B 4 RA 55/99 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 55/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Brandenburg vom 28. Juli 1999 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Juli 1998 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts wird zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt: "Die Rentenhöchstwertfestsetzungen in den Bescheiden der Beklagten vom 20. Oktober 1994 sowie vom 30. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 1996 werden aufgehoben. Die Beklagte wird dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin die Altersrente unter Anrechnung der in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 zurückgelegten Beitrags- und Anrechnungszeiten zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen." Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens zu einem Viertel sowie diejenigen des Berufungs- und Revisionsverfahrens jeweils in vollem Umfang zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist, ob die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991, in der die Klägerin im Beitrittsgebiet neben ihrer Invalidenrente auch Vorruhestandsgeld (Vog) bezogen hatte, entgegen der angefochtenen Rentenhöchstwertfestsetzung bei der Feststellung des Wertes ihres Rechts auf Altersrente als Beitrags- oder Anrechnungszeit anzurechnen und deshalb höhere Rente zu zahlen ist.

Die Klägerin bezog seit November 1987 eine Invalidenrente aus der Sozialversicherung der DDR. Daneben übte sie eine Teilzeitbeschäftigung aus. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezog sie gemäß einer Vereinbarung mit ihrer Arbeitgeberin ab 1. Juli 1990 neben ihrer Invalidenrente Vog nach der Verordnung über die Gewährung von Vog vom 8. Februar 1990 ((VRGVO), GBl I Nr 7 S 42). Ua in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 zahlte die Bundesanstalt für Arbeit (BA) das Vog aus und entrichtete auf dieser Bemessungsgrundlage mit vollem Beitragssatz Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets. Ab 1. Januar 1992 gewährte die Beklagte der Klägerin nach Maßgabe des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ein Recht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), nahm diese Bewilligung aber unter dem 12. Juni 1992 zurück und gewährte statt dessen rückwirkend ein Recht auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU). Daneben bezog die Klägerin weiterhin Vog.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin antragsgemäß ab 1. Oktober 1994 ein Recht auf Altersrente. Bei der Entscheidung über den Rentenhöchstwert berücksichtigte sie die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 weder als Beitrags- noch als Anrechnungszeit und rechnete demgemäß hierfür keine versicherten Arbeitsverdienste an. Sie führte aus, zwar habe die BA Beiträge aus dem Vog für die Klägerin gezahlt; es habe sich jedoch nicht um "ordentliche" Beiträge gehandelt, weil nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht wegen des Bezuges der Invalidenrente Versicherungs- und Beitragsfreiheit bestanden habe und die Klägerin an der "Aufbringung der Zahlung" nicht beteiligt gewesen sei (Bescheid vom 20. Oktober 1994; Teilabhilfebescheid vom 30. Oktober 1995; Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1996).

Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, den Wert der Altersrente der Klägerin unter Zugrundelegung der im streitigen Zeitraum zurückgelegten Beitragszeiten zu berücksichtigen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Juli 1998). Es hat die Auffassung vertreten: Die Klägerin habe "in der Zeit" vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 "gemäß § 248 Abs 3 SGB VI" Pflichtbeitragszeiten "erworben". Gemäß § 18 Buchst b des Gesetzes über die Sozialversicherung ((SVG) idF vom 28. Juni 1990, GBl I Nr 38 S 486), das gemäß Einigungsvertrag (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl II S 889, 1211) Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 2 bis zum 31. Dezember 1991 in Kraft geblieben sei (Art 42 Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991, BGBl I S 1606), sei die Klägerin während des Bezugs von Vog versicherungspflichtig gewesen. Zwar sei nach § 15 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten ((SVO) idF vom 28. Juni 1990, GBl I Nr 38 S 509), die ebenfalls gemäß EinigVtr Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 3 bis zum 31. Dezember 1991 in Kraft gewesen sei, der Bezieher einer Invalidenrente von der Zahlung eines Beitrags zur Rentenversicherung befreit gewesen; aus § 7 SVG ergebe sich jedoch, daß die früheren Bestimmungen des Beitrittsgebietes nur unter Berücksichtigung der Bestimmungen des SVG vom 28. Juni 1990, also auch des § 18 Buchst b SVG anzuwenden seien.

Das Landessozialgericht für das Land Brandenburg (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG abgeändert (Urteil vom 28. Juli 1999) und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten: Nicht § 248 Abs 3 SGB VI, sondern § 55 SGB VI greife hier ein. Denn nach dem 3. Oktober 1990 seien Beiträge nur noch nach Bundesrecht und nicht mehr nach dem Recht der ehemaligen DDR zu entrichten gewesen. Soweit - wie hier - nach dem EinigVtr Rechtsvorschriften der DDR bis zum 31. Dezember 1991 weitergegolten hätten, seien sie sekundäres Bundesrecht geworden. Dennoch hätten die Bezieher von Vog keine Beitragszeiten erworben. Zwar sei dem SVG zu entnehmen, daß für die Bezieher von Vog keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe, wenn sie daneben auch eine Invalidenrente bezogen hätten. Der Gesetzgeber des SVG habe jedoch erkennbar den Empfängern von Vog den gleichen sozialversicherungsrechtlichen Schutz gewähren wollen wie Arbeitnehmern und Selbständigen, die nach § 19 Abs 2 SVG bei gleichzeitigem Bezug einer Rente versicherungsfrei gewesen seien. Insoweit liege eine Regelungslücke vor, die zu schließen sei. Einzig sachgerecht sei insoweit eine Gleichstellung der Empfänger von Vog mit den Arbeitnehmern und Selbständigen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 55 SGB VI iVm § 18 Buchst b SVG und trägt vor: Entgegen der Auffassung des LSG liege keine Regelungslücke vor, so daß die Empfänger von Vog Beitragszeiten erworben hätten. Im SVG sei - ausdrücklich - geregelt, daß Empfänger von Lohnersatzleistungen versicherungspflichtig seien. Beschäftigte, die neben dem Bezug einer Invalidenrente eine berufliche Tätigkeit ausgeübt hätten, seien nicht automatisch versicherungsfrei gewesen, wie sich aus § 19 Abs 2 SVG ergebe. Auch nach Bundesrecht seien Empfänger von Lohnersatzleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 28. Juli 1999 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Juli 1998 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Es lägen keine iS von § 55 Abs 1 Satz 1 SGB VI wirksamen Pflichtbeiträge vor. Empfänger von Vog, die zwischen dem 3. Oktober 1990 und dem 31. Dezember 1991 auch eine Invalidenrente bezogen hätten, seien nämlich versicherungs- und beitragsfrei gewesen. Nach Sinn und Zweck des § 15 SVO hätten bei Bezug der zur Beitragsfreiheit führenden Rente trotz Ausübung einer dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung keine Beiträge zur Sozialversicherung mehr gezahlt werden sollen. An diesem Grundsatz habe das bis zum 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet geltende SVG festgehalten. Die BA habe daher die Beiträge zu Unrecht entrichtet.

Die BfA hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, daß sie die Beiträge für die Klägerin bislang nicht beanstandet und auch noch kein Beanstandungsverfahren eingeleitet hat.

II

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat Bundesrecht dadurch verletzt, daß es der Berufung der Beklagten stattgegeben hat. Denn das SG hat im Ergebnis zutreffend die angefochtene Rentenhöchstwertfestsetzung aufgehoben und die Beklagte sinngemäß verurteilt, der Klägerin höhere Altersrente unter Anrechnung der noch streitigen rentenrechtlichen Zeiten zu zahlen. Daher ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen, dessen Ausspruch jedoch zur Klarstellung neu zu fassen war.

Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war das mit der zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) verfolgte Begehren der Klägerin, das SG solle die angefochtene Rentenhöchstwertfestsetzung aufheben und die Beklagte verurteilen, die Altersrente auf der Grundlage eines höheren Wertes ihres Rechts auf Altersrente wegen Anrechnung der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 als Beitrags- oder Anrechnungszeit zu zahlen.

Die Anfechtungsklage ist begründet (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG), weil die angefochtene Höchstwertfestsetzung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihrem Recht auf zutreffende Festsetzung eines höheren Rentenwerts verletzt. Zwar hat die Beklagte vor dem BSG eingeräumt, daß der streitige Zeitraum jedenfalls gemäß § 252a Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB VI als Anrechnungszeit anzurechnen ist. Sie hat aber weiterhin die Berücksichtigung dieses Zeitraums als Beitragszeit abgelehnt. Dies verletzt Bundesrecht, nach dem es sich (auch) um eine gleichgestellte Beitragszeit handelt (§ 248 Abs 3 SGB VI).

1. Die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Beurteilung der beitragsrechtlichen Rechtsnatur des hier umstrittenen Zeitraums vom 3. Oktober 1990 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet im Blick auf das antragsgemäß ab Oktober 1994 anerkannte Recht auf Altersrente nach dem SGB VI ergibt sich aus der Gleichstellungsnorm des § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI.

Entgegen der Ansicht der BfA und des LSG gelten demgegenüber die in § 55 Abs 1 SGB VI getroffenen Regelungen nicht für Beitragsansprüche, Beitragsschulden und Beitragszahlungen im Beitrittsgebiet (oder in der DDR) vor dem 1. Januar 1992. Nach § 55 Abs 1 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten iS des SGB VI solche Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Nach Satz 2 ebendort sind Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Diese Bestimmung enthält eine Umschreibung der Bedeutung des Ausdrucks "Beitragszeiten" für den Geltungsbereich des SGB VI, aber auch eine (in mehrfacher Hinsicht begrenzte) Sachnorm. Danach kann ein Versicherter, der (wie die Klägerin) kein wegen entgeltlicher Beschäftigung zwangsversicherter Arbeitnehmer und diesem beitragsrechtlich auch nicht gleichgestellt ist (vgl § 174 SGB VI), für die Erfüllung einer Wartezeit, für den Erwerb einer Rangstelle und für den Rentenwert erhebliche "Beitragszeiten" nur erlangen, wenn für den jeweiligen Zeitraum von ihm oder - wie hier - von einem Dritten Beiträge zur Erfüllung einer Pflichtbeitragsschuld oder als freiwillige Beiträge (rechtzeitig) tatsächlich gezahlt werden (oder wenn das Gesetz eine Zahlung fingiert). Diese Vorschrift ist - mit dem gesamten SGB VI - erstmals zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten (Art 85 des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992). Gemäß Art 82 Abs 2 des Grundgesetzes (GG) entfaltet die Norm nach der ausdrücklichen Bestimmung des Deutschen Bundestages Rechtswirkung erst seit dem 1. Januar 1992. Sie bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Zahlungen an einen Rentenversicherungsträger iS des SGB VI ab 1. Januar 1992, die vom Zahlenden mit dem Leistungszweck "Beitrag" entrichtet werden, für einen Versicherten "Beitragszeiten" iS des SGB VI begründen. Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen (sog "echte" Rückwirkung) auf Rechtspositionen und Rechtsbeziehungen, die vor dem 1. Januar 1992 nach dem bis dahin maßgeblichen Recht bestanden, hat der Deutsche Bundestag mit seiner Inkrafttretensregelung zum 1. Januar 1992 und mit seiner Anordnung, daß für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen in den Zeiten davor das bisherige Recht gültig bleibt (Art 83 RRG 1992), ausdrücklich ausgeschlossen. Insbesondere hat der Deutsche Bundestag in § 300 SGB VI weder die vollziehende noch die rechtsprechende Gewalt (ggf entgegen Art 82 Abs 2 GG) dazu ermächtigt, in eigener Kompetenz einen früheren Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB VI zu bestimmen oder dieses sogar auf einen Zeitpunkt vor der Verkündung des Gesetzes vorzuverlegen. § 300 SGB VI enthält keine (inhaltlich ohnehin unmögliche) Begrenzung seines sachlichen Geltungsbereichs auf "Leistungsrecht". Er gilt auch für die Beurteilung der "beitragsrechtlichen" Voraussetzungen der Entstehung und Bewertung eines Rechts auf Rente. Er läßt eine "echte" Rückwirkung des SGB VI zur Entscheidung auch der Frage nicht zu, welche beitragsrechtlichen Rechtsbeziehungen vor dem 1. Januar 1992 bestanden (stRspr des Senats seit den Urteilen vom 25. Februar 1992, SozR 3-2600 § 300 Nr 1 = SozR 3-6050 Art 46 Nr 5 und SozR 3-2600 § 300 Nr 2 = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2; SozR 3-2600 § 300 Nr 3; stellvertretend auch SozR 3-2600 § 300 Nrn 7, 8, 10; vgl auch die Urteile des 12. Senats des BSG, SozR 3-2600 § 300 Nr 4 = SozR 3-2600 § 197 Nr 1 und SozR 3-2600 § 300 Nr 9 = SozR 3-2200 § 1227 Nr 8; ebenso das Urteil des 5. Senats des BSG, SozR 3-2600 § 300 Nr 6). Aufgrund der Regelungen des § 55 Abs 1 SGB VI werden also im Blick auf Beitragszahlungen vor dem 1. Januar 1992 weder damals objektiv nach Bundesrecht bestehende Beitragszeiten aberkannt noch - in rückwirkender Begünstigung - erstmals solche begründet. "Ansprüche", dh subjektive Rechte (Anrechte, Anwartschaften, Anwartschaftsrechte, Vollrechte und Einzelansprüche) "entfallen" nicht allein deshalb, weil Vorschriften, auf denen sie beruhten, durch Vorschriften des SGB VI ersetzt worden sind (§ 300 Abs 4 SGB VI).

Für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet in ihrem Rechtsverhältnis zur Beklagten Beitragszeiten mit rangstellenbegründenden versicherten Arbeitsverdiensten "nach Bundesrecht" erlangt hat, kommt es maßgeblich auf "bundesrechtliche" Rechtsnatur des damals dort geltenden Rentenversicherungsrechts an. Es galten dort weder das SGB VI, auf dessen Geltungs- und Anwendungsbereich die Regelungen des § 55 Abs 1 SGB VI begrenzt sind, noch das sonstige originäre bundesrechtliche Rentenversicherungsrecht, insbesondere nicht das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), das Vierte Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) und das Reichsknappschaftsgesetz (RKG); dies war in Art 8 des EinigVtr iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt I bestimmt worden (dazu schon Senatsurteil vom 30. September 1993 - 4 RA 1/93 -). Ua schon wegen der Andersartigkeit des Rentenversicherungsrechts des Beitrittsgebiets, das mit Ablauf des 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten ist, bedurfte es einer rechtsbegründenden Entscheidung des Deutschen Bundestages darüber, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen nach jenem Recht erworbene Beitragszeiten für Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherten und dem Rentenversicherungsträger ab dem 1. Januar 1992 im Blick auf Rechtspositionen nach dem SGB VI den Beitragszeiten "nach Bundesrecht" gleichstehen (stRspr seit BSGE 72, 50, 56, 61 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1). Diese - hier maßgebliche - Frage ist in § 248 Abs 3 SGB VI geregelt.

Gemäß § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI stehen den "Beitragszeiten nach Bundesrecht" Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind ("Beitragszeiten im Beitrittsgebiet" - so Satz 2 aaO). "Bundesrecht" in diesem Sinne ist das originäre bundesrechtliche System der gesetzlichen Rentenversicherung des SGB VI, nicht aber - wie dem Wortlaut der Vorschrift entnommen werden könnte - das ursprünglich von der DDR erlassene andersartige Rentenversicherungsrecht, soweit dieses im Beitrittsgebiet bis Ende 1991 aufgrund des originär bundesrechtlichen Anwendungsbefehls im EinigVtr als sekundäres Bundesrecht mit den dort genannten Maßgaben vorübergehend in Kraft geblieben war (näher dazu stellvertretend BSG SozR 3-8560 § 26 Nr 2 S 20). Daher sind - seit dem 3. Oktober 1990 - das SVG, die SVO (Anlage II Kapitel VIII Buchst F Abschnitt III Nrn 2 und 3) und die VRGVO (Anlage II Kapitel VIII Buchst E Abschnitt III Nr 5) zwar sekundäres Bundesrecht, wie das LSG richtig gesehen hat; sie sind zudem als Regelungen des Rentenversicherungsrechts des Beitrittsgebietes nur partielles Bundesrecht (stellvertretend hierzu BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 2 S 26). "Beitragszeiten nach Bundesrecht", denen die "Beitragszeiten im Beitrittsgebiet" nach den in § 248 Abs 3 SGB VI genannten Voraussetzungen gleichstehen, sind indessen nur solche Zeiten, für die aufgrund des originären (primären) Bundesrechts in dessen jeweiligem Geltungsbereich Beiträge an einen bundesrechtlichen Rentenversicherungsträger gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Dies betrifft für die Zeiten vor dem 1. Januar 1992 die Beitragszeiten nach § 27 AVG, § 1250 RVO und § 50 RKG, für Beitragsansprüche, Beitragsschulden und Beitragszahlungen für Zeiten ab dem 1. Januar 1992 die in § 55 SGB VI geregelten Beitragszeiten. Demgegenüber können Sachverhalte, die außerhalb des Geltungsbereichs des originär bundesrechtlichen Rentenversicherungsrechts verwirklicht worden sind, wie die hier streitigen Zeiten in der Rentenversicherung des Beitrittsgebiets, nur durch eine rechtsbegründende originär bundesgesetzliche Regelung des Deutschen Bundestages den "Beitragszeiten nach Bundesrecht" gleichgestellt werden. Dies ist in § 248 Abs 3 SGB VI für "Erwerbstatbestände" in der allgemeinen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets geregelt, in § 5 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) speziell für solche im Zusammenhang mit Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (stRspr; stellvertretend BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 5; SozR 3-2600 § 248 Nrn 1 bis 4).

Der in § 248 Abs 3 SGB VI normierte Gleichstellungstatbestand begründet die rechtliche Erheblichkeit von in der DDR/im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten als Pflichtbeitragszeiten iS des originären bundesrechtlichen Rentenversicherungsrechts des SGB VI.

2. Die Voraussetzungen des § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI liegen vor. Diese Grundregel für die Gleichstellung der Beitrittsgebiets-Beitragszeiten verlangt nur, daß für Zeiten nach dem 8. Mai 1945 Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt worden sind. Die BA hat wegen des Vog-Bezugs der Klägerin an die BfA Pflichtbeiträge zu dem System der sekundär und partiell bundesrechtlichen gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt.

Der Vortrag der BfA, die Beiträge seien "zu Unrecht" entrichtet worden und mangels eines Versicherungspflichttatbestandes "unwirksam" gewesen, war nicht erheblich, weil die Beklagte die in den Jahren 1990/1991 erfolgten Zahlungen nicht beanstandet, dh deren Unwirksamkeit nicht bindend (§ 77 SGG) festgestellt hat. Sie hat bislang nicht einmal ein Verwaltungsverfahren mit dem Ziel eingeleitet, einen Beanstandungsakt zu erlassen. § 248 Abs 3 SGB VI sieht die "Wirksamkeit" der Beitragszahlung im Beitrittsgebiet als Tatbestandsmerkmal nicht vor - ebensowenig wie § 55 Abs 1 SGB VI für das primäre Bundesrecht (anders früher § 27 AVG, § 1250 RVO und § 50 RKG). Vorausgesetzt wird nur, daß Geld mit der Leistungsbestimmung, eine Beitragsschuld zu erfüllen oder freiwillige Beiträge zu entrichten, zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt worden ist. Damit ist nach Bundesrecht grundsätzlich von der "Wirksamkeit" der Beiträge auszugehen. Hinsichtlich der "DDR-Beitragszeiten" (vor dem 3. Oktober 1990) kommt eine Prüfung der "Wirksamkeit" gezahlter Beiträge, die nur nach Maßgabe von "DDR-Recht" und "DDR-Verwaltungspraxis" stattfinden könnte, ohnehin nicht in Betracht, weil es hierfür keine bundesrechtliche Ermächtigung zur rückwirkenden Beanstandung gibt. Statt dessen regelt § 248 Abs 3 Satz 2 SGB VI die Ausnahmefälle, in denen eine zukunftsgerichtete Gleichstellung von in der DDR als wirksam behandelten Beiträgen mit solchen nach originärem Bundesrecht nicht gerechtfertigt ist.

Bei einer Beitragszahlung für Zeiten ab dem 3. Oktober 1990 nach Beitrittsgebietsrecht hätte deren "Wirksamkeit" nur durch unverzügliche Zurückweisung der Zahlung (Ablehnung der Entgegennahme) bzw sofortige Rückzahlung verhindert werden können. Bei akzeptierten "Pflichtbeiträgen" hätte deren Wirksamkeit allenfalls durch eine "Beanstandung" aufgehoben werden können, also durch einen Verwaltungsakt (BSGE 25, 136, 139), in dem auch festgestellt wird, daß der Leistungszweck der Erfüllung einer Pflichtbeitragsschuld wegen Fehlens der Versicherungs- oder Beitragspflicht (oder wegen verspäteter Zahlung) nicht erreicht worden ist (vgl § 26 Abs 1 SGB IV, §§ 197, 202 Satz 2 SGB VI). Dieser Verwaltungsakt kann noch zusammen mit den Entscheidungen über die Bewilligung des Rechts auf Rente erlassen werden (Senatsbeschluß vom 27. September 1990 - 4 BA 208/89 -), soweit dem nicht Gründe des Vertrauensschutzes oder der Verwirkung entgegenstehen. Die Beklagte hat jedoch die als Pflichtbeiträge von der BA gezahlten Geldsummen entgegengenommen und keine Beanstandung ausgesprochen. Deshalb bedarf keiner Erörterung, ob das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets seit dem 3. Oktober 1990 überhaupt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für eine Beanstandung von Pflichtbeiträgen enthielt. Jedenfalls trägt die Ausnahmebestimmung des § 248 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VI zukunftsgerichtet (nicht mit Bezug auf Rechte und Ansprüche nach Beitrittsgebietsrecht vor 1992) dem Zweck einer Beanstandung mit Blick auf die Beachtlichkeit von "Beitrittsgebiets-Pflichtbeiträgen" für Rechte nach dem SGB VI ausreichend Rechnung.

Der BfA kann auch darin nicht beigepflichtet werden, daß es sich bei den von der BA gezahlten Pflichtbeiträgen nicht um "ordentliche" Beiträge iS der Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gehandelt habe. Nach § 40 Abs 2 SVG hatten (wie auch nach der beitragsrechtlichen Grundnorm des originären Bundesrechts in § 109 AVG, § 1382 RVO und § 173 SGB VI) Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge zur Sozialversicherung jeweils zur Hälfte zu tragen. Dem entspricht auch das Konzept der gesetzlichen Regelung der Beitragslast bei Bezug von Vog im SGB VI. Denn nach § 170 Abs 1 Nr 3 SGB VI tragen die Vog-Bezieher und die zur Zahlung des Vog Verpflichteten die Beiträge je zur Hälfte. Dieses Prinzip liegt auch dem SVG und der VRGVO zugrunde und ist durch den Anordnungsbefehl und die Maßgaben des EinigVtr nicht aufgegeben worden. Nach dem EinigVtr Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet E Abschnitt III Nr 5a hatte die Stelle, die Vog zu zahlen hatte, die Beiträge zwar allein in voller Höhe zu tragen, also kein Abzugsrecht gegenüber dem Vog-Bezieher (siehe auch § 40 Abs 5 SVG). Dies ist in § 279c Abs 1 SGB VI für die Rechtslage ab Januar 1992 übernommen worden; bei Bezug von Vog im Beitrittsgebiet sind auch dann die Beiträge von der zahlenden Stelle allein zu tragen. Gleichwohl handelt es sich nicht um eine vom individuellen Wert des Rechtes auf Vog losgelöste abstrakt drittnützige Beitragszahlung der BA, sondern um eine aus einem "Nettolohn" bemessene Zahlungspflicht der an die Stelle des Arbeitgebers tretenden BA. Dem Bezieher von Vog wird ein "abzugsfreier" Nettobetrag als Wert seines Rechts auf monatliche Zahlungen zuerkannt, weil das Vog sich seit dem 3. Oktober 1990 aus 65 vH des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts der letzten drei Monate errechnet. Dieser Nettowert ist aber Beitragsbemessungsgrundlage (§ 41 Abs 1 Buchst e SVG, § 166 Abs 1 Nr 3 SGB VI). Auf diese ist der volle Beitragssatz anzuwenden, ohne daß die zahlende Stelle ein anteiliges (hälftiges) Abzugsrecht gegenüber dem Vog-Bezieher hat (§ 40 Abs 5 SVG; siehe ab 1992 die Verdrängung des § 174 Abs 2 Nr 2 SGB VI durch § 279c SGB VI). Die BA war und ist also ausnahmslos verpflichtet, Pflichtbeiträge in der Höhe zu zahlen, die sich ergäbe, wenn das Vog "beitragspflichtiges" Nettoarbeitsentgelt wäre. Nach rechtlicher Wertung (de jure) trägt mithin der Vog-Bezieher auch den auf ihn entfallenden Beitragsanteil (vgl hierzu auch § 14 Abs 2 SGB IV), wie es der Fall wäre, wenn ihm statt des Netto- ein Bruttobetrag in Höhe des um den halben Beitragsanteil erhöhten Vog zu zahlen wäre. Er wird also insoweit bei der Beitragslast einem zwangsversicherten Arbeitnehmer mit Nettolohnvereinbarung gleichgestellt.

Die Voraussetzungen der Grundregel des § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI, daß für den streitigen Zeitraum Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt worden sind, liegen also vor.

3. Die damit grundsätzlich gegebene Gleichstellung der streitigen "Beitragszeiten im Beitrittsgebiet" mit "Beitragszeiten nach Bundesrecht" wird - entgegen der Ansicht der BfA - nicht durch die Ausnahmeregelung des § 248 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VI ausgeschlossen. Danach sind Zeiten, in denen wegen des Bezugs einer Rente oder einer Versorgung nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets Versicherungs- und Beitragsfreiheit bestanden hat, keine "Beitragszeiten im Beitrittsgebiet". Die Vorschrift schließt die Gleichstellung von Beitrittsgebietsbeitragszeiten bei Bezug einer Rente aus der Rentenversicherung des Beitrittsgebiets nicht schlechthin, sondern nur dann aus, wenn "nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets Versicherungs- oder Beitragsfreiheit bestanden hat". Jedoch waren nach den ausdrücklichen Regelungen des Beitrittsgebietsrechts Zeiten, in denen ein Invalidenrentner Vog bezog, versicherungs- und beitragspflichtig. Zwar begründete der Bezug einer Invalidenrente nach § 15 SVO iVm § 19 Abs 2 SVG im Regelfall Versicherungs- und Beitragsfreiheit für eine zeitgleich ausgeübte entgeltliche Beschäftigung, soweit nach den am 30. Juni 1990 in der DDR geltenden Rechtsvorschriften eine Befreiung von der Beitragspflicht bestand. Dies erstreckte sich aber gerade nicht auf die Vog-Bezieher, für die ausdrücklich Versicherungspflicht (§ 18 Buchst b SVG) und Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 VRGVO, §§ 40 Abs 5, 41 Abs 1 Buchst e SVG) angeordnet waren.

Gemäß § 18 Buchst b SVG waren Bezieher von Vog in der Rentenversicherung des Beitrittsgebiets pflichtversichert (siehe für Zeiten des Vog-Bezuges ab Januar 1992 § 3 Abs 1 Nr 4 SGB VI). Nach § 5 Abs 1 Regelung 2 VRGVO unterlag das Vog "der Beitragspflicht zur Sozialversicherung". In Übereinstimmung hiermit sah § 5 Abs 3 Satz 1 VRGVO vor, daß der Bezug von Vog bei der Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung als ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gilt. Nach § 5 Abs 3 Satz 2 VRGVO war das Vog bei Alters- oder Invalidenrenten, in deren Berechnungszeitraum es lag, zu berücksichtigen, wenn dies günstiger war. Ebenso wie ein Arbeitsverhältnis war der Vog-Bezug in den Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung einzutragen (§ 5 Abs 2 VRGVO). Demgegenüber sah § 15 Abs 1 SVO vor, daß "Werktätige" bei Erhalt einer Invalidenrente aus der Sozialversicherung von der Zahlung ihres Beitrages befreit waren.

Die genannten Vorschriften des Beitrittsgebietsrechts standen jedenfalls ab dem 3. Oktober 1990 nach der Geltungsanordnung des EinigVtr als sekundäres Bundesrecht gleichrangig nebeneinander. Jedoch verdrängten die Spezialregelungen über die Versicherungs- und Beitragspflicht des Vog-Bezuges im SVG und in der VRGVO insoweit die allgemeine Regel des § 15 SVO. Die Spezialregelungen betrafen den abgegrenzten Bereich des Vog-Bezuges und hatten insoweit Vorrang. Ferner kam dem SVG - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - bei der Auslegung des älteren Beitrittsgebietsrechts ein materieller Vorrang zu (§ 7 SVG).

Entgegen der Ansicht des LSG liegt ein Auseinanderfallen des Regelungskonzepts des Rentenversicherungsrechts des Beitrittsgebiets und seiner sprachlichen Gestalt nicht vor; dieses wäre im übrigen nicht nach den Bewertungsgrundsätzen der Analogie, sondern nach den andersartigen der teleologischen Reduktion zu beseitigen gewesen, also durch Begrenzung des Anwendungsbereichs der ausdrücklich die Versicherungs- und Beitragspflicht des Vog-Bezuges anordnenden Normen. Aus dem positiven Beitrittsgebietsrecht, das ab dem 3. Oktober 1990 nur nach Maßgabe des EinigVtr und damit nach den Vorgaben des Deutschen Bundestages in seinem Gesetzesbeschluß zum Einigungsvertragsgesetz (EinigVtrG) galt, ergibt sich kein Hinweis darauf, das Konzept des EinigVtrG und des EinigVtr habe darauf abgezielt, Invalidenrentner mit Vog-Bezug rentenversicherungsrechtlich den Invalidenrentnern mit einer daneben ausgeübten entgeltlichen Beschäftigung gleichzustellen. Die VRGVO regelt gerade auch den Vog-Bezug von Teilzeitbeschäftigten (§ 3 Buchst b VRGVO), erwähnt die Bezieher von Invalidenrente und läßt das Recht auf Vog erst erlöschen, wenn die Voraussetzungen für ein Recht auf Rente wegen Alters erfüllt sind. Ferner sah § 4 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VRGVO vom 1. März 1990 (GBl I, 12 S 98) die Bezieher von Invalidenrenten ausdrücklich als "Anspruchsberechtigte" vor und begrenzte den monatlichen Gesamtbetrag aus Invalidenrente und Vog auf 1.000,00 DM. Dem Deutschen Bundestag war bei seinem Beschluss des EinigVtrG amtlich bekannt, daß es in der DDR Invalidenrentner mit Vog-Bezug gab, zumal die Leistungen im wesentlichen aus Mitteln der Bundesrepublik Deutschland finanziert wurden. Gleichwohl hat er keine Maßgaben beschlossen, die Versicherungs- oder Beitragspflicht dieser Vog-Bezieher einzuschränken. Angesichts der damaligen wirtschaftlichen Umwälzung mit den außerordentlichen Belastungen des Arbeitsmarktes bestand ersichtlich ein großes öffentliches Interesse daran, auch den Invalidenrentnern, die - wie nach dem Zuschnitt der DDR-Rentenversicherung regelmäßig von ihnen erwartet wurde - nebenher noch entgeltlich beschäftigt waren, das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch "soziale Abfederung" zu erleichtern. Insoweit war es sogar konsequent, für den Vog-Bezug Versicherungs- und Beitragspflicht und damit im Ergebnis für die Begünstigten eine höhere Altersrente vorzusehen, während die entgeltlich beschäftigten Invalidenrentner ihr Arbeitsentgelt erhielten, daraus aber keine künftigen rentenversicherungsrechtlichen Vorteile herleiten konnten. Ein unerträglicher Wertungswiderspruch oder eine verfassungswidrig sachgrundlose Ungleichbehandlung beider Gruppen ist weder dargetan noch ersichtlich.

Hätte die Ausnahmeregelung des § 248 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VI die Gleichstellung von Beitrittsgebiets-Pflichtbeitragszeiten, die während des Bezugs einer Invalidenrente wegen Vog-Bezugs zurückgelegt worden waren, mit "Beitragszeiten nach Bundesrecht" ausschließen sollen, wäre hierfür eine ausdrückliche Regelung erforderlich gewesen, dies gerade im Hinblick darauf, daß das SGB VI für den Vog-Bezug im Beitrittsgebiet ab Januar 1992 gleichfalls Versicherungs- und Beitragspflicht vorsieht (§§ 3 Abs 1 Nr 4, 166 Abs 1 Nr 3, 170 Abs 1 Nr 3, 174 Abs 2 Nr 2 und Abs 3 Nr 2, 279c SGB VI). Sofern die Beklagte meint, eine "Beitrittsgebiets-Beitragszeit" könne einer "Beitragszeit nach Bundesrecht" jedenfalls dann nicht gleichgestellt werden, wenn nur der Arbeitgeber den sog Arbeitgeberanteil zu zahlen hatte (vgl BT-Drucks 12/405, S 125; VerbandsKomm 1996, § 248 SGB VI RdNr 13), wäre dieser Rechtsgedanke auf Fälle der vorliegenden Art nicht übertragbar. Denn die Vog-Bezieher haben ihren Beitragsanteil wie zwangsversicherte Arbeitnehmer mit Nettolohnvereinbarung selbst getragen. Die als Arbeitgeber geltende zahlende Stelle hat nicht lediglich den sog Arbeitgeberanteil, also den Beitrag nach dem halben Beitragssatz, sondern den vollen Beitrag geschuldet und gezahlt, also auch den sog Arbeitnehmeranteil.

Die BfA hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß die streitigen Zeiten des Vog-Bezuges auch den Tatbestand einer Anrechnungszeit iS von § 252a Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB VI erfüllen. Da Tatbestände von Beitrags- und Anrechnungszeiten aufgrund verschiedener Sachverhalte uU nebeneinander (an einem Tag, in einem Monat) erfüllt worden sein können, stehen sie auch rechtlich grundsätzlich selbständig nebeneinander. Erst bei der Berücksichtigung ihrer Rechtsfolgen für den Wert des Rechts auf Rente werden sie - verwaltungstechnisch als "beitragsgeminderte" Zeiten - in Beziehung zueinander gesetzt.

Aufgrund der gebotenen zusätzlichen Berücksichtigung des streitigen Zeitraums als Beitrags- und Anrechnungszeit ergibt sich notwendig ein höherer als der angefochtene Rentenwert. Deshalb mußte auch die Leistungsklage iS eines Grundurteils (§ 130 Satz 1 Regelung 1 SGG) Erfolg haben. Das SG hätte somit kein (Verpflichtungs-)Bescheidungsurteil erlassen dürfen. Der Senat durfte diesen Ausspruch des SG klarstellend durch das (Leistungs-)Grundurteil ersetzen, weil dieses nach seinem rechtlichen Inhalt und im Blick auf seine Vollstreckbarkeit (nach § 201 SGG) dem (Verpflichtungs-)Bescheidungsurteil iS des § 131 SGG gleichsteht (BSG SozR 3-1500 § 201 Nr 1).

Nach alledem war das im wesentlichen zutreffende Urteil des SG wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, daß das SG die Klage mit Bezug auf den bei ihm noch weiter gefaßten Streitgegenstand überwiegend rechtskräftig abgewiesen hatte.
Rechtskraft
Aus
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