die vollen Kosten, jedoch jeweils ohne die vom Versicherten zu leistenden Zuzahlungen nach § 31 Abs 3 SGB V. Die auf nicht von Festbeträgen erfaßte Arzneimittel zugeschnittene zweite Alternative des § 31 Abs 2 SGB V ist daher auf empfängnisverhütende Mittel nach § 24a Abs 2 SGB V entsprechend anwendbar; die in dieser Vorschrift enthaltene Verweisung auf § 31 Abs 2 SGB V geht nicht ins Leere.
d) Weil die Verweisung in § 24a Abs 2 SGB V auf § 31 Abs 2 bis 4 SGB V auch ohne Festbetragsfestsetzung sinnvoll bleibt, scheidet die Möglichkeit aus, der Verweisung den Sinn einer - grundsätzlich ausreichenden - konkludenten Ermächtigung zur Festsetzung von Festbeträgen für empfängnisverhütende Mittel beizulegen. Nur wenn § 31 Abs 2 SGB V allein von Arznei- oder Verbandmitteln handeln würde, für die ein Festbetrag festgesetzt ist (erste Alternative), käme eine generelle Gleichstellung von empfängnisverhütenden Mitteln mit Arzneimitteln im Bereich des SGB V in Betracht, weil sich daraus ableiten ließe, daß der Gesetzgeber die Festsetzung von Festbeträgen für empfängnisverhütende Mittel in seinen Willen aufgenommen hätte und dies auch so regeln wollte, es sich also bei der jetzigen Verweisungsregelung des § 24a Abs 2 SGB V, die § 35 SGB V nicht nennt, um ein Redaktionsversehen handeln würde.
e) Festbetragsregelungen sind nach § 35 Abs 2 Satz 1 SGB V zudem nur für Arzneimittel zulässig, die der Bundesausschuß der Ärzte und KKn in einer Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V genannt hat. Diese Richtlinie betrifft aber nur die "Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung und häuslicher Krankenpflege", während alle "Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b" in einer gesonderten Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 11 SGB V zu regeln sind. Mangels allgemeiner Gleichstellung von empfängnisverhütenden Mitteln mit Arzneimitteln im SGB V kann die Arzneimittel-Richtlinie nach Nr 6 sich nicht mit Ovulationshemmern beschäftigen (Text in Hauck, SGB V, C 430). Zu Recht sind daher diese Mittel in der "Sonstige-Hilfen-Richtlinie" erwähnt (vgl Teil B Nrn 10, 11; Text in Hauck, SGB V, C 465).
f) Auch eine analoge Anwendung des § 35 Abs 1 SGB V scheidet aus. Die Gesetzesmaterialien geben keinen gesicherten Hinweis darauf, daß der Gesetzgeber auch für empfängnisverhütende Mittel die Festsetzung von Festbeträgen - ähnlich wie bei Arzneimitteln - ermöglichen wollte. Es gibt auch im Hinblick auf das Einsparpotential keine Notwendigkeit, in diesem Bereich mit Festbeträgen zu arbeiten, weil nur Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr einen Versicherungsanspruch haben, während der ganz überwiegende Teil die oralen Kontrazeptiva selbst voll bezahlen muß. Daher mangelt es bereits an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke.
Eine Ausweitung des § 35 SGB V auf empfängnisverhütende Mittel wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Auch hier ist zu berücksichtigen, daß nur ein relativ kleiner Personenkreis den Versicherungsschutz des § 24a Abs 2 SGB V genießt, die Festsetzung von Festbeträgen aber zur Folge hat, daß die Hersteller hormoneller Kontrazeptiva wegen des Gebots einheitlicher Apothekenabgabepreise (§ 78 Abs 2 Satz 2 AMG) gezwungen werden, die Preise generell, also auch für Frauen ab dem 21. Lebensjahr, auf die Festbetragshöhe zurückzunehmen. Dies wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art 12 Abs 1 GG).
Das BVerfG hatte sich auf Verfassungsbeschwerden verschiedener Arzneimittelhersteller hin mit der in etwa vergleichbaren Regelung des Art 30 Abs 1 des GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266) zu befassen, nach der für die Jahre 1993 und 1994 ein Preisabschlag und ein Preismoratorium für bestimmte Arzneimittel vorgesehen war. Die 2. Kammer des Ersten Senats hat diese Vorschrift als unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Arzneimittelhersteller (Art 12 Abs 1 GG) angesehen und sie für verfassungsrechtlich bedenklich erachtet, soweit in den Anwendungsbereich des Art 30 Abs 2 GSG auch solche apothekenpflichtigen Arzneimittel einbezogen waren, die - wie im Falle der damaligen Beschwerdeführerinnen - nur ausnahmsweise von der Arzneimittelversorgung der Versicherten gemäß § 31 Abs 1 SGB V umfaßt waren (Beschluss vom 1. September 1999 - 1 BvR 829/93, 1836/93 und 264/95). Das BVerfG sah hierin eine Verletzung des Gebots der Verhältnismäßigkeit. Die betroffenen Regelungen seien zwar geeignet und erforderlich gewesen; sie bewirkten jedoch einen unverhältnismäßigen grundrechtlichen Eingriff und seien den Beschwerde führenden Arzneimittelherstellern nicht zuzumuten. Der Gesetzgeber habe auch unter Berücksichtigung der ihm im Bereich von Regelungen der Berufsausübung verfassungsrechtlich erlaubten generalisierenden Betrachtungsweise (vgl BVerfGE 30, 292, 316 f; 68, 193, 219) die Preise solcher Arzneimittel nicht schematisch einem Abschlag unterwerfen dürfen, die nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht, nur ausnahmsweise oder nur mit einem verhältnismäßig geringen Prozentsatz zu Lasten der GKV verordnet werden konnten. Dies gelte insbesondere für die Gruppe der oralen Kontrazeptiva. Auch deren Preise seien durch die Regelung insgesamt abgesenkt worden, obgleich sich Einsparungen für die GKV nur in dem von ihr finanzierten Marktanteil erzielen ließen. Soweit die Regelung über diesen mit etwa 10 % anzusetzenden Anteil am Umsatz der Beschwerdeführerinnen hinausgriff, habe sie eine Kostenentlastung der Verbraucherinnen und keine Entlastung der GKV bewirkt. Der Gesetzgeber habe sich auch nicht darauf berufen können, daß die Hersteller von verordnungsfähigen Arzneimitteln zu ihrem Nutzen in das System der GKV eingebunden seien, das die Mitglieder der GKV finanzieren und in dem ein freier und transparenter Wettbewerb nur als eingeschränkt vorhanden gelte (vgl auch BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 1990 - SozR 3-2500 § 311 Nr 1). Dies könne zwar Eingriffe des Gesetzgebers auch in die Preisbildung rechtfertigen. Sie müßten aber den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an Beschränkungen der Freiheit der Berufsausübung genügen. Gleiches gelte für die Erwägung des Gesetzgebers, daß er bei Erlaß seiner Regelung im internationalen Vergleich verhältnismäßig hohe Arzneimittelpreise in Deutschland vorgefunden habe. Die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelungen werde auch nicht durch die Erwägung des Gesetzgebers gewahrt, aus praktischen Gründen sei eine Begrenzung des Preisabschlags auf solche Arzneimittel nicht möglich gewesen, die überwiegend oder im Einzelfall zu Lasten der GKV verordnet würden. Stehe ihm ein verhältnismäßiges Mittel zur Erreichung seiner Ziele nicht zur Verfügung, so müsse er von dem entsprechenden Eingriff Abstand nehmen.
Daraus folgt, daß eine Festbetragsregelung auch dann als verfassungsrechtlich bedenklich anzusehen ist, wenn - wie hier - nur etwa 20 % der verordneten Ovulationshemmer von den gesetzlichen KKn zu bezahlen sind, aber die große Mehrheit der Verbraucherinnen (80 %), die diese Mittel auf eigene Kosten erwerben, ebenfalls von den Festbeträgen profitiert, weil ihr die auf diese Höhe abgesenkten Preise zugute kommen, ohne daß insoweit ein rechtfertigender Grund für die Einschränkung der Freiheit der Berufsausübung der Produzenten vorliegt.
g) Der Umstand, daß etwa 5 % der Verordnungen von Ovulationshemmern zu dem therapeutischen Zweck erfolgen, eine Krankheit der Frau zu verhüten oder zu heilen und damit der Sache nach eine Verordnung eines "Arzneimittels" iS des § 31 SGB V vorliegt (vgl BSGE 66, 163 = SozR 3-2200 § 182 Nr 1), führt nicht dazu, daß jedenfalls aus diesem Grund eine Festbetragsfestsetzung nach § 35 SGB V zulässig ist. Zwar ließe sich die Ansicht vertreten, die Regelung des § 35 SGB V sei in diesem Teilbereich anwendbar, weil hier das empfängnisverhütende Mittel wie ein Arzneimittel angewendet werde und damit der Arzneimittelbegriff des SGB V erfüllt sei. Die Festsetzung von Festbeträgen für diesen Teilbereich wäre aber ebenfalls verfassungsrechtlich bedenklich, weil der rechtfertigende Grund der Kosteneinsparung für die KKn wegen der allgemein preisbegrenzenden Wirkung der Festbeträge auch für die nicht betroffenen Frauen (95 %) im Hinblick auf die Schwere des damit verbundenen Eingriffs in die Freiheit der Berufsausübung der Produzenten unverhältnismäßig wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Die Klägerin stellt in dem von ihr betriebenen Pharmaunternehmen ua verschiedene orale Kontrazeptiva her, die in erster Linie als empfängnisverhütende Mittel verordnet und in Tablettenform eingenommen werden (Antibabypille). Die Präparate gehören zur Gruppe der "Ovulationshemmer", für welche die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen (KKn) gemäß § 35 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Festbeträge festgesetzt haben. Gegen diese Festbeträge wendet sich die Klägerin.
Der Beigeladene zu 1) bildete mit Beschluss vom 14. Februar 1995 die Festbetragsgruppen für Ovulationshemmer (§ 35 Abs 1 SGB V). Die Beklagten setzten daraufhin am 29. Mai 1995 die hier streitigen Festbeträge für die Zeit ab 1. Juli 1995 fest (Bundesanzeiger Nr 103 vom 2. Juni 1995 S 6105, 6106). Die Festbeträge wurden am 9. Februar 1998 für die Zeit ab 1. April 1998 neu festgesetzt (Bundesanzeiger Nr 30 vom 13. Februar 1998 S 1719, 1724). Die festgesetzten Beträge stellen die Obergrenze dar, bis zu der eine KK derartige Mittel bezahlt. Die Differenz zu einem höheren Preis, den zu fordern den produzierenden Pharmaunternehmen und den abgebenden Apotheken nicht verboten ist, geht - ebenso wie der allgemeine Zuzahlungsbetrag (§ 31 Abs 2 und 3 SGB V) - zu Lasten der Versicherten. Die Festsetzung der Festbeträge hatte nach Angaben der Klägerin zur Folge, daß sie sich wie andere Pharmaunternehmen gezwungen sah, ihre höheren Preise auf die Festbetragshöhe zurückzunehmen, um sich auf dem Markt behaupten zu können. Dadurch seien ihr Umsatzeinbußen von ca 17 Millionen DM jährlich entstanden.
Die gegen die ursprüngliche Festbetragsfestsetzung von 1995 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen (Urteil vom 17. Juni 1996). Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei durch die Festbeträge nicht in ihren Grundrechten aus Art 12 und 14 Grundgesetz (GG) verletzt, weil lediglich ihre Erwerbsmöglichkeiten betroffen seien. Die Spitzenverbände der KKn hätten keine Anbieterpreise festgesetzt, sondern in rechtmäßiger Weise Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begrenzt. Die Festsetzung der Festbeträge schränke den Wettbewerb nicht ein, sondern fördere ihn. Die Festsetzung im einzelnen beruhe auch nicht auf sachfremden oder naturwissenschaftlich nicht vertretbaren Erwägungen.
Dieses Urteil hat die Klägerin mit der Berufung angefochten und zugleich ihre Klage auf die neue Festbetragsfestsetzung von 1998 erweitert. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und die zusätzlich erhobene Klage als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 17. September 1998). Es hat zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie auf das Vorbringen der Beklagten verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, die Festbetragsfestsetzung von 1995 verstoße weder gegen nationales Recht noch gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaften (EG-Recht). Auf die Frage, ob § 35 SGB V mit dem GG vereinbar sei, komme es nicht an, weil auch eine möglicherweise nichtige Festbetragsfestsetzung nicht in die subjektiven Rechte der Klägerin, insbesondere nicht in die durch Art 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit, eingreife. Ein Recht der Pharmaunternehmen, § 35 SGB V im Wege einer abstrakten Normenkontrolle überprüfen zu lassen, bestehe nicht. Die Klageerweiterung auf die Festbetragsfestsetzung von 1998 sei unzulässig, weil weder die Voraussetzungen des § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch die des § 96 SGG vorgelegen hätten.
Mit der Revision rügt die Klägerin als Verfahrensfehler einen Mangel an Gründen des Berufungsurteils, weil das LSG pauschal auf die Entscheidung der Vorinstanz verwiesen habe, ohne sich mit dem eingehenden Berufungsvorbringen auseinanderzusetzen (§§ 136 Abs 1 Nr 6, 153 Abs 2 SGG). Weiterhin liege eine Versagung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) und eine Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) vor. Zudem hätte das LSG die kartellrechtlichen Vorfragen durch das zuständige Kartellgericht klären lassen (§§ 96 Abs 2, 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)) und das Bundeskartellamt unterrichten müssen (§§ 97, 90 GWB aF). Die Abweisung der Klage gegen die Festbetragsfestsetzung von 1998 verstoße gegen § 96 SGG.
In der Sache selbst fehle es für eine Festbetragsfestsetzung für empfängnisverhütende Mittel an einer gesetzlichen Ermächtigung, weil diese nur für Arzneimittel gelte (§ 35 SGB V). Bei empfängnisverhütenden Mitteln handele es sich aber nicht um Arzneimittel im Sinne des Krankenversicherungsrechts, weil sie in 95 % der Fälle nicht therapeutischen Zwecken dienten. Die Festbetragsfestsetzung sei auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit (Art 12 GG), weil nur etwa 20 % der verordneten Ovulationshemmer von den gesetzlichen KKn zu bezahlen seien, die Festbeträge aber sich auf den gesamten Markt auswirkten, weil für ein und dasselbe Mittel nicht - je nach Zahlungspflichtigem - unterschiedliche Preise genommen werden dürften. Die Beklagten hätten auch therapeutisch nicht vergleichbare Mittel fehlerhaft in einer Gruppe zusammengelegt und die Preise der Höhe nach willkürlich festgesetzt. Die Klägerin beruft sich ferner auf den Vorlagebeschluß des erkennenden Senats an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 14. Juni 1995 (3 KR 20/94), in dem die gesetzliche Regelung (§ 35 SGB V) zu Recht als verfassungswidrig angesehen worden sei. Die Regelung verstoße ferner gegen europäisches Wettbewerbsrecht (Art 85, 86 EGV), wie inzwischen von mehreren Kartellgerichten entschieden worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1998 zu ändern und die Festsetzung von Festbeträgen für Ovulationshemmer der Gruppen 4 und 5 gemäß den Bekanntmachungen im Bundesanzeiger Nr 103 vom 2. Juni 1995 und im Bundesanzeiger Nr 30 vom 13. Februar 1998 aufzuheben, hilfsweise,
die Beklagten zu verpflichten, die Festbeträge für Ovulationshemmer der Gruppen 4 und 5 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen, weiterhin hilfsweise,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1998 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagten und der Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagten und die Beigeladenen verteidigen das angefochtene Urteil und vertreten die Ansicht, die hier streitige Festbetragsfestsetzung sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 35 SGB V gedeckt, weil insoweit der Arzneimittelbegriff des Arzneimittelgesetzes (AMG) gelte, der hormonelle Kontrazeptiva umfasse (§ 2 Abs 1 Nr 5 AMG).
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem Klagebegehren war bereits deshalb stattzugeben, weil es für die Festsetzung von Festbeträgen für Ovulationshemmer an einer Ermächtigungsgrundlage mangelt.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Die auf die Aufhebung der Festbetragsfestsetzung gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage iS des § 54 Abs 1 SGG zulässig. Die Festbetragsfestsetzung ist formal nicht als Rechtsnorm, sondern als Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)) erlassen worden, wovon alle Beteiligten ausgehen. In den Bekanntmachungen beider Festbetragsfestsetzungen wurde mitgeteilt, daß die Begründung beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen eingesehen werden könne. Ferner wurde eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Sowohl eine Begründung als auch eine Rechtsmittelbelehrung sind beim Erlaß von Normen nicht vorgesehen. Die Absicht, sich den im Gesetzgebungsverfahren erfolgten Äußerungen anzuschließen (vgl im Ausschußbericht die Deutung "als gestaltender Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung" - BT-Drucks 11/3480 S 54) spricht ebenfalls dafür, daß die Beklagten die Form der Allgemeinverfügung gewählt haben. Ferner legt der Wortlaut des Gesetzes nahe, daß die Festbetragsfestsetzung in der Form des Verwaltungsaktes einfachgesetzlich geboten ist; denn § 35 Abs 7 Satz 2 und 3 SGB V bestimmen: "Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt." Ob die Festbetragsfestsetzung ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X ist, insbesondere ob sie die Regelung eines Einzelfalls enthält, oder ob sie im Sinne der Verfassung als Rechtsnorm erlassen werden mußte, ist für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage ohne Bedeutung. Beim Rechtsschutz gegen hoheitliches Handeln kommt es für den zulässigen Rechtsbehelf entscheidend auf die äußere Form an, nicht darauf, ob die gewählte Form des Verwaltungshandelns rechtlich zutreffend war; dies ist eine Frage der Begründetheit (vgl Vorlagebeschluß des erkennenden Senats vom 14. Juni 1995 - 3 KR 20/94 - NZS 1995, 502; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl 2000, § 35 RdNr 71).
2. Die Klägerin ist auch klagebefugt. Sie ist als Produzentin empfängnisverhütender Mittel durch die Festbetragsfestsetzung in ihrem Grundrecht aus Art 12 GG betroffen, so daß die Festbetragsfestsetzung an Art 12 Abs 1 Satz 2 GG zu messen ist, wonach die Berufsausübung nur durch Gesetz oder aufgrund verfassungsgemäßer gesetzlicher Ermächtigung geregelt werden kann (so auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1. September 1999 - 1 BvR 829/93, 1836/93 und 264/95 - zu Art 30 Abs 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) 1992, der für die Jahre 1993 und 1994 einen Preisabschlag und ein Preismoratorium für bestimmte Arzneimittel vorsah).
Art 12 Abs 1 GG gewährt dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als Beruf zu ergreifen und zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Er schützt insoweit auch inländische juristische Personen wie die Klägerin. Die Wirtschaftsverfassung enthält als eines ihrer Grundprinzipien den freien Marktwettbewerb. Die freie Entfaltung im Wettbewerb ist Bestandteil der Berufsausübung des Unternehmers und wird durch Art 12 Abs 1 GG geschützt (vgl BVerfGE 32, 311, 317; 46, 120, 137 f; BVerwGE 71, 183, 189). Der Schutzbereich, den Art 12 GG gewährleistet, wird nicht nur durch direkte Eingriffe des Gesetzgebers oder der Verwaltung in den freien Wettbewerb berührt; es reichen auch indirekte rechtliche Regelungen aus, die die Wettbewerbsbedingungen tatsächlich verändern. Dies ist schon bei staatlicher Planung und Subventionierung mit berufsregelnder Tendenz möglich (vgl BVerfGE 46, 120, 137; 82, 209, 223 f).
Die Festbetragsregelung für Arzneimittel wendet sich wie die Festbetragsregelung für Hilfsmittel nach der Formulierung der §§ 35 und 36 SGB V iVm §§ 31 Abs 2 und 33 Abs 2 SGB V zwar nur an die Versicherten, ohne die Leistungserbringer (Arzneimittelhersteller und Hilfsmittelerbringer) ausdrücklich anzusprechen. Das mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) geschaffene Instrument der Festbeträge zielt aber ganz vorrangig auf Einsparungen auf Kosten der Leistungserbringer und nimmt nur in engen Grenzen und nur für eine vorübergehende Zeit eine Belastung der Versicherten in Kauf (vgl im einzelnen Beschluss des erkennenden Senats vom 14. Juni 1995 - 3 RK 20/94 - NZS 1995, 502). Die Festbeträge bewirken, daß die Versicherten den Preis, soweit er den Festbetrag übersteigt, selbst zahlen müssen. Dies führt in der Praxis vielfach dazu, daß sich Arzneimittelhersteller gezwungen sehen, im Interesse ihrer Marktchancen die Preise auf das Festbetragsniveau herabzusetzen, weil die Versicherten in der Regel eine Zuzahlung vermeiden wollen. Bei einem Anteil der sozial Krankenversicherten von ca 90 vH der Bevölkerung kann ein Arzneimittelhersteller sich nicht allein auf dem freien Markt behaupten. Damit hat das Instrument der Festbeträge den Charakter einer Preisbeeinflussung im Sinne eines Eingriffs in den Wettbewerb durch ein Nachfragekartell.
Art 12 GG räumt gegen unzulässige Eingriffe in die Berufsfreiheit einen gerichtlich durchsetzbaren Abwehranspruch ein. Auch die prozessualen Vorschriften des GRG zur Festbetragsfestsetzung lassen erkennen, daß die Leistungserbringer (Arzneimittelhersteller und Hilfsmittelerbringer) ein Klagerecht haben sollen. Im Gesetz ist insoweit angeordnet, daß die Klage gegen die Festbetragsfestsetzung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 35 Abs 7 Satz 2 SGB V). Die Vorschrift regelt nach ihrer amtlichen Begründung den Rechtsschutz, dem die Festsetzung der Festbeträge als Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung unterliegt. Damit sollte nicht etwa nur klargestellt werden, daß eine unzulässige Klage keine aufschiebende Wirkung hat, die ihr sonst zukäme. Hätte der Gesetzgeber keine Klagemöglichkeit einräumen wollen, dann hätte er allenfalls die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen, aber nicht auch das Vorverfahren (§ 35 Abs 7 Satz 3 SGB V), und er hätte für die Festbetragsfestsetzung auch nicht die örtliche Zuständigkeit konzentriert (§ 57 Abs 4 SGG idF durch das GRG). Die gesetzliche Regelung wird im Schrifttum zutreffend als ausdrückliche Eröffnung einer Klagemöglichkeit verstanden (Hess im Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Januar 1998, § 35 SGB V RdNr 15). So haben es auch die Beklagten gesehen: Die der Festbetragsfestsetzung beigefügte Rechtsmittelbelehrung bezeichnet diese nicht als unanfechtbar, sondern geht von der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage aus.
3. Soweit die Klage auch die Rechtmäßigkeit der Gruppeneinteilung angreift, steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen, daß eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung unzulässig ist (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V). Damit wird eine gerichtliche Überprüfung der Gruppeneinteilung nicht entgegen Art 19 Abs 4 GG vollständig ausgeschlossen, sondern diese unterliegt erst im Rahmen einer Klage gegen die Festsetzung einer gerichtlichen Nachprüfung (BT-Drucks 11/3480 S 54).
4. Die Klage ist - entgegen der Ansicht des LSG - auch zulässig, soweit sie die Festbetragsfestsetzung des Jahres 1998 betrifft. Diese Festsetzung ist Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die ursprüngliche Festbetragsregelung von 1995 galt unbefristet. Dieser Verwaltungsakt (Allgemeinverfügung) ist für die Zeit ab 1. April 1998 durch einen neuen Verwaltungsakt geändert bzw abgelöst worden. Damit sind die Voraussetzungen des § 96 Abs 1 SGG gegeben.
Daraus ergibt sich zugleich, daß der Klage nicht das Rechtsschutzinteresse fehlt, soweit sie sich gegen die zum 1. April 1998 abgelöste alte Festbetragsfestsetzung des Jahres 1995 richtet. Zwar dürfte es vermutlich keine noch offenen Abrechnungsfälle für empfängnisverhütende Mittel aus der Zeit bis 1998 mehr geben. Es ist aber zu berücksichtigen, daß bei einer alleinigen Aufhebung der Festbetragsfestsetzung des Jahres 1998 die ursprüngliche Festbetragsregelung des Jahres 1995, die seinerzeit nicht befristet war, wieder in Kraft treten würde. Daher besteht das Rechtsschutzinteresse für die Klage auch gegenüber der alten Regelung des Jahres 1995.
5. Der Senat konnte den Rechtsstreit entscheiden, ohne das Bundeskartellamt zu beteiligen.
Nach § 90 Abs 1 Satz 1 GWB, das hier in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998 (BGBl I S 2546) anzuwenden ist, hat das Gericht das Bundeskartellamt über alle Rechtsstreitigkeiten zu unterrichten, die sich aus dem GWB, aus Kartellverträgen oder aus Kartellbeschlüssen ergeben. Die hier in Betracht zu ziehenden Regelungen des GWB sind jedoch seit dem 1. Januar 2000 nicht mehr auf Fälle der vorliegenden Art anwendbar. Nach § 69 SGB V in der seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung des GKV-GRG vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S 2626) regeln die Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V (§§ 69 bis 140h SGB V) sowie die §§ 63 und 64 SGB V "abschließend" die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihrer Verbände, einschließlich der Beschlüsse der Bundes- und Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 SGB V (Satz 1). Dies gilt auch dann, wenn durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind (Satz 4). In den - wie hier - von § 69 SGB V erfaßten Rechtsstreitigkeiten ist somit nicht mehr das nationale Kartellrecht des GWB (aA Engelmann NZS 2000, 213, 220), sondern nur noch das Wettbewerbsrecht der Europäischen Gemeinschaften anzuwenden. Zugleich ist die Zuständigkeit für kartellrechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Leistungserbringung in der GKV von den Zivilgerichten auf die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit übergegangen (§ 69 SGB V, § 51 Abs 2 Satz 2 SGG, § 87 Abs 1 GWB). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben daher in solchen Fällen aufgrund eigener Zuständigkeit auch über kartellrechtliche Fragen zu befinden. Weil das GWB nunmehr unanwendbar ist und bei Fragen des europäischen Wettbewerbsrechts, die von der Klägerin aufgeworfen worden sind, eine Unterrichtung des Bundeskartellamtes nach § 90 GWB nicht vorgesehen ist, war der Senat daher nicht gehalten, die bis zum 31. Dezember 1999 gebotene, von den Vorinstanzen aber unterlassene Unterrichtung nachzuholen.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet.
1. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) liegt vor.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet, daß das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muß (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 3).
Das LSG hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß es die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 17. Juni 1996 zurückgewiesen hat, ohne in den Entscheidungsgründen auf einen wesentlichen Teil der Darlegungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 20. Dezember 1996 einzugehen. Das LSG hat die Berufung "aus den Gründen des angefochtenen Urteils" des SG gemäß § 153 Abs 2 SGG zurückgewiesen, ohne sich mit den detaillierten Einwänden der Klägerin gegen die Ausführungen des SG im einzelnen auseinanderzusetzen. Seine ergänzenden Bemerkungen betrafen lediglich Fragen des Umfangs der sozialgerichtlichen Prüfungskompetenz und des Verfahrensrechts. Ein Berufungsgericht kann nur dann pauschal auf die Begründung des angefochtenen Urteils nach § 153 Abs 2 SGG verweisen, wenn es dem Urteil des SG nichts hinzuzufügen hat und es keinen neuen Vortrag tatsächlicher oder rechtlicher Art gibt (BVerwG Buchholz 312 EntlG Nr 17; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 153 RdNr 7). Die Einwände der Klägerin gegen bestimmte Aussagen und Auffassungen des SG zur Rechtmäßigkeit der streitigen Festbetragsfestsetzungen stellen einen solchen neuen Vortrag rechtlicher Art dar, auf den das LSG im einzelnen hätte eingehen müssen. Die Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil war insoweit nicht zulässig. Zudem hat das LSG die Berufung gleichermaßen auch "aus den Gründen des Vorbringens der Prozeßgegner der Klägerin" zurückgewiesen, ohne sich mit den eingehenden Darlegungen der Klägerin zu diesem Vorbringen im einzelnen zu beschäftigen und ohne zu kennzeichnen, ob es bei Differenzen in Einzelfragen dem SG oder den Prozeßgegnern der Klägerin folgt.
2. Die Frage, ob in der fehlerhaften Anwendung des § 153 Abs 2 SGG und der unzureichenden Auseinandersetzung des LSG mit dem Berufungsvorbringen der Klägerin über die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 3; Meyer-Ladewig aaO § 62 RdNr 7a) hinaus auch der Verfahrensmangel des Fehlens von Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG; § 202 SGG iVm § 551 Nr 7 Zivilprozeßordnung (ZPO)) gesehen werden kann (dazu BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 19; BGHZ 39, 333, 337; BVerwG Buchholz 310 § 133 VwGO Nr 92), kann offenbleiben. Denn auch ein sog absoluter Revisionsgrund zwingt nicht zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an die Vorinstanz, wenn - wie hier - eine Entscheidung in der Sache möglich ist (BSGE 75, 74, 75 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr 12).
3. Die Revision der Klägerin ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht begründet; denn der Klage ist stattzugeben. § 35 SGB V ermächtigt nicht zur Festsetzung von Festbeträgen für empfängnisverhütende Mittel, weshalb die angefochtenen Beschlüsse der Beklagten aufzuheben sind.
a) Der Senat hat in seinem Beschluss vom 14. Juni 1995 - 3 RK 20/94 - (NZS 1995, 502) die Auffassung vertreten, die Ermächtigung zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in § 35 SGB V verstoße gegen die nach dem GG für die Normsetzung geltenden Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Das Gesetz regele die Festbetragsfestsetzung als Erlaß eines Verwaltungsakts in Form der Allgemeinvergütung. Es hätte aber in Ansehung des Art 12 Abs 1 Satz 2 GG den Erlaß einer Rechtverordnung vorsehen müssen. An dieser Auffassung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der dagegen vorgebrachten Kritik (zB Hess aaO § 35 SGB V RdNrn 11a, 15) fest. Einer erneuten Vorlage an das BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG bedurfte es indes nicht, weil der Klage stattzugeben war, ohne daß es auf die Klärung der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 35 SGB V ankam.
b) Die Festsetzung von Festbeträgen für Ovulationshemmer ist schon von der Ermächtigungsgrundlage des § 35 SGB V nicht gedeckt.
Diese Vorschrift ermächtigt zur Festsetzung von Festbeträgen für "Arzneimittel". Empfängnisverhütende Mittel in Form oraler Kontrazeptiva, um die es hier geht, sind aber grundsätzlich keine Arzneimittel im Sinne des SGB V (so bereits BSG Urteil vom 24. Januar 1990 - 3 RK 18/88 - BSGE 66, 163 = SozR 3-2200 § 182 Nr 1 zur entsprechenden Regelung in der RVO). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Mittel bestimmungsgemäß zur Verhinderung einer unerwünschten Schwangerschaft eingenommen werden, was in 95 % aller Fälle zutrifft. Lediglich in den übrigen 5 % aller Fälle, in denen das Mittel zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird, die Empfängnisverhütung also notwendig ist, um zB einer Krankheit oder sonstigen körperlichen oder seelischen Schädigung vorzubeugen bzw diese zu bekämpfen, können orale Kontrazeptiva als Arzneimittel iS der §§ 31 und 35 SGB V angesehen werden. Die Ausklammerung oraler Kontrazeptiva in ihrer weit überwiegenden Funktion als Mittel zur Verhütung ungewollter Schwangerschaften aus dem Arzneimittelbegriff der §§ 31 und 35 SGB V ergibt sich bereits aus der Gegenüberstellung von § 24a Abs 2 SGB V einerseits und § 31 SGB V andererseits. § 24a Abs 3 SGB V verweist nur für die Zuzahlung bei empfängnisverhütenden Mitteln auf die Regelung des § 31 Abs 2 bis 4 SGB V über die Zuzahlung bei Arzneimitteln. Es gibt aber keine allgemeine Regelung, nach der empfängnisverhütende Mittel als Arzneimittel iS des § 31 oder des § 35 SGB V gelten oder Arzneimitteln im Bereich der GKV gleichgestellt werden. Zwar sind hormonsteuernde empfängnisverhütende Mittel Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 Nr 5 AMG. Der auf die medizinisch-physiologische Wirkungsweise der Mittel und die Gefahrenabwehr zugeschnittene Arzneimittelbegriff des AMG ist aber umfassender als der des SGB V, der allein auf die Bekämpfung und Verhütung von Krankheiten (§§ 1 und 27 SGB V) ausgerichtet ist (vgl Höfler im Kasseler Kommentar, § 31 SGB V RdNrn 4 bis 10; Gerlach in Hauck, SGB V, § 31 RdNr 15). Die Arzneimittelbegriffe des AMG und des SGB V sind zwar weitgehend deckungsgleich; für den Bereich der Empfängnisverhütung gilt dies aber gerade nicht. Für eine generelle Gleichstellung des Arzneimittelbegriffs des SGB V mit dem des AMG können sich die Beklagten auch nicht auf das Urteil des 8. Senats vom 28. Januar 1999 - B 8 KN 1/98 KR R - (SozR 3-2500 § 27 Nr 10) berufen. Zwar hat der 8. Senat dort ausgeführt, mit der zum 1. Juli 1997 erfolgten Einschränkung des § 31 Abs 1 SGB V auf "apothekenpflichtige" Arzneimittel sei der Arzneimittelbegriff des AMG auch für das SGB V maßgeblich geworden, er hat dies aber nur auf die im AMG enthaltene Abgrenzung der Arzneimittel von den Nahrungsmitteln bezogen. Für den Bereich der empfängnisverhütenden Mittel gilt die Gleichstellung mit dem Arzneimittelbegriff des AMG hingegen nicht; dazu hat sich der 8. Senat nicht geäußert. Auch in den Gesetzesmaterialien zum GSG vom 21. Dezember 1992 (BT-Drucks 12/3608 S 78) wird ausdrücklich zwischen Arzneimitteln und empfängnisverhütenden Mitteln differenziert. Diese Unterscheidung ist im übrigen auch deshalb geboten, weil empfängnisverhütende Mittel iS des § 24a SGB V zwar Arzneimittel iS des § 2 AMB sein können (hormonelle Kontrazeptiva), aber nicht sein müssen (zB Intrauterinpessare, Kondome).
c) Für empfängnisverhütende Mittel fehlt eine Ermächtigungsgrundlage für eine Festbetragsregelung, wie es sie für Arzneimittel gibt. § 31 Abs 2 SGB V, auf den in § 24a Abs 2 SGB V verwiesen wird, setzt eine Festbetragsfestsetzung nur voraus, ermächtigt aber nicht zu einer solchen. Als der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Schwangeren- und Familienhilfe vom 27. Juli 1992 (BGBl I S 1398) § 24a SGB V zum 5. August 1992 einführte, hätte er zur Erweiterung der Regelung des § 35 SGB V auf empfängnisverhütende Mittel entweder in § 35 SGB V oder in § 24a SGB V eine entsprechende Bestimmung einfügen müssen. Das ist nicht geschehen. Zum 1. Januar 1993 ist durch das GSG nur die Verweisung auf § 31 Abs 2 bis 4 SGB V in § 24a Abs 2, 2. Halbsatz SGB V eingefügt worden. Diese Verweisung hat für Zuzahlungen, für die sie gerade gelten soll, auch ohne die entsprechende Anwendbarkeit des auf § 35 SGB V hinweisenden ersten Halbsatzes des § 31 Abs 2 SGB V ihren Sinn. Nach § 31 Abs 2 SGB V trägt die KK für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 SGB V festgesetzt ist, die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel trägt die KK die vollen Kosten, jedoch jeweils ohne die vom Versicherten zu leistenden Zuzahlungen nach § 31 Abs 3 SGB V. Die auf nicht von Festbeträgen erfaßte Arzneimittel zugeschnittene zweite Alternative des § 31 Abs 2 SGB V ist daher auf empfängnisverhütende Mittel nach § 24a Abs 2 SGB V entsprechend anwendbar; die in dieser Vorschrift enthaltene Verweisung auf § 31 Abs 2 SGB V geht nicht ins Leere.
d) Weil die Verweisung in § 24a Abs 2 SGB V auf § 31 Abs 2 bis 4 SGB V auch ohne Festbetragsfestsetzung sinnvoll bleibt, scheidet die Möglichkeit aus, der Verweisung den Sinn einer - grundsätzlich ausreichenden - konkludenten Ermächtigung zur Festsetzung von Festbeträgen für empfängnisverhütende Mittel beizulegen. Nur wenn § 31 Abs 2 SGB V allein von Arznei- oder Verbandmitteln handeln würde, für die ein Festbetrag festgesetzt ist (erste Alternative), käme eine generelle Gleichstellung von empfängnisverhütenden Mitteln mit Arzneimitteln im Bereich des SGB V in Betracht, weil sich daraus ableiten ließe, daß der Gesetzgeber die Festsetzung von Festbeträgen für empfängnisverhütende Mittel in seinen Willen aufgenommen hätte und dies auch so regeln wollte, es sich also bei der jetzigen Verweisungsregelung des § 24a Abs 2 SGB V, die § 35 SGB V nicht nennt, um ein Redaktionsversehen handeln würde.
e) Festbetragsregelungen sind nach § 35 Abs 2 Satz 1 SGB V zudem nur für Arzneimittel zulässig, die der Bundesausschuß der Ärzte und KKn in einer Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V genannt hat. Diese Richtlinie betrifft aber nur die "Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung und häuslicher Krankenpflege", während alle "Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b" in einer gesonderten Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 11 SGB V zu regeln sind. Mangels allgemeiner Gleichstellung von empfängnisverhütenden Mitteln mit Arzneimitteln im SGB V kann die Arzneimittel-Richtlinie nach Nr 6 sich nicht mit Ovulationshemmern beschäftigen (Text in Hauck, SGB V, C 430). Zu Recht sind daher diese Mittel in der "Sonstige-Hilfen-Richtlinie" erwähnt (vgl Teil B Nrn 10, 11; Text in Hauck, SGB V, C 465).
f) Auch eine analoge Anwendung des § 35 Abs 1 SGB V scheidet aus. Die Gesetzesmaterialien geben keinen gesicherten Hinweis darauf, daß der Gesetzgeber auch für empfängnisverhütende Mittel die Festsetzung von Festbeträgen - ähnlich wie bei Arzneimitteln - ermöglichen wollte. Es gibt auch im Hinblick auf das Einsparpotential keine Notwendigkeit, in diesem Bereich mit Festbeträgen zu arbeiten, weil nur Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr einen Versicherungsanspruch haben, während der ganz überwiegende Teil die oralen Kontrazeptiva selbst voll bezahlen muß. Daher mangelt es bereits an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke.
Eine Ausweitung des § 35 SGB V auf empfängnisverhütende Mittel wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Auch hier ist zu berücksichtigen, daß nur ein relativ kleiner Personenkreis den Versicherungsschutz des § 24a Abs 2 SGB V genießt, die Festsetzung von Festbeträgen aber zur Folge hat, daß die Hersteller hormoneller Kontrazeptiva wegen des Gebots einheitlicher Apothekenabgabepreise (§ 78 Abs 2 Satz 2 AMG) gezwungen werden, die Preise generell, also auch für Frauen ab dem 21. Lebensjahr, auf die Festbetragshöhe zurückzunehmen. Dies wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art 12 Abs 1 GG).
Das BVerfG hatte sich auf Verfassungsbeschwerden verschiedener Arzneimittelhersteller hin mit der in etwa vergleichbaren Regelung des Art 30 Abs 1 des GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266) zu befassen, nach der für die Jahre 1993 und 1994 ein Preisabschlag und ein Preismoratorium für bestimmte Arzneimittel vorgesehen war. Die 2. Kammer des Ersten Senats hat diese Vorschrift als unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Arzneimittelhersteller (Art 12 Abs 1 GG) angesehen und sie für verfassungsrechtlich bedenklich erachtet, soweit in den Anwendungsbereich des Art 30 Abs 2 GSG auch solche apothekenpflichtigen Arzneimittel einbezogen waren, die - wie im Falle der damaligen Beschwerdeführerinnen - nur ausnahmsweise von der Arzneimittelversorgung der Versicherten gemäß § 31 Abs 1 SGB V umfaßt waren (Beschluss vom 1. September 1999 - 1 BvR 829/93, 1836/93 und 264/95). Das BVerfG sah hierin eine Verletzung des Gebots der Verhältnismäßigkeit. Die betroffenen Regelungen seien zwar geeignet und erforderlich gewesen; sie bewirkten jedoch einen unverhältnismäßigen grundrechtlichen Eingriff und seien den Beschwerde führenden Arzneimittelherstellern nicht zuzumuten. Der Gesetzgeber habe auch unter Berücksichtigung der ihm im Bereich von Regelungen der Berufsausübung verfassungsrechtlich erlaubten generalisierenden Betrachtungsweise (vgl BVerfGE 30, 292, 316 f; 68, 193, 219) die Preise solcher Arzneimittel nicht schematisch einem Abschlag unterwerfen dürfen, die nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht, nur ausnahmsweise oder nur mit einem verhältnismäßig geringen Prozentsatz zu Lasten der GKV verordnet werden konnten. Dies gelte insbesondere für die Gruppe der oralen Kontrazeptiva. Auch deren Preise seien durch die Regelung insgesamt abgesenkt worden, obgleich sich Einsparungen für die GKV nur in dem von ihr finanzierten Marktanteil erzielen ließen. Soweit die Regelung über diesen mit etwa 10 % anzusetzenden Anteil am Umsatz der Beschwerdeführerinnen hinausgriff, habe sie eine Kostenentlastung der Verbraucherinnen und keine Entlastung der GKV bewirkt. Der Gesetzgeber habe sich auch nicht darauf berufen können, daß die Hersteller von verordnungsfähigen Arzneimitteln zu ihrem Nutzen in das System der GKV eingebunden seien, das die Mitglieder der GKV finanzieren und in dem ein freier und transparenter Wettbewerb nur als eingeschränkt vorhanden gelte (vgl auch BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 1990 - SozR 3-2500 § 311 Nr 1). Dies könne zwar Eingriffe des Gesetzgebers auch in die Preisbildung rechtfertigen. Sie müßten aber den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an Beschränkungen der Freiheit der Berufsausübung genügen. Gleiches gelte für die Erwägung des Gesetzgebers, daß er bei Erlaß seiner Regelung im internationalen Vergleich verhältnismäßig hohe Arzneimittelpreise in Deutschland vorgefunden habe. Die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelungen werde auch nicht durch die Erwägung des Gesetzgebers gewahrt, aus praktischen Gründen sei eine Begrenzung des Preisabschlags auf solche Arzneimittel nicht möglich gewesen, die überwiegend oder im Einzelfall zu Lasten der GKV verordnet würden. Stehe ihm ein verhältnismäßiges Mittel zur Erreichung seiner Ziele nicht zur Verfügung, so müsse er von dem entsprechenden Eingriff Abstand nehmen.
Daraus folgt, daß eine Festbetragsregelung auch dann als verfassungsrechtlich bedenklich anzusehen ist, wenn - wie hier - nur etwa 20 % der verordneten Ovulationshemmer von den gesetzlichen KKn zu bezahlen sind, aber die große Mehrheit der Verbraucherinnen (80 %), die diese Mittel auf eigene Kosten erwerben, ebenfalls von den Festbeträgen profitiert, weil ihr die auf diese Höhe abgesenkten Preise zugute kommen, ohne daß insoweit ein rechtfertigender Grund für die Einschränkung der Freiheit der Berufsausübung der Produzenten vorliegt.
g) Der Umstand, daß etwa 5 % der Verordnungen von Ovulationshemmern zu dem therapeutischen Zweck erfolgen, eine Krankheit der Frau zu verhüten oder zu heilen und damit der Sache nach eine Verordnung eines "Arzneimittels" iS des § 31 SGB V vorliegt (vgl BSGE 66, 163 = SozR 3-2200 § 182 Nr 1), führt nicht dazu, daß jedenfalls aus diesem Grund eine Festbetragsfestsetzung nach § 35 SGB V zulässig ist. Zwar ließe sich die Ansicht vertreten, die Regelung des § 35 SGB V sei in diesem Teilbereich anwendbar, weil hier das empfängnisverhütende Mittel wie ein Arzneimittel angewendet werde und damit der Arzneimittelbegriff des SGB V erfüllt sei. Die Festsetzung von Festbeträgen für diesen Teilbereich wäre aber ebenfalls verfassungsrechtlich bedenklich, weil der rechtfertigende Grund der Kosteneinsparung für die KKn wegen der allgemein preisbegrenzenden Wirkung der Festbeträge auch für die nicht betroffenen Frauen (95 %) im Hinblick auf die Schwere des damit verbundenen Eingriffs in die Freiheit der Berufsausübung der Produzenten unverhältnismäßig wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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