B 7 AL 36/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 27 AL 304/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 190/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 36/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Leistung nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Arbeitslosenhilfe erbracht wird.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Februar 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 29. April 1998.

Der am 19. Februar 1945 geborene Kläger war vom 1. April 1969 bis zum 29. Februar 1996 als Werkstoffprüfer bei der Firma H. GmbH beschäftigt. Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um ein Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 16. Januar 1995 zum 29. Februar 1996 beendet. Nach dem Aufhebungsvertrag sollte für die Zeit der Arbeitslosigkeit eine monatliche "Abfindungszahlung" gewährt werden, auf die das vom Arbeitsamt gezahlte Arbeitslosengeld (Alg), die Alhi bzw andere Sozialversicherungsleistungen angerechnet werden. Die Arbeitgeberin gewährleistete, dass der Arbeitnehmer 90 % des Nettomonatsentgelts erhält. Der Aufhebungsvertrag war mit einem Sozialplan für Arbeitnehmer, die von Maßnahmen iS des Art 56 § 2b des Montanunionsvertrags betroffen sind, abgestimmt. Der Arbeitgeberin wurden hierfür Beihilfen bewilligt.

Der Kläger erhielt von der Beklagten zunächst Alg ab 1. März 1996 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 28. April 1998. Das Alg betrug zuletzt 540,75 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 1.450 DM, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0). Zusätzlich zum Alg erhielt der Kläger von seiner Arbeitgeberin einen Aufstockungsbetrag zum Alg in Höhe von 1.651,64 DM monatlich. Am 25. März 1998 beantragte der Kläger die Bewilligung von Anschluss-Alhi. Nach Auslaufen des Alg-Bezugs erhielt er von seiner Arbeitgeberin einen Aufstockungsbetrag von nunmehr monatlich 4.058 DM (936,46 DM wöchentlich). Der Kläger gab in seinem Alhi-Antrag weiterhin an, gemeinsam mit seiner Ehefrau als Hauseigentümer Mietzins zu erzielen. Des Weiteren legte er Unterlagen über die Erwerbsunfähigkeitsrente seiner Ehefrau vor, die sich seit 1995 in einem Pflegeheim befand.

Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Alhi ab (Bescheid vom 13. Mai 1998, Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1998). Bei dem Kläger habe keine Bedürftigkeit vorgelegen. Der Aufstockungsbetrag der Arbeitgeberin, die Mieteinnahmen und die Erwerbsunfähigkeitsrente der Ehefrau führten zu einem zu berücksichtigenden Einkommen, das den dem Kläger zustehenden Alhi-Leistungssatz von 477,68 DM wöchentlich bei weitem übersteige.

Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Mai 1999; Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 20. Februar 2002). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Alhi zu, weil er nicht bedürftig iS des § 193 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei. Das zu berücksichtigende Einkommen übersteige die Höhe der Alhi, weil der Kläger von seiner früheren Arbeitgeberin Aufstockungsbeträge in Höhe von 4.058 DM monatlich beanspruchen könne, die tatsächlich auch seit dem 30. August 1999 erbracht würden. Der Ausnahmetatbestand des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III liege nicht vor. Hiernach würden nicht als Einkommen Leistungen gelten, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi erbracht werden. Der Aufstockungsbetrag von 4.058 DM monatlich (936,46 DM wöchentlich) werde von der früheren Arbeitgeberin des Klägers, einem Unternehmen der Metallindustrie, jedoch auf Grund des Aufhebungsvertrags vom 16. Januar 1995, der auf einem Sozialplan beruhe, gezahlt. Grundlage hierfür sei der Tarifvertrag in der Metallindustrie iVm dem Montanunionvertrag. Solche Arbeitgeberleistungen eines privaten, also nicht öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers seien seit dem 1. April 1997 auf die Alhi anzurechnen. Der Kläger begehre Alhi ab dem 29. April 1998. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits das SGB III in der jetzt vorliegenden Fassung gegolten. Leistungen auf Grund eines Sozialplans oder eines Tarifvertrags, an dem die öffentliche Hand nicht beteiligt sei, zählten seit 1. April 1997 nicht mehr zu den anrechnungsfreien Leistungen. Dies sei mit der Gesetzesänderung auch beabsichtigt gewesen. Da dem Kläger ab 29. April 1998 ein Alhi-Anspruch in Höhe von 477,78 DM wöchentlich zugestanden habe, schließe der Zahlbetrag der Arbeitgeberin in Höhe von 936,46 DM wöchentlich den Anspruch auf Alhi nach § 193 Abs 1 SGB III aus. Dem Kläger sei auch nicht nach den Übergangsvorschriften weiterhin Alhi auf der Grundlage des bis zum 31. März 1997 geltenden Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zu zahlen. Nach § 427 Abs 7 SGB III iVm § 242x Abs 7 AFG sei § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung lediglich auf die in § 242x Abs 3 Nr 2 und 3 AFG genannten Personen weiterhin anzuwenden. § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung habe vorgesehen, dass Leistungen, die unter Anrechnung der Alhi gewährt würden, nicht als Einkommen gälten. Hierunter wäre auch der von der Arbeitgeberin gezahlte Aufstockungsbetrag gefallen, da er unter Anrechnung auf die Alhi gewährt worden sei. Diese Vorschrift sei jedoch auf den Kläger nicht anwendbar, da die Übergangsregelung nur für Personen gelte, die bis zum 14. Februar 1941 geboren seien. Der Kläger sei aber erst am 19. Februar 1945, also nach dem vom Gesetzgeber gewählten Stichtag, geboren. Nach § 242x Abs 3 Nr 3 AFG gelte weiterhin ein besonderes Übergangsrecht für Personen, die auf Grund einer Maßnahme nach Art 56 § 2b des Montanunionvertrags ausgeschieden seien. Auch diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht, weil § 242x Abs 3 Nr 3 AFG voraussetze, dass die Person bis zum 14. Februar 1944 geboren sei. Auch hier liege der Geburtstag des Klägers nach dem vom Gesetzgeber gewählten Stichtag. Die Stichtagsregelungen seien auch nicht verfassungswidrig, weil ihre Einführung notwendig und der Zeitpunkt vertretbar gewesen sei. Die in der Neuregelung liegende unechte Rückwirkung sei auch nicht wegen der Schwere des Eingriffs rechtswidrig. Die Rückwirkung sei insbesondere unter Abwägung der individuellen Interessen des Klägers am Fortbestand der bisherigen Regelung mit dem öffentlichen Interesse an der Neuregelung nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe sich dagegen wehren dürfen, dass in nicht unerheblichem Umfang anlässlich von Entlassungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Nettolohnvereinbarungen zu Lasten der Bundesanstalt für Arbeit (BA) getroffen worden seien, die im Hinblick auf die Finanzlage der BA nicht mehr hinnehmbar gewesen seien. Im Übrigen sei bereits in der Aufhebungsvereinbarung ausdrücklich die Möglichkeit in Erwägung gezogen worden, dass für den Kläger Alhi auch überhaupt nicht gezahlt werde. Für diesen Fall seien Regelungen zur Sicherung des Krankenversicherungsbeitrags getroffen worden, jedoch keine Regelungen zum Ausgleich von Nachteilen im Rentenversicherungsrecht. Dies zeige, dass sich die Partner des Sozialplans durchaus bereits des möglichen Risikos für die Zukunft bewusst gewesen seien. Wenn sich dieses von beiden Seiten als möglich erachtete Risiko später tatsächlich konkretisiere, so sei dies zu akzeptieren.

Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III. Hilfsweise macht er geltend, § 427 Abs 7 SGB III iVm § 242x Abs 7 AFG und § 242x Abs 3 AFG verstießen gegen Art 3 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 GG, soweit danach § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung nicht auf entlassene Arbeitnehmer in der Montanindustrie anzuwenden sei, wenn diese erst nach dem 14. Februar 1944 geboren seien.

Für sein Revisionsbegehren reiche bereits die formelle Beschwer aus. Die beantragte Leistung (Alhi) sei abgelehnt worden. Zwar würde sich bei einem Obsiegen in der Sache der Aufstockungsbetrag der Arbeitgeberin entsprechend verringern, jedoch erleide er durch die Nichtbewilligung von Alhi renten- und krankenversicherungsrechtliche Nachteile. Das LSG habe zunächst bereits in einfachrechtlicher Hinsicht die Regelung des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III verkannt. Zwar seien nach dieser Regelung ab 1. April 1997 nur noch solche Leistungen anrechnungsfrei, die nach "bundes- oder landesgesetzlichen" Vorschriften gewährt würden. Dies sei hier jedoch der Fall, da nach den eigenen Feststellungen des LSG der maßgebliche Sozialplan auf Art 56 § 2b Montanunionvertrag beruhe. Zwar erhalte die Arbeitgeberin des Klägers, wie die Beklagte erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, monatlich lediglich 550 DM der Sozialplankosten des Klägers erstattet. Aus § 138 Abs 3 Nr 4 AFG und der Nachfolgevorschrift des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass die Leistung in voller Höhe auf bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften beruhen müsse, sondern nur ihrer Art nach. Somit sei hier das Ereignis maßgeblich, welches die Leistung veranlasst habe. Die Leistung müsse nach dem Montanunionvertrag anerkannt sein. Bei den Bestimmungen des Montanunionvertrags iVm den Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die von Maßnahmen iS des Art 56 § 2b des Montanunionvertrags betroffen seien, handele es sich zweifelsohne um Bundesrecht.

Folge man dieser Rechtsauffassung nicht, so seien jedenfalls die Übergangsvorschriften verfassungswidrig. Dies folge insbesondere aus Art 3 Abs 1 GG, der gebiete, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit sei dem Gesetzgeber zwar nicht jede Differenzierung verwehrt, eine Grenze sei jedoch dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung keine Rechtfertigungsgründe finden ließen. Nach der Übergangsvorschrift des § 242x Abs 7 AFG könne er, wie das LSG zutreffend ausgeführt habe, nur Alhi ohne Anrechnung und damit überhaupt nur beziehen, wenn er entsprechend der Nr 3 des § 242x Abs 3 AFG als Montanunionbeschäftigter vor dem 14. Februar 1944 geboren worden wäre. Das bedeute, dass er im Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses des diese Vorschrift ändernden Gesetzes das 52. Lebensjahr vollendet gehabt haben müsse. Er habe am Stichtag aber erst das 51. Lebensjahr vollendet gehabt. Hierdurch sei Art 3 GG verletzt. Vor dem 1. April 1997 habe der Gesetzgeber diejenigen Beschäftigten der Montanunion gleichbehandelt, die durch ein Programm zum Abbau von Überkapazitäten gegen Zahlung eines Aufstockungsbetrags zur Alhi aus ihrer Beschäftigung hätten ausscheiden müssen. Dabei habe der Gesetzgeber keine Altersbegrenzung vorgenommen. Erst ab 1. April 1997 behandele er nunmehr diejenigen, die vor dem 14. Februar 1944 geboren worden seien, anders als diejenigen, die nach dem Stichtag geboren worden seien. Dabei seien beide Personengruppen jedoch im Wege einer Regelung gemäß Art 56 § 2b Montanunionvertrag iVm den Richtlinien vom 18. Februar 1995 ausgeschieden. Beide Gruppen hätten eine endgültige Disposition über ihr weiteres Erwerbsleben getroffen. Das durch Stellenabbau im Interesse der Europäischen Union bestehende Arbeitsplatzrisiko habe sich für beide gleich verwirklicht. Für die Stichtagsregelung, die eine Ungleichbehandlung der gleichermaßen betroffenen Personengruppen herbeiführe, gebe es keinerlei sachliche Begründung. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Stichtagsregelungen grundsätzlich für zulässig erklärt, jedoch bedürften sie jeweils einer ausreichenden sachlichen Stütze. Die vom Gesetzgeber mit § 242x Abs 7 AFG - fortgeltend über § 427 Abs 7 SGB III - geschaffene Übergangsregelung genüge nicht, um die Ungleichbehandlung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu rechtfertigen. Insbesondere greife diese Regelung zu kurz, weil sie den Vertrauensschutz an den Zeitpunkt der Erfüllung der Vollendung des 52. Lebensjahres binde. Hier müsse ein Vertrauensschutz im Hinblick auf die Rentennähe vielmehr bereits ab Vollendung des 50. Lebensjahres eingeräumt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Februar 2002 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Mai 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe ab 29. April 1998 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Das LSG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger ab 29. April 1998 kein Anspruch auf Alhi zustand, weil er bereits auf Grund der laufenden Zahlungen seines früheren Arbeitgebers nicht bedürftig iS der §§ 193, 194 SGB III war. Der dem Kläger von seiner Arbeitgeberin gezahlte Aufstockungsbetrag in Höhe von 4.058 DM monatlich stellte kein privilegiertes Einkommen iS des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III dar (sogleich unter 1.). Zutreffend hat das LSG auch ausgeführt, dass sich für den Kläger ein günstigeres Ergebnis nicht aus den Übergangsvorschriften des § 427 Abs 7 SGB III iVm § 242x Abs 3 und Abs 7 AFG herleiten lässt. Diese Übergangsvorschriften sind auch nicht verfassungswidrig (vgl hierzu unter 2.). Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob die Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi dem Grunde nach gemäß §§ 190 ff SGB III vorlagen. Ebenso kann offen bleiben, ob die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden zunächst noch berücksichtigten Mieteinnahmen des Klägers und die Erwerbsunfähigkeitsrente der Ehefrau ebenfalls als Einkommen zu berücksichtigen gewesen wären. Denn allein auf Grund der Höhe des monatlich gezahlten "Aufstockungsbetrags" scheidet ein Anspruch des Klägers auf Alhi aus.

1. Nach § 193 Abs 1 SGB III (§ 193 idF des 1. SGB III-ÄndG vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970), der hier auf den im Jahre 1998 geltend gemachten Anspruch auf Anschluss-Alhi Anwendung findet (vgl BSGE 87, 262, 263 = SozR 3-4300 § 196 Nr 1 und BSGE 89, 192 = SozR 3-4300 § 422 Nr 2; vgl zum maßgeblichen Geltungszeitraumprinzip Eicher in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 1 RdNr 12 ff und 52), ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Dem Kläger hätte - wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist - auf Grund der zuletzt dem Alg-Bezug zu Grunde liegenden Bemessungsgrundlagen ab 29. April 1998 ein Anspruch auf Alhi in Höhe von 477,78 DM wöchentlich zugestanden. Der "Aufstockungsbetrag" seiner Arbeitgeberin betrug zu diesem Zeitpunkt jedoch nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) 4.058 DM monatlich und 936,46 DM wöchentlich.

Dieser von der Arbeitgeberin geleistete Betrag stellte auch zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 194 SGB III (ebenfalls idF des 1. SGB III-ÄndG) dar. Gemäß § 194 Abs 2 Satz 1 SGB III sind Einnahmen im Sinne der Vorschriften über die Alhi alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden können. § 194 Abs 3 SGB III nennt einzelne Einkünfte, die im Sinne der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi-Gewährung privilegiert sind, mithin nicht als Einkommen gelten. Nicht als Einkommen gelten dabei gemäß § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III "Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi erbracht werden". Die von den Vertragsparteien am 16. Januar 1995 vereinbarte monatliche "Abfindungszahlung" in Höhe von 90 % des letzten Nettoentgelts stellt kein privilegiertes Einkommen iS des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III dar. Es handelt sich dabei zwar um eine Leistung, die unter Anrechnung der Alhi erbracht wurde (sogleich a). Jedoch wurde der Aufstockungsbetrag nicht nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi erbracht (siehe unter b).

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass es sich bei einer Zahlung, die unter Anrechnung der Alhi iS des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III gewährt wird, um eine Leistung handeln muss, die dem Empfänger dem Grunde und der Höhe nach ohne Rücksicht auf einen Bezug von Alhi zusteht (vgl BSG, Urteil vom 7. September 2000 - B 7 AL 72/99 R -, SozR 3-4220 § 11 Nr 3, S 6). Durch den Schuldner - den Arbeitgeber - muss also ein Mindestbetrag garantiert werden, der sich jeweils um den Alhi-Zahlbetrag reduzieren würde. Dies war nach dem Aufhebungsvertrag vom 16. Januar 1995 der Fall, durch den dem Kläger 90 % des Nettomonatsentgelts garantiert worden ist. Insofern hat der Kläger auch selbst eingeräumt, dass er hinsichtlich dieser monatlich garantierten Arbeitgeberleistung in diesem Rechtsstreit nichts hinzuzugewinnen vermag, weil der Betrag von 936,46 DM wöchentlich sich jeweils um die Alhi mindern würde, wenn ihm diese Leistung zugesprochen würde.

b) Die Leistung der Arbeitgeberin wurde dem Kläger aber nicht, wie § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III voraussetzt, "nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften" erbracht. § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III entspricht insoweit § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (idF des Arbeitsförderungsreformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997, BGBl I 594), in den mit Wirkung ab 1. April 1997 erstmals die Einschränkung "nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften" in die Norm eingefügt wurde. Zuvor galten nicht als Einnahmen iS des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (aF) "Leistungen, die unter Anrechnung der Alhi" erbracht werden. Mit der Hinzufügung des einschränkenden Zusatzes "nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften" bezweckte der Gesetzgeber, Alhi nicht mehr gewähren zu müssen, soweit der Arbeitslose auf andere Weise, zB durch eine Nettolohngarantie seines früheren Arbeitgebers, gesichert ist (BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25). Der Abfindungsbetrag bzw die Nettolohngarantie wurde dem Kläger im vorliegenden Fall von seiner privaten Arbeitgeberin auf vertraglicher Grundlage gewährt (vgl hierzu auch BSG, Urteil vom 21. November 2002 - B 11 AL 1/02 R -, SozR 3-4300 § 427 Nr 2, S 10). Das LSG hat seine Entscheidung zutreffend darauf gestützt, dass es sich bei der Arbeitgeberin des Klägers um einen "privaten Arbeitgeber" gehandelt habe. Rechtsgrundlage für die Zahlung des Aufstockungsbetrags sei letztlich - so das LSG - der Aufhebungsvertrag vom 16. Januar 1995 gewesen, der zwar auf einem Sozialplan oder Tarifvertrag beruht habe, an dem aber die "öffentliche Hand nicht beteiligt" gewesen sei. Zu Recht hat damit das LSG eine Privilegierung nach § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III verneint, weil es sich vorliegend um die Leistung eines privaten Arbeitgebers handelt, die auf arbeitsvertraglicher Grundlage gezahlt wird und an deren Gewährleistung/Garantie die öffentliche Hand in keiner Weise nach einer bundes- oder landesgesetzlichen Vorschrift beteiligt ist (ebenso der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in SozR 3-4300 § 427 Nr 2, S 10). Das LSG konnte auch im Einzelnen den Inhalt des maßgeblichen Tarifvertrages offen lassen, weil eine tarifvertragliche Regelung - auch wenn sie in ihrem normativen Teil eine Regelung über die Aufstockungsleistung und die Anrechnung der Alhi auf diese enthalten würde - jedenfalls keine landes- oder bundesgesetzliche Vorschrift iS des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III wäre.

Daran ändert auch nicht der Umstand, dass es sich bei der Stilllegungsmaßnahme, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führte - wovon das LSG ohne Weiteres ausgegangen ist - um eine Maßnahme nach Art 56 § 2b des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunionvertrag vom 18. April 1951; hier maßgeblich idF des Beschlusses vom 1. Januar 1995, ABl EG Nr L 1/1) gehandelt hat und die Arbeitgeberin des Klägers auch damit in Zusammenhang stehende Beihilfen erhielt. Zu Recht weist die Revision zwar darauf hin, dass auf die privatvertragliche Abrede des Aufstockungsbetrags nicht mehr entscheidend abgestellt werden kann, wenn die Leistung an den Arbeitslosen ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer bundes- oder landesgesetzlichen Vorschrift findet, die durch den privaten Abwicklungsvertrag lediglich in das jeweilige Arbeitsverhältnis umgesetzt wird. So lagen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die zu dem Montanunionvertrag ergangenen Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die von Maßnahmen iS des Art 56 § 2b des Montanunionvertrags betroffen werden (MUV-RL vom 26. April 1978, BAnz Nr 100 vom 2. Juni 1978, zuletzt geändert durch die Richtlinie vom 30. Dezember 1994, BAnz 1995, S 165), als bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften iS des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III anzusehen sind (für eine Behandlung der MUV-RL jedenfalls als "Rechtsnormen im Sinne außenwirksamer Regelungen" bzw als Normbestandteil der weitergeltenden 16. DVO zum AVAVG vgl das Urteil des Senats vom 14. Juli 1994 - 7 RAr 28/93 -, BSGE 74, 296, 299), so findet die dem Kläger hier gewährte Aufstockungsleistung ihre Rechtsgrundlage jedenfalls nicht in den MUV-RL. Zwar konnten nach § 1 der MUV-RL 1978/1994 vom jeweiligen Arbeitgeber Beihilfen für die betroffenen Arbeitnehmer gemäß § 15 beantragt werden (der Antrag war gleichzeitig beim BMA und BMW zu stellen). Eine gemäß § 14 der MUV-RL 1978/1994 gewährte Übergangsbeihilfe war jedoch in keiner Weise notwendige Voraussetzung oder Vorbedingung für den Aufhebungsvertrag und die darin vorgesehene Nettoentgeltgarantie. Dies folgt hier insbesondere daraus, dass der Kläger auf Grund seines Lebensalters zum Zeitpunkt des Ausscheidens schon nicht unter § 14 Nr 1b der genannten Richtlinien fiel, der die Gewährung einer Übergangsbeihilfe für den Entlassenen von der Vollendung des 55. Lebensjahres abhängig machte. Aus § 14 der genannten Richtlinien folgt zugleich, dass die gewährte Übergangsbeihilfe nicht als Nettoentgeltgarantie konzipiert war und auch sonst in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dem Aufhebungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer und der darin vorgesehenen Nettoentgeltgarantie stand. Weder § 14 der MUV-RL 1978/1994 noch einer sonstigen Bestimmung der Richtlinien ist eine Regelung zu entnehmen, wonach die Alhi auf die Übergangsbeihilfe anzurechnen ist, oder dass die Übergangsbeihilfe in einem sonstigen rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Alhi-Gewährung stehen soll. Da die MUV-RL keine Rechtsgrundlage für die Zahlung des Aufstockungsbetrages (und für die Anrechnung der Alhi auf die Überbrückungsbeihilfe) enthalten, war hier die Individualabrede des Klägers mit seiner früheren Arbeitgeberin die maßgebliche Rechtsgrundlage, sodass es auch nicht mehr auf die - oben angedeutete - Frage ankommt, ob der Montanunionvertrag und die dazu ergangenen MUV-Richtlinien überhaupt als "gesetzliche" Vorschriften iS des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III betrachtet werden können.

Von der BA kann allerdings jeweils ein Teilbetrag der Übergangsbeihilfe (wenn ein Arbeitsloser eine solche überhaupt erhalten konnte) erstattet werden (vgl § 14 der genannten Richtlinien und den mit Wirkung ab 1. Januar 1998 geltenden § 11 Satz 1 Nr 8 der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) idF der 5. Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 25. September 1998, BGBl I 3112). Das LSG hat insofern nicht berücksichtigt, dass § 11 AlhiV weitere Einkünfte nennt, die nicht als Einkommen iS des § 194 Abs 3 SGB III gelten. Nach dem zum 1. Januar 1998 in Kraft getretenen § 11 Satz 1 Nr 8 AlhiV gilt die Übergangsbeihilfe nach den jeweils unter Buchst a bis c des § 11 Satz 1 Nr 8 AlhiV genannten Fassungen der MUV-Richtlinien nicht als Einkommen. Dies gilt nach § 11 Satz 1 Nr 8 letzter Halbsatz AlhiV jedoch nur in Höhe des Betrags, der dem Unternehmen von der BA erstattet wird.

Auch hieraus wird zunächst deutlich, dass es sich bei dem Aufstockungsbetrag von zuletzt 4.058 DM monatlich nicht um privilegiertes Einkommen iS des § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III gehandelt haben kann. Vielmehr unterstreicht die zusätzliche, ab 1. Januar 1998 neu geschaffene Privilegierungsnorm des § 11 Satz 1 Nr 8 AlhiV, dass bei Maßnahmen nach Art 56 § 2b Montanunionvertrag iVm den jeweiligen MUV-RL nur die in § 11 Satz 1 Nr 8 Buchst a bis c AlhiV genannten Zahlungen privilegiertes Einkommen im Sinne der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi sein sollen.

Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG kann entnommen werden, dass die BA der Arbeitgeberin des Klägers ab 1. April 1998 jeweils monatlich 550 DM erstattet hat. Wie bereits ausgeführt, fiel der Kläger von den Leistungsvoraussetzungen her nicht unter § 14 der genannten Richtlinien idF vom 26. April 1978, weil Übergangsbeihilfe nur für Entlassene gezahlt werden konnte, die im Zeitpunkt der Entlassung das 55. Lebensjahr vollendet hatten (§ 14 Nr 1b der MUV-RL 1978/1994). Dieselbe Regelung galt nach Nr 11 iVm Nr 15 der MUV-RL idF vom 25. März 1998 (BAnz S 4951; vgl § 11 Satz 1 Nr 8 Nr 3 AlhiV). Nach Nr 11.2. der neuen MUV-RL vom 25. März 1998 war allerdings bestimmt, dass für Entlassene, die von dem Unternehmen keine Übergangsbeihilfe erhalten, 550 DM monatlich als Erstattungsbetrag gezahlt werden können. Ausweislich der Verwaltungsakten hat die BA an die Arbeitgeberin des Klägers auf Grund der "neuen gesetzlichen" Regelung 550 DM monatlich erstattet. Diesen Sachverhalt hat der Kläger auch ausdrücklich zum Gegenstand seines Revisionsvorbringens gemacht. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass dieser Betrag in Höhe von 550 DM gezahlt worden ist, ändert dies nichts daran, dass die Bedürftigkeit des Klägers insgesamt nicht gegeben ist. Zwar stellt der Erstattungsbetrag von 550 DM monatlich dann gemäß § 11 Satz 1 Nr 8 AlhiV privilegiertes Einkommen dar. Angesichts der Höhe des dem Kläger von seiner Arbeitgeberin gewährten Abfindungsbetrags von 4.058 DM monatlich ändert jedoch der Abzug dieses privilegierten Einkommens nach § 11 Satz 1 Nr 8 AlhiV in Höhe von 550 DM monatlich nichts daran, dass bei einem dann zu berücksichtigenden Einkommen von 3.508 DM monatlich der Zahlbetrag der Alhi immer noch überschritten wird. Das zu berücksichtigende Einkommen des Klägers war daher bereits bei Zugrundelegung nur des Abfindungs- bzw Aufstockungsbetrags (auch abzüglich eines Erstattungsbetrags in Höhe von 550 DM monatlich) höher als die ihm zustehende Alhi in Höhe von 477,78 DM wöchentlich (§ 193 Abs 1 SGB III), sodass es auf die weiteren Einnahmen des Klägers aus Vermietung und das Einkommen seiner Ehefrau nicht mehr ankam.

2. Ein günstigeres Ergebnis ergibt sich für den Kläger auch nicht aus den Übergangsvorschriften des § 427 Abs 7 SGB III (idF des 1. SGB III-ÄndG) iVm § 242x Abs 3 und Abs 7 AFG (idF des AFRG vom 24. März 1997). Nach § 427 Abs 7 SGB III ist § 242x Abs 7 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Insoweit - also bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 242x Abs 7 AFG - ist § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III nicht anzuwenden. In diesem Fall käme zu Gunsten des Klägers § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF zum Zuge, nach dem noch "Leistungen, die unter Anrechnung der Alhi gewährt werden", nicht als Einkommen galten. Bei Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF hätte die Klage auf Alhi ab 29. April 1998 Erfolg. § 242x Abs 7 AFG bestimmt jedoch, dass § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung lediglich auf die in § 242x Abs 3 Nr 2 und 3 AFG genannten Personen weiter anzuwenden ist. Zu den in § 242x Abs 3 Nr 2 und 3 AFG genannten Personen zählen zwei Gruppen von Personen, nämlich einmal (Nr 2) diejenigen, die bis zum 14. Februar 1941 geboren sind und entweder am 14. Februar 1996 arbeitslos waren oder deren Arbeitsverhältnis auf Grund einer vor dem 14. Februar 1996 geschlossenen Vereinbarung beendet worden ist, und zum anderen (Nr 3) bis zum 14. Februar 1944 geborene Personen, die - wie der Kläger - aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden sind. Der am 19. Februar 1945 geborene Kläger zählt zu keiner dieser Gruppen. Er ist sowohl nach dem im Gesetz genannten Stichtag 14. Februar 1941 (§ 242x Abs 3 Nr 2 AFG) als auch nach dem Stichtag des 14. Februar 1944 (§ 242x Abs 3 Nr 3 AFG) geboren. Da die Tatbestandsvoraussetzungen in § 242x Abs 3 Nr 2 und 3 AFG jeweils kumulativ vorliegen müssen, scheitert schon hieran eine Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF auf den Kläger im Wege des Übergangsrechts.

Der Senat ist ebenso wie der 11. Senat des BSG (SozR 3-4300 § 427 Nr 2) nicht davon überzeugt, dass es gegen das GG verstößt, wenn auf den Anspruch des Klägers nicht § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF, sondern § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III Anwendung findet. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit auf die zutreffenden Argumente des 11. Senats des BSG (aaO) verwiesen werden. Dieser hat sich insbesondere auch mit der Frage auseinander gesetzt, inwieweit die Wahl des jeweiligen Geburtstichtages in § 242x Abs 3 Nr 2 und 3 AFG willkürlich und unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG nicht mehr hinzunehmen war. Der 11. Senat des BSG hat sich dabei auch mit dem Gesichtspunkt der "Abkehr aus dem Arbeitsleben" auseinander gesetzt und im Einzelnen begründet, wieso der Gesetzgeber nicht gehalten war, noch jüngere Arbeitnehmer in die Übergangsvorschriften einzubeziehen.

Die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG durch das AFRG wäre nach Überzeugung des Senats im Übrigen auch dann verfassungsgemäß, wenn der Anspruch auf Alhi unter den Schutzbereich des Art 14 GG fallen würde. Zwar sind die aus dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Kriterien für eine zulässige Rückwirkung von Normen nicht mehr zu prüfen, soweit der Schutzbereich eines spezifischen Einzelgrundrechts berührt ist (vgl hierzu BVerfGE 31, 275, 292 f; 36, 281, 293; 55, 185, 201; 68, 272, 284; 72, 9, 18 ff; grundlegend Papier, SGb 1994, 105, 109; ders, Der Einfluss des Verfassungsrechts auf das Sozialrecht, in von Maydell/Ruland, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, 2. Aufl, RdNr 118 f; vgl auch Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 39 RdNr 97 f). Durch die vom BVerfG jeweils vollzogene grundrechtsbezogene Prüfung wird der Vertrauensschutz von den im Einzelnen streitigen Begrifflichkeiten der Rückwirkung abgekoppelt und in die Verhältnismäßigkeitsprüfung des jeweiligen betroffenen Grundrechts (hier Art 14 Abs 1 GG) mit ihren Einzelkriterien des legitimierenden Eingriffsgrundes, der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit integriert (vgl BVerfG aaO). Der Prüfungsumfang nach Art 14 Abs 1 GG ist somit nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG enger als die aus dem Rechtsstaatsprinzip gewonnenen Regelungen über eine unechte Rückwirkung. Dies vermag jedoch an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern, da die Regelung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG iVm dem vom Gesetzgeber hierzu vorgesehenen Übergangsrecht gemäß § 242x Abs 3 und Abs 7 AFG (iVm § 427 Abs 7 SGB III) auch den Anforderungen an eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Art 14 Abs 1 Satz 2 GG genügt. Hierbei hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass die frühere, bis 31. März 1997 geltende Regelung in § 138 Abs 3 Nr 4 AFG für die Betroffenen besonders günstig gewesen war (zu diesem Prüfungsgesichtspunkt vgl insbesondere BVerfGE 76, 220, 242 f). Der eingreifende Gesetzgeber ist - auch im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG - grundsätzlich freier, wenn er frühere begünstigende Regelungen zurücknimmt. Auch kann unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber gegebenen Begründung (vgl BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25; BT-Drucks 13/5676, S 6 zu Nr 8; BT-Drucks 13/5730, S 3 zu Nr 18) kein Zweifel daran bestehen, dass die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG iVm den Übergangsvorschriften gemäß § 242x Abs 3 und Abs 7 AFG insgesamt verhältnismäßig war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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