S 7 KR 84/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KR 84/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 9/05 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist der Umfang der Beitragserhebung zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR).

Der am 00.00.1941 geborene Kläger war während seines Berufslebens vorwiegend als kaufmännischer Angestellter im Baugewerbe u.a. bei der Firma "I" versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1998 bezieht er eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er ist in der KVdR versichert und Mitglied der Beklagten, deren allgemeiner satzungsmäßiger Beitragssatz sich ab dem 01.07.2002 auf 14,5 % und ab dem 01.07.2003 auf 15,2 % belief. Neben seiner Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die ab 01.07.2003 1.694,13 Euro (brutto) betrug, erhält er Leistungen aus der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK) und eine Betriebsrente der Firma "I". Die Höhe der Betriebsrente belief sich im Januar 2004 auf 495,95 Euro und die Leistungen der ZVK auf 87,43 Euro im Monat. Bis zum 31.12.2003 erhob die Beklagte als Beitrag zur KVdR auf die vorgenannten Versorgungsbezüge einen Betrag in Höhe von 7,25 % (Hälfte des maßgeblichen allgemeinen Beitragssatzes).

Ab dem 01.01.2004 erhob sie entsprechend der gesetzlichen Neufassung des § 248 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) den vollen allgemeinen Beitragssatz in Höhe von 15,2 % auf die Versorgungsbezüge, worüber sie unter dem 02.02.2004 einen Bescheid erteilte. Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch, in dem er die Auffassung vertrat, eine 100 %ige Erhöhung des die Versorgungsbezüge betreffenden Beitragssatzes sei verfassungswidrig. Es liege insbesondere ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 20 des Grundgesetzes (GG) vor. Hintergrund für die bisherige Regelung sei gewesen, dass kein Dritter, insbesondere kein Arbeitgeber, die Hälfte des vollen Beitragssatzes übernehme. Daran habe sich nichts geändert, so dass eine plötzliche Verdoppelung des Beitrages in keiner Weise gerechtfertigt werden könne. Es liege vielmehr eine Benachteilung gegenüber anderen Versicherten, insbesondere Erwerbstätigen vor, die weiterhin faktisch nur den halben Beitragssatz tragen würden. Wegen der Verdoppelung des Beitragssatzes liege auch ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht vor. Ferner würden die Grundsätze des Vertrauensschutzes verletzt, weil die Erhöhung unerwartet gekommen und zudem unverhältnismäßig hoch ausgefallen sei. Bei den betroffenen Bezügen handele es sich um eine notwendige zusätzliche Altersversorgung. Die gesetzliche Neuregelung, auf die sich die Beklagte stütze, widerspreche der gesetzgeberischen Reformkonzeption, wonach die betriebliche Altersvorsorge gestärkt werden sollte. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Darin verwies sie auf den Inhalt der gesetzlichen Neuregelung des § 248 SGB V sowie auf die Gesetzesbegründung. Danach hätten im Jahre 1973 die Beiträge der Rentner noch etwa 70% der für sie notwendigen Leistungsaufwendungen abgedeckt. Aktuell betrage diese Deckungsquote nur noch 43% Es sei daher ein Gebot der Solidarität der Rentner mit den Erwerbstätigen, den Anteil der Finanzierung der Leistungen durch die Erwerbstätigen nicht noch höher werden zu lassen. Für die Beklagte bestünde keine Möglichkeit, von dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung abzuweichen.

Dagegen hat der Kläger am 16.04.2004 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Er vertritt weiter die Auffassung, dass die ihn betreffende Neuregelung des § 248 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) verfassungswidrig ist. Es liege sowohl eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 sowie 14 Abs. 1 GG vor, da er aufgrund der Beitragserhöhung in seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit in unzulässiger Weise beschränkt bzw. in seinem Eigentumsrecht verletzt sei. Darüber hinaus bestehe eine unverhältnismäßige Benachteiligung, da er im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Personenkreisen, die - weiterhin - lediglich den halben Krankenversicherungsbeitrag auf eine bestimmte Einkommensart zu leisten hätten, verpflichtet sei, den vollen Krankenkassenbeitrag für seine Versorgungsbezüge alleine aufzubringen. Aus diesem Grund liege auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Schließlich sei eine Verletzung des aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Vertrauensschutzgrundsatzes festzustellen, da ihm - ohne Schaffung von Übergangsvorschriften - eine Umstellung der Beitragsbemessung vom halben auf den vollen Beitragssatz zugemutet werde. In den Einzelheiten der Argumentation bezieht er sich auf eine rechtsgutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. I zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des GKV-Modernisierungsgesetzes hinsichtlich der Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezügen. Diesbezüglich wird auf Bl. 35-83 der Gerichtsakte verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 02.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 aufzuheben und die ab dem 01.01.2004 von der Beklagten von der Betriebsrente – betriebliche Altersversorgung - des Klägers einbehaltenen Beträge zur Krankenversicherung der Rentner zurückzuerstatten, soweit diese den halben Beitragssatz übersteigen sowie künftig nur noch Beiträge auf der Basis des halben Beitragssatzes - gemäß den bis 2003 geltenden Regelungen - vom Kläger zu erheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Nach ihrer Auffassung hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Regelungen der veränderten Situation hinsichtlich der Leistungsdeckung angepasst und den Eingriff in dem ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum vorgenommen. Ähnliche Eingriffe seien schon früher z.B. mit der Einführung des SGB V zum 01.01.1989 erfolgt. Auch damals seien erhebliche Privilegien (z.B. Beitritt zu freiwilligen Krankenversicherung für bestimmte Personenkreise, Wahlklassenkrankengeld) ersatzlos gestrichen worden.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Bei der auf § 202 Satz 4 SGB V gestützten Mitteilung der Beklagten über den Umfang der Beitragspflicht der Versorgungsbezüge handelt es sich um einen Vewaltungsakt (BSG SozR 3-3300 § 55 Nr. 5 m.w.N.). Der Klageantrag stellt sich daher als eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs.1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) dar, die mit einem Leistungsantrag (§ 54 Abs. 4 SGG) und einem Feststellungsantrag (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGG)kombiniert ist.

Die Klage ist aber unbegründet. Denn der Bescheid vom 02.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 ist rechtmäßig und der Kläger deswegen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden die von dem Kläger bezogenen Zusatzversorgungsleistungen ab dem 01.01.2004 zu Recht einem Beitragssatz in Höhe von 15,2% unterworfen. Denn dies entspricht dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift des § 248 Satz 1 SGB V in der seit dem 01.01.2004 gültigen Fassung. Bei den Leistungen, die der Kläger von der ZVK bzw. als Betriebsrente von der Firma "Hochtief" bezieht, handelt es sich um beitragspflichtige Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V in Verbindung mit §§ 237, 226 Abs. 2 SGB V. Der allgemeine Beitragssatz der Beklagten belief sich am 01.07.2003 ausweislich § 14 Abs. 1 a der Satzung der Beklagten in der seit dem 01.07.2003 gültigen Fassung auf 15,2 %. Die zutreffende Anwendung des "einfachen" Rechts ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass § 248 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 148 a GMG gegen das Grundgesetz verstößt. Aus diesem Grund bedarf es einer Aussetzung des Verfahrens und der Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungsmäßigkeit der streitigen Regelung nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht.

1) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt, dass für die (un-)gleiche Behandlung von Sachverhalten und die Auswahl der Anknüpfungskriterien - bezogen auf die Eigenarten des in Rede stehenden Sachbereichs und unter besonderer Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betreffenden Regelung - vernünftige, einleuchtende Gründe bestehen (vgl. BVerfGE 79, 224 (236) m.w.N.). Entgegen der in der Klageschrift unter Bezugnahme auf das Gutachten des Prof. Dr. I geäußerten Auffassung handelt es sich hier von der gesetzgeberischen Konstruktion her im Hinblick auf die bis zum 01.01.2004 gültige Fassung des § 248 SGB V nicht um eine Problematik der Ungleich- sondern der Gleichbehandlung. Denn der Kläger wird nunmehr hinsichtlich der Beitragspflicht seiner Einnahen aus der betrieblichen Altersversorgung genauso behandelt, wie versicherungspflichtige Arbeitnehmer (§ 241 SGB V) und Personen, die Einkünfte aus einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten (§ 247 SGB V). Denn für alle Personenkreise werden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach dem allgemeinen Beitragssatz bemessen. Die Frage, ob diese Gleichbehandlung vor dem Hintergrund der faktischen Entlastung, die versicherungspflichtig Beschäftigte und Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der Vorschriften des vierten Titels des achten Kapitels des SGB V (§ 249, 249 a SGB V) erhalten, gerechtfertigt ist, ist zu bejahen. Keinesfalls sind die Zweifel der Kammer an der Rechtfertigung so groß, dass sie von der Verfassungswidrigkeit der die Gleichbehandlung hervorrufenden Vorschrift des § 248 Satz 1 SGB V überzeugt wäre.

a) Im Vergleich zu der Gruppe der versicherungspflichtigen (aktiven) Arbeitnehmer liegt nach Überzeugung der Kammer ein einleuchtender vernünftiger Grund für die Gleichbehandlung vor. Nach den Erwägungen in der Gesetzesbegründung (vgl. Bundestagsdrucksache 15/2525, S. 140) sollte mit der Vorschrift erreicht werden, dass Rentner, die Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit erhalten, in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen für sie beteiligt werden. Die Beitragszahlungen der Rentner deckten früher (genannt wurde das Jahr 1973, gemeint war aber wohl das Jahr 1983) noch zu gut 70 % die auf sie entfallenden Leistungsaufwendungen ab, heute sind es nur noch etwa 43 %. Nach Überzeugung der Kammer steht die Regelung daher im Einklang mit dem Solidaritätsprinzip, welches prägend für die gesamte gesetzliche Sozialversicherung der Bundesrepublik Deutschland ist. Es stellt ein schlüssiges und nachvollziehbares Vorgehen dar, wenn der Gesetzgeber Personen, die in überdurchschnittlichem Umfang Leistungen eines Systems nachfragen, auch zumindest in gleicher Höhe an deren Finanzierung beteiligt werden, wie fast alle anderen Versicherten (vgl. hierzu ebenfalls Sozialgericht München, Urteil vom 30.09.2004, Az.: S 2 KR 321/04).Von ihrem Ansatz her ist die vorgenommene Gleichbehandlung nicht wilkürlich. Denn das Finanzierungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung geht von dem Grundsatz aus, dass die Beiträge der Mitglieder nach dem vollen Beitragssatz erhoben werden (vgl. § 241 Satz 1 und 2 SGB V). Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung die unterschiedlichen Auswirkungen auszugleichen, die sich aus der Beitragsbelastung der Versicherten mit den vollen Beiträgen auf die Höhe der Versorgunsbezüge aus der betrieblichen Altersversorgung wegen der unterschiedlichen Berechnung dieser Bezüge ergeben können (vgl. Bieback, Der Grundsatz der hälftigen Beitragslast im Beitragsrecht der Sozialversicherung, VSSR 1997, 117 ff. (118 f.). Art und Höhe der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung richten sich nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers. Sie unterliegt weitgehend dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und kann ihrerseits dem Beitragsrecht der Sozialversicherung angepasst werden.

Dem kann nach Überzeugung der Kammer nicht entgegengehalten werden, dass nach § 249 SGB V versicherungspflichtige Arbeitnehmer den Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung nur zur Hälfte tragen und der verbliebene Anteil von den Arbeitgebern aufzubringen ist. Insoweit hat das Bundessozialgericht (vgl. BSG SozR 3-3300 § 55 Nr. 3) zu der in weiten Teilen vergleichbaren Problematik der Verfassungsmäßigkeit der Erhebung von "vollen" Beiträgen auf Versorgungsbezüge versicherungspflichtiger Mitglieder in der gesetzlichen Pflegeversicherung bereits entschieden, dass es einen allgemeinen Grundsatz der hälftigen Aufteilung der Beiträge auf den Versicherten und denjenigen, von dem die Einnahmen bezogen werden, in der Sozialversicherung nicht gibt (vgl. BSG a.a.O. Randziffer 26 m.w.N.). Ferner hat das BVerfG im Hinblick auf die Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG konkrete Vorgaben für die Heranziehung "Dritter" zur Beitragszahlung, aber kein verfassungsrechtliches Prinzip der hälftigen Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an der Sozialversicherung abgeleitet (vgl. BSG a.a.O.; BVerfGE 75, 108 ff; Bieback a.a.O. S. 129). Danach kann die Heranziehung "Dritter" und damit die Halbierung der Beitragslast in der Sozialversicherung nur als Ausnahme von der Regel angesehen werden.

Anders als bei versicherungspflichtigen Arbeitnehmern bestehen bei Beziehern von Versorgungsbezügen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Heranziehung des Trägers der betrieblichen Altersversorgung als "Drittem" zur Verringerung der Beitragsbelastung der Versicherten. Denn zumindest bei beitragsfinanzierten Versorgungsleistungen durch eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung ist zweifelhaft, ob eine "besondere Verantwortlichkeit" für die Absicherung des Krankheitsrisikos der Leistungsempfänger im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG zur Beteiligung "Dritter" an den Beiträgen zur Sozialversicherung allein deshalb bejaht werden kann, weil das Versorgungs- oder Versicherungsverhältnis aufgrund einer Versorgungszusage des Arbeitgebers begründet worden ist (vgl. BSG a.a.O. Randziffer 27). Daneben bestehen auch erhebliche praktische Bedenken angesichts der Vielzahl der unterschiedlich gestalteten Versorgungsformen, die Versorgungsträger tatsächlich an der Beitragsentrichtung tatsächlich zu beteiligen (vgl. dazu Bieback a.a.O. Seite 138 f).

Vor diesem Hintergrund war der Gesetzgeber jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht daran gehindert, die Bemessung der Beiträge der Bezieher von Versorgungsbezügen am vollen allgemeinen Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen auszurichten.

Dies gilt umso mehr, als § 248 Abs. 1 SGB V a.F. bereits im Rahmen der Diskussion über den Umfang der Beitragserhebung auf Versorgungsbezüge in der gesetzlichen Pflegeversicherung als verfassungsrechtlich bedenklich bezeichnet wurde (vgl. Bieback a.a.O. Seite 141). Denn auch freiwillig versicherte Rentner müssen den vollen Beitragssatz für ihre Versicherung auf Bezüge aus der betrieblichen Altersversorgung entrichten. In dieser Hinsicht erscheint es der Kammer sogar geboten, eine Gleichbehandlung von Versicherten in der KVdR, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erhalten, mit den übrigen Versicherten vorzunehmen.

b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die Frage der Rechtfertigung der Gleichbehandlung mit dem Personenkreis, der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Zusätzlich ist jedoch in diesem Zusammenhang auszuführen, dass die Tragung der Beiträge, die auf Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung entfallen, durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dadurch gerechtfertigt ist, dass Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung über die Pauschalzahlungen an die Krankenversicherung schon vorher Krankenversicherungsbeiträge von der Rente gezahlt haben, die für sie lediglich nicht sichtbar gewesen sind. Die Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben also anlässlich einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung Leistungen zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht, was bei einem Bezieher von Versorgungsbezügen aus der betrieblichen Alterversorgung im Hinblick auf diese Bezüge jedoch nicht der Fall ist. Insoweit ist die Sachlage vergleichbar mit der vom BVerfG getroffenen Entscheidung (vgl. BVerfG 79, 223 (239))zur Berücksichtigung von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf die Bemessung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung.

c) Nach Überzeugung der Kammer ist die beanstandete Vorschrift auch insoweit unbedenklich, als sie zu einer Ungleichbehandlung mit anderen Personengruppen führt. Eine Ungleichbehandlung liegt insbesondere im Hinblick auf Personengruppen vor, die im Dritten Titel des achten Kapitels des SGB V nur mit reduzierten Beitragssätzen belastet werden. Hierbei handelt es sich um Personengruppen, deren Morbiditätsrisiko typischerweise geringer ist als bei Rentnern und von denen deswegen in der Regel weniger Leistungen in Anspruch genommen werden (vgl. § 243 und 244 SGB V) oder bei denen in der Regel eine besondere soziale Bedürftigkeit vermutet werden kann (vgl. § 245 SGB V). In diesen Fällen ist im Vergleich mit der Personengruppe der Bezieher der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die Reduzierung des Beitragssatzes durch sachliche bzw. soziale Gründe aus Sicht der Kammer gerechtfertigt (vgl. auch Bieback a.a.O. Seite 140).

2) Ein Verstoß gegen den Schutz des verfassungsrechtlichen Eigentums (Art. 14 GG) liegt weder unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 Abs. 1 GG noch unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 Abs. 3 GG vor. Die hier fraglichen Versorgungsansprüche fallen zwar unter den grundgesetzlichen Begriff des Eigentums, da sich diese Ansprüche auf das frühere Arbeitsverhältnis beziehen und deswegen vom Kläger durch "eigene Leistungen" erworben wurden; und zwar auch dann, wenn die Versorgungsansprüche – wie hier - einseitig durch finanzielle Aufwendungen des Arbeitgebers begründet worden sind (vgl. Bieback a.a.O. Seite 131 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG schützt Art. 14 Abs. 1 GG jedoch nicht das Vermögen als solches gegen die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten (vgl. BVerfGE 91, 207 (220) m.w.N.), soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt (vgl. BVerfGE 82, 159, 190 m.w.N.). Bezogen auf den Zustand vor dem 01.01.2004 liegt hier bei dem Kläger eine Verdoppelung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung vor, die von seinen Versorgungsbezügen abgezogen werden. Die hieraus resultierende Verringerung des dem Kläger letztendlich verbleibenden Betrages aus den Versorgungsbezügen ist nicht unerheblich. Deswegen ist zwar nicht von vornherein eine nachhaltige Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse auszuschließen, wie dies nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a.a.O.), im Hinblick auf die beitragsrechtliche Behandlung von Versorgungsbezügen in der gesetzlichen Pflegeversicherung der Fall war. Die Reduzierung ist jedoch mit einem absoluten Betrag in Höhe von etwa 44,33 EUR nicht so erheblich, dass von einer konfiskatorischen Belastung des Klägers (im Sinne des Steuerrechts) (vgl. dazu BVerfGE 63, 368) gesprochen werden könnte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung, dem Gesetzgeber ein hohes Maß an Gestaltungsspielraum zukommt, wie er zur Sicherung des Solidarsystems insgesamt die Verkürzungen und Vergünstigungen innerhalb des System verteilt (vgl. Bieback a.a.O. Seite 132/133 m.w.N.). Mit einem Betrag in Höhe von fast 85 % der Versorgungsbezüge, verbleibt ihm immer noch ein Umfang dieser Leistung, der im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG als unbedenklich angesehen werden kann. Die Betrachtung verschiebt sich noch mehr zuungunsten des Klägers, wenn man berücksichtigt, dass die Summe der Versorgungsbezüge nur etwas mehr als 1/3 seines monatlichen Gesamteinkommens ausmachen.

3) Schließlich verstößt § 248 Satz 1 SGB V in der seit dem 01.01.2004 gültigen Fassung auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Regelung bewirkte im Zeipunkt ihres Erlasses eine Erhöhung der Beiträge des Klägers zur KVdR mit Wirkung für die Zukunft. Sie greift daher in einen noch nicht abgewickelten Sachverhalt mit Wirkung für die Zukunft ein. Es handelt sich insoweit um einen Fall der sogenannten unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfGE 103, 392 (403)). Eine solche Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und genügt dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfGE a.a.O; BVerfG NZS ´03, 254 ff, (256)).

Diese Abwägung fällt hier zugunsten der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Regelung aus. Zwar ist das Vertrauen, insbesondere der älteren gesundheitlich beeinträchtigten Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Fortbestand einer günstigen beitragsrechtlichen Rechtslage in der Regel hoch einzuschätzen (vgl. BVerfGE a.a.O. m.w.N.). Andererseits kann nach Auffassung der Kammer jedoch auch nicht außer Acht gelassen werden, dass § 248 SGB V a.F. im Hinblick auf die oben dargestellten gesetzgeberischen Parallelen, insbesondere im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung und der Beitragsbelastung von freiwillig krankenversicherten Personen, die Einkommen in Form von Versorgungsbezügen haben, eine Ausnahme darstellte (siehe dazu auch oben zu Art. 3 Abs. 1 GG). Von daher erscheint das Vertrauen des Kläger auf den Fortbestand der Regelung nur eingeschränkt schutzwürdig.

Jedenfalls überwiegen im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung im Ergebnis die mit der Regelung verfolgten öffentlichen Belange. Die Beweggründe des Gesetzgebers, in der Gesetzesbegründung, die versicherungspflichtigen Rentner durch die umfassende Heranziehung der Versorgungsbezüge an den gestiegenen Leistungsaufwendungen für die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen zu beteiligen, ist nachvollziehbar und insbesondere vor dem Hintergrund der Kostenproblematik im Gesundheitswesen sowie der Bedeutung der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt gerechtfertigt. Der Gesetzgeber muss im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung aus Gründen des Allgemeinwohls Neuregelungen treffen können, die sich den geänderten Erfordernissen anpassen (vgl. BVerfGE a.a.O. m.w.N.). Hinzu kommt, dass es sich bei der Erhöhung der Beitragssätze auf Versorgungsbezüge für Versicherungspflichtige nur um einen kleinen Teil der Gesamtmaßnahmen handelte, die der Gesetzgeber im Rahmen des GMG zur allgemeinen Kostendämpfung im Gesundheitswesen für geeignet und notwendig hielt (vgl. zum Überblick: Hiddemann/Muckel, Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung NJW ´04, 7-13). Insofern enthält § 248 Satz 1 SGB V n.F. keine Einzelmaßnahme zu Lasten eines bestimmten Teils der Versichertengemeinschaft, sondern nur den Teil eines Gesamtpaketes, um die Finanzlage bzw. Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig zu stabilisieren. Wie aus den vorstehend zitierten Entscheidungen hervorgeht, hat das BVerfG diesen Gesichtspunkt schon mehrfach zur Rechtfertigung von Eingriffen in Vertrauenstatbestände im Sinne der unechten Rückwirkung bei Gesetzesänderungen herangezogen. Dem schließt sich die Kammer für den vorliegenden Fall an. Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es daher des Erlasses von Übergangsvorschriften nicht.

Die Beiladung der Versorgungsträger war nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.1998, Az.: B 12 P 4/97 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Sprungrevision ist gemäß § 161 Abs. 1 und 2 SGG zugelassen worden. Dem Antrag des Klägers hat die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung zugestimmt. Im Hinblick auf die Vielzahl der vor den Sozialgerichten anhängigen Verfahren zur Frage der beitragsrechtlichen Behandlungen von Versorgungsbezügen in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 01.01.2004 hat die Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 161 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage liegt noch nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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