Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 5/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. November 1999 wird zurückgewiesen. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) und Sozialversicherungsbeiträgen, die die Beklagte für die am 2. November 1936 geborene I. T. (T) aufgewendet hat.
T war seit September 1970 bei der Klägerin bzw deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. T wurde zunächst in der Schuhabteilung, später in der Registratur und schließlich aus gesundheitlichen Gründen in der Mikroverfilmung eingesetzt. Am 25. Februar 1994 schloß sie mit der Klägerin einen Aufhebungsvertrag, durch den das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1994 gegen Zahlung einer Abfindung von 30.000,00 DM beendet wurde. Die arbeitgeberseitige Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Quartalsende. Nach Schließung der Mikrofilmabteilung zum 30. April 1994 war T von der Arbeit freigestellt. T erhielt ab dem 1. Oktober 1994 Alg. Seit dem 1. Juli 1997 bezieht sie eine Altersrente.
Mit dem Bescheid vom 13. September 1996 (Widerspruchsbescheid vom 6. November 1996) sowie mit den Bescheiden vom 15. November 1996 stellte das Arbeitsamt fest, daß die Klägerin verpflichtet sei, das der T ab dem 2. November 1994 gezahlte Alg sowie die hierauf entfallenden Beiträge zur Rentenversicherung für längstens 624 Tage zu erstatten und machte einen Erstattungsbetrag für die Zeit bis zum 31. Juli 1995 von insgesamt 41.403,85 DM geltend. Während des Berufungsverfahrens ersetzte die Beklagte die Erstattungsbescheide vom 13. September 1996 und 15. November 1996 durch die Bescheide vom 9. Juni 1999 und machte für die Zeit vom 2. November 1994 bis 30. April 1996 einen Erstattungsbetrag von 38.403,28 DM und für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 1996 von 16.089,42 DM geltend.
Das Sozialgericht hat T als Zeugin zu ihren gesundheitlichen Verhältnissen im Erstattungszeitraum gehört, den Feststellungsbescheid vom 15. November 1996 teilweise aufgehoben und die Klage im übrigen abgewiesen (Urteil vom 19. Januar 1998): Ein Befreiungstatbestand nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 und 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei nicht gegeben. Die Erstattungspflicht entfalle auch nicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 1. Halbsatz AFG, denn es ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß T - abgesehen von den Zeiten der Erkrankung bzw des Kuraufenthaltes - während des Leistungsbezuges Anspruch auf eine anderweitige Sozialleistung gehabt haben könnte.
Das Landessozialgericht (LSG) hat T und den Personalleiter der Klägerin als Zeugen vernommen. Es hat mit Urteil vom 7. November 1999 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, die Klage gegen die Bescheide vom 9. Juni 1999 abgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Voraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG hätten nicht vorgelegen. Die Vorschrift könne selbst dann nicht entsprechend angewendet werden, wenn die Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte Kündigung durch den Arbeitgeber nachweislich vorlägen. Es stehe zur Überzeugung des Senats fest, daß die Klägerin gegenüber T zum Ausspruch einer sozial gerechtfertigten betriebsbedingten Kündigung berechtigt gewesen wäre. Bei der Mikrofilmabteilung, bei der T zuletzt beschäftigt gewesen sei, habe es sich bereits um eine Abteilung gehandelt, die zuletzt nur noch aus sozialen Gründen für gesundheitlich angeschlagene langjährige Mitarbeiter aufrechterhalten worden sei. Wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes infolge einer Schließung der Abteilung und des Fehlens anderweitiger Einsatzmöglichkeiten für T habe die Klägerin erfolgreich eine betriebsbedingte Kündigung zum 30. September 1994 aussprechen können. Zahlreichen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) sei zu entnehmen, daß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG nicht entsprechend angewendet werden könne, wenn Gründe für eine sozial gerechtfertigte Kündigung vorlägen, obwohl hiervon kein Gebrauch gemacht worden sei. Dieser Rechtsprechung schließe sich der Senat an.
Die Voraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG lägen ebenfalls nicht vor. Der Wegfall des Arbeitsplatzes sei bei kündbaren Arbeitnehmern, wie T eine sei, lediglich ein Grund zu einer sozial gerechtfertigten Kündigung, nicht aber zu einer außerordentlichen nach Nr 5. § 128 AFG unterliege auch keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Erstattungsforderungen seien zutreffend berechnet worden. Der Senat habe die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zwar weiche der Senat nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, auch liege zur Frage, ob § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG auch auf Aufhebungsverträge angewendet werden könne, inzwischen eine übereinstimmende Rechtsprechung beider zuständiger Senate des BSG vor. Beim Senat seien jedoch weitere Berufungen anhängig, in denen auch in Kenntnis der Rechtsprechung weiterhin der gegenteilige Standpunkt vertreten werde.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 4 und 5 AFG, Art 3 und 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots. Das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, daß sie gegenüber T zum Ausspruch einer sozial gerechtfertigten Kündigung berechtigt gewesen sei. Unzutreffend sei jedoch die Auffassung, daß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG über den Wortlaut der Vorschrift hinaus nicht auf Fälle einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses anwendbar sei. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 1990 gebiete es das im Rahmen von Berufsausübungsregeln zu beachtende Übermaßverbot, die Erstattungspflicht nach § 128 AFG nur dann eingreifen zu lassen, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit treffe. Die Frage nach der Verantwortlichkeitsbeziehung sei nicht formal, sondern letztendlich materiell zu beantworten. Der Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses komme lediglich Indizfunktion zu. Sei der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung zu beenden, so habe der Arbeitgeber die Arbeitslosigkeit nicht wesentlich verursacht. Ihr - der Klägerin - könne auch nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie sich durch die von ihr getroffene Wahl der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit T einer Überprüfung der die Kündigung rechtfertigenden Gründe habe entziehen wollen. Sie habe nachgewiesenermaßen allein aus sozialen Erwägungen vom tatsächlichen Ausspruch einer Kündigung abgesehen. Im übrigen könne die Lenkungsfunktion des § 128 AFG keine Wirkung entfalten, wenn dem Arbeitgeber aufgrund betrieblicher Umstände eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unzumutbar sei. Der Arbeitgeber habe hier nicht die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Wahlmöglichkeit. Darüber hinaus sei es im Arbeitsrecht in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt, daß es generell nicht auf die rechtstechnische Form der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf den materiellen Auflösungsgrund ankomme. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe dies sogar als Gebot des Gleichbehandlungsgrundsatzes verstanden. Schließlich werde mit einer entsprechenden Auslegung auch Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum Sperrzeittatbestand hergestellt. Danach löse ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis auch dann, wenn er mit dem Arbeitgeber auf dessen Wunsch einen Aufhebungsvertrag schließe. Zudem sei die unterschiedliche Behandlung von sozial gerechtfertigter Kündigung und Aufhebungsvertrag eine willkürliche Ungleichbehandlung iS des Art 3 GG. Für eine Ungleichbehandlung seien keine rechtfertigenden Gründe ersichtlich. Im übrigen liege weiterhin keine Entscheidung vor, wonach es dem Arbeitgeber allein aufgrund des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags "in allen denkbaren Fallkonstellationen" verwehrt sei, sich auf den Befreiungstatbestand des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG zu berufen (Gagel, EWiR 1998, 577).
Darüber hinaus sei die Erstattungspflicht auch gemäß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG ausgeschlossen. Die Klägerin sei auch berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist zu kündigen. Das BVerfG habe hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses allein auf die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, also die Störung des Äquivalenzverhältnisses, abgestellt. Das BVerfG habe klargestellt, daß es im Rahmen des § 128 AFG erkennbar auf die vom BAG im Rahmen des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemachten Einschränkungen verzichte. Folge der Senat dem nicht, sei das BVerfG anzurufen, weil es an der von diesem Gericht geforderten spezifischen Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Arbeitslosigkeit der T fehle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. November 1999 sowie die Bescheide vom 9. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte zur Rückzahlung der gezahlten DM 41.503,85 nebst 5 % Zinsen seit 17. Mai 1997 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Erstattungsforderung vom 2. November 1994 bis 30. Oktober 1996 von insgesamt 54.943 DM (Alg: 33.783,10 DM; Beiträge: 20.709,90 DM), die die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) mit den Bescheiden vom 9. Juni 1999 geltend gemacht hat. Diese Bescheide sind nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kraft Klage Gegenstand des Verfahrens beim LSG geworden.
1. Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG (idF des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992, BGBl I S 2044) erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der BA vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 56. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage. Diese Voraussetzungen sind nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffen und damit für das BSG bindend sind (§ 163 SGG), erfüllt. Dem Urteil des LSG ist zu entnehmen, daß es auch geprüft hat, daß die gezahlten Leistungen rechtmäßig an T zu erbringen waren.
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Beklagte das für den 2. November 1994 - den 58. Geburtstag der T - gezahlte Alg einschließlich der darauf entfallenden Beiträge in den Gesamterstattungsbetrag einbezogen hat. Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber der BA das Alg "für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres" des Arbeitslosen. Bei der Berechnung des Lebensalters ist nach § 26 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - § 187 Abs 2 Satz 2 BGB heranzuziehen, wonach der Tag der Geburt mitzurechnen ist. Dieser Regelung ist zu entnehmen, daß ein Lebensjahr bereits mit dem Ablauf des dem Geburtstage vorhergehenden Tages für vollendet anzusehen ist (BVerwGE 30, 167, 168; BAG AP Nr 1 zu § 186 BGB; BSG SozR Nrn 6 und 16 zu § 1248 RVO).
2. Die grundsätzlichen Einwände der Revision gegen die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Rechtsansicht greifen nicht durch. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß einer der in § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 1 bis 7 AFG genannten Tatbestände vorliegt, die die Erstattungspflicht nicht entstehen lassen.
2.1 Die Klägerin kann sich nicht auf eine Ausnahme von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG berufen. Nach dieser Vorschrift tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, daß er das Arbeitsverhältnis durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat. Der erkennende Senat hat in Übereinstimmung mit dem 7. Senat des BSG bereits mehrfach entschieden, daß der Abschluß eines Aufhebungsvertrages den Befreiungstatbestand nicht erfüllt (BSGE 81, 259, 264 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5; Urteile vom 19. März 1998 - B 7 AL 20/97 R -, vom 7. Mai 1998 - B 11 AL 81/97 R -, vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 80/97 R - und - B 7 AL 82/97 R -, vom 16. September 1998 - B 11 AL 59/97 R - und vom 3. Dezember 1998 - B 7 AL 110/97 R -). Durchgreifende neue Einwände gegen die in diesen Entscheidungen dargelegten Gründe dafür, daß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG über seinen Wortlaut hinaus nicht auf Fälle einer einvernehmlichen (sozial gerechtfertigten) Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder ähnliche Beendigungstatbestände erstreckt werden kann, sind weder der Begründung der Revision zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Der vom Senat anerkannte Ausnahmefall, wonach eine erweiternde Auslegung der Regelung zu erfolgen hat, wenn das Arbeitsverhältnis durch Befristung endet (Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 11 AL 33/99 R -), liegt nicht vor.
Der Senat ist auch bereits der Interpretation seines Urteils BSGE 81, 259, 265 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5 durch Gagel (EWiR 1998, 578) entgegengetreten, in jenem Urteil sei entschieden worden, die Möglichkeit, den Ausschlußtatbestand auf Aufhebungsverträge anzuwenden, werde bei entsprechendem Sachvortrag nicht generell ausgeschlossen. Denn der in diesem Urteil erfolgte Hinweis auf fehlenden Sachvortrag besagte lediglich, daß ein solcher Vortrag nach der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht folgerichtig und geboten gewesen wäre (Urteil vom 16. September 1998 - B 11 AL 59/97 R -).
2.2 Das LSG ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin nicht dargelegt und nachgewiesen hat, daß sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist zu kündigen (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG). Zwar stellt § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG allein auf die Berechtigung des Arbeitgebers zur Kündigung ab, so daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag der Annahme einer Ausnahme von der Erstattungspflicht nicht von vornherein entgegensteht, jedoch liegen die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht vor.
Ob ein Recht zur außerordentlichen Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist gegeben ist, ist § 626 BGB und der zu dieser Vorschrift ergangenen Rechtsprechung des BAG zu entnehmen. Hiernach rechtfertigen betriebliche Erfordernisse regelmäßig nur eine ordentliche Arbeitgeberkündigung nach § 1 Kündigungsschutzgesetz. Soweit das BAG eine außerordentliche Kündigung von ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmern bei Betriebseinschränkungen in neueren Entscheidungen (BAGE 88, 10 = AP Nr 143 zu § 626 BGB; BAG AP Nr 148 zu § 626 BGB; vgl zu diesen Entscheidungen Groeger NZA 1999, 850, 851 ff) ausnahmsweise als zulässig erachtet, kann die Klägerin schon im Hinblick auf die ordentliche Kündbarkeit der T daraus nicht herleiten, iS des § 626 BGB zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen zu sein. Im übrigen käme eine Kündigung von ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmern aus betrieblichen Gründen nur in Betracht, wenn zuvor vom Arbeitgeber alle Anstrengungen unternommen worden wären, mit allen zumutbaren Mitteln eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen - ggf unter Einschluß der Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes im Wege der Umorganisation - zu erreichen. Daß die Klägerin entsprechende Anstrengungen unternommen hätte, ist vom LSG nicht festgestellt und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.
Die Klägerin möchte ihre Freistellung von der Erstattungspflicht vielmehr unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG zu § 128 AFG aF (BVerfGE 81, 156 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1) darauf stützen, daß eine weite Auslegung derjenigen Ausnahmeregelungen geboten sei, die sich auf den wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung bezögen. Das BVerfG habe in jener Entscheidung klargestellt, daß es im Rahmen des § 128 AFG auf die vom BAG zu § 626 BGB gemachten Einschränkungen verzichte. Die Klägerin übersieht jedoch bei ihren Ausführungen, daß die Entscheidung des BVerfG zu den früheren Fassungen des § 128 AFG ergangen ist, nach der nur die Berechtigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zur Freistellung von der Erstattungspflicht führte. Gegenüber diesem Rechtszustand sollte die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung wegen gesundheitlicher Einschränkungen des Arbeitnehmers, die regelmäßig nur bei Einräumung einer Auslauffrist ("Sozialfrist") möglich ist, in den Befreiungstatbestand einbezogen werden. Diesem Anliegen des BVerfG wurde dadurch genüge getan, daß die Ausnahme von der Erstattungspflicht nunmehr auch bei einer Berechtigung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund mit "sozialer Auslauffrist" eingreift. Eine inhaltliche Änderung des Begriffes "wichtiger Grund" kann aus der Entscheidung des BVerfG folglich nicht hergeleitet werden (Gagel, AFG, § 128 RdNr 144, Stand: Januar 1998). Dem entspricht, daß das BVerfG zugleich klargestellt hat, daß dieser Befreiungstatbestand nicht Manipulationen Vorschub leisten soll, welche die Erstattungspflicht nach § 128 AFG entwerten könnten (BVerfGE 81, 156, 203 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1).
2.3 Schließlich hat der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem 7. Senat des BSG (vgl eingehend BSGE 81, 259, 266 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 5; SozR 3-4100 § 128 Nr 4; Urteil vom 7. Mai 1998 - B 11 AL 81/97 R -; Urteile vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 80/97 R - und - B 7 AL 82/97 R -) klargestellt und eingehend begründet, daß die Regelung des § 128 AFG nicht als solche verfassungswidrig ist.
Ebenso ist bereits zu den Einwänden gegen die Regelung in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers (Art 12 Abs 1 GG) und das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG Stellung genommen worden. Den Rechtsausführungen des 7. Senats des BSG in den Urteilen vom 25. Juni 1998 (- B 7 AL 80/97 R - und - B 7 AL 82/97 R -, jeweils S 9 f des Umdrucks) schließt sich der erkennende Senat ausdrücklich an:
"Die Regelung in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG ist als solche auch verfassungsgemäß. Ungeachtet dessen, daß das BVerfG (BVerfGE 81, 156 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1), wie ausgeführt, die frühere Regelung in § 128 AFG aF nicht beanstandet hat, führt diese auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers (Art 12 Abs 1 GG). Denn es steht dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, wie er das Arbeitsverhältnis beenden will, ob durch Kündigung oder durch Aufhebungsvertrag unter Berücksichtigung der durch das Gesetz vorgegebenen kalkulierbaren Kosten. Im Hinblick hierauf und auf die gesetzgeberische Zielsetzung, sozial unzuträgliche Frühverrentungen zu vermeiden (BVerfGE 81, 156, 191 f = SozR 3-4100 § 128 Nr 1), verstößt Nr 4 aaO nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit, weil die Vertragsfreiheit der Klägerin als Bestandteil ihrer unternehmerischen Berufsausübungsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG durch die Regelung nicht übermäßig eingeschränkt wird.
128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG verletzt auch nicht Art 3 Abs 1 GG insoweit, als der Arbeitgeber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung sich auf den Befreiungstatbestand der Nr 5 aaO auch dann berufen kann, wenn er einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat (vgl hierzu BVerfGE 81, 156, 201 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1), während er bei einer bloßen Berechtigung zur sozial gerechtfertigten Kündigung und tatsächlichem Abschluß eines Aufhebungsvertrages zur Erstattung verpflichtet bleibt. Das Gebot des Art 3 Abs 1 GG, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln, ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 81, 156, 201, 205 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Die Differenzierung in Nr 5 aaO und Nr 4 aaO ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Nr 5 aaO nimmt inhaltlich auf § 626 Abs 1 BGB Bezug. In diesen Fällen ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragspartner bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten. Liegt eine solche Unzumutbarkeit vor, kommt eine besondere Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für den Eintritt der Arbeitslosigkeit von vornherein nicht in Betracht. Demgegenüber ist in den von Nr 4 aaO erfaßten Fällen der sozial gerechtfertigten (ordentlichen) Kündigung eine den Kriterien des wichtigen Grundes entsprechende Belastungssituation des Arbeitgebers nicht gegeben."
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) und Sozialversicherungsbeiträgen, die die Beklagte für die am 2. November 1936 geborene I. T. (T) aufgewendet hat.
T war seit September 1970 bei der Klägerin bzw deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. T wurde zunächst in der Schuhabteilung, später in der Registratur und schließlich aus gesundheitlichen Gründen in der Mikroverfilmung eingesetzt. Am 25. Februar 1994 schloß sie mit der Klägerin einen Aufhebungsvertrag, durch den das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1994 gegen Zahlung einer Abfindung von 30.000,00 DM beendet wurde. Die arbeitgeberseitige Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Quartalsende. Nach Schließung der Mikrofilmabteilung zum 30. April 1994 war T von der Arbeit freigestellt. T erhielt ab dem 1. Oktober 1994 Alg. Seit dem 1. Juli 1997 bezieht sie eine Altersrente.
Mit dem Bescheid vom 13. September 1996 (Widerspruchsbescheid vom 6. November 1996) sowie mit den Bescheiden vom 15. November 1996 stellte das Arbeitsamt fest, daß die Klägerin verpflichtet sei, das der T ab dem 2. November 1994 gezahlte Alg sowie die hierauf entfallenden Beiträge zur Rentenversicherung für längstens 624 Tage zu erstatten und machte einen Erstattungsbetrag für die Zeit bis zum 31. Juli 1995 von insgesamt 41.403,85 DM geltend. Während des Berufungsverfahrens ersetzte die Beklagte die Erstattungsbescheide vom 13. September 1996 und 15. November 1996 durch die Bescheide vom 9. Juni 1999 und machte für die Zeit vom 2. November 1994 bis 30. April 1996 einen Erstattungsbetrag von 38.403,28 DM und für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 1996 von 16.089,42 DM geltend.
Das Sozialgericht hat T als Zeugin zu ihren gesundheitlichen Verhältnissen im Erstattungszeitraum gehört, den Feststellungsbescheid vom 15. November 1996 teilweise aufgehoben und die Klage im übrigen abgewiesen (Urteil vom 19. Januar 1998): Ein Befreiungstatbestand nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 und 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei nicht gegeben. Die Erstattungspflicht entfalle auch nicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 1. Halbsatz AFG, denn es ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß T - abgesehen von den Zeiten der Erkrankung bzw des Kuraufenthaltes - während des Leistungsbezuges Anspruch auf eine anderweitige Sozialleistung gehabt haben könnte.
Das Landessozialgericht (LSG) hat T und den Personalleiter der Klägerin als Zeugen vernommen. Es hat mit Urteil vom 7. November 1999 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, die Klage gegen die Bescheide vom 9. Juni 1999 abgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Voraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG hätten nicht vorgelegen. Die Vorschrift könne selbst dann nicht entsprechend angewendet werden, wenn die Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte Kündigung durch den Arbeitgeber nachweislich vorlägen. Es stehe zur Überzeugung des Senats fest, daß die Klägerin gegenüber T zum Ausspruch einer sozial gerechtfertigten betriebsbedingten Kündigung berechtigt gewesen wäre. Bei der Mikrofilmabteilung, bei der T zuletzt beschäftigt gewesen sei, habe es sich bereits um eine Abteilung gehandelt, die zuletzt nur noch aus sozialen Gründen für gesundheitlich angeschlagene langjährige Mitarbeiter aufrechterhalten worden sei. Wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes infolge einer Schließung der Abteilung und des Fehlens anderweitiger Einsatzmöglichkeiten für T habe die Klägerin erfolgreich eine betriebsbedingte Kündigung zum 30. September 1994 aussprechen können. Zahlreichen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) sei zu entnehmen, daß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG nicht entsprechend angewendet werden könne, wenn Gründe für eine sozial gerechtfertigte Kündigung vorlägen, obwohl hiervon kein Gebrauch gemacht worden sei. Dieser Rechtsprechung schließe sich der Senat an.
Die Voraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG lägen ebenfalls nicht vor. Der Wegfall des Arbeitsplatzes sei bei kündbaren Arbeitnehmern, wie T eine sei, lediglich ein Grund zu einer sozial gerechtfertigten Kündigung, nicht aber zu einer außerordentlichen nach Nr 5. § 128 AFG unterliege auch keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Erstattungsforderungen seien zutreffend berechnet worden. Der Senat habe die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zwar weiche der Senat nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, auch liege zur Frage, ob § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG auch auf Aufhebungsverträge angewendet werden könne, inzwischen eine übereinstimmende Rechtsprechung beider zuständiger Senate des BSG vor. Beim Senat seien jedoch weitere Berufungen anhängig, in denen auch in Kenntnis der Rechtsprechung weiterhin der gegenteilige Standpunkt vertreten werde.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 4 und 5 AFG, Art 3 und 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots. Das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, daß sie gegenüber T zum Ausspruch einer sozial gerechtfertigten Kündigung berechtigt gewesen sei. Unzutreffend sei jedoch die Auffassung, daß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG über den Wortlaut der Vorschrift hinaus nicht auf Fälle einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses anwendbar sei. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 1990 gebiete es das im Rahmen von Berufsausübungsregeln zu beachtende Übermaßverbot, die Erstattungspflicht nach § 128 AFG nur dann eingreifen zu lassen, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit treffe. Die Frage nach der Verantwortlichkeitsbeziehung sei nicht formal, sondern letztendlich materiell zu beantworten. Der Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses komme lediglich Indizfunktion zu. Sei der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung zu beenden, so habe der Arbeitgeber die Arbeitslosigkeit nicht wesentlich verursacht. Ihr - der Klägerin - könne auch nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie sich durch die von ihr getroffene Wahl der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit T einer Überprüfung der die Kündigung rechtfertigenden Gründe habe entziehen wollen. Sie habe nachgewiesenermaßen allein aus sozialen Erwägungen vom tatsächlichen Ausspruch einer Kündigung abgesehen. Im übrigen könne die Lenkungsfunktion des § 128 AFG keine Wirkung entfalten, wenn dem Arbeitgeber aufgrund betrieblicher Umstände eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unzumutbar sei. Der Arbeitgeber habe hier nicht die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Wahlmöglichkeit. Darüber hinaus sei es im Arbeitsrecht in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt, daß es generell nicht auf die rechtstechnische Form der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf den materiellen Auflösungsgrund ankomme. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe dies sogar als Gebot des Gleichbehandlungsgrundsatzes verstanden. Schließlich werde mit einer entsprechenden Auslegung auch Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum Sperrzeittatbestand hergestellt. Danach löse ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis auch dann, wenn er mit dem Arbeitgeber auf dessen Wunsch einen Aufhebungsvertrag schließe. Zudem sei die unterschiedliche Behandlung von sozial gerechtfertigter Kündigung und Aufhebungsvertrag eine willkürliche Ungleichbehandlung iS des Art 3 GG. Für eine Ungleichbehandlung seien keine rechtfertigenden Gründe ersichtlich. Im übrigen liege weiterhin keine Entscheidung vor, wonach es dem Arbeitgeber allein aufgrund des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags "in allen denkbaren Fallkonstellationen" verwehrt sei, sich auf den Befreiungstatbestand des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG zu berufen (Gagel, EWiR 1998, 577).
Darüber hinaus sei die Erstattungspflicht auch gemäß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG ausgeschlossen. Die Klägerin sei auch berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist zu kündigen. Das BVerfG habe hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses allein auf die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, also die Störung des Äquivalenzverhältnisses, abgestellt. Das BVerfG habe klargestellt, daß es im Rahmen des § 128 AFG erkennbar auf die vom BAG im Rahmen des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemachten Einschränkungen verzichte. Folge der Senat dem nicht, sei das BVerfG anzurufen, weil es an der von diesem Gericht geforderten spezifischen Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Arbeitslosigkeit der T fehle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. November 1999 sowie die Bescheide vom 9. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte zur Rückzahlung der gezahlten DM 41.503,85 nebst 5 % Zinsen seit 17. Mai 1997 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Erstattungsforderung vom 2. November 1994 bis 30. Oktober 1996 von insgesamt 54.943 DM (Alg: 33.783,10 DM; Beiträge: 20.709,90 DM), die die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) mit den Bescheiden vom 9. Juni 1999 geltend gemacht hat. Diese Bescheide sind nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kraft Klage Gegenstand des Verfahrens beim LSG geworden.
1. Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG (idF des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992, BGBl I S 2044) erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der BA vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 56. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage. Diese Voraussetzungen sind nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffen und damit für das BSG bindend sind (§ 163 SGG), erfüllt. Dem Urteil des LSG ist zu entnehmen, daß es auch geprüft hat, daß die gezahlten Leistungen rechtmäßig an T zu erbringen waren.
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Beklagte das für den 2. November 1994 - den 58. Geburtstag der T - gezahlte Alg einschließlich der darauf entfallenden Beiträge in den Gesamterstattungsbetrag einbezogen hat. Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber der BA das Alg "für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres" des Arbeitslosen. Bei der Berechnung des Lebensalters ist nach § 26 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - § 187 Abs 2 Satz 2 BGB heranzuziehen, wonach der Tag der Geburt mitzurechnen ist. Dieser Regelung ist zu entnehmen, daß ein Lebensjahr bereits mit dem Ablauf des dem Geburtstage vorhergehenden Tages für vollendet anzusehen ist (BVerwGE 30, 167, 168; BAG AP Nr 1 zu § 186 BGB; BSG SozR Nrn 6 und 16 zu § 1248 RVO).
2. Die grundsätzlichen Einwände der Revision gegen die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Rechtsansicht greifen nicht durch. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß einer der in § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 1 bis 7 AFG genannten Tatbestände vorliegt, die die Erstattungspflicht nicht entstehen lassen.
2.1 Die Klägerin kann sich nicht auf eine Ausnahme von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG berufen. Nach dieser Vorschrift tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, daß er das Arbeitsverhältnis durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat. Der erkennende Senat hat in Übereinstimmung mit dem 7. Senat des BSG bereits mehrfach entschieden, daß der Abschluß eines Aufhebungsvertrages den Befreiungstatbestand nicht erfüllt (BSGE 81, 259, 264 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5; Urteile vom 19. März 1998 - B 7 AL 20/97 R -, vom 7. Mai 1998 - B 11 AL 81/97 R -, vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 80/97 R - und - B 7 AL 82/97 R -, vom 16. September 1998 - B 11 AL 59/97 R - und vom 3. Dezember 1998 - B 7 AL 110/97 R -). Durchgreifende neue Einwände gegen die in diesen Entscheidungen dargelegten Gründe dafür, daß § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG über seinen Wortlaut hinaus nicht auf Fälle einer einvernehmlichen (sozial gerechtfertigten) Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder ähnliche Beendigungstatbestände erstreckt werden kann, sind weder der Begründung der Revision zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Der vom Senat anerkannte Ausnahmefall, wonach eine erweiternde Auslegung der Regelung zu erfolgen hat, wenn das Arbeitsverhältnis durch Befristung endet (Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 11 AL 33/99 R -), liegt nicht vor.
Der Senat ist auch bereits der Interpretation seines Urteils BSGE 81, 259, 265 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5 durch Gagel (EWiR 1998, 578) entgegengetreten, in jenem Urteil sei entschieden worden, die Möglichkeit, den Ausschlußtatbestand auf Aufhebungsverträge anzuwenden, werde bei entsprechendem Sachvortrag nicht generell ausgeschlossen. Denn der in diesem Urteil erfolgte Hinweis auf fehlenden Sachvortrag besagte lediglich, daß ein solcher Vortrag nach der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht folgerichtig und geboten gewesen wäre (Urteil vom 16. September 1998 - B 11 AL 59/97 R -).
2.2 Das LSG ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin nicht dargelegt und nachgewiesen hat, daß sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist zu kündigen (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG). Zwar stellt § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG allein auf die Berechtigung des Arbeitgebers zur Kündigung ab, so daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag der Annahme einer Ausnahme von der Erstattungspflicht nicht von vornherein entgegensteht, jedoch liegen die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht vor.
Ob ein Recht zur außerordentlichen Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist gegeben ist, ist § 626 BGB und der zu dieser Vorschrift ergangenen Rechtsprechung des BAG zu entnehmen. Hiernach rechtfertigen betriebliche Erfordernisse regelmäßig nur eine ordentliche Arbeitgeberkündigung nach § 1 Kündigungsschutzgesetz. Soweit das BAG eine außerordentliche Kündigung von ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmern bei Betriebseinschränkungen in neueren Entscheidungen (BAGE 88, 10 = AP Nr 143 zu § 626 BGB; BAG AP Nr 148 zu § 626 BGB; vgl zu diesen Entscheidungen Groeger NZA 1999, 850, 851 ff) ausnahmsweise als zulässig erachtet, kann die Klägerin schon im Hinblick auf die ordentliche Kündbarkeit der T daraus nicht herleiten, iS des § 626 BGB zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen zu sein. Im übrigen käme eine Kündigung von ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmern aus betrieblichen Gründen nur in Betracht, wenn zuvor vom Arbeitgeber alle Anstrengungen unternommen worden wären, mit allen zumutbaren Mitteln eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen - ggf unter Einschluß der Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes im Wege der Umorganisation - zu erreichen. Daß die Klägerin entsprechende Anstrengungen unternommen hätte, ist vom LSG nicht festgestellt und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.
Die Klägerin möchte ihre Freistellung von der Erstattungspflicht vielmehr unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG zu § 128 AFG aF (BVerfGE 81, 156 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1) darauf stützen, daß eine weite Auslegung derjenigen Ausnahmeregelungen geboten sei, die sich auf den wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung bezögen. Das BVerfG habe in jener Entscheidung klargestellt, daß es im Rahmen des § 128 AFG auf die vom BAG zu § 626 BGB gemachten Einschränkungen verzichte. Die Klägerin übersieht jedoch bei ihren Ausführungen, daß die Entscheidung des BVerfG zu den früheren Fassungen des § 128 AFG ergangen ist, nach der nur die Berechtigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zur Freistellung von der Erstattungspflicht führte. Gegenüber diesem Rechtszustand sollte die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung wegen gesundheitlicher Einschränkungen des Arbeitnehmers, die regelmäßig nur bei Einräumung einer Auslauffrist ("Sozialfrist") möglich ist, in den Befreiungstatbestand einbezogen werden. Diesem Anliegen des BVerfG wurde dadurch genüge getan, daß die Ausnahme von der Erstattungspflicht nunmehr auch bei einer Berechtigung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund mit "sozialer Auslauffrist" eingreift. Eine inhaltliche Änderung des Begriffes "wichtiger Grund" kann aus der Entscheidung des BVerfG folglich nicht hergeleitet werden (Gagel, AFG, § 128 RdNr 144, Stand: Januar 1998). Dem entspricht, daß das BVerfG zugleich klargestellt hat, daß dieser Befreiungstatbestand nicht Manipulationen Vorschub leisten soll, welche die Erstattungspflicht nach § 128 AFG entwerten könnten (BVerfGE 81, 156, 203 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1).
2.3 Schließlich hat der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem 7. Senat des BSG (vgl eingehend BSGE 81, 259, 266 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 5; SozR 3-4100 § 128 Nr 4; Urteil vom 7. Mai 1998 - B 11 AL 81/97 R -; Urteile vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 80/97 R - und - B 7 AL 82/97 R -) klargestellt und eingehend begründet, daß die Regelung des § 128 AFG nicht als solche verfassungswidrig ist.
Ebenso ist bereits zu den Einwänden gegen die Regelung in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers (Art 12 Abs 1 GG) und das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG Stellung genommen worden. Den Rechtsausführungen des 7. Senats des BSG in den Urteilen vom 25. Juni 1998 (- B 7 AL 80/97 R - und - B 7 AL 82/97 R -, jeweils S 9 f des Umdrucks) schließt sich der erkennende Senat ausdrücklich an:
"Die Regelung in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG ist als solche auch verfassungsgemäß. Ungeachtet dessen, daß das BVerfG (BVerfGE 81, 156 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1), wie ausgeführt, die frühere Regelung in § 128 AFG aF nicht beanstandet hat, führt diese auch nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers (Art 12 Abs 1 GG). Denn es steht dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, wie er das Arbeitsverhältnis beenden will, ob durch Kündigung oder durch Aufhebungsvertrag unter Berücksichtigung der durch das Gesetz vorgegebenen kalkulierbaren Kosten. Im Hinblick hierauf und auf die gesetzgeberische Zielsetzung, sozial unzuträgliche Frühverrentungen zu vermeiden (BVerfGE 81, 156, 191 f = SozR 3-4100 § 128 Nr 1), verstößt Nr 4 aaO nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit, weil die Vertragsfreiheit der Klägerin als Bestandteil ihrer unternehmerischen Berufsausübungsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG durch die Regelung nicht übermäßig eingeschränkt wird.
128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG verletzt auch nicht Art 3 Abs 1 GG insoweit, als der Arbeitgeber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung sich auf den Befreiungstatbestand der Nr 5 aaO auch dann berufen kann, wenn er einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat (vgl hierzu BVerfGE 81, 156, 201 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1), während er bei einer bloßen Berechtigung zur sozial gerechtfertigten Kündigung und tatsächlichem Abschluß eines Aufhebungsvertrages zur Erstattung verpflichtet bleibt. Das Gebot des Art 3 Abs 1 GG, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln, ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 81, 156, 201, 205 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Die Differenzierung in Nr 5 aaO und Nr 4 aaO ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Nr 5 aaO nimmt inhaltlich auf § 626 Abs 1 BGB Bezug. In diesen Fällen ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragspartner bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten. Liegt eine solche Unzumutbarkeit vor, kommt eine besondere Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für den Eintritt der Arbeitslosigkeit von vornherein nicht in Betracht. Demgegenüber ist in den von Nr 4 aaO erfaßten Fällen der sozial gerechtfertigten (ordentlichen) Kündigung eine den Kriterien des wichtigen Grundes entsprechende Belastungssituation des Arbeitgebers nicht gegeben."
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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