Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 22/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 18. Februar 1999 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist ein Recht der Klägerin auf Gewährung einer Übergangsrente aus der Versorgungsordnung der Volkspolizei der DDR (nicht veröffentlichte Ordnung Nr 11/72 des Ministers des Inneren und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die soziale Leistungsgewährung - Versorgungsordnung - vom 1. Juli 1954 idF vom 1. Dezember 1985).
Die 1945 geborene Klägerin war als Angehörige der Volkspolizei seit Juni 1964 im Krankenhaus der Volkspolizei tätig, zuletzt als Volkspolizeiobermeister. Sie unterlag während ihrer Zugehörigkeit der Versorgungsordnung für Angehörige dieses Sonderversorgungssystems (Anlage 2 Nr 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)). Mit Schreiben vom 27. September 1990 wurde ihr Dienstverhältnis zum 30. September 1990 wegen Rationalisierungsmaßnahmen gekündigt.
Gemäß dem Vertrag über den Rechtsträgerwechsel zwischen dem Ministerium des Inneren und dem Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR vom 25. September 1990 wurde das Krankenhaus als Lazarett an das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung übergeben. Nach § 4 Abs 5 des Vertrages wurden weibliche Angehörige mit Ausnahme der approbierten Offiziere und des Sanitätsdienstes nicht in das Dienstverhältnis des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung übernommen; sie sollten als Zivilbeschäftigte unter Beibehaltung ihres Aufgabengebietes und ihres Verdienstes entsprechend dem Rahmenkollektivvertrag des Ministeriums des Inneren mit Wirkung ab 1. Oktober 1990 einen Arbeitsvertrag über ein ziviles Beschäftigungsverhältnis erhalten. Am 3. Oktober 1990 wurde das Krankenhaus von der Bundeswehr übernommen. Dementsprechend wurde die Klägerin in dem Krankenhaus zunächst vom Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR und ab 3. Oktober 1990 von der Bundeswehr, also von der Bundesrepublik Deutschland, beschäftigt.
Im Dezember 1990 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bewilligung einer Übergangsrente gemäß der Versorgungsordnung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juni 1991 mit der Begründung ab, Voraussetzung für den "Anspruch" auf Übergangsrente sei ein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis; eine Entlassung habe hier jedoch nicht vorgelegen, da die Dienst- und Arbeitsverhältnisse der Angehörigen der Volkspolizei von der Bundeswehr übernommen worden seien; die Kündigung habe nur deklaratorischen Wert gehabt.
Ihren Antrag vom 25. August 1993 auf Rücknahme des Bescheides vom 3. Juni 1991 lehnte die Beklagte - durch das Bundesministerium des Innern - mit Bescheid vom 2. Februar 1994 ab, weil im Bescheid vom 3. Juni 1991 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Das SG Berlin hat mit Urteil vom 18. August 1997 die Klage abgewiesen und ua ausgeführt: Eine Kündigung wegen Zuständigkeitswechsels bei gleichzeitiger Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis des Funktionsnachfolgers sei nicht als Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis iS der Versorgungsordnung zu verstehen. Das LSG hat das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 1994 aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und "über den Antrag der Klägerin auf Gewährung der Übergangsrente vom 4. Dezember 1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden" (Urteil vom 18. Februar 1999). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid vom 3. Juni 1991 sei rechtswidrig gewesen. Der Klägerin habe ein Recht auf eine Übergangsrente nach der Versorgungsordnung zugestanden. Nach Teil X der als sekundäres Bundesrecht nach Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst e anzuwendenden Versorgungsordnung erhielten eine Übergangsrente Angehörige der Volkspolizei, die nach einer vollendeten 25jährigen Dienstzeit gemäß der Dienstlaufbahnverordnung in Ehren aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden seien. Die Übergangsrente habe 30 % der zu errechnenden Altersrente betragen und habe unter bestimmten Voraussetzungen, wenn eigenes Einkommen erzielt worden sei, geruht. Ein derartiger Anspruch habe nach dem Einigungsvertrag (EV) nur solchen Personen zugestanden, die am 3. Oktober 1990 die Voraussetzungen für die Versorgungsleistung nach der Versorgungsordnung erfüllt hätten. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen. Sie sei nach vollendeter 25jähriger Dienstzeit iS der Versorgungsordnung nach der Kündigung aus dem Dienst der Volkspolizei ausgeschieden. Daß sie zunächst von dem Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR und später von der Bundeswehr weiterbeschäftigt und ihr Verdienst ab 1. Oktober 1990 lediglich um 20,00 DM geringer gewesen sei, sei unerheblich. Zur Beantwortung der Frage, ob der Klägerin ein Zahlungsanspruch zustehe oder ob ein Ruhensbescheid zu erteilen sei, seien noch Berechnungen vorzunehmen, die zweckmäßigerweise von der Beklagten durchzuführen seien.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung sekundären Bundesrechts, nämlich des Teils X der Versorgungsordnung, und trägt vor: Nach der Vereinbarung über den Rechtsträgerwechsel vom 25. September 1990 hätten weibliche Angehörige, die nicht in das Dienstverhältnis zur Nationalen Volksarmee der DDR hätten übernommen werden können, unter Beibehaltung ihres Aufgabengebietes und ihrer bisherigen Vergütung in einem zivilen Arbeitsverhältnis bei den jeweiligen Funktionsnachfolgern weiterbeschäftigt werden sollen. Damit werde deutlich, daß die Klägerin nicht habe entlassen werden sollen. Hieran ändere auch das Kündigungsschreiben vom 27. September 1990 nichts. Insoweit habe es sich nur um eine formale Kündigung gehandelt. Das LSG habe zudem unter Zugrundelegung der Kündigungsvorschriften der ehemaligen DDR prüfen müssen, ob es sich um eine wirksame Kündigung gehandelt habe. § 55 Abs 1 und 2 des Arbeitsgesetzbuches der DDR habe eine Kündigungsfrist von mindestens zwei Wochen vorgesehen und bei einem Arbeitsverhältnis von 20 Jahren eine solche von mindestens drei Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres. Sowohl diese Kündigungsfrist als auch diejenige nach der Laufbahnverordnung bzw ihrer Durchführungsbestimmung sei nicht eingehalten worden, so daß die Kündigung auch nicht wirksam gewesen sei.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 18. Februar 1999 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 1997 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils und weist darauf hin, daß ihr ordnungsgemäß gekündigt und sie als Zivilangestellte mit geringerem Gehalt auf einem anderen Platz eingestellt worden sei. Im übrigen verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte sich auf die Unwirksamkeit der von ihr selbst ausgesprochenen Kündigung berufe.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Urteil des LSG, mit dem es die Beklagte verpflichtet hat, den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und über den Antrag der Klägerin auf Gewährung der Übergangsrente vom 4. Dezember 1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (sog Bescheidungsurteil, § 131 Abs 3 SGG). Der Ausspruch ist nicht iS eines (Leistungs-)Grundurteils (§ 130 Satz 1 Regelung 1 SGG (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1)) auszulegen. Denn die Klägerin hat ihr Begehren im Berufungsverfahren allein darauf beschränkt, die Beklagte zu verpflichten, über ihren Rentenantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das LSG hat dementsprechend ein (Verpflichtungs-)Bescheidungsurteil verkündet. Dieses ist aber - ausweislich der Entscheidungsgründe (dort insbesondere der letzte Absatz) - so zu verstehen, daß die Beklagte das subjektive Recht der Klägerin auf Übergangsrente feststellen muß, aber noch zu bescheiden hat, ob den monatlichen Zahlungsansprüchen hieraus Einwände (ua Ruhensgrund) entgegenstehen.
Da es sich um eine Revision allein der Beklagten handelt, war in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen, ob das LSG verpflichtet war, konkret auch über den Wert des Rechts der Klägerin auf Übergangsrente und über das Bestehen und den Betrag monatlicher Zahlungsansprüche hieraus zu entscheiden. Falls das LSG insoweit verfahrensfehlerhaft geurteilt hätte, wäre hierdurch nur die Klägerin, nicht aber die Revisionsführerin, also die Beklagte, beschwert. Zwar ist das Gericht nach § 103 SGG verpflichtet, alle entscheidungserheblichen Tatsachen in eigener Verantwortung festzustellen und die Streitsache iS von § 131 Abs 2 SGG spruchreif zu machen. Denn das Gericht muß gemäß Art 19 Abs 4 GG selbst entscheiden, ob das geltend gemachte Recht im maßgeblichen Zeitpunkt - gegen die Verwaltung - besteht. Deshalb ist es grundsätzlich nicht zulässig, eine Verwaltungsentscheidung, mit der ein vom Bürger erhobener Anspruch abgelehnt wurde, allein deshalb aufzuheben, weil die von der Behörde herangezogenen Gründe als rechtlich nicht zutreffend erkannt werden, und die Entscheidung über den streitigen Anspruch gewissermaßen an die Behörde zurückzuverweisen, um ihr die Prüfung und Feststellung aller sonstigen Voraussetzungen für den in Rede stehenden Anspruch zu überlassen; vielmehr hat das Gericht diese Prüfung und Feststellung selbst vorzunehmen und sodann in der Sache abschließend zu entscheiden (vgl hierzu BVerwGE 69, 198, 201). Das LSG durfte aber über dieses og - von der Klägerin eingeschränkte - Klagebegehren nicht hinausgehen.
Die von der Klägerin erhobene (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs-)Bescheidungsklage war auch zulässig, weil kein Bürger gezwungen ist, eine auf Verurteilung zur Zahlung gerichtete Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zu erheben, wenn der Streit über den Bestand eines Rechtes auf Rente gerichtlich geklärt werden kann, jedoch aufgrund der Umstände des Falles für ihn noch nicht absehbar ist, ob und ggf in welcher Höhe schon Zahlungsansprüche bestehen oder wegen rechtshindernder oder rechtsvernichtender Einwände nicht bestehen. Gegenstand revisionsgerichtlicher Prüfung ist in diesem Fall allein, ob die Beklagte zutreffend verpflichtet worden ist, ein Recht der Klägerin auf Übergangsrente festzustellen.
2. Insoweit zutreffend hat das LSG die Beklagte - als dem nach Art 13 EV zuständigen Funktionsnachfolger des für das Krankenhaus der Volkspolizei zuständigen Innenministeriums der ehemaligen DDR - verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Februar 1994 den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und über den Antrag der Klägerin vom Dezember 1990 - erneut - zu entscheiden. Denn die Ablehnung des Rechts auf Übergangsrente im Bescheid (Schreiben vom 3. Juni 1991) war rechtswidrig und ist daher gemäß § 44 Abs 1 SGB X zurückzunehmen, weil die Klägerin ein Recht auf diese Rente hatte.
a) § 44 Abs 1 SGB X ist hier entsprechend anwendbar. Wie der Senat bereits entschieden hat, findet das 1. Kapitel des SGB X jedenfalls seit dem 1. Januar 1991 ua für den Sachbereich Rentenversicherung iS des EV Anwendung. Hierzu zählen alle - aus der Sicht des Bundesrechts - öffentlich-rechtlichen Regelungen, die thematisch dem Rentenversicherungsrecht des SGB VI entsprechen oder vom EV in einen inneren sachlichen Zusammenhang mit diesem gestellt worden sind. Dies gilt insbesondere für Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen, die im EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Nr III Nr 9 (EV Nr 9) geregelt worden sind, aber auch für die nicht in die Rentenversicherung des SGB VI überführbaren Versorgungsansprüche, wie etwa die Übergangsrenten. Im Hinblick darauf, daß EV Nr 9 bestimmt hat, daß die Versorgungssysteme und ihre leistungsrechtlichen Regelungen von den jeweiligen Funktionsnachfolgern gemäß Art 13 EV für eine Übergangszeit weitergeführt werden, wurden mithin auch diejenigen Versorgungsträger, die bei der Verwaltung ihrer übrigen Aufgaben nicht an das SGB X gebunden waren, bei Erfüllung ihrer Aufgaben als Funktionsnachfolger in den Versorgungssystemen dem Verfahrensrecht des SGB X unterstellt (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 13 Nr 1 S 5). § 9 Abs 1 AAÜG idF vom 23. Juni 1994 (Art 4 Nr 2 des 2. Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht, BGBl I S 1311) hat klarstellend angeordnet, daß die Vorschriften des SGB I, also auch des § 37 SGB I und demnach auch das SGB X, grundsätzlich anzuwenden sind. Infolgedessen ist § 44 Abs 1 SGB X auch bei Überprüfung von Bescheiden heranzuziehen, die auf der Grundlage der nachfolgenden Fürsorgepflicht der Funktionsnachfolger ergangen sind und in denen über bundesrechtlich anerkannte (Fürsorge-)Sozialleistungen, wie die Übergangsrente (vgl BSG SozR 3-8570 § 13 Nr 1 S 6 und S 13), entschieden worden ist.
b) Die Ablehnung des Rechts auf Übergangsrente im Bescheid vom 3. Juni 1991 war auch rechtswidrig und ist daher von der Beklagten zurückzunehmen. Der Klägerin stand im Hinblick auf ihren Antrag vom Dezember 1990 ein Recht auf die Übergangsrente zu.
EV Nr 9 Buchst e hat ua bestimmt, daß "Ansprüche" auf Versorgungsleistungen aus Sonderversorgungssystemen, wie diejenigen auf Übergangsrente, nach Erreichen bestimmter Dienstzeiten nur den Personen zustehen, die am 30. Oktober 1990 insoweit die Voraussetzungen erfüllt haben und bis zum 31. Dezember 1990 entlassen worden sind (EV Nr 9 Buchst e Sätze 1 und 2). Ferner ermächtigte EV Nr 9 Buchst e die Bundesregierung, das Nähere hierzu durch Rechtsverordnung zu regeln. Diese Konkretisierung erfolgte durch das AAÜG (verkündet als Art 3 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl I S 1606). Danach werden die nicht in die Rentenversicherung überführten Versorgungsleistungen seit dem 1. Januar 1992 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Zahlstelle nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung (als sekundäres Bundesrecht) in der vom Versorgungsträger mitgeteilten Höhe gezahlt, wenn am 31. Dezember 1991 ein Anspruch auf diese Leistungen bestand (§ 9 Abs 1 und 2 AAÜG; vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 23. März 1999 - B 4 RA 36/98 R).
Die Klägerin hatte am 3. Oktober 1990 die Voraussetzungen für ein Recht auf Übergangsrente erfüllt; sie war auch bis zum 31. Dezember 1990 aus dem Dienst der Volkspolizei entlassen worden.
Gemäß Teil X Nr 1 der Versorgungsordnung stand ihr das Recht auf Übergangsrente im Hinblick auf die vollendete 25jährige Dienstzeit (Eintritt in die Volkspolizei im Jahre 1964) zu. Ihr war auch durch das Schreiben vom 27. September 1990 wirksam zum 30. September 1990 wegen Rationalisierungsmaßnahmen gekündigt worden (vgl hierzu § 16 Abs 1 Buchst e der Dienstlaufbahnordnung vom 3. Mai 1976 iVm § 43 Abs 2 und 7 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 10. Juni 1976 idF vom 26. Februar 1987). Auf die Nichteinhaltung von Kündigungs(schutz)fristen hat sich die Klägerin insoweit nie berufen. Damit war sie auch schon zum 1. Oktober 1990 iS der Versorgungsordnung aus dem Dienstverhältnis bei der Deutschen Volkspolizei der DDR ausgeschieden.
Entscheidungserheblich ist insoweit allein das Erlöschen des die Versorgungsberechtigung begründenden - nach Bundesrecht: öffentlich-rechtlichen - Dienstverhältnisses vor dem 1. Januar 1991, nicht jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - ob ein "Beschäftigungsverhältnis" unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen von dem Funktionsnachfolger "weiter" fortgeführt worden ist. Denn die Übergangsrente soll(te) gerade diejenigen Einkommensminderungen - ggf begrenzt - ausgleichen, die durch den Übergang von einer in der ehemaligen DDR ausgeübten staatlichen Funktion in eine zivilberufliche Tätigkeit entstanden sind (vgl BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 2 S 17; SozR 3-8570 § 16 Nr 1 S 10, Urteil des erkennenden Senats vom 23. März 1999 - B 4 RA 36/98 R). Damit sollte es den Angehörigen ua der Volkspolizei ermöglicht werden, einen ggf früher höheren Lebensstandard aufrechtzuerhalten.
Diese Zweckbestimmung war auch Anlaß für die Weitergeltung der entsprechenden Bestimmungen aus den Sonderversorgungssystemen über den Zeitpunkt der Wiedervereinigung hinaus bis zum 31. Dezember 1990. Mit ihnen sollten gerade auch durch die Wiedervereinigung bedingte eventuelle Härten ausgeglichen werden. EV Nr 9 Buchst e und später § 9 AAÜG haben somit an die nach der Versorgungsordnung maßgebliche Zweckbestimmung auch für die Zeit ab dem 3. Oktober 1990 angeknüpft (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 16 Nr 1 S 10). Von dieser ist der insoweit die Regelungen als sekundäres Bundesrecht übernehmende bundesdeutsche Gesetzgeber typisierend ausgegangen. Die Übergangsrente soll demnach die durch den Wechsel in ein zivilrechtliches Beschäftigungsverhältnis bedingte Einkommensminderung von ehemaligen Angehörigen der Volkspolizei bis zum Eintritt in das Rentenalter teilweise auffangen.
Für die Auffassung der Beklagten, es komme nicht auf eine "formale" (gemeint wohl: materiell-rechtliche), sondern lediglich auf eine konkret-individuelle Betrachtung der wirtschaftlichen und sonstigen Folgen des beendeten Dienst- und des sich daran anschließenden Beschäftigungsverhältnisses an, bietet sich nach dem geltenden positiven Recht, an das der Senat gebunden ist (Art 20 Abs 3 GG) und wie es dem EV und dem AAÜG zugrunde liegt, kein Anhalt. Für das Vorliegen eines Rechts auf Übergangsrente ist es unerheblich, ob tatsächlich eine Einkommensminderung im Rahmen der neuen Tätigkeit eingetreten ist. Dies hat Bedeutung nur für die Frage, ob den monatlichen Zahlungsansprüchen aus diesem Recht Einwände entgegenstehen, welche die Beklagte jeweils geltend machen muß. Wird nach der Versorgungsordnung anrechenbares Einkommen erzielt, so werden die jeweiligen monatlichen Zahlungsansprüche entsprechend gekürzt und ggf zum Ruhen gebracht (dh sie gehen unter), soweit das neue Nettoeinkommen und die Übergangsrente die Nettobesoldung (zuzüglich Wohnungs- und Verpflegungsgeld) übersteigt (Teil X Nrn 3 und 7 Abs 2 der Versorgungsordnung).
Nach alledem hat das LSG die Beklagte zu Recht verurteilt, den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und die Beklagte verpflichtet, unter Feststellung eines Rechts auf Übergangsrente einen neuen Bescheid (unter Berücksichtigung von § 11 Abs 7 AAÜG sowie der Bestimmungen der Sonderversorgungsleistungsverordnung idF vom 29. Juni 1998; BGBl I S 1666 iVm der Bekanntmachung vom 19. August 1998, in Kraft getreten am 1. Januar 1999) zu erteilen.
Die Revision der Beklagten ist mithin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe:
I
Streitig ist ein Recht der Klägerin auf Gewährung einer Übergangsrente aus der Versorgungsordnung der Volkspolizei der DDR (nicht veröffentlichte Ordnung Nr 11/72 des Ministers des Inneren und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die soziale Leistungsgewährung - Versorgungsordnung - vom 1. Juli 1954 idF vom 1. Dezember 1985).
Die 1945 geborene Klägerin war als Angehörige der Volkspolizei seit Juni 1964 im Krankenhaus der Volkspolizei tätig, zuletzt als Volkspolizeiobermeister. Sie unterlag während ihrer Zugehörigkeit der Versorgungsordnung für Angehörige dieses Sonderversorgungssystems (Anlage 2 Nr 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)). Mit Schreiben vom 27. September 1990 wurde ihr Dienstverhältnis zum 30. September 1990 wegen Rationalisierungsmaßnahmen gekündigt.
Gemäß dem Vertrag über den Rechtsträgerwechsel zwischen dem Ministerium des Inneren und dem Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR vom 25. September 1990 wurde das Krankenhaus als Lazarett an das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung übergeben. Nach § 4 Abs 5 des Vertrages wurden weibliche Angehörige mit Ausnahme der approbierten Offiziere und des Sanitätsdienstes nicht in das Dienstverhältnis des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung übernommen; sie sollten als Zivilbeschäftigte unter Beibehaltung ihres Aufgabengebietes und ihres Verdienstes entsprechend dem Rahmenkollektivvertrag des Ministeriums des Inneren mit Wirkung ab 1. Oktober 1990 einen Arbeitsvertrag über ein ziviles Beschäftigungsverhältnis erhalten. Am 3. Oktober 1990 wurde das Krankenhaus von der Bundeswehr übernommen. Dementsprechend wurde die Klägerin in dem Krankenhaus zunächst vom Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR und ab 3. Oktober 1990 von der Bundeswehr, also von der Bundesrepublik Deutschland, beschäftigt.
Im Dezember 1990 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bewilligung einer Übergangsrente gemäß der Versorgungsordnung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juni 1991 mit der Begründung ab, Voraussetzung für den "Anspruch" auf Übergangsrente sei ein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis; eine Entlassung habe hier jedoch nicht vorgelegen, da die Dienst- und Arbeitsverhältnisse der Angehörigen der Volkspolizei von der Bundeswehr übernommen worden seien; die Kündigung habe nur deklaratorischen Wert gehabt.
Ihren Antrag vom 25. August 1993 auf Rücknahme des Bescheides vom 3. Juni 1991 lehnte die Beklagte - durch das Bundesministerium des Innern - mit Bescheid vom 2. Februar 1994 ab, weil im Bescheid vom 3. Juni 1991 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Das SG Berlin hat mit Urteil vom 18. August 1997 die Klage abgewiesen und ua ausgeführt: Eine Kündigung wegen Zuständigkeitswechsels bei gleichzeitiger Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis des Funktionsnachfolgers sei nicht als Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis iS der Versorgungsordnung zu verstehen. Das LSG hat das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 1994 aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und "über den Antrag der Klägerin auf Gewährung der Übergangsrente vom 4. Dezember 1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden" (Urteil vom 18. Februar 1999). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid vom 3. Juni 1991 sei rechtswidrig gewesen. Der Klägerin habe ein Recht auf eine Übergangsrente nach der Versorgungsordnung zugestanden. Nach Teil X der als sekundäres Bundesrecht nach Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst e anzuwendenden Versorgungsordnung erhielten eine Übergangsrente Angehörige der Volkspolizei, die nach einer vollendeten 25jährigen Dienstzeit gemäß der Dienstlaufbahnverordnung in Ehren aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden seien. Die Übergangsrente habe 30 % der zu errechnenden Altersrente betragen und habe unter bestimmten Voraussetzungen, wenn eigenes Einkommen erzielt worden sei, geruht. Ein derartiger Anspruch habe nach dem Einigungsvertrag (EV) nur solchen Personen zugestanden, die am 3. Oktober 1990 die Voraussetzungen für die Versorgungsleistung nach der Versorgungsordnung erfüllt hätten. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen. Sie sei nach vollendeter 25jähriger Dienstzeit iS der Versorgungsordnung nach der Kündigung aus dem Dienst der Volkspolizei ausgeschieden. Daß sie zunächst von dem Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR und später von der Bundeswehr weiterbeschäftigt und ihr Verdienst ab 1. Oktober 1990 lediglich um 20,00 DM geringer gewesen sei, sei unerheblich. Zur Beantwortung der Frage, ob der Klägerin ein Zahlungsanspruch zustehe oder ob ein Ruhensbescheid zu erteilen sei, seien noch Berechnungen vorzunehmen, die zweckmäßigerweise von der Beklagten durchzuführen seien.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung sekundären Bundesrechts, nämlich des Teils X der Versorgungsordnung, und trägt vor: Nach der Vereinbarung über den Rechtsträgerwechsel vom 25. September 1990 hätten weibliche Angehörige, die nicht in das Dienstverhältnis zur Nationalen Volksarmee der DDR hätten übernommen werden können, unter Beibehaltung ihres Aufgabengebietes und ihrer bisherigen Vergütung in einem zivilen Arbeitsverhältnis bei den jeweiligen Funktionsnachfolgern weiterbeschäftigt werden sollen. Damit werde deutlich, daß die Klägerin nicht habe entlassen werden sollen. Hieran ändere auch das Kündigungsschreiben vom 27. September 1990 nichts. Insoweit habe es sich nur um eine formale Kündigung gehandelt. Das LSG habe zudem unter Zugrundelegung der Kündigungsvorschriften der ehemaligen DDR prüfen müssen, ob es sich um eine wirksame Kündigung gehandelt habe. § 55 Abs 1 und 2 des Arbeitsgesetzbuches der DDR habe eine Kündigungsfrist von mindestens zwei Wochen vorgesehen und bei einem Arbeitsverhältnis von 20 Jahren eine solche von mindestens drei Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres. Sowohl diese Kündigungsfrist als auch diejenige nach der Laufbahnverordnung bzw ihrer Durchführungsbestimmung sei nicht eingehalten worden, so daß die Kündigung auch nicht wirksam gewesen sei.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 18. Februar 1999 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 1997 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils und weist darauf hin, daß ihr ordnungsgemäß gekündigt und sie als Zivilangestellte mit geringerem Gehalt auf einem anderen Platz eingestellt worden sei. Im übrigen verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte sich auf die Unwirksamkeit der von ihr selbst ausgesprochenen Kündigung berufe.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Urteil des LSG, mit dem es die Beklagte verpflichtet hat, den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und über den Antrag der Klägerin auf Gewährung der Übergangsrente vom 4. Dezember 1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (sog Bescheidungsurteil, § 131 Abs 3 SGG). Der Ausspruch ist nicht iS eines (Leistungs-)Grundurteils (§ 130 Satz 1 Regelung 1 SGG (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1)) auszulegen. Denn die Klägerin hat ihr Begehren im Berufungsverfahren allein darauf beschränkt, die Beklagte zu verpflichten, über ihren Rentenantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das LSG hat dementsprechend ein (Verpflichtungs-)Bescheidungsurteil verkündet. Dieses ist aber - ausweislich der Entscheidungsgründe (dort insbesondere der letzte Absatz) - so zu verstehen, daß die Beklagte das subjektive Recht der Klägerin auf Übergangsrente feststellen muß, aber noch zu bescheiden hat, ob den monatlichen Zahlungsansprüchen hieraus Einwände (ua Ruhensgrund) entgegenstehen.
Da es sich um eine Revision allein der Beklagten handelt, war in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen, ob das LSG verpflichtet war, konkret auch über den Wert des Rechts der Klägerin auf Übergangsrente und über das Bestehen und den Betrag monatlicher Zahlungsansprüche hieraus zu entscheiden. Falls das LSG insoweit verfahrensfehlerhaft geurteilt hätte, wäre hierdurch nur die Klägerin, nicht aber die Revisionsführerin, also die Beklagte, beschwert. Zwar ist das Gericht nach § 103 SGG verpflichtet, alle entscheidungserheblichen Tatsachen in eigener Verantwortung festzustellen und die Streitsache iS von § 131 Abs 2 SGG spruchreif zu machen. Denn das Gericht muß gemäß Art 19 Abs 4 GG selbst entscheiden, ob das geltend gemachte Recht im maßgeblichen Zeitpunkt - gegen die Verwaltung - besteht. Deshalb ist es grundsätzlich nicht zulässig, eine Verwaltungsentscheidung, mit der ein vom Bürger erhobener Anspruch abgelehnt wurde, allein deshalb aufzuheben, weil die von der Behörde herangezogenen Gründe als rechtlich nicht zutreffend erkannt werden, und die Entscheidung über den streitigen Anspruch gewissermaßen an die Behörde zurückzuverweisen, um ihr die Prüfung und Feststellung aller sonstigen Voraussetzungen für den in Rede stehenden Anspruch zu überlassen; vielmehr hat das Gericht diese Prüfung und Feststellung selbst vorzunehmen und sodann in der Sache abschließend zu entscheiden (vgl hierzu BVerwGE 69, 198, 201). Das LSG durfte aber über dieses og - von der Klägerin eingeschränkte - Klagebegehren nicht hinausgehen.
Die von der Klägerin erhobene (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs-)Bescheidungsklage war auch zulässig, weil kein Bürger gezwungen ist, eine auf Verurteilung zur Zahlung gerichtete Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zu erheben, wenn der Streit über den Bestand eines Rechtes auf Rente gerichtlich geklärt werden kann, jedoch aufgrund der Umstände des Falles für ihn noch nicht absehbar ist, ob und ggf in welcher Höhe schon Zahlungsansprüche bestehen oder wegen rechtshindernder oder rechtsvernichtender Einwände nicht bestehen. Gegenstand revisionsgerichtlicher Prüfung ist in diesem Fall allein, ob die Beklagte zutreffend verpflichtet worden ist, ein Recht der Klägerin auf Übergangsrente festzustellen.
2. Insoweit zutreffend hat das LSG die Beklagte - als dem nach Art 13 EV zuständigen Funktionsnachfolger des für das Krankenhaus der Volkspolizei zuständigen Innenministeriums der ehemaligen DDR - verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Februar 1994 den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und über den Antrag der Klägerin vom Dezember 1990 - erneut - zu entscheiden. Denn die Ablehnung des Rechts auf Übergangsrente im Bescheid (Schreiben vom 3. Juni 1991) war rechtswidrig und ist daher gemäß § 44 Abs 1 SGB X zurückzunehmen, weil die Klägerin ein Recht auf diese Rente hatte.
a) § 44 Abs 1 SGB X ist hier entsprechend anwendbar. Wie der Senat bereits entschieden hat, findet das 1. Kapitel des SGB X jedenfalls seit dem 1. Januar 1991 ua für den Sachbereich Rentenversicherung iS des EV Anwendung. Hierzu zählen alle - aus der Sicht des Bundesrechts - öffentlich-rechtlichen Regelungen, die thematisch dem Rentenversicherungsrecht des SGB VI entsprechen oder vom EV in einen inneren sachlichen Zusammenhang mit diesem gestellt worden sind. Dies gilt insbesondere für Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen, die im EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Nr III Nr 9 (EV Nr 9) geregelt worden sind, aber auch für die nicht in die Rentenversicherung des SGB VI überführbaren Versorgungsansprüche, wie etwa die Übergangsrenten. Im Hinblick darauf, daß EV Nr 9 bestimmt hat, daß die Versorgungssysteme und ihre leistungsrechtlichen Regelungen von den jeweiligen Funktionsnachfolgern gemäß Art 13 EV für eine Übergangszeit weitergeführt werden, wurden mithin auch diejenigen Versorgungsträger, die bei der Verwaltung ihrer übrigen Aufgaben nicht an das SGB X gebunden waren, bei Erfüllung ihrer Aufgaben als Funktionsnachfolger in den Versorgungssystemen dem Verfahrensrecht des SGB X unterstellt (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 13 Nr 1 S 5). § 9 Abs 1 AAÜG idF vom 23. Juni 1994 (Art 4 Nr 2 des 2. Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht, BGBl I S 1311) hat klarstellend angeordnet, daß die Vorschriften des SGB I, also auch des § 37 SGB I und demnach auch das SGB X, grundsätzlich anzuwenden sind. Infolgedessen ist § 44 Abs 1 SGB X auch bei Überprüfung von Bescheiden heranzuziehen, die auf der Grundlage der nachfolgenden Fürsorgepflicht der Funktionsnachfolger ergangen sind und in denen über bundesrechtlich anerkannte (Fürsorge-)Sozialleistungen, wie die Übergangsrente (vgl BSG SozR 3-8570 § 13 Nr 1 S 6 und S 13), entschieden worden ist.
b) Die Ablehnung des Rechts auf Übergangsrente im Bescheid vom 3. Juni 1991 war auch rechtswidrig und ist daher von der Beklagten zurückzunehmen. Der Klägerin stand im Hinblick auf ihren Antrag vom Dezember 1990 ein Recht auf die Übergangsrente zu.
EV Nr 9 Buchst e hat ua bestimmt, daß "Ansprüche" auf Versorgungsleistungen aus Sonderversorgungssystemen, wie diejenigen auf Übergangsrente, nach Erreichen bestimmter Dienstzeiten nur den Personen zustehen, die am 30. Oktober 1990 insoweit die Voraussetzungen erfüllt haben und bis zum 31. Dezember 1990 entlassen worden sind (EV Nr 9 Buchst e Sätze 1 und 2). Ferner ermächtigte EV Nr 9 Buchst e die Bundesregierung, das Nähere hierzu durch Rechtsverordnung zu regeln. Diese Konkretisierung erfolgte durch das AAÜG (verkündet als Art 3 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl I S 1606). Danach werden die nicht in die Rentenversicherung überführten Versorgungsleistungen seit dem 1. Januar 1992 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Zahlstelle nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung (als sekundäres Bundesrecht) in der vom Versorgungsträger mitgeteilten Höhe gezahlt, wenn am 31. Dezember 1991 ein Anspruch auf diese Leistungen bestand (§ 9 Abs 1 und 2 AAÜG; vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 23. März 1999 - B 4 RA 36/98 R).
Die Klägerin hatte am 3. Oktober 1990 die Voraussetzungen für ein Recht auf Übergangsrente erfüllt; sie war auch bis zum 31. Dezember 1990 aus dem Dienst der Volkspolizei entlassen worden.
Gemäß Teil X Nr 1 der Versorgungsordnung stand ihr das Recht auf Übergangsrente im Hinblick auf die vollendete 25jährige Dienstzeit (Eintritt in die Volkspolizei im Jahre 1964) zu. Ihr war auch durch das Schreiben vom 27. September 1990 wirksam zum 30. September 1990 wegen Rationalisierungsmaßnahmen gekündigt worden (vgl hierzu § 16 Abs 1 Buchst e der Dienstlaufbahnordnung vom 3. Mai 1976 iVm § 43 Abs 2 und 7 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 10. Juni 1976 idF vom 26. Februar 1987). Auf die Nichteinhaltung von Kündigungs(schutz)fristen hat sich die Klägerin insoweit nie berufen. Damit war sie auch schon zum 1. Oktober 1990 iS der Versorgungsordnung aus dem Dienstverhältnis bei der Deutschen Volkspolizei der DDR ausgeschieden.
Entscheidungserheblich ist insoweit allein das Erlöschen des die Versorgungsberechtigung begründenden - nach Bundesrecht: öffentlich-rechtlichen - Dienstverhältnisses vor dem 1. Januar 1991, nicht jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - ob ein "Beschäftigungsverhältnis" unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen von dem Funktionsnachfolger "weiter" fortgeführt worden ist. Denn die Übergangsrente soll(te) gerade diejenigen Einkommensminderungen - ggf begrenzt - ausgleichen, die durch den Übergang von einer in der ehemaligen DDR ausgeübten staatlichen Funktion in eine zivilberufliche Tätigkeit entstanden sind (vgl BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 2 S 17; SozR 3-8570 § 16 Nr 1 S 10, Urteil des erkennenden Senats vom 23. März 1999 - B 4 RA 36/98 R). Damit sollte es den Angehörigen ua der Volkspolizei ermöglicht werden, einen ggf früher höheren Lebensstandard aufrechtzuerhalten.
Diese Zweckbestimmung war auch Anlaß für die Weitergeltung der entsprechenden Bestimmungen aus den Sonderversorgungssystemen über den Zeitpunkt der Wiedervereinigung hinaus bis zum 31. Dezember 1990. Mit ihnen sollten gerade auch durch die Wiedervereinigung bedingte eventuelle Härten ausgeglichen werden. EV Nr 9 Buchst e und später § 9 AAÜG haben somit an die nach der Versorgungsordnung maßgebliche Zweckbestimmung auch für die Zeit ab dem 3. Oktober 1990 angeknüpft (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 16 Nr 1 S 10). Von dieser ist der insoweit die Regelungen als sekundäres Bundesrecht übernehmende bundesdeutsche Gesetzgeber typisierend ausgegangen. Die Übergangsrente soll demnach die durch den Wechsel in ein zivilrechtliches Beschäftigungsverhältnis bedingte Einkommensminderung von ehemaligen Angehörigen der Volkspolizei bis zum Eintritt in das Rentenalter teilweise auffangen.
Für die Auffassung der Beklagten, es komme nicht auf eine "formale" (gemeint wohl: materiell-rechtliche), sondern lediglich auf eine konkret-individuelle Betrachtung der wirtschaftlichen und sonstigen Folgen des beendeten Dienst- und des sich daran anschließenden Beschäftigungsverhältnisses an, bietet sich nach dem geltenden positiven Recht, an das der Senat gebunden ist (Art 20 Abs 3 GG) und wie es dem EV und dem AAÜG zugrunde liegt, kein Anhalt. Für das Vorliegen eines Rechts auf Übergangsrente ist es unerheblich, ob tatsächlich eine Einkommensminderung im Rahmen der neuen Tätigkeit eingetreten ist. Dies hat Bedeutung nur für die Frage, ob den monatlichen Zahlungsansprüchen aus diesem Recht Einwände entgegenstehen, welche die Beklagte jeweils geltend machen muß. Wird nach der Versorgungsordnung anrechenbares Einkommen erzielt, so werden die jeweiligen monatlichen Zahlungsansprüche entsprechend gekürzt und ggf zum Ruhen gebracht (dh sie gehen unter), soweit das neue Nettoeinkommen und die Übergangsrente die Nettobesoldung (zuzüglich Wohnungs- und Verpflegungsgeld) übersteigt (Teil X Nrn 3 und 7 Abs 2 der Versorgungsordnung).
Nach alledem hat das LSG die Beklagte zu Recht verurteilt, den Bescheid vom 3. Juni 1991 zurückzunehmen und die Beklagte verpflichtet, unter Feststellung eines Rechts auf Übergangsrente einen neuen Bescheid (unter Berücksichtigung von § 11 Abs 7 AAÜG sowie der Bestimmungen der Sonderversorgungsleistungsverordnung idF vom 29. Juni 1998; BGBl I S 1666 iVm der Bekanntmachung vom 19. August 1998, in Kraft getreten am 1. Januar 1999) zu erteilen.
Die Revision der Beklagten ist mithin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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