L 6 RA 37/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 RA 22/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 37/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. Januar 1999 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 13. September 2000 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt, für die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 eine mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegte Beitragszeit vorzumerken.

Der 195. geborene Kläger ist seit 196. aufgrund eines Unfalles querschnittsgelähmt. Er bezog im Beitrittsgebiet vom 1. April 1970 bis über den 2. Oktober 1990 hinaus eine Invalidenrente aus der Sozialversicherung sowie daneben Sonderpflegegeld. Nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums an der H-Universität zu B. in der Fachrichtung ... im Juli 1975 war er im Beitrittsgebiet vom 1. September 1975 bis zum 30. Juni 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentralinstitut für ... sowie im Anschluss vom 1. Juli 1981 bis zum 11. Mai 1990 als wissenschaftlich-kulturpolitischer Mitarbeiter im ... abhängig beschäftigt. ( ...)

Zum 1. Januar 1982 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete insoweit Beiträge bis zum 30. Juni 1990. Beiträge zur Sozialversicherung der DDR zahlte er - anders als seine Arbeitgeber - für die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 nicht.

Nach Einstellung des nach Rentenrecht gezahlten Sonderpflegegeldes sowie Umwertung und Anpassung der Invalidenrente zum 1. Januar 1992, die von der Beklagten seither als Rente wegen Berufsunfähigkeit weitergewährt wird, beantragte der Kläger mit Blick auf seine spätere Altersrente, sein Versicherungskonto zu klären und ihm eine Auskunft über die Höhe der zu erwartenden Altersrente zu erteilen. Die Beklagte merkte daraufhin mit ihrem Bescheid vom 13. Mai 1996 bestimmte Schul- und Hochschulzeiten des Klägers als Anrechnungszeiten vor und lehnte im Übrigen die Anerkennung von verschiedenen in die Zeit vom 1. September 1970 bis zum 31. August 1975 fallenden Zeiten ab. Darüber hinaus erteilte sie dem Kläger Rentenauskünfte über die Höhe der von ihm zu erwartenden Altersrente unter Berücksichtigung bzw. unter Außerachtlassung von möglicherweise noch nachzuversichernden Zeiten. Hierbei legte sie einen den Gesamtzeitraum vom 6. Mai 1967 bis zum 31. Mai 1996 umfassenden Versicherungsverlauf zugrunde, in dem die für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis zum 30. Juni 1990 gezahlten Beiträge zur FZR verzeichnet sowie Zeiten wegen Rentenbezugs bis zum 55. Lebensjahr lediglich für die Zeit vom 31. Dezember 1991 bis zum 31. Mai 1996 ausgewiesen waren. Auf einer dem Bescheid und den Rentenauskünften nebst Versicherungsverlauf beigefügten Anlage („Anlage 10“) führte sie unter der Überschrift „Ergänzende Begründungen und Hinweise“ aus: Die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil nach dem seinerzeit im Beitrittsgebiet geltenden Recht wegen des Bezugs einer Rente oder Versorgung Versicherungsfreiheit oder Beitragsfreiheit für Arbeitsentgelte aus eigener Beschäftigung bestanden habe. Die für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis zum 30. Juni 1990 gezahlten Beiträge zur FZR würden jedoch berücksichtigt.

Mit seinem daraufhin erhobenen Widerspruch machte der Kläger u.a. geltend: Die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 sei (auch) als mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegte Beitragszeit vorzumerken. Als Invalidenrentner und Empfänger von Sonderpflegegeld habe er seinerzeit zwar weder Pflichtbeiträge gezahlt noch zahlen dürfen. Die auf seine damaligen Arbeitgeber entfallenden Arbeitgeberanteile seien jedoch entrichtet worden und hätten mit Blick auf die zu erwartende Altersrente einen hundertprozentigen Versicherungsschutz garantiert. Hinsichtlich dieses Schutzes genieße er auch nach der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands Vertrauensschutz.

Nach Auswertung des Widerspruchsschreibens teilte die Beklagte dem Kläger mit ihrem Schreiben vom 11. Juni 1996 mit: Sie habe den Bescheid vom 13. Mai 1996 nochmals überprüft „und die Zeit des Rentenbezuges vom 1. April 1970 bis 30. Dezember 1991 als Anrechnungszeit ... vorgemerkt“. Darüber werde der Kläger von ihrem Fachdezernat allerdings „noch gesondert einen neuen Bescheid“ erhalten. Weitere Fehler habe sie nicht feststellen können. Sie bitte deshalb um Prüfung, ob der Widerspruch zurückgenommen werden könne.

Nachdem der Kläger darauf hingewiesen hatte, dass er sich zu einer Rücknahme des Widerspruchs nicht in der Lage sehe, erteilte ihm die Beklagte zunächst unter dem 28. August 1996 eine weitere Rentenauskunft. Dieser Rentenauskunft fügte sie einen bis zum 31. August 1996 aktualisierten Versicherungsverlauf bei, in dem Zeiten wegen Rentenbezuges bis zum 55. Lebensjahr nunmehr für die Zeit vom 1. April 1970 bis zum Ende des Erfassungszeitraums vermerkt waren. Sodann wies sie den Widerspruch des Klägers mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1996 zurück und führte aus: Die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 könne nicht als mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegte Beitragszeit anerkannt werden. Da der Kläger als Schwerbeschädigter seinerzeit beitragsfrei gewesen sei, stehe dem geltend gemachten Anspruch § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) entgegen.

Mit seiner daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Die Tatsache, dass er während der strittigen Zeit als Invalidenrentner und Empfänger von Sonderpflegegeld von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung befreit gewesen sei, dürfe ihm heute nicht zum Nachteil gereichen. Er habe seinerzeit eigentumsrechtlich geschützte Rentenanwartschaften in voller Höhe erworben, die ihm nicht nachträglich wieder aberkannt werden dürften. Soweit das geltende Recht dies tatsächlich erlauben sollte, sei dies auf eine Überleitungslücke im Vertrag über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag -EV-) oder im Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Rentenüberleitungsgesetz -RÜG-) zurückzuführen. Diese Lücke müsse ggf. durch das Gericht oder den Gesetzgeber geschlossen werden.

Durch Urteil vom 5. Januar 1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vormerkung der geltend gemachten Pflichtbeitragszeit. Nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI stünden Zeiten nach dem 8. Mai 1945, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden seien, zwar Beitragszeiten nach Bundesrecht gleich. Nach § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI, dessen Rechtsfolgen an die im alten Bundesgebiet geltenden Regelungen für bestimmte weiterbeschäftigte Bezieher einer Vollrente anknüpften, seien Beitragszeiten im Beitrittsgebiet jedoch nicht Zeiten, in denen wegen des Bezuges einer Rente oder einer Versorgung nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets Versicherungs- oder Beitragsfreiheit bestanden habe. Dies sei hier der Fall. Denn der Kläger sei in seiner Eigenschaft als Invalidenrentner im strittigen Zeitraum Vollrentner und als solcher von der Beitragspflicht befreit gewesen. Dass für ihn während der Zeit seiner Beitragsfreiheit der Arbeitgeberanteil entrichtet worden sei, mache die Zeit nicht zu einer Pflichtbeitragszeit. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen die Vorschrift des § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI nicht, weil die von ihr betroffenen Vollrentner Beiträge gerade nicht gezahlt hätten. Zudem werde ein gewisser Ausgleich dadurch erreicht, dass die Zeit des Rentenbezuges nach § 252 a Abs. 1 Nr. 4 SGB VI Anrechnungszeit sei.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung macht der Kläger geltend: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bestünden gegen die Vorschrift des § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI durchaus verfassungsrechtliche Bedenken, weil sie einen rückwirkenden Eingriff in bestehende Rentenanwartschaften erlaube. Ein solcher Eingriff könne dadurch vermieden werden, dass das Rentenrecht der DDR bestandsschützend in irgendeiner Art und Weise weiterhin angewendet werde.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte erklärt, die Zeit des Rentenbezuges vom 1. April 1970 bis zum 30. Dezember 1991 werde hiermit als Anrechnungszeit gemäß § 252 a Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vorgemerkt, wie dies bereits im Schreiben vom 1. Juni 1996“ (gemeint ist das Schreiben vom 11. Juni 1996) sinngemäß angekündigt worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. Januar 1999 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 13. Mai 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 1996 und des Bescheides vom 13. September 2000 zu verurteilen, für die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 eine mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegte Beitragszeit vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 13. September 2000 abzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil im Ergebnis für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass über die Anerkennung der vom 1. Januar 1982 bis zum 30. Juni 1990 gezahlten Beiträge zur FZR hinaus für die strittige Zeit lediglich eine Anrechnungszeit wegen Rentenbezuges habe vorgemerkt werden können; für die Vormerkung einer mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegten Beitragszeit sei kein Raum.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Ebenso wie die im Berufungsverfahren zulässigerweise ergänzend erhobene Klage gegen den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erlassenen Bescheid vom 13. September 2000 ist sie indes unbegründet.

Gegenstand berufungsgerichtlicher Prüfung ist das Begehren des Klägers, für die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 (auch) eine mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegte Beitragszeit vorzumerken. Nicht Gegenstand ist die Frage, ob die von der Beklagten erteilten Rentenauskünfte Bedenken begegnen. Da sie keine Regelungen in Form von Verwaltungsakten enthalten, hat sich der Kläger bei sachgerechter Auslegung seiner Ausführungen im gerichtlichen Verfahren von Anfang an auf das eingangs genannte Begehren beschränkt.

Um sein Begehren durchzusetzen, ficht der Kläger zutreffend den Bescheid vom 13. Mai 1996 (teilweise) an, mit dem die Beklagte Regelungen nicht nur über bestimmte vor dem 1. September 1975 liegende Zeiten getroffen, sondern durch Verwaltungsakt ablehnend auch über die Frage der Vormerkung der Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 als mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegte Beitragszeit entschieden hat. Die Beklagte hat sich mit der vorgenannten Frage zwar nur auf der dem Bescheid beigefügten Anlage 10 unter der Überschrift „Ergänzende Begründungen und Hinweise“ befasst. Dies schließt es jedoch nicht aus, insoweit eine ablehnende Entscheidung durch Verwaltungsakt anzunehmen, weil die Ausführungen in ihrer Gesamtheit aus der Sicht eines objektiven Empfängers nicht anders verstanden werden können, als dass sie einen konkreten Einzelfall verbindlich regeln sollen. Diese Auslegung hat sich im Übrigen die Beklagte selbst zu Eigen gemacht, indem sie den vom Kläger diesbezüglich erhobenen Widerspruch mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1996 in der Sache zurückgewiesen hat. Dieser Widerspruchsbescheid gibt dem Bescheid vom 13. Mai 1996 insoweit Gestalt, als die Beklagte mit ihm die Vormerkung der strittigen Zeit als mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegte Beitragszeit mit regelnder Wirkung weiterhin abgelehnt hat, und ist vom Kläger zu Recht in den Sachantrag aufgenommen worden. Zutreffend findet dort auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebene Erklärung Erwähnung, hiermit werde die Zeit des Rentenbezuges vom 1. April 1970 bis zum 30. Dezember 1991 als Anrechnungszeit gemäß § 252 a Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vorgemerkt. Bei dieser Erklärung handelt es sich nämlich ebenfalls um einen anfechtbaren Bescheid, mit dem die Beklagte dem Begehren des Klägers zwar nicht entsprochen, aber entschieden hat, dass die von ihm als Invalidenrentner und Empfänger von Sonderpflegegeld zurückgelegte Zeit der abhängigen Beschäftigung lediglich als Anrechnungszeit wegen Rentenbezuges vorzumerken sei. Dieser Bescheid ist nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Über ihn ist vom Senat erstinstanzlich kraft Klage zu entscheiden.

Weitere Bescheide, die der Kläger zur Durchsetzung seines Begehrens in prozessualer Hinsicht angreifen müsste, liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 11. Juni 1996 nicht um einen anfechtbaren Verwaltungsakt. Dort hat die Beklagte zwar ausgeführt, sie habe „die Zeit vom 1. April 1970 bis 30. Dezember 1991 als Anrechnungszeit vorgemerkt“. Aus dem von ihr direkt angeschlossenen Satz, der Kläger werde darüber von ihrem Fachdezernat „noch gesondert einen neuen Bescheid“ erhalten, folgt jedoch, dass sie eine verbindliche Regelung noch nicht getroffen hat. Mit ihrem Schreiben vom 28. August 1996 hat sie ferner den angekündigten Bescheid noch nicht erlassen. Denn dieses Schreiben beinhaltet lediglich eine neue Rentenauskunft, der Verwaltungsaktsqualität nicht zukommt. Hieran ändert nichts, dass Grundlage für die neue Rentenauskunft ein dem Kläger mit ihr gemeinsam übermittelter neuer Versicherungsverlauf gewesen ist, in dem nunmehr auch für den strittigen Zeitraum Zeiten wegen Rentenbezuges bis zum 55. Lebensjahr vermerkt waren. Mangels anders lautender Hinweise stellt sich der Versicherungsverlauf nämlich aus Sicht eines objektiven Empfängers nur als eine die Rentenauskunft stützende Berechnungsunterlage dar.

Wie das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, vermag der Kläger mit seinem Sachbegehren indes nicht durchzudringen. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat für die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 keinen Anspruch auf Vormerkung einer mit Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung belegten Beitragszeit.

Anspruchsgrundlage für die begehrte Vormerkung ist § 149 Abs. 5 SGB VI. Danach hat der Versicherungsträger Zeiten, die länger als sechs Jahre zurückliegen, durch Bescheid als mit Pflichtbeiträgen belegte Zeiten festzustellen bzw. vorzumerken, soweit diese Zeiten die Voraussetzungen für eine Vormerkung als mit Pflichtbeiträgen belegte Zeiten erfüllen. Dies ist bezogen auf die strittige Zeit indes nicht der Fall.

Die vom Kläger geltend gemachte Zeit erfüllt zunächst nicht die Voraussetzungen der §§ 54 Abs. 1 Nr. 1, 55 SGB VI, weil Pflichtbeiträge (egal von wem) in dieser Zeit jedenfalls nicht nach Bundesrecht gezahlt worden sind. Überdies handelt es sich auch nicht um eine Zeit, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.

Wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, ist des Weiteren eine Vormerkung nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI nicht möglich. Soweit nach dieser Vorschrift nach dem 8. Mai 1945 zurückgelegte Zeiten, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind, Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichstehen, kann offen bleiben, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Denn selbst wenn die von den damaligen Arbeitgebern des Klägers gezahlten Beitragsanteile als Beiträge im Sinne des § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI angesehen werden müssten, greift hier jedenfalls die Ausnahmeregelung des § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI ein. Danach sind Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nicht Zeiten, in denen wegen des Bezuges einer Rente oder einer Versorgung nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes Versicherungs- oder Beitragsfreiheit bestanden hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, weil der Kläger während der hier strittigen Zeit seiner abhängigen Beschäftigungen vom 1. September 1975 bis zum 2. Oktober 1990 als Empfänger einer Invalidenrente aus der Sozialversicherung nach den seinerzeit im Beitrittsgebiet geltenden Bestimmungen von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung befreit gewesen ist. Nach § 9 Abs. 3 der zum 1. Januar 1975 in Kraft getretenen Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 14. November 1974 - SVO 1974 - (GBl. I S. 531) waren nämlich die nach § 7 Abs. 1 SVO 1974 während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses grundsätzlich versicherungspflichtigen Werktätigen, die eine Vollrente bezogen, von der Entrichtung ihres Beitrages befreit. Hierbei gehörten nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 der Ersten Durchführungsbestimmung zur SVO 1974 vom 14. November 1974 (GBl. I S. 543) zu den befreiten Personen u.a. die Empfänger einer Invalidenrente aus der Sozialversicherung. Dass der Kläger neben der Invalidenrente aus der Sozialversicherung ein Sonderpflegegeld erhalten hatte, als dessen Empfänger er über das sog. Lohndrittel hinaus uneingeschränkt zur Invalidenrente hinzuverdienen durfte, ändert an seiner nach den vorstehenden Bestimmungen eingetretenen Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung seines Beitrages ab 1. September 1975 nichts. Denn die in § 1 Nr. 2 der Anordnung zur Vereinheitlichung von Rechtsvorschriften der Sozialversicherung für Vollrentner vom 31. Dezember 1968 (GBl. II 1969 S. 73) getroffene Sonderregelung, die in Verbindung mit weiteren Bestimmungen des Beitrittsgebietes im Ergebnis dazu führte, dass Empfänger von Invalidenrenten aus der Sozialversicherung, die zugleich ein Sonderpflegegeld erhielten, von der Beitragspflicht nicht befreit waren, ist nach § 72 Abs. 2 Nr. 9 SVO 1974 mit Wirkung ab 1. Januar 1975 außer Kraft getreten. Diese Rechtslage wurde in der Folgezeit im Wesentlichen fortgeschrieben. Denn auch § 15 Abs. 1 Buchst. a der die SVO 1974 außer Kraft setzenden Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 - SVO 1977 - (GBl. I S. 373) ordnete für die Zeit ab 1. Januar 1978 an, dass Werktätige, die eine Invalidenrente der Sozialversicherung erhielten, von der Entrichtung ihres Beitrages befreit waren. Sodann sah § 19 Abs. 2 des am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Gesetzes über die Sozialversicherung vom 28. Juni 1990 (GBl. I S. 486) vor, dass versicherungsfrei in der Rentenversicherung u.a. auch solche Beschäftigten waren, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen, soweit hierfür (wie nach § 15 Abs. 1 Buchst. a SVO 1977) nach den am 30. Juni 1990 geltenden Rechtsvorschriften eine Befreiung von der Versicherungspflicht bestanden hatte. Diese Regelung galt nach Anl. II, Kap. VIII, Sachgebiet F, Abschnitt III, Nr. 2 Buchst. b EV bis zum 31. Dezember 1991 fort.

Dass § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI verfassungswidrig sein könnte, vermag der Senat - ebenso wie schon das Sozialgericht - nicht zu erkennen. Die Vorschrift dient im Rahmen der Überführung von in der DDR erworbenen Ansprüchen und Anwartschaften auf eine Rente in das Rentensystem der alten Bundesländer im Wesentlichen der Gleichstellung der von ihr betroffenen Personen mit den an sich versicherungspflichtigen Beschäftigten im alten Bundesgebiet, für die Pflichtbeitragszeiten ebenfalls nicht vorzumerken sind, wenn sie wegen des Bezuges einer Rente oder Versorgung nach § 1229 Abs. 1 Nr. 1 und 7 der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) bzw. § 5 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB VI versicherungsfrei waren oder sind, und für die der Arbeitgeber nach § 1386 RVO oder §113 AVG bzw. § 172 Abs. 1 SGB VI lediglich zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen Beitragsanteile zu entrichten hatte oder hat (vgl. BT-Drs. 12/405 S. 125). Dass sich § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI auch auf Bezieher einer Rente/Versorgung wegen Erwerbsminderung bezieht, während die auf die Beschäftigten im alten Bundesgebiet anwendbaren Vorschriften der RVO, des AVG und des SGB VI allein auf Bezieher einer Rente/Versorgung wegen Alters abheben, führt hierbei nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Denn der Gesetzgeber hat mit § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI in sachangemessener Weise den Umstand berücksichtigt, dass die Bezieher einer Rente/Versorgung wegen Erwerbsminderung in der DDR - anders als die vergleichbaren Bezieher einer solchen Leistung im alten Bundesgebiet - während des Leistungsbezuges nicht durch eigene Beitragsleistungen belastet worden sind (vgl. Klattenhoff in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB VI, 33. Lfg. VII/96, § 248 Rdnr. 50).

Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich auch eine Verletzung des in Art. 20 Abs. 3 GG postulierten Rechtsstaatsprinzips, dass das Rückwirkungsverbot umfasst, nicht feststellen. Vertrauensschutz ist den Betroffenen nämlich in ausreichendem Maße über die Vorschriften in Art. 2 RÜG gewährt worden, mit denen das Rentenrecht der DDR für einen gewissen Zeitraum fortgeschrieben worden ist. Diese Vorschriften sehen in Art. 2 § 19 Abs. 2 Nr. 3 RÜG u.a. vor, dass Zeiten, in denen Versicherte weder pflichtversichert noch beitragspflichtig waren und während des Bezuges einer Rente oder Versorgung wegen Invalidität eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt hatten, als Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit gelten. Dass dieser Fiktion Bedeutung nur für Renten nach Art. 2 RÜG zukommt, die in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1996 beginnen (vgl. hierzu Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3 RÜG), führt zu keinem anderen Ergebnis, weil sich die Betroffenen auf die in rentenrechtlicher Hinsicht durch die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands geänderte Rechtslage bis zum 31. Dezember 1996 in ausreichendem Maße einstellen konnten. Mit Rücksicht auf die Regelungen des Art. 2 RÜG, die auf Art. 30 Abs. 5 EV fußen und in zeitlicher Hinsicht über die dortigen Vorgaben sogar hinausgehen, liegt entgegen der Auffassung des Klägers auch eine (verfassungswidrige) Überleitungslücke nicht vor.

Schließlich ist auch ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegeben. Entgegen der vom Sozialgericht angedeuteten Auffassung ist der Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 GG zwar eröffnet, obwohl die abhängig beschäftigten Bezieher einer Rente/Versorgung in der DDR keine eigenen Beiträge zu entrichten hatten. Denn mit Rücksicht darauf, dass die allein von ihren Arbeitgebern zu zahlenden Beitragsanteile nur deshalb zu entrichten waren, weil die Betroffenen in erheblichem Maße ihre persönliche Arbeitsleistung eingesetzt hatten, sind die Arbeitgeberanteile den eigentumsrelevanten Eigenleistungen des Arbeitsnehmers zuzurechnen (vgl. BVerfGE 68, 272, 302). Dies gilt indes erst ab dem Zeitpunkt der Herstellung der Einheit Deutschlands nach Maßgabe der Regelungen des EV (vgl. hierzu BVerfGE 100, 1, 32 f.), der eine Überführung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf eine Rente in das Rentensystem der alten Bundesländer vorsah. In diesem Kontext bewegt sich die Vorschrift des § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VI im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber bestimmt werden. Diese Befugnis schließt auch Änderungen erworbener Rechtspositionen ein. Der Betroffene muss hierbei allerdings nur solche Einschränkungen hinnehmen, die durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Dies ist hier der Fall. Wie bereits ausgeführt, dient die Vorschrift nämlich im Rahmen der Überführung von in der DDR erworbenen Ansprüchen und Anwartschaften auf eine Rente der Gleichstellung der von ihr betroffenen Personen mit den an sich versicherungspflichtigen Beschäftigten im alten Bundesgebiet, für die Pflichtbeitragszeiten ebenfalls nicht vorzumerken sind, wenn sie in den oben beschriebenen Fallkonstellationen wegen des Bezuges einer Rente oder Versorgung versicherungsfrei waren oder sind, und für die lediglich der Arbeitgeber Beitragsanteile zu entrichten hatte oder hat. Die Vorschrift ist geeignet, den vorgenannten Zweck zu erfüllen, und belastet die von ihr Betroffenen nicht übermäßig. Denn abgesehen davon, dass die Betroffenen eigene Beiträge nicht zu entrichten hatten, werden Härten durch die auf Art. 30 Abs. 5 EV fußenden Übergangsregelungen in Art. 2 RÜG in ausreichendem Maße aufgefangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Dass die Beklagte mit ihrem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erlassenen Bescheid für die strittige Zeit eine Anrechnungszeit wegen Rentenbezuges vorgemerkt hat, wirkt sich nach billigem Ermessen kostenmäßig nicht zugunsten des Klägers aus, weil hierdurch lediglich dem Umstand des Rentenbezuges, nicht jedoch dem Umstand der daneben bestehenden Beschäftigungsverhältnisse Rechnung getragen worden ist.

Die Revision ist zugelassen worden, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beizumessen ist.
Rechtskraft
Aus
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