Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 4/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. September 1998 aufgehoben, soweit die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 5. Juli 1995 bis zum 25. September 1995 verurteilt worden ist. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. April 1997 zurückgewiesen. Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 5. Juli 1995 bis 26. September 1995.
Der im Jahre 1961 geborene Kläger arbeitete seit September 1983 als Gießer und Pfannenmann (Stahlarbeiter) bei der Firma E in W. Seit dem 24. Februar 1994 war er fortlaufend arbeitsunfähig krank und erhielt bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 4. Juli 1995 fortlaufend Krankengeld. Am selben Tage schloß der Kläger mit seiner Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 5. Juli 1995. In dem Vertrag wurde vereinbart, daß der Kläger eine Abfindung in Höhe von 20.000,00 DM wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält. Die Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug fünf Monate zum Ende des Kalendervierteljahres.
Am 5. Juli 1995 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Mit Bescheid vom 11. Oktober 1995 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs des Klägers aufgrund der erhaltenen Abfindung von 20.000,00 DM bis zum 26. September 1995 fest. Darüber hinaus wurde wegen einer Urlaubsabgeltung das Ruhen des Anspruchs für weitere 15 Tage bis zum 11. Oktober 1995 ausgesprochen. Letzteres wurde von der Beklagten jedoch später zurückgenommen ("Teilanerkenntnis" vom 13. März 1997). Durch Bewilligungsbescheid vom 13. Oktober 1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst Alg ab 12. Oktober 1995. Später wurde aufgrund des "Teilanerkenntnisses" für die Zeit vom 27. September 1995 bis 11. Oktober 1995 nachträglich Alg bewilligt. Den gegen den Bescheid vom 11. Oktober 1995 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Durchführung einer arbeitsamtsärztlichen Untersuchung des Klägers durch Bescheid vom 28. März 1996 zurück. Zur Begründung führte sie ua aus, der Ausnahmetatbestand des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) habe nicht vorgelegen. Zwar sei der Kläger auf Dauer gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen, als Stahlarbeiter zu arbeiten. Jedoch sei er ua aufgrund seines Lebensalters nicht unkündbar gewesen. Selbst wenn aufgrund seiner Erkrankung ein wichtiger Grund für eine Kündigung vorgelegen haben sollte, so hätte eine fristlose Kündigung nicht erfolgen dürfen. Eine solche sei nur in Ausnahmefällen - wie bei Vorliegen einer ansteckenden oder ekelerregenden Krankheit - zulässig.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. April 1997). Auf die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 30. September 1998 das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten vom 11. Oktober 1995 und 28. März 1996 (Widerspruchsbescheid) idF des Teilanerkenntnisses vom 13. März 1997 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 13. Oktober 1995 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 5. Juli 1995 bis 26. September 1995 Alg zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, aufgrund der ärztlichen Untersuchungen stehe fest, daß der Kläger nach dem 5. Juli 1995 gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen sei, dem Arbeitgeber die geschuldete Arbeitsleistung als Stahlwerker zu erbringen. Folglich habe nach dem Grundsatz "ohne Arbeit kein Anspruch auf Arbeitsentgelt" der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslohn mehr gehabt. Die erhaltene Abfindung von 20.000,00 DM könne mithin kein Arbeitsentgelt enthalten, weil der Kläger aufgrund seiner Erkrankung überhaupt keinen Arbeitsentgeltanspruch gegen den Arbeitgeber hätte geltend machen können.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 117 Abs 2 AFG. Von dieser Ruhensvorschrift würden alle Fälle erfaßt, in denen ein Arbeitnehmer eine Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten habe und die für den Arbeitgeber geltende ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) enthalte diese Vorschrift die unwiderlegliche Vermutung, daß Abfindungen, Entschädigungen und ähnliche Leistungen des Arbeitgebers in dem durch § 117 Abs 3 AFG bestimmten Umfang Arbeitsentgelt enthielten. Deshalb sei es unbeachtlich, daß der Arbeitnehmer ggf keine Arbeitsentgeltansprüche gegen den Arbeitgeber mehr gehabt habe. Die Ruhensfolge des § 117 Abs 2 AFG trete auch ein, wenn der Arbeitgeber eine Abfindung geleistet habe, ohne daß ein entsprechender Rechtsanspruch des Arbeitnehmers bestanden habe. Die entgegenstehende Rechtsauffassung des LSG eröffne Manipulationsmöglichkeiten, die von der Versichertengemeinschaft nicht hingenommen werden könnten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. September 1998 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. April 1997 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er beruft sich auf das angefochtene Urteil. Es sei im übrigen nur seinem Verhandlungsgeschick zu verdanken, daß der Arbeitgeber sich auf einen Aufhebungsvertrag eingelassen habe. Hätte er sich nicht um einen solchen Vertrag bemüht, so hätte ihm die Beklagte selbstverständlich ab 5. Juli 1995 Alg gewähren müssen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision der Beklagten ist im wesentlichen begründet. Das Urteil des Hessischen LSG vom 30. September 1998 verletzt § 117 Abs 2 und Abs 3 AFG (idF, die § 117 AFG durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353, erhalten hat), soweit der Zeitraum vom 5. Juli 1995 bis 25. September 1995 betroffen ist. Allerdings hat die Beklagte zu Lasten des Klägers den Ruhenszeitraum gemäß § 117 Abs 3 AFG um einen Tag zu lang festgesetzt, da der Anspruch auf Alg nur für 83 Kalendertage ruhte und dem Kläger bereits ab 26. September 1995 Alg zustand.
Die Annahme des Klägers, die Anwendung der Ruhensregelung sei ausgeschlossen, weil ihm für den Ruhenszeitraum - bei Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses - ein Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht mehr zugestanden hätte, entspricht nicht dem Gesetz. § 117 Abs 2 AFG ist insoweit auch nicht einschränkend auszulegen oder verfassungswidrig.
Nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfristen des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt, falls der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Kündigung vorausgegangen ist, mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Satz 2).
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß danach ein Ruhen immer dann eintritt, wenn das Arbeitsverhältnis "vorzeitig" beendet worden ist und dem Arbeitnehmer eine der in § 117 Abs 2 Satz 1 AFG genannten Leistungen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusteht oder gewährt worden ist. Beide Voraussetzungen sind gegeben. Da die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers fünf Monate zum Ende des Kalendervierteljahres betrug, hätte bei Einhaltung einer entsprechenden, am 4. Juli 1995 beginnenden Frist das Arbeitsverhältnis von Rechts wegen erst zum 31. Dezember 1995 gekündigt werden können. Das Arbeitsverhältnis ist daher am 4. Juli 1995 ohne Einhaltung dieser Frist, also vorzeitig beendet worden. Auch hat der Kläger - nach den Feststellungen des LSG - die Abfindung in Höhe von 20.000,00 DM wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten (vgl hierzu BSGE 76, 294, 296 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12, S 81, und BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 5, S 28). Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ist bei einer vergleichsweisen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht zweifelhaft; dies gilt auch, sofern die Abfindung aus sozialen Gründen oder als freiwillige Zuwendung gewährt wird (vgl BSG SozR 4100 § 117 Nr 5, S 37).
Die Rechtsfolge des Ruhens nach § 117 Abs 2 und 3 AFG wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger nach Erschöpfung seines Krankengeldanspruchs aufgrund seiner über den 4. Juli 1995 hinaus fortdauernden Arbeitsunfähigkeit (möglicherweise) keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen seinen Arbeitgeber mehr gehabt hätte. § 117 Abs 2 AFG unterscheidet nicht danach, ob während der Ruhenszeit - bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestanden hätte oder ein solcher - zB wegen Arbeitsunfähigkeit - entfallen wäre. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß der Gesetzgeber in § 117 Abs 2 AFG in typisierender Wertung davon ausgeht, daß jede Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung, die im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, in einem bestimmten, durch § 117 Abs 3 AFG pauschalierten Umfang eine Entschädigung für ausgefallenes Arbeitsentgelt enthält (BSGE 50, 121, 125 = SozR 4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 4100 § 117 Nr 26, S 142; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 6, S 36 ff; zustimmend der 11. Senat in BSGE 76, 294, 298 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12). § 117 Abs 2 AFG enthält damit die unwiderlegliche Vermutung, daß Abfindungen, die unter den Voraussetzungen dieser Regelung gewährt werden, in bestimmtem Umfang eine Entschädigung für Lohnausfall enthalten.
Der Senat sieht keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Diese beruht nicht nur auf der Rechtsentwicklung und dem Wortlaut des § 117 Abs 2 AFG, sondern entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers.
Zur Begründung der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Neufassung des § 117 Abs 2 und Abs 3 AFG durch das 4. AFGÄndG (vom 12. Dezember 1977, BGBl I 2557), die ohne wesentliche Änderung Gesetzeskraft erlangt hat, ist dargelegt worden, daß der Anspruch auf Alg künftig immer dann ruhen soll, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist, und eine Ausnahme allein dann zu gelten hat, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos hätte kündigen können, weil in diesen Fällen eine gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes dient (BT-Drucks 8/857 S 9; vgl dazu auch BSG SozR 4100 § 117 Nr 14 zum Fall einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist). Der Gesetzgeber hat sich damit ganz bewußt für eine vereinfachte, typisierende Regelung entschieden und die frühere, auf die Umstände des Einzelfalles abstellende Regelung des § 96 Abs 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) ersetzt. Dementsprechend ist es nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen der typisierenden Grundstruktur des § 117 Abs 2 AFG unbeachtlich, ob die Partner des Arbeitsverhältnisses irrtümlich von einer kürzeren als der von Rechts wegen richtigen ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgegangen sind (BSG SozR 4100 § 117 Nr 26, S 142), ob auch dem Arbeitnehmer ein Recht auf fristlose Kündigung zugestanden hätte (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 6), ob die Abfindung auch gezahlt worden wäre, wenn die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten worden wäre (BSGE 76, 294 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12) oder ob die Parteien subjektiv davon ausgegangen sind, eine gewährte Abfindung habe keinen Entgeltcharakter (BSG SozR 4100 § 117 Nr 26, S 142). Bei der von § 117 Abs 2 AFG geforderten typisierenden Betrachtungsweise kann auch für die Fallgruppe der Arbeitnehmer, die nach Erschöpfung ihres Krankengeldanspruchs die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung aus Krankheitsgründen weiterhin nicht mehr erbringen können und die dementsprechend in der Regel keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt mehr haben, nichts anderes gelten. Vielmehr sollte bis auf den in § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG vom Gesetzgeber selbst vorgesehenen Ausnahmefall eine Prüfung im Einzelfall, ob eine bestimmte Abfindung entgegen der Annahme des Gesetzgebers keinen Lohnausfall vergütet, gerade nicht erfolgen. Streitigkeiten dieser Art wollte der Gesetzgeber durch die Erfassung aller Abfindungen, die bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, gerade verhindern (vgl BSGE 76, 294, 298 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12; ferner BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 6).
Auch soziale Schutzgesichtspunkte geben keine Veranlassung zu einer einschränkenden Auslegung des § 117 Abs 2 AFG in dem Sinne, daß Fallgestaltungen wie die hier vorliegende aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen wären. Der Kläger war nicht - auch nicht wegen fortbestehender Arbeitsunfähigkeit in der bisherigen Beschäftigung - gezwungen, einer vorzeitigen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, um Alg erhalten zu können. Er hätte vielmehr auch bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist ab dem 5. Juli 1995 Alg beziehen können, wenn er ab diesem Zeitpunkt faktisch beschäftigungslos war. Denn er hätte, auch wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Dezember 1995 fortbestanden hätte, dann nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne gestanden (vgl hierzu und zur Differenzierung zwischen beitragsrechtlichem und leistungsrechtlichem Begriff des Beschäftigungsverhältnisses zuletzt BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 9 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung), so daß ihm - die weiteren Anspruchsvoraussetzungen der §§ 100 ff AFG wie Verfügbarkeit für andere Beschäftigungen als der eines Stahlarbeiters unterstellt - auch bei Nichtabschluß des Aufhebungsvertrags nach Beendigung des Krankengeldbezugs nahtlos Alg hätte gewährt werden können.
Daß der Kläger sich einen Teil der Abfindung als Entschädigung für ausgefallenes Arbeitsentgelt anrechnen lassen muß, stellt auch keinen Wertungswiderspruch zu der Ausnahmevorschrift des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG dar. Kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aus wichtigem Grunde fristlos kündigen, so steht zugleich fest, daß ex nunc jeder Lohnanspruch des Arbeitnehmers entfallen ist. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich sachwidrig, wenn der Gesetzgeber in diesem Ausnahmefall unterstellt, daß die gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes dient (BT-Drucks 8/857, S 9). Der Gesetzgeber trägt damit vielmehr den sachlichen Unterschieden Rechnung, die zwischen einer Abfindung, die im Falle einer Berechtigung zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gewährt wird, und einer solchen, die bei Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gewährt wird, bestehen. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, daß im letztgenannten Fall Abfindungen typischerweise Teile des ausgefallenen Entgelts entschädigen, während dies bei Abfindungen im Falle einer Berechtigung zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund typischerweise nicht der Fall ist.
Der Senat hat insofern auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 117 Abs 2 AFG. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat jedenfalls die Typisierung des Gesetzgebers dahingehend, daß bei einer Abkürzung oder Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist die Vermutung besteht, bei der erhaltenen Abfindung habe das Entgeltelement in der Regel eine höhere Bedeutung als bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, nicht beanstandet (BVerfGE 42, 176, 184 = SozR 4100 § 117 Nr 1). Dem ist der Senat beigetreten (insbesondere BSGE 46, 20, 25 = SozR 4100 § 117 Nr 2; zustimmend auch BSGE 76, 294, 298 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12). Der Gesetzgeber darf, wie das BVerfG wiederholt ausgeführt hat, typisieren und bei den notwendigen typisierenden Regelungen auch gewisse Härten in Kauf nehmen, soweit die betroffene Gruppe zahlenmäßig gering ist (BVerfGE 84, 348, 360; BVerfGE 87, 234, 255, 266 f; BVerfGE 90, 226, 236). Im übrigen hat der Gesetzgeber den Ruhenszeitraum nach § 117 Abs 3 AFG in mehrfacher Hinsicht begrenzt; ua ruht der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können (§ 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG). Danach kann - auch bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses - ein Ruhen entfallen, wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit gehabt hätte.
Vorliegend ergeben sich nach den Feststellungen des LSG allerdings keine Anhaltspunkte dafür, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos hätte kündigen können. Ob dem Kläger selbst eine solche Kündigungsmöglichkeit zugestanden hätte, ist nach dem Willen des Gesetzgebers unbeachtlich (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 2 und Nr 6); es kommt vielmehr ausschließlich auf die Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers an. Zwar sind, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, anhaltende oder dauernde Krankheit weiterhin als typische Sachverhalte anzuerkennen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung iS des § 626 BGB zu bilden (vgl BAG AP Nr 87 zu § 626 BGB; Fischermeier in Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften - KR-Komm -, 5. Aufl, § 626 BGB RdNrn 87 ff). Diesem Tatbestand kommt allerdings nicht die Bedeutung zu, daß bei seinem Vorliegen der Ausnahmetatbestand des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG automatisch als erfüllt zu gelten hätte. Es kommt vielmehr auf die konkrete arbeitsrechtliche Beurteilung des Sachverhalts an. Insofern kann sich der Kläger auch nicht - wie der Senat in dem Urteil vom heutigen Tage B 7 AL 48/99 R ausgeführt hat - auf die Entscheidung des BVerfG zu der entsprechenden Regelung in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 9 AFG aF (ab 1.1.1993 § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG bzw ab 1.4.1999 § 147a Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB III) berufen (BVerfGE 81, 156 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 S 14 f, 16; vgl dazu Wolff in KR-Komm, § 128 AFG RdNrn 62 ff). Vielmehr ist im Rahmen des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG auf die konkrete arbeitsrechtliche Beurteilung des Sachverhalts abzustellen und dabei zu beachten, daß nach der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Krankheit des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen ist (BAG AP Nr 143 zu § 626 BGB; BAG AP Nr 3 zu § 626 BGB Krankheit = NZA 1993, 998). In besonderen Ausnahmefällen, etwa bei Ausschluß der ordentlichen Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarung, kann es dem Arbeitgeber bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen wie etwa einer negativen Prognose hinsichtlich des zukünftigen Leistungsvermögens des Arbeitnehmers mit der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz erlaubt sein, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund auszusprechen. Der Kläger hat hier nicht zum Kreis der unkündbaren Arbeitnehmer gehört. Zudem hätte dem Arbeitgeber auch bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen kein Recht auf eine fristlose Kündigung zugestanden; vielmehr wäre auch dann die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten gewesen (vgl zu dieser zweiten Stufe der Prüfung Lepke, Kündigung bei Krankheit, 10. Aufl 1999, RdNrn 196 ff). Insoweit gilt der Grundsatz, daß eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nur dann in Betracht kommt, wenn die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist (vgl Lepke, aaO, RdNr 197). Vorliegend ist kein derartiger Grund für den Arbeitgeber ersichtlich. Mithin hätte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht aus wichtigem Grund fristlos kündigen können.
Somit ruhte der Alg-Anspruch des Klägers aufgrund der erhaltenen Abfindung gemäß § 117 Abs 2 Satz 1 AFG. Der Ruhenszeitraum ist mit 83 Kalendertagen gemäß § 117 Abs 3 AFG richtig berechnet. Allerdings hat die Beklagte in dem Bescheid vom 11. Oktober 1995 den Ruhenszeitraum irrtümlich bis zum 26. September 1995 festgesetzt, was bei einem Beginn des Ruhenszeitraums am 5. Juli 1995 (erster Tag der Arbeitslosigkeit) einem Ruhenszeitraum von 84 Kalendertagen entsprochen hätte. Hinsichtlich des 26. September 1995 mußte die Revision der Beklagten gegen das Urteil des LSG daher zurückgewiesen werden, weil das LSG jedenfalls für den 26. September 1995 dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Alg zugesprochen hat. Aufgrund des Lebensalters und der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren gemäß § 117 Abs 3 Satz 3 AFG 60 vH der Abfindung zu berücksichtigen. Nach § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 1 AFG ergibt sich ein Ruhenszeitraum von 83 Kalendertagen (beginnend ab dem 5. Juli 1995). Der Kläger hat in den letzten sechs Monaten seiner Beschäftigung (September 1993 bis Februar 1994) insgesamt 25.999,38 DM, kalendertäglich mithin 143,64 DM verdient. Den zu berücksichtigenden Teil der Abfindungssumme (60 vH von 20.000,00 DM) in Höhe von 12.000,00 DM hätte der Kläger in 83 Kalendertagen verdient. Gemäß § 117 Abs 2 Satz 1 iVm § 112 Abs 3 Satz 2 Nr 1 und § 117 Abs 3 Satz 3 AFG ruhte der Anspruch des Klägers auf Alg mithin vom 5. Juli 1995 bis 25. September 1995. Ab dem 26. September 1995 stand ihm Alg zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 5. Juli 1995 bis 26. September 1995.
Der im Jahre 1961 geborene Kläger arbeitete seit September 1983 als Gießer und Pfannenmann (Stahlarbeiter) bei der Firma E in W. Seit dem 24. Februar 1994 war er fortlaufend arbeitsunfähig krank und erhielt bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 4. Juli 1995 fortlaufend Krankengeld. Am selben Tage schloß der Kläger mit seiner Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 5. Juli 1995. In dem Vertrag wurde vereinbart, daß der Kläger eine Abfindung in Höhe von 20.000,00 DM wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält. Die Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug fünf Monate zum Ende des Kalendervierteljahres.
Am 5. Juli 1995 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Mit Bescheid vom 11. Oktober 1995 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs des Klägers aufgrund der erhaltenen Abfindung von 20.000,00 DM bis zum 26. September 1995 fest. Darüber hinaus wurde wegen einer Urlaubsabgeltung das Ruhen des Anspruchs für weitere 15 Tage bis zum 11. Oktober 1995 ausgesprochen. Letzteres wurde von der Beklagten jedoch später zurückgenommen ("Teilanerkenntnis" vom 13. März 1997). Durch Bewilligungsbescheid vom 13. Oktober 1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst Alg ab 12. Oktober 1995. Später wurde aufgrund des "Teilanerkenntnisses" für die Zeit vom 27. September 1995 bis 11. Oktober 1995 nachträglich Alg bewilligt. Den gegen den Bescheid vom 11. Oktober 1995 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Durchführung einer arbeitsamtsärztlichen Untersuchung des Klägers durch Bescheid vom 28. März 1996 zurück. Zur Begründung führte sie ua aus, der Ausnahmetatbestand des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) habe nicht vorgelegen. Zwar sei der Kläger auf Dauer gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen, als Stahlarbeiter zu arbeiten. Jedoch sei er ua aufgrund seines Lebensalters nicht unkündbar gewesen. Selbst wenn aufgrund seiner Erkrankung ein wichtiger Grund für eine Kündigung vorgelegen haben sollte, so hätte eine fristlose Kündigung nicht erfolgen dürfen. Eine solche sei nur in Ausnahmefällen - wie bei Vorliegen einer ansteckenden oder ekelerregenden Krankheit - zulässig.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. April 1997). Auf die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 30. September 1998 das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten vom 11. Oktober 1995 und 28. März 1996 (Widerspruchsbescheid) idF des Teilanerkenntnisses vom 13. März 1997 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 13. Oktober 1995 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 5. Juli 1995 bis 26. September 1995 Alg zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, aufgrund der ärztlichen Untersuchungen stehe fest, daß der Kläger nach dem 5. Juli 1995 gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen sei, dem Arbeitgeber die geschuldete Arbeitsleistung als Stahlwerker zu erbringen. Folglich habe nach dem Grundsatz "ohne Arbeit kein Anspruch auf Arbeitsentgelt" der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslohn mehr gehabt. Die erhaltene Abfindung von 20.000,00 DM könne mithin kein Arbeitsentgelt enthalten, weil der Kläger aufgrund seiner Erkrankung überhaupt keinen Arbeitsentgeltanspruch gegen den Arbeitgeber hätte geltend machen können.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 117 Abs 2 AFG. Von dieser Ruhensvorschrift würden alle Fälle erfaßt, in denen ein Arbeitnehmer eine Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten habe und die für den Arbeitgeber geltende ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) enthalte diese Vorschrift die unwiderlegliche Vermutung, daß Abfindungen, Entschädigungen und ähnliche Leistungen des Arbeitgebers in dem durch § 117 Abs 3 AFG bestimmten Umfang Arbeitsentgelt enthielten. Deshalb sei es unbeachtlich, daß der Arbeitnehmer ggf keine Arbeitsentgeltansprüche gegen den Arbeitgeber mehr gehabt habe. Die Ruhensfolge des § 117 Abs 2 AFG trete auch ein, wenn der Arbeitgeber eine Abfindung geleistet habe, ohne daß ein entsprechender Rechtsanspruch des Arbeitnehmers bestanden habe. Die entgegenstehende Rechtsauffassung des LSG eröffne Manipulationsmöglichkeiten, die von der Versichertengemeinschaft nicht hingenommen werden könnten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. September 1998 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. April 1997 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er beruft sich auf das angefochtene Urteil. Es sei im übrigen nur seinem Verhandlungsgeschick zu verdanken, daß der Arbeitgeber sich auf einen Aufhebungsvertrag eingelassen habe. Hätte er sich nicht um einen solchen Vertrag bemüht, so hätte ihm die Beklagte selbstverständlich ab 5. Juli 1995 Alg gewähren müssen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision der Beklagten ist im wesentlichen begründet. Das Urteil des Hessischen LSG vom 30. September 1998 verletzt § 117 Abs 2 und Abs 3 AFG (idF, die § 117 AFG durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353, erhalten hat), soweit der Zeitraum vom 5. Juli 1995 bis 25. September 1995 betroffen ist. Allerdings hat die Beklagte zu Lasten des Klägers den Ruhenszeitraum gemäß § 117 Abs 3 AFG um einen Tag zu lang festgesetzt, da der Anspruch auf Alg nur für 83 Kalendertage ruhte und dem Kläger bereits ab 26. September 1995 Alg zustand.
Die Annahme des Klägers, die Anwendung der Ruhensregelung sei ausgeschlossen, weil ihm für den Ruhenszeitraum - bei Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses - ein Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht mehr zugestanden hätte, entspricht nicht dem Gesetz. § 117 Abs 2 AFG ist insoweit auch nicht einschränkend auszulegen oder verfassungswidrig.
Nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfristen des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt, falls der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Kündigung vorausgegangen ist, mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Satz 2).
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß danach ein Ruhen immer dann eintritt, wenn das Arbeitsverhältnis "vorzeitig" beendet worden ist und dem Arbeitnehmer eine der in § 117 Abs 2 Satz 1 AFG genannten Leistungen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusteht oder gewährt worden ist. Beide Voraussetzungen sind gegeben. Da die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers fünf Monate zum Ende des Kalendervierteljahres betrug, hätte bei Einhaltung einer entsprechenden, am 4. Juli 1995 beginnenden Frist das Arbeitsverhältnis von Rechts wegen erst zum 31. Dezember 1995 gekündigt werden können. Das Arbeitsverhältnis ist daher am 4. Juli 1995 ohne Einhaltung dieser Frist, also vorzeitig beendet worden. Auch hat der Kläger - nach den Feststellungen des LSG - die Abfindung in Höhe von 20.000,00 DM wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten (vgl hierzu BSGE 76, 294, 296 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12, S 81, und BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 5, S 28). Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ist bei einer vergleichsweisen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht zweifelhaft; dies gilt auch, sofern die Abfindung aus sozialen Gründen oder als freiwillige Zuwendung gewährt wird (vgl BSG SozR 4100 § 117 Nr 5, S 37).
Die Rechtsfolge des Ruhens nach § 117 Abs 2 und 3 AFG wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger nach Erschöpfung seines Krankengeldanspruchs aufgrund seiner über den 4. Juli 1995 hinaus fortdauernden Arbeitsunfähigkeit (möglicherweise) keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen seinen Arbeitgeber mehr gehabt hätte. § 117 Abs 2 AFG unterscheidet nicht danach, ob während der Ruhenszeit - bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestanden hätte oder ein solcher - zB wegen Arbeitsunfähigkeit - entfallen wäre. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß der Gesetzgeber in § 117 Abs 2 AFG in typisierender Wertung davon ausgeht, daß jede Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung, die im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, in einem bestimmten, durch § 117 Abs 3 AFG pauschalierten Umfang eine Entschädigung für ausgefallenes Arbeitsentgelt enthält (BSGE 50, 121, 125 = SozR 4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 4100 § 117 Nr 26, S 142; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 6, S 36 ff; zustimmend der 11. Senat in BSGE 76, 294, 298 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12). § 117 Abs 2 AFG enthält damit die unwiderlegliche Vermutung, daß Abfindungen, die unter den Voraussetzungen dieser Regelung gewährt werden, in bestimmtem Umfang eine Entschädigung für Lohnausfall enthalten.
Der Senat sieht keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Diese beruht nicht nur auf der Rechtsentwicklung und dem Wortlaut des § 117 Abs 2 AFG, sondern entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers.
Zur Begründung der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Neufassung des § 117 Abs 2 und Abs 3 AFG durch das 4. AFGÄndG (vom 12. Dezember 1977, BGBl I 2557), die ohne wesentliche Änderung Gesetzeskraft erlangt hat, ist dargelegt worden, daß der Anspruch auf Alg künftig immer dann ruhen soll, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist, und eine Ausnahme allein dann zu gelten hat, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos hätte kündigen können, weil in diesen Fällen eine gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes dient (BT-Drucks 8/857 S 9; vgl dazu auch BSG SozR 4100 § 117 Nr 14 zum Fall einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist). Der Gesetzgeber hat sich damit ganz bewußt für eine vereinfachte, typisierende Regelung entschieden und die frühere, auf die Umstände des Einzelfalles abstellende Regelung des § 96 Abs 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) ersetzt. Dementsprechend ist es nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen der typisierenden Grundstruktur des § 117 Abs 2 AFG unbeachtlich, ob die Partner des Arbeitsverhältnisses irrtümlich von einer kürzeren als der von Rechts wegen richtigen ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgegangen sind (BSG SozR 4100 § 117 Nr 26, S 142), ob auch dem Arbeitnehmer ein Recht auf fristlose Kündigung zugestanden hätte (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 6), ob die Abfindung auch gezahlt worden wäre, wenn die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten worden wäre (BSGE 76, 294 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12) oder ob die Parteien subjektiv davon ausgegangen sind, eine gewährte Abfindung habe keinen Entgeltcharakter (BSG SozR 4100 § 117 Nr 26, S 142). Bei der von § 117 Abs 2 AFG geforderten typisierenden Betrachtungsweise kann auch für die Fallgruppe der Arbeitnehmer, die nach Erschöpfung ihres Krankengeldanspruchs die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung aus Krankheitsgründen weiterhin nicht mehr erbringen können und die dementsprechend in der Regel keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt mehr haben, nichts anderes gelten. Vielmehr sollte bis auf den in § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG vom Gesetzgeber selbst vorgesehenen Ausnahmefall eine Prüfung im Einzelfall, ob eine bestimmte Abfindung entgegen der Annahme des Gesetzgebers keinen Lohnausfall vergütet, gerade nicht erfolgen. Streitigkeiten dieser Art wollte der Gesetzgeber durch die Erfassung aller Abfindungen, die bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, gerade verhindern (vgl BSGE 76, 294, 298 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12; ferner BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 6).
Auch soziale Schutzgesichtspunkte geben keine Veranlassung zu einer einschränkenden Auslegung des § 117 Abs 2 AFG in dem Sinne, daß Fallgestaltungen wie die hier vorliegende aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen wären. Der Kläger war nicht - auch nicht wegen fortbestehender Arbeitsunfähigkeit in der bisherigen Beschäftigung - gezwungen, einer vorzeitigen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, um Alg erhalten zu können. Er hätte vielmehr auch bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist ab dem 5. Juli 1995 Alg beziehen können, wenn er ab diesem Zeitpunkt faktisch beschäftigungslos war. Denn er hätte, auch wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Dezember 1995 fortbestanden hätte, dann nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne gestanden (vgl hierzu und zur Differenzierung zwischen beitragsrechtlichem und leistungsrechtlichem Begriff des Beschäftigungsverhältnisses zuletzt BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 9 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung), so daß ihm - die weiteren Anspruchsvoraussetzungen der §§ 100 ff AFG wie Verfügbarkeit für andere Beschäftigungen als der eines Stahlarbeiters unterstellt - auch bei Nichtabschluß des Aufhebungsvertrags nach Beendigung des Krankengeldbezugs nahtlos Alg hätte gewährt werden können.
Daß der Kläger sich einen Teil der Abfindung als Entschädigung für ausgefallenes Arbeitsentgelt anrechnen lassen muß, stellt auch keinen Wertungswiderspruch zu der Ausnahmevorschrift des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG dar. Kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aus wichtigem Grunde fristlos kündigen, so steht zugleich fest, daß ex nunc jeder Lohnanspruch des Arbeitnehmers entfallen ist. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich sachwidrig, wenn der Gesetzgeber in diesem Ausnahmefall unterstellt, daß die gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes dient (BT-Drucks 8/857, S 9). Der Gesetzgeber trägt damit vielmehr den sachlichen Unterschieden Rechnung, die zwischen einer Abfindung, die im Falle einer Berechtigung zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gewährt wird, und einer solchen, die bei Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gewährt wird, bestehen. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, daß im letztgenannten Fall Abfindungen typischerweise Teile des ausgefallenen Entgelts entschädigen, während dies bei Abfindungen im Falle einer Berechtigung zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund typischerweise nicht der Fall ist.
Der Senat hat insofern auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 117 Abs 2 AFG. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat jedenfalls die Typisierung des Gesetzgebers dahingehend, daß bei einer Abkürzung oder Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist die Vermutung besteht, bei der erhaltenen Abfindung habe das Entgeltelement in der Regel eine höhere Bedeutung als bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, nicht beanstandet (BVerfGE 42, 176, 184 = SozR 4100 § 117 Nr 1). Dem ist der Senat beigetreten (insbesondere BSGE 46, 20, 25 = SozR 4100 § 117 Nr 2; zustimmend auch BSGE 76, 294, 298 = SozR 3-4100 § 117 Nr 12). Der Gesetzgeber darf, wie das BVerfG wiederholt ausgeführt hat, typisieren und bei den notwendigen typisierenden Regelungen auch gewisse Härten in Kauf nehmen, soweit die betroffene Gruppe zahlenmäßig gering ist (BVerfGE 84, 348, 360; BVerfGE 87, 234, 255, 266 f; BVerfGE 90, 226, 236). Im übrigen hat der Gesetzgeber den Ruhenszeitraum nach § 117 Abs 3 AFG in mehrfacher Hinsicht begrenzt; ua ruht der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können (§ 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG). Danach kann - auch bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses - ein Ruhen entfallen, wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit gehabt hätte.
Vorliegend ergeben sich nach den Feststellungen des LSG allerdings keine Anhaltspunkte dafür, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos hätte kündigen können. Ob dem Kläger selbst eine solche Kündigungsmöglichkeit zugestanden hätte, ist nach dem Willen des Gesetzgebers unbeachtlich (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 2 und Nr 6); es kommt vielmehr ausschließlich auf die Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers an. Zwar sind, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, anhaltende oder dauernde Krankheit weiterhin als typische Sachverhalte anzuerkennen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung iS des § 626 BGB zu bilden (vgl BAG AP Nr 87 zu § 626 BGB; Fischermeier in Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften - KR-Komm -, 5. Aufl, § 626 BGB RdNrn 87 ff). Diesem Tatbestand kommt allerdings nicht die Bedeutung zu, daß bei seinem Vorliegen der Ausnahmetatbestand des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG automatisch als erfüllt zu gelten hätte. Es kommt vielmehr auf die konkrete arbeitsrechtliche Beurteilung des Sachverhalts an. Insofern kann sich der Kläger auch nicht - wie der Senat in dem Urteil vom heutigen Tage B 7 AL 48/99 R ausgeführt hat - auf die Entscheidung des BVerfG zu der entsprechenden Regelung in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 9 AFG aF (ab 1.1.1993 § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG bzw ab 1.4.1999 § 147a Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB III) berufen (BVerfGE 81, 156 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 S 14 f, 16; vgl dazu Wolff in KR-Komm, § 128 AFG RdNrn 62 ff). Vielmehr ist im Rahmen des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG auf die konkrete arbeitsrechtliche Beurteilung des Sachverhalts abzustellen und dabei zu beachten, daß nach der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Krankheit des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen ist (BAG AP Nr 143 zu § 626 BGB; BAG AP Nr 3 zu § 626 BGB Krankheit = NZA 1993, 998). In besonderen Ausnahmefällen, etwa bei Ausschluß der ordentlichen Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarung, kann es dem Arbeitgeber bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen wie etwa einer negativen Prognose hinsichtlich des zukünftigen Leistungsvermögens des Arbeitnehmers mit der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz erlaubt sein, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund auszusprechen. Der Kläger hat hier nicht zum Kreis der unkündbaren Arbeitnehmer gehört. Zudem hätte dem Arbeitgeber auch bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen kein Recht auf eine fristlose Kündigung zugestanden; vielmehr wäre auch dann die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten gewesen (vgl zu dieser zweiten Stufe der Prüfung Lepke, Kündigung bei Krankheit, 10. Aufl 1999, RdNrn 196 ff). Insoweit gilt der Grundsatz, daß eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nur dann in Betracht kommt, wenn die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist (vgl Lepke, aaO, RdNr 197). Vorliegend ist kein derartiger Grund für den Arbeitgeber ersichtlich. Mithin hätte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht aus wichtigem Grund fristlos kündigen können.
Somit ruhte der Alg-Anspruch des Klägers aufgrund der erhaltenen Abfindung gemäß § 117 Abs 2 Satz 1 AFG. Der Ruhenszeitraum ist mit 83 Kalendertagen gemäß § 117 Abs 3 AFG richtig berechnet. Allerdings hat die Beklagte in dem Bescheid vom 11. Oktober 1995 den Ruhenszeitraum irrtümlich bis zum 26. September 1995 festgesetzt, was bei einem Beginn des Ruhenszeitraums am 5. Juli 1995 (erster Tag der Arbeitslosigkeit) einem Ruhenszeitraum von 84 Kalendertagen entsprochen hätte. Hinsichtlich des 26. September 1995 mußte die Revision der Beklagten gegen das Urteil des LSG daher zurückgewiesen werden, weil das LSG jedenfalls für den 26. September 1995 dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Alg zugesprochen hat. Aufgrund des Lebensalters und der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren gemäß § 117 Abs 3 Satz 3 AFG 60 vH der Abfindung zu berücksichtigen. Nach § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 1 AFG ergibt sich ein Ruhenszeitraum von 83 Kalendertagen (beginnend ab dem 5. Juli 1995). Der Kläger hat in den letzten sechs Monaten seiner Beschäftigung (September 1993 bis Februar 1994) insgesamt 25.999,38 DM, kalendertäglich mithin 143,64 DM verdient. Den zu berücksichtigenden Teil der Abfindungssumme (60 vH von 20.000,00 DM) in Höhe von 12.000,00 DM hätte der Kläger in 83 Kalendertagen verdient. Gemäß § 117 Abs 2 Satz 1 iVm § 112 Abs 3 Satz 2 Nr 1 und § 117 Abs 3 Satz 3 AFG ruhte der Anspruch des Klägers auf Alg mithin vom 5. Juli 1995 bis 25. September 1995. Ab dem 26. September 1995 stand ihm Alg zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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