Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RAz 2167/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 104/99 KVDR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 1999 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin rückwirkend auf ihren Beitragszuschuss zur Krankenversicherung verzichten kann.
Die im Dezember 1909 geborene Klägerin war bis zum Jahr 1975 als Richterin tätig. Seit Juni 1975 erhält sie von der Beklagten Rentenleistungen aus eigener Versicherung, zunächst als Erwerbsunfähigkeitsrente und später als Regelaltersrente. Außerdem erhält die Klägerin als Witwe ihres verstorbenen Ehemannes seit Juli 1984 eine Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin ist hinsichtlich ihrer Krankheitskosten beihilfeberechtigt nach den Berliner Allgemeinen Verwaltungsvorschriften in Krankheits-, Pflege- Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften, BhV). Von der für Rentner nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 des 5. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) bestehenden Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner wurde die Klägerin auf ihren Antrag von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Berlin befreit. Zusätzlich zu ihrer Beihilfeberechtigung war sie zunächst freiwillig bei der AOK und seit dem 1.Juli 1989 bei einer Privatversicherung krankenversichert. Zu den insoweit von ihr zu entrichtenden Beiträgen erhielt die Klägerin zu ihren beiden Renten von der Beklagten Beitragszuschüsse. Bis zum Monat Februar 1995 betrugen die Zuschüsse weniger als 80,- DM. Aufgrund einer Neufestsetzung der Hinterbliebenenrente wurden von der Beklagten durch Rentenbescheid vom 11. August 1995 die Höhe der zur Regelaltersrente gewährten Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung auf nunmehr 167,84 DM neu festgesetzt. In der Folgezeit bekam die Klägerin von dem für die Gewährung der Beihilfe zuständigen Landesverwaltungsamt für durchgeführte Krankenbehandlungen zunächst weiter Beihilfeleistungen in Höhe von 70 % der erstattungsfähigen Aufwendungen. Nachdem dieses Kenntnis von der Erhöhung der Beitragszuschüsse erhalten hatte, wurde der Klägerin auf laufende Anträge Ende Oktober 1997 nur noch Beihilfe in Höhe eines Erstattungssatzes von 50 % gewährt. Außerdem wurde die Klägerin vom Landesverwaltungsamt mit Bescheid vom 12. Februar 1998 wegen der seit dem1.März 1995 in Höhe von 70 % geleisteter Beihilfen aufgefordert, eine Überzahlung in Höhe von 8.332,26 DM zurückzuzahlen. Gemäß § 14 Abs. 5 der BhV verringere sich der Bemessungssatz um 20 %, wenn zu den Beiträgen einer privaten Krankenversicherung ein Zuschuss in Höhe von mindestens 80,-DM gezahlt werde. Die Bescheide des Landesverwaltungsamtes sind noch nicht bestandskräftig, und über die von der Klägerin eingelegten Rechtsbehelfe soll erst entschieden werden, wenn geklärt ist, ob die Klägerin rückwirkend auf einen Teil ihrer Beitragszuschüsse verzichten kann.
Nachdem die Klägerin im Rahmen einer telefonischen Nachfrage am 17. November 1997 von einem Sachbearbeiter der Beklagten darauf hingewiesen worden war, dass der Beitragszuschuss auf unter 80,- DM begrenzt bleiben müsse, damit keine Kürzung der Beihilfe erfolge, beantragte sie die entsprechende Herabsetzung mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 rückwirkend „ab der letzten Erhöhung bzw. ab dem 1. Juli 1997“. Außerdem legte die Klägerin gegen den zwischenzeitlich ergangenen Rentenbescheid vom 3. Dezember 1997, mit dem die Beklagte die Rente der Klägerin mit Herabsetzung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung auf 79,99 DM mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1997 neu festgesetzt hatte, Widerspruch ein. Sie begehrte die rückwirkende Herabsetzung des Beitragszuschusses ab 1.Juli 1997 und führte zur Begründung aus, dass sie nicht auf die Auswirkungen der Erhöhung des Beitragszuschusses für die Höhe der Beihilfe hingewiesen worden sei. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. Dezember 1997 wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 1998 zurückgewiesen. Darin heißt es, mit dem Widerspruch werde die „Zuschusskürzung“ für die Zeit ab 1. Juli 1997 begehrt. Da gemäß § 46 des 1. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) nur mit Wirkung für die Zukunft auf Sozialleistungen verzichtet werden könne, sei der von der Klägerin für die Vergangenheit erklärte Verzicht unzulässig.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 3. Dezember 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 1998 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 11. August 1995 dahingehend abzuändern, dass als ab dem 1. März 1995 zu leistender Beitragszuschuss zur Krankenversicherung ein Betrag von monatlich 79,99 DM festgesetzt wird.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 25. Juni 1999 die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte sei entsprechend § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) verpflichtet, die Höhe des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung der Klägerin rückwirkend zum 1. März 1995 auf 79,99 DM zu reduzieren, da der von der Klägerin mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 erklärte Verzicht auf den 79,99 DM übersteigenden Beitragszuschuss in Verbindung mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch der Klägerin auf den 1. März 1995 zurückwirke. Zwar wirke ein Verzicht auf Sozialleistungen, zu denen auch der Beitragszuschuss nach § 106 des 6. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) gehöre, nach § 46 Abs. 1 SGB I grundsätzlich lediglich für die Zukunft und könne für die Vergangenheit nur dann erklärt werden, wenn Leistungsansprüche noch nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei jedoch von der Beklagten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte sie rechtzeitig zum 1. März 1995 wirksam einen Verzicht erklärt. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von der Beklagten im Rahmen einer von der Klägerin behaupteten, von der Beklagten aber bestrittenen, Auskunft unzutreffend dahingehend beraten worden sei, dass sich die Höhe des Beitragszuschusses nicht auf die Beihilfeansprüche der Klägerin auswirken würde. Denn unstreitig sei die Klägerin von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass sich ihr Beihilfeanspruch aufgrund des den Betrag von 80,- DM nunmehr übersteigenden Beitragszuschusses auf 50 % der jeweiligen Behandlungskosten reduzieren werde und dass es die Möglichkeit gebe, diese Folge durch einen teilweisen Verzicht auf den Beitragszuschuss zu vermeiden. Die Beklagte habe dadurch ihre aus § 14 SGB I resultierende Beratungspflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Zwar habe die Klägerin nicht um eine konkrete Beratung nachgesucht. Eine Beratung der Versicherten sei jedoch nach ständiger Rechtsprechung auch dann geboten, wenn Gestaltungsmöglichkeiten ohne konkretes Beratungsersuchen klar zutage treten würden, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden würden. Dies sei bei der Klägerin der Fall. Im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 11. August 1995 habe der Beklagten auch bekannt sein müssen, dass die Klägerin beihilfeberechtigt sei und ihr deshalb wegen der Erhöhung des Beitragszuschusses aufgrund der Bestimmung in § 14 Abs. 5 BhV die Herabsetzung des Beihilfebemessungssatzes um 20 % drohe. Denn die Klägerin habe seit dem Jahre 1975 eine Erwerbsunfähigkeitsrente von der Beklagten bezogen, in deren Zusammenhang die Beklagte auch Kenntnis von der beruflichen Biographie der Klägerin als Richterin und somit „in der Pension Beihilfeberechtigte“ erlangt habe. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie mit der Gewährung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung nur in das Krankenversicherungsverhältnis der Klägerin eingebunden sei, nicht aber in das Beihilfeverhältnis. Denn die beamtenrechtliche Beihilfe bilde mit der sie ergänzenden Krankenversicherung einen funktionell als Einheit zu sehenden Komplex, den man als „Erstattung der Krankenbehandlungskosten der Klägerin“ umschreiben könne. Gerade aufgrund des funktionellen Zusammenhangs von Krankenversicherung und Beihilfe müsse von der Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung leistenden Beklagten auch erwartet werden, dass sie zumindest von denjenigen Beihilfevorschriften Kenntnis habe, die an der Schnittstelle zwischen krankenversicherungsrechtlichem Beitragsrecht und Beihilferecht angesiedelt seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt vor: Wenn auch § 14 SGB I eine umfassende Pflicht zur Beratung begründe, bestehe doch keine Verpflichtung, sich mit der komplexen versorgungs- und rentenrechtlichen Situation der Klägerin zu befassen. Würde eine solche Verpflichtung zugrundelegt, müsste quasi von Amts wegen das Privatleben des jeweiligen Rentenbeziehers ausgeforscht werden, damit das möglichst optimale Ergebnis für die Rentenbezieher herbeigeführt werde. Das bedeute aber, dass die Beklagte sich mit Rechtsfragen und Rechtsvorschriften beschäftigen müsste, die mit dem SGB in keiner Weise etwas zu tun hätten. Der beamtenrechtliche Beihilfeanspruch wirke sich nicht auf den Beitragszuschuss zur Krankenversicherung aus. Vielmehr wirke sich der Beitragszuschuss lediglich auf den Beihilfeanspruch aus. Eine Wechselwirkung zwischen Beihilfeanspruch und Beitragszuschuss bestehe demgemäss gerade nicht. Diese einseitige Auswirkung könne infolgedessen eine Auskunftspflicht für die Beklagte nicht auslösen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form -und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zutreffend.
Gegenstand des Verfahrens ist in erster Linie der Bescheid vom 3. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspuchsbescheides vom 17. April 1998. Der Senat stimmt dem Sozialgericht insoweit zu, als es die Meinung vertritt, mit der erstrebten Herabsetzung des Beitragszuschusses sei die Klage - auch - auf eine entsprechende Abänderung des Rentenbescheides vom 11. August 1995 gerichtet. Allerdings ist im angefochtenen Widerspruchsbescheid nicht zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte - auch - den Rentenbescheid von 1995 überprüft hat, denn es wird - im Einleitungssatz - nur der Bescheid vom 3. Dezember 1997 erwähnt. Gleichwohl ist der Bescheid vom 1995 konkludent überprüft worden, und zwar - worauf die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden sind - unter Zugrundelegung eines Begehrens der Klägerin auf „Zuschusskürzung“ für die Zeit ab 1. Juli 1997. Daraus folgt, dass die Klage unzulässig ist, soweit die Klägerin eine Abänderung des Rentenbescheides von 1995 schon für die Zeit ab 1. März 1995 verlangt, weil darüber noch kein Verwaltungsakt vorliegt, durch welchen die Klägerin belastet sein könnte (§ 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Soweit die Klage den Zeitraum ab 1. Juli 1997 betrifft, ist sie unbegründet.
Der Senat kann offen lassen, ob Grundlage für die Überprüfung und teilweise Aufhebung des bindenden Bescheides vom 11. August 1995 § 45 SGB X ist oder - wie das Sozialgericht meint - § 48 SGB X. Denn der Verzicht der Klägerin auf einen Teil des Beitragszuschusses wirkt gemäß § 46 Abs. 1 SGB I nur für die Zukunft und die vom Sozialgericht gefundene Lösung, der Klägerin trotzdem zu helfen, ist nicht haltbar.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so gestellt zu werden, als hätte sie bei der Beklagten den Verzicht schon zum 1. Juli 1997 erklärt. Für die Entstehung eines - aus § 14 SGB I hergeleiteten - sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind drei Voraussetzungen zu erfüllen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -, zuletzt in Sozialrecht - SozR - 3-2600 § 58 Nr. 2, das BSG spricht von einem „dreigliedrigen Tatbestand“): Eine Pflichtverletzung, die Bewirkung eines sozialrechtlichen Nachteils sowie ein Schutzzweckzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteil. Die Beklagte hat keine der ihr aus § 14 SGB I erwachsenden Beratungspflichten verletzt. Zum einen hat die Klägerin damals nicht konkret um eine Beratung durch die Beklagte gebeten. Zum anderen handelt es sich hier - entgegen der Ansicht des Sozialgerichts - nicht um einen Fall einer sogenannten Spontanberatung, die dann geboten ist, wenn Gestaltungsmöglichkeiten ohne konkretes Beratungsersuchen klar zutage treten, sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden.
Es ergibt sich keine Pflicht der Beklagten aus dem zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Sozialrechtsverhältnis, die Klägerin in ihrem rechtlichen Verhältnis zu ihrer Versorgungsbehörde zu beraten. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte - wie das Sozialgericht in seinem Urteil ausführt - im Zusammenhang mit der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente 1975 Kenntnis von der beruflichen Biografie als Richterin und damit von ihrer Beihilfeberechtigung erlangte. Zutreffend macht die Beklagte in der Berufungsbegründung darauf aufmerksam, dass sie sich von Amts wegen nicht um eventuelle Beihilfeansprüche eines Rentners kümmern muss, denn die Höhe des Beitragszuschusses hat die Beklagte völlig unabhängig davon festzusetzen, ob sich dadurch der Beihilfeanspruch von 70 % auf 50 % verringert. Desweiteren ist - wäre ein Beratungsfehler der Beklagten vorhanden - kein sozial-rechtlicher Nachteil bewirkt worden, denn dabei kann es sich nur um einen Nachteil in der Form handeln, dass eine aufgrund von Vorschriften des SGB zustehende Leistung nicht gewährt wird. Der Klägerin ist jedoch ein Nachteil - außerhalb des SGB - im Beihilferecht entstanden, indem ihre Versorgungsbehörde nicht mehr eine Beihilfe von 70 %, sondern nur von 50 % gewährt hat. Dass die Beihilfe keine Sozialleistung ist und die Beihilfe bei Beamten und Richtern mit dem Beitragszuschuss aus der Krankenversicherung keinen einheitlichen Komplex - wie das Sozialgericht formuliert - darstellt, zeigt sich auch darin, dass der Dienstherr eines Beamten bzw. Richters kein geschützter Leistungsträger im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB I ist, weil er als Beihilfeverpflichteter keine Sozialleistung im Sinne des SGB erbringt (BSG in SozR 1200 § 46 Nr. 3). Der Verzicht ist gemäß § 46 Abs. 2 SGB I unwirksam, soweit durch ihn ein anderer Leistungsträger belastet wird.
Das Sozialgericht ist der falschen Ansicht, die Beklagte sei aufgrund des von ihr gewährten Beitragszuschusses gemeinsam mit der privaten Krankenversicherung der Klägerin sowie der Beihilfestelle „arbeitsteilig in die Frage der Absicherung der Klägerin gegen Krankheitskosten eingebunden“. Das BSG hat - innerhalb seiner Rechtsprechung zum Herstellungsanspruch - bei Sozialleistungsträgern Auswirkungen der fehlenden Beratung einer Behörde auf die Leistungspflicht einer anderen Behörde nur bejaht, wenn mehrere Behörden „arbeitsteilig“ in das Verfahren der Leistungs-gewährung eingeschaltet sind (z.B. Bundesanstalt für Arbeit und Rentenversicherungsträger - wie BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 22 - ). Dagegen hat das BSG betont, dass Rechtsfolgen ausserhalb des Sozialrechtsverhältnisses über einen Herstel-lungsanspruch nicht auszugleichen sind ( BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 24 betreffend Beratungspflicht der Erziehungsgeldbehörde und der Ausländerbehörde). So liegt der Fall der Klägerin, der ein Schaden ausserhalb ihres Sozialrechtsverhältnisses entstanden ist.
Das Sozialgericht geht mit seinem Urteil weit über den Inhalt eines Herstellungsanspruchs hinaus, indem es meint, die Beratung über Auswirkungen des Krankenversicherungszuschusses auf die Höhe des Beihilfesatzes gehöre zum „Kompetenzbereich“ der Beklagten. Damit befürwortet das Sozialgericht eine Pflicht der Beklagten, für das Vermögen ihrer Versicherten zu sorgen, es erwächst aber aus der Betreuungs- und Leistungsverpflichtung des Sozialrechts nicht eine solche Pflicht der Leistungsträger (vgl. auch Bieback „Grundlagen und Schranken des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs“ in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1990, S. 517). Vielmehr soll nach § 2 Abs. 2 SGB I - nur - im Sozialrecht (welches im SGB geregelt ist) sichergestellt werden, dass die Rechte der Einzelnen „möglichst weitgehend verwirklicht werden“, siehe BSG in SozR 5070 § 10 Nr. 30.
Es hätte allenfalls zur Fürsorgepflicht des ehemaligen Dienstherrn der Klägerin (hier: Landesversorgungsamt Berlin als Beihilfestelle) gehört, die Klägerin rechtzeitig - also schon bei Eintritt ihrer Pensionierung - auf die Möglichkeit einer Herabsetzung des Beihilfesatzes auf 50 % hinzuweisen. Ob dies geschehen ist und welche Ansprüche die Klägerin überhaupt gegen ihren ehemaligen Dienstherrn hat, ist vom Senat nicht zu untersuchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist zugelassen worden, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 160 Abs.2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin rückwirkend auf ihren Beitragszuschuss zur Krankenversicherung verzichten kann.
Die im Dezember 1909 geborene Klägerin war bis zum Jahr 1975 als Richterin tätig. Seit Juni 1975 erhält sie von der Beklagten Rentenleistungen aus eigener Versicherung, zunächst als Erwerbsunfähigkeitsrente und später als Regelaltersrente. Außerdem erhält die Klägerin als Witwe ihres verstorbenen Ehemannes seit Juli 1984 eine Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin ist hinsichtlich ihrer Krankheitskosten beihilfeberechtigt nach den Berliner Allgemeinen Verwaltungsvorschriften in Krankheits-, Pflege- Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften, BhV). Von der für Rentner nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 des 5. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) bestehenden Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner wurde die Klägerin auf ihren Antrag von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Berlin befreit. Zusätzlich zu ihrer Beihilfeberechtigung war sie zunächst freiwillig bei der AOK und seit dem 1.Juli 1989 bei einer Privatversicherung krankenversichert. Zu den insoweit von ihr zu entrichtenden Beiträgen erhielt die Klägerin zu ihren beiden Renten von der Beklagten Beitragszuschüsse. Bis zum Monat Februar 1995 betrugen die Zuschüsse weniger als 80,- DM. Aufgrund einer Neufestsetzung der Hinterbliebenenrente wurden von der Beklagten durch Rentenbescheid vom 11. August 1995 die Höhe der zur Regelaltersrente gewährten Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung auf nunmehr 167,84 DM neu festgesetzt. In der Folgezeit bekam die Klägerin von dem für die Gewährung der Beihilfe zuständigen Landesverwaltungsamt für durchgeführte Krankenbehandlungen zunächst weiter Beihilfeleistungen in Höhe von 70 % der erstattungsfähigen Aufwendungen. Nachdem dieses Kenntnis von der Erhöhung der Beitragszuschüsse erhalten hatte, wurde der Klägerin auf laufende Anträge Ende Oktober 1997 nur noch Beihilfe in Höhe eines Erstattungssatzes von 50 % gewährt. Außerdem wurde die Klägerin vom Landesverwaltungsamt mit Bescheid vom 12. Februar 1998 wegen der seit dem1.März 1995 in Höhe von 70 % geleisteter Beihilfen aufgefordert, eine Überzahlung in Höhe von 8.332,26 DM zurückzuzahlen. Gemäß § 14 Abs. 5 der BhV verringere sich der Bemessungssatz um 20 %, wenn zu den Beiträgen einer privaten Krankenversicherung ein Zuschuss in Höhe von mindestens 80,-DM gezahlt werde. Die Bescheide des Landesverwaltungsamtes sind noch nicht bestandskräftig, und über die von der Klägerin eingelegten Rechtsbehelfe soll erst entschieden werden, wenn geklärt ist, ob die Klägerin rückwirkend auf einen Teil ihrer Beitragszuschüsse verzichten kann.
Nachdem die Klägerin im Rahmen einer telefonischen Nachfrage am 17. November 1997 von einem Sachbearbeiter der Beklagten darauf hingewiesen worden war, dass der Beitragszuschuss auf unter 80,- DM begrenzt bleiben müsse, damit keine Kürzung der Beihilfe erfolge, beantragte sie die entsprechende Herabsetzung mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 rückwirkend „ab der letzten Erhöhung bzw. ab dem 1. Juli 1997“. Außerdem legte die Klägerin gegen den zwischenzeitlich ergangenen Rentenbescheid vom 3. Dezember 1997, mit dem die Beklagte die Rente der Klägerin mit Herabsetzung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung auf 79,99 DM mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1997 neu festgesetzt hatte, Widerspruch ein. Sie begehrte die rückwirkende Herabsetzung des Beitragszuschusses ab 1.Juli 1997 und führte zur Begründung aus, dass sie nicht auf die Auswirkungen der Erhöhung des Beitragszuschusses für die Höhe der Beihilfe hingewiesen worden sei. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. Dezember 1997 wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 1998 zurückgewiesen. Darin heißt es, mit dem Widerspruch werde die „Zuschusskürzung“ für die Zeit ab 1. Juli 1997 begehrt. Da gemäß § 46 des 1. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) nur mit Wirkung für die Zukunft auf Sozialleistungen verzichtet werden könne, sei der von der Klägerin für die Vergangenheit erklärte Verzicht unzulässig.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 3. Dezember 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 1998 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 11. August 1995 dahingehend abzuändern, dass als ab dem 1. März 1995 zu leistender Beitragszuschuss zur Krankenversicherung ein Betrag von monatlich 79,99 DM festgesetzt wird.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 25. Juni 1999 die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte sei entsprechend § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) verpflichtet, die Höhe des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung der Klägerin rückwirkend zum 1. März 1995 auf 79,99 DM zu reduzieren, da der von der Klägerin mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 erklärte Verzicht auf den 79,99 DM übersteigenden Beitragszuschuss in Verbindung mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch der Klägerin auf den 1. März 1995 zurückwirke. Zwar wirke ein Verzicht auf Sozialleistungen, zu denen auch der Beitragszuschuss nach § 106 des 6. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) gehöre, nach § 46 Abs. 1 SGB I grundsätzlich lediglich für die Zukunft und könne für die Vergangenheit nur dann erklärt werden, wenn Leistungsansprüche noch nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei jedoch von der Beklagten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte sie rechtzeitig zum 1. März 1995 wirksam einen Verzicht erklärt. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von der Beklagten im Rahmen einer von der Klägerin behaupteten, von der Beklagten aber bestrittenen, Auskunft unzutreffend dahingehend beraten worden sei, dass sich die Höhe des Beitragszuschusses nicht auf die Beihilfeansprüche der Klägerin auswirken würde. Denn unstreitig sei die Klägerin von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass sich ihr Beihilfeanspruch aufgrund des den Betrag von 80,- DM nunmehr übersteigenden Beitragszuschusses auf 50 % der jeweiligen Behandlungskosten reduzieren werde und dass es die Möglichkeit gebe, diese Folge durch einen teilweisen Verzicht auf den Beitragszuschuss zu vermeiden. Die Beklagte habe dadurch ihre aus § 14 SGB I resultierende Beratungspflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Zwar habe die Klägerin nicht um eine konkrete Beratung nachgesucht. Eine Beratung der Versicherten sei jedoch nach ständiger Rechtsprechung auch dann geboten, wenn Gestaltungsmöglichkeiten ohne konkretes Beratungsersuchen klar zutage treten würden, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden würden. Dies sei bei der Klägerin der Fall. Im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 11. August 1995 habe der Beklagten auch bekannt sein müssen, dass die Klägerin beihilfeberechtigt sei und ihr deshalb wegen der Erhöhung des Beitragszuschusses aufgrund der Bestimmung in § 14 Abs. 5 BhV die Herabsetzung des Beihilfebemessungssatzes um 20 % drohe. Denn die Klägerin habe seit dem Jahre 1975 eine Erwerbsunfähigkeitsrente von der Beklagten bezogen, in deren Zusammenhang die Beklagte auch Kenntnis von der beruflichen Biographie der Klägerin als Richterin und somit „in der Pension Beihilfeberechtigte“ erlangt habe. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie mit der Gewährung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung nur in das Krankenversicherungsverhältnis der Klägerin eingebunden sei, nicht aber in das Beihilfeverhältnis. Denn die beamtenrechtliche Beihilfe bilde mit der sie ergänzenden Krankenversicherung einen funktionell als Einheit zu sehenden Komplex, den man als „Erstattung der Krankenbehandlungskosten der Klägerin“ umschreiben könne. Gerade aufgrund des funktionellen Zusammenhangs von Krankenversicherung und Beihilfe müsse von der Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung leistenden Beklagten auch erwartet werden, dass sie zumindest von denjenigen Beihilfevorschriften Kenntnis habe, die an der Schnittstelle zwischen krankenversicherungsrechtlichem Beitragsrecht und Beihilferecht angesiedelt seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt vor: Wenn auch § 14 SGB I eine umfassende Pflicht zur Beratung begründe, bestehe doch keine Verpflichtung, sich mit der komplexen versorgungs- und rentenrechtlichen Situation der Klägerin zu befassen. Würde eine solche Verpflichtung zugrundelegt, müsste quasi von Amts wegen das Privatleben des jeweiligen Rentenbeziehers ausgeforscht werden, damit das möglichst optimale Ergebnis für die Rentenbezieher herbeigeführt werde. Das bedeute aber, dass die Beklagte sich mit Rechtsfragen und Rechtsvorschriften beschäftigen müsste, die mit dem SGB in keiner Weise etwas zu tun hätten. Der beamtenrechtliche Beihilfeanspruch wirke sich nicht auf den Beitragszuschuss zur Krankenversicherung aus. Vielmehr wirke sich der Beitragszuschuss lediglich auf den Beihilfeanspruch aus. Eine Wechselwirkung zwischen Beihilfeanspruch und Beitragszuschuss bestehe demgemäss gerade nicht. Diese einseitige Auswirkung könne infolgedessen eine Auskunftspflicht für die Beklagte nicht auslösen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form -und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zutreffend.
Gegenstand des Verfahrens ist in erster Linie der Bescheid vom 3. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspuchsbescheides vom 17. April 1998. Der Senat stimmt dem Sozialgericht insoweit zu, als es die Meinung vertritt, mit der erstrebten Herabsetzung des Beitragszuschusses sei die Klage - auch - auf eine entsprechende Abänderung des Rentenbescheides vom 11. August 1995 gerichtet. Allerdings ist im angefochtenen Widerspruchsbescheid nicht zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte - auch - den Rentenbescheid von 1995 überprüft hat, denn es wird - im Einleitungssatz - nur der Bescheid vom 3. Dezember 1997 erwähnt. Gleichwohl ist der Bescheid vom 1995 konkludent überprüft worden, und zwar - worauf die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden sind - unter Zugrundelegung eines Begehrens der Klägerin auf „Zuschusskürzung“ für die Zeit ab 1. Juli 1997. Daraus folgt, dass die Klage unzulässig ist, soweit die Klägerin eine Abänderung des Rentenbescheides von 1995 schon für die Zeit ab 1. März 1995 verlangt, weil darüber noch kein Verwaltungsakt vorliegt, durch welchen die Klägerin belastet sein könnte (§ 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Soweit die Klage den Zeitraum ab 1. Juli 1997 betrifft, ist sie unbegründet.
Der Senat kann offen lassen, ob Grundlage für die Überprüfung und teilweise Aufhebung des bindenden Bescheides vom 11. August 1995 § 45 SGB X ist oder - wie das Sozialgericht meint - § 48 SGB X. Denn der Verzicht der Klägerin auf einen Teil des Beitragszuschusses wirkt gemäß § 46 Abs. 1 SGB I nur für die Zukunft und die vom Sozialgericht gefundene Lösung, der Klägerin trotzdem zu helfen, ist nicht haltbar.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so gestellt zu werden, als hätte sie bei der Beklagten den Verzicht schon zum 1. Juli 1997 erklärt. Für die Entstehung eines - aus § 14 SGB I hergeleiteten - sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind drei Voraussetzungen zu erfüllen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -, zuletzt in Sozialrecht - SozR - 3-2600 § 58 Nr. 2, das BSG spricht von einem „dreigliedrigen Tatbestand“): Eine Pflichtverletzung, die Bewirkung eines sozialrechtlichen Nachteils sowie ein Schutzzweckzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteil. Die Beklagte hat keine der ihr aus § 14 SGB I erwachsenden Beratungspflichten verletzt. Zum einen hat die Klägerin damals nicht konkret um eine Beratung durch die Beklagte gebeten. Zum anderen handelt es sich hier - entgegen der Ansicht des Sozialgerichts - nicht um einen Fall einer sogenannten Spontanberatung, die dann geboten ist, wenn Gestaltungsmöglichkeiten ohne konkretes Beratungsersuchen klar zutage treten, sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden.
Es ergibt sich keine Pflicht der Beklagten aus dem zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Sozialrechtsverhältnis, die Klägerin in ihrem rechtlichen Verhältnis zu ihrer Versorgungsbehörde zu beraten. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte - wie das Sozialgericht in seinem Urteil ausführt - im Zusammenhang mit der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente 1975 Kenntnis von der beruflichen Biografie als Richterin und damit von ihrer Beihilfeberechtigung erlangte. Zutreffend macht die Beklagte in der Berufungsbegründung darauf aufmerksam, dass sie sich von Amts wegen nicht um eventuelle Beihilfeansprüche eines Rentners kümmern muss, denn die Höhe des Beitragszuschusses hat die Beklagte völlig unabhängig davon festzusetzen, ob sich dadurch der Beihilfeanspruch von 70 % auf 50 % verringert. Desweiteren ist - wäre ein Beratungsfehler der Beklagten vorhanden - kein sozial-rechtlicher Nachteil bewirkt worden, denn dabei kann es sich nur um einen Nachteil in der Form handeln, dass eine aufgrund von Vorschriften des SGB zustehende Leistung nicht gewährt wird. Der Klägerin ist jedoch ein Nachteil - außerhalb des SGB - im Beihilferecht entstanden, indem ihre Versorgungsbehörde nicht mehr eine Beihilfe von 70 %, sondern nur von 50 % gewährt hat. Dass die Beihilfe keine Sozialleistung ist und die Beihilfe bei Beamten und Richtern mit dem Beitragszuschuss aus der Krankenversicherung keinen einheitlichen Komplex - wie das Sozialgericht formuliert - darstellt, zeigt sich auch darin, dass der Dienstherr eines Beamten bzw. Richters kein geschützter Leistungsträger im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB I ist, weil er als Beihilfeverpflichteter keine Sozialleistung im Sinne des SGB erbringt (BSG in SozR 1200 § 46 Nr. 3). Der Verzicht ist gemäß § 46 Abs. 2 SGB I unwirksam, soweit durch ihn ein anderer Leistungsträger belastet wird.
Das Sozialgericht ist der falschen Ansicht, die Beklagte sei aufgrund des von ihr gewährten Beitragszuschusses gemeinsam mit der privaten Krankenversicherung der Klägerin sowie der Beihilfestelle „arbeitsteilig in die Frage der Absicherung der Klägerin gegen Krankheitskosten eingebunden“. Das BSG hat - innerhalb seiner Rechtsprechung zum Herstellungsanspruch - bei Sozialleistungsträgern Auswirkungen der fehlenden Beratung einer Behörde auf die Leistungspflicht einer anderen Behörde nur bejaht, wenn mehrere Behörden „arbeitsteilig“ in das Verfahren der Leistungs-gewährung eingeschaltet sind (z.B. Bundesanstalt für Arbeit und Rentenversicherungsträger - wie BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 22 - ). Dagegen hat das BSG betont, dass Rechtsfolgen ausserhalb des Sozialrechtsverhältnisses über einen Herstel-lungsanspruch nicht auszugleichen sind ( BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 24 betreffend Beratungspflicht der Erziehungsgeldbehörde und der Ausländerbehörde). So liegt der Fall der Klägerin, der ein Schaden ausserhalb ihres Sozialrechtsverhältnisses entstanden ist.
Das Sozialgericht geht mit seinem Urteil weit über den Inhalt eines Herstellungsanspruchs hinaus, indem es meint, die Beratung über Auswirkungen des Krankenversicherungszuschusses auf die Höhe des Beihilfesatzes gehöre zum „Kompetenzbereich“ der Beklagten. Damit befürwortet das Sozialgericht eine Pflicht der Beklagten, für das Vermögen ihrer Versicherten zu sorgen, es erwächst aber aus der Betreuungs- und Leistungsverpflichtung des Sozialrechts nicht eine solche Pflicht der Leistungsträger (vgl. auch Bieback „Grundlagen und Schranken des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs“ in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1990, S. 517). Vielmehr soll nach § 2 Abs. 2 SGB I - nur - im Sozialrecht (welches im SGB geregelt ist) sichergestellt werden, dass die Rechte der Einzelnen „möglichst weitgehend verwirklicht werden“, siehe BSG in SozR 5070 § 10 Nr. 30.
Es hätte allenfalls zur Fürsorgepflicht des ehemaligen Dienstherrn der Klägerin (hier: Landesversorgungsamt Berlin als Beihilfestelle) gehört, die Klägerin rechtzeitig - also schon bei Eintritt ihrer Pensionierung - auf die Möglichkeit einer Herabsetzung des Beihilfesatzes auf 50 % hinzuweisen. Ob dies geschehen ist und welche Ansprüche die Klägerin überhaupt gegen ihren ehemaligen Dienstherrn hat, ist vom Senat nicht zu untersuchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist zugelassen worden, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 160 Abs.2 Nr. 1 SGG).
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