Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 An 1567/94
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 22/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Dezember 1997 und der Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 1994 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, die Zeit vom 23. April 1949 bis zum 30. April 1956 als glaubhaft gemachte Beitragszeit nach dem FRG anzuerkennen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin drei Viertel der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Vormerkungsverfahren die Anerkennung von Beitragszeiten in Polen nach dem Fremdrentengesetz (FRG) in Verbindung mit dem Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) streitig.
Die Klägerin ist die Witwe des am ... 1919 in I., Kreis Lublin/Polen geborenen und am ... 1973 in Israel verstorbenen J. L. (im Folgenden: Versicherter). Dieser war - wie die Klägerin - jüdischer Abstammung und Verfolgter des Nationalsozialismus im Sinne des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Die Eheleute haben im März 1952 in D., Polen standesamtlich geheiratet und sind 1957 nach Israel ausgewandert, wo der Versicherte bis zu seinem Tode als israelischer Staatsbürger gelebt hat.
Die Klägerin beantragte am 1. Juni 1990 und am 31. Dezember 1990 unter Bezugnahme auf im Jahre 1975 und 1981 gestellte Anträge, die sich nicht bei den Akten befinden, Witwenrente nach vorangegangener Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge. Sie machte dabei in Polen zurückgelegte Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) geltend. Ihr Mann habe von 1937 bis 1939 als Buchhalter beim Verlag ... in Warschau gearbeitet; nach der Verfolgung habe er von 1946 bis 1952 als Buchhalter in D. und von 1952 bis zur Auswanderung nach Israel im September 1957 als Buchhalter in L. sozialversicherungspflichtig gearbeitet. Sie legte ein entsprechendes Zeugnis vom 5. September 1957 über die Tätigkeit des Versicherten von 1948 bis Juni 1957 als Hauptbuchhalter in den Genossenschaften, die Mitglieder des Arbeitsgenossenschaftsverbandes in Wroclav waren, vor (ausgestellt vom Wojewodschaftsverband der Arbeitsgenossenschaften in Wroclaw). Der Versicherte habe dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört. Sie, die Klägerin, sei in K./Kreis Posen geboren und gehöre ebenfalls dem deutschen Sprach- und Kulturkreis an, was durch eine Sprachprüfung vor dem israelischen Finanzministerium vom 29. April 1991 bestätigt werde.
Anfragen der Beklagten wegen der behaupteten Versicherungszeiten beim polnischen Versicherungsträger ZUS hatten keinen Erfolg. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1992 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung der behaupteten Beitragszeiten ab, da die Zeiten weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht worden seien. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 1994).
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben.
Im Klageverfahren hat sie einen Versicherungsausweis (bezeichnet als „Vorläufiger Ausweis“) ihres Ehemannes zu der Versichertennummer 131320, ausgestellt am 15. März 1949 von der staatlichen Versicherung in W., vorgelegt. Hierin sind dessen Arbeitsdienstverhältnisse bescheinigt, und zwar mit Eintragungen vom 23. April 1949 bei der „Genossenschaftlichen Herstellung der huzulischen Kilime“ (Adresse unleserlich), vom 10. November 1949 und 10. März 1953 ebenda in D., vom 7. Dezember 1950 unleserlich, mit Eintragung vom 5. Oktober 1953 bei der Bezirksgenossenschaft der Volkskunstindustrie „Kilim“ in D. (mit der Konto-Nr. des Arbeitsgebers bei der sozialen Versicherung 231730) und mit Eintragungen vom 15. Februar 1954, vom 5. Juli 1954, vom 4. September 1954, vom 21. April 1955, vom 30. August 1955 und 2. Januar 1956 bei der Bezirksgenossenschaft der Volkskunstindustrie in L ... Eintragungen der Arbeitsdienstverhältnisse vom 17. Februar 1956 und 4. Juni 1956 sind unleserlich; am 22. November 1956, 4. Februar 1957 und (letztmals) am 20. Mai 1957 ist ein Arbeitsdienstverhältnis bei der Arbeitsgenossenschaft „Mechanik“ in L. eingetragen. Die für die Eintragung des Verdienstes vorgesehenen Spalten sind durchweg nicht ausgefüllt; ebensowenig die Seiten, auf denen medizinische Hilfe für den Versicherten und seine Familienangehörigen eingetragen werden sollten. Ferner hat die Klägerin den Genossenschaftsausweis des Versicherten (ausgestellt am 26. Mai 1952) eingereicht, wonach dieser am 5. April 1949 als Mitglied der Zentrale der Volkskunstindustrie und des Zentralen Genossenschaftsverbandes aufgenommen wurde. Hierin ist ein Mitgliedschaftsanteil in Höhe eines Durchschnittsmonatsverdienstes deklariert, auf den bis 1. September 1950 Einzahlungen eingegangen sind. Im Übrigen sind keine Eintragungen vorgenommen worden. Eine Nachfrage beim polnischen Versicherungsträger unter Beifügung dieser Unterlagen verlief abermals negativ. In dem Archiv, in dem die Personalakten des ehemaligen Woiwodschafts-Verbandes der Arbeitsgenossenschaften in Wroclav aufbewahrt werden, konnte (über die ZUS) die Personalakte des Versicherten nicht ermittelt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. Dezember 1997 abgewiesen. Für die geltend gemachten Beitragszeiten vor Kriegsbeginn lägen keinerlei Mittel der Glaubhaftmachung vor. Lediglich das Vorbringen der Klägerin sei zur Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Auch für die Zeit vom 1. Januar 1946 bis zum 30. Juni 1957 sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Versicherte dem Grunde nach eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Versicherungsunterlagen in Polen seien weder bei der ZUS noch im Archiv des ehemaligen Woiwodschaftsverbandes vorhanden. Der vorgelegte Ausweis zeige keine Eintragungen, die auf die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen hinwiesen, daher sei unerheblich, ob es sich um ein Krankenversicherungsbuch oder ein Arbeitsbuch handele. Andererseits sei der Versicherte nach dem vorgelegten Mitgliedsausweis Mitglied einer Genossenschaft gewesen. Erst seit Anfang der 60er Jahre seien die Mitglieder dieser Genossenschaften (insbesondere der Landwirtschaftsgenossenschaften und der Handwerksgenossenschaften) der ZUS zugeführt worden. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Versicherte keine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin die Anerkennung der behaupteten Beitragszeiten verfolgt.
Im Berufungsverfahren ist von der ZUS Wroclaw die Zeit vom 1. Mai 1956 bis zum 31. Mai 1957 (Tätigkeit als Hauptverwalter bei der Arbeitsgenossenschaft „Mechanik“ in L.) auf der Grundlage von Arbeitsbescheinigungen und anderen Unterlagen als Beitragszeit bestätigt worden (Bescheinigung vom 17. Juli 1998). Die Beklagte hat daraufhin die Vormerkung dieser Zeit als Beitragszeit nach § 15 FRG anerkannt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Die Klägerin ist im Übrigen der Auffassung, auch für Genossenschaftsmitglieder habe grundsätzlich Rentenversicherungspflicht bestanden. Bei der nachgewiesen Beschäftigung des Versicherten sei das Fehlen von Versicherungsnachweisen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass die Archive nicht mehr vollständig seien. Zur Glaubhaftmachung reichten die vorliegenden Unterlagen daher aus.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 4. Dezember 1997 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über das angenommene Anerkenntnis hinaus für den Versicherten J. L. auch die Zeiten vom 1. Januar 1937 bis zum 31. Dezember 1939 und vom 1. Januar 1946 bis zum 30. April 1956 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, soweit der Anspruch nicht anerkannt worden ist.
Der Senat hat die bei der Bezirksregierung Düsseldorf geführten Entschädigungsakten des Versicherten und der Klägerin beigezogen. Zudem lagen die den Versicherten und die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts (S 11 An 1567/94) vor, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Teil begründet, im Übrigen aber unbegründet.
Als Grundlage für die Vormerkung der geltend gemachten Zeiten, die sich noch nach bis zum 31. Dezember 1991 geltendem Recht richtet, kommt § 15 FRG iVm. § 20 WGSVG in Betracht. Der Versicherte erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des § 20 WGSVG und gehört also zu dem vom FRG begünstigten Personenkreis.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Unter gesetzlicher Rentenversicherung ist hier gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 FRG jedes System der sozialen Sicherheit zu verstehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbstätigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Dabei genügt für die Feststellung der danach erheblichen Tatsachen, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 FRG).
Nach diesen Grundsätzen können die behaupteten Beitragszeiten vom 1 Januar 1937 bis zum 31. Dezember 1939 nicht als glaubhaft gemachte Beitragszeiten angesehen werden. Bei Auswertung der Entschädigungsakten ergeben sich weder Hinweise für noch gegen eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit vor der Verfolgung. Der Versicherte selbst hat keiner Behörde gegenüber Angaben zu seinem beruflichem Werdegang gemacht. Die Eheleute haben sich erst nach dem Krieg kennengelernt, so dass die Kenntnisse der Klägerin über die behauptete Tätigkeit nur vom Hörensagen her stammen. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast geht zu Lasten der Klägerin, dass andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen. Es besteht damit keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Versicherte vor der Verfolgung nach § 15 FRG anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat.
Dagegen ist die Glaubhaftmachung der geltend gemachten Zeiten nach Kriegsende im wesentlichen gelungen, nämlich soweit diese Zeiten im vorgelegten „Vorläufigen Ausweis“ der staatlichen Versicherung W. eingetragen sind. Die entgeltliche Beschäftigung als Buchhalter ist in diesem Zeitraum belegt. Die danach nachgewiesenen Zeiten der Beschäftigung vom 23. April 1949 bis 30. April 1956 sind als glaubhaft gemachte Beitragszeiten anzuerkennen, da mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dieser Zeit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand und Rentenversicherungsbeiträge für den Versicherten entrichtet worden sind.
Im fraglichen Zeitraum unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg galt in Polen das Sozialversicherungsgesetz vom 28. März 1933 (mit späteren Änderungen) und die Verordnung über die Angestelltenversicherung (Geistesarbeiter) vom 27. November 1927 idF vom 15. März 1934. Danach war auch die Tätigkeit eines Buchhalters grundsätzlich versicherungspflichtig. Für Mitglieder von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (Rolnicza Spoldzielnia Produkcyjna –RSP-) und von genossenschaftlichen Landwirtschaftszirkeln (Spoldzielnia Rolniczych) wurde die gesetzliche Rentenversicherung allerdings erst vom 1. Juli 1962 an durch Gesetze vom 28. Juni 1962 eingeführt (vgl. Poletzky/Pflaum, Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 9. Oktober 1975, Nachtrag zur 2. Auflage, Stand 31. 12. 1998, Hrsg. LVA Berlin, Teil C Abschnitt 3.6.3). Für Mitglieder dieser Genossenschaften sind Zeiten vor Einführung der Versicherungspflicht zwar nach polnischem Recht rechtserheblich für die Feststellung einer Rente. Nach § 15 FRG sind anrechenbar aber nur die Zeiten ab Einführung der Versicherungspflicht; für Zeiten davor ist eine Anrechnung nur nach § 16 FRG möglich (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1975, SozR 5050 § 15 Nr. 1 und vom 26. September 1975, SozR 5057 § 3 Nr. 1). Sonderregelungen für Mitglieder von sonstigen (nicht im landwirtschaftlichen Bereich tätigen) Genossenschaften bestanden dagegen nicht. Die vom Sozialgericht genannten Sonderregelungen für Handwerker galten für selbständige (nicht in Genossenschaften zusammengeschlossene) Handwerker, die erst vom 1. Juli 1965 an der Versicherungspflicht unterstanden (vgl. dazu die Urteile des BSG aaO und die Erläuterungen in Poletzky/Pflaum Teil C Abschnitt 3.8.6). Dass der Versicherte als Mitglied einer Volkskunstgenossenschaft grundsätzlich (ähnlich wie bei landwirtschaftliche Genossenschaften) nicht versicherungspflichtig gewesen ist, ist also nicht ersichtlich.
Ausnahmen von der Versicherungspflicht bestanden allerdings bis zum 1. Oktober 1966 für solche Mitglieder von Genossenschaften, die (etwa im Bereich des Handels und für Volkskunstgenossenschaften) auf eigene Rechnung (mit Agentur-/Auftragsvertrag) gearbeitet haben. Für eine solche Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses besteht aber kein Anhalt. Bei der Beschäftigung als Hauptbuchhalter erscheint eine Tätigkeit auf eigene Rechnung ohnehin wenig wahrscheinlich. Das vorgelegte Zeugnis lässt keinen Hinweis auf die Gestaltung der Tätigkeit als Auftrags- oder Argenturverhältnis zu. Vor allem der vorgelegte Versicherungsausweis spricht für die Versicherungspflicht des Ehemannes der Klägerin. Es handelt sich hierbei um einen Ausweis, der zur Erfassung versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgestellt worden ist. Dem Versicherten ist damit eine Versicherungsnummer vergeben worden. Der Ausweis ist von den Arbeitgebern des Versicherten auch benutzt worden. Die Arbeitsverhältnisse sind in regelmäßigen Abständen eingetragen worden. Dies macht nur vor dem Hintergrund der Versicherungspflicht dieser Beschäftigungsverhältnisse Sinn, da irgend ein anderer Zweck des Ausweises nicht erkennbar ist. Wenn der Ehemann der Klägerin als Mitglied der Genossenschaft versicherungsfrei gewesen wäre, hätte es der Ausstellung und Führung des Ausweises nicht bedurft. Gegen diese Annahme spricht nicht zwingend, dass in dem vorliegenden Ausweis jede Eintragung über die erzielten Entgelte und abgeführten Beiträge fehlt. Denn diese Eintragungen fehlen auch in dem Zeitraum ab dem 1. Mai 1956, den die ZUS gleichwohl als Beitragszeit bestätigt hat. Eine unterschiedliche Rechtslage hinsichtlich der von der Beklagten anerkannten und der übrigen Zeiten ist aber nicht erkennbar. Damit ist überwiegend wahrscheinlich, dass die Eintragung der Entgelte und der abgeführten Beiträge aus Gründen unterblieben ist, die nichts mit der hier streitigen Versicherungspflicht zu tun haben. Der vorgelegte Ausweis ist also ein sicherer Hinweis darauf, dass für den Ehemann der Klägerin –wie grundsätzlich für Mitglieder von Genossenschaften, die nicht landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften waren – während des gesamten hierin ausgewiesenen Zeitraums die allgemeinen Regelungen über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern galten.
Es ist auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass für den Versicherten Beiträge zur Rentenversicherung tatsächlich abgeführt worden sind, auch wenn dies von der ZUS nur für den Zeitraum von 1. Mai 1956 bis 31. Mai 1957 bestätigt werden konnte. Die Arbeitgeber des Klägers gehörten allesamt dem Arbeitsgenossenschaftsverbandes in Wroclav an, was sich aus dem vorgelegten Zeugnis ergibt. Sie haben die Versicherungspflicht des Klägers beachtet, was die Führung des Versicherungsausweises zeigt. Wenn alle Arbeitgeber die Versicherungspflicht des Ehemannes der Klägerin gleich gehandhabt haben, ist auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von ihrer Beitragstreue auszugehen. Es spricht daher alles dafür, dass die geltend gemachten Zeiten nicht insgesamt von der ZUS bestätigt werden konnten, weil dort Unterlagen verloren gegangen sind.
Zeiten vor dem 23. April 1949 können dagegen nicht als glaubhaft gemachte Beitragszeiten angesehen werden. Zwar ist durch das vorgelegte Zeugnis eine Tätigkeit auch im Jahre 1948 bestätigt. Aber abgesehen davon, dass ein genaues Anfangsdatum der Tätigkeit im Zeugnis fehlt, dieses Zeugnis genügt allein im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles für die Glaubhaftmachung von Beitragszeiten vor dem 23. April 1949 nicht. Eine Beitragsentrichtung auch für diese Zeiten erscheint zwar möglich. Es fehlen aber Eintragungen in dem Versichertenausweis, der später geführt worden ist. Dafür ist eine Erklärung nicht ersichtlich. Für die Zeit vom 1. Janaur 1946 bis 1948 fehlen darüber hinaus jegliche Unterlagen. Allein die vagen Angaben der Klägerin reichen bei diesem Sachverhalt für eine Glaubhaftmachung dieser Zeiten als Beitragszeiten nach § 15 FRG nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass die Klägerin im Wesentlichen obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Vormerkungsverfahren die Anerkennung von Beitragszeiten in Polen nach dem Fremdrentengesetz (FRG) in Verbindung mit dem Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) streitig.
Die Klägerin ist die Witwe des am ... 1919 in I., Kreis Lublin/Polen geborenen und am ... 1973 in Israel verstorbenen J. L. (im Folgenden: Versicherter). Dieser war - wie die Klägerin - jüdischer Abstammung und Verfolgter des Nationalsozialismus im Sinne des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Die Eheleute haben im März 1952 in D., Polen standesamtlich geheiratet und sind 1957 nach Israel ausgewandert, wo der Versicherte bis zu seinem Tode als israelischer Staatsbürger gelebt hat.
Die Klägerin beantragte am 1. Juni 1990 und am 31. Dezember 1990 unter Bezugnahme auf im Jahre 1975 und 1981 gestellte Anträge, die sich nicht bei den Akten befinden, Witwenrente nach vorangegangener Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge. Sie machte dabei in Polen zurückgelegte Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) geltend. Ihr Mann habe von 1937 bis 1939 als Buchhalter beim Verlag ... in Warschau gearbeitet; nach der Verfolgung habe er von 1946 bis 1952 als Buchhalter in D. und von 1952 bis zur Auswanderung nach Israel im September 1957 als Buchhalter in L. sozialversicherungspflichtig gearbeitet. Sie legte ein entsprechendes Zeugnis vom 5. September 1957 über die Tätigkeit des Versicherten von 1948 bis Juni 1957 als Hauptbuchhalter in den Genossenschaften, die Mitglieder des Arbeitsgenossenschaftsverbandes in Wroclav waren, vor (ausgestellt vom Wojewodschaftsverband der Arbeitsgenossenschaften in Wroclaw). Der Versicherte habe dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört. Sie, die Klägerin, sei in K./Kreis Posen geboren und gehöre ebenfalls dem deutschen Sprach- und Kulturkreis an, was durch eine Sprachprüfung vor dem israelischen Finanzministerium vom 29. April 1991 bestätigt werde.
Anfragen der Beklagten wegen der behaupteten Versicherungszeiten beim polnischen Versicherungsträger ZUS hatten keinen Erfolg. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1992 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung der behaupteten Beitragszeiten ab, da die Zeiten weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht worden seien. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 1994).
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben.
Im Klageverfahren hat sie einen Versicherungsausweis (bezeichnet als „Vorläufiger Ausweis“) ihres Ehemannes zu der Versichertennummer 131320, ausgestellt am 15. März 1949 von der staatlichen Versicherung in W., vorgelegt. Hierin sind dessen Arbeitsdienstverhältnisse bescheinigt, und zwar mit Eintragungen vom 23. April 1949 bei der „Genossenschaftlichen Herstellung der huzulischen Kilime“ (Adresse unleserlich), vom 10. November 1949 und 10. März 1953 ebenda in D., vom 7. Dezember 1950 unleserlich, mit Eintragung vom 5. Oktober 1953 bei der Bezirksgenossenschaft der Volkskunstindustrie „Kilim“ in D. (mit der Konto-Nr. des Arbeitsgebers bei der sozialen Versicherung 231730) und mit Eintragungen vom 15. Februar 1954, vom 5. Juli 1954, vom 4. September 1954, vom 21. April 1955, vom 30. August 1955 und 2. Januar 1956 bei der Bezirksgenossenschaft der Volkskunstindustrie in L ... Eintragungen der Arbeitsdienstverhältnisse vom 17. Februar 1956 und 4. Juni 1956 sind unleserlich; am 22. November 1956, 4. Februar 1957 und (letztmals) am 20. Mai 1957 ist ein Arbeitsdienstverhältnis bei der Arbeitsgenossenschaft „Mechanik“ in L. eingetragen. Die für die Eintragung des Verdienstes vorgesehenen Spalten sind durchweg nicht ausgefüllt; ebensowenig die Seiten, auf denen medizinische Hilfe für den Versicherten und seine Familienangehörigen eingetragen werden sollten. Ferner hat die Klägerin den Genossenschaftsausweis des Versicherten (ausgestellt am 26. Mai 1952) eingereicht, wonach dieser am 5. April 1949 als Mitglied der Zentrale der Volkskunstindustrie und des Zentralen Genossenschaftsverbandes aufgenommen wurde. Hierin ist ein Mitgliedschaftsanteil in Höhe eines Durchschnittsmonatsverdienstes deklariert, auf den bis 1. September 1950 Einzahlungen eingegangen sind. Im Übrigen sind keine Eintragungen vorgenommen worden. Eine Nachfrage beim polnischen Versicherungsträger unter Beifügung dieser Unterlagen verlief abermals negativ. In dem Archiv, in dem die Personalakten des ehemaligen Woiwodschafts-Verbandes der Arbeitsgenossenschaften in Wroclav aufbewahrt werden, konnte (über die ZUS) die Personalakte des Versicherten nicht ermittelt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. Dezember 1997 abgewiesen. Für die geltend gemachten Beitragszeiten vor Kriegsbeginn lägen keinerlei Mittel der Glaubhaftmachung vor. Lediglich das Vorbringen der Klägerin sei zur Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Auch für die Zeit vom 1. Januar 1946 bis zum 30. Juni 1957 sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Versicherte dem Grunde nach eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Versicherungsunterlagen in Polen seien weder bei der ZUS noch im Archiv des ehemaligen Woiwodschaftsverbandes vorhanden. Der vorgelegte Ausweis zeige keine Eintragungen, die auf die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen hinwiesen, daher sei unerheblich, ob es sich um ein Krankenversicherungsbuch oder ein Arbeitsbuch handele. Andererseits sei der Versicherte nach dem vorgelegten Mitgliedsausweis Mitglied einer Genossenschaft gewesen. Erst seit Anfang der 60er Jahre seien die Mitglieder dieser Genossenschaften (insbesondere der Landwirtschaftsgenossenschaften und der Handwerksgenossenschaften) der ZUS zugeführt worden. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Versicherte keine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin die Anerkennung der behaupteten Beitragszeiten verfolgt.
Im Berufungsverfahren ist von der ZUS Wroclaw die Zeit vom 1. Mai 1956 bis zum 31. Mai 1957 (Tätigkeit als Hauptverwalter bei der Arbeitsgenossenschaft „Mechanik“ in L.) auf der Grundlage von Arbeitsbescheinigungen und anderen Unterlagen als Beitragszeit bestätigt worden (Bescheinigung vom 17. Juli 1998). Die Beklagte hat daraufhin die Vormerkung dieser Zeit als Beitragszeit nach § 15 FRG anerkannt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Die Klägerin ist im Übrigen der Auffassung, auch für Genossenschaftsmitglieder habe grundsätzlich Rentenversicherungspflicht bestanden. Bei der nachgewiesen Beschäftigung des Versicherten sei das Fehlen von Versicherungsnachweisen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass die Archive nicht mehr vollständig seien. Zur Glaubhaftmachung reichten die vorliegenden Unterlagen daher aus.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 4. Dezember 1997 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über das angenommene Anerkenntnis hinaus für den Versicherten J. L. auch die Zeiten vom 1. Januar 1937 bis zum 31. Dezember 1939 und vom 1. Januar 1946 bis zum 30. April 1956 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, soweit der Anspruch nicht anerkannt worden ist.
Der Senat hat die bei der Bezirksregierung Düsseldorf geführten Entschädigungsakten des Versicherten und der Klägerin beigezogen. Zudem lagen die den Versicherten und die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts (S 11 An 1567/94) vor, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Teil begründet, im Übrigen aber unbegründet.
Als Grundlage für die Vormerkung der geltend gemachten Zeiten, die sich noch nach bis zum 31. Dezember 1991 geltendem Recht richtet, kommt § 15 FRG iVm. § 20 WGSVG in Betracht. Der Versicherte erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des § 20 WGSVG und gehört also zu dem vom FRG begünstigten Personenkreis.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Unter gesetzlicher Rentenversicherung ist hier gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 FRG jedes System der sozialen Sicherheit zu verstehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbstätigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Dabei genügt für die Feststellung der danach erheblichen Tatsachen, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 FRG).
Nach diesen Grundsätzen können die behaupteten Beitragszeiten vom 1 Januar 1937 bis zum 31. Dezember 1939 nicht als glaubhaft gemachte Beitragszeiten angesehen werden. Bei Auswertung der Entschädigungsakten ergeben sich weder Hinweise für noch gegen eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit vor der Verfolgung. Der Versicherte selbst hat keiner Behörde gegenüber Angaben zu seinem beruflichem Werdegang gemacht. Die Eheleute haben sich erst nach dem Krieg kennengelernt, so dass die Kenntnisse der Klägerin über die behauptete Tätigkeit nur vom Hörensagen her stammen. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast geht zu Lasten der Klägerin, dass andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen. Es besteht damit keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Versicherte vor der Verfolgung nach § 15 FRG anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat.
Dagegen ist die Glaubhaftmachung der geltend gemachten Zeiten nach Kriegsende im wesentlichen gelungen, nämlich soweit diese Zeiten im vorgelegten „Vorläufigen Ausweis“ der staatlichen Versicherung W. eingetragen sind. Die entgeltliche Beschäftigung als Buchhalter ist in diesem Zeitraum belegt. Die danach nachgewiesenen Zeiten der Beschäftigung vom 23. April 1949 bis 30. April 1956 sind als glaubhaft gemachte Beitragszeiten anzuerkennen, da mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dieser Zeit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand und Rentenversicherungsbeiträge für den Versicherten entrichtet worden sind.
Im fraglichen Zeitraum unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg galt in Polen das Sozialversicherungsgesetz vom 28. März 1933 (mit späteren Änderungen) und die Verordnung über die Angestelltenversicherung (Geistesarbeiter) vom 27. November 1927 idF vom 15. März 1934. Danach war auch die Tätigkeit eines Buchhalters grundsätzlich versicherungspflichtig. Für Mitglieder von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (Rolnicza Spoldzielnia Produkcyjna –RSP-) und von genossenschaftlichen Landwirtschaftszirkeln (Spoldzielnia Rolniczych) wurde die gesetzliche Rentenversicherung allerdings erst vom 1. Juli 1962 an durch Gesetze vom 28. Juni 1962 eingeführt (vgl. Poletzky/Pflaum, Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 9. Oktober 1975, Nachtrag zur 2. Auflage, Stand 31. 12. 1998, Hrsg. LVA Berlin, Teil C Abschnitt 3.6.3). Für Mitglieder dieser Genossenschaften sind Zeiten vor Einführung der Versicherungspflicht zwar nach polnischem Recht rechtserheblich für die Feststellung einer Rente. Nach § 15 FRG sind anrechenbar aber nur die Zeiten ab Einführung der Versicherungspflicht; für Zeiten davor ist eine Anrechnung nur nach § 16 FRG möglich (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1975, SozR 5050 § 15 Nr. 1 und vom 26. September 1975, SozR 5057 § 3 Nr. 1). Sonderregelungen für Mitglieder von sonstigen (nicht im landwirtschaftlichen Bereich tätigen) Genossenschaften bestanden dagegen nicht. Die vom Sozialgericht genannten Sonderregelungen für Handwerker galten für selbständige (nicht in Genossenschaften zusammengeschlossene) Handwerker, die erst vom 1. Juli 1965 an der Versicherungspflicht unterstanden (vgl. dazu die Urteile des BSG aaO und die Erläuterungen in Poletzky/Pflaum Teil C Abschnitt 3.8.6). Dass der Versicherte als Mitglied einer Volkskunstgenossenschaft grundsätzlich (ähnlich wie bei landwirtschaftliche Genossenschaften) nicht versicherungspflichtig gewesen ist, ist also nicht ersichtlich.
Ausnahmen von der Versicherungspflicht bestanden allerdings bis zum 1. Oktober 1966 für solche Mitglieder von Genossenschaften, die (etwa im Bereich des Handels und für Volkskunstgenossenschaften) auf eigene Rechnung (mit Agentur-/Auftragsvertrag) gearbeitet haben. Für eine solche Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses besteht aber kein Anhalt. Bei der Beschäftigung als Hauptbuchhalter erscheint eine Tätigkeit auf eigene Rechnung ohnehin wenig wahrscheinlich. Das vorgelegte Zeugnis lässt keinen Hinweis auf die Gestaltung der Tätigkeit als Auftrags- oder Argenturverhältnis zu. Vor allem der vorgelegte Versicherungsausweis spricht für die Versicherungspflicht des Ehemannes der Klägerin. Es handelt sich hierbei um einen Ausweis, der zur Erfassung versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgestellt worden ist. Dem Versicherten ist damit eine Versicherungsnummer vergeben worden. Der Ausweis ist von den Arbeitgebern des Versicherten auch benutzt worden. Die Arbeitsverhältnisse sind in regelmäßigen Abständen eingetragen worden. Dies macht nur vor dem Hintergrund der Versicherungspflicht dieser Beschäftigungsverhältnisse Sinn, da irgend ein anderer Zweck des Ausweises nicht erkennbar ist. Wenn der Ehemann der Klägerin als Mitglied der Genossenschaft versicherungsfrei gewesen wäre, hätte es der Ausstellung und Führung des Ausweises nicht bedurft. Gegen diese Annahme spricht nicht zwingend, dass in dem vorliegenden Ausweis jede Eintragung über die erzielten Entgelte und abgeführten Beiträge fehlt. Denn diese Eintragungen fehlen auch in dem Zeitraum ab dem 1. Mai 1956, den die ZUS gleichwohl als Beitragszeit bestätigt hat. Eine unterschiedliche Rechtslage hinsichtlich der von der Beklagten anerkannten und der übrigen Zeiten ist aber nicht erkennbar. Damit ist überwiegend wahrscheinlich, dass die Eintragung der Entgelte und der abgeführten Beiträge aus Gründen unterblieben ist, die nichts mit der hier streitigen Versicherungspflicht zu tun haben. Der vorgelegte Ausweis ist also ein sicherer Hinweis darauf, dass für den Ehemann der Klägerin –wie grundsätzlich für Mitglieder von Genossenschaften, die nicht landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften waren – während des gesamten hierin ausgewiesenen Zeitraums die allgemeinen Regelungen über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern galten.
Es ist auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass für den Versicherten Beiträge zur Rentenversicherung tatsächlich abgeführt worden sind, auch wenn dies von der ZUS nur für den Zeitraum von 1. Mai 1956 bis 31. Mai 1957 bestätigt werden konnte. Die Arbeitgeber des Klägers gehörten allesamt dem Arbeitsgenossenschaftsverbandes in Wroclav an, was sich aus dem vorgelegten Zeugnis ergibt. Sie haben die Versicherungspflicht des Klägers beachtet, was die Führung des Versicherungsausweises zeigt. Wenn alle Arbeitgeber die Versicherungspflicht des Ehemannes der Klägerin gleich gehandhabt haben, ist auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von ihrer Beitragstreue auszugehen. Es spricht daher alles dafür, dass die geltend gemachten Zeiten nicht insgesamt von der ZUS bestätigt werden konnten, weil dort Unterlagen verloren gegangen sind.
Zeiten vor dem 23. April 1949 können dagegen nicht als glaubhaft gemachte Beitragszeiten angesehen werden. Zwar ist durch das vorgelegte Zeugnis eine Tätigkeit auch im Jahre 1948 bestätigt. Aber abgesehen davon, dass ein genaues Anfangsdatum der Tätigkeit im Zeugnis fehlt, dieses Zeugnis genügt allein im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles für die Glaubhaftmachung von Beitragszeiten vor dem 23. April 1949 nicht. Eine Beitragsentrichtung auch für diese Zeiten erscheint zwar möglich. Es fehlen aber Eintragungen in dem Versichertenausweis, der später geführt worden ist. Dafür ist eine Erklärung nicht ersichtlich. Für die Zeit vom 1. Janaur 1946 bis 1948 fehlen darüber hinaus jegliche Unterlagen. Allein die vagen Angaben der Klägerin reichen bei diesem Sachverhalt für eine Glaubhaftmachung dieser Zeiten als Beitragszeiten nach § 15 FRG nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass die Klägerin im Wesentlichen obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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