Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 An 3840/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 43/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 1998 aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Beklagten auf Erstattung überzahlter Rentenleistungen.
Der Kläger war Verfahrensbevollmächtigter des am 29. Mai 1992 verstorbenen Versicherten J H, der von der Beklagten ab 1. Februar 1990 Altersruhegeld bezogen hatte (Bescheid vom 12. Juni 1992; Nachzahlung für die Zeit bis einschließlich Juli 1992 83.062,40 DM, laufender Zahlbetrag ab 1. August 1992 monatlich 2.934,10 DM). Die Rentenzahlungen erfolgten bis zur Benachrichtigung der Beklagten vom Tod des Versicherten am 1. Juni 1993 auf der Grundlage einer entsprechenden Zahlungserklärung des Versicherten auf ein Rechtsanwalts-Anderkonto des Klägers. Die Beklagte stellte die laufende Rentenzahlung zum 30. Juni 1993 ein.
Über die Rentenrechnungsstelle Berlin floss an die Beklagte von der mit Schreiben vom 15. November 1993 festgestellten Überzahlung in Höhe von 38.061,40 DM ein Betrag von 31.982,35 DM. Die verbleibende Überzahlung in Höhe von 6.079,05 DM forderte die Beklagte von dem Kläger zurück, nachdem keine Hinterbliebenen oder sonstige Erben des Versicherten hatten ausfindig gemacht werden können. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1996 machte die Beklagte diesen Betrag nach § 118 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) als Erstattungsanspruch geltend. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 1997 zurück.
Im sich anschließenden Klageverfahren hat der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 begehrt. Die Beklagte hat hilfsweise widerklagend beantragt, den Kläger zur Zahlung von 6.079,05 DM zu verurteilen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 19. Juni 1998 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet, weil die Beklagte nicht befugt gewesen sei, ihren Erstattungsanspruch mittels eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) gegenüber dem Kläger geltend zu machen. Die Widerklage sei zulässig, jedoch unbegründet. Die mit Wirkung vom 1. Januar 1996 geltende Vorschrift des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sei auf bereits davor eingetretene, abgeschlossene Sachverhalte nicht anwendbar.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihre „für den Fall, dass der Senat der Auffassung des SG hinsichtlich der mangelnden Verwaltungsaktsbefugnis folgen sollte“, hilfsweise erhobene Widerklage weiter, nachdem sie mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1999 den angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 zurückgenommen hatte. Die hilfsweise erhobene Widerklage sei mit der Anerkennung des Klageanspruchs nicht mehr unter eine Bedingung gestellt worden. Demgemäß sei im Schriftsatz vom 21. Dezember 1999 - vor dnoch über die Widerklage zu entscheiden sei. Eine einmal zulässig erhobene unbedingte Widerklage bleibe aber auch nach Erledigung der Hauptsache zulässig. Im Übrigen habe der Kläger sein Klageziel erreicht und sie - die Beklagte - mit ihrem Hauptantrag keinen „Erfolg“ gehabt. Von einem Bedingungseintritt sei daher auszugehen.
Sie beantragt nach entsprechender Ermäßigung der geltend gemachten Erstattungsforderung,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 1998 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Juli 1998 zu ändern und den Widerbeklagten zu verurteilen, an sie 6.037,45 DM zu zahlen.
Der Kläger, der seine Klage nach Aufhebung der angefochtenen Bescheide zurückgenommen hat, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass durch die Klagerücknahme die Voraussetzungen für die hilfsweise erhobene Widerklage entfallen seien.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte der Beklagten für den Versicherten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, die nach Rücknahme des angefochtenen Bescheides vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 zuletzt nur noch gegen den die Widerklage betreffenden Teil des erstinstanzlichen Urteils gerichtet ist, ist nur hinsichtlich der Aufhebung des die Widerklage abweisenden Ausspruches in dem angefochtenen Urteil begründet. Das Urteil des SG ist auch insoweit gegenstandslos und war daher aufzuheben.
Eine Entscheidung des Senats über die Widerklage, wie sie die Beklagte beantragt, ist nach der Rücknahme der Hauptklage, die der Kläger mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2000 erklärt hat, nicht mehr möglich. Zwar ist die von der Beklagten auf Verurteilung des Klägers bzw. Widerbeklagten zur Zahlung des begehrten Erstattungsbetrages gerichtete Widerklage zunächst zulässig gewesen. Denn grundsätzlich ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren die Erhebung einer Widerklage verfahrensrechtlich statthaft (vgl. BSGE 15, 81, 83; BSGE 53, 212, 213; BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 4 RA 64/99 R -). Das gilt auch für eine Widerklage, die mit dem Hauptvortrag des Widerklägers in einem „echten“ Eventualverhältnis steht und damit von einem innerprozessualen Ereignis abhängt (vgl. hierzu BGHZ 21, 13, 15 = NJW 1956, 1478; BGHZ 43, 28, 30 = NJW 1965, 440; BGHZ 132, 390, 397). Um eine derartige Eventualwiderklage handelt es sich hier, da die Beklagte ihre Widerklage ausdrücklich nur für den Fall erhoben hatte, dass der Kläger mit seiner Anfechtungsklage durchdringen sollte (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 20. April 1998). Diese Eventualwiderklage hatte die Beklagte in der Berufungsinstanz weiterhin aufrechterhalten, indem sie in ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 3. September 1998 ausführt, dass „für den Fall, dass der Senat der Auffassung des SG hinsichtlich der mangelnden Verwaltungsaktsbefugnis folgen sollte, im Wege der Eventualwiderklage“ die Verurteilung des Klägers zur Zahlung des begehrten Erstattungsbetrages beantragt werde. Die Beklagte, der es freisteht, einen Anspruch nur in Eventualstellung zu einem anderen geltend zu machen, hat damit eine Entscheidung über die Widerklage nur für den Fall begehrt, dass der Kläger mit seiner Klage obsiegt.
Da die Bedingung, unter der die Beklagte ihre Eventualwiderklage zur Entscheidung des Gerichts gestellt hatte, wegen der Rücknahme der Klage nicht eingetreten ist und auch endgültig nicht mehr eintreten kann, ist die mit der Erhebung der Eventualwiderklage eingetretene Rechtshängigkeit entfallen (vgl. für den Fall der Klagerücknahme im Zivilprozess: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung [ZPO], 59. Auflage, § 261 Rz. 17; Münchener Kommentar zur ZPO, 1992, § 261 Rz. 42). Denn aufgrund der Klagerücknahme steht fest , dass die auflösende Bedingung, unter der die Entscheidung des SG über die Widerklage gestanden hat, nunmehr eingetreten ist. Infolge der weggefallenen Rechtshängigkeit der Eventualwiderklage muss das angefochtene Urteil des SG daher insoweit aufgehoben werden. Hinsichtlich der Entscheidung über die Anfechtungsklage ist das Urteil des SG aufgrund der erfolgten Klagerücknahme bereits wirkungslos, ohne dass es einer Entscheidung des Gerichts hierüber bedarf (vgl. § 102 Satz 1 und Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Wenn die Beklagte vorbringt, dass der Kläger jedenfalls in der Sache mit seinem Klagebegehren durchgedrungen sei und damit die Bedingung eingetreten sei, von der die Entscheidung über die Widerklage abgängig gemacht werden sollte, weil sie von sich aus die angefochtenen Bescheide aufgehoben habe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Beklagte ihre nur hilfsweise erhobene Widerklage gerade nicht von einem „Erfolg“ des Klägers in der Sache, sondern ausschließlich von einem bestimmten prozessualen Ereignis, nämlich einer entsprechenden Entscheidung des Gerichts, abhängig gemacht hatte (vgl. insoweit BGH NJW 1996, 2165-2167). Allein aus diesem Grund ist dem Senat eine Entscheidung über die Eventualwiderklage verwehrt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist vorliegend auch nicht von der Erhebung einer unbedingten Widerklage auszugehen, die vom Schicksal der Hauptklage bzw. des Hauptantrages unabhängig wäre (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, § 33 Rz. 17). Denn in Ausfluss der ihr insoweit obliegenden Dispositionsmaxime bestimmt allein die Beklagte, ob und inwieweit sie eine gemäß § 100 SGG zulässige Widerklage unbedingt erhebt oder vom Eintritt einer von ihr zu bestimmenden innerprozessualen Bedingung abhängig macht. Das Gericht ist zwar gemäß § 123 SGG an die Fassung der Anträge nicht gebunden, es darf aber über das Klagebegehren selbst nicht hinausgehen. Die rechtskundige Beklagte hat insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 19. April 1999 einen Eventualantrag gestellt, indem sie beantragt hat, „das Urteil des SG Berlin vom 19. Juni 1998 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Juli 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, den Kläger zu verurteilen, an sie 6.079,05 DM zu zahlen.“ Hätte die Beklagte nach Rücknahme des angefochtenen Bescheides vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 ihren Hilfsantrag unbedingt geltend machen wollen, so hätte sie die Berufung hinsichtlich des der Anfechtungsklage stattgebenden Teils des Urteils des SG zurücknehmen müssen mit der Folge, dass die Bedingung, unter der die Widerklage erhoben worden war, endgültig eingetreten wäre (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 4 RA 64/99 R-). Eine derartige prozessuale Erklärung kann aber dem Schriftsatz der Beklagten vom 21. Dezember 1999 nicht entnommen werden. Die Beklagte hat zwar in diesem Schriftsatz darauf hingewiesen, dass nunmehr, d.h. nach Rücknahme der angefochtenen Bescheide, nur noch über die im Rahmen der Widerklage relevanten Rechtsfragen zu entscheiden sein werde. Damit hat aber die Beklagte nur die von ihr vertretene Rechtsauffassung dargelegt; für die - erforderliche - Änderung der zuvor vor dem Senat formulierten Berufungsanträge findet sich hingegen im den gesamten Schriftsatz kein Anhalt. Ist damit jedenfalls bis zu der von dem Kläger im Schriftsatz vom 5. Februar 2001 erklärten unbedingten Klagerücknahme von dem im Termin vom 19. April 1999 formulierten Berufungsbegehren auszugehen, dann war die Erhebung einer (unbedingten) Widerklage nach der Erledigung in der Hauptsache nicht mehr möglich (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 100 Rz. 3, 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, weil sie den Anspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht durch Verwaltungsakt festsetzen durfte (vgl. hierzu BSG SozR 3-2600 § 118 Nr. 1 S. 4 f.; BSGE 82, 239, 242 = SozR 3-2600 § 118 Nr. 3). Die Eventualwiderklage der Beklagten hatte überdies letztlich aus prozessualen Gründen keinen Erfolg.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor; insbesondere kommt der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu. Die Beurteilung der aufgeworfenen verfahrensrechtlichen Fragen richtet sich vielmehr ausschließlich nach der in diesem Einzelfall vorliegenden konkreten prozessrechtlichen Situation, wie sie sich aufgrund des prozessualen Verhaltens der Beklagten gestellt hat.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Beklagten auf Erstattung überzahlter Rentenleistungen.
Der Kläger war Verfahrensbevollmächtigter des am 29. Mai 1992 verstorbenen Versicherten J H, der von der Beklagten ab 1. Februar 1990 Altersruhegeld bezogen hatte (Bescheid vom 12. Juni 1992; Nachzahlung für die Zeit bis einschließlich Juli 1992 83.062,40 DM, laufender Zahlbetrag ab 1. August 1992 monatlich 2.934,10 DM). Die Rentenzahlungen erfolgten bis zur Benachrichtigung der Beklagten vom Tod des Versicherten am 1. Juni 1993 auf der Grundlage einer entsprechenden Zahlungserklärung des Versicherten auf ein Rechtsanwalts-Anderkonto des Klägers. Die Beklagte stellte die laufende Rentenzahlung zum 30. Juni 1993 ein.
Über die Rentenrechnungsstelle Berlin floss an die Beklagte von der mit Schreiben vom 15. November 1993 festgestellten Überzahlung in Höhe von 38.061,40 DM ein Betrag von 31.982,35 DM. Die verbleibende Überzahlung in Höhe von 6.079,05 DM forderte die Beklagte von dem Kläger zurück, nachdem keine Hinterbliebenen oder sonstige Erben des Versicherten hatten ausfindig gemacht werden können. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1996 machte die Beklagte diesen Betrag nach § 118 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) als Erstattungsanspruch geltend. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 1997 zurück.
Im sich anschließenden Klageverfahren hat der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 begehrt. Die Beklagte hat hilfsweise widerklagend beantragt, den Kläger zur Zahlung von 6.079,05 DM zu verurteilen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 19. Juni 1998 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet, weil die Beklagte nicht befugt gewesen sei, ihren Erstattungsanspruch mittels eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) gegenüber dem Kläger geltend zu machen. Die Widerklage sei zulässig, jedoch unbegründet. Die mit Wirkung vom 1. Januar 1996 geltende Vorschrift des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sei auf bereits davor eingetretene, abgeschlossene Sachverhalte nicht anwendbar.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihre „für den Fall, dass der Senat der Auffassung des SG hinsichtlich der mangelnden Verwaltungsaktsbefugnis folgen sollte“, hilfsweise erhobene Widerklage weiter, nachdem sie mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1999 den angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 zurückgenommen hatte. Die hilfsweise erhobene Widerklage sei mit der Anerkennung des Klageanspruchs nicht mehr unter eine Bedingung gestellt worden. Demgemäß sei im Schriftsatz vom 21. Dezember 1999 - vor dnoch über die Widerklage zu entscheiden sei. Eine einmal zulässig erhobene unbedingte Widerklage bleibe aber auch nach Erledigung der Hauptsache zulässig. Im Übrigen habe der Kläger sein Klageziel erreicht und sie - die Beklagte - mit ihrem Hauptantrag keinen „Erfolg“ gehabt. Von einem Bedingungseintritt sei daher auszugehen.
Sie beantragt nach entsprechender Ermäßigung der geltend gemachten Erstattungsforderung,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 1998 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Juli 1998 zu ändern und den Widerbeklagten zu verurteilen, an sie 6.037,45 DM zu zahlen.
Der Kläger, der seine Klage nach Aufhebung der angefochtenen Bescheide zurückgenommen hat, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass durch die Klagerücknahme die Voraussetzungen für die hilfsweise erhobene Widerklage entfallen seien.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte der Beklagten für den Versicherten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, die nach Rücknahme des angefochtenen Bescheides vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 zuletzt nur noch gegen den die Widerklage betreffenden Teil des erstinstanzlichen Urteils gerichtet ist, ist nur hinsichtlich der Aufhebung des die Widerklage abweisenden Ausspruches in dem angefochtenen Urteil begründet. Das Urteil des SG ist auch insoweit gegenstandslos und war daher aufzuheben.
Eine Entscheidung des Senats über die Widerklage, wie sie die Beklagte beantragt, ist nach der Rücknahme der Hauptklage, die der Kläger mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2000 erklärt hat, nicht mehr möglich. Zwar ist die von der Beklagten auf Verurteilung des Klägers bzw. Widerbeklagten zur Zahlung des begehrten Erstattungsbetrages gerichtete Widerklage zunächst zulässig gewesen. Denn grundsätzlich ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren die Erhebung einer Widerklage verfahrensrechtlich statthaft (vgl. BSGE 15, 81, 83; BSGE 53, 212, 213; BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 4 RA 64/99 R -). Das gilt auch für eine Widerklage, die mit dem Hauptvortrag des Widerklägers in einem „echten“ Eventualverhältnis steht und damit von einem innerprozessualen Ereignis abhängt (vgl. hierzu BGHZ 21, 13, 15 = NJW 1956, 1478; BGHZ 43, 28, 30 = NJW 1965, 440; BGHZ 132, 390, 397). Um eine derartige Eventualwiderklage handelt es sich hier, da die Beklagte ihre Widerklage ausdrücklich nur für den Fall erhoben hatte, dass der Kläger mit seiner Anfechtungsklage durchdringen sollte (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 20. April 1998). Diese Eventualwiderklage hatte die Beklagte in der Berufungsinstanz weiterhin aufrechterhalten, indem sie in ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 3. September 1998 ausführt, dass „für den Fall, dass der Senat der Auffassung des SG hinsichtlich der mangelnden Verwaltungsaktsbefugnis folgen sollte, im Wege der Eventualwiderklage“ die Verurteilung des Klägers zur Zahlung des begehrten Erstattungsbetrages beantragt werde. Die Beklagte, der es freisteht, einen Anspruch nur in Eventualstellung zu einem anderen geltend zu machen, hat damit eine Entscheidung über die Widerklage nur für den Fall begehrt, dass der Kläger mit seiner Klage obsiegt.
Da die Bedingung, unter der die Beklagte ihre Eventualwiderklage zur Entscheidung des Gerichts gestellt hatte, wegen der Rücknahme der Klage nicht eingetreten ist und auch endgültig nicht mehr eintreten kann, ist die mit der Erhebung der Eventualwiderklage eingetretene Rechtshängigkeit entfallen (vgl. für den Fall der Klagerücknahme im Zivilprozess: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung [ZPO], 59. Auflage, § 261 Rz. 17; Münchener Kommentar zur ZPO, 1992, § 261 Rz. 42). Denn aufgrund der Klagerücknahme steht fest , dass die auflösende Bedingung, unter der die Entscheidung des SG über die Widerklage gestanden hat, nunmehr eingetreten ist. Infolge der weggefallenen Rechtshängigkeit der Eventualwiderklage muss das angefochtene Urteil des SG daher insoweit aufgehoben werden. Hinsichtlich der Entscheidung über die Anfechtungsklage ist das Urteil des SG aufgrund der erfolgten Klagerücknahme bereits wirkungslos, ohne dass es einer Entscheidung des Gerichts hierüber bedarf (vgl. § 102 Satz 1 und Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Wenn die Beklagte vorbringt, dass der Kläger jedenfalls in der Sache mit seinem Klagebegehren durchgedrungen sei und damit die Bedingung eingetreten sei, von der die Entscheidung über die Widerklage abgängig gemacht werden sollte, weil sie von sich aus die angefochtenen Bescheide aufgehoben habe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Beklagte ihre nur hilfsweise erhobene Widerklage gerade nicht von einem „Erfolg“ des Klägers in der Sache, sondern ausschließlich von einem bestimmten prozessualen Ereignis, nämlich einer entsprechenden Entscheidung des Gerichts, abhängig gemacht hatte (vgl. insoweit BGH NJW 1996, 2165-2167). Allein aus diesem Grund ist dem Senat eine Entscheidung über die Eventualwiderklage verwehrt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist vorliegend auch nicht von der Erhebung einer unbedingten Widerklage auszugehen, die vom Schicksal der Hauptklage bzw. des Hauptantrages unabhängig wäre (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, § 33 Rz. 17). Denn in Ausfluss der ihr insoweit obliegenden Dispositionsmaxime bestimmt allein die Beklagte, ob und inwieweit sie eine gemäß § 100 SGG zulässige Widerklage unbedingt erhebt oder vom Eintritt einer von ihr zu bestimmenden innerprozessualen Bedingung abhängig macht. Das Gericht ist zwar gemäß § 123 SGG an die Fassung der Anträge nicht gebunden, es darf aber über das Klagebegehren selbst nicht hinausgehen. Die rechtskundige Beklagte hat insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 19. April 1999 einen Eventualantrag gestellt, indem sie beantragt hat, „das Urteil des SG Berlin vom 19. Juni 1998 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Juli 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, den Kläger zu verurteilen, an sie 6.079,05 DM zu zahlen.“ Hätte die Beklagte nach Rücknahme des angefochtenen Bescheides vom 20. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1997 ihren Hilfsantrag unbedingt geltend machen wollen, so hätte sie die Berufung hinsichtlich des der Anfechtungsklage stattgebenden Teils des Urteils des SG zurücknehmen müssen mit der Folge, dass die Bedingung, unter der die Widerklage erhoben worden war, endgültig eingetreten wäre (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 4 RA 64/99 R-). Eine derartige prozessuale Erklärung kann aber dem Schriftsatz der Beklagten vom 21. Dezember 1999 nicht entnommen werden. Die Beklagte hat zwar in diesem Schriftsatz darauf hingewiesen, dass nunmehr, d.h. nach Rücknahme der angefochtenen Bescheide, nur noch über die im Rahmen der Widerklage relevanten Rechtsfragen zu entscheiden sein werde. Damit hat aber die Beklagte nur die von ihr vertretene Rechtsauffassung dargelegt; für die - erforderliche - Änderung der zuvor vor dem Senat formulierten Berufungsanträge findet sich hingegen im den gesamten Schriftsatz kein Anhalt. Ist damit jedenfalls bis zu der von dem Kläger im Schriftsatz vom 5. Februar 2001 erklärten unbedingten Klagerücknahme von dem im Termin vom 19. April 1999 formulierten Berufungsbegehren auszugehen, dann war die Erhebung einer (unbedingten) Widerklage nach der Erledigung in der Hauptsache nicht mehr möglich (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 100 Rz. 3, 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, weil sie den Anspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht durch Verwaltungsakt festsetzen durfte (vgl. hierzu BSG SozR 3-2600 § 118 Nr. 1 S. 4 f.; BSGE 82, 239, 242 = SozR 3-2600 § 118 Nr. 3). Die Eventualwiderklage der Beklagten hatte überdies letztlich aus prozessualen Gründen keinen Erfolg.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor; insbesondere kommt der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu. Die Beurteilung der aufgeworfenen verfahrensrechtlichen Fragen richtet sich vielmehr ausschließlich nach der in diesem Einzelfall vorliegenden konkreten prozessrechtlichen Situation, wie sie sich aufgrund des prozessualen Verhaltens der Beklagten gestellt hat.
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