S 12 AL 129/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AL 129/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Dauer eines bewilligten Eingliederungszuschusses (EGZ).

Die Klägerin beschäftigt seit dem 01.03.2002 die am 07.06.1946 geborene Arbeitnehmerin P aufgrund eines bis zum 28.02.2007 befristeten Arbeitsvertrages vom 14.02.2002. Mit Bescheid vom 05.03.2002 hatte die Beklagte ihr für dieses Beschäftigungsverhältnis einen EGZ für ältere Arbeitnehmer für die Dauer vom 01.03.2002 bis 29.02.2004 in Höhe von 50 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgeltes in Höhe von 1.933,04 Euro monatlich bewilligt. In dem Formularbescheid vom 05.03.2002 ist darüber hinaus folgende Rubrik angekreuzt: "Eine Weiterbewilligung des EGZ für ältere Arbeitnehmer ist möglich. Die Förderung kann insgesamt längstens 60 Monate bewilligt werden. Nach Ablauf der Regelförderungsdauer und jeweils eines weiteren Förderungsjahres verringert sich der EGZ um mindestens 10 Prozentpunkte. Eine Weiterbewilligung ist - ggf. formlos - vor dem Ablauf des Förderungszeitraums bis zum 29.02.2004 zu beantragen."

Auf Antrag vom 11.12.2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 12.02.2004 EGZ für Frau P für die Zeit vom 01.03.2004 bis 28.02.2005 in Höhe von 40 % des zu berücksichtigenden Arbeitsentgeltes in Höhe von insgesamt 1.583,54 Euro monatlich und lehnte im selben Bescheid eine Förderung über den Zeitraum hinaus gestützt auf § 218 SGB III in der ab 01.01.2004 gültigen Fassung i.V.m. §§ 421 f Abs. 1 und 426 Abs. 2 SGB III ab. Den Widerspruch der Klägerin vom 11.03.2004 gegen die Teilablehnung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2004 zurück. Nach § 218 Abs. 1 SGB III dürfe der Eingliederungszuschuss 50 % des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts nicht übersteigen und längstens für eine Förderdauer von 12 Monaten erbracht werden. Für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet hätten, könne gem. § 421 f Abs. 1 SGB III ein EGZ nach § 218 SGB III geleistet werden, dessen Förderdauer bis zu 36 Monaten betrage. Nach Ablauf von 12 Monaten sei der EGZ um 10 Prozentpunkte jährlich zu mindern. Da die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Förderbeginns bereits das 55. Lebensjahr vollendet gehabt habe, komme eine Förderung von 60 Monaten nicht in Betracht. Es komme nicht darauf an, dass im Bescheid vom 05.03.2002 eine mögliche Förderung bis zu 60 Monaten angezeigt worden sei. Die Leistungsbewilligung sei nur für einen begrenzten Zeitraum erfolgt, weshalb sich gem. § 426 Abs. 2 SGB III eine Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung geltenden Vorschriften richte.

Zur Begründung ihrer am 21.07.2004 erhobenen Klage beruft sich die Klägerin darauf, dass die Einstellung der Arbeitnehmerin in einem zum 28.02.2007 befristeten Arbeitsverhältnis erfolgt sei, im Hinblick auf das Ende des möglichen Förderungszeitraums, also für 60 Monate. Entsprechend habe auch der Bescheid vom 05.03.2002 die Erklärung enthalten, dass eine Weiterbewilligung des EGZ für ältere Arbeitnehmer für insgesamt längstens 60 Monate möglich sei. Eine Weiterbewilligung des EGZ erfolge lediglich hinsichtlich seiner Höhe, nicht jedoch hinsichtlich des Förderungszeitraums, der bereits durch den Bescheid vom 05.03.2002 für 60 Monate bewilligt worden sei. Auf eine insgesamt 60-monatige Förderungsdauer habe sie vertraut.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 13.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2004 insoweit aufzuheben, als darin entschieden worden ist, dass eine Förderung über den 28.02.2005 hinaus nicht mehr möglich ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. Im Bewilligungsbescheid vom 05.03.2002 sei der Förderungszeitraum eindeutig auf die Zeit bis zum 29.02.2004 begrenzt worden. Es sei lediglich die Möglichkeit einer Weiterbewilligung in Aussicht gestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakten und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Zurecht hat die Beklagte die Bewilligung des EGZ auf die Zeit bis zum 28.02.2005 begrenzt und eine Förderung darüber hinaus abgelehnt.

Die Klägerin hat für die Arbeitnehmerin P durch den Bescheid vom 05.03.2002 EGZ nach § 218 Abs. 1 Nr. 3 SGB III als EGZ für ältere Arbeitnehmer erhalten. Seit der Bewilligung durch den Bescheid vom 05.02.2003 für die Zeit bis zum 29.04.2004 sind die Vorschriften für Leistungen an Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmern, hier EGZ, ab 01.01.2004 geändert worden. Dabei ist es zu grundlegenden systematischen Änderungen gekommen. Der noch 2002 geltende § 218 SGB III findet in § 218 SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung keine Entsprechung mehr. Stattdessen findet sich nunmehr ab 01.01.2004 in § 421 f SGB III eine Sonderregelung für EGZ für ältere Arbeitnehmer, wonach für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, ein EGZ nach § 218 SGB III geleistet werden kann, dessen Förderdauer bis zu 36 Monaten beträgt (§ 421 f Abs. 1 Satz 1 SGB III). § 421 f Abs. 2 SGB III enthält eine Sonderregelung über die Altersgrenze für besonders betroffene ältere schwerbehinderte Menschen und eine für diesen Personenkreis unter bestimmten Voraussetzungen geltende maximale Förderungsdauer. § 421 f Abs. 2 SGB III ist für die Förderung von Frau P jedoch nicht einschlägig, denn diese gehört nicht zu den besonders betroffenen älteren schwerbehinderten Menschen. § 421 f Abs. 1 Satz 1 SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung ersetzt hinsichtlich der Förderdauer § 222 Abs. 1 SGB III alte Fassung, wonach die Regelförderungsdauer beim EGZ für ältere Arbeitnehmer insgesamt 60 Monate nicht übersteigen durfte. Diese Regelung über die verlängerte Förderung beim EGZ für ältere Arbeitnehmer ist ab 01.01.2004 ersatzlos weggefallen. Aus der ab 01.01.2004 geltenden Rechtslage ergibt sich, dass hier ein Anspruch auf Förderung über den 28.02.2005, d.h. nach Ablauf von 36 Monaten nicht mehr möglich ist. Insoweit entspricht die angefochtene Teilaufhebung der aktuellen Rechtslage.

Welches Recht bei Rechtsänderungen gilt, ist in § 422 SGB III geregelt. Soweit die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden § 426 Abs. 2 SGB III als Rechtsgrundlage genannt hat, ist nicht zutreffend. § 426 SGB III regelt, welches Recht beim Übergang vom Arbeitsförderungsgesetz zum SGB III galt (Gagel in Gagel, SGB III, Kommentar, § 426 RdNr 1). Durch die Anwendung des § 422 SGB III ergibt sich jedoch kein anderes Ergebnis, zumal § 422 Abs. 2 SGB III und § 426 Abs. 2 SGB III, auf den die Beklagte ihre Entscheidung gestützt hat, wortgleich sind.

Wird das SGB III geändert, so sind, soweit nicht abweichendes bestimmt ist, auf Leistung der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistung oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag: 1. der Anspruch entstanden ist, 2. die Leistung zuerkannt worden ist oder 3. die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist. EGZ gehört zu den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind nach § 3 Abs. 4 SGB III alle Leistungen der Arbeitsförderung mit Ausnahme von Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Insolvenzgeld. Zu diesen Ausnahmen gehört der EGZ nicht. Obwohl in § 422 Abs. 1 Nr. 2 SGB III bei Zuerkennung von Leistungen das vor der Rechtsänderunggeltende Recht weiter anzuwenden ist, wird die Klägerin durch diese Vorschrift nicht begünstigt. Sinn dieser Vorschrift ist, dass laufende Leistungen nicht durch eine Gesetzesänderung zu einer Änderung führen sollen. Durch diese Regelung soll u.a. verhindert werden, dass die Beklagte alle laufenden Fälle aufrollen muss (BT-Drs 13/4941 S. 226). § 422 Abs 1 SGB III schützt lediglich den laufenden Bewilligungsabschnitt. Eine Begünstigung durch § 422 Nr. 3 SGB III scheidet aus, denn es handelt sich hier nicht um die Förderung einer Maßnahme, sondern um die Förderung eines regulären Beschäftigungsverhältnisses.

Zu § 422 Nr. 2 SGB III enthält § 422 Abs. 2 SGB III eine Sonderregelung für die Zeit nach Ablauf eines Bewilligungsabschnittes. Ist eine Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum zuerkannt worden, richtet sich eine Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Verlängerung geltenden Vorschriften. Diese Sonderregelung ist hier einschlägig. Der EGZ war nur für einen begrenzten Zeitraum zuerkannt worden, für die Zeit vom 01.03.2002 bis 29.02.2004. Bei grundsätzlich bestehender weitere Förderungsmöglichkeit war somit klar, dass über eine weitere tatsächliche Förderung eine gesonderte Entscheidung ergehen musste. Für die Verlängerung ("Weiterbewilligung") gelten die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung geltenden Vorschriften, hier mithin § 421 f SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung. Diese Rechtslage hat die Beklagte bei der angegriffenen Entscheidung zutreffend beachtet. Eine Förderung über den 28.02.2005 hinaus ist ausgeschlossen.

Soweit die Klägerin zur Begründung ihres Widerspruchs verfassungsrechtliche Bedenken anmeldet, teilt das Gericht diese nicht. Insbesondere liegt in der Rechtsänderung keine echte Rückwirkung. Durch diese Rechtsänderung wird nicht für in der Vergangenheit liegende abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen. Vielmehr wirkt sich die Änderung erst mit Wirkung für die Zukunft zum Beginn eines neuen Bewilligungsabschnitts aus. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich, denn schon zum Zeitpunkt des Bescheides vom 05.03.2002 stand die Möglichkeit der Weiterbewilligung unter dem gesetzlichen Vorbehalt des § 422 Abs. SGB III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nach dem Beschluss des BSG vom 22.09.2004, B 11 AL 33/03 R, ist der Arbeitgeber in Streitigkeiten über Eingliederungszuschüsse Leistungsempfänger im Sinne von § 183 SGG, so dass das Gerichtsverfahren für ihn kostenfrei ist.
Rechtskraft
Aus
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