Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 VG 4/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen. Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1999 und des Sozialgerichts Köln vom 11. Dezember 1996 geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Kosten sind in sämtlichen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Klägerin verlangt, daß der Beklagte ihr aus abgetretenem Recht Heilbehandlungskosten erstattet.
Der bei der Klägerin privat krankenversicherte W. wurde am 29. Juni 1992 von Gewalttätern niedergeschlagen. Seine Verletzungen mußten in der Zeit vom 29. Juni bis zum 23. Juli 1992 stationär behandelt werden. Mit dem Krankenhausträger schloß W. am 30. Juni 1992 eine Wahlleistungsvereinbarung über "ärztliche Leistungen" und die "Unterbringung in einem 1-Bett-Zimmer mit Bad und/oder Toilette". Die Behandlungskosten von zusammen 23.078,28 DM wurden W. von der Klägerin erstattet.
Am 28. Mai 1993 beantragte W. bei dem Beklagten Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Dem Antrag fügte er eine schriftliche Erklärung über die Abtretung seines Anspruchs auf Erstattung von Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten an die Klägerin bei. Der Beklagte erkannte "eine reizlose Narbe im Bereich des linken Oberbauches nach operativer Entfernung der Milz" als Schädigungsfolge ohne rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit sowie einen Anspruch auf Heilbehandlung nach § 10 Abs 1 BVG iVm § 1 OEG an und übernahm anschließend mit Bescheid vom 16. Dezember 1994 die Heilbehandlungskosten in Höhe des allgemeinen Pflegesatzes (10.000,00 DM) sowie weitere 163,63 DM für eine pathologische Untersuchung außerhalb des Krankenhauses. Den Widerspruch der Klägerin wies er zurück (Bescheid vom 12. Februar 1996).
Das Sozialgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin weitere 12.914,65 DM zu zahlen (Urteil vom 11. Dezember 1996). Die Berufung des Beklagten ist im wesentlichen erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Urteilssumme lediglich um 1.200,00 DM auf 11.691,65 DM (richtig: 11.714,65 DM) herabgesetzt. Mit Ausnahme dieser medizinisch nicht notwendigen Mehrkosten für ein Einzelzimmer gegenüber der Wahlleistung "2-Bett-Zimmer" seien die gesamten für die Krankenhausbehandlung entstandenen Kosten als angemessen iS des § 18 Abs 3 BVG zu erstatten (Urteil vom 4. November 1999.
Der Beklagte macht mit der Revision geltend, das LSG habe § 18 Abs 3 BVG verletzt. Notwendige Behandlung iS dieser Vorschrift sei das "Maß des Notwendigen" nach § 12 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Wahlleistungen seien nicht notwendig gewesen. Die Klägerin hat - innerhalb der Frist des § 556 Zivilprozeßordnung - Anschlußrevision eingelegt.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1999 und des Sozialgerichts Köln vom 11. Dezember 1996 zu ändern, die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen, das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1999 zu ändern und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11. Dezember 1996 zurückzuweisen.
Sie vermißt im Berufungsurteil eine Begründung für die Kürzung des Erstattungsbetrages um 1.200,00 DM Mehrkosten für ein Einzelzimmer und meint, der Beklagte habe mit seinem zunächst bei Einlegung der Revision (Schriftsatz vom 30. Dezember 1999) formulierten Antrag, "unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufung abzuweisen" den geltend gemachten Erstattungsanspruch in voller Höhe anerkannt.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
II
Die Anschlußrevision der Klägerin ist unbegründet. Aus dem durch offensichtliche Verwechslung der Worte "Berufung" und "Klage" zunächst mißverständlich formulierten Revisionsantrag des Beklagten kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Entscheidend ist, daß sich Umfang und Ziel der Revision des Beklagten hier bereits aus seiner Revisionsbegründung eindeutig im Sinne des dann auch in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags entnehmen lassen (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 164 RdNr 10b).
Dagegen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Der Klägerin sind von dem Beklagten - über die bereits erbrachten 10.163,63 DM hinaus - keine weiteren Aufwendungen zu erstatten. Die Entscheidungen der Instanzgerichte konnten deshalb keinen Bestand haben.
Nach § 1 Abs 1 OEG iVm § 18 Abs 3 Satz 1 BVG sind dem Berechtigten, der eine Heilbehandlung vor der Anerkennung des Versorgungsanspruchs selbst durchgeführt hat, die Kosten für die notwendige Behandlung in angemessenem Umfang zu erstatten. Dies gilt nach § 18 Abs 3 Satz 2 BVG auch dann, wenn ein Beschädigter die Heilbehandlung vor der Anmeldung des Versorgungsanspruchs in dem Zeitraum durchgeführt hat, für den ihm Beschädigtenversorgung gewährt werden kann. Ein solcher Fall liegt hier vor. W. ist am 29. Juni 1992 Opfer einer Gewalttat geworden. Wegen der dadurch erlittenen Verletzungen ist er vom 29. Juni bis zum 23. Juli 1992 im Krankenhaus stationär behandelt worden. Am 28. Mai 1993 und damit vor Ablauf des (Jahres-)Zeitraums nach Eintritt der Schädigung, für den ihm nach § 60 Abs 1 Satz 2 BVG auch vor einer Antragstellung Versorgung zu leisten ist, hat W. den Antrag auf Versorgung gestellt.
Die Erstattung weiterer, über 10.163,63 DM hinausgehender Kosten für (privat-)ärztliche Behandlung im Krankenhaus scheitert nicht bereits deshalb, weil diese Leistung iS des § 18 Abs 3 Satz 1 BVG nicht notwendig gewesen wäre. Dieses Merkmal stellt auf den sachlichen Umfang der Behandlung ab, gleichgültig von welchem Arzt und zu welchem Preis sie erbracht wird. Unterschiedliche Preise für - hier in sachlich notwendigem Umfang erbrachte - ärztliche Leistungen, etwa nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gesondert berechnete Leistungen einerseits und pauschale Abgeltung solcher Leistungen mit dem allgemeinen Pflegesatz andererseits betreffen lediglich die Höhe der Kosten und werfen ausschließlich die weitere Frage auf, in welchem Umfang ihre Erstattung nach § 18 Abs 3 Satz 1 BVG angemessen ist.
Mehrkosten in Höhe von 1.200,00 DM für die Unterbringung in einem 1-Bett-Zimmer kann die Klägerin schon deshalb nicht erstattet verlangen, weil diese Wahlleistung medizinisch nicht notwendig gewesen ist. Dies hat das LSG zu Recht aufgrund seiner Feststellung entschieden, daß weder ein medizinischer noch ein sonstiger Grund für die Inanspruchnahme eines 1-Bett-Zimmers bestanden habe. Diese tatsächliche Feststellung hat die Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen. Sie ist deshalb für den Senat bindend (§ 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Ob darüber hinaus die Erstattung weiterer Kosten von 2.625,00 DM für die Wahlleistung 2-Bett-Zimmer ausgeschlossen ist, weil auch diese Unterbringung nicht notwendig gewesen ist, konnte der Senat nicht entscheiden. Insoweit fehlt es an Feststellungen des LSG. Der Rechtsstreit brauchte deshalb aber nicht an das Berufungsgericht zurückverwiesen zu werden. Denn die Klägerin kann die Kosten dieser Wahlleistung selbst dann nicht erstattet verlangen, wenn die Unterbringung des W. wenigstens in einem 2-Bett-Zimmer medizinisch notwendig gewesen sein sollte.
Die Kosten der - möglicherweise einschließlich einer Unterbringung im 2-Bett-Zimmer - notwendigen Behandlung sind jedenfalls nur in Höhe der bereits gezahlten 10.163,63 DM angemessen, und auf diesen Betrag ist der Erstattungsanspruch nach § 18 Abs 3 Satz 1 BVG begrenzt. Der dort verwendete unbestimmte Rechtsbegriff "in angemessenem Umfang" (vgl BSG SozR 3100 § 18 Nr 2) wird in erster Linie durch die versorgungsrechtliche Grundentscheidung konkretisiert, Gewaltopfern ebensowenig wie Kriegsbeschädigten vollen Schadensersatz wegen medizinischer Behandlung von Schädigungsfolgen zu leisten. Statt dessen gewährt das Versorgungsrecht Heilbehandlung als Naturalleistung auf dem standardisierten, kostengünstigen Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 11 Abs 1 Satz 2 BVG), und zwar ohne die dort angeordnete Kostenbeteiligung (§ 18 Abs 1 Satz 2 BVG). Das hat zweierlei zur Folge: Alle Gewaltopfer werden bei medizinischer Versorgung gleich behandelt und die Ausgaben des Versorgungsträgers werden auf dieses für alle gleiche Niveau begrenzt. Anders als im Zivilrecht, wo es dem Geschädigten nicht zugemutet wird, nur zur Schonung des Schädigers auf sonst übliche wahlärztliche Leistungen zu verzichten (BGH VersR 1970, 129, 130), kann das Gewaltopfer nach dem OEG nicht verlangen, daß ihm die nach seinen persönlichen Verhältnissen üblichen Kosten einer gehobenen medizinischen Behandlung aus staatlichen Mitteln erstattet werden. Das wohlhabende und an Komfortleistungen gewöhnte erhält ebenso wie das gänzlich unvermögende Gewaltopfer lediglich eine kostengünstige Sachleistung auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das Versorgungsrecht setzt seine Grundentscheidung zur Kostenbegrenzung durch einheitliche, für alle Berechtigten gleiche Sachleistungen allerdings nicht ausnahmslos und vollständig durch. So gesteht es den Beschädigten nach Anerkennung ihres Versorgungsanspruchs zu, eine Krankenhausbehandlung außerhalb des Sachleistungssystems nach eigenen Vorstellungen zu gestalten: Den für die notwendige Krankenhausbehandlung erforderlichen Betrag kann als Zuschuß erhalten, wer wahlärztliche Leistungen in Anspruch nimmt (§ 18 Abs 7 BVG; vgl zur Entbehrlichkeit dieser Vorschrift nach der - hier noch nicht geltenden - Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl I 2750) das RdSchr des BMA vom 20. Juni 1997 (BArbBl 1997, Nr 9, 98)). Schon seit langer Zeit besteht außerdem ein Kostenerstattungsanspruch für selbstbeschaffte Heilbehandlung bei Notfällen und in der Zeit zwischen Antragstellung und Anerkennung (vgl RVA, GE 3118, AN 1928, IV, 58 und §§ 4 Abs 3, 8 Abs 3 Reichsversorgungsgesetz idF der Zweiten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931 (RGBl I S 279)). Das BVG hat diese Bestimmungen übernommen, verfeinert und weiterentwickelt. Schlußpunkt dieser Entwicklung ist die hier einschlägige, durch das SGB X eingeführte Kostenerstattung selbst bei Heilbehandlungen, die der Beschädigte bereits vor Anmeldung des Versorgungsanspruchs während des Zeitraums durchgeführt hat, für den ihm - nachträglich - Versorgung gewährt werden kann (§ 18 Abs 3 Satz 2 iVm § 60 Abs 1 Satz 2 BVG).
Es entspricht der versorgungsrechtlichen Systementscheidung, die ausnahmsweise vorgesehene Kostenerstattung auf den Betrag zu beschränken, der für die Sachleistung erforderlich gewesen wäre. Eine solche Regelung konnte der Gesetzgeber in § 18 Abs 7 BVG ausdrücklich treffen, weil der Beschädigte nach Anerkennung seines Versorgungsanspruchs die Wahl zwischen Krankenhausbehandlung als Sachleistung und einer um - privat zu finanzierende - Komfortleistungen aufgestockten Krankenbehandlung hat. § 18 Abs 3 Satz 1 BVG mußte demgegenüber - ebenso wie § 18 Abs 4 BVG - das Ziel der Kostenbegrenzung mit "angemessenem Umfang" flexibler formulieren. Denn der Beschädigte, der noch keinen Zugang zur Sachleistung hat, oder der sie im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände nicht in Anspruch nehmen kann, wird sich die Heilbehandlung selbst kaum je zu den - niedrigen - Kosten beschaffen können, die dem Versorgungsträger für die Sachleistung entstanden wären. Kostenerstattung nur in Höhe eines fiktiven Betrages, mit dem der Beschädigte die selbstbeschaffte Heilbehandlung nicht finanzieren kann, wäre unangemessen. Der Erstattungsanspruch reicht deshalb bis zur Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten. Diese Überlegung gilt allerdings nicht für die Krankenhausbehandlung. Denn auch ohne Zugang zum kostengünstigen Sachleistungssystem kann sich ein Beschädigter - wie jedermann - Krankenhausbehandlung zum Preis der Sachleistung selbst beschaffen. Im Krankenhausbehandlungsvertrag kann die Höhe der Vergütung zwischen Patient und Krankenhausträger grundsätzlich nicht frei vereinbart werden. Sie wird aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV mit rechtsgestaltender Wirkung ohne Differenzierung nach Personen oder Versicherungen für alle Benutzer nach einheitlichen Grundsätzen (§ 17 Abs 1 Satz 1 KHG) festgelegt (Bach/Moser, Private Krankenversicherung, MB/KK und MB/KT Kommentar, 2. Aufl 1993, nach § 1 MB/KK RdNr 26; Richardi in Staudinger, BGB, 13. Aufl 1999, vor § 611 RdNrn 1253 f, 1259; BGH NJW 1988, 2951, 2952). Dem Beschädigten sind deshalb als angemessen die Kosten nur in Höhe des allgemeinen Pflegesatzes zu erstatten.
Der Senat läßt offen, ob es - in anderen Fällen als dem der Krankenhausbehandlung - auf die Höhe des Erstattungsanspruchs Einfluß haben kann, daß das Gewaltopfer den Antrag auf Versorgung nicht so früh wie möglich stellt und damit dem Versorgungsträger die Möglichkeit nimmt, frühzeitig, unter Umständen nach § 10 Abs 8 BVG auch schon vor Anerkennung eines Versorgungsanspruchs, den Zugang zum Sachleistungssystem zu eröffnen.
Der Senat läßt außerdem offen, in welchem Umfang die Erstattung von Kosten angemessen ist, wenn der Versorgungsträger einen Antragsteller im Ungewissen darüber läßt, ob er Anspruch auf Versorgung hat oder einen sofort nach der Gewalttat gestellten Antrag zunächst rechtswidrig ablehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Die Klägerin verlangt, daß der Beklagte ihr aus abgetretenem Recht Heilbehandlungskosten erstattet.
Der bei der Klägerin privat krankenversicherte W. wurde am 29. Juni 1992 von Gewalttätern niedergeschlagen. Seine Verletzungen mußten in der Zeit vom 29. Juni bis zum 23. Juli 1992 stationär behandelt werden. Mit dem Krankenhausträger schloß W. am 30. Juni 1992 eine Wahlleistungsvereinbarung über "ärztliche Leistungen" und die "Unterbringung in einem 1-Bett-Zimmer mit Bad und/oder Toilette". Die Behandlungskosten von zusammen 23.078,28 DM wurden W. von der Klägerin erstattet.
Am 28. Mai 1993 beantragte W. bei dem Beklagten Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Dem Antrag fügte er eine schriftliche Erklärung über die Abtretung seines Anspruchs auf Erstattung von Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten an die Klägerin bei. Der Beklagte erkannte "eine reizlose Narbe im Bereich des linken Oberbauches nach operativer Entfernung der Milz" als Schädigungsfolge ohne rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit sowie einen Anspruch auf Heilbehandlung nach § 10 Abs 1 BVG iVm § 1 OEG an und übernahm anschließend mit Bescheid vom 16. Dezember 1994 die Heilbehandlungskosten in Höhe des allgemeinen Pflegesatzes (10.000,00 DM) sowie weitere 163,63 DM für eine pathologische Untersuchung außerhalb des Krankenhauses. Den Widerspruch der Klägerin wies er zurück (Bescheid vom 12. Februar 1996).
Das Sozialgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin weitere 12.914,65 DM zu zahlen (Urteil vom 11. Dezember 1996). Die Berufung des Beklagten ist im wesentlichen erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Urteilssumme lediglich um 1.200,00 DM auf 11.691,65 DM (richtig: 11.714,65 DM) herabgesetzt. Mit Ausnahme dieser medizinisch nicht notwendigen Mehrkosten für ein Einzelzimmer gegenüber der Wahlleistung "2-Bett-Zimmer" seien die gesamten für die Krankenhausbehandlung entstandenen Kosten als angemessen iS des § 18 Abs 3 BVG zu erstatten (Urteil vom 4. November 1999.
Der Beklagte macht mit der Revision geltend, das LSG habe § 18 Abs 3 BVG verletzt. Notwendige Behandlung iS dieser Vorschrift sei das "Maß des Notwendigen" nach § 12 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Wahlleistungen seien nicht notwendig gewesen. Die Klägerin hat - innerhalb der Frist des § 556 Zivilprozeßordnung - Anschlußrevision eingelegt.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1999 und des Sozialgerichts Köln vom 11. Dezember 1996 zu ändern, die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen, das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1999 zu ändern und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11. Dezember 1996 zurückzuweisen.
Sie vermißt im Berufungsurteil eine Begründung für die Kürzung des Erstattungsbetrages um 1.200,00 DM Mehrkosten für ein Einzelzimmer und meint, der Beklagte habe mit seinem zunächst bei Einlegung der Revision (Schriftsatz vom 30. Dezember 1999) formulierten Antrag, "unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufung abzuweisen" den geltend gemachten Erstattungsanspruch in voller Höhe anerkannt.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
II
Die Anschlußrevision der Klägerin ist unbegründet. Aus dem durch offensichtliche Verwechslung der Worte "Berufung" und "Klage" zunächst mißverständlich formulierten Revisionsantrag des Beklagten kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Entscheidend ist, daß sich Umfang und Ziel der Revision des Beklagten hier bereits aus seiner Revisionsbegründung eindeutig im Sinne des dann auch in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags entnehmen lassen (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 164 RdNr 10b).
Dagegen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Der Klägerin sind von dem Beklagten - über die bereits erbrachten 10.163,63 DM hinaus - keine weiteren Aufwendungen zu erstatten. Die Entscheidungen der Instanzgerichte konnten deshalb keinen Bestand haben.
Nach § 1 Abs 1 OEG iVm § 18 Abs 3 Satz 1 BVG sind dem Berechtigten, der eine Heilbehandlung vor der Anerkennung des Versorgungsanspruchs selbst durchgeführt hat, die Kosten für die notwendige Behandlung in angemessenem Umfang zu erstatten. Dies gilt nach § 18 Abs 3 Satz 2 BVG auch dann, wenn ein Beschädigter die Heilbehandlung vor der Anmeldung des Versorgungsanspruchs in dem Zeitraum durchgeführt hat, für den ihm Beschädigtenversorgung gewährt werden kann. Ein solcher Fall liegt hier vor. W. ist am 29. Juni 1992 Opfer einer Gewalttat geworden. Wegen der dadurch erlittenen Verletzungen ist er vom 29. Juni bis zum 23. Juli 1992 im Krankenhaus stationär behandelt worden. Am 28. Mai 1993 und damit vor Ablauf des (Jahres-)Zeitraums nach Eintritt der Schädigung, für den ihm nach § 60 Abs 1 Satz 2 BVG auch vor einer Antragstellung Versorgung zu leisten ist, hat W. den Antrag auf Versorgung gestellt.
Die Erstattung weiterer, über 10.163,63 DM hinausgehender Kosten für (privat-)ärztliche Behandlung im Krankenhaus scheitert nicht bereits deshalb, weil diese Leistung iS des § 18 Abs 3 Satz 1 BVG nicht notwendig gewesen wäre. Dieses Merkmal stellt auf den sachlichen Umfang der Behandlung ab, gleichgültig von welchem Arzt und zu welchem Preis sie erbracht wird. Unterschiedliche Preise für - hier in sachlich notwendigem Umfang erbrachte - ärztliche Leistungen, etwa nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gesondert berechnete Leistungen einerseits und pauschale Abgeltung solcher Leistungen mit dem allgemeinen Pflegesatz andererseits betreffen lediglich die Höhe der Kosten und werfen ausschließlich die weitere Frage auf, in welchem Umfang ihre Erstattung nach § 18 Abs 3 Satz 1 BVG angemessen ist.
Mehrkosten in Höhe von 1.200,00 DM für die Unterbringung in einem 1-Bett-Zimmer kann die Klägerin schon deshalb nicht erstattet verlangen, weil diese Wahlleistung medizinisch nicht notwendig gewesen ist. Dies hat das LSG zu Recht aufgrund seiner Feststellung entschieden, daß weder ein medizinischer noch ein sonstiger Grund für die Inanspruchnahme eines 1-Bett-Zimmers bestanden habe. Diese tatsächliche Feststellung hat die Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen. Sie ist deshalb für den Senat bindend (§ 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Ob darüber hinaus die Erstattung weiterer Kosten von 2.625,00 DM für die Wahlleistung 2-Bett-Zimmer ausgeschlossen ist, weil auch diese Unterbringung nicht notwendig gewesen ist, konnte der Senat nicht entscheiden. Insoweit fehlt es an Feststellungen des LSG. Der Rechtsstreit brauchte deshalb aber nicht an das Berufungsgericht zurückverwiesen zu werden. Denn die Klägerin kann die Kosten dieser Wahlleistung selbst dann nicht erstattet verlangen, wenn die Unterbringung des W. wenigstens in einem 2-Bett-Zimmer medizinisch notwendig gewesen sein sollte.
Die Kosten der - möglicherweise einschließlich einer Unterbringung im 2-Bett-Zimmer - notwendigen Behandlung sind jedenfalls nur in Höhe der bereits gezahlten 10.163,63 DM angemessen, und auf diesen Betrag ist der Erstattungsanspruch nach § 18 Abs 3 Satz 1 BVG begrenzt. Der dort verwendete unbestimmte Rechtsbegriff "in angemessenem Umfang" (vgl BSG SozR 3100 § 18 Nr 2) wird in erster Linie durch die versorgungsrechtliche Grundentscheidung konkretisiert, Gewaltopfern ebensowenig wie Kriegsbeschädigten vollen Schadensersatz wegen medizinischer Behandlung von Schädigungsfolgen zu leisten. Statt dessen gewährt das Versorgungsrecht Heilbehandlung als Naturalleistung auf dem standardisierten, kostengünstigen Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 11 Abs 1 Satz 2 BVG), und zwar ohne die dort angeordnete Kostenbeteiligung (§ 18 Abs 1 Satz 2 BVG). Das hat zweierlei zur Folge: Alle Gewaltopfer werden bei medizinischer Versorgung gleich behandelt und die Ausgaben des Versorgungsträgers werden auf dieses für alle gleiche Niveau begrenzt. Anders als im Zivilrecht, wo es dem Geschädigten nicht zugemutet wird, nur zur Schonung des Schädigers auf sonst übliche wahlärztliche Leistungen zu verzichten (BGH VersR 1970, 129, 130), kann das Gewaltopfer nach dem OEG nicht verlangen, daß ihm die nach seinen persönlichen Verhältnissen üblichen Kosten einer gehobenen medizinischen Behandlung aus staatlichen Mitteln erstattet werden. Das wohlhabende und an Komfortleistungen gewöhnte erhält ebenso wie das gänzlich unvermögende Gewaltopfer lediglich eine kostengünstige Sachleistung auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das Versorgungsrecht setzt seine Grundentscheidung zur Kostenbegrenzung durch einheitliche, für alle Berechtigten gleiche Sachleistungen allerdings nicht ausnahmslos und vollständig durch. So gesteht es den Beschädigten nach Anerkennung ihres Versorgungsanspruchs zu, eine Krankenhausbehandlung außerhalb des Sachleistungssystems nach eigenen Vorstellungen zu gestalten: Den für die notwendige Krankenhausbehandlung erforderlichen Betrag kann als Zuschuß erhalten, wer wahlärztliche Leistungen in Anspruch nimmt (§ 18 Abs 7 BVG; vgl zur Entbehrlichkeit dieser Vorschrift nach der - hier noch nicht geltenden - Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl I 2750) das RdSchr des BMA vom 20. Juni 1997 (BArbBl 1997, Nr 9, 98)). Schon seit langer Zeit besteht außerdem ein Kostenerstattungsanspruch für selbstbeschaffte Heilbehandlung bei Notfällen und in der Zeit zwischen Antragstellung und Anerkennung (vgl RVA, GE 3118, AN 1928, IV, 58 und §§ 4 Abs 3, 8 Abs 3 Reichsversorgungsgesetz idF der Zweiten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931 (RGBl I S 279)). Das BVG hat diese Bestimmungen übernommen, verfeinert und weiterentwickelt. Schlußpunkt dieser Entwicklung ist die hier einschlägige, durch das SGB X eingeführte Kostenerstattung selbst bei Heilbehandlungen, die der Beschädigte bereits vor Anmeldung des Versorgungsanspruchs während des Zeitraums durchgeführt hat, für den ihm - nachträglich - Versorgung gewährt werden kann (§ 18 Abs 3 Satz 2 iVm § 60 Abs 1 Satz 2 BVG).
Es entspricht der versorgungsrechtlichen Systementscheidung, die ausnahmsweise vorgesehene Kostenerstattung auf den Betrag zu beschränken, der für die Sachleistung erforderlich gewesen wäre. Eine solche Regelung konnte der Gesetzgeber in § 18 Abs 7 BVG ausdrücklich treffen, weil der Beschädigte nach Anerkennung seines Versorgungsanspruchs die Wahl zwischen Krankenhausbehandlung als Sachleistung und einer um - privat zu finanzierende - Komfortleistungen aufgestockten Krankenbehandlung hat. § 18 Abs 3 Satz 1 BVG mußte demgegenüber - ebenso wie § 18 Abs 4 BVG - das Ziel der Kostenbegrenzung mit "angemessenem Umfang" flexibler formulieren. Denn der Beschädigte, der noch keinen Zugang zur Sachleistung hat, oder der sie im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände nicht in Anspruch nehmen kann, wird sich die Heilbehandlung selbst kaum je zu den - niedrigen - Kosten beschaffen können, die dem Versorgungsträger für die Sachleistung entstanden wären. Kostenerstattung nur in Höhe eines fiktiven Betrages, mit dem der Beschädigte die selbstbeschaffte Heilbehandlung nicht finanzieren kann, wäre unangemessen. Der Erstattungsanspruch reicht deshalb bis zur Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten. Diese Überlegung gilt allerdings nicht für die Krankenhausbehandlung. Denn auch ohne Zugang zum kostengünstigen Sachleistungssystem kann sich ein Beschädigter - wie jedermann - Krankenhausbehandlung zum Preis der Sachleistung selbst beschaffen. Im Krankenhausbehandlungsvertrag kann die Höhe der Vergütung zwischen Patient und Krankenhausträger grundsätzlich nicht frei vereinbart werden. Sie wird aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV mit rechtsgestaltender Wirkung ohne Differenzierung nach Personen oder Versicherungen für alle Benutzer nach einheitlichen Grundsätzen (§ 17 Abs 1 Satz 1 KHG) festgelegt (Bach/Moser, Private Krankenversicherung, MB/KK und MB/KT Kommentar, 2. Aufl 1993, nach § 1 MB/KK RdNr 26; Richardi in Staudinger, BGB, 13. Aufl 1999, vor § 611 RdNrn 1253 f, 1259; BGH NJW 1988, 2951, 2952). Dem Beschädigten sind deshalb als angemessen die Kosten nur in Höhe des allgemeinen Pflegesatzes zu erstatten.
Der Senat läßt offen, ob es - in anderen Fällen als dem der Krankenhausbehandlung - auf die Höhe des Erstattungsanspruchs Einfluß haben kann, daß das Gewaltopfer den Antrag auf Versorgung nicht so früh wie möglich stellt und damit dem Versorgungsträger die Möglichkeit nimmt, frühzeitig, unter Umständen nach § 10 Abs 8 BVG auch schon vor Anerkennung eines Versorgungsanspruchs, den Zugang zum Sachleistungssystem zu eröffnen.
Der Senat läßt außerdem offen, in welchem Umfang die Erstattung von Kosten angemessen ist, wenn der Versorgungsträger einen Antragsteller im Ungewissen darüber läßt, ob er Anspruch auf Versorgung hat oder einen sofort nach der Gewalttat gestellten Antrag zunächst rechtswidrig ablehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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