Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 LW 2/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 6/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 17/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Herausnahme von Zeiten der Weiterversicherung eines Landwirts nach § 27 GAL aus der rentenrechtlichen Zurechnung bei seinem Ehegatten durch § 92 Abs 1 S 1 ALG idF des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG) vom 21.3.2001 (BGBl I 2001403) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juli 2002 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Berufungsurteils wird wie folgt ergänzt: Die Klage gegen den Bescheid vom 20. Juli 2000 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin unter zusätzlicher Berücksichtigung weiterer zuzurechnender Beiträge höhere Altersrente zusteht.
Die 1936 geborene Klägerin betrieb zusammen mit ihrem Ehemann ab 30. Januar 1958 ein von ihr überwiegend geleitetes landwirtschaftliches Unternehmen. Bis zum 30. November 1972 zahlte sie Beiträge an die Beklagte, ab 1. Dezember 1972 der Ehemann, nachdem er die überwiegende Leitung des Betriebs übernommen hatte. Von der Möglichkeit, ab 1. Dezember 1972 Beiträge nach § 27 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) weiter zu entrichten, machte die Klägerin keinen Gebrauch. Solche Beiträge zahlte der Ehemann der Klägerin nach Ende seiner Beitragspflicht ab 1. Oktober 1981 bis zur Wiederaufnahme eines entsprechenden landwirtschaftlichen Betriebes am 1. Dezember 1994. Von da an zahlte er bis zum 31. Oktober 1995 zunächst Beiträge als nach dem GAL erneut beitragspflichtiger und dann - ab 1. Januar 1995 - als nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) versicherungspflichtiger Landwirt.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 1. Juni 1995 Versicherungspflicht der Klägerin als Ehegattin eines Landwirts nach § 1 Abs 3 ALG ab 1. Januar 1995 fest und teilte außerdem ua mit, bei künftiger Leistungsgewährung würden die Zeiten der Beitragsentrichtung durch den Ehemann von Dezember 1972 bis zum Dezember 1994 (265 Kalendermonate) berücksichtigt. Diese Mitteilung machte die Beklagte für die Zeit vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. November 1994 (157 Kalendermonate) unter Hinweis auf die durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1814) geschaffene Rechtslage rückgängig (Bescheid vom 12. September 1996; Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 1996).
Das Sozialgericht Augsburg (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. April 1998). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte der Klägerin ab 1. September 2000 vorzeitige Altersrente gewährt und dabei nur 108 Kalendermonate, nicht aber den streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. November 1994 als zuzurechnende Beitragszeit berücksichtigt (Bescheid vom 20. Juli 2000). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 24. Juli 2002).
Mit ihrer Revision beruft sich die Klägerin auf Verfassungswidrigkeit des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des Art 6 Nr 8 Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG -) vom 21. März 2001 (BGBl I 403). Die Zurechnung nur noch solcher Zeiten als Beitragszeiten, für die der andere Ehegatte Beiträge als aktiver Landwirt (nicht mehr auch als Weiterversicherter) gezahlt hat, verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) und verletze die in Art 2 Abs 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit iVm dem Vertrauensschutzprinzip. Im Hinblick auf die Zusicherung umfassender Zurechnung der Ehegattenbeiträge habe sie 1994 zusammen mit ihrem Ehemann unter erheblichen persönlichen und finanziellen Anstrengungen die Wiederbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens über der Mindestgröße aufgenommen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Urteile des Bayerischen LSG vom 24. Juli 2002 und des SG Augsburg vom 20. April 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1996 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 20. Juli 2000 zu verurteilen, auch die von ihrem Ehemann im Wege der Weiterversicherung für die Zeit von Oktober 1981 bis November 1994 entrichteten Beiträge bei der Berechnung ihrer Rente zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach verstößt es nicht gegen die Verfassung, dass die bis dahin mögliche Zurechnung von Weiterversicherungsbeiträgen des anderen Ehegatten mit dem ASRG-ÄndG und - nochmals klarstellend - mit dem AVmEG mit Wirkung ab 23. Dezember 1995 ausgeschlossen worden ist.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Zunächst hat das LSG den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2000 über die Gewährung von vorzeitiger Altersrente zu Recht gemäß § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG zweitinstanzlich in das Verfahren einbezogen, das ursprünglich nur den Bescheid vom 12. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1996 betraf. Dieser Verwaltungsakt regelt eine Änderung des "Bescheides" vom 1. Juni 1995, der eine Aussage über die Berücksichtigung der streitigen Zeit im Leistungsfall enthält. Letztere Feststellung ist nicht als Vormerkungsbescheid iS des § 149 Abs 5 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) anzusehen, da diese Vorschrift gemäß § 61 Halbsatz 2 ALG im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte keine Anwendung findet. Es handelt sich vielmehr allenfalls um eine Zusicherung iS des § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Da sie sich auf den Inhalt eines zukünftigen Rentenbescheides bezieht, ist es sachgerecht, diesen hier zum Gegenstand des Verfahrens werden zu lassen (vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 28/98 R -).
Der von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 12. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1996 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Er trifft sinngemäß zu Recht die Feststellung, dass eine mögliche Bindung an eine im Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 1995 enthaltene Zusicherung entfallen ist, soweit es die Anrechnung der Zeit von Oktober 1981 bis November 1994 im Leistungsfall betrifft. Rechtsgrundlage für diese Feststellung ist § 34 Abs 3 SGB X. Dieser bestimmt: Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- und Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden. Hier liegt eine derart wesentliche Änderung der Rechtslage vor.
Nach § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des ASRG vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890) wurden den Ehegatten von Landwirten Beiträge für solche Zeiten vom 1. Oktober 1957 bis zum 31. Dezember 1994 zugerechnet, für die "der Landwirt Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt" hatte. Danach war der Klägerin - wie im Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 1995 mitgeteilt - die gesamte, 265 Kalendermonate umfassende Zeit der Beitragsentrichtung durch ihren Ehemann vom Dezember 1972 bis zum Dezember 1994 zuzurechnen. Nach der von der Beklagten hier im Rentenbescheid vom 20. Juli 2000 angewendeten Neufassung des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG durch das ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1814) waren nur noch Beiträge für solche Zeiten anzurechnen, "für die der andere Ehegatte Beiträge als Landwirt zur Altershilfe gezahlt hat". Der Senat hat zwar am 17. August 2000 entschieden (BSGE 87, 66, 72 = SozR 3-5868 § 92 Nr 1), dass das Gesetz mit beiden Formulierungen auch nach § 27 GAL weiter entrichtete Pflichtbeiträge erfasst. Der Gesetzgeber hat den "Wettstreit" über die Auslegung der genannten Wendungen zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung sowie den Landwirtschaftlichen Alterskassen auf der einen Seite und dem BSG auf der anderen Seite aber durch eine eindeutige Neufassung des § 92 Abs 1 ALG im Nachhinein entschieden: Durch Art 6 Nr 8 AVmEG sind in § 92 Abs 1 Satz 1 ALG die Wörter "zur Altershilfe" durch die Wörter "nach § 14 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte" ersetzt worden. Diese Änderung ist nach Art 12 Abs 2 AVmEG mit Wirkung vom 23. Dezember 1995 in Kraft getreten. Durch sie hat der Gesetzgeber den zuvor zweifelhaften Norminhalt des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des ASRG-ÄndG authentisch festgelegt (vgl zur authentischen Interpretation BSGE 58, 243, 245 = SozR 2200 § 182 Nr 98 mwN; SozR 3-2600 § 93 Nr 3). Damit waren bei der Klägerin - wie von der Beklagten bereits mit Bescheid vom 12. September 1996 zum Ausdruck gebracht - nicht mehr die Beitragszahlungen ihres Ehemannes von Oktober 1981 bis November 1994 zu berücksichtigen.
Auch der Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2000 entspricht dem geltenden Recht. Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann die Klägerin keine höhere Altersrente beanspruchen (vgl § 23 ALG). Nach dem hier einschlägigen § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des AVmEG sind insbesondere die streitigen Zeiten von Oktober 1981 bis November 1994 nicht anzurechnen, weil der Ehemann der Klägerin in diesem Zeitraum keine Beiträge als aktiver Landwirt nach § 14 GAL, sondern Weiterversicherungsbeiträge nach § 27 GAL gezahlt hat. Da das LSG die Abweisung der gegen den Bescheid vom 20. Juli 2000 gerichteten Klage im Urteilsausspruch nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, ist dieser klarstellend entsprechend zu ergänzen.
Es verstößt weder gegen Art 14 GG noch gegen einen aus Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG abgeleiteten Schutz des Vertrauens auf Gesetze, dass der Klägerin die zum 1. Januar 1995 durch das ASRG begründete Begünstigung einer Zurechnung auch von Weiterversicherungsbeiträgen ihres Ehemannes durch das AVmEG ab 23. Dezember 1995 wieder entzogen worden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verschafft die Rentenanwartschaft dem Versicherten zwar eine Rechtsposition, die vor allem wegen der einkommensbezogenen Beitragsleistungen derjenigen eines Eigentümers gleicht und deshalb auch dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Art 14 GG unterliegt. Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich allerdings erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken, die Aufgabe des Gesetzgebers ist (Art 14 Abs 1 Satz 2 GG). Der Betroffene muss nur solche Einschränkungen seiner eigentumsrechtlich geschützten Position hinnehmen, die durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Dies setzt voraus, dass die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein müssen, weil sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten dürfen, dh sie müssen zumutbar sein (vgl BVerfGE 75, 78, 97 f = SozR 2200 § 1246 Nr 142; BSG SozR 3-2600 § 300 Nr 14).
Wird in bestehende Anwartschaften auf Sozialversicherungsrente eingegriffen, so ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit einer Änderung in gewissen Grenzen angelegt ist, weil das Versicherungsverhältnis nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Rechtfertigende Gründe für Eingriffe liegen bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller Versicherten zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfGE 58, 81, 110 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 - zur Begrenzung der Bewertung von Ausbildungs-Ausfallzeiten). Dabei tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug des Versicherten zu dieser Berechtigung und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes umso stärker hervor, je höher der zu Grunde liegende Anteil eigener Leistung ist. Daraus ergibt sich ein abgestufter Schutz, der dem Gesetzgeber umso weitere Befugnisse zur Inhalts- und Schrankenbestimmung gibt, je stärker das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug steht. Gegen schrankenlose Eingriffe ist allerdings selbst eine beitragsunabhängig gewährte Position geschützt, soweit es an einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Eingriff verfolgten Zweck fehlt (BVerfGE 58, 81, 112, 114 = SozR 2200 § 1255a Nr 7). Diesen Anforderungen an einen verfassungskonformen Eigentumsschutz wird die nachträglich auf Beiträge nach § 14 GAL begrenzte Zurechnungsregelung des § 92 Abs 1 ALG gerecht.
Die durch § 92 Abs 1 Satz 1 ALG begründeten Anwartschaften beruhen nicht auf Beiträgen der Begünstigten. Sie sollen als Teil eines mit dem ASRG realisierten umfassenden Konzepts zur eigenständigen sozialen Sicherung der Bäuerinnen die regelmäßige, rentenversicherungsrechtlich aber unerhebliche Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen ihrer Ehemänner im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte honorieren (vgl dazu BT-Drucks 12/5700 S 62, 63 f). Mit diesem Grundgedanken ließ sich schwerlich die Zurechnung auch solcher Beitragszeiten des Ehemannes vereinbaren, in denen eine Tätigkeit als Bäuerin tatsächlich gar nicht möglich war, weil kein (der Versicherungs- bzw Beitragspflicht unterliegendes) Unternehmen der Landwirtschaft betrieben wurde. Zu eben diesem Ergebnis führte aber die undifferenzierte Zurechnung sämtlicher Beitragszeiten des Ehemannes in den wohl seltenen Fällen, in denen dieser - wie hier - zwar Ende 1994 beitragspflichtig war und dann ab Januar 1995 für die Ehefrau auch ein Pflichtbeitrag als Gilt-Landwirtin gezahlt wurde, der Betrieb eines die Mindestgröße erreichenden landwirtschaftlichen Unternehmens aber mehr als ein Jahrzehnt zuvor - unter Weiterzahlung von Beiträgen durch den Ehemann - aufgegeben worden war. Der Gesetzgeber durfte die insoweit missglückte Vorschrift des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des ASRG unter Entzug unbeabsichtigt und systemwidrig für den kurzen Geltungszeitraum vom 1. Januar bis zum 22. Dezember 1995 zugesprochener Anwartschaften korrigieren, soweit davon nicht bereits entstandene Rentenansprüche betroffen waren; die Begünstigten können sich insoweit nicht auf schützenswerte Positionen berufen.
Bei der Abwägung der Interessen der Betroffenen ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die als unangemessen angesehene Begünstigung in § 92 Abs 1 Satz 1 ALG bereits durch das ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995 korrigieren wollte und die Versicherungsträger diesen Willen - wie hier der Bescheid der Beklagten vom 12. September 1996 zeigt - auch konsequent umgesetzt haben. Da die spätere Rechtsprechung des Senats vom 17. August 2000 (BSGE 87, 66 = SozR 3-5868 § 92 Nr 1) den Inhalt der genannten Vorschrift nur mit erheblichem Interpretationsaufwand letztlich dahin hat bestimmen können, dass auch nach § 27 GAL weiterentrichtete Pflichtbeiträge nach wie vor anrechenbar seien, ist in der prompten Reaktion des Gesetzgebers (durch das AVmEG vom 21. März 2001) nicht ein verfassungsrechtlich zum Scheitern verurteilter Versuch zu sehen, ein von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend angewendetes - völlig klares - Gesetz rückwirkend zu ändern, um die Rechtsprechung für die Vergangenheit ins Unrecht zu setzen und zu korrigieren (vgl dazu BVerfGE 18, 429 und 30, 367). Es handelt sich vielmehr - auch nach dem Selbstverständnis des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 14/4595, S 77) - um eine klarstellende Regelung, also eine rückwirkende Inhaltsbestimmung innerhalb des Spektrums durchaus möglicher Auslegungen einer bis dahin unklaren Vorschrift.
Gemessen am Korrekturziel war der Eingriff auch nicht unverhältnismäßig schwer. Die Zurechnungsregelung ist nicht insgesamt abgeschafft, sondern nur systemgerecht begrenzt worden. Darüber hinaus sind weitere übergangsrechtliche Regelungen, die dem Vertrauensschutz gegenüber dem Recht des GAL dienen, erhalten geblieben (vgl §§ 94, 97 ALG). Die der Klägerin gewährte Altersrente, die - wie allgemein in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung - nur eine Teilabsicherung darstellt, ist dadurch zwar um mehr als 30 % geringer ausgefallen als bei Weitergeltung des ursprünglichen § 92 Abs 1 Satz 1 ALG. Die hohe Kürzungsrate ist aber vor allem auf die geringe Zahl der tatsächlich von der Klägerin ab 1. Januar 1995 gezahlten Beiträge zurückzuführen.
Unter dem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensschutzes macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, ihr Ehemann und sie hätten die Bedingungen des damals bereits verkündeten § 92 Abs 1 Satz 1 ALG durch Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Unternehmens zum 1. Dezember 1994 nur wegen der damit verbundenen Aussicht erfüllt, so für sie, die Klägerin, 265 Kalendermonate Beitragszeiten des Ehemannes anrechenbar machen zu können. Ihr ist entgegenzuhalten, dass - jedenfalls in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der grundlegenden Neugestaltung eines Sozialleistungssystems - grundsätzlich mit einer Korrektur systemwidrig eingeräumter, nur in besonders gelagerten Fällen eintretender Begünstigungen gerechnet werden muss. Insofern waren ihre mit der erneuten Begründung einer Beitragspflicht nach dem GAL verbundenen Aufwendungen von vornherein mit einem entsprechenden Risiko belastet. Im Übrigen haben sich die behaupteten finanziellen und persönlichen Opfer durch Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebes auch keineswegs als gänzlich nutzlos, sie haben sich nur als wirtschaftlich nicht so ertragreich erwiesen, wie sie es bei Fortgeltung des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Rechts gewesen wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin unter zusätzlicher Berücksichtigung weiterer zuzurechnender Beiträge höhere Altersrente zusteht.
Die 1936 geborene Klägerin betrieb zusammen mit ihrem Ehemann ab 30. Januar 1958 ein von ihr überwiegend geleitetes landwirtschaftliches Unternehmen. Bis zum 30. November 1972 zahlte sie Beiträge an die Beklagte, ab 1. Dezember 1972 der Ehemann, nachdem er die überwiegende Leitung des Betriebs übernommen hatte. Von der Möglichkeit, ab 1. Dezember 1972 Beiträge nach § 27 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) weiter zu entrichten, machte die Klägerin keinen Gebrauch. Solche Beiträge zahlte der Ehemann der Klägerin nach Ende seiner Beitragspflicht ab 1. Oktober 1981 bis zur Wiederaufnahme eines entsprechenden landwirtschaftlichen Betriebes am 1. Dezember 1994. Von da an zahlte er bis zum 31. Oktober 1995 zunächst Beiträge als nach dem GAL erneut beitragspflichtiger und dann - ab 1. Januar 1995 - als nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) versicherungspflichtiger Landwirt.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 1. Juni 1995 Versicherungspflicht der Klägerin als Ehegattin eines Landwirts nach § 1 Abs 3 ALG ab 1. Januar 1995 fest und teilte außerdem ua mit, bei künftiger Leistungsgewährung würden die Zeiten der Beitragsentrichtung durch den Ehemann von Dezember 1972 bis zum Dezember 1994 (265 Kalendermonate) berücksichtigt. Diese Mitteilung machte die Beklagte für die Zeit vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. November 1994 (157 Kalendermonate) unter Hinweis auf die durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1814) geschaffene Rechtslage rückgängig (Bescheid vom 12. September 1996; Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 1996).
Das Sozialgericht Augsburg (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. April 1998). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte der Klägerin ab 1. September 2000 vorzeitige Altersrente gewährt und dabei nur 108 Kalendermonate, nicht aber den streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. November 1994 als zuzurechnende Beitragszeit berücksichtigt (Bescheid vom 20. Juli 2000). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 24. Juli 2002).
Mit ihrer Revision beruft sich die Klägerin auf Verfassungswidrigkeit des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des Art 6 Nr 8 Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG -) vom 21. März 2001 (BGBl I 403). Die Zurechnung nur noch solcher Zeiten als Beitragszeiten, für die der andere Ehegatte Beiträge als aktiver Landwirt (nicht mehr auch als Weiterversicherter) gezahlt hat, verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) und verletze die in Art 2 Abs 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit iVm dem Vertrauensschutzprinzip. Im Hinblick auf die Zusicherung umfassender Zurechnung der Ehegattenbeiträge habe sie 1994 zusammen mit ihrem Ehemann unter erheblichen persönlichen und finanziellen Anstrengungen die Wiederbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens über der Mindestgröße aufgenommen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Urteile des Bayerischen LSG vom 24. Juli 2002 und des SG Augsburg vom 20. April 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1996 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 20. Juli 2000 zu verurteilen, auch die von ihrem Ehemann im Wege der Weiterversicherung für die Zeit von Oktober 1981 bis November 1994 entrichteten Beiträge bei der Berechnung ihrer Rente zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach verstößt es nicht gegen die Verfassung, dass die bis dahin mögliche Zurechnung von Weiterversicherungsbeiträgen des anderen Ehegatten mit dem ASRG-ÄndG und - nochmals klarstellend - mit dem AVmEG mit Wirkung ab 23. Dezember 1995 ausgeschlossen worden ist.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Zunächst hat das LSG den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2000 über die Gewährung von vorzeitiger Altersrente zu Recht gemäß § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG zweitinstanzlich in das Verfahren einbezogen, das ursprünglich nur den Bescheid vom 12. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1996 betraf. Dieser Verwaltungsakt regelt eine Änderung des "Bescheides" vom 1. Juni 1995, der eine Aussage über die Berücksichtigung der streitigen Zeit im Leistungsfall enthält. Letztere Feststellung ist nicht als Vormerkungsbescheid iS des § 149 Abs 5 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) anzusehen, da diese Vorschrift gemäß § 61 Halbsatz 2 ALG im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte keine Anwendung findet. Es handelt sich vielmehr allenfalls um eine Zusicherung iS des § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Da sie sich auf den Inhalt eines zukünftigen Rentenbescheides bezieht, ist es sachgerecht, diesen hier zum Gegenstand des Verfahrens werden zu lassen (vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 28/98 R -).
Der von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 12. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1996 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Er trifft sinngemäß zu Recht die Feststellung, dass eine mögliche Bindung an eine im Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 1995 enthaltene Zusicherung entfallen ist, soweit es die Anrechnung der Zeit von Oktober 1981 bis November 1994 im Leistungsfall betrifft. Rechtsgrundlage für diese Feststellung ist § 34 Abs 3 SGB X. Dieser bestimmt: Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- und Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden. Hier liegt eine derart wesentliche Änderung der Rechtslage vor.
Nach § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des ASRG vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890) wurden den Ehegatten von Landwirten Beiträge für solche Zeiten vom 1. Oktober 1957 bis zum 31. Dezember 1994 zugerechnet, für die "der Landwirt Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt" hatte. Danach war der Klägerin - wie im Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 1995 mitgeteilt - die gesamte, 265 Kalendermonate umfassende Zeit der Beitragsentrichtung durch ihren Ehemann vom Dezember 1972 bis zum Dezember 1994 zuzurechnen. Nach der von der Beklagten hier im Rentenbescheid vom 20. Juli 2000 angewendeten Neufassung des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG durch das ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1814) waren nur noch Beiträge für solche Zeiten anzurechnen, "für die der andere Ehegatte Beiträge als Landwirt zur Altershilfe gezahlt hat". Der Senat hat zwar am 17. August 2000 entschieden (BSGE 87, 66, 72 = SozR 3-5868 § 92 Nr 1), dass das Gesetz mit beiden Formulierungen auch nach § 27 GAL weiter entrichtete Pflichtbeiträge erfasst. Der Gesetzgeber hat den "Wettstreit" über die Auslegung der genannten Wendungen zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung sowie den Landwirtschaftlichen Alterskassen auf der einen Seite und dem BSG auf der anderen Seite aber durch eine eindeutige Neufassung des § 92 Abs 1 ALG im Nachhinein entschieden: Durch Art 6 Nr 8 AVmEG sind in § 92 Abs 1 Satz 1 ALG die Wörter "zur Altershilfe" durch die Wörter "nach § 14 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte" ersetzt worden. Diese Änderung ist nach Art 12 Abs 2 AVmEG mit Wirkung vom 23. Dezember 1995 in Kraft getreten. Durch sie hat der Gesetzgeber den zuvor zweifelhaften Norminhalt des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des ASRG-ÄndG authentisch festgelegt (vgl zur authentischen Interpretation BSGE 58, 243, 245 = SozR 2200 § 182 Nr 98 mwN; SozR 3-2600 § 93 Nr 3). Damit waren bei der Klägerin - wie von der Beklagten bereits mit Bescheid vom 12. September 1996 zum Ausdruck gebracht - nicht mehr die Beitragszahlungen ihres Ehemannes von Oktober 1981 bis November 1994 zu berücksichtigen.
Auch der Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2000 entspricht dem geltenden Recht. Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann die Klägerin keine höhere Altersrente beanspruchen (vgl § 23 ALG). Nach dem hier einschlägigen § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des AVmEG sind insbesondere die streitigen Zeiten von Oktober 1981 bis November 1994 nicht anzurechnen, weil der Ehemann der Klägerin in diesem Zeitraum keine Beiträge als aktiver Landwirt nach § 14 GAL, sondern Weiterversicherungsbeiträge nach § 27 GAL gezahlt hat. Da das LSG die Abweisung der gegen den Bescheid vom 20. Juli 2000 gerichteten Klage im Urteilsausspruch nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, ist dieser klarstellend entsprechend zu ergänzen.
Es verstößt weder gegen Art 14 GG noch gegen einen aus Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG abgeleiteten Schutz des Vertrauens auf Gesetze, dass der Klägerin die zum 1. Januar 1995 durch das ASRG begründete Begünstigung einer Zurechnung auch von Weiterversicherungsbeiträgen ihres Ehemannes durch das AVmEG ab 23. Dezember 1995 wieder entzogen worden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verschafft die Rentenanwartschaft dem Versicherten zwar eine Rechtsposition, die vor allem wegen der einkommensbezogenen Beitragsleistungen derjenigen eines Eigentümers gleicht und deshalb auch dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Art 14 GG unterliegt. Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich allerdings erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken, die Aufgabe des Gesetzgebers ist (Art 14 Abs 1 Satz 2 GG). Der Betroffene muss nur solche Einschränkungen seiner eigentumsrechtlich geschützten Position hinnehmen, die durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Dies setzt voraus, dass die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein müssen, weil sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten dürfen, dh sie müssen zumutbar sein (vgl BVerfGE 75, 78, 97 f = SozR 2200 § 1246 Nr 142; BSG SozR 3-2600 § 300 Nr 14).
Wird in bestehende Anwartschaften auf Sozialversicherungsrente eingegriffen, so ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit einer Änderung in gewissen Grenzen angelegt ist, weil das Versicherungsverhältnis nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Rechtfertigende Gründe für Eingriffe liegen bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller Versicherten zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfGE 58, 81, 110 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 - zur Begrenzung der Bewertung von Ausbildungs-Ausfallzeiten). Dabei tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug des Versicherten zu dieser Berechtigung und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes umso stärker hervor, je höher der zu Grunde liegende Anteil eigener Leistung ist. Daraus ergibt sich ein abgestufter Schutz, der dem Gesetzgeber umso weitere Befugnisse zur Inhalts- und Schrankenbestimmung gibt, je stärker das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug steht. Gegen schrankenlose Eingriffe ist allerdings selbst eine beitragsunabhängig gewährte Position geschützt, soweit es an einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Eingriff verfolgten Zweck fehlt (BVerfGE 58, 81, 112, 114 = SozR 2200 § 1255a Nr 7). Diesen Anforderungen an einen verfassungskonformen Eigentumsschutz wird die nachträglich auf Beiträge nach § 14 GAL begrenzte Zurechnungsregelung des § 92 Abs 1 ALG gerecht.
Die durch § 92 Abs 1 Satz 1 ALG begründeten Anwartschaften beruhen nicht auf Beiträgen der Begünstigten. Sie sollen als Teil eines mit dem ASRG realisierten umfassenden Konzepts zur eigenständigen sozialen Sicherung der Bäuerinnen die regelmäßige, rentenversicherungsrechtlich aber unerhebliche Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen ihrer Ehemänner im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte honorieren (vgl dazu BT-Drucks 12/5700 S 62, 63 f). Mit diesem Grundgedanken ließ sich schwerlich die Zurechnung auch solcher Beitragszeiten des Ehemannes vereinbaren, in denen eine Tätigkeit als Bäuerin tatsächlich gar nicht möglich war, weil kein (der Versicherungs- bzw Beitragspflicht unterliegendes) Unternehmen der Landwirtschaft betrieben wurde. Zu eben diesem Ergebnis führte aber die undifferenzierte Zurechnung sämtlicher Beitragszeiten des Ehemannes in den wohl seltenen Fällen, in denen dieser - wie hier - zwar Ende 1994 beitragspflichtig war und dann ab Januar 1995 für die Ehefrau auch ein Pflichtbeitrag als Gilt-Landwirtin gezahlt wurde, der Betrieb eines die Mindestgröße erreichenden landwirtschaftlichen Unternehmens aber mehr als ein Jahrzehnt zuvor - unter Weiterzahlung von Beiträgen durch den Ehemann - aufgegeben worden war. Der Gesetzgeber durfte die insoweit missglückte Vorschrift des § 92 Abs 1 Satz 1 ALG idF des ASRG unter Entzug unbeabsichtigt und systemwidrig für den kurzen Geltungszeitraum vom 1. Januar bis zum 22. Dezember 1995 zugesprochener Anwartschaften korrigieren, soweit davon nicht bereits entstandene Rentenansprüche betroffen waren; die Begünstigten können sich insoweit nicht auf schützenswerte Positionen berufen.
Bei der Abwägung der Interessen der Betroffenen ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die als unangemessen angesehene Begünstigung in § 92 Abs 1 Satz 1 ALG bereits durch das ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995 korrigieren wollte und die Versicherungsträger diesen Willen - wie hier der Bescheid der Beklagten vom 12. September 1996 zeigt - auch konsequent umgesetzt haben. Da die spätere Rechtsprechung des Senats vom 17. August 2000 (BSGE 87, 66 = SozR 3-5868 § 92 Nr 1) den Inhalt der genannten Vorschrift nur mit erheblichem Interpretationsaufwand letztlich dahin hat bestimmen können, dass auch nach § 27 GAL weiterentrichtete Pflichtbeiträge nach wie vor anrechenbar seien, ist in der prompten Reaktion des Gesetzgebers (durch das AVmEG vom 21. März 2001) nicht ein verfassungsrechtlich zum Scheitern verurteilter Versuch zu sehen, ein von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend angewendetes - völlig klares - Gesetz rückwirkend zu ändern, um die Rechtsprechung für die Vergangenheit ins Unrecht zu setzen und zu korrigieren (vgl dazu BVerfGE 18, 429 und 30, 367). Es handelt sich vielmehr - auch nach dem Selbstverständnis des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 14/4595, S 77) - um eine klarstellende Regelung, also eine rückwirkende Inhaltsbestimmung innerhalb des Spektrums durchaus möglicher Auslegungen einer bis dahin unklaren Vorschrift.
Gemessen am Korrekturziel war der Eingriff auch nicht unverhältnismäßig schwer. Die Zurechnungsregelung ist nicht insgesamt abgeschafft, sondern nur systemgerecht begrenzt worden. Darüber hinaus sind weitere übergangsrechtliche Regelungen, die dem Vertrauensschutz gegenüber dem Recht des GAL dienen, erhalten geblieben (vgl §§ 94, 97 ALG). Die der Klägerin gewährte Altersrente, die - wie allgemein in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung - nur eine Teilabsicherung darstellt, ist dadurch zwar um mehr als 30 % geringer ausgefallen als bei Weitergeltung des ursprünglichen § 92 Abs 1 Satz 1 ALG. Die hohe Kürzungsrate ist aber vor allem auf die geringe Zahl der tatsächlich von der Klägerin ab 1. Januar 1995 gezahlten Beiträge zurückzuführen.
Unter dem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensschutzes macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, ihr Ehemann und sie hätten die Bedingungen des damals bereits verkündeten § 92 Abs 1 Satz 1 ALG durch Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Unternehmens zum 1. Dezember 1994 nur wegen der damit verbundenen Aussicht erfüllt, so für sie, die Klägerin, 265 Kalendermonate Beitragszeiten des Ehemannes anrechenbar machen zu können. Ihr ist entgegenzuhalten, dass - jedenfalls in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der grundlegenden Neugestaltung eines Sozialleistungssystems - grundsätzlich mit einer Korrektur systemwidrig eingeräumter, nur in besonders gelagerten Fällen eintretender Begünstigungen gerechnet werden muss. Insofern waren ihre mit der erneuten Begründung einer Beitragspflicht nach dem GAL verbundenen Aufwendungen von vornherein mit einem entsprechenden Risiko belastet. Im Übrigen haben sich die behaupteten finanziellen und persönlichen Opfer durch Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebes auch keineswegs als gänzlich nutzlos, sie haben sich nur als wirtschaftlich nicht so ertragreich erwiesen, wie sie es bei Fortgeltung des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Rechts gewesen wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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