Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 59/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Mai 2003 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Oktober 2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungs- und für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Gründe:
I
Umstritten sind Honorarbegrenzungen für Fallzahlsteigerungen.
Der Kläger ist seit 1996 als Chirurg im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte beschränkte durch Ergänzung ihres Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) mit Wirkung ab 1. Juli 1997 den Honorarzuwachs für den Fall, dass die Zahl der budgetrelevanten Fälle gesteigert wurde. Gemäß § 12 Abs 4a ff HVM (in der geänderten Fassung vom 18. März 1998, mit Geltung ab 1. Oktober 1997) griff eine Honorarbegrenzung ein, wenn der Zuwachs der budgetrelevanten Behandlungsfälle in der Fachgruppe und auch der eigene Fallzahlzuwachs mehr als 5 % betrugen, wobei diese 5 % von der Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal berechnet wurden. Im Maß der Überschreitung wurden die Honoraranforderungen quotiert. Zur Ergänzung dieser Grundregelungen gab es weitere Einzelbestimmungen zB darüber, dass die Quotierung wieder aufzuheben war, wenn der Arzt in drei folgenden Quartalen die Zuwachsgrenzwerte unterschritt, für Aufbaupraxen in den ersten vier Jahren, für den Fall überhöhten Zuwachses nach länger dauernder Praxisabwesenheit, für Umwandlungen in eine Gemeinschaftspraxis und für Fälle unbilliger Härte.
In Anwendung dieser Regelungen hatte die Beklagte dem Kläger sein Honorar bereits für die Quartale IV/1998, I und II/1999 begrenzt. Der Honorarbescheid für das Quartal IV/1998 wurde - nach erfolgloser Anfechtung durch den Kläger - bestandskräftig (Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 18. Oktober 2001 - rechtskräftig). Die Begrenzungen für die Quartale I und II/1999 hob die Beklagte dagegen unter Hinweis auf den überdurchschnittlichen Zuwachs der Arztzahl in der Gruppe der Chirurgen und das dadurch vergrößerte Honorarkontingent rückwirkend wieder auf.
Im hier streitigen Quartal III/1999 verminderte die Beklagte erneut auf Grund der Fallzahlzuwachsregelungen die Honoraranforderung des Klägers für seine budgetrelevanten Fälle von 85.116,44 DM um 5.013,96 DM (Bescheid vom 14. Juli 1998 und Widerspruchsbescheid vom 1. November 2000). Zu dieser Reduzierung um 5,89 % führte sie aus, dass die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe der Chirurgen von 727 im Vorjahresquartal III/1998 um mehr als 5 % auf 765 und seine Fallzahl von 1.065 ebenfalls um mehr als 5 % auf 1.171 Fälle gestiegen seien. Von seiner Fallzahlsteigerung um 106 Fälle sei nur eine Erhöhung um 5 % - berechnet von der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal, also 37 Fälle - zu berücksichtigen. Die daraus resultierende Nichtberücksichtigung von 69 (von insgesamt 1.171) Fällen ergebe eine Honorarminderung um 5,89 %.
Das vom Kläger angerufene SG hat seine Klage abgewiesen (Urteil vom 23. Oktober 2002). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und den Honorarbescheid für das Quartal III/1999 aufgehoben, soweit durch diesen das Honorar in Anwendung des § 12 Abs 4a HVM gekürzt wurde und sinngemäß die Beklagte verurteilt, dem Kläger diesen Honoraranteil auszuzahlen (Urteil vom 27. Mai 2003). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bestimmungen des § 12 Abs 4a ff HVM, die auf eine Beschränkung der Ausdehnung der Praxistätigkeit zielten, seien am Maßstab der Regelungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit in § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu überprüfen. Den dazu vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Maßstäben genüge eine allein auf Fallzahlgrenzwerte abstellende Regelung nicht. Aber auch wenn man wie das BSG in seinen Urteilen vom 13. März 2002 als Maßstab nicht § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V, sondern die allgemeinen Regelungen des § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V heranziehe, seien die Bestimmungen des § 12 Abs 4a ff HVM rechtswidrig. Denn indem § 12 Abs 4a HVM einen Fallzahlzuwachs bei 5 % des Fachgruppendurchschnitts strikt abschneide, ohne die überschießende Zahl an Fällen wenigstens abgestaffelt zu vergüten, würden diese weiteren Behandlungsfälle überhaupt nicht honoriert. Dies greife unverhältnismäßig in die Berufsausübung ein. Zudem ermögliche die auf 5 % des Fachgruppendurchschnitts bemessene Zuwachsgrenze kleineren Praxen einen verhältnismäßig höheren Zuwachs als größeren, was dem Gleichbehandlungsgebot und dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht gerecht werde. Unberücksichtigt bleibe schließlich, ob das Quartalshonorar insgesamt möglicherweise auf Grund unterdurchschnittlicher Fallwerte vergleichsweise gering sei. Im Übrigen werde missachtet, dass die Fallzahlzuwachsgrenze dem Arzt schon im Zeitpunkt der Leistungserbringung vorhersehbar sein müsse; er könne nicht wissen, ob die Fachgruppe im Durchschnitt die Toleranzgrenze übersteigen werde. Nach alledem bedürfe es keiner Entscheidung mehr, ob - wie der Kläger meine - auch das Verfahren, die Honorarbegrenzung nach der Aussetzung in den Quartalen I und II/1999 ohne Vorankündigung für das Quartal III/1999 wieder in Kraft zu setzen, zu beanstanden sei.
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, das Berufungsgericht habe die Regelungen des § 12 Abs 4a ff HVM über Fallzahlzuwächse zu Unrecht beanstandet. Diese hätten nach den Urteilen des BSG vom 13. März 2002 ihre gesetzliche Grundlage in § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V. Die strikte Begrenzung des Zuwachses auf 5 % des Fachgruppendurchschnitts ermögliche allen Ärzten einen absolut gleich hohen Zuwachs. Auch den Praxen mit großen Fallzahlen sei noch ein Wachstum möglich. Ein schnelleres Wachstum als in 5 %-Stufen brauche jedenfalls Praxen mit überdurchschnittlicher Fallzahl nach der Rspr des BSG nicht eingeräumt zu werden. Die hier zu beurteilende Regelung sei im Vergleich zu den vom BSG als rechtmäßig erachteten Bestimmungen sogar großzügiger, weil die 5 %ige Begrenzung nicht in jedem Fall eingreife, sondern nur, falls auch die Fachgruppe insgesamt einen Fallzahlzuwachs um mehr als 5 % aufzuweisen habe. Ferner werde der Honorarabzug dadurch gemildert, dass dieser bei Einhaltung der Fallzahlgrenzen in den Folgequartalen nicht realisiert bzw zurückerstattet werde. Schließlich folge eine Rechtswidrigkeit auch nicht daraus, dass sich der Kläger im Quartal III/1999 noch in der Aufbauphase befunden und ein großes Einzugsgebiet habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Mai 2003 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Oktober 2002 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das Berufungsurteil. Es habe zu Recht beanstandet, dass kleineren Praxen ein verhältnismäßig größerer Zuwachs als größeren Praxen möglich sei, zB ihm - dem Kläger - bezogen auf seine Fallzahl nur eine Steigerungsquote von weniger als 5 %. Steigerungen unter 5 % seien nach der Rechtsprechung des BSG aber nur rechtens, wenn es dafür eine Kompensation wie zB eine abgestaffelte Vergütung für solche Fälle gäbe, die über dieser niedrigeren Grenze lägen. Das LSG habe ferner zu Recht beanstandet, dass unberücksichtigt bleibe, ob das Quartalshonorar insgesamt möglicherweise auf Grund unterdurchschnittlicher Fallwerte vergleichsweise gering sei. Schließlich sei nicht im Zeitpunkt der Leistungserbringung vorhersehbar gewesen, bei welcher Fallzahl die Zuwachstoleranzgrenze liegen werde. Denn die Begrenzung sei vom Abrechnungsverhalten der gesamten Fachgruppe abhängig, nämlich davon, ob auch deren Fallzahlzuwachs höher als 5 % liege. Die Begrenzungsregelungen seien zumal in einem Fall wie seinem rechtswidrig. Denn er habe seinen Zuwachs zu Lasten der anderen chirurgischen Praxen durch seine Fähigkeiten erreicht, dank derer sich seine Fallzahl später bei einem nicht mehr steigerbaren Arbeitseinsatz auf konstant knapp 1.200 Fälle je Quartal eingependelt habe. Überhaupt dürften für Chirurgen nicht dieselben Beschränkungen wie für andere Fachgruppen gelten, zumal nicht in chirurgisch unterversorgtem Gebiet und im Fall eines großen Einzugsbereichs wie bei ihm. Die Begrenzungen widersprächen dem Konzept der Förderung der Verlagerung von Operationen in den ambulanten Bereich. Das typische chirurgische Anforderungsprofil und das Berufsethos jederzeitiger Bereitschaft zur Notfallversorgung verunfallter Patienten blieben unberücksichtigt. Kein Ausweg sei es, sich durch häufigen Urlaub den Restriktionen anzupassen, denn nach der Rückkehr kämen umso mehr Patienten und erneut der Konflikt mit der Fallzahlzuwachsregelung. Die Honorarbegrenzung hätte im Übrigen auch nicht nach deren Aussetzung in den Quartalen I und II/1999 ohne Vorankündigung für das Quartal III/1999 wieder in Kraft gesetzt werden dürfen.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen. Denn entgegen der Auffassung des LSG sind die Honorarbegrenzungsregelungen in § 12 Abs 4a ff HVM (hier zu Grunde zu legen in der im Quartal III/1999 geltenden Fassung) rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für Regelungen über Honorarbeschränkungen für Fallzahlsteigerungen ist § 85 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477, geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2626). Danach haben die KÄVen die Gesamtvergütung nach Maßgabe des HVM an die Vertragsärzte zu verteilen; bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen. Bei der Ausgestaltung des HVM haben die KÄVen, wie im Senatsurteil vom 10. Dezember 2003 (B 6 KA 54/02 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) zusammenfassend ausgeführt ist, einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung, ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist. Zu beachten ist dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Bei dem Gebot leistungsproportionaler Vergütung handelt es sich jedoch nur um einen Grundsatz; von ihm darf abgewichen werden, wenn die KÄV damit andere billigenswerte Ziele verfolgt. Solche anerkennenswerten Zielsetzungen können in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise die Vertragsärzte einen Teil des vertragsärztlichen Honorars sicherer kalkulieren können.
Diesen Grundsätzen entsprechen die von der Beklagten zum 1. Juli 1997 eingeführten Fallzahlzuwachsregelungen, die sie auf die Honoraranforderung des Klägers für das Quartal III/1999 anwendete.
Die Beklagte beschränkte mit Wirkung ab Inkrafttreten der Praxisbudgets, dem 1. Juli 1997, für alle Vertragsärzte den Honorarzuwachs bei Steigerung der Zahl der budgetrelevanten Behandlungsfälle, indem sie in ihren HVM die Regelungen des § 12 Abs 4a ff einfügte (hier anzuwenden idF vom 18. März 1998, mit Geltung ab 1. Oktober 1997, - außer Kraft seit 1. Januar 2000). Danach unterlagen Vertragsärzte einer Honorarbegrenzung, wenn der Zuwachs der budgetrelevanten Behandlungsfälle in der Fachgruppe und auch der eigene Fallzahlzuwachs mehr als 5 % betrugen, wobei diese 5 % von der Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal berechnet wurden (§ 12 Abs 4a HVM). Entsprechend dem Ausmaß, in dem der Fallzahlzuwachs in der Praxis über diesen 5 % lag, wurde ihre Honoraranforderung vermindert (aaO Satz 3). Diese "Quotierung" war wieder aufzuheben - dh das einbehaltene Honorar war auszuzahlen -, wenn und soweit der Fallzahlzuwachs der Praxis im Verlauf dreier folgender Quartale die Grenzwerte ihrer Arztgruppe in entsprechendem Ausmaß unterschritt (aaO Abs 4b). Von der Honorarbegrenzung ausgenommen waren solche Vertragsärzte, die noch keine vier Jahre vertragsärztliche Abrechnungen eingereicht hatten (Aufbaupraxen), solange ihre Fallzahl unter dem Durchschnitt ihrer Fachgruppe lag (aaO Abs 4d). Sonderregelungen bzw Ausnahmemöglichkeiten bestanden für den Fall längerdauernder Praxisabwesenheit und anschließender Überschreitung der Grenzwerte (aaO Abs 4c), für den Fall der Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft oder in mehrere Einzel- oder Gemeinschaftspraxen (aaO Abs 4e) sowie für Fälle unbilliger Härte (aaO Abs 8). Honorarausgleichsmaßnahmen waren zulässig (aaO Abs 7).
Gemäß diesen Fallzahlzuwachsregelungen verminderte die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid die Honoraranforderung des Klägers von 85.116,44 DM für seine budgetrelevanten Fälle des Quartals III/1999 um 5.013,96 DM. Diese Reduzierung um 5,89 % beruhte darauf, dass die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe der Chirurgen von 727 im Vorjahresquartal III/1998 um mehr als 5 % auf 765 Fälle und die Fallzahl des Klägers von 1.065 im Vorjahresquartal ebenfalls um mehr als 5 % auf 1.171 Fälle gestiegen waren. Die dabei zu Grunde gelegte 5 %ige Fallzahlzuwachstoleranz betrug 37 Fälle; dies ergab sich gemäß § 12 Abs 4a Satz 2 HVM aus der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal (727 Fälle x 5 % = 37 Fälle). Der Kläger überschritt mit seiner Fallzahlsteigerung um 106 Fälle den tolerierten Fallzahlzuwachs von 37 Fällen um 69 Fälle. Im Verhältnis dieser Überschreitung zu seiner Gesamtfallzahl, also um 5,89 %, kürzte die Beklagte seine Honoraranforderung.
Diese Begrenzung des Honoraranspruchs bei Fallzahlzuwächsen ist von ihrem Ansatz und ihrer Ausgestaltung her mit den von der Rspr des erkennenden Senats entwickelten Grundsätzen vereinbar. Dieser hat im Einzelnen ausgeführt, dass sich die gesetzliche Grundlage für Fallzahlzuwachsregelungen nicht aus der Ermächtigung in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V ergibt, die Regelungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit vorsieht (Satz 4 aaO in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 31. Dezember 1998; Satz 5 aaO im Jahr 1999; Satz 6 aaO seit 1. Januar 2000). Eine übermäßige Ausdehnung im Sinne dieser Regelung wird erst bei erheblich über dem Durchschnitt der Fachgruppe liegenden Leistungsmengen angenommen, die Qualitätsmängel befürchten lassen, wobei der Gesamtumfang der vertragsärztlichen Tätigkeit einzubeziehen ist, zB durch Berücksichtigung sowohl der Gesamtpunkt- als auch der Gesamtfallzahl. Aus der Fallzahl allein ergibt sich kein zuverlässiges Indiz für eine zu umfangreiche und deshalb qualitativ mutmaßlich unzulängliche Tätigkeit des Arztes (BSG, Urteile vom 13. März 2002, BSGE 89, 173, 174 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 369; SozR aaO Nr 44 S 359). Diese hier nicht einschlägige Ermächtigung zu Regelungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit schließt anderweitige Regelungen der KÄVen, um der Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit bzw deren Honorierung entgegenzuwirken, nicht aus. Gerade seit den 1993 eingeführten Begrenzungen der Erhöhungen der Gesamtvergütungen besteht ein Bedarf nach Beschränkungen der Vergütung für Zuwächse sowohl des Fallwertes als auch der Fallzahl, um so die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (vgl die Zusammenfassung der Senatsrechtsprechung im Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 6 KA 54/02 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Zur Beschränkung der Vergütung für Fallwertsteigerungen dienten insbesondere die zum 1. Juli 1997 durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) eingeführten Praxisbudgets, die bis zum 30. Juni 2003 in Kraft gewesen sind (zu den Praxisbudgets zuletzt BSG, Urteil vom 24. September 2003 - B 6 KA 31/02 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Um dem Anreiz entgegenzuwirken, an Stelle der nicht mehr attraktiven Steigerung von Fallwerten zur Honoraraufbesserung nunmehr die Fallzahlen zu steigern, bedurfte es ergänzender Regelungen. In diesem Sinn sahen die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in ihrer Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets vor, dass die KÄVen bei Fallzahlsteigerungen um mehr als 5 % des Vorjahresquartals Maßnahmen zu ergreifen hätten, um dadurch hervorgerufenen Punktwertminderungen entgegenzuwirken (s dazu Praxisbudgetvereinbarung, DÄ 1997, A-403 f unter 5. aE; s auch DÄ 1996, A-3364 unter 3. aE; DÄ 1997, A-860, 863 unter 6. aE). So stellen Honorarbegrenzungen für Fallzahlsteigerungen, die nach Maßgabe des § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V getroffen werden können, sinnvolle flankierende Maßnahmen zur Absicherung der Wirkung der Praxisbudgets dar (BSG, Urteile vom 13. März 2002, BSGE 89, 173, 177 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 372 f; SozR aaO Nr 44 S 362).
Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge hat das BSG Bestimmungen im HVM, die den zu honorierenden Fallzahlzuwachs auf 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal begrenzen, als unbedenklich angesehen (Urteil vom 13. März 2002, BSGE 89, 173, 182 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 378 f und die weiteren Urteile vom selben Tag in den Verfahren Az B 6 KA 13/01 R, B 6 KA 14/01 R, B 6 KA 35/01 R). Solche Regelungen bedeuten nicht, dass für die Behandlungsfälle, die der Zahl nach die Grenze übersteigen, keine Vergütung gewährt werde. Vielmehr wird lediglich das Ausmaß der Vergütungen insgesamt der Höhe nach begrenzt, sodass das auf die einzelnen Fälle bzw auf die einzelnen Leistungen entfallende Honorar entsprechend der größeren Fallzahl bzw dem größeren Leistungsvolumen sinkt (vgl BSG, Urteil vom 13. März 2002 - B 6 KA 35/01 R -; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 211; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 aaO). Die Rechtmäßigkeit einer Regelung, die den zu honorierenden Fallzahlzuwachs auf 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal begrenzt, hängt nicht davon ab, ob für die Zahl an Behandlungsfällen, die der Arzt über die Zuwachsgrenze hinaus hatte, eine zusätzliche abgestaffelte Vergütung oä gewährt wird (ohne solche weitere Vergütung s Urteile vom 13. März 2002, BSGE 89, 173 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 und diejenigen zu den Az B 6 KA 13/01 R und B 6 KA 14/01 R; mit Abstaffelungsausgleich s Urteil vom 13. März 2002 - B 6 KA 35/01 R -).
Der Senat hat auch solche Fallzahlzuwachsregelungen nicht beanstandet, bei denen eine Honorarbegrenzung für den einzelnen Vertragsarzt nur eingriff, wenn seine Fachgruppe im Durchschnitt ebenfalls einen Fallzahlzuwachs von mehr als 5 % aufwies. Die Bestimmungen in der erwähnten Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets ließen Raum für eine solche Ausgestaltung. Sie legten eine Koppelung an Gesamtsteigerungen im KÄV-Bezirk nahe durch die Vorgabe an die KÄVen, Maßnahmen zu ergreifen, falls in ihrem Bezirk die Fallzahlen um mehr als 5 % des Vorjahresquartals stiegen. Dementsprechend waren die KÄVen zwar nicht verpflichtet, aber befugt, die Honorarbegrenzung für den einzelnen Vertragsarzt davon abhängig zu machen, dass auch seine Fachgruppe im Durchschnitt einen Fallzahlzuwachs von mehr als 5 % aufwies (zu einer ähnlichen Regelung s Urteil vom 13. März 2002, BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 44 S 358).
Unbedenklich ist auch, dass der hier zu beurteilende HVM für die Berechnung der Fahlzahlzuwachstoleranz von 5 % die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal zu Grunde legte. Die KÄV hat Gestaltungsfreiheit, ob sie die Fallzahlzuwachsquoten nach der eigenen früheren Fallzahl des Vertragsarztes oder nach der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe bemisst. Der Senat hat sich in seiner bisherigen Rspr zwar nur mit Fallzahlzuwachsregelungen befasst, die als Maßstab für die Berechnung der 5 % die eigene Fallzahl im Vorjahresquartal zu Grunde legten. Er hat diese Ausgestaltung aber nicht als die einzig rechtmäßige bezeichnet und insoweit lediglich ausgeführt, dass eine solche Regelung "einen vertretbaren Ausgleich" zwischen den Interessen des einzelnen Arztes an einem möglichst ungehinderten Wachstum und den Interessen aller Vertragsärzte an möglichst stabilen Punktwerten darstelle (BSGE 89, 173, 183 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 379). Schon diese Formulierung zeigte, dass auch andere Lösungen - wie die Bemessung nach der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe - vom Spielraum bei der Ausgestaltung des HVM gedeckt sein können. Im Urteil vom 10. Dezember 2003 (B 6 KA 54/02 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) hat der Senat dies im Rahmen der Überprüfung von Individualbudgets dahin weitergeführt, dass im HVM zugelassene prozentuale Steigerungen nicht auf das bisherige Abrechnungsvolumen des Arztes, sondern auf einen generellen Wert wie zB den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe bezogen werden "sollten", um ungleiche Zuwachsmöglichkeiten auszuschließen. Dies gilt ebenso für Honorarbegrenzungsregelungen bei Fallzahlzuwächsen.
Diesen rechtlichen Anforderungen hat die Beklagte mit den Regelungen zur Honorarbeschränkung bei Fallzahlzuwächsen entsprochen. Die Grenzziehung bei einem Zuwachs von 5 % in § 12 Abs 4a HVM war nicht zu beanstanden. Unbedenklich war auch, dass diese Quote gemäß § 12 Abs 4a Satz 2 und 3 HVM nach der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal und nicht nach der eigenen früheren Fallzahl des Vertragsarztes berechnet wurde; demgemäß ist der Hinweis des Klägers ohne Erfolg, dass seine Fallzahl bereits über dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe und ihm hierauf bezogen nur ein Zuwachs von weniger als 5 % möglich gewesen sei. Auch die Regelung in § 12 Abs 4a Satz 1 HVM, wonach die Honorarbegrenzung für den einzelnen Vertragsarzt nur eingriff, wenn seine Fachgruppe im Durchschnitt ebenfalls einen Fallzahlzuwachs von mehr als 5 % aufwies, ist nach den dargestellten Maßstäben nicht zu beanstanden.
Die HVM-Vorschriften waren auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie keine Sonderregelung für die Fachgruppe der Chirurgen und für Fälle wie den des Klägers vorsahen. Für Sonderfälle reichte die Regelung des § 12 Abs 8 HVM aus, die vorsah, dass der Vorstand in Fällen unbilliger Härte eine abweichende Handhabung der Regelungen beschließen konnte. Mit ihr ist allgemein dem Erfordernis entsprochen, dass eine Regelung bestehen muss, die in Sondersituationen Ausnahmeentscheidungen ermöglicht (vgl dazu BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 6 KA 54/02 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, mwN). Ein Fall, in dem die Zuerkennung einer Ausnahme geboten ist, lag weder bei den Chirurgen generell noch individuell beim Kläger vor. Das Argument, Chirurgen hätten insgesamt weniger Möglichkeiten als andere Ärzte, Behandlungen wegen Überlastung abzulehnen, lässt außer Betracht, dass sie neben der notwendigen Sofortversorgung von Unfällen betroffener Patienten auch zahlreiche andere Behandlungsleistungen erbringen, die ebenso wie bei anderen Arztgruppen planbar sind und daher im Falle der Überlastung auf einen späteren Zeitpunkt terminiert bzw an andere Ärzte abgegeben werden können. Ebenso wenig gibt es ausreichende Gründe dafür, dass sich der Kläger individuell von den anderen Chirurgen signifikant unterscheidet und ihm deshalb eine Ausnahme anerkannt werden müsste. Ein spezieller Grund, dass er hohen Fallzahlen weniger ausweichen könnte als andere Chirurgen, ist nicht erkennbar. Wer wie er ein großes Einzugsgebiet hat und dann zusätzlich ungewöhnlich viele Sprechstundenzeiten anbietet (nach seinen Angaben wochentags 10 und zusätzlich samstags 3 Stunden), muss die Folge großer Fallzahlen und Fallzahlsteigerungen sowie möglicher Honorarbeschränkungen auf Grund der auch ihm bekannten HVM-Regelungen in Rechnung stellen. Eine unbillige Härte liegt darin für ihn nicht.
Die Fallzahlzuwachsregelungen mussten ferner keine Freistellung von der Honorarbegrenzung für den Fall vorsehen - und dies erforderte auch keine Ausnahmebewilligung -, dass der Vertragsarzt zwar große Fallzahlsteigerungen hatte, aber mit seinen Fallwerten und seinen Gesamthonoraranforderungen unter dem Durchschnitt der Fachgruppe lag. Gerade in Ergänzung zu den Praxisbudget-Regelungen im EBM-Ä durfte sich der HVM darauf beschränken, Regelungen zur Honorarbegrenzung bei Fallzahlsteigerungen zu treffen. Wer geringe(re) Fallwerte aufzuweisen hatte, wurde nicht - oder jedenfalls in geringerem Maße als andere - durch die Bestimmungen über die Praxisbudgets im EBM-Ä begrenzt. Ein bundesrechtliches Gebot, ihn zusätzlich von fallzahlbezogenen Honorarbegrenzungen auszunehmen, bestand und besteht nicht, ist insbesondere nicht aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ableitbar.
Ferner ergeben sich keine Bedenken aus dem Gesichtspunkt, dass die Zuwachstoleranz für den einzelnen Vertragsarzt nicht schon im Zeitpunkt seiner Leistungserbringung feststand. Zwar trifft es zu, dass diese Toleranz davon abhing, ob der Fallzahlzuwachs in der Fachgruppe höher als 5 % und wie groß er war, was beides erst nach Abschluss des Quartals berechnet werden konnte. Es waren aber ausreichende Eckwerte bekannt, die dem einzelnen Vertragsarzt eine ungefähre Abschätzung ermöglichten; denn die Beklagte gab regelmäßig die Durchschnittsfallzahlen der Fachgruppen bekannt, sobald diese vorlagen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Vertragsarzt bei seiner Leistungserbringung die für die Honorierung maßgeblichen Rahmendaten kennen muss, ausreichend Rechnung getragen (zu diesem Erfordernis im Zusammenhang mit Honorarbegrenzungen bei Fallzahlzuwächsen s BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 44 S 367).
Erfolglos ist schließlich der Einwand des Klägers gegen das verfahrensmäßige Vorgehen der Beklagten. Diese musste die erneute Anwendung der Fallzahlzuwachsregelungen auf das Quartal III/1999, nachdem die Honorarbegrenzung für die Quartale I und II/1999 ausgesetzt worden war, nicht gesondert vorab ankündigen. Da deren Anwendung auch vom Ausmaß des Fallzahlzuwachses in der Gesamtfachgruppe abhängig war, war ohne Weiteres erkennbar, dass sie möglicherweise in einem oder mehreren Quartalen nicht anzuwenden, aber in einem späteren Quartal erneut zum Zuge kommen könnte. Ein Vertrauensschutz für die Nichtheranziehung im Quartal III/1999 konnte sich auch nicht aus dem vom Kläger angeführten Schreiben der Beklagten ergeben. Denn dieses erging erst nach Ablauf dieses Quartals, datierte nämlich, wie er selbst angibt, erst vom 2. Dezember 1999 und konnte deshalb keinen Einfluss mehr auf sein Behandlungsverhalten in dem bereits abgelaufenen Quartal III/1999 haben. Im Übrigen konnte es auch von seinem Inhalt her keinen Vertrauensschutz begründen, weil es ausreichend deutlich machte, dass über das Eingreifen der Honorarbegrenzung für jedes Quartal neu zu entscheiden war, mithin aus der Nichtanwendung in zwei Quartalen nichts für weitere Quartale abgeleitet werden konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Gründe:
I
Umstritten sind Honorarbegrenzungen für Fallzahlsteigerungen.
Der Kläger ist seit 1996 als Chirurg im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte beschränkte durch Ergänzung ihres Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) mit Wirkung ab 1. Juli 1997 den Honorarzuwachs für den Fall, dass die Zahl der budgetrelevanten Fälle gesteigert wurde. Gemäß § 12 Abs 4a ff HVM (in der geänderten Fassung vom 18. März 1998, mit Geltung ab 1. Oktober 1997) griff eine Honorarbegrenzung ein, wenn der Zuwachs der budgetrelevanten Behandlungsfälle in der Fachgruppe und auch der eigene Fallzahlzuwachs mehr als 5 % betrugen, wobei diese 5 % von der Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal berechnet wurden. Im Maß der Überschreitung wurden die Honoraranforderungen quotiert. Zur Ergänzung dieser Grundregelungen gab es weitere Einzelbestimmungen zB darüber, dass die Quotierung wieder aufzuheben war, wenn der Arzt in drei folgenden Quartalen die Zuwachsgrenzwerte unterschritt, für Aufbaupraxen in den ersten vier Jahren, für den Fall überhöhten Zuwachses nach länger dauernder Praxisabwesenheit, für Umwandlungen in eine Gemeinschaftspraxis und für Fälle unbilliger Härte.
In Anwendung dieser Regelungen hatte die Beklagte dem Kläger sein Honorar bereits für die Quartale IV/1998, I und II/1999 begrenzt. Der Honorarbescheid für das Quartal IV/1998 wurde - nach erfolgloser Anfechtung durch den Kläger - bestandskräftig (Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 18. Oktober 2001 - rechtskräftig). Die Begrenzungen für die Quartale I und II/1999 hob die Beklagte dagegen unter Hinweis auf den überdurchschnittlichen Zuwachs der Arztzahl in der Gruppe der Chirurgen und das dadurch vergrößerte Honorarkontingent rückwirkend wieder auf.
Im hier streitigen Quartal III/1999 verminderte die Beklagte erneut auf Grund der Fallzahlzuwachsregelungen die Honoraranforderung des Klägers für seine budgetrelevanten Fälle von 85.116,44 DM um 5.013,96 DM (Bescheid vom 14. Juli 1998 und Widerspruchsbescheid vom 1. November 2000). Zu dieser Reduzierung um 5,89 % führte sie aus, dass die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe der Chirurgen von 727 im Vorjahresquartal III/1998 um mehr als 5 % auf 765 und seine Fallzahl von 1.065 ebenfalls um mehr als 5 % auf 1.171 Fälle gestiegen seien. Von seiner Fallzahlsteigerung um 106 Fälle sei nur eine Erhöhung um 5 % - berechnet von der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal, also 37 Fälle - zu berücksichtigen. Die daraus resultierende Nichtberücksichtigung von 69 (von insgesamt 1.171) Fällen ergebe eine Honorarminderung um 5,89 %.
Das vom Kläger angerufene SG hat seine Klage abgewiesen (Urteil vom 23. Oktober 2002). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und den Honorarbescheid für das Quartal III/1999 aufgehoben, soweit durch diesen das Honorar in Anwendung des § 12 Abs 4a HVM gekürzt wurde und sinngemäß die Beklagte verurteilt, dem Kläger diesen Honoraranteil auszuzahlen (Urteil vom 27. Mai 2003). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bestimmungen des § 12 Abs 4a ff HVM, die auf eine Beschränkung der Ausdehnung der Praxistätigkeit zielten, seien am Maßstab der Regelungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit in § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu überprüfen. Den dazu vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Maßstäben genüge eine allein auf Fallzahlgrenzwerte abstellende Regelung nicht. Aber auch wenn man wie das BSG in seinen Urteilen vom 13. März 2002 als Maßstab nicht § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V, sondern die allgemeinen Regelungen des § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V heranziehe, seien die Bestimmungen des § 12 Abs 4a ff HVM rechtswidrig. Denn indem § 12 Abs 4a HVM einen Fallzahlzuwachs bei 5 % des Fachgruppendurchschnitts strikt abschneide, ohne die überschießende Zahl an Fällen wenigstens abgestaffelt zu vergüten, würden diese weiteren Behandlungsfälle überhaupt nicht honoriert. Dies greife unverhältnismäßig in die Berufsausübung ein. Zudem ermögliche die auf 5 % des Fachgruppendurchschnitts bemessene Zuwachsgrenze kleineren Praxen einen verhältnismäßig höheren Zuwachs als größeren, was dem Gleichbehandlungsgebot und dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht gerecht werde. Unberücksichtigt bleibe schließlich, ob das Quartalshonorar insgesamt möglicherweise auf Grund unterdurchschnittlicher Fallwerte vergleichsweise gering sei. Im Übrigen werde missachtet, dass die Fallzahlzuwachsgrenze dem Arzt schon im Zeitpunkt der Leistungserbringung vorhersehbar sein müsse; er könne nicht wissen, ob die Fachgruppe im Durchschnitt die Toleranzgrenze übersteigen werde. Nach alledem bedürfe es keiner Entscheidung mehr, ob - wie der Kläger meine - auch das Verfahren, die Honorarbegrenzung nach der Aussetzung in den Quartalen I und II/1999 ohne Vorankündigung für das Quartal III/1999 wieder in Kraft zu setzen, zu beanstanden sei.
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, das Berufungsgericht habe die Regelungen des § 12 Abs 4a ff HVM über Fallzahlzuwächse zu Unrecht beanstandet. Diese hätten nach den Urteilen des BSG vom 13. März 2002 ihre gesetzliche Grundlage in § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V. Die strikte Begrenzung des Zuwachses auf 5 % des Fachgruppendurchschnitts ermögliche allen Ärzten einen absolut gleich hohen Zuwachs. Auch den Praxen mit großen Fallzahlen sei noch ein Wachstum möglich. Ein schnelleres Wachstum als in 5 %-Stufen brauche jedenfalls Praxen mit überdurchschnittlicher Fallzahl nach der Rspr des BSG nicht eingeräumt zu werden. Die hier zu beurteilende Regelung sei im Vergleich zu den vom BSG als rechtmäßig erachteten Bestimmungen sogar großzügiger, weil die 5 %ige Begrenzung nicht in jedem Fall eingreife, sondern nur, falls auch die Fachgruppe insgesamt einen Fallzahlzuwachs um mehr als 5 % aufzuweisen habe. Ferner werde der Honorarabzug dadurch gemildert, dass dieser bei Einhaltung der Fallzahlgrenzen in den Folgequartalen nicht realisiert bzw zurückerstattet werde. Schließlich folge eine Rechtswidrigkeit auch nicht daraus, dass sich der Kläger im Quartal III/1999 noch in der Aufbauphase befunden und ein großes Einzugsgebiet habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Mai 2003 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Oktober 2002 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das Berufungsurteil. Es habe zu Recht beanstandet, dass kleineren Praxen ein verhältnismäßig größerer Zuwachs als größeren Praxen möglich sei, zB ihm - dem Kläger - bezogen auf seine Fallzahl nur eine Steigerungsquote von weniger als 5 %. Steigerungen unter 5 % seien nach der Rechtsprechung des BSG aber nur rechtens, wenn es dafür eine Kompensation wie zB eine abgestaffelte Vergütung für solche Fälle gäbe, die über dieser niedrigeren Grenze lägen. Das LSG habe ferner zu Recht beanstandet, dass unberücksichtigt bleibe, ob das Quartalshonorar insgesamt möglicherweise auf Grund unterdurchschnittlicher Fallwerte vergleichsweise gering sei. Schließlich sei nicht im Zeitpunkt der Leistungserbringung vorhersehbar gewesen, bei welcher Fallzahl die Zuwachstoleranzgrenze liegen werde. Denn die Begrenzung sei vom Abrechnungsverhalten der gesamten Fachgruppe abhängig, nämlich davon, ob auch deren Fallzahlzuwachs höher als 5 % liege. Die Begrenzungsregelungen seien zumal in einem Fall wie seinem rechtswidrig. Denn er habe seinen Zuwachs zu Lasten der anderen chirurgischen Praxen durch seine Fähigkeiten erreicht, dank derer sich seine Fallzahl später bei einem nicht mehr steigerbaren Arbeitseinsatz auf konstant knapp 1.200 Fälle je Quartal eingependelt habe. Überhaupt dürften für Chirurgen nicht dieselben Beschränkungen wie für andere Fachgruppen gelten, zumal nicht in chirurgisch unterversorgtem Gebiet und im Fall eines großen Einzugsbereichs wie bei ihm. Die Begrenzungen widersprächen dem Konzept der Förderung der Verlagerung von Operationen in den ambulanten Bereich. Das typische chirurgische Anforderungsprofil und das Berufsethos jederzeitiger Bereitschaft zur Notfallversorgung verunfallter Patienten blieben unberücksichtigt. Kein Ausweg sei es, sich durch häufigen Urlaub den Restriktionen anzupassen, denn nach der Rückkehr kämen umso mehr Patienten und erneut der Konflikt mit der Fallzahlzuwachsregelung. Die Honorarbegrenzung hätte im Übrigen auch nicht nach deren Aussetzung in den Quartalen I und II/1999 ohne Vorankündigung für das Quartal III/1999 wieder in Kraft gesetzt werden dürfen.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen. Denn entgegen der Auffassung des LSG sind die Honorarbegrenzungsregelungen in § 12 Abs 4a ff HVM (hier zu Grunde zu legen in der im Quartal III/1999 geltenden Fassung) rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für Regelungen über Honorarbeschränkungen für Fallzahlsteigerungen ist § 85 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477, geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2626). Danach haben die KÄVen die Gesamtvergütung nach Maßgabe des HVM an die Vertragsärzte zu verteilen; bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen. Bei der Ausgestaltung des HVM haben die KÄVen, wie im Senatsurteil vom 10. Dezember 2003 (B 6 KA 54/02 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) zusammenfassend ausgeführt ist, einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung, ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist. Zu beachten ist dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Bei dem Gebot leistungsproportionaler Vergütung handelt es sich jedoch nur um einen Grundsatz; von ihm darf abgewichen werden, wenn die KÄV damit andere billigenswerte Ziele verfolgt. Solche anerkennenswerten Zielsetzungen können in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise die Vertragsärzte einen Teil des vertragsärztlichen Honorars sicherer kalkulieren können.
Diesen Grundsätzen entsprechen die von der Beklagten zum 1. Juli 1997 eingeführten Fallzahlzuwachsregelungen, die sie auf die Honoraranforderung des Klägers für das Quartal III/1999 anwendete.
Die Beklagte beschränkte mit Wirkung ab Inkrafttreten der Praxisbudgets, dem 1. Juli 1997, für alle Vertragsärzte den Honorarzuwachs bei Steigerung der Zahl der budgetrelevanten Behandlungsfälle, indem sie in ihren HVM die Regelungen des § 12 Abs 4a ff einfügte (hier anzuwenden idF vom 18. März 1998, mit Geltung ab 1. Oktober 1997, - außer Kraft seit 1. Januar 2000). Danach unterlagen Vertragsärzte einer Honorarbegrenzung, wenn der Zuwachs der budgetrelevanten Behandlungsfälle in der Fachgruppe und auch der eigene Fallzahlzuwachs mehr als 5 % betrugen, wobei diese 5 % von der Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal berechnet wurden (§ 12 Abs 4a HVM). Entsprechend dem Ausmaß, in dem der Fallzahlzuwachs in der Praxis über diesen 5 % lag, wurde ihre Honoraranforderung vermindert (aaO Satz 3). Diese "Quotierung" war wieder aufzuheben - dh das einbehaltene Honorar war auszuzahlen -, wenn und soweit der Fallzahlzuwachs der Praxis im Verlauf dreier folgender Quartale die Grenzwerte ihrer Arztgruppe in entsprechendem Ausmaß unterschritt (aaO Abs 4b). Von der Honorarbegrenzung ausgenommen waren solche Vertragsärzte, die noch keine vier Jahre vertragsärztliche Abrechnungen eingereicht hatten (Aufbaupraxen), solange ihre Fallzahl unter dem Durchschnitt ihrer Fachgruppe lag (aaO Abs 4d). Sonderregelungen bzw Ausnahmemöglichkeiten bestanden für den Fall längerdauernder Praxisabwesenheit und anschließender Überschreitung der Grenzwerte (aaO Abs 4c), für den Fall der Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft oder in mehrere Einzel- oder Gemeinschaftspraxen (aaO Abs 4e) sowie für Fälle unbilliger Härte (aaO Abs 8). Honorarausgleichsmaßnahmen waren zulässig (aaO Abs 7).
Gemäß diesen Fallzahlzuwachsregelungen verminderte die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid die Honoraranforderung des Klägers von 85.116,44 DM für seine budgetrelevanten Fälle des Quartals III/1999 um 5.013,96 DM. Diese Reduzierung um 5,89 % beruhte darauf, dass die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe der Chirurgen von 727 im Vorjahresquartal III/1998 um mehr als 5 % auf 765 Fälle und die Fallzahl des Klägers von 1.065 im Vorjahresquartal ebenfalls um mehr als 5 % auf 1.171 Fälle gestiegen waren. Die dabei zu Grunde gelegte 5 %ige Fallzahlzuwachstoleranz betrug 37 Fälle; dies ergab sich gemäß § 12 Abs 4a Satz 2 HVM aus der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal (727 Fälle x 5 % = 37 Fälle). Der Kläger überschritt mit seiner Fallzahlsteigerung um 106 Fälle den tolerierten Fallzahlzuwachs von 37 Fällen um 69 Fälle. Im Verhältnis dieser Überschreitung zu seiner Gesamtfallzahl, also um 5,89 %, kürzte die Beklagte seine Honoraranforderung.
Diese Begrenzung des Honoraranspruchs bei Fallzahlzuwächsen ist von ihrem Ansatz und ihrer Ausgestaltung her mit den von der Rspr des erkennenden Senats entwickelten Grundsätzen vereinbar. Dieser hat im Einzelnen ausgeführt, dass sich die gesetzliche Grundlage für Fallzahlzuwachsregelungen nicht aus der Ermächtigung in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V ergibt, die Regelungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit vorsieht (Satz 4 aaO in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 31. Dezember 1998; Satz 5 aaO im Jahr 1999; Satz 6 aaO seit 1. Januar 2000). Eine übermäßige Ausdehnung im Sinne dieser Regelung wird erst bei erheblich über dem Durchschnitt der Fachgruppe liegenden Leistungsmengen angenommen, die Qualitätsmängel befürchten lassen, wobei der Gesamtumfang der vertragsärztlichen Tätigkeit einzubeziehen ist, zB durch Berücksichtigung sowohl der Gesamtpunkt- als auch der Gesamtfallzahl. Aus der Fallzahl allein ergibt sich kein zuverlässiges Indiz für eine zu umfangreiche und deshalb qualitativ mutmaßlich unzulängliche Tätigkeit des Arztes (BSG, Urteile vom 13. März 2002, BSGE 89, 173, 174 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 369; SozR aaO Nr 44 S 359). Diese hier nicht einschlägige Ermächtigung zu Regelungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit schließt anderweitige Regelungen der KÄVen, um der Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit bzw deren Honorierung entgegenzuwirken, nicht aus. Gerade seit den 1993 eingeführten Begrenzungen der Erhöhungen der Gesamtvergütungen besteht ein Bedarf nach Beschränkungen der Vergütung für Zuwächse sowohl des Fallwertes als auch der Fallzahl, um so die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (vgl die Zusammenfassung der Senatsrechtsprechung im Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 6 KA 54/02 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Zur Beschränkung der Vergütung für Fallwertsteigerungen dienten insbesondere die zum 1. Juli 1997 durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) eingeführten Praxisbudgets, die bis zum 30. Juni 2003 in Kraft gewesen sind (zu den Praxisbudgets zuletzt BSG, Urteil vom 24. September 2003 - B 6 KA 31/02 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Um dem Anreiz entgegenzuwirken, an Stelle der nicht mehr attraktiven Steigerung von Fallwerten zur Honoraraufbesserung nunmehr die Fallzahlen zu steigern, bedurfte es ergänzender Regelungen. In diesem Sinn sahen die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in ihrer Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets vor, dass die KÄVen bei Fallzahlsteigerungen um mehr als 5 % des Vorjahresquartals Maßnahmen zu ergreifen hätten, um dadurch hervorgerufenen Punktwertminderungen entgegenzuwirken (s dazu Praxisbudgetvereinbarung, DÄ 1997, A-403 f unter 5. aE; s auch DÄ 1996, A-3364 unter 3. aE; DÄ 1997, A-860, 863 unter 6. aE). So stellen Honorarbegrenzungen für Fallzahlsteigerungen, die nach Maßgabe des § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V getroffen werden können, sinnvolle flankierende Maßnahmen zur Absicherung der Wirkung der Praxisbudgets dar (BSG, Urteile vom 13. März 2002, BSGE 89, 173, 177 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 372 f; SozR aaO Nr 44 S 362).
Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge hat das BSG Bestimmungen im HVM, die den zu honorierenden Fallzahlzuwachs auf 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal begrenzen, als unbedenklich angesehen (Urteil vom 13. März 2002, BSGE 89, 173, 182 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 378 f und die weiteren Urteile vom selben Tag in den Verfahren Az B 6 KA 13/01 R, B 6 KA 14/01 R, B 6 KA 35/01 R). Solche Regelungen bedeuten nicht, dass für die Behandlungsfälle, die der Zahl nach die Grenze übersteigen, keine Vergütung gewährt werde. Vielmehr wird lediglich das Ausmaß der Vergütungen insgesamt der Höhe nach begrenzt, sodass das auf die einzelnen Fälle bzw auf die einzelnen Leistungen entfallende Honorar entsprechend der größeren Fallzahl bzw dem größeren Leistungsvolumen sinkt (vgl BSG, Urteil vom 13. März 2002 - B 6 KA 35/01 R -; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 211; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 aaO). Die Rechtmäßigkeit einer Regelung, die den zu honorierenden Fallzahlzuwachs auf 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal begrenzt, hängt nicht davon ab, ob für die Zahl an Behandlungsfällen, die der Arzt über die Zuwachsgrenze hinaus hatte, eine zusätzliche abgestaffelte Vergütung oä gewährt wird (ohne solche weitere Vergütung s Urteile vom 13. März 2002, BSGE 89, 173 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 und diejenigen zu den Az B 6 KA 13/01 R und B 6 KA 14/01 R; mit Abstaffelungsausgleich s Urteil vom 13. März 2002 - B 6 KA 35/01 R -).
Der Senat hat auch solche Fallzahlzuwachsregelungen nicht beanstandet, bei denen eine Honorarbegrenzung für den einzelnen Vertragsarzt nur eingriff, wenn seine Fachgruppe im Durchschnitt ebenfalls einen Fallzahlzuwachs von mehr als 5 % aufwies. Die Bestimmungen in der erwähnten Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets ließen Raum für eine solche Ausgestaltung. Sie legten eine Koppelung an Gesamtsteigerungen im KÄV-Bezirk nahe durch die Vorgabe an die KÄVen, Maßnahmen zu ergreifen, falls in ihrem Bezirk die Fallzahlen um mehr als 5 % des Vorjahresquartals stiegen. Dementsprechend waren die KÄVen zwar nicht verpflichtet, aber befugt, die Honorarbegrenzung für den einzelnen Vertragsarzt davon abhängig zu machen, dass auch seine Fachgruppe im Durchschnitt einen Fallzahlzuwachs von mehr als 5 % aufwies (zu einer ähnlichen Regelung s Urteil vom 13. März 2002, BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 44 S 358).
Unbedenklich ist auch, dass der hier zu beurteilende HVM für die Berechnung der Fahlzahlzuwachstoleranz von 5 % die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal zu Grunde legte. Die KÄV hat Gestaltungsfreiheit, ob sie die Fallzahlzuwachsquoten nach der eigenen früheren Fallzahl des Vertragsarztes oder nach der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe bemisst. Der Senat hat sich in seiner bisherigen Rspr zwar nur mit Fallzahlzuwachsregelungen befasst, die als Maßstab für die Berechnung der 5 % die eigene Fallzahl im Vorjahresquartal zu Grunde legten. Er hat diese Ausgestaltung aber nicht als die einzig rechtmäßige bezeichnet und insoweit lediglich ausgeführt, dass eine solche Regelung "einen vertretbaren Ausgleich" zwischen den Interessen des einzelnen Arztes an einem möglichst ungehinderten Wachstum und den Interessen aller Vertragsärzte an möglichst stabilen Punktwerten darstelle (BSGE 89, 173, 183 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 379). Schon diese Formulierung zeigte, dass auch andere Lösungen - wie die Bemessung nach der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe - vom Spielraum bei der Ausgestaltung des HVM gedeckt sein können. Im Urteil vom 10. Dezember 2003 (B 6 KA 54/02 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) hat der Senat dies im Rahmen der Überprüfung von Individualbudgets dahin weitergeführt, dass im HVM zugelassene prozentuale Steigerungen nicht auf das bisherige Abrechnungsvolumen des Arztes, sondern auf einen generellen Wert wie zB den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe bezogen werden "sollten", um ungleiche Zuwachsmöglichkeiten auszuschließen. Dies gilt ebenso für Honorarbegrenzungsregelungen bei Fallzahlzuwächsen.
Diesen rechtlichen Anforderungen hat die Beklagte mit den Regelungen zur Honorarbeschränkung bei Fallzahlzuwächsen entsprochen. Die Grenzziehung bei einem Zuwachs von 5 % in § 12 Abs 4a HVM war nicht zu beanstanden. Unbedenklich war auch, dass diese Quote gemäß § 12 Abs 4a Satz 2 und 3 HVM nach der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal und nicht nach der eigenen früheren Fallzahl des Vertragsarztes berechnet wurde; demgemäß ist der Hinweis des Klägers ohne Erfolg, dass seine Fallzahl bereits über dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe und ihm hierauf bezogen nur ein Zuwachs von weniger als 5 % möglich gewesen sei. Auch die Regelung in § 12 Abs 4a Satz 1 HVM, wonach die Honorarbegrenzung für den einzelnen Vertragsarzt nur eingriff, wenn seine Fachgruppe im Durchschnitt ebenfalls einen Fallzahlzuwachs von mehr als 5 % aufwies, ist nach den dargestellten Maßstäben nicht zu beanstanden.
Die HVM-Vorschriften waren auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie keine Sonderregelung für die Fachgruppe der Chirurgen und für Fälle wie den des Klägers vorsahen. Für Sonderfälle reichte die Regelung des § 12 Abs 8 HVM aus, die vorsah, dass der Vorstand in Fällen unbilliger Härte eine abweichende Handhabung der Regelungen beschließen konnte. Mit ihr ist allgemein dem Erfordernis entsprochen, dass eine Regelung bestehen muss, die in Sondersituationen Ausnahmeentscheidungen ermöglicht (vgl dazu BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 6 KA 54/02 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, mwN). Ein Fall, in dem die Zuerkennung einer Ausnahme geboten ist, lag weder bei den Chirurgen generell noch individuell beim Kläger vor. Das Argument, Chirurgen hätten insgesamt weniger Möglichkeiten als andere Ärzte, Behandlungen wegen Überlastung abzulehnen, lässt außer Betracht, dass sie neben der notwendigen Sofortversorgung von Unfällen betroffener Patienten auch zahlreiche andere Behandlungsleistungen erbringen, die ebenso wie bei anderen Arztgruppen planbar sind und daher im Falle der Überlastung auf einen späteren Zeitpunkt terminiert bzw an andere Ärzte abgegeben werden können. Ebenso wenig gibt es ausreichende Gründe dafür, dass sich der Kläger individuell von den anderen Chirurgen signifikant unterscheidet und ihm deshalb eine Ausnahme anerkannt werden müsste. Ein spezieller Grund, dass er hohen Fallzahlen weniger ausweichen könnte als andere Chirurgen, ist nicht erkennbar. Wer wie er ein großes Einzugsgebiet hat und dann zusätzlich ungewöhnlich viele Sprechstundenzeiten anbietet (nach seinen Angaben wochentags 10 und zusätzlich samstags 3 Stunden), muss die Folge großer Fallzahlen und Fallzahlsteigerungen sowie möglicher Honorarbeschränkungen auf Grund der auch ihm bekannten HVM-Regelungen in Rechnung stellen. Eine unbillige Härte liegt darin für ihn nicht.
Die Fallzahlzuwachsregelungen mussten ferner keine Freistellung von der Honorarbegrenzung für den Fall vorsehen - und dies erforderte auch keine Ausnahmebewilligung -, dass der Vertragsarzt zwar große Fallzahlsteigerungen hatte, aber mit seinen Fallwerten und seinen Gesamthonoraranforderungen unter dem Durchschnitt der Fachgruppe lag. Gerade in Ergänzung zu den Praxisbudget-Regelungen im EBM-Ä durfte sich der HVM darauf beschränken, Regelungen zur Honorarbegrenzung bei Fallzahlsteigerungen zu treffen. Wer geringe(re) Fallwerte aufzuweisen hatte, wurde nicht - oder jedenfalls in geringerem Maße als andere - durch die Bestimmungen über die Praxisbudgets im EBM-Ä begrenzt. Ein bundesrechtliches Gebot, ihn zusätzlich von fallzahlbezogenen Honorarbegrenzungen auszunehmen, bestand und besteht nicht, ist insbesondere nicht aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ableitbar.
Ferner ergeben sich keine Bedenken aus dem Gesichtspunkt, dass die Zuwachstoleranz für den einzelnen Vertragsarzt nicht schon im Zeitpunkt seiner Leistungserbringung feststand. Zwar trifft es zu, dass diese Toleranz davon abhing, ob der Fallzahlzuwachs in der Fachgruppe höher als 5 % und wie groß er war, was beides erst nach Abschluss des Quartals berechnet werden konnte. Es waren aber ausreichende Eckwerte bekannt, die dem einzelnen Vertragsarzt eine ungefähre Abschätzung ermöglichten; denn die Beklagte gab regelmäßig die Durchschnittsfallzahlen der Fachgruppen bekannt, sobald diese vorlagen. Damit wurde dem Erfordernis, dass der Vertragsarzt bei seiner Leistungserbringung die für die Honorierung maßgeblichen Rahmendaten kennen muss, ausreichend Rechnung getragen (zu diesem Erfordernis im Zusammenhang mit Honorarbegrenzungen bei Fallzahlzuwächsen s BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 44 S 367).
Erfolglos ist schließlich der Einwand des Klägers gegen das verfahrensmäßige Vorgehen der Beklagten. Diese musste die erneute Anwendung der Fallzahlzuwachsregelungen auf das Quartal III/1999, nachdem die Honorarbegrenzung für die Quartale I und II/1999 ausgesetzt worden war, nicht gesondert vorab ankündigen. Da deren Anwendung auch vom Ausmaß des Fallzahlzuwachses in der Gesamtfachgruppe abhängig war, war ohne Weiteres erkennbar, dass sie möglicherweise in einem oder mehreren Quartalen nicht anzuwenden, aber in einem späteren Quartal erneut zum Zuge kommen könnte. Ein Vertrauensschutz für die Nichtheranziehung im Quartal III/1999 konnte sich auch nicht aus dem vom Kläger angeführten Schreiben der Beklagten ergeben. Denn dieses erging erst nach Ablauf dieses Quartals, datierte nämlich, wie er selbst angibt, erst vom 2. Dezember 1999 und konnte deshalb keinen Einfluss mehr auf sein Behandlungsverhalten in dem bereits abgelaufenen Quartal III/1999 haben. Im Übrigen konnte es auch von seinem Inhalt her keinen Vertrauensschutz begründen, weil es ausreichend deutlich machte, dass über das Eingreifen der Honorarbegrenzung für jedes Quartal neu zu entscheiden war, mithin aus der Nichtanwendung in zwei Quartalen nichts für weitere Quartale abgeleitet werden konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
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