Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 An 45/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RA 146/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 14/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. November 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und in diesem Zusammenhang darüber, ob die Klägerin die Wartezeit iS von § 53 Abs 2 Satz 1 SGB VI vorzeitig erfüllt hat.
Die am 14. November 1966 geborene Klägerin legte in der Zeit von Oktober 1986 bis April 1987 und von November 1989 bis 31. Dezember 1991 insgesamt 29 Monate Pflichtbeitragszeiten zurück. Seit dem 19. Dezember 1991 ist sie wegen einer HIV-Infektion sowie wegen Drogenabhängigkeit nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit regelmäßig nachzugehen. Bis zum 19. Dezember 1994 wurden für sie Pflichtbeiträge wegen Sozialleistungsbezuges entrichtet.
Vom 15. Juli 1991 bis 31. Dezember 1991 war sie aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages (vom 3. Juli 1991) versicherungspflichtig bei dem Bayerischen Landesamt für Statistik beschäftigt. Nach ihrem Zeugnis vom 31. Dezember 1991 war sie als Anlern-Datenerfasserin zum Erfassen laufender Statistiken und Sonderstatistiken im Sammelsystem Nixdorf tätig und wurde nach den entsprechenden Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs (BAT) entlohnt. Das Landesamt teilte am 3. November 1995 auf Anfrage mit, die Klägerin habe nicht über Vorkenntnisse im Bereich der Datenerfassung verfügt, so daß sie nach den Bestimmungen des BAT eine Einarbeitungszeit von mindestens drei Monaten habe durchlaufen müssen; es habe sich insoweit um eine Ausbildung im Rahmen eines zeitlich befristeten Beschäftigungsverhältnisses gehandelt.
Ihren Antrag auf Bewilligung einer Rente (umgedeuteter Rehabilitationsantrag vom 27. September 1993) lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 1. Dezember 1994 ab, weil die Klägerin weder die allgemeine Wartezeit noch die Voraussetzungen für die vorzeitige Wartezeit nach § 53 Abs 2 SGB VI erfüllt habe; sie sei nicht sechs Jahre nach Beendigung einer Ausbildung erwerbsunfähig geworden. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei als Datenerfasserin angelernt worden und habe sich dementsprechend in einer Berufsausbildung befunden. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 1995 mit der Begründung zurück, bei dem Anlernen als Datenerfasserin handele es sich um eine innerbetriebliche Einarbeitung.
Durch Urteil vom 16. September 1996 hat das SG die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. September 1993 zu zahlen. Das SG hat die Auffassung vertreten: Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen des § 53 Abs 2 iVm § 245 SGB VI. Der Begriff der Ausbildung in § 53 Abs 2 Satz 1 SGB VI sei weiter gefaßt als derjenige in § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI. Das Bestehen einer Versicherungspflicht schließe die Annahme einer Ausbildung nicht aus. Bei der Datenerfasserin handele es sich um einen Ausbildungsberuf. Die Einarbeitungszeit betrage - auch nach dem BAT - mindestens drei Monate. Mit Bescheid vom 4. April 1997 hat die Beklagte daraufhin der Klägerin in Ausführung des Urteils eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. November 1998). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die Tatbestandsmerkmale für die Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit lägen nicht vor. Der Rechtsprechung des BSG, wonach unter den Begriff nur eine nicht versicherungspflichtige oder versicherungsfreie Ausbildung falle, sei nicht zu folgen. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergebe sich lediglich, daß es sich um eine Ausbildung handeln müsse, die den Versicherten so in Anspruch nehme, daß er an der Ausübung einer - anderen - Beschäftigung gehindert gewesen sei. Einer derartigen Ausbildung habe sich die Klägerin nicht unterzogen; sie sei in einem regulären Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen und habe allein im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses ihre Kenntnisse erworben.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 53 Abs 2 iVm § 245 SGB VI und trägt vor: Entgegen der Auffassung des LSG handele es sich bei der Datenerfasserin um ein klar abgegrenztes Berufsbild mit einer Einarbeitungs- oder Anlernzeit. Die Ausbildung zu diesem Beruf habe ihre Arbeitskraft auch überwiegend in Anspruch genommen, so daß sie an der Ausübung einer anderen versicherten Beschäftigung gehindert gewesen sei. Die Ausbildung iS des § 53 Abs 2 SGB VI erfasse nicht nur herkömmliche oder rechtlich geordnete förmliche Ausbildungsverhältnisse aufgrund eines schriftlichen Ausbildungsvertrages, sondern begünstige auch eine abweichend gestaltete Ausbildung sowie jedes Ausbildungsverhältnis zum Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten für die Ausübung des zukünftigen Berufs.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. November 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im wesentlichen auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der Klägerin das mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) geltend gemachte subjektive Recht auf Erwerbsunfähigkeitsrente nicht zusteht. Dabei kann offenbleiben, nach welchem Recht ein derartiger Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu beurteilen ist. Die in Frage kommenden Rechtsgrundlagen und ihre jeweiligen Fassungen haben sich zwar seit Eintritt der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin am 19. Dezember 1991 mehrfach geändert; inhaltlich sind jedoch die hier in Betracht kommenden, fraglichen tatbestandlichen Voraussetzungen gleich geblieben. Infolgedessen kann - auch - dahinstehen, ob und ggf welche übergangsrechtlichen Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung finden (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 9. November 1999 - B 4 RA 16/99 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Im folgenden werden - aus Gründen der Zweckmäßigkeit - § 44 SGB VI sowie § 53 Abs 2 SGB VI iVm § 245 Abs 1 SGB VI als die in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen in der derzeit geltenden Fassung zugrunde gelegt.
Das LSG hat, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, festgestellt, daß die Klägerin seit dem 19. Dezember 1991 infolge ihrer Erkrankungen nicht mehr in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit regelmäßig nachzugehen. Sie ist mithin seither erwerbsunfähig (§ 44 Abs 2 SGB VI). Allerdings hat die Klägerin entgegen ihrer Auffassung weder zum damaligen noch zu einem späteren Zeitpunkt die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Recht auf Erwerbsunfähigkeitsrente erfüllt. Nach § 44 SGB VI (früher: § 1247 RVO = § 24 AVG) ist Voraussetzung hierfür, daß der Versicherte zuletzt vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt, die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt hatte. Mangels Erfüllung der - allgemeinen - Wartezeit von 60 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonaten (§ 50 Abs 1 SGB VI; und auch wegen Fehlens von 36 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonaten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, § 44 Abs 1 Nr 2 SGB VI) hätte die Klägerin demnach ein subjektives Recht auf Erwerbsunfähigkeitsrente nur erwerben können, wenn sie einen der in § 53 SGB VI iVm § 245 SGB VI aufgeführten Ausnahmetatbestände der vorzeitigen (fiktiven) Wartezeit (und damit auch die Voraussetzung von § 43 Abs 4 iVm § 44 Abs 4 SGB VI) erfüllt hätte (früher: § 1252 RVO = § 29 AVG). In Betracht kommt hier die Regelung in § 53 Abs 2 iVm § 245 SGB VI. Danach gilt die Wartezeit als erfüllt, wenn der Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung erwerbsunfähig geworden ist und in den dem Versicherungsfall vorausgegangenen letzten zwei Jahren mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge hatte. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
1. Die Klägerin war zwar Versicherte und hatte auch in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ein Jahr Pflichtbeiträge. Sie ist jedoch bereits nicht "nach Beendigung" einer - hier einmal unterstellten - Ausbildung am 31. Dezember 1991, sondern bereits während ihrer Ausbildung am 19. Dezember 1991 erwerbsunfähig geworden. Der Senat knüpft insoweit an den Wortlaut des Gesetzes an. Dieser steht im Einklang mit Sinn und Zweck der Vorschrift, die denjenigen Personenkreis begünstigen will, der (zugunsten der Solidargemeinschaft der Versicherten) sich einer Ausbildung unterzieht, und damit an die daraus typischerweise resultierende berufliche Qualifikation anknüpft, die es ihm ermöglicht, ein höheres Entgelt zu erzielen, so daß er höhere Beiträge an die Solidargemeinschaft leisten kann (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 14 mwN). Da dies typischerweise jedoch nur bei einer - erfolgreich - abgeschlossenen Ausbildung der Fall ist, knüpft das Gesetz - insoweit ebenfalls typisierend - an die Beendigung der Ausbildung an (unabhängig davon, ob diese erfolgreich abgeschlossen worden ist oder nicht). Aus diesem Grunde sind auch nicht etwa die Versicherten während ihrer Ausbildung, sondern nur nach Beendigung ihrer Ausbildung geschützt. An diesen Zeitpunkt schließt sich sodann nahtlos der Beginn der Rahmenfrist von sechs Jahren an, innerhalb der der Versicherte erwerbsunfähig geworden sein muß. Dieser Bezug auf einen feststehenden und leicht zu ermittelnden Zeitpunkt ist nach alledem nicht nur im Hinblick auf die Praktikabilität bei der Bearbeitung von Verfahren im Rahmen der Massenverwaltung zweckmäßig.
2. Im übrigen hat die Klägerin auch deshalb die vorzeitige Wartezeit iS von § 53 Abs 2 SGB VI nicht erfüllt, weil sie von Juli bis Dezember 1991 keine "Ausbildung" iS dieser Vorschrift durchlaufen hat. Der Senat hält nach Überprüfung an den Ausführungen des erkennenden Senats zu § 1252 Abs 2 RVO in der Entscheidung vom 27. September 1979 (BSGE 49, 47 = SozR 2200 § 1252 Nr 1) insoweit fest, als unter den Begriff der "Ausbildung" im Rahmen der Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit entsprechend der Systematik und nach Sinn und Zweck der Vorschrift jedenfalls nur eine solche Ausbildung fällt, die die Arbeitskraft des Versicherten ganz oder überwiegend in Anspruch nimmt, so daß er an der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit und infolgedessen am Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert ist (BSGE 49, 47, 49 f = BSG SozR 2200 § 1252 Nr 1). Dies war bei der Klägerin nicht der Fall. Denn sie war während der Dauer ihrer Tätigkeit beim Bayerischen Landesamt für Statistik pflichtversichert.
a) Aus dem Normprogramm des § 53 Abs 2 SGB VI folgt, daß nur derjenige begünstigt werden soll, der infolge der "Ausbildung" an dem Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert ist.
53 (iVm § 245 Abs 1) SGB VI enthält eine abschließende Aufzählung von Privilegierungstatbeständen, bei deren Vorliegen das Versicherungsprinzip ausnahmsweise mit der Folge durchbrochen wird, daß die allgemeine Wartezeit, die Mindestversicherungszeit von 60 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonaten (und im Rahmen der Erwerbsunfähigkeitsrente die sog 3/5-Belegung vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit) vor Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen (ua Regelaltersrente, Erwerbsunfähigkeitsrente sowie Rente wegen Todes) nicht eingehalten werden muß.
Das Sozialrechtsverhältnis in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht zwar nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs. Die Versichertenrente wird jedoch typischerweise durch die Beitragsleistung (mit-)bestimmt, so daß die Voraussetzungen ihrer Gewährung von dem Versicherungsgedanken mitgeprägt werden. Dem allgemeinen Versicherungsprinzip entspricht es, einen materiell-rechtlichen Leistungsanspruch davon abhängig zu machen, daß die Beitragsleistung (bzw die ihr gleichgestellten Tatbestände) einen bestimmten Umfang erreicht haben. Vorschriften über die Wartezeit gehören demgemäß zu den Leistungsvoraussetzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Da bei der Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses regelmäßig nicht der Gesundheitszustand des Versicherten geprüft wird, dienen die Vorschriften über die allgemeine Wartezeit dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor den ungünstigsten Risiken und vor Personen, die ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis möglicherweise nur zur Erlangung von Rentenleistungen eingehen würden (vgl hierzu BVerfG SozR 2200 § 1252 Nr 4 S 14 f). Ausnahmen von dieser, der generellen Risikobegrenzung dienenden Mindestversicherungszeit gelten für die in § 53 (§ 245) SGB VI aufgeführten Privilegierungstatbestände; deren Eintritt beruht auf von den Versicherten regelmäßig nicht zu beeinflussenden Umständen. Sind diese auf den einzelnen einwirkenden schädigenden Ereignisse eingetreten, soll die allgemeine Wartezeit, deren Erfüllung der Versicherte wegen der Verwirklichung des versicherten Risikos (hier: der Erwerbsfähigkeit) nicht mehr erreichen kann, aus sozialen Gründen kraft gesetzlicher Fiktion als zurückgelegt gelten. § 53 SGB VI ist also eine Ausnahmeregelung, die das Versicherungsprinzip aus Gründen der Fürsorge gegenüber einem aktiven Mitglied der Solidargemeinschaft durchbricht (vgl hierzu BVerfG SozR 2200 § 1252 Nr 4). Begünstigt werden - hier in Ausnahmefällen - diejenigen schwer Betroffenen, die nicht mehr in der Lage sind, sich eine eigene soziale Sicherung aufzubauen.
aa) Von dem Normprogramm werden gemäß § 53 Abs 1 SGB VI diejenigen Versicherten erfaßt, die wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit oder einer Gesundheitsschädigung in Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Pflichten oder infolge eines Tatbestandes, für den der Staat insoweit die Verantwortung übernommen hat (vgl § 53 Abs 1 Satz 1 Nrn 2, 3 und 4 SGB VI; vgl hierzu auch § 2 SGB VII), ua vermindert erwerbsfähig geworden sind (§§ 43 Abs 2, 44 Abs 2 SGB VI) und aus diesem Grunde gehindert waren, Pflichtbeiträge zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit zu erwerben. Sie müssen entweder bei Eintritt des schädigenden Ereignisses, wie etwa dem Arbeitsunfall (bzw der Berufskrankheit), versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein oder - dieser Personengruppe gleichgestellt - in den letzten beiden Jahren vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung gehabt haben. Für die Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit bei dem gleichgestellten Personenkreis bedarf es also nunmehr (unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der früheren Regelung, § 245 SGB VI) einer Vorversicherungszeit von einem Jahr (innerhalb von zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit). Maßgeblich für das Einstehen der Solidargemeinschaft in diesen Fällen und damit für den teilweisen "Erlaß" der Mindestversicherungszeit ist einmal der enge Zusammenhang zwischen der unfallversicherten Tätigkeit bei bestehender Versicherungspflicht und dem zeitgleichen Eintritt der Erwerbsunfähigkeit sowie - bei dem gleichgestellten Personenkreis und bei fehlendem zeitlichen Zusammenhang mit der Versicherungspflicht - die durch die Vorversicherungszeit bedingte Nähe zum Kreis der Pflichtversicherten. Zum anderen ist entscheidend für das Einstehen der Grund für die Privilegierung dieses Personenkreises und die von ihm ausgeübte unfallversicherte Tätigkeit. Erfaßt werden ua diejenigen, die aus Gemeinwohlgründen tätig geworden sind, wie etwa die ehrenamtlich Tätigen und die Wehr- und Zivildienstleistenden, dabei einen Arbeitsunfall bzw eine Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung erlitten haben und als Folge davon (ua) erwerbsunfähig geworden sind.
bb) Abs 2 aaO erweitert den privilegierten Personenkreis der Versicherten um diejenigen, die vor Ablauf von sechs Jahren "nach Beendigung der Ausbildung" erwerbsunfähig geworden sind. Während Abs 1 an das durch die gesetzliche Rentenversicherung mitversicherte und mit dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit (bzw der Berufsunfähigkeit) unmittelbar sich realisierende Risiko des Verlusts bzw der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die unfallversicherte Tätigkeit anknüpft und gerade - auch - diejenigen erfaßt, die aus Gründen des Gemeinwohls tätig geworden sind, ist Grund für die Privilegierung in Abs 2 aaO die Ausbildung. Insoweit wird - wie ausgeführt - typisierend angeknüpft an die Tatsache, daß der Versicherte, der sich über ein bestimmtes Lebensalter hinaus einer für den späteren Beruf notwendigen weiteren Ausbildung unterzieht und hierdurch bedingt an dem Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert wird, in der Regel einen höheren Ausbildungsstand und damit eine entsprechende berufliche Stellung erlangt, die es ihm typisierend ermöglicht, höhere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 14 mwN). Auch dieser Personengruppe soll - typisierend und pauschalierend - im Hinblick auf ihre, letztlich ebenfalls dem Interesse der Solidargemeinschaft dienende Ausbildung, das Privileg der Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit zugute kommen. Voraussetzung ist allerdings eine Vorversicherungszeit - von nunmehr - einem Jahr, also die durch die Zugehörigkeit und die Anzahl der Pflichtbeiträge bedingte Nähe und Verbundenheit zum Kreis der Versichertengemeinschaft.
cc) Wie sich aus Sinn und Zweck von § 53 Abs 1 und 2 SGB VI ergibt, kann eine derartige, sich auf die Reduzierung der Mindestversicherungszeit beziehende Privilegierung nur dann greifen, wenn der Versicherte durch die jeweiligen Anknüpfungstatbestände (ua Arbeitsunfall, Wehrdienst-, Zivildienstbeschädigung, Ausbildung) tatsächlich gehindert war, Pflichtbeiträge zur Erfüllung der Wartezeit zu erwerben (vgl hierzu Klattenhoff in: Hauck/Haines, SGB VI, K § 53 RdNr 41), anderenfalls entfiele nämlich die Rechtfertigung für die Begünstigung dieses Personenkreises im Rahmen der "Wartezeiterfüllung" (Erstes Kapitel, zweiter Unterabschnitt, vierter Titel des SGB VI). Hieraus folgt, daß jedenfalls Zeiten, während der der Versicherte einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit nachgehen kann, wie dies etwa auch bei einer Lehre der Fall ist (vgl § 1 Abs 1 Nr 1 SGB VI), nicht "Ausbildung" iS von § 53 Abs 2 SGB VI sein können. Denn insoweit wird der Erwerb von Pflichtbeitragszeiten, die - typisierend - durch die Regelung ersetzt bzw fingiert werden, infolge der Ausbildung gerade nicht verhindert.
Wie der Senat in der Entscheidung vom 27. September 1979 (BSGE 49, 47, 50 = SozR 2200 § 1252 Nr 1) ausgeführt hat, steht diesem Ergebnis die Begründung in den Materialien zu dem insoweit inhaltlich im wesentlichen gleichen § 1252 RVO (vgl BT-Drucks 11/4124, S 165) nicht entgegen. Nach dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung sollte sich zwar die fiktive Wartezeiterfüllung auf diejenigen erstrecken, die "in jungen Jahren" oder "in so kurzer Zeit nach Beendigung der Ausbildung" einen Versicherungsfall erleben, so daß sie normalerweise die Wartezeit nicht erfüllen konnten (BT-Drucks VI/3767, S 14). Allerdings haben diese Vorstellungen weder in § 1252 Abs 2 RVO (noch in den übrigen Fassungen) einen Niederschlag gefunden. Die vom Ausschuß genannten Gründe für das Unvermögen sind im Wortlaut von § 1252 RVO (bzw § 29 AVG) und § 53 SGB VI sowie von § 245 SGB VI noch nicht einmal angedeutet. Anknüpfungspunkt für die Sechs-Jahres-Frist "nach Beendigung der Ausbildung" ist nicht ein bestimmtes jugendliches Lebensalter, sondern das Ende der Ausbildung. Infolgedessen ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Bestimmung allein die nichtversicherte Ausbildung Hinderungsgrund für die Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit und somit Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes der vorzeitigen Wartezeit.
b) Diese Auslegung iS einer systematisch bedingten Einschränkung des Begriffs "Ausbildung" bei der Fiktion der vorzeitigen Wartezeiterfüllung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, der es verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl BVerfGE 65, 104, 112 f mwN). Der Ausnahmetatbestand des § 53 Abs 2 SGB VI (durch das SGB VI erweitert auf sämtliche Fälle der Erwerbsunfähigkeit unabhängig von ihrem Entstehungsgrund) enthält aus den oben aufgezeigten Gründen eine Privilegierung bestimmter Versicherter für den Fall, daß sie wegen eines Anknüpfungstatbestandes (hier der "Ausbildung") bei Eintritt (ua) der Erwerbsunfähigkeit Pflichtbeitragszeiten nicht in ausreichendem Maße zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit haben. Diese Privilegierung gilt - aus Gründen der Zweckmäßigkeit im Rahmen der Gestaltung von Rechtsverhältnissen bei Massenerscheinungen, wie sie im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig auftreten grob typisierend und pauschalierend - für sämtliche Fälle der versicherungsfreien Ausbildung, unabhängig davon, wie die Dauer der grob pauschalierend an der allgemeinen Wartezeit orientierten Rahmenfrist von sechs Jahren zeigt, ob der Versicherte die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat oder nicht und wie lange sich der Versicherte überhaupt einer Ausbildung unterzogen hat.
Wegen des Ausnahmecharakters der das Prinzip der Mindestversicherungszeit durchbrechenden Vorschrift über die fiktive Erfüllung der Wartezeit läßt sich deren erweiternde Anwendung auf dort nicht erfaßte - und nicht gleich zu bewertende - Sachverhalte nicht durch Berufung auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz erzwingen. Werden einer Personengruppe aus besonderem Anlaß besondere Vergünstigungen zugestanden, kann daraus grundsätzlich nicht ein besonderes verfassungsrechtliches Gebot hergeleitet werden, genau dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen (vgl BVerfGE 63, 255, 265 f). Genauso würde es sich jedoch verhalten, wenn Lehrlinge oder andere Personen während einer Ausbildung trotz bestehender Versicherungspflicht in die Regelung miteinbezogen würden (so aber ohne Angabe von Gründen: Niesel in: Kasseler Komm, § 53 SGB VI RdNr 20; Lilge in: GesamtKomm, § 53 SGB VI RdNr 14; Winter in: RV 2000, 21, 22; vgl auch Koch/Hartmann/von Altrock/Fürst, AVG, § 29 AVG D II 1.2). Durch eine derartige Einbeziehung würden alle anderen Versicherten (wie etwa die Ungelernten), die, gleich aus welchen Gründen, die Wartezeit bei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit noch nicht erfüllt haben (ggf auch noch nicht erfüllt haben konnten), sachlich nicht gerechtfertigt ungleich behandelt. Denn der eigentliche Privilegierungsgrund, die Verhinderung des Erwerbs von Pflichtbeitragszeiten während der Ausbildung mit der Folge fehlender Pflichtbeitragszeiten (zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit), ist bei bestehender Versicherungspflicht in diesen Fällen erkennbar nicht vorhanden.
Zum anderen würde eine derartige Handhabung auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besserstellung dieser Gruppe, wie etwa den Lehrlingen im Verhältnis zur Gruppe der nicht versicherten Ausgebildeten führen. Denn während bei dieser Gruppe die Wartezeit nur vorzeitig erfüllt ist, wenn sie unter bestimmten weiteren Voraussetzungen vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung der Ausbildung erwerbsunfähig werden, würde sich die Rahmenfrist bei der og Gruppe (ua der Lehrlinge) ohne erkennbar rechtfertigenden Grund um weitere drei Jahre (nach Beendigung der Lehrzeit) auf insgesamt neun Jahre verlängern, also auf einen Zeitraum erstrecken, in dem typischerweise nach dem Gesetz davon ausgegangen wird, daß aufgrund eigener Beitragszahlung die allgemeine Wartezeit hätte längst erfüllt werden können.
Zwar kann die Regelung zu einem unterschiedlichen Grad der Privilegierung bei den jeweiligen Personengruppen führen, da, je nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, Pflichtbeitragszeiten für die allgemeine Wartezeit bis zu vier Jahren oder aber eine erheblich geringere Anzahl von Pflichtbeitragszeiten "fingiert" werden können. Dies folgt jedoch aus dem Normprogramm, wonach grundsätzlich alle diejenigen in Abs 1 und Abs 2 aaO Genannten begünstigt werden sollen, die wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll arbeiten können.
Die Revision hat nach alledem keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und in diesem Zusammenhang darüber, ob die Klägerin die Wartezeit iS von § 53 Abs 2 Satz 1 SGB VI vorzeitig erfüllt hat.
Die am 14. November 1966 geborene Klägerin legte in der Zeit von Oktober 1986 bis April 1987 und von November 1989 bis 31. Dezember 1991 insgesamt 29 Monate Pflichtbeitragszeiten zurück. Seit dem 19. Dezember 1991 ist sie wegen einer HIV-Infektion sowie wegen Drogenabhängigkeit nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit regelmäßig nachzugehen. Bis zum 19. Dezember 1994 wurden für sie Pflichtbeiträge wegen Sozialleistungsbezuges entrichtet.
Vom 15. Juli 1991 bis 31. Dezember 1991 war sie aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages (vom 3. Juli 1991) versicherungspflichtig bei dem Bayerischen Landesamt für Statistik beschäftigt. Nach ihrem Zeugnis vom 31. Dezember 1991 war sie als Anlern-Datenerfasserin zum Erfassen laufender Statistiken und Sonderstatistiken im Sammelsystem Nixdorf tätig und wurde nach den entsprechenden Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs (BAT) entlohnt. Das Landesamt teilte am 3. November 1995 auf Anfrage mit, die Klägerin habe nicht über Vorkenntnisse im Bereich der Datenerfassung verfügt, so daß sie nach den Bestimmungen des BAT eine Einarbeitungszeit von mindestens drei Monaten habe durchlaufen müssen; es habe sich insoweit um eine Ausbildung im Rahmen eines zeitlich befristeten Beschäftigungsverhältnisses gehandelt.
Ihren Antrag auf Bewilligung einer Rente (umgedeuteter Rehabilitationsantrag vom 27. September 1993) lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 1. Dezember 1994 ab, weil die Klägerin weder die allgemeine Wartezeit noch die Voraussetzungen für die vorzeitige Wartezeit nach § 53 Abs 2 SGB VI erfüllt habe; sie sei nicht sechs Jahre nach Beendigung einer Ausbildung erwerbsunfähig geworden. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei als Datenerfasserin angelernt worden und habe sich dementsprechend in einer Berufsausbildung befunden. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 1995 mit der Begründung zurück, bei dem Anlernen als Datenerfasserin handele es sich um eine innerbetriebliche Einarbeitung.
Durch Urteil vom 16. September 1996 hat das SG die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. September 1993 zu zahlen. Das SG hat die Auffassung vertreten: Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen des § 53 Abs 2 iVm § 245 SGB VI. Der Begriff der Ausbildung in § 53 Abs 2 Satz 1 SGB VI sei weiter gefaßt als derjenige in § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI. Das Bestehen einer Versicherungspflicht schließe die Annahme einer Ausbildung nicht aus. Bei der Datenerfasserin handele es sich um einen Ausbildungsberuf. Die Einarbeitungszeit betrage - auch nach dem BAT - mindestens drei Monate. Mit Bescheid vom 4. April 1997 hat die Beklagte daraufhin der Klägerin in Ausführung des Urteils eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. November 1998). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die Tatbestandsmerkmale für die Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit lägen nicht vor. Der Rechtsprechung des BSG, wonach unter den Begriff nur eine nicht versicherungspflichtige oder versicherungsfreie Ausbildung falle, sei nicht zu folgen. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergebe sich lediglich, daß es sich um eine Ausbildung handeln müsse, die den Versicherten so in Anspruch nehme, daß er an der Ausübung einer - anderen - Beschäftigung gehindert gewesen sei. Einer derartigen Ausbildung habe sich die Klägerin nicht unterzogen; sie sei in einem regulären Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen und habe allein im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses ihre Kenntnisse erworben.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 53 Abs 2 iVm § 245 SGB VI und trägt vor: Entgegen der Auffassung des LSG handele es sich bei der Datenerfasserin um ein klar abgegrenztes Berufsbild mit einer Einarbeitungs- oder Anlernzeit. Die Ausbildung zu diesem Beruf habe ihre Arbeitskraft auch überwiegend in Anspruch genommen, so daß sie an der Ausübung einer anderen versicherten Beschäftigung gehindert gewesen sei. Die Ausbildung iS des § 53 Abs 2 SGB VI erfasse nicht nur herkömmliche oder rechtlich geordnete förmliche Ausbildungsverhältnisse aufgrund eines schriftlichen Ausbildungsvertrages, sondern begünstige auch eine abweichend gestaltete Ausbildung sowie jedes Ausbildungsverhältnis zum Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten für die Ausübung des zukünftigen Berufs.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. November 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im wesentlichen auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der Klägerin das mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) geltend gemachte subjektive Recht auf Erwerbsunfähigkeitsrente nicht zusteht. Dabei kann offenbleiben, nach welchem Recht ein derartiger Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu beurteilen ist. Die in Frage kommenden Rechtsgrundlagen und ihre jeweiligen Fassungen haben sich zwar seit Eintritt der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin am 19. Dezember 1991 mehrfach geändert; inhaltlich sind jedoch die hier in Betracht kommenden, fraglichen tatbestandlichen Voraussetzungen gleich geblieben. Infolgedessen kann - auch - dahinstehen, ob und ggf welche übergangsrechtlichen Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung finden (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 9. November 1999 - B 4 RA 16/99 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Im folgenden werden - aus Gründen der Zweckmäßigkeit - § 44 SGB VI sowie § 53 Abs 2 SGB VI iVm § 245 Abs 1 SGB VI als die in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen in der derzeit geltenden Fassung zugrunde gelegt.
Das LSG hat, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, festgestellt, daß die Klägerin seit dem 19. Dezember 1991 infolge ihrer Erkrankungen nicht mehr in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit regelmäßig nachzugehen. Sie ist mithin seither erwerbsunfähig (§ 44 Abs 2 SGB VI). Allerdings hat die Klägerin entgegen ihrer Auffassung weder zum damaligen noch zu einem späteren Zeitpunkt die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Recht auf Erwerbsunfähigkeitsrente erfüllt. Nach § 44 SGB VI (früher: § 1247 RVO = § 24 AVG) ist Voraussetzung hierfür, daß der Versicherte zuletzt vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt, die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt hatte. Mangels Erfüllung der - allgemeinen - Wartezeit von 60 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonaten (§ 50 Abs 1 SGB VI; und auch wegen Fehlens von 36 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonaten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, § 44 Abs 1 Nr 2 SGB VI) hätte die Klägerin demnach ein subjektives Recht auf Erwerbsunfähigkeitsrente nur erwerben können, wenn sie einen der in § 53 SGB VI iVm § 245 SGB VI aufgeführten Ausnahmetatbestände der vorzeitigen (fiktiven) Wartezeit (und damit auch die Voraussetzung von § 43 Abs 4 iVm § 44 Abs 4 SGB VI) erfüllt hätte (früher: § 1252 RVO = § 29 AVG). In Betracht kommt hier die Regelung in § 53 Abs 2 iVm § 245 SGB VI. Danach gilt die Wartezeit als erfüllt, wenn der Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung erwerbsunfähig geworden ist und in den dem Versicherungsfall vorausgegangenen letzten zwei Jahren mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge hatte. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
1. Die Klägerin war zwar Versicherte und hatte auch in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ein Jahr Pflichtbeiträge. Sie ist jedoch bereits nicht "nach Beendigung" einer - hier einmal unterstellten - Ausbildung am 31. Dezember 1991, sondern bereits während ihrer Ausbildung am 19. Dezember 1991 erwerbsunfähig geworden. Der Senat knüpft insoweit an den Wortlaut des Gesetzes an. Dieser steht im Einklang mit Sinn und Zweck der Vorschrift, die denjenigen Personenkreis begünstigen will, der (zugunsten der Solidargemeinschaft der Versicherten) sich einer Ausbildung unterzieht, und damit an die daraus typischerweise resultierende berufliche Qualifikation anknüpft, die es ihm ermöglicht, ein höheres Entgelt zu erzielen, so daß er höhere Beiträge an die Solidargemeinschaft leisten kann (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 14 mwN). Da dies typischerweise jedoch nur bei einer - erfolgreich - abgeschlossenen Ausbildung der Fall ist, knüpft das Gesetz - insoweit ebenfalls typisierend - an die Beendigung der Ausbildung an (unabhängig davon, ob diese erfolgreich abgeschlossen worden ist oder nicht). Aus diesem Grunde sind auch nicht etwa die Versicherten während ihrer Ausbildung, sondern nur nach Beendigung ihrer Ausbildung geschützt. An diesen Zeitpunkt schließt sich sodann nahtlos der Beginn der Rahmenfrist von sechs Jahren an, innerhalb der der Versicherte erwerbsunfähig geworden sein muß. Dieser Bezug auf einen feststehenden und leicht zu ermittelnden Zeitpunkt ist nach alledem nicht nur im Hinblick auf die Praktikabilität bei der Bearbeitung von Verfahren im Rahmen der Massenverwaltung zweckmäßig.
2. Im übrigen hat die Klägerin auch deshalb die vorzeitige Wartezeit iS von § 53 Abs 2 SGB VI nicht erfüllt, weil sie von Juli bis Dezember 1991 keine "Ausbildung" iS dieser Vorschrift durchlaufen hat. Der Senat hält nach Überprüfung an den Ausführungen des erkennenden Senats zu § 1252 Abs 2 RVO in der Entscheidung vom 27. September 1979 (BSGE 49, 47 = SozR 2200 § 1252 Nr 1) insoweit fest, als unter den Begriff der "Ausbildung" im Rahmen der Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit entsprechend der Systematik und nach Sinn und Zweck der Vorschrift jedenfalls nur eine solche Ausbildung fällt, die die Arbeitskraft des Versicherten ganz oder überwiegend in Anspruch nimmt, so daß er an der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit und infolgedessen am Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert ist (BSGE 49, 47, 49 f = BSG SozR 2200 § 1252 Nr 1). Dies war bei der Klägerin nicht der Fall. Denn sie war während der Dauer ihrer Tätigkeit beim Bayerischen Landesamt für Statistik pflichtversichert.
a) Aus dem Normprogramm des § 53 Abs 2 SGB VI folgt, daß nur derjenige begünstigt werden soll, der infolge der "Ausbildung" an dem Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert ist.
53 (iVm § 245 Abs 1) SGB VI enthält eine abschließende Aufzählung von Privilegierungstatbeständen, bei deren Vorliegen das Versicherungsprinzip ausnahmsweise mit der Folge durchbrochen wird, daß die allgemeine Wartezeit, die Mindestversicherungszeit von 60 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonaten (und im Rahmen der Erwerbsunfähigkeitsrente die sog 3/5-Belegung vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit) vor Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen (ua Regelaltersrente, Erwerbsunfähigkeitsrente sowie Rente wegen Todes) nicht eingehalten werden muß.
Das Sozialrechtsverhältnis in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht zwar nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs. Die Versichertenrente wird jedoch typischerweise durch die Beitragsleistung (mit-)bestimmt, so daß die Voraussetzungen ihrer Gewährung von dem Versicherungsgedanken mitgeprägt werden. Dem allgemeinen Versicherungsprinzip entspricht es, einen materiell-rechtlichen Leistungsanspruch davon abhängig zu machen, daß die Beitragsleistung (bzw die ihr gleichgestellten Tatbestände) einen bestimmten Umfang erreicht haben. Vorschriften über die Wartezeit gehören demgemäß zu den Leistungsvoraussetzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Da bei der Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses regelmäßig nicht der Gesundheitszustand des Versicherten geprüft wird, dienen die Vorschriften über die allgemeine Wartezeit dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor den ungünstigsten Risiken und vor Personen, die ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis möglicherweise nur zur Erlangung von Rentenleistungen eingehen würden (vgl hierzu BVerfG SozR 2200 § 1252 Nr 4 S 14 f). Ausnahmen von dieser, der generellen Risikobegrenzung dienenden Mindestversicherungszeit gelten für die in § 53 (§ 245) SGB VI aufgeführten Privilegierungstatbestände; deren Eintritt beruht auf von den Versicherten regelmäßig nicht zu beeinflussenden Umständen. Sind diese auf den einzelnen einwirkenden schädigenden Ereignisse eingetreten, soll die allgemeine Wartezeit, deren Erfüllung der Versicherte wegen der Verwirklichung des versicherten Risikos (hier: der Erwerbsfähigkeit) nicht mehr erreichen kann, aus sozialen Gründen kraft gesetzlicher Fiktion als zurückgelegt gelten. § 53 SGB VI ist also eine Ausnahmeregelung, die das Versicherungsprinzip aus Gründen der Fürsorge gegenüber einem aktiven Mitglied der Solidargemeinschaft durchbricht (vgl hierzu BVerfG SozR 2200 § 1252 Nr 4). Begünstigt werden - hier in Ausnahmefällen - diejenigen schwer Betroffenen, die nicht mehr in der Lage sind, sich eine eigene soziale Sicherung aufzubauen.
aa) Von dem Normprogramm werden gemäß § 53 Abs 1 SGB VI diejenigen Versicherten erfaßt, die wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit oder einer Gesundheitsschädigung in Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Pflichten oder infolge eines Tatbestandes, für den der Staat insoweit die Verantwortung übernommen hat (vgl § 53 Abs 1 Satz 1 Nrn 2, 3 und 4 SGB VI; vgl hierzu auch § 2 SGB VII), ua vermindert erwerbsfähig geworden sind (§§ 43 Abs 2, 44 Abs 2 SGB VI) und aus diesem Grunde gehindert waren, Pflichtbeiträge zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit zu erwerben. Sie müssen entweder bei Eintritt des schädigenden Ereignisses, wie etwa dem Arbeitsunfall (bzw der Berufskrankheit), versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein oder - dieser Personengruppe gleichgestellt - in den letzten beiden Jahren vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung gehabt haben. Für die Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit bei dem gleichgestellten Personenkreis bedarf es also nunmehr (unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der früheren Regelung, § 245 SGB VI) einer Vorversicherungszeit von einem Jahr (innerhalb von zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit). Maßgeblich für das Einstehen der Solidargemeinschaft in diesen Fällen und damit für den teilweisen "Erlaß" der Mindestversicherungszeit ist einmal der enge Zusammenhang zwischen der unfallversicherten Tätigkeit bei bestehender Versicherungspflicht und dem zeitgleichen Eintritt der Erwerbsunfähigkeit sowie - bei dem gleichgestellten Personenkreis und bei fehlendem zeitlichen Zusammenhang mit der Versicherungspflicht - die durch die Vorversicherungszeit bedingte Nähe zum Kreis der Pflichtversicherten. Zum anderen ist entscheidend für das Einstehen der Grund für die Privilegierung dieses Personenkreises und die von ihm ausgeübte unfallversicherte Tätigkeit. Erfaßt werden ua diejenigen, die aus Gemeinwohlgründen tätig geworden sind, wie etwa die ehrenamtlich Tätigen und die Wehr- und Zivildienstleistenden, dabei einen Arbeitsunfall bzw eine Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung erlitten haben und als Folge davon (ua) erwerbsunfähig geworden sind.
bb) Abs 2 aaO erweitert den privilegierten Personenkreis der Versicherten um diejenigen, die vor Ablauf von sechs Jahren "nach Beendigung der Ausbildung" erwerbsunfähig geworden sind. Während Abs 1 an das durch die gesetzliche Rentenversicherung mitversicherte und mit dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit (bzw der Berufsunfähigkeit) unmittelbar sich realisierende Risiko des Verlusts bzw der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die unfallversicherte Tätigkeit anknüpft und gerade - auch - diejenigen erfaßt, die aus Gründen des Gemeinwohls tätig geworden sind, ist Grund für die Privilegierung in Abs 2 aaO die Ausbildung. Insoweit wird - wie ausgeführt - typisierend angeknüpft an die Tatsache, daß der Versicherte, der sich über ein bestimmtes Lebensalter hinaus einer für den späteren Beruf notwendigen weiteren Ausbildung unterzieht und hierdurch bedingt an dem Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert wird, in der Regel einen höheren Ausbildungsstand und damit eine entsprechende berufliche Stellung erlangt, die es ihm typisierend ermöglicht, höhere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 14 mwN). Auch dieser Personengruppe soll - typisierend und pauschalierend - im Hinblick auf ihre, letztlich ebenfalls dem Interesse der Solidargemeinschaft dienende Ausbildung, das Privileg der Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit zugute kommen. Voraussetzung ist allerdings eine Vorversicherungszeit - von nunmehr - einem Jahr, also die durch die Zugehörigkeit und die Anzahl der Pflichtbeiträge bedingte Nähe und Verbundenheit zum Kreis der Versichertengemeinschaft.
cc) Wie sich aus Sinn und Zweck von § 53 Abs 1 und 2 SGB VI ergibt, kann eine derartige, sich auf die Reduzierung der Mindestversicherungszeit beziehende Privilegierung nur dann greifen, wenn der Versicherte durch die jeweiligen Anknüpfungstatbestände (ua Arbeitsunfall, Wehrdienst-, Zivildienstbeschädigung, Ausbildung) tatsächlich gehindert war, Pflichtbeiträge zur Erfüllung der Wartezeit zu erwerben (vgl hierzu Klattenhoff in: Hauck/Haines, SGB VI, K § 53 RdNr 41), anderenfalls entfiele nämlich die Rechtfertigung für die Begünstigung dieses Personenkreises im Rahmen der "Wartezeiterfüllung" (Erstes Kapitel, zweiter Unterabschnitt, vierter Titel des SGB VI). Hieraus folgt, daß jedenfalls Zeiten, während der der Versicherte einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit nachgehen kann, wie dies etwa auch bei einer Lehre der Fall ist (vgl § 1 Abs 1 Nr 1 SGB VI), nicht "Ausbildung" iS von § 53 Abs 2 SGB VI sein können. Denn insoweit wird der Erwerb von Pflichtbeitragszeiten, die - typisierend - durch die Regelung ersetzt bzw fingiert werden, infolge der Ausbildung gerade nicht verhindert.
Wie der Senat in der Entscheidung vom 27. September 1979 (BSGE 49, 47, 50 = SozR 2200 § 1252 Nr 1) ausgeführt hat, steht diesem Ergebnis die Begründung in den Materialien zu dem insoweit inhaltlich im wesentlichen gleichen § 1252 RVO (vgl BT-Drucks 11/4124, S 165) nicht entgegen. Nach dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung sollte sich zwar die fiktive Wartezeiterfüllung auf diejenigen erstrecken, die "in jungen Jahren" oder "in so kurzer Zeit nach Beendigung der Ausbildung" einen Versicherungsfall erleben, so daß sie normalerweise die Wartezeit nicht erfüllen konnten (BT-Drucks VI/3767, S 14). Allerdings haben diese Vorstellungen weder in § 1252 Abs 2 RVO (noch in den übrigen Fassungen) einen Niederschlag gefunden. Die vom Ausschuß genannten Gründe für das Unvermögen sind im Wortlaut von § 1252 RVO (bzw § 29 AVG) und § 53 SGB VI sowie von § 245 SGB VI noch nicht einmal angedeutet. Anknüpfungspunkt für die Sechs-Jahres-Frist "nach Beendigung der Ausbildung" ist nicht ein bestimmtes jugendliches Lebensalter, sondern das Ende der Ausbildung. Infolgedessen ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Bestimmung allein die nichtversicherte Ausbildung Hinderungsgrund für die Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit und somit Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes der vorzeitigen Wartezeit.
b) Diese Auslegung iS einer systematisch bedingten Einschränkung des Begriffs "Ausbildung" bei der Fiktion der vorzeitigen Wartezeiterfüllung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, der es verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl BVerfGE 65, 104, 112 f mwN). Der Ausnahmetatbestand des § 53 Abs 2 SGB VI (durch das SGB VI erweitert auf sämtliche Fälle der Erwerbsunfähigkeit unabhängig von ihrem Entstehungsgrund) enthält aus den oben aufgezeigten Gründen eine Privilegierung bestimmter Versicherter für den Fall, daß sie wegen eines Anknüpfungstatbestandes (hier der "Ausbildung") bei Eintritt (ua) der Erwerbsunfähigkeit Pflichtbeitragszeiten nicht in ausreichendem Maße zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit haben. Diese Privilegierung gilt - aus Gründen der Zweckmäßigkeit im Rahmen der Gestaltung von Rechtsverhältnissen bei Massenerscheinungen, wie sie im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig auftreten grob typisierend und pauschalierend - für sämtliche Fälle der versicherungsfreien Ausbildung, unabhängig davon, wie die Dauer der grob pauschalierend an der allgemeinen Wartezeit orientierten Rahmenfrist von sechs Jahren zeigt, ob der Versicherte die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat oder nicht und wie lange sich der Versicherte überhaupt einer Ausbildung unterzogen hat.
Wegen des Ausnahmecharakters der das Prinzip der Mindestversicherungszeit durchbrechenden Vorschrift über die fiktive Erfüllung der Wartezeit läßt sich deren erweiternde Anwendung auf dort nicht erfaßte - und nicht gleich zu bewertende - Sachverhalte nicht durch Berufung auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz erzwingen. Werden einer Personengruppe aus besonderem Anlaß besondere Vergünstigungen zugestanden, kann daraus grundsätzlich nicht ein besonderes verfassungsrechtliches Gebot hergeleitet werden, genau dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen (vgl BVerfGE 63, 255, 265 f). Genauso würde es sich jedoch verhalten, wenn Lehrlinge oder andere Personen während einer Ausbildung trotz bestehender Versicherungspflicht in die Regelung miteinbezogen würden (so aber ohne Angabe von Gründen: Niesel in: Kasseler Komm, § 53 SGB VI RdNr 20; Lilge in: GesamtKomm, § 53 SGB VI RdNr 14; Winter in: RV 2000, 21, 22; vgl auch Koch/Hartmann/von Altrock/Fürst, AVG, § 29 AVG D II 1.2). Durch eine derartige Einbeziehung würden alle anderen Versicherten (wie etwa die Ungelernten), die, gleich aus welchen Gründen, die Wartezeit bei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit noch nicht erfüllt haben (ggf auch noch nicht erfüllt haben konnten), sachlich nicht gerechtfertigt ungleich behandelt. Denn der eigentliche Privilegierungsgrund, die Verhinderung des Erwerbs von Pflichtbeitragszeiten während der Ausbildung mit der Folge fehlender Pflichtbeitragszeiten (zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit), ist bei bestehender Versicherungspflicht in diesen Fällen erkennbar nicht vorhanden.
Zum anderen würde eine derartige Handhabung auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besserstellung dieser Gruppe, wie etwa den Lehrlingen im Verhältnis zur Gruppe der nicht versicherten Ausgebildeten führen. Denn während bei dieser Gruppe die Wartezeit nur vorzeitig erfüllt ist, wenn sie unter bestimmten weiteren Voraussetzungen vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung der Ausbildung erwerbsunfähig werden, würde sich die Rahmenfrist bei der og Gruppe (ua der Lehrlinge) ohne erkennbar rechtfertigenden Grund um weitere drei Jahre (nach Beendigung der Lehrzeit) auf insgesamt neun Jahre verlängern, also auf einen Zeitraum erstrecken, in dem typischerweise nach dem Gesetz davon ausgegangen wird, daß aufgrund eigener Beitragszahlung die allgemeine Wartezeit hätte längst erfüllt werden können.
Zwar kann die Regelung zu einem unterschiedlichen Grad der Privilegierung bei den jeweiligen Personengruppen führen, da, je nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, Pflichtbeitragszeiten für die allgemeine Wartezeit bis zu vier Jahren oder aber eine erheblich geringere Anzahl von Pflichtbeitragszeiten "fingiert" werden können. Dies folgt jedoch aus dem Normprogramm, wonach grundsätzlich alle diejenigen in Abs 1 und Abs 2 aaO Genannten begünstigt werden sollen, die wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll arbeiten können.
Die Revision hat nach alledem keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved