S 11 KR 133/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 133/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Sterbegeld beim Tod eines Versicherten nach dem 31.12.2003.

Die Klägerin hat die Beerdigungskosten für den am 06.02.2004 verstorbenen, bei der Beklagten krankenversicherten B in Höhe von 2.138,80 Euro gemäß § 15 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) getragen. Mit Schreiben vom 14.06.2004 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag gemäß § 91 a BSHG auf die Gewährung des Sterbegeldes. Gleichzeitig wurde ein Erstattungsanspruch im Sinne des § 102 ff. SGB X auf die Leistung angemeldet.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 17.06.2004 den Erstattungsanspruch mit der Begründung ab, seit dem 01.01.2004 bestehe kein Anspruch auf Sterbegeld mehr.

Die Klägerin hat Zahlungsklage am 07.07.2004 erhoben. Sie führt zur Begründung aus, die Leistung "Sterbegeld" sei entgegen der Ansicht der Beklagten für das Jahr 2004 noch geltendes Recht. Zum 01.01.2004 sei durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) zwar umfassend das SGB V geändert worden, unter anderem auch die §§ 58, 59 SGB V. Die Neufassungen der §§ 58, 59 SGB V seien aber, mit Ausnahme des Absatzes 3 des neuen § 58 erst zum 01.01.2005 in Kraft getreten. Eine ausdrückliche (zusätzliche) Aufhebung der "Altfassungen" mit Wirkung zum 01.01.2004 habe der Gesetzgeber nicht vorgenommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie für den am 06.02.2004 verstorbenen Versicherten B das Sterbegeld in Höhe von 525,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten ist der Anspruch auf Sterbegeld durch das GKV-Modernisierungsgesetz mit Wirkung ab dem 01.01.2004 entfallen. Durch Art. 37 Abs.1 GMG sei dieses Gesetz zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Art. 37 Abs.8 GMG nehme davon bei Art.1 in Nr.36 einzeln genannte Paragraphen aus und lasse nur diese zum 01.01.2005 in Kraft treten. Art.1 Nr.36 sei ansonsten zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Durch die Neufassung des gesamten 7.Abschnittes des 3. Kapitels des SGB V zum 01.01.2004, der bisher die Sterbegeldregelungen enthalten habe, sei auch die bisherige Fassung der §§ 58,59 SGB V (Sterbegeld) indirekt aufgehoben worden. Einer ausdrücklichen Aufhebung der §§ 58, 59 SGB V habe es daher nicht bedurft. Im übrigen zeige sich der Wegfall des Sterbegeldes zum 01.01.2004 auch aus der zeitgleichen Streichung der §§ 11 Abs.1 Satz 2 SGB V und 21 Abs.1 Nr.5 SGB I sowie der amtlichen Gesetzesbegründung und dem vom Gesetzgeber geschätzten Einsparvolumen in der gesetzlichen Krankenversicherung für das Jahr 2004.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Sozialhilfeakte der Klägerin verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Die Klage ist als Leistungsklage (§ 54 Abs.5 SGG) zulässig, da es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch einen Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt ( BSGE 86, 166, 167f = SozR 3-2500 § 112 Nr.1). Deshalb war auch ein Vorverfahren nicht erforderlich und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (u.a. BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr.3; BSG Urteil vom 28.05.2003, Az.: B 3 KR 10/02 R = SozR 4-2500 § 109 Nr.1).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Beim Tod eines Versicherten nach dem 31.12.2003 besteht kein Anspruch auf Sterbegeld.

Seit dem Inkrafttreten zum 01.01.1989 enthielt das SGB V im Siebten Abschnitt des Dritten Kapitels unter der Überschrift "Sterbegeld" zwei Vorschriften über die Voraussetzungen und die Höhe des Anspruches auf Sterbegeld. Beim Tod eines Versicherten erhielt nach diesen Vorschriften derjenige, der die Beerdigungskosten trägt einen Zuschuss zu den Beerdigungskosten (Sterbegeld), wenn der Verstorbene am 01.01.1989 versichert war ( § 58 SGB V a.F.). Das Sterbegeld betrug beim Tod eines Mitglieds zuletzt 525,- EUR ( § 59 SGB V a.F.).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es das Ziel des Gesetzgebers war, durch das GKV – Modernisierungsgesetz auch die Gewährung des Sterbegeldes abzuschaffen, um zur Sicherung der Finanzierbarkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung eine Einsparung von prognostizierten 400 Millionen Euro jährlich zu erreichen (Bundestags – Drucks. 15/1525, S. 171). Zwischen den Beteiligten streitig ist lediglich, ob der Gesetzgeber aufgrund eines "Versehens" die den Anspruch auf Sterbegeld begründenden Regelungen nicht schon zum 01.01.2004, sondern erst zum 01.01.2005 außer Kraft gesetzt hat.

Der in diesem Zusammenhang vertretenen Ansicht, das Inkrafttreten der §§ 58 Abs.1, 2 und 4, 59 SGB V der neuen Fassung erst zum 01.01.2005 in Verbindung mit dem Fehlen einer konkreten und separaten Aufhebung der alten Regelungen bedeute, dass die §§ 58, 59 SGB V in der bisherigen Fassung bis zum 31.12.2004 fortgalten, konnte die Kammer nicht folgen.

Der Gesetzgeber hat mit dem GKV – Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S.2190 ff.) den Siebten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB V neu gefasst, diesen Abschnitt mit der Überschrift "Zahnersatz” bezeichnet und diesem Abschnitt die §§ 55 – 59 zugeordnet. Diese Neufassung des Siebten Abschnittes trat zum 01.01.2004 in Kraft (Art. 37 Abs.1 GMG). Nur die neuen Regelungen der 55, 58 Abs.1, 2 und 4 der neue § 59 traten über Art.37 Abs.8 GMG erst zum 01.01.2005 in Kraft. Durch die Neufassung des kompletten Siebten Abschnitt durch das GMG wurde die alte Fassung des Siebten Abschnittes komplett gelöscht und teilweise mit Wirkung bereits ab dem 01.01.2004, zum 01.01.2005 dann vollständig neu "gefüllt" (so auch SG Chemnitz, Gerichtsbescheid vom 24.11.2004, Az: S 13 KR 684/04). Durch die Neufassung, d.h. vollständige Ersetzung eines Abschnitts werden die darin zuvor enthaltenen Regelungen automatisch aufgehoben, ohne dass es einer zusätzlichen ausdrücklichen Aufhebung dieser Regelungen bedarf ( so auch SG Nürnberg, Gerichtsbescheid vom 19.11.2004, Az: S 11 KR 506/04). Verdeutlicht wird die Aufhebung der Regelungen über das Sterbegeld auch noch durch die zusätzliche Aufhebung der Regelungen der § 11 Abs.1 Satz 2 SGB V und 21 Abs.1 Nr. 5 SGB I. Diese bestimmten bisher, dass der Anspruch auf Sterbegeld zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörte. Diese Regelungen wurden durch Art. 37 Abs.1 GMG ausdrücklich zum 01.01.2004 aufgehoben. Der Gesetzgeber hat durch die Neufassung des Siebten Abschnittes und die ergänzende Aufhebung der genannten Regelungen eindeutig und ausreichend bestimmt die Regelungen über die Gewährung von Sterbegeld mit Wirkung zum 01.01.2004 aufgehoben. Eine Diskrepanz zwischen dem inneren und dem tatsächlich geäußerten gesetzgeberischen Willen besteht nicht, eine ergänzende Auslegung der streitigen Regelungen ist bereits deshalb nicht notwendig.

Die von der Klägerseite vertretenen Auffassung, die §§ 58, 59 SGB V galten in der alten Fassung bis zum 31.12.2004 fort führt zudem zu unsinnigen Ergebnissen, die erst Recht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht vereinbar wären. In dem seit dem 01.01.2004 mit "Zahnersatz" überschriebenen Siebten Abschnitt des Dritten Kapitals des SGB V befänden sich nach dieser Auffassung die Regelungen der §§ 56, 57, 58 Abs.3 SGB V über den Zahnersatz, gleichzeitig in § 58 ohne Angabe eines Absatzes und in § 59 Vorschriften über die Gewährung von Sterbegeld. § 58 SGB V war zudem bereits seit dem 01.01.2004 überschrieben mit " Beitrag für Zahnersatz". Der bereits zum 01.01.2004 in Kraft getretene § 58 Abs.3 enthält eine Regelung über die Höhe des gesonderten Beitrages für Zahnersatz. Der § 58 hätte damit einen einer gesetzlichen Systematik gänzlich widersprechenden Wortlaut.

Der Wille des Gesetzgebers, die Leistung "Sterbegeld" mit Wirkung zum 01.01.2004 aufzuheben, ist durch das GMG umgesetzt worden. Die Regelungen darüber sind ausreichend bestimmt, einer ergänzenden Auslegung bedarf es nicht.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Streichung des Anspruchs auf Sterbegeld bestehen aus Sicht der Kammer nicht und wurden auch von den Beteiligten nicht geltend gemacht.

Die Kostenregelung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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