B 6 KA 48/98 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 48/98 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Juli 1998 aufgehoben, soweit die Klage gegen die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale I/1995 bis IV/1995 und soweit die Klage gegen die Honorarbescheide der Beklagten für das Quartal II/1994 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 1995 - und für die Quartale III/1994 und IV/1994 hinsichtlich des Honorar- anspruchs des Klägers für die Behandlung von Versicherten der Primärkassen abgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten. Soweit die Honoraransprüche des Klägers im Primärkassenbereich betroffen sind, hat das Sozialgericht über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens zu entscheiden.

Gründe:

I

Streitig ist die Höhe der Vergütung für psychotherapeutische Leistungen.

Der als Nervenarzt mit den Zusatzbezeichnungen "Psychotherapie" und "Psychoanalyse" zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen die Honorarbescheide der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) für die Quartale II/1994 bis einschließlich IV/1995.

Die Beklagte hatte über ihren Honorarverteilungsmaßstab (HVM) zum Quartal III/1993 im Primärkassenbereich für die psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV des Bewertungsmaßstabs für die vertragsärztlichen Leistungen (BMÄ) einen gesonderten Honorartopf gebildet. Dies hatte dazu geführt, daß der Punktwert für diese Leistungen teilweise unter demjenigen für die übrigen Leistungen (allgemeiner Punktwert) lag (vgl hierzu das Urteil vom heutigen Tage im Verfahren B 6 KA 46/98 R). Daher hob sie diese Regelung nach drei Quartalen wieder auf, so daß die psychotherapeutischen Leistungen ab dem Quartal II/1994 sowohl im Primärkassen- als auch im Ersatzkassenbereich mit dem allgemeinen Punktwert vergütet wurden (HVM idF vom 24. März 1994, Hamburg. Ärzteblatt 1994, S 261), der nach Kassenart und Kasse differierte und überwiegend deutlich unter 10,0 Pf lag.

Gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/1994 bis IV/1995 hat der Kläger - bezüglich des Quartals II/1994 nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Bescheid vom 20. April 1995) - das Sozialgericht (SG) angerufen. Er hat geltend gemacht, die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen mit dem allgemeinen Punktwert verstoße wegen der bestehenden Besonderheiten gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Es handele sich im wesentlichen um zeitabhängige Leistungen, deren Menge zB nicht durch schnelleres Arbeiten oder Vermehrung der wöchentlichen Behandlungsstunden ausgeweitet werden könnte. Deshalb reichten der allgemeine Punktwert und die sich daraus ergebenden Stundensätze für eine angemessene Vergütung nicht aus.

Das SG hat die Klage abgewiesen. In dem Urteil vom 8. Juli 1998 ist ausgeführt, daß die den Honorarbescheiden zugrundeliegenden Regelungen des HVM nicht zu beanstanden seien. Sie entsprächen dem Erfordernis, daß die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten seien. Was die Besonderheiten der psychotherapeutischen Leistungen, namentlich die Zeitgebundenheit der Leistungen, betreffe, so sei dies in erster Linie ein Problem des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä). Dem habe der Bewertungsausschuß durch die allmähliche Anhebung der Punktzahlen der Geb-Nrn 865, 875 und 877 (alt) bzw 871, 872 und 877 (neu) - zum Quartal IV/1994 auf 900 bzw 1.100 Punkte und zum Quartal I/1996 auf 1.450 Punkte - Rechnung getragen. Einen früheren Ausgleich durch einen Stützungspunktwert im HVM habe die Beklagte nicht vornehmen müssen. Denn sie habe den Gestaltungsspielraum, der ihr bei der Ausgestaltung ihres HVM eingeräumt sei, nicht überschritten. Sie habe berücksichtigen dürfen, daß dies zum weiteren Absinken der Punktwerte für die übrigen Leistungen und Arztgruppen geführt hätte, bei der Psychotherapie die Praxiskosten im Vergleich zu denen anderer Arztgruppen gering seien und sich als Folge eines Stützpunktwertes für Psychotherapeuten die Frage gestellt hätte, ob auch die psychotherapeutischen Leistungen anderer, nebenbei psychotherapeutisch tätiger, Vertragsärzte gestützt werden müßten. Anhaltspunkte dafür, daß die Versorgung mit psychotherapeutischen Leistungen gefährdet gewesen wäre oder die psychotherapeutisch tätigen Ärzte systematisch benachteiligt worden seien, seien nicht erkennbar. Die Beklagte habe vielmehr eine Erhöhung der Punktzahlen im EBM-Ä abwarten dürfen.

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung der § 72 Abs 2, § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie der Art 3 Abs 1, Art 12 Abs 1 und Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG). Die ihm in Anwendung des HVM zustehende Vergütung sei nicht mehr angemessen iS des § 72 Abs 2 SGB V. Selbst wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aus dieser Vorschrift kein subjektiv-öffentliches Recht des einzelnen Vertragsarztes auf eine angemessene Vergütung oder auf eine Vergütung in bestimmter Höhe abzuleiten sei, sei jedenfalls der objektiv-rechtliche Charakter des Angemessenheitsgebotes verletzt, weil eine psychoanalytische bzw psychotherapeutische Vollzeitpraxis unter diesen Honorarbedingungen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sei, wie er im Klageverfahren unter Vorlage verschiedener gutachtlicher Stellungnahmen und Übersichten über die bundesweit erzielten bzw erzielbaren Umsätze dargestellt habe. Die Anhebung der Punktbeträge im EBM-Ä zum Quartal I/1996 sei zu spät erfolgt. Dies hätte die Beklagte durch zB einen Stützpunktwert ausgleichen müssen, wie sie ihn schließlich - nachdem die Punktbetragserhöhung zum Quartal I/1996 aufgrund des zunehmenden Punktwertverfalls keine Wirkung mehr gezeigt habe - zum Quartal III/1996 eingeführt habe. Hier gehe es um strukturelle Besonderheiten einer ganzen Gruppe von Leistungserbringern. Diese bestünden in einem atypischen, eng begrenzten Leistungsspektrum durch die Beschränkung der Abrechnungsmöglichkeit auf im wesentlichen drei Ziffern des EBM-Ä sowie in dem damit verbundenen Wegfall einer Mischkalkulation zwischen besser und schlechter bewerteten Leistungen. Weiterhin sei atypisch die "Fremdbestimmung" des Leistungsumfangs und damit des Einkommens aus vertragsärztlicher Tätigkeit durch die Bindung an eine Zeitvorgabe von regelmäßig 50 Minuten, was faktisch - unter Berücksichtigung von Begrüßung und Verabschiedung des Patienten sowie der Dokumentation - zu einem echten "Stundenhonorar" führe. Ferner sei die Pflicht zur Einholung einer Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse vor Therapiebeginn zu berücksichtigen, wodurch eine individuelle Leistungsausweitung nach Entscheidung des einzelnen Arztes ausgeschlossen sei. Zudem seien alle Leistungen höchstpersönlich zu erbringen, weil im psychotherapeutischen Bereich auf Hilfskräfte nicht zurückgegriffen werden könne. Wegen der engen Bindung an den Patienten bestehe keine Vertretungsmöglichkeit, so daß die Praxen bei Krankheit und Urlaub geschlossen werden müßten. Schließlich sei zu beachten, daß aus psychischen und physischen Gründen ein Therapeut nicht mehr als 38 Behandlungsstunden pro Woche durchführen könne, was insgesamt - mit der Erstellung von Berichten und Gutachten, Dokumentationen, Supervisionen, telefonischen Beratungen usw - annähernd 50 Arbeitsstunden je Woche ergebe. Das Argument, die Psychotherapeuten hätten geringere Praxiskosten, greife nicht durch; dies sei bereits bei der Festlegung der Punktbeträge im EBM-Ä berücksichtigt worden. Überdies hätten sie erheblich höhere Kosten für notwendige Weiterbildungsmaßnahmen, die nämlich nicht in Kliniken, sondern in privaten, von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anerkannten Instituten zu absolvieren seien.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Juli 1998 abzuändern, die Honorarbescheide der Beklagten für das Quartal II/1994 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 1995 - und für die Quartale III/1994 bis IV/1995 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, über seine Honoraransprüche für die Quartale II/1994 bis IV/1995 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Einwände, die der Kläger gegen ihren HVM erhebe, griffen nicht durch. Sie habe mit der Änderung ihres HVM vom 24. März 1994 ihren Pflichten Rechnung getragen. Die Gleichstellung der psychotherapeutischen mit allen übrigen Leistungen sei nicht zu beanstanden. Besonderheiten von Art und Umfang der Leistungen würden durch die im EBM-Ä festgelegten unterschiedlichen Punktzahlen berücksichtigt. Eine Verpflichtung, dies durch Regelungen im HVM zu modifizieren, bestehe nicht. Sie - die Beklagte - habe die Höherbewertungen im EBM-Ä abwarten können.

II

Die Revision des Klägers hat iS der Zurückverweisung des Rechtsstreits Erfolg, soweit die angefochtenen Honorarbescheide die Honorarfestsetzungen im Primärkassenbereich in den Quartalen II/1994 bis IV/1995 und im Ersatzkassenbereich in den Quartalen I bis IV/1995 betreffen. Der Senat kann in diesem Umfang die Rechtmäßigkeit der Honorarbescheide auf der Grundlage der Feststellungen des SG nicht abschließend beurteilen. Die Revision ist hingegen zurückzuweisen, soweit das Honorar des Klägers im Ersatzkassenbereich in den Quartalen II bis IV/1994 betroffen ist.

Die Rechtmäßigkeit der den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Honorarbescheide für die Quartale II/1994 bis IV/1995 ist je nach Primär- und Ersatzkassenbereich getrennt zu prüfen. Denn die Bescheide enthalten jeweils eigenständige Regelungen iS des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), soweit sie das Honorar des Klägers für den Primär- und für den Ersatzkassenbereich festsetzen. Die Regelungen sind zwar äußerlich in einem Schriftstück zusammengefaßt. Sie weisen jedoch jeweils getrennt für beide Kassenbereiche die Fallzahlen, die abgerechneten Leistungen, die erzielten BMÄ- bzw E-GO-Punkte sowie die maßgeblichen Verteilungspunktwerte aus.

Für beide Kassenbereiche hingegen übereinstimmend liegen den angefochtenen Bescheiden die punktzahlmäßigen Bewertungen der psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä (= Abschnitt G IV BMÄ bzw E-GO) in den Fassungen zugrunde, die in den Quartalen II und III/1994 bzw IV/1994 bis IV/1995 galten. Betroffen sind nach dem Vorbringen des Klägers in erster Linie die Leistungen nach den Nrn 865 EBM-Ä (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bis zu 25 Sitzungen - Kurzzeittherapie, je Sitzung - Dauer mindestens 50 Minuten), 875 EBM-Ä (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Einzelbehandlung, je Sitzung - Dauer mindestens 50 Minuten) sowie 877 EBM-Ä (analytische Psychotherapie als Einzelbehandlung, je Sitzung - Dauer mindestens 50 Minuten). Diese Leistungen waren in den Quartalen II und III/1994 mit 900 Punkten (Nr 865 EBM-Ä) bzw 1.000 Punkten (Nrn 875, 877 EBM-Ä) und in den Quartalen IV/1994 bis IV/1995 mit 1.100 Punkten bewertet. Nach den Maßstäben, die von der Rechtsprechung für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der punktzahlmäßigen Bewertung einzelner ärztlicher Leistungen in den Bewertungsmaßstäben entwickelt worden sind, ist dies nicht zu beanstanden. Das hat der Senat im einzelnen im Urteil vom 20. Januar 1999 - B 6 KA 46/97 R - (BSGE 83, 205, 209-211 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 215-218) dargelegt. Hiergegen wendet sich die Revision nicht, so daß weitergehende Ausführungen nicht veranlaßt sind.

Soweit der Kläger die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Honorarbescheiden zugrundeliegenden Honorarverteilung geltend macht, ist zwischen den einzelnen Kassenbereichen zu differenzieren.

Die Beklagte hat die Honorarverteilung im Primärkassenbereich ab dem 1. April 1994 auf der Grundlage ihres HVM idF vom 24. März 1994 (Hamburg. Ärzteblatt 1994 S 261) vorgenommen. Danach gab es keinen gesonderten Honorartopf für die Leistungen des Abschnitts G IV BMÄ sowie die entsprechenden Leistungen der nichtärztlichen Therapeuten (Psychotherapieleistungen) mehr. Die psychotherapeutischen Leistungen wurden nunmehr mit dem Punktwert für die übrigen Leistungen (allgemeiner Punktwert) vergütet. Somit lagen die Punktwerte im Primärkassenbereich je nach Krankenkasse

im Quartal II/1994 zwischen 7,83 Pf und 9,16 Pf,

im Quartal III/1994 zwischen 7,49 Pf und 8,70 Pf,

im Quartal IV/1994 zwischen 6,87 Pf und 8,55 Pf,

im Quartal I/1995 zwischen 6,25 Pf und 7,74 Pf,

im Quartal II/1995 zwischen 7,12 Pf und 7,95 Pf,

im Quartal III/1995 zwischen 6,68 Pf und 7,71 Pf und

im Quartal IV/1995 zwischen 5,44 Pf und 7,59 Pf.

Ob der Kläger durch die Honorarverteilung im Primärkassenbereich in den Quartalen II/1994 bis IV/1995 in seinen Rechten verletzt ist, soweit die Vergütung der zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV BMÄ betroffen ist, vermag der Senat derzeit nicht abschließend zu beurteilen. Der Rechtsstreit ist insoweit zur weiteren Sachaufklärung an das SG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Rechtsgrundlage der Honorarverteilung durch die KÄV ist § 85 Abs 4 SGB V in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266). Danach sind bei der Vergütung Art und Umfang der Leistungen des Vertragsarztes zugrunde zu legen (Abs 4 Satz 3 aaO). Bei der Anwendung der Honorarverteilung gemäß § 85 Abs 4 SGB V ist das aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG herzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu beachten. Es kann verletzt sein, wenn vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen wird, obwohl zwischen den betroffenen Ärzten bzw Arztgruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, daß eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt ist. Das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG enthält jedoch nicht nur das Verbot sachwidriger Differenzierung, sondern ebenso das Gebot, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (stRspr, vgl zB BVerfGE 98, 365, 385). Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber allerdings nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf (BVerfGE aaO; vgl auch Senatsurteile vom 21. Oktober 1998, ua B 6 KA 71/97 R - BSGE 83, 52, 58 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 207).

Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Januar 1999 (BSGE 83, 205 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 29) Grundsätze zur Anwendung des § 85 Abs 4 SGB V bei der Überprüfung von HVMen entwickelt, die die Honorierung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä betreffen, soweit diese von überwiegend bzw ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten erbracht werden. Danach kann das dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit innewohnende Differenzierungsgebot verletzt sein, wenn die Honorierung aller ärztlichen Leistungen nach einem einheitlichen Punktwert infolge eines starken Anstiegs der Menge der abgerechneten Punkte zu einem massiven Absinken des Punktwertes und als dessen Konsequenz zu einer schwerwiegenden Benachteiligung einer Arztgruppe führt, die wegen der strikten Zeitgebundenheit der von ihr erbrachten Leistungen die Leistungsmenge - im Unterschied zu anderen Arztgruppen - nicht ausweiten kann. Der Senat hat weiter ausgeführt, daß eine Handlungs- und Korrekturpflicht der KÄV auf jeden Fall dann besteht, wenn der vertragsärztliche Umsatz voll ausgelasteter psychotherapeutisch tätiger Ärzte, soweit sie überwiegend oder ausschließlich zeitabhängige und seitens der Krankenkasse genehmigungsbedürftige Leistungen erbringen, erheblich sogar hinter dem durchschnittlichen Praxisüberschuß (Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit abzüglich Kosten) vergleichbarer Arztgruppen zurückbleibt (BSGE 83, 205, 213 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 220).

Hierüber hinaus ist die KÄV kraft ihres Sicherstellungsauftrags (auch) im Rahmen der Honorarverteilung gehalten, einer signifikanten Benachteiligung der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte entgegenzuwirken. Im vorliegenden Fall kann die KÄV dieser Verpflichtung im hier maßgeblichen Zeitraum nur dadurch Rechnung tragen, daß sie den Punktwert für psychotherapeutische Leistungen auf 10,0 Pf stützt. Diese Verpflichtung obliegt ihr unter den noch darzustellenden weiteren Voraussetzungen, solange und soweit der Anteil der Gesamtvergütungen, der für die Honorierung der Leistungen der betroffenen Psychotherapeuten zur Verfügung steht, durch den HVM der einzelnen KÄV bestimmt wird und das Ausgabevolumen nicht unmittelbar durch das Gesetz selbst festgelegt ist (vgl dazu BSGE 83, 205, 213, 214 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 220, 221).

Zur Konkretisierung der in der Entscheidung vom 20. Januar 1999 (BSGE 83, 205 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 29) dargestellten Grundsätze hat der Senat im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der punktzahlmäßigen Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen im EBM-Ä ausgeführt, daß bei Festlegung der Bewertungszahlen ein kalkulatorischer Punktwert von 10,0 Pf zugrunde gelegt worden ist. Dieser Punktwert hat bei Leistungsbewertungen von 900 bzw 1.000 Punkten für die im Rahmen der Psychotherapie maßgeblichen Nrn 865, 875, 877 EBM-Ä in den Jahren 1993/1994 im Primärkassenbereich zu Stundenhonoraren von ca 100,- DM geführt. Nach der EBM-Ä-Reform 1996 bewirkt er Stundenhonorare von 145,- DM. Dieser Betrag ist im Rahmen der Neugestaltung des EBM-Ä 1996 von den Verbänden der Psychotherapeuten nicht für unangemessen niedrig gehalten worden. Er hat im Sinne der Grundsätze des Senatsurteils vom 20. Januar 1999 zur Folge, daß für die Psychotherapeuten die Chance, aus einer mit vollem persönlichem Einsatz ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit Einkommen zu erzielen, nicht signifikant hinter derjenigen anderer Arztgruppen zurückbleibt. Derzeit ist ein Punktwert von 10,0 Pf für die zeitabhängigen Leistungen aber grundsätzlich auch erforderlich, um eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung derjenigen Ärzte, die überwiegend oder ausschließlich zeitabhängige psychotherapeutische Leistungen erbringen, im Verhältnis zu den Angehörigen anderer Arztgruppen im Rahmen der Honorarverteilung auszuschließen.

Zugrunde zu legen ist einer generellen Vergleichsbetrachtung der aus einer psychotherapeutischen vertragsärztlichen Tätigkeit zu erreichende Überschuß pro Jahr, wobei im Hinblick auf die Anpassung der Bewertung psychotherapeutischer Leistungen im EBM-Ä 1996 auf den Zeitraum ab 1996 abgestellt wird. Ein psychotherapeutisch tätiger Arzt bzw ein im Delegationsverfahren tätiger Psychologe kann bei optimaler Praxisauslastung und vollem persönlichem Arbeitseinsatz aus der Erbringung der zeitabhängigen Leistungen nach den Nrn 871, 872, 877 und 881 EBM-Ä 1996 bei einem Punktwert von 10,0 Pf einen Überschuß von ca 134.000,- DM pro Jahr aus seiner vertragsärztlichen Tätigkeit bzw der Tätigkeit im Delegationsverfahren erreichen. Dabei wird zugrunde gelegt, daß für eine psychotherapeutische Behandlung von mindestens 50-minütiger Dauer ein Honorar von durchschnittlich 145,- DM erzielt wird. Das ergibt einen Honorarumsatz pro Woche von 5.220,- DM, wenn unterstellt wird, daß die Belastungsgrenze für einen vollzeitig tätigen Psychotherapeuten bei 36 zeitabhängig zu erbringenden psychotherapeutischen Leistungen von mindestens 50-minütiger Dauer erreicht ist. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob diese Belastungsgrenze eher mit 35 Stunden, wie der Senat in seinem Urteil vom 20. Januar 1999 unterstellt hat (BSGE 83, 205, 213 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 220), oder etwas höher zu veranschlagen ist, wie das vom Kläger und von Seiten einzelner KÄVen mit Hinweis auf die zeitliche Belastung anderer Vertragsärzte für möglich gehalten wird. In jedem Fall muß berücksichtigt werden, daß mit 35, 36 bzw 38 Stunden reiner Behandlungszeit pro Woche nicht die Arbeitszeit des einzelnen Psychotherapeuten im Rahmen seiner vertragsärztlichen Praxis beschrieben wird, sondern daß diese im Hinblick auf die notwendigen begleitenden Tätigkeiten wie das Abfassen von Berichten, das Erstellen von Anträgen und die Durchführung probatorischer Sitzungen erheblich darüber liegt, wie das im übrigen bei anderen Arztgruppen auch der Fall sein dürfte.

Im Rahmen der hier anzustellenden fiktiven Berechnung des aus ausschließlich psychotherapeutischer Tätigkeit erzielbaren Praxisumsatzes ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtung davon auszugehen, daß der einzelne Arzt den soeben beschriebenen Wochenumsatz in 43 Wochen des Jahres erreichen kann. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß in einzelnen Wochen des Jahres wegen gesetzlicher Feiertage die als jedenfalls zumutbar angesehenen 36 therapeutischen Sitzungen nicht durchgeführt werden können und daß in angemessenem Umfang die Ausübung der Praxis infolge von Urlaub und Fortbildungsmaßnahmen ruhen wird. Im Hinblick auf die enge persönliche Bindung zwischen dem Arzt und seinen Patienten insbesondere im Rahmen von Langzeittherapien besteht in diesen Zeiträumen typischerweise die Möglichkeit der Fortführung der Praxis durch einen Vertreter nicht.

Unter Einsatz der vollen möglichen Arbeitszeit ist mithin ein Jahresumsatz von 224.460,- DM aus vertragsärztlicher Tätigkeit fiktiv erzielbar, zu dem in der Regel zusätzliche Einkünfte in nennenswertem Umfang nicht mehr hinzutreten können. Von dem so erreichbaren Umsatz ist der durchschnittliche Kostenaufwand psychotherapeutischer Praxen in Abzug zu bringen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Januar 1999 dargelegt, daß es sachgerecht ist, sich für die Ermittlung des Kostenaufwands an den in Teil B Anlage 3 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM-Ä festgesetzten bundesdurchschnittlichen Praxiskostensätzen des Jahres 1994, die der Berechnung der KÄV-bezogenen Fallpunktzahlen für das Praxisbudget dienen, zu orientieren, soweit - wie das für die psychotherapeutisch tätigen Ärzte der Fall ist - keine empirischen Daten über die durchschnittlichen Betriebskosten solcher Praxen vorliegen (BSGE 83, 205, 215 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 221/222). Der Praxiskostensatz für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte sowie Ärzte für psychotherapeutische Medizin beträgt 40,2 % des Umsatzes aus vertragsärztlicher Tätigkeit (Beschluss des Bewertungsausschusses vom 9. Dezember 1998, Deutsches Ärzteblatt 1999, C-49). Wird der auf diese Weise berechnete durchschnittliche Praxiskostenanteil von 90.233,- DM von dem soeben ermittelten Umsatz abgezogen, ergibt sich ein fiktiver Jahresertrag von 134.227,- DM. Dieser Erlös aus der vertragsärztlichen psychotherapeutischen Tätigkeit bzw der psychotherapeutischen Tätigkeit im Delegationsverfahren entspricht ungefähr dem durchschnittlichen Ertrag aus der vertragsärztlichen Tätigkeit pro Allgemeinarzt im Jahre 1996. Die Ärzte für Allgemeinmedizin bzw praktischen Ärzte erzielten in diesem Jahr einen Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit von durchschnittlich 320.700,- DM (Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, 1998, D 6). Der für dieses Jahr empirisch ermittelte Anteil der Praxiskosten an dem Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit belief sich auf 57,9 % (Grunddaten, aaO). Daraus errechnet sich ein Honorarüberschuß von durchschnittlich 135.014,- DM. Wenn zum Vergleich die Arztgruppe der Nervenärzte herangezogen wird, ergibt sich ein etwas abweichendes Ergebnis. Einem durchschnittlichen Honorarumsatz im Jahre 1996 von 333.800,- DM stehen durchschnittliche Praxiskosten von 55,3 % (Grunddaten, aaO) gegenüber, was zu einem durchschnittlichen Praxisüberschuß von 149.208,- DM führt. Diese Daten dienen der Verdeutlichung, welchen Umsatz in DM ein ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsarzt bei voller Auslastung erreichen muß, um einen Praxisüberschuß aus vertragsärztlicher Tätigkeit in der Größenordnung zu erlangen, die der Durchschnitt der Ärzte vergleichbarer Arztgruppen erzielt.

Den hier angestellten Vergleichsberechnungen liegen Annahmen zugrunde, die eher zu Lasten als zugunsten der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte gehen. Das gilt in erster Linie dafür, daß nicht der durchschnittliche vertragsärztliche Honorarumsatz aus psychotherapeutischer Tätigkeit - berechnet auf der Grundlage eines Punktwerts von 10,0 Pf - mit dem durchschnittlichen Honorarumsatz anderer Gruppen von Vertragsärzten verglichen worden ist. Gegenübergestellt wird vielmehr der Umsatz eines optimal ausgelasteten und mit vollem persönlichen Einsatz arbeitenden Psychotherapeuten mit dem durchschnittlichen Umsatz bestimmter anderer Arztgruppen. Diese Auswahl der Vergleichsparameter ist einerseits notwendig, um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß zahlreiche psychotherapeutische Praxen zumindest in der Vergangenheit nicht mit dem vollen zeitlichen Einsatz des Praxisinhabers geführt worden sind, enthält andererseits aber damit notwendigerweise auch benachteiligende Elemente für die Psychotherapeuten. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß bei allen Arztgruppen der Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit nicht mit dem gesamten Praxisumsatz identisch ist, weil zu diesem insbesondere auch die Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten zählen. Diese beliefen sich im Durchschnitt der Jahre 1994 bis 1996 bei den Ärzten für Allgemeinmedizin und praktischen Ärzten auf knapp 50.000,- DM im Jahr und bei den Nervenärzten auf 65.000,- DM im Jahr (vgl Grunddaten, aaO, D 6, Spalten 1 und 7). Zwar haben auch die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte sowie die im Delegationsverfahren tätigen nichtärztlichen Psychotherapeuten Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten. Die oben angestellte fiktive Umsatzberechnung für die Psychotherapeuten beruht aber auf der Annahme, daß in 43 Wochen im Jahr durchschnittlich 36 einstündige zeitgebundene psychotherapeutische Leistungen gegenüber Versicherten der Krankenkassen erbracht werden, so daß rein zeitlich die Behandlung von Privatpatienten nur möglich ist, wenn der einzelne Psychotherapeut den Umfang seiner Tätigkeit noch darüber hinaus ausweiten kann. Dies verdeutlicht, daß nur bei einer in mehrfacher Hinsicht optimierten Vergleichsberechnung ein Punktwert von 10,0 Pf für die zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen nach den Nrn 871 ff EBM-Ä 1996 dem psychotherapeutisch tätigen Vertragsarzt überhaupt die Chance eröffnet, einen Praxisüberschuß aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu erzielen, wie ihn die Praxen anderer vergleichbarer Arztgruppen durchschnittlich erreicht haben bzw erreichen.

Diese Aussage ist nicht dahingehend zu verstehen, daß unabhängig von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten auf Dauer ein Punktwert in Höhe von 10,0 Pf für die zeitabhängigen Leistungen zu garantieren wäre. Soweit die Entwicklung der Honorierung ärztlicher Leistungen in der Zukunft - sei es als Folge des Zugangs weiterer Leistungserbringer, sei es als Folge eines Anstiegs der Menge der erbrachten Leistungen, sei es schließlich als Folge einer strikten Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütungen für alle vertragsärztlichen Leistungen - zu einem generellen Rückgang der Überschüsse aus vertragsärztlicher Tätigkeit führen sollte, kann sich die Rechtslage anders darstellen. Das Gleichbehandlungsgebot gebietet nicht die Aufrechterhaltung eines Vergütungsniveaus für die psychotherapeutisch tätigen Ärzte, das möglicherweise höher liegt als das anderer Arztgruppen. Es stellt keine Handhabe dafür dar, überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte von dem Risiko eines sinkenden Ertrags aus vertragsärztlicher Tätigkeit völlig freizustellen, der sich als Folge eines Anstiegs der Menge der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen in Verbindung mit einem dahinter zurückbleibenden Anstieg der Gesamtvergütungen ergibt. Unter den gegebenen Bedingungen einer deutlichen Diskrepanz zwischen den durchschnittlichen Erlösen einerseits aus vertragsärztlicher Tätigkeit insgesamt und andererseits aus der vertragsärztlichen Tätigkeit der Psychotherapeuten besteht eine prinzipielle Verpflichtung der KÄV zur Stützung der Punktwerte für die zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen für die ausschließlich oder überwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzte auf 10,0 Pf unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gleichwertiger vertragsärztlicher Tätigkeiten. Ein bestimmtes in DM-Beträgen auszudrückendes Niveau der Honorierung bei - unterstellt - generell rückläufigen Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit für die Zukunft ist damit nicht garantiert. Das gilt auch für den Fall, daß die Umsätze einzelner Arztgruppen aus vertragsärztlicher Tätigkeit in einem KÄV-Bereich signifikant hinter den hier zugrunde gelegten bundesweiten Durchschnittswerten zurückbleiben. In einer derartigen Situation reicht möglicherweise auch ein geringerer Punktwert für die zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen aus, um eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Arztgruppe der Psychotherapeuten bei der Honorarverteilung auszuschließen. Dafür, daß solche besonderen Umstände im Bereich der Beklagten vorliegen, bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

In den Quartalen II/1994 bis IV/1995 sind die Leistungen des Klägers nach den Nrn 865, 875, 877 BMÄ in der 1994/1995 geltenden Fassung im Primärkassenbereich mit Punktwerten von deutlich unter 10,0 Pf honoriert worden, wobei die Werte in den verschiedenen Kassenbereichen (AOK, BKK, IKK, Seekasse) schwankten. Ob dadurch der aus dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit abzuleitende Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung mit anderen Arztgruppen verletzt worden ist, läßt sich auf der Grundlage der Feststellungen des SG nicht abschließend beurteilen.

Im Gegensatz zu anderen Arztgruppen führt bei den Psychotherapeuten, die überwiegend oder ausschließlich Leistungen nach dem Abschnitt G IV BMÄ/E-GO erbringen, jeder Rückgang der Punktwerte notwendig zu einem Umsatzrückgang in entsprechender Größenordnung. Deshalb erweist sich für die Psychotherapeuten nicht die Punktwertdifferenz im Verhältnis zu anderen Leistungen als das unter Gleichbehandlungsaspekten entscheidende Problem. Ausschlaggebend ist vielmehr die absolute Höhe des Punktwertes für die fraglichen Leistungen. Ob die überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte gegenüber anderen Arztgruppen benachteiligt sind, hängt somit gegenwärtig weniger davon ab, wie sich der Punktwert für die zeitabhängigen Leistungen nach Abschnitt G IV BMÄ/E-GO zum Punktwert für andere Leistungen verhält, als vielmehr davon, welchen Honorarumsatz die betroffenen Ärzte in Relation zu demjenigen der anderen Arztgruppen überhaupt erreichen können.

Die Gruppe der Psychotherapeuten kann im wesentlichen lediglich die in den Nrn 871 -884 BMÄ/E-GO 1996 beschriebenen Leistungen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, der analytischen Psychotherapie und der Verhaltenstherapie - jeweils als Kurzzeit- oder Langzeittherapie sowie als Einzel- oder Gruppenbehandlung - abrechnen. Alle damit erfaßten Leistungen sind an strikte Zeitvorgaben gebunden. Der im oben dargestellten Sinne optimal ausgelastete psychotherapeutisch tätige Arzt kann auf einen Punktwertrückgang weder durch eine Steigerung der generell oder pro Behandlungsfall zu erbringenden Leistungen noch durch eine vermehrte Abrechnung höher bewerteter Leistungen oder durch eine Änderung seines Behandlungsspektrums im Rahmen seines Fachgebietes reagieren. Die anderen Arztgruppen machen von diesen Möglichkeiten - die hier nicht rechtlich zu bewerten sind - in mehr oder weniger großem Umfang Gebrauch. Das ergibt sich schon aus der Tatsache, daß der durchschnittliche Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit pro Arzt im Zeitraum von 1994 - 1996 in Relation zum Zeitraum 1993 - 1995 in den meisten Arztgruppen trotz durchweg sinkender Punktwerte im wesentlichen konstant geblieben oder sogar noch geringfügig angestiegen ist, und zwar stärker als die Zahl der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte (vgl Grunddaten, aaO, D 6).

Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Januar 1999 die sich unter dem Gebot der Gleichbehandlung ergebende Verpflichtung der KÄV zur Stützung des Punktwertes für psychotherapeutische Leistungen allerdings in zweifacher Hinsicht eingeschränkt (vgl BSGE 83, 205, 216 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 223). Zum einen gilt sie nur für die strikt zeitabhängigen Leistungen der sog großen Psychotherapie nach Abschnitt G IV EBM-Ä. Diese dürfen zudem erst erbracht werden, wenn die Krankenkasse sie bezogen auf den einzelnen Patienten genehmigt hat (vgl Abschnitt F II.I der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie vom 23. Oktober 1998, Deutsches Ärzteblatt 1998, C 3390). Insoweit unterscheiden sich diese vertragsärztlichen bzw - ab dem 1. Januar 1999 - vertragspsychotherapeutischen Leistungen signifikant von allen anderen Leistungen. Die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit führt dazu, daß Vertragsärzte bzw Vertragspsychotherapeuten insoweit weder den Leistungsumfang noch die in einem bestimmten Zeitraum maximal abrechenbaren Punkte nachhaltig beeinflussen können. Wo beide Kriterien nicht kumulativ erfüllt sind, etwa bei den probatorischen Sitzungen nach Nr 860/861 EBM-Ä 1996, die der Patient ohne Genehmigung der Krankenkasse nachfragen und der Therapeut aus eigener Initiative erbringen kann, sind die Bedingungen der psychotherapeutischen Tätigkeit nicht so grundlegend von der ärztlichen Tätigkeit in anderen Disziplinen verschieden, daß die mit der Garantie eines Punktwertes von (derzeit) 10,0 Pf verbundene Gleichstellung erforderlich ist.

Zum anderen besteht die Stützungsnotwendigkeit nur gegenüber solchen Ärzten, die überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätig sind. Andere Ärzte, beispielsweise Ärzte für Psychiatrie oder Ärzte für Allgemeinmedizin, die die Qualifikation zur Erbringung und Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä besitzen, können den Umfang und die Ausrichtung ihrer Tätigkeit in anderer Weise steuern und neben den Leistungen nach den Nrn 871 ff EBM-Ä andere psychotherapeutische bzw psychosomatische Gesprächs- bzw Behandlungsleistungen erbringen, die entweder nicht zuvor patientenbezogen bewilligt worden sein müssen oder nicht an exakte Zeitvorgaben gebunden sind. Sie sind daher nicht im gleichen Maße schutzbedürftig.

Zu den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten im aufgezeigten Sinne hat der Senat solche Ärzte gezählt, die 90 vH ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä erzielen. Dabei hat er sich ua an der entsprechenden Festlegung im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 9. Dezember 1998 (Deutsches Ärzteblatt 1999, C-49) zu Teil B Anlage 3 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM-Ä in der ab 1. Juli 1999 geltenden Fassung orientiert (BSGE 83, 205, 215 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 222). An dieser Abgrenzung ist jedenfalls zur Zeit trotz der damit im Einzelfall möglicherweise verbundenen Härten festzuhalten. Die "überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte" (vgl § 101 Abs 4 Satz 1 SGB V in der Fassung des Psychotherapeuten-Gesetzes) bilden zusammen mit den Psychotherapeuten ab dem 1. Januar 1999 eine eigene Arztgruppe. Die vergleichbare Arztgruppe war in Ziff 24e der Bedarfsplanungs-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen so beschrieben, daß dazu Ärzte (gleich welcher Fachrichtung) zählen, die die Erklärung abgeben, ausschließlich psychotherapeutisch tätig zu werden, und die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Gegenwärtig besteht eine Verpflichtung zur Stützung nur gegenüber solchen Vertragsärzten, die 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä decken, weil nur insoweit eine gleichheitswidrige Benachteiligung manifest ist. Die KÄV ist jedoch berechtigt, einen festen Punktwert generell für die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach den Nrn 871 ff EBM-Ä vorzusehen, weil sich diese Leistungen deutlich von anderen ärztlichen Leistungen unterscheiden. Ob diese Berechtigung in Zukunft in eine entsprechende Verpflichtung umschlägt, hängt ua davon ab, wie sich die Leistungserbringung im Rahmen der großen Psychotherapie entwickelt. Wenn sich erweisen sollte, daß die entsprechenden psychotherapeutischen Leistungen in großem Umfang oder sogar überwiegend von solchen Ärzten erbracht werden, die zwar nicht 90 % ihres Umsatzes mit Leistungen aus Abschnitt G IV EBM-Ä erzielen, die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen aber auch nicht nur nebenbei und in quantitativer Hinsicht in ganz untergeordnetem Umfang erbringen, kann es geboten sein, einen festen Punktwert für die psychotherapeutischen Leistungen auch zugunsten dieser Ärzte zu garantieren. Für das Bestehen einer entsprechenden Situation liegen indessen derzeit keine Anhaltspunkte vor. Ob der Kläger die vom Senat für maßgeblich gehaltene Grenze von 90 % seines Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä in den streitbefangenen Quartalen erreicht bzw überschritten hat, hat das SG - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht festgestellt. Das wird nachzuholen sein.

Soweit im Senatsurteil vom 20. Januar 1999 ergänzende Feststellungen zur Auslastung der von den dortigen Klägern betriebenen Praxis mit psychotherapeutischen Leistungen gefordert worden sind, bedarf dies der Modifizierung. In dem damals entschiedenen Fall stand nicht fest, in welchem Umfang beide in einer Gemeinschaftspraxis tätigen Kläger sich auf die Erbringung psychotherapeutischer Leistungen konzentriert hatten, und ob die geltend gemachten Praxiskosten sich auf eine rein psychotherapeutische Praxis bezogen oder evtl durch eine (auch) neurologisch-psychiatrische Tätigkeit zumindest eines Mitglieds der Gemeinschaftspraxis verursacht waren (BSGE 83, 205, 217 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 223). Aus den Ausführungen des Senats zum Umfang der Feststellungsverpflichtung der Vorinstanz kann indessen nicht abgeleitet werden, nur ein überwiegend bzw ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt, dessen Praxis maximal ausgelastet ist und in vollem Umfang betriebswirtschaftlich optimal geführt wird, habe Anspruch auf eine Punktwertstützung für seine zeitabhängigen Leistungen. Diese Gesichtspunkte spielen zwar eine entscheidende Rolle bei der Ermittlung des erzielbaren Umsatzes sowie des sich daraus ergebenden Ertrages aus vertragsärztlicher Tätigkeit. Sie sind damit im Rahmen der Prüfung einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Psychotherapeuten durch die Honorarverteilung generell von Bedeutung. Ergeben diese Berechnungen, daß insoweit derzeit ein Punktwert von 10,0 Pf erforderlich ist, ist der Anspruch des einzelnen Arztes auf Honorierung seiner Leistungen mit diesem Punktwert jedoch nicht davon abhängig, daß er konkret 36 50-minütige Einzelleistungen pro Woche erbringt und "nur" 40,2 % Praxiskosten hat. Der aus dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit abzuleitende Anspruch auf diesen Punktwert steht auch dem Arzt zu, der seine psychotherapeutische Praxis stärker beschränkt oder mangels einer ausreichenden Zahl von Patienten beschränken muß, und der - evtl aus diesem Grund - nicht das betriebswirtschaftlich optimale Verhältnis von Umsatz und Kosten erreichen kann oder zB aus eigener Entscheidung mehr Hilfskräfte beschäftigt, als für eine rein psychotherapeutische Praxis unerläßlich sind. Die praxisindividuellen Verhältnisse sind weder Maßstab für die Ermittlung einer Stützungsverpflichtung der KÄV noch schließen sie einen Stützungsanspruch aus, wenn ein solcher nach den oben dargelegten generellen Maßstäben begründet ist. Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 20. Januar 1999 (BSGE 83, 205, 217/218 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 223/224) etwas anderes ergibt, hält der Senat daran nicht fest.

Soweit die Revision die Honorarfestsetzungen im Ersatzkassenbereich betrifft, ist zu differenzieren. Sie hat - ebenso wie gegen die Festsetzungen im Primärkassenbereich - Erfolg hinsichtlich der Festsetzungen für die Quartale I bis IV/1995. Hier lagen die Punktwerte jeweils unter 10,0 Pf (im Quartal I/1995 8,31 Pf (VdAK) bzw 8,26 Pf (AEV); II/1995 8,28 Pf (VdAK) bzw 8,34 Pf (AEV); im Quartal III/1995 8,44 Pf (VdAK) bzw 7,54 Pf (AEV); im Quartal IV/1995 8,39 Pf (VdAK) bzw 7,52 Pf (AEV)). Insoweit ist der Rechtsstreit - entsprechend obigen Ausführungen - zur weiteren Sachaufklärung an das SG zurückzuverweisen. Die Revision hat indessen keinen Erfolg hinsichtlich der Honorarfestsetzungen im Ersatzkassenbereich für die Quartale II bis IV/1994, denn die Punktwerte betrugen hier sowohl bei den Angestellten-Ersatzkassen (VdAK) als auch bei den Arbeiter-Ersatzkassen (AEV) jeweils mehr als 10,0 Pf (im Quartal II/1994 10,48 Pf (VdAK) bzw 11,93 Pf (AEV); im Quartal III/1994 10,62 Pf (VdAK) bzw 10,75 Pf (AEV); im Quartal IV/1994 10,12 Pf (VdAK) bzw 10,02 Pf (AEV)). Insoweit ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG. Soweit die Revision des Klägers zurückgewiesen worden ist, hat der Senat abschließend auch über die Kosten entschieden und ihm die Erstattung von einem Drittel der außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren auferlegt. Im übrigen - auch hinsichtlich der Ersatzkassen-Quartale des Jahres 1995 - wird das SG bei seiner erneuten Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits mit zu entscheiden haben.
Rechtskraft
Aus
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