Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
9
1. Instanz
SG Hildesheim (NSB)
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 1/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. November 2000 insoweit aufgehoben, als es die Frage der Anerkennung einer "Arthrose des rechten Hüft- und Kniegelenkes" als Schädigungsfolge und eine sich daraus ergebende höhere Beschädigtenrente betrifft. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Revision des Klägers als unzulässig verworfen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen (SF) nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und - auch im Hinblick auf eine Verschlimmerung bereits anerkannter SF - über die Gewährung von Rente nach einer höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).
Der 1929 geborene Kläger erlitt im März 1945 als Soldat beim Transport von Munitionskisten Verletzungen im Bereich des linken Beines. Mit Bescheid vom 24. Juni 1983 erkannte der Beklagte beim Kläger als SF "in erheblicher Achsenknickung verheilter Schienbeinkopfbruch links mit leichter Verkürzung des linken Unterschenkels, Seitenbandlockerung des linken Kniegelenkes, Arthrose des linken Hüftgelenkes" an und gewährte ihm Beschädigtenrente nach einer MdE um 30 vH. Auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 18. Dezember 1989 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 3. Mai 1990 idF des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1990 als zusätzliche SF "Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Verschlimmerung anlagebedingter Veränderungen" und eine MdE von 40 vH fest. Die auf Berücksichtigung einer höheren MdE gerichtete Klage nahm der Kläger am 1. September 1992 zurück, wobei er gleichzeitig beim Beklagten die Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins beantragte. Am 16. Oktober 1993 stellte er zusätzlich einen "Verschlimmerungsantrag" im Hinblick auf Beschwerden im r e c h t e n Kniegelenk, wobei er bat, "als Datum der Anerkennung den 1. Dezember 1989 zu berücksichtigen". Unter dem 11. April 1994 erkannte der Beklagte ein besonderes berufliches Betroffensein an, wodurch sich die MdE auf 50 vH erhöhte. Wegen des Verschlimmerungsantrages wurde dabei auf den gesonderten Bescheid vom 12. April 1994 verwiesen; mit diesem wurde eine Neufeststellung abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 16. September 1994).
Im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht (SG) Hildesheim zunächst von Amts wegen ein medizinisches Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 13. Februar 1996 ein und hörte sodann auf Antrag des Klägers den Sachverständigen Dr. K ... Dieser vertrat in seinem Gutachten vom 21. Januar 1997 die Ansicht, es sei schädigungsbedingt zu einem erhöhten Verschleiß der medialen Gelenkfläche des rechten Kniegelenks gekommen, weswegen die (medizinische) MdE - statt mit 40 vH - mit 50 vH zu bewerten sei. Gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 10. Juni 1997 legte der Kläger Berufung ein. Das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) ließ sich von Prof. Dr. N. unter dem 17. September 1998 ein Gutachten erstatten, worin die Verschleißerscheinungen im rechten Kniegelenk des Klägers - gestützt auf die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) - für anlage- und altersbedingt gehalten wurden. Der nunmehr vom LSG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Sachverständige Dr. H. , der schon an dem Gutachten des Dr. K. mitgewirkt hatte, gelangte in seinem Gutachten vom 2. Mai 2000 zu der Beurteilung, dass bzgl des rechten Knies und der rechten Hüfte die medizinische Lehrmeinung unverändert fortbestehe. Neue Aspekte gegenüber dem Gutachten des Dr. K. ergäben sich nicht. Daraufhin bat der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Juni 2000, diesem Sachverständigen noch folgende Fragen vorzulegen:
Basiert die im Widerspruchsbescheid vom 16. September 1994 zitierte Lehrmeinung auf statistischen Vergleichen bei der Untersuchung von Oberschenkelamputierten mit gesunden Menschen?
Gibt es entsprechende Studien für Fälle einseitiger Beinverkürzung oder Beinfehlstellung?
Gibt es überhaupt eine Lehrmeinung für die Fälle zu Frage 2?
Gibt es statistische Erhebungen über Gelenkveränderungen der gesunden Gliedmaße, wenn bei einem kranken Gliedmaß eine Verkürzung sowie eine Fehlstellung in Kombination vorliegen?
Gibt es eine entsprechende Lehrmeinung? Können Sie entsprechende Lehrmeinungen zitieren?
Das LSG hat von einer Weiterleitung dieser Fragen an den Sachverständigen Dr. H. abgesehen und die Berufung durch Urteil vom 22. November 2000 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung weiterer SF. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der arthrotischen Veränderungen seines rechten Hüft- und Kniegelenkes. Es sei zwar durchaus vorstellbar, dass eine Beinlängendifferenz zu einer Fehlbelastung der längeren Extremität und damit letztlich zu einem vermehrten Verschleiß führen könne. Diese Auffassung habe auch der vom SG gehörte Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten vom 21. Januar 1997 vertreten. Dass ein solcher Zusammenhang grundsätzlich bestehe, sei aber nach wie vor nicht erwiesen. Die entsprechende medizinische Lehrmeinung habe auch ihren Niederschlag in RdNr 129 Abs 2 der Ausgabe 1996 der AHP gefunden. Zwar könnten nach Abs 4 der RdNr 129 der AHP auch bei nicht ausgeglichenen Beinverkürzungen die gleichen Folgen am Bewegungsapparat auftreten wie nach einer Amputation mit vergleichbarer Funktionsstörung, doch rechtfertige eine der Funktionsstörung des Klägers entsprechende amputationsbedingte Funktionsstörung gerade nicht die Annahme einer sehr ausgeprägten Fehlbelastung. Die Funktionsstörung des Klägers wäre mit einer durch eine geringfügig zu kurze Prothese versorgten Unterschenkelamputation vergleichbar.
Der Senat sehe keinen Anlass, den von dem Kläger im Schriftsatz vom 26. Juni 2000 aufgeworfenen Fragen nachzugehen. Selbst wenn die den AHP zu Grunde liegende medizinische Lehrmeinung, wie der Kläger vermute, nur auf die Auswertung statistischen Materials anhand von Oberschenkelamputationen beruhe, so lasse sich daraus für den Kläger nichts herleiten. Beruhe nämlich, wie sich aus dem Text des Abs 2 der RdNr 129 der AHP ergebe, die medizinische Lehrauffassung auf der Beobachtung, dass erst bei Unmöglichkeit einer Prothesenversorgung mit Folgeveränderungen an der nicht verletzten Extremität zu rechnen sei, so folge daraus im Umkehrschluss, dass solche Folgeveränderungen bei (auch nicht optimaler) Prothesenversorgung nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten seien. Von den SF am linken Unterschenkel des Klägers seien jedenfalls keine stärkeren Auswirkungen auf die Statik des linken Beines, des Beckens und des rechten Beines zu erwarten als bei einer Amputation mit nicht optimal längenangepasster Prothese. Das gelte auch hinsichtlich der - nur nach hinten gerichteten - Achsenabweichung des Unterschenkels. Funktionell wirksam habe allein die Beinverkürzung werden können, die zwischen 2 und 2,5 cm und erst ab 1995 2,8 cm betragen habe. Es stehe zur Überzeugung des Senats fest, "dass die medizinische Lehrmeinung auch für der Verletzung des Klägers vergleichbare Amputationsfolgen einen Zusammenhang zu nachfolgenden Verschleißveränderungen an der nicht verletzten Extremität nicht als gesichert annehmen würde". Ein Ursachenzusammenhang sei daher auch im Falle des Klägers nicht wahrscheinlich zu machen.
Der Kläger habe gemäß § 30 Abs 1 BVG auch wegen Verschlimmerung der anerkannten SF keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach einer höheren MdE als 40 vH. Ein solcher Anspruch würde gemäß § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen seit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1990 voraussetzen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe aber zur Überzeugung des Senats fest, dass hinsichtlich der mit den genannten Bescheiden anerkannten SF im Bereich des linken Knies, des linken Hüftgelenkes und der Wirbelsäule eine wesentliche Veränderung nicht eingetreten sei.
Zwar ergäben sich aus den medizinischen Unterlagen gewisse Anhaltspunkte dafür, dass die Funktionsstörung des linken Hüftgelenkes des Klägers vorübergehend bis zu der im Januar 1997 erfolgten endoprothetischen Versorgung der linken Hüfte zugenommen haben könnte, doch seien diese zu unklar, um dadurch eine sich wesentlich auf die Höhe der schädigungsbedingten MdE auswirkende Änderung als nachgewiesen ansehen zu können. Der Sachverständige Dr. B. habe in seinem Gutachten vom 13. Februar 1996 zwar eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes von 0-10-70° angegeben, was nach RdNr 26.18 der AHP eine Höherstufung dieses Teilaspektes rechtfertigen könnte. Zugleich habe Dr. B. aber ausgeführt, zum damaligen Zeitpunkt sei auch eine Beugung des Hüftgelenkes bis zu 110° möglich gewesen, wenn auch nur unter gleichzeitiger Außenrotation.
Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger einerseits Verfahrensmängel, andererseits Verletzung materiellen Rechts. Dazu trägt er ua vor:
1. Das LSG hätte seine mit Schriftsatz vom 26. Juni 2000 gestellten und von ihm zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Fragen an den Sachverständigen weiterleiten müssen. Denn diese Fragen seien nicht durch den "gesunden Menschenverstand", sondern nur durch einen Sachverständigen zu klären:
Das Gutachten des Dr. K. vom 21. Januar 1997 habe die Kausalität zwischen der anerkannten Schädigung des linken Beines und den Schäden am rechten Kniegelenk festgestellt. Wenn demgegenüber der Knieschaden rechts auf Grund der AHP nicht als SF anerkannt werde, dann seien seine zur Stichhaltigkeit der AHP gestellten Fragen sachdienlich. Die Aussage der AHP auf S 302 Nr 129 Abs 4 sei zudem interpretationsbedürftig. Es bleibe im Dunkeln, ob die Schädigung während der Wachstumsphase im Alter von 15 Jahren, im Zusammenwirken mit Beinverkürzung und Beinfehlstellung über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren, eine Schädigung auch des gesunden Knies am rechten Bein wahrscheinlich machen könne.
2. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. vom 2. Mai 2000 befasse sich mit der Verschlimmerung der Schäden an der linken Hüfte und stelle für die Jahre 1991 bis 1997 eine erhebliche Verschlimmerung fest. Diese durch Befundberichte des behandelnden Arztes und Röntgenaufnahmen zusätzlich objektivierten Erkenntnisse seien vom Berufungsgericht ignoriert worden. Dabei rechtfertige der von Dr. B. erhobene Grad der Bewegungseinschränkung von 0-10-70 nach den AHP Nr 26.18 einen Einzelwert der MdE von 30 vH. Dieser Einzelwert werde nur unwesentlich dadurch abgeschwächt, dass die "Bewegung" bis 110° bei gleichzeitiger Außenrotation möglich gewesen sei. Anerkannt und in der angegriffenen MdE von 40 vH nach § 30 Abs 1 BVG enthalten sei ein Einzelwert für die linke Hüfte von nur 10 bis 20 vH. Im Hinblick auf die massive Progredienz des Hüftleidens hätte das LSG durch den Gutachter Dr. H. die Gesamt-MdE für die Zeit bis Februar 1997 eruieren lassen müssen. Das Unterlassen dieser Aufklärung führe zu dem weiteren Verfahrensmangel, da das LSG seine Sachkunde an die Stelle der Sachkunde des Gutachters gerückt habe.
3. Er (der Kläger) habe die Gesamt-MdE aus § 30 Abs 1 und Abs 2 BVG der gerichtlichen Prüfung unterstellt. Das Gericht hätte deshalb den § 30 Abs 2 BVG betreffenden Abhilfebescheid des Beklagten vom 11. April 1994 mit zum Gegenstand des Verfahrens machen müssen. Werde der Abhilfebescheid nicht mit in das Verfahren einbezogen, dann entstünde bei Obsiegen des Klägers ein Widerspruch zwischen Urteil und Bescheidlage.
4. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Unterscheidung zwischen Mitursache und Verschlimmerungsursache gerade bei typischen Anlageleiden geboten. Alle Gutachter hätten bei ihm die Funktionsstörung an der Lendenwirbelsäule als richtungweisende Verschlimmerung interpretiert, ohne die Frage zu klären, ob die seit Oktober 1968 bekannten Veränderungen der Lendenwirbelsäule durch den Kriegsschaden im Sinne der Entstehung mitverursacht worden seien. Das LSG habe es nicht als klärungsbedürftig angesehen, ob eine bestehende Schwäche der Lendenwirbelsäule als "ruhende Anlage" erst durch die Einwirkung des Kriegsschadens ausgelöst worden sei, was ohne gutachterliche Befragung nicht ausgeschlossen werden könne. Liege eine Mitverursachung der Lendenwirbelsäulenerkrankung vor, so habe dies Auswirkungen auf die Bildung des Gesamtgrades der MdE.
In seinem Verschlimmerungsantrag vom 16. Oktober 1993 habe er die Nichtberücksichtigung des Schadens am rechten Knie als "Verschlimmerung" geltend gemacht, obwohl er selbst darauf abgestellt habe, dass diese Frage bereits Gegenstand des vorangegangenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens gewesen sei. Somit habe er keinen Antrag nach § 48 SGB X, sondern in Wirklichkeit einen solchen nach § 44 SGB X gestellt. Habe aber ein solcher Antrag vorgelegen, dann hätte das LSG auch die Ursachenfrage bei dem Schaden an der Lendenwirbelsäule gutachtlich klären lassen müssen. Damit sei das LSG dem Streitgegenstand, der sich aus § 44 SGB X entfalte, nicht gerecht geworden. Diese Verkennung des Streitgegenstandes führe auch dazu, dass die Kausalitätsfrage beim Lendenwirbelsäulenschaden gar nicht mehr thematisiert werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 22. November 2000 abzuändern und den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Er sieht sich durch eine von ihm vorgelegte gutachtliche Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. R. vom 17. April 2002 in der Auffassung bestärkt, dass ein etwaiger Verfahrensmangel für die Entscheidungsfindung nicht kausal gewesen sei.
Die Beteiligten haben sich beide mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (vgl § 124 Abs 2 SGG).
II
Die Revision des Klägers ist teilweise unzulässig.
Allerdings ist der vom Kläger gestellte Revisionsantrag hinreichend bestimmt iS des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Zwar hat der Kläger mit seiner Revision nur beantragt, das Urteil des LSG abzuändern und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückzuverweisen, jedoch lässt sich sein materielles Prozessziel mit hinreichender Sicherheit aus seiner Revisionsbegründung entnehmen (vgl dazu BSG, Urteil vom 24. Juni 1993, SozR 3-6050 Art 69 Nr 4 S 9 f). Danach will er zumindest seinen vor dem LSG gestellten und im Berufungsurteil wiedergegebenen Antrag weiterverfolgen, das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1994 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, als weitere SF nach dem BVG "Arthrose des rechten Hüft- und Kniegelenkes" festzustellen und ihm gemäß § 30 Abs 1 und 2 BVG Beschädigtenversorgung nach einer MdE um 60 vH ab Oktober 1993 zu gewähren. Darüber hinaus erstrebt er nunmehr die Verurteilung des Beklagten zur Anerkennung von "Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule" als SF im Sinne der Entstehung.
Soweit der Kläger geltend macht, das LSG hätte sich auch mit der Frage befassen müssen, ob die bei ihm bestehende SF "Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule" iS der Entstehung (statt bisher "iS der Verschlimmerung anlagebedingter Veränderungen") anzuerkennen ist, liegt darin eine unzulässige Klageänderung in der Revisionsinstanz, die gemäß § 168 Satz 1 SGG unzulässig ist, da mit ihr - im Hinblick auf die erforderliche Prüfung eines besonderen Sachverhaltes - eine Änderung des Klagegrundes (vgl § 99 Abs 3 SGG) verbunden ist (vgl Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand: 10/1994, § 168 SGG RdNr 5, mwN). Die Revision des Klägers ist mithin insoweit als unzulässig zu verwerfen (vgl dazu Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 7. Aufl, 2002, § 168 RdNr 2d).
Die Revision ist auch insoweit unzulässig, als der Kläger - in Weiterverfolgung seiner vorinstanzlichen Anträge - die Ablehnung seines am 16. Oktober 1993 gestellten Verschlimmerungsantrages mit der Begründung angreift, der Zustand der als SF anerkannten Arthrose des linken Hüftgelenkes habe sich in der Zeit bis 1997 verschlechtert. Hierzu fehlt es schon an einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG).
Den insoweit ausdrücklich allein gerügten Verfahrensmangel einer Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet. Der damit angesprochene Verstoß gegen die freie richterliche Beweiswürdigung würde nur vorliegen, wenn das Tatsachengericht erhebliche tatsächliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hätte. Zur Begründung der erhobenen Verfahrensrüge wäre auch die Darlegung erforderlich gewesen, inwiefern die Vorinstanz auf der Grundlage ihrer materiellen Rechtsauffassung bei einer sachgerechten Würdigung der übergangenen Tatumstände möglicherweise zu einem für den Revisionsführer günstigeren Urteil gelangt wäre. Diesen Erfordernissen hat der Kläger nicht hinreichend Rechnung getragen. Er macht geltend, das LSG habe zwei bedeutsame Punkte ignoriert. Soweit er dazu auf die ein Jahr nach der für ihn ungünstigen Begutachtung durch Dr. B. erfolgte Hüftgelenkserneuerung verweist, lässt er außer Acht, dass die Vorinstanz diesen Umstand in der von ihm selbst zitierten Passage des Berufungsurteils angesprochen hat (" ... bis zu der im Januar 1997 erfolgten prothetischen Versorgung ..."). Entsprechendes gilt für den vom Kläger in diesem Zusammenhang herausgestellten Grad der Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk. Macht der Kläger demnach im Grunde lediglich geltend, das LSG habe die betreffenden Umstände nicht so gewertet, wie er es für richtig hält, hat er damit keinen Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG dargelegt (vgl zB BSG, Urteil vom 24. Mai 1984 - 2 RU 12/83 -).
Auch soweit das Vorbringen des Klägers dahin zu verstehen ist, dass er eine mangelnde Sachaufklärung (§ 103 SGG) durch das LSG rügen will, reicht die Revisionsbegründung nicht aus. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, inwiefern sich das LSG dazu hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen bezüglich des Zustandes des linken Hüftgelenkes in der Zeit vor 1997 anzustellen. Soweit er geltend macht, der Sachverständige Dr. B. habe die von ihm, dem Kläger, angegebenen Schmerzen und Beschwerden bei seiner Gesamtbeurteilung unberücksichtigt gelassen, fehlt es an Ausführungen dazu, inwiefern er auf diesen möglichen Mangel des Gutachtens im Berufungsverfahren hingewiesen hat, um das LSG zu weiterer Sachaufklärung in dieser Richtung zu veranlassen.
Im Übrigen ist die Revision des Klägers zulässig und im Wesentlichen begründet. In diesem Umfang führt sie im Hinblick auf insoweit noch erforderliche Ermittlungen zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Soweit der Kläger rügt, die Vorinstanz habe den Bescheid vom 11. April 1994 über die Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins nicht in das Verfahren einbezogen, kann er damit allerdings nicht durchdringen; denn er hat mit diesem Vorbringen keinen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Insbesondere hat er nicht dargetan, inwiefern seine Berufung vom LSG nicht zurückgewiesen worden wäre, wenn die im Bescheid vom 11. April 1994 vorgenommene Erhöhung der MdE von 40 auf 50 vH im landessozialgerichtlichen Urteil berücksichtigt worden wäre.
Dagegen weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass der Bescheid vom 12. April 1994 auch die Ablehnung seines Antrages enthält, ihn belastende, früher ergangene Verwaltungsakte nach § 44 SGB X zu überprüfen. Dieser auf den Antrag vom 16. Oktober 1993 ergangene Bescheid ist zwar ausdrücklich nur auf § 48 SGB X (Änderung der Verhältnisse) gestützt. Es ist ihm jedoch zu entnehmen, dass der betreffende Antrag des Klägers auch insoweit abgelehnt werden sollte, als er iS von § 44 SGB X die Aufhebung von Vorbescheiden wegen (angeblicher) ursprünglicher, den Kläger belastender Rechtswidrigkeit bezweckte. Dies gilt namentlich für die damit vom Kläger geltend gemachte Anerkennung seiner Beschwerden im rechten Knie als SF mit Wirkung ab 1. Dezember 1989 (Zeitpunkt seines ersten Neufeststellungsantrages). Diesbezüglich beschränkt sich der Bescheid vom 12. April 1994 nämlich nicht auf einen Vergleich der Verhältnisse von 1990 und 1994, sondern behandelt die Frage eines ursächlichen Zusammenhanges umfassend.
Im Hinblick auf den vom LSG festgestellten Zeitpunkt des Auftretens der Veränderungen am rechten Knie- und Hüftgelenk des Klägers (1981 bzw 1983) kommt nicht nur eine Unrichtigkeit der mit Bescheid vom 3. Mai 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1990 getroffenen Neufeststellung, sondern auch des Erstanerkennungsbescheides vom 24. Juni 1983 in Betracht. Die genannten Gesundheitsstörungen sind in diesen Verwaltungsakten dann zu Unrecht nicht als SF anerkannt worden, wenn sie iS von § 1 BVG mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das im März 1945 eingetretene schädigende Ereignis zurückzuführen sind. Das LSG hat einen derartigen ursächlichen Zusammenhang verneint. Diese Feststellung ist für den erkennenden Senat jedoch nicht iS von § 163 SGG bindend. Denn insoweit greift die Verfahrensrüge des Klägers durch, das LSG habe den gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. die von ihm schriftlich gestellten Fragen unzulässigerweise nicht zur Beantwortung vorgelegt.
Nach § 116 Satz 2 SGG und entsprechend den nach § 118 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren §§ 402, 397, 411 Abs 4 Zivilprozessordnung (ZPO) hat ein Beteiligter das Recht, sachdienliche Fragen an den Sachverständigen zu richten, solange dies nicht verspätet oder missbräuchlich ist (vgl dazu Senatsurteil vom 12. April 2000, SozR 3-1750 § 411 Nr 1). Diese Befugnis ist Ausfluss seines Anspruchs auf rechtliches Gehör iS von § 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) (vgl dazu BVerfG, Beschluss vom 3. Februar 1998, NJW 1998, 2273; Senatsbeschluss vom 3. März 1999, SGb 2000, 269).
Im vorliegenden Fall hat das LSG dieses Fragerecht des Klägers verletzt. Eine vorwerfbare Verspätung oder ein Missbrauch liegen hier fern, da der Kläger seine an den Sachverständigen Dr. H. gerichteten Fragen mit Schriftsatz vom 28. Juni 2000 dem Gericht übermittelt hat, nachdem ihm das Gutachten dieses Sachverständigen vom 2. Mai 2000 mit richterlicher Verfügung vom 25. Mai 2000 übersandt worden war. Die Fragen, die nach dem Inhalt des Berufungsurteils Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gewesen sind, waren nach dem damaligen Stand des Verfahrens objektiv sachdienlich (vgl dazu BSG, Urteil vom 5. Mai 1961, SozR Nr 160 zu § 162 SGG); sie betreffen Existenz und Inhalt von Lehrmeinungen zu den Auswirkungen von Beinverkürzungen bzw Beinfehlstellungen auf die Verhältnisse des anderen Beines.
Die genannten Fragen beziehen sich auf den hier entscheidenden Streitpunkt, nämlich das Problem eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen den anerkannten SF am linken Bein des Klägers und den als SF geltend gemachten arthrotischen Veränderung an dessen rechtem Bein. Da sich die einen derartigen Zusammenhang verneinenden Sachverständigen auf die herrschende Lehrmeinung und der Beklagte speziell auf die AHP berufen haben, die sich wiederum im Wesentlichen auf die herrschende Lehrmeinung stützen (vgl zB Senatsurteil vom 11. Oktober 1994, BSGE 75, 176, 178 = SozR 3-3870 § 3 Nr 5 S 7 f), war es zunächst sachdienlich, der Frage nachzugehen, ob die Gutachter und die AHP den gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Lehrmeinung zutreffend wiedergeben. Hinzu kommt, dass die in den Vorinstanzen gehörten Sachverständigen die einschlägige Lehrmeinung nicht im Einzelnen dargelegt und auf den vorliegenden Fall angewandt haben. Auch enthalten die AHP unter Nr 129 Abs 4 bezüglich Gliedmaßenschäden (also nicht Gliedmaßenverlusten) nur eine allgemeine Formulierung, die für die Anwendung im Einzelfall einer näheren Interpretation bedarf. Dort heißt es nämlich nur, dass bei Gliedmaßenschäden (zB nicht ausgeglichene Beinverkürzungen, Gelenkversteifungen in ungünstiger Stellung) die gleichen Folgen am Bewegungsapparat auftreten können, wie nach einer Amputation mit vergleichbarer Funktionsstörung.
Das LSG hat die Fragen des Klägers nicht prozessordnungsgerecht behandelt, indem es unterließ, sie dem Sachverständigen Dr. H. oder einem anderen sachkundigen Mediziner zur Beantwortung vorzulegen. Mit den vom LSG angestellten Erwägungen lässt sich diese Verfahrensweise nicht rechtfertigen. Dabei hat das LSG unterstellt, dass die den AHP zu Grunde liegende medizinische Lehrmeinung - entsprechend der Vermutung des Klägers - nur auf der Auswertung statistischen Materials anhand von Oberschenkelamputationen beruht, und auf dieser Grundlage unter Hinweis auf eine geringe Beinlängendifferenz und eine nach hinten gerichtete Achsenabweichung des linken Unterschenkels die Möglichkeit einer für den Kläger günstigen Beurteilung verneint. Abgesehen davon, dass es fraglich ist, ob der - an sich nachvollziehbare - Gedankengang des LSG insoweit ohne medizinische Sachkunde als hinreichend gesichert gelten darf, hat die Vorinstanz damit die Fragen des Klägers zur einschlägigen medizinischen Lehrmeinung nicht erschöpfend beantwortet. So erlauben die berufungsgerichtlichen Ausführungen weder eine Prüfung, ob die AHP diesbezüglich dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen, noch klären sie, ob es zu den Auswirkungen der am linken Bein des Klägers bestehenden SF auf dessen rechtes Bein spezielle wissenschaftliche Erkenntnisse gibt.
Auf dem damit vorliegenden Verfahrensmangel kann die Entscheidung des LSG zu diesem Streitpunkt beruhen; es ist nicht vollständig auszuschließen, dass die vom Kläger angestrebte Befragung eines medizinischen Sachverständigen ein für ihn günstiges Ergebnis haben könnte. Dem steht auch nicht die vom Beklagten vorgelegte Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. R. vom 17. April 2002 entgegen; denn diese kann als neues Tatsachenvorbringen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden (vgl § 163 SGG). Da der erkennende Senat die erforderliche Sachverständigenbefragung nicht selbst durchführen kann, ist das Urteil des LSG, soweit es die Frage der Anerkennung einer "Arthrose des rechten Hüft- und Kniegelenks" als SF betrifft, aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das LSG zurückzuverweisen.
Das LSG wird auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben (vgl BSG SozR 5870 § 2 Nr 62 S 201 f).
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen (SF) nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und - auch im Hinblick auf eine Verschlimmerung bereits anerkannter SF - über die Gewährung von Rente nach einer höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).
Der 1929 geborene Kläger erlitt im März 1945 als Soldat beim Transport von Munitionskisten Verletzungen im Bereich des linken Beines. Mit Bescheid vom 24. Juni 1983 erkannte der Beklagte beim Kläger als SF "in erheblicher Achsenknickung verheilter Schienbeinkopfbruch links mit leichter Verkürzung des linken Unterschenkels, Seitenbandlockerung des linken Kniegelenkes, Arthrose des linken Hüftgelenkes" an und gewährte ihm Beschädigtenrente nach einer MdE um 30 vH. Auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 18. Dezember 1989 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 3. Mai 1990 idF des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1990 als zusätzliche SF "Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Verschlimmerung anlagebedingter Veränderungen" und eine MdE von 40 vH fest. Die auf Berücksichtigung einer höheren MdE gerichtete Klage nahm der Kläger am 1. September 1992 zurück, wobei er gleichzeitig beim Beklagten die Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins beantragte. Am 16. Oktober 1993 stellte er zusätzlich einen "Verschlimmerungsantrag" im Hinblick auf Beschwerden im r e c h t e n Kniegelenk, wobei er bat, "als Datum der Anerkennung den 1. Dezember 1989 zu berücksichtigen". Unter dem 11. April 1994 erkannte der Beklagte ein besonderes berufliches Betroffensein an, wodurch sich die MdE auf 50 vH erhöhte. Wegen des Verschlimmerungsantrages wurde dabei auf den gesonderten Bescheid vom 12. April 1994 verwiesen; mit diesem wurde eine Neufeststellung abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 16. September 1994).
Im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht (SG) Hildesheim zunächst von Amts wegen ein medizinisches Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 13. Februar 1996 ein und hörte sodann auf Antrag des Klägers den Sachverständigen Dr. K ... Dieser vertrat in seinem Gutachten vom 21. Januar 1997 die Ansicht, es sei schädigungsbedingt zu einem erhöhten Verschleiß der medialen Gelenkfläche des rechten Kniegelenks gekommen, weswegen die (medizinische) MdE - statt mit 40 vH - mit 50 vH zu bewerten sei. Gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 10. Juni 1997 legte der Kläger Berufung ein. Das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) ließ sich von Prof. Dr. N. unter dem 17. September 1998 ein Gutachten erstatten, worin die Verschleißerscheinungen im rechten Kniegelenk des Klägers - gestützt auf die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) - für anlage- und altersbedingt gehalten wurden. Der nunmehr vom LSG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Sachverständige Dr. H. , der schon an dem Gutachten des Dr. K. mitgewirkt hatte, gelangte in seinem Gutachten vom 2. Mai 2000 zu der Beurteilung, dass bzgl des rechten Knies und der rechten Hüfte die medizinische Lehrmeinung unverändert fortbestehe. Neue Aspekte gegenüber dem Gutachten des Dr. K. ergäben sich nicht. Daraufhin bat der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Juni 2000, diesem Sachverständigen noch folgende Fragen vorzulegen:
Basiert die im Widerspruchsbescheid vom 16. September 1994 zitierte Lehrmeinung auf statistischen Vergleichen bei der Untersuchung von Oberschenkelamputierten mit gesunden Menschen?
Gibt es entsprechende Studien für Fälle einseitiger Beinverkürzung oder Beinfehlstellung?
Gibt es überhaupt eine Lehrmeinung für die Fälle zu Frage 2?
Gibt es statistische Erhebungen über Gelenkveränderungen der gesunden Gliedmaße, wenn bei einem kranken Gliedmaß eine Verkürzung sowie eine Fehlstellung in Kombination vorliegen?
Gibt es eine entsprechende Lehrmeinung? Können Sie entsprechende Lehrmeinungen zitieren?
Das LSG hat von einer Weiterleitung dieser Fragen an den Sachverständigen Dr. H. abgesehen und die Berufung durch Urteil vom 22. November 2000 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung weiterer SF. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der arthrotischen Veränderungen seines rechten Hüft- und Kniegelenkes. Es sei zwar durchaus vorstellbar, dass eine Beinlängendifferenz zu einer Fehlbelastung der längeren Extremität und damit letztlich zu einem vermehrten Verschleiß führen könne. Diese Auffassung habe auch der vom SG gehörte Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten vom 21. Januar 1997 vertreten. Dass ein solcher Zusammenhang grundsätzlich bestehe, sei aber nach wie vor nicht erwiesen. Die entsprechende medizinische Lehrmeinung habe auch ihren Niederschlag in RdNr 129 Abs 2 der Ausgabe 1996 der AHP gefunden. Zwar könnten nach Abs 4 der RdNr 129 der AHP auch bei nicht ausgeglichenen Beinverkürzungen die gleichen Folgen am Bewegungsapparat auftreten wie nach einer Amputation mit vergleichbarer Funktionsstörung, doch rechtfertige eine der Funktionsstörung des Klägers entsprechende amputationsbedingte Funktionsstörung gerade nicht die Annahme einer sehr ausgeprägten Fehlbelastung. Die Funktionsstörung des Klägers wäre mit einer durch eine geringfügig zu kurze Prothese versorgten Unterschenkelamputation vergleichbar.
Der Senat sehe keinen Anlass, den von dem Kläger im Schriftsatz vom 26. Juni 2000 aufgeworfenen Fragen nachzugehen. Selbst wenn die den AHP zu Grunde liegende medizinische Lehrmeinung, wie der Kläger vermute, nur auf die Auswertung statistischen Materials anhand von Oberschenkelamputationen beruhe, so lasse sich daraus für den Kläger nichts herleiten. Beruhe nämlich, wie sich aus dem Text des Abs 2 der RdNr 129 der AHP ergebe, die medizinische Lehrauffassung auf der Beobachtung, dass erst bei Unmöglichkeit einer Prothesenversorgung mit Folgeveränderungen an der nicht verletzten Extremität zu rechnen sei, so folge daraus im Umkehrschluss, dass solche Folgeveränderungen bei (auch nicht optimaler) Prothesenversorgung nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten seien. Von den SF am linken Unterschenkel des Klägers seien jedenfalls keine stärkeren Auswirkungen auf die Statik des linken Beines, des Beckens und des rechten Beines zu erwarten als bei einer Amputation mit nicht optimal längenangepasster Prothese. Das gelte auch hinsichtlich der - nur nach hinten gerichteten - Achsenabweichung des Unterschenkels. Funktionell wirksam habe allein die Beinverkürzung werden können, die zwischen 2 und 2,5 cm und erst ab 1995 2,8 cm betragen habe. Es stehe zur Überzeugung des Senats fest, "dass die medizinische Lehrmeinung auch für der Verletzung des Klägers vergleichbare Amputationsfolgen einen Zusammenhang zu nachfolgenden Verschleißveränderungen an der nicht verletzten Extremität nicht als gesichert annehmen würde". Ein Ursachenzusammenhang sei daher auch im Falle des Klägers nicht wahrscheinlich zu machen.
Der Kläger habe gemäß § 30 Abs 1 BVG auch wegen Verschlimmerung der anerkannten SF keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach einer höheren MdE als 40 vH. Ein solcher Anspruch würde gemäß § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen seit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1990 voraussetzen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe aber zur Überzeugung des Senats fest, dass hinsichtlich der mit den genannten Bescheiden anerkannten SF im Bereich des linken Knies, des linken Hüftgelenkes und der Wirbelsäule eine wesentliche Veränderung nicht eingetreten sei.
Zwar ergäben sich aus den medizinischen Unterlagen gewisse Anhaltspunkte dafür, dass die Funktionsstörung des linken Hüftgelenkes des Klägers vorübergehend bis zu der im Januar 1997 erfolgten endoprothetischen Versorgung der linken Hüfte zugenommen haben könnte, doch seien diese zu unklar, um dadurch eine sich wesentlich auf die Höhe der schädigungsbedingten MdE auswirkende Änderung als nachgewiesen ansehen zu können. Der Sachverständige Dr. B. habe in seinem Gutachten vom 13. Februar 1996 zwar eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes von 0-10-70° angegeben, was nach RdNr 26.18 der AHP eine Höherstufung dieses Teilaspektes rechtfertigen könnte. Zugleich habe Dr. B. aber ausgeführt, zum damaligen Zeitpunkt sei auch eine Beugung des Hüftgelenkes bis zu 110° möglich gewesen, wenn auch nur unter gleichzeitiger Außenrotation.
Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger einerseits Verfahrensmängel, andererseits Verletzung materiellen Rechts. Dazu trägt er ua vor:
1. Das LSG hätte seine mit Schriftsatz vom 26. Juni 2000 gestellten und von ihm zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Fragen an den Sachverständigen weiterleiten müssen. Denn diese Fragen seien nicht durch den "gesunden Menschenverstand", sondern nur durch einen Sachverständigen zu klären:
Das Gutachten des Dr. K. vom 21. Januar 1997 habe die Kausalität zwischen der anerkannten Schädigung des linken Beines und den Schäden am rechten Kniegelenk festgestellt. Wenn demgegenüber der Knieschaden rechts auf Grund der AHP nicht als SF anerkannt werde, dann seien seine zur Stichhaltigkeit der AHP gestellten Fragen sachdienlich. Die Aussage der AHP auf S 302 Nr 129 Abs 4 sei zudem interpretationsbedürftig. Es bleibe im Dunkeln, ob die Schädigung während der Wachstumsphase im Alter von 15 Jahren, im Zusammenwirken mit Beinverkürzung und Beinfehlstellung über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren, eine Schädigung auch des gesunden Knies am rechten Bein wahrscheinlich machen könne.
2. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. vom 2. Mai 2000 befasse sich mit der Verschlimmerung der Schäden an der linken Hüfte und stelle für die Jahre 1991 bis 1997 eine erhebliche Verschlimmerung fest. Diese durch Befundberichte des behandelnden Arztes und Röntgenaufnahmen zusätzlich objektivierten Erkenntnisse seien vom Berufungsgericht ignoriert worden. Dabei rechtfertige der von Dr. B. erhobene Grad der Bewegungseinschränkung von 0-10-70 nach den AHP Nr 26.18 einen Einzelwert der MdE von 30 vH. Dieser Einzelwert werde nur unwesentlich dadurch abgeschwächt, dass die "Bewegung" bis 110° bei gleichzeitiger Außenrotation möglich gewesen sei. Anerkannt und in der angegriffenen MdE von 40 vH nach § 30 Abs 1 BVG enthalten sei ein Einzelwert für die linke Hüfte von nur 10 bis 20 vH. Im Hinblick auf die massive Progredienz des Hüftleidens hätte das LSG durch den Gutachter Dr. H. die Gesamt-MdE für die Zeit bis Februar 1997 eruieren lassen müssen. Das Unterlassen dieser Aufklärung führe zu dem weiteren Verfahrensmangel, da das LSG seine Sachkunde an die Stelle der Sachkunde des Gutachters gerückt habe.
3. Er (der Kläger) habe die Gesamt-MdE aus § 30 Abs 1 und Abs 2 BVG der gerichtlichen Prüfung unterstellt. Das Gericht hätte deshalb den § 30 Abs 2 BVG betreffenden Abhilfebescheid des Beklagten vom 11. April 1994 mit zum Gegenstand des Verfahrens machen müssen. Werde der Abhilfebescheid nicht mit in das Verfahren einbezogen, dann entstünde bei Obsiegen des Klägers ein Widerspruch zwischen Urteil und Bescheidlage.
4. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Unterscheidung zwischen Mitursache und Verschlimmerungsursache gerade bei typischen Anlageleiden geboten. Alle Gutachter hätten bei ihm die Funktionsstörung an der Lendenwirbelsäule als richtungweisende Verschlimmerung interpretiert, ohne die Frage zu klären, ob die seit Oktober 1968 bekannten Veränderungen der Lendenwirbelsäule durch den Kriegsschaden im Sinne der Entstehung mitverursacht worden seien. Das LSG habe es nicht als klärungsbedürftig angesehen, ob eine bestehende Schwäche der Lendenwirbelsäule als "ruhende Anlage" erst durch die Einwirkung des Kriegsschadens ausgelöst worden sei, was ohne gutachterliche Befragung nicht ausgeschlossen werden könne. Liege eine Mitverursachung der Lendenwirbelsäulenerkrankung vor, so habe dies Auswirkungen auf die Bildung des Gesamtgrades der MdE.
In seinem Verschlimmerungsantrag vom 16. Oktober 1993 habe er die Nichtberücksichtigung des Schadens am rechten Knie als "Verschlimmerung" geltend gemacht, obwohl er selbst darauf abgestellt habe, dass diese Frage bereits Gegenstand des vorangegangenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens gewesen sei. Somit habe er keinen Antrag nach § 48 SGB X, sondern in Wirklichkeit einen solchen nach § 44 SGB X gestellt. Habe aber ein solcher Antrag vorgelegen, dann hätte das LSG auch die Ursachenfrage bei dem Schaden an der Lendenwirbelsäule gutachtlich klären lassen müssen. Damit sei das LSG dem Streitgegenstand, der sich aus § 44 SGB X entfalte, nicht gerecht geworden. Diese Verkennung des Streitgegenstandes führe auch dazu, dass die Kausalitätsfrage beim Lendenwirbelsäulenschaden gar nicht mehr thematisiert werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 22. November 2000 abzuändern und den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Er sieht sich durch eine von ihm vorgelegte gutachtliche Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. R. vom 17. April 2002 in der Auffassung bestärkt, dass ein etwaiger Verfahrensmangel für die Entscheidungsfindung nicht kausal gewesen sei.
Die Beteiligten haben sich beide mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (vgl § 124 Abs 2 SGG).
II
Die Revision des Klägers ist teilweise unzulässig.
Allerdings ist der vom Kläger gestellte Revisionsantrag hinreichend bestimmt iS des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Zwar hat der Kläger mit seiner Revision nur beantragt, das Urteil des LSG abzuändern und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückzuverweisen, jedoch lässt sich sein materielles Prozessziel mit hinreichender Sicherheit aus seiner Revisionsbegründung entnehmen (vgl dazu BSG, Urteil vom 24. Juni 1993, SozR 3-6050 Art 69 Nr 4 S 9 f). Danach will er zumindest seinen vor dem LSG gestellten und im Berufungsurteil wiedergegebenen Antrag weiterverfolgen, das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1994 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, als weitere SF nach dem BVG "Arthrose des rechten Hüft- und Kniegelenkes" festzustellen und ihm gemäß § 30 Abs 1 und 2 BVG Beschädigtenversorgung nach einer MdE um 60 vH ab Oktober 1993 zu gewähren. Darüber hinaus erstrebt er nunmehr die Verurteilung des Beklagten zur Anerkennung von "Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule" als SF im Sinne der Entstehung.
Soweit der Kläger geltend macht, das LSG hätte sich auch mit der Frage befassen müssen, ob die bei ihm bestehende SF "Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule" iS der Entstehung (statt bisher "iS der Verschlimmerung anlagebedingter Veränderungen") anzuerkennen ist, liegt darin eine unzulässige Klageänderung in der Revisionsinstanz, die gemäß § 168 Satz 1 SGG unzulässig ist, da mit ihr - im Hinblick auf die erforderliche Prüfung eines besonderen Sachverhaltes - eine Änderung des Klagegrundes (vgl § 99 Abs 3 SGG) verbunden ist (vgl Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand: 10/1994, § 168 SGG RdNr 5, mwN). Die Revision des Klägers ist mithin insoweit als unzulässig zu verwerfen (vgl dazu Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 7. Aufl, 2002, § 168 RdNr 2d).
Die Revision ist auch insoweit unzulässig, als der Kläger - in Weiterverfolgung seiner vorinstanzlichen Anträge - die Ablehnung seines am 16. Oktober 1993 gestellten Verschlimmerungsantrages mit der Begründung angreift, der Zustand der als SF anerkannten Arthrose des linken Hüftgelenkes habe sich in der Zeit bis 1997 verschlechtert. Hierzu fehlt es schon an einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG).
Den insoweit ausdrücklich allein gerügten Verfahrensmangel einer Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet. Der damit angesprochene Verstoß gegen die freie richterliche Beweiswürdigung würde nur vorliegen, wenn das Tatsachengericht erhebliche tatsächliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hätte. Zur Begründung der erhobenen Verfahrensrüge wäre auch die Darlegung erforderlich gewesen, inwiefern die Vorinstanz auf der Grundlage ihrer materiellen Rechtsauffassung bei einer sachgerechten Würdigung der übergangenen Tatumstände möglicherweise zu einem für den Revisionsführer günstigeren Urteil gelangt wäre. Diesen Erfordernissen hat der Kläger nicht hinreichend Rechnung getragen. Er macht geltend, das LSG habe zwei bedeutsame Punkte ignoriert. Soweit er dazu auf die ein Jahr nach der für ihn ungünstigen Begutachtung durch Dr. B. erfolgte Hüftgelenkserneuerung verweist, lässt er außer Acht, dass die Vorinstanz diesen Umstand in der von ihm selbst zitierten Passage des Berufungsurteils angesprochen hat (" ... bis zu der im Januar 1997 erfolgten prothetischen Versorgung ..."). Entsprechendes gilt für den vom Kläger in diesem Zusammenhang herausgestellten Grad der Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk. Macht der Kläger demnach im Grunde lediglich geltend, das LSG habe die betreffenden Umstände nicht so gewertet, wie er es für richtig hält, hat er damit keinen Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG dargelegt (vgl zB BSG, Urteil vom 24. Mai 1984 - 2 RU 12/83 -).
Auch soweit das Vorbringen des Klägers dahin zu verstehen ist, dass er eine mangelnde Sachaufklärung (§ 103 SGG) durch das LSG rügen will, reicht die Revisionsbegründung nicht aus. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, inwiefern sich das LSG dazu hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen bezüglich des Zustandes des linken Hüftgelenkes in der Zeit vor 1997 anzustellen. Soweit er geltend macht, der Sachverständige Dr. B. habe die von ihm, dem Kläger, angegebenen Schmerzen und Beschwerden bei seiner Gesamtbeurteilung unberücksichtigt gelassen, fehlt es an Ausführungen dazu, inwiefern er auf diesen möglichen Mangel des Gutachtens im Berufungsverfahren hingewiesen hat, um das LSG zu weiterer Sachaufklärung in dieser Richtung zu veranlassen.
Im Übrigen ist die Revision des Klägers zulässig und im Wesentlichen begründet. In diesem Umfang führt sie im Hinblick auf insoweit noch erforderliche Ermittlungen zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Soweit der Kläger rügt, die Vorinstanz habe den Bescheid vom 11. April 1994 über die Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins nicht in das Verfahren einbezogen, kann er damit allerdings nicht durchdringen; denn er hat mit diesem Vorbringen keinen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Insbesondere hat er nicht dargetan, inwiefern seine Berufung vom LSG nicht zurückgewiesen worden wäre, wenn die im Bescheid vom 11. April 1994 vorgenommene Erhöhung der MdE von 40 auf 50 vH im landessozialgerichtlichen Urteil berücksichtigt worden wäre.
Dagegen weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass der Bescheid vom 12. April 1994 auch die Ablehnung seines Antrages enthält, ihn belastende, früher ergangene Verwaltungsakte nach § 44 SGB X zu überprüfen. Dieser auf den Antrag vom 16. Oktober 1993 ergangene Bescheid ist zwar ausdrücklich nur auf § 48 SGB X (Änderung der Verhältnisse) gestützt. Es ist ihm jedoch zu entnehmen, dass der betreffende Antrag des Klägers auch insoweit abgelehnt werden sollte, als er iS von § 44 SGB X die Aufhebung von Vorbescheiden wegen (angeblicher) ursprünglicher, den Kläger belastender Rechtswidrigkeit bezweckte. Dies gilt namentlich für die damit vom Kläger geltend gemachte Anerkennung seiner Beschwerden im rechten Knie als SF mit Wirkung ab 1. Dezember 1989 (Zeitpunkt seines ersten Neufeststellungsantrages). Diesbezüglich beschränkt sich der Bescheid vom 12. April 1994 nämlich nicht auf einen Vergleich der Verhältnisse von 1990 und 1994, sondern behandelt die Frage eines ursächlichen Zusammenhanges umfassend.
Im Hinblick auf den vom LSG festgestellten Zeitpunkt des Auftretens der Veränderungen am rechten Knie- und Hüftgelenk des Klägers (1981 bzw 1983) kommt nicht nur eine Unrichtigkeit der mit Bescheid vom 3. Mai 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1990 getroffenen Neufeststellung, sondern auch des Erstanerkennungsbescheides vom 24. Juni 1983 in Betracht. Die genannten Gesundheitsstörungen sind in diesen Verwaltungsakten dann zu Unrecht nicht als SF anerkannt worden, wenn sie iS von § 1 BVG mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das im März 1945 eingetretene schädigende Ereignis zurückzuführen sind. Das LSG hat einen derartigen ursächlichen Zusammenhang verneint. Diese Feststellung ist für den erkennenden Senat jedoch nicht iS von § 163 SGG bindend. Denn insoweit greift die Verfahrensrüge des Klägers durch, das LSG habe den gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. die von ihm schriftlich gestellten Fragen unzulässigerweise nicht zur Beantwortung vorgelegt.
Nach § 116 Satz 2 SGG und entsprechend den nach § 118 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren §§ 402, 397, 411 Abs 4 Zivilprozessordnung (ZPO) hat ein Beteiligter das Recht, sachdienliche Fragen an den Sachverständigen zu richten, solange dies nicht verspätet oder missbräuchlich ist (vgl dazu Senatsurteil vom 12. April 2000, SozR 3-1750 § 411 Nr 1). Diese Befugnis ist Ausfluss seines Anspruchs auf rechtliches Gehör iS von § 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) (vgl dazu BVerfG, Beschluss vom 3. Februar 1998, NJW 1998, 2273; Senatsbeschluss vom 3. März 1999, SGb 2000, 269).
Im vorliegenden Fall hat das LSG dieses Fragerecht des Klägers verletzt. Eine vorwerfbare Verspätung oder ein Missbrauch liegen hier fern, da der Kläger seine an den Sachverständigen Dr. H. gerichteten Fragen mit Schriftsatz vom 28. Juni 2000 dem Gericht übermittelt hat, nachdem ihm das Gutachten dieses Sachverständigen vom 2. Mai 2000 mit richterlicher Verfügung vom 25. Mai 2000 übersandt worden war. Die Fragen, die nach dem Inhalt des Berufungsurteils Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gewesen sind, waren nach dem damaligen Stand des Verfahrens objektiv sachdienlich (vgl dazu BSG, Urteil vom 5. Mai 1961, SozR Nr 160 zu § 162 SGG); sie betreffen Existenz und Inhalt von Lehrmeinungen zu den Auswirkungen von Beinverkürzungen bzw Beinfehlstellungen auf die Verhältnisse des anderen Beines.
Die genannten Fragen beziehen sich auf den hier entscheidenden Streitpunkt, nämlich das Problem eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen den anerkannten SF am linken Bein des Klägers und den als SF geltend gemachten arthrotischen Veränderung an dessen rechtem Bein. Da sich die einen derartigen Zusammenhang verneinenden Sachverständigen auf die herrschende Lehrmeinung und der Beklagte speziell auf die AHP berufen haben, die sich wiederum im Wesentlichen auf die herrschende Lehrmeinung stützen (vgl zB Senatsurteil vom 11. Oktober 1994, BSGE 75, 176, 178 = SozR 3-3870 § 3 Nr 5 S 7 f), war es zunächst sachdienlich, der Frage nachzugehen, ob die Gutachter und die AHP den gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Lehrmeinung zutreffend wiedergeben. Hinzu kommt, dass die in den Vorinstanzen gehörten Sachverständigen die einschlägige Lehrmeinung nicht im Einzelnen dargelegt und auf den vorliegenden Fall angewandt haben. Auch enthalten die AHP unter Nr 129 Abs 4 bezüglich Gliedmaßenschäden (also nicht Gliedmaßenverlusten) nur eine allgemeine Formulierung, die für die Anwendung im Einzelfall einer näheren Interpretation bedarf. Dort heißt es nämlich nur, dass bei Gliedmaßenschäden (zB nicht ausgeglichene Beinverkürzungen, Gelenkversteifungen in ungünstiger Stellung) die gleichen Folgen am Bewegungsapparat auftreten können, wie nach einer Amputation mit vergleichbarer Funktionsstörung.
Das LSG hat die Fragen des Klägers nicht prozessordnungsgerecht behandelt, indem es unterließ, sie dem Sachverständigen Dr. H. oder einem anderen sachkundigen Mediziner zur Beantwortung vorzulegen. Mit den vom LSG angestellten Erwägungen lässt sich diese Verfahrensweise nicht rechtfertigen. Dabei hat das LSG unterstellt, dass die den AHP zu Grunde liegende medizinische Lehrmeinung - entsprechend der Vermutung des Klägers - nur auf der Auswertung statistischen Materials anhand von Oberschenkelamputationen beruht, und auf dieser Grundlage unter Hinweis auf eine geringe Beinlängendifferenz und eine nach hinten gerichtete Achsenabweichung des linken Unterschenkels die Möglichkeit einer für den Kläger günstigen Beurteilung verneint. Abgesehen davon, dass es fraglich ist, ob der - an sich nachvollziehbare - Gedankengang des LSG insoweit ohne medizinische Sachkunde als hinreichend gesichert gelten darf, hat die Vorinstanz damit die Fragen des Klägers zur einschlägigen medizinischen Lehrmeinung nicht erschöpfend beantwortet. So erlauben die berufungsgerichtlichen Ausführungen weder eine Prüfung, ob die AHP diesbezüglich dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen, noch klären sie, ob es zu den Auswirkungen der am linken Bein des Klägers bestehenden SF auf dessen rechtes Bein spezielle wissenschaftliche Erkenntnisse gibt.
Auf dem damit vorliegenden Verfahrensmangel kann die Entscheidung des LSG zu diesem Streitpunkt beruhen; es ist nicht vollständig auszuschließen, dass die vom Kläger angestrebte Befragung eines medizinischen Sachverständigen ein für ihn günstiges Ergebnis haben könnte. Dem steht auch nicht die vom Beklagten vorgelegte Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. R. vom 17. April 2002 entgegen; denn diese kann als neues Tatsachenvorbringen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden (vgl § 163 SGG). Da der erkennende Senat die erforderliche Sachverständigenbefragung nicht selbst durchführen kann, ist das Urteil des LSG, soweit es die Frage der Anerkennung einer "Arthrose des rechten Hüft- und Kniegelenks" als SF betrifft, aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das LSG zurückzuverweisen.
Das LSG wird auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben (vgl BSG SozR 5870 § 2 Nr 62 S 201 f).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved