L 17 RA 7/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 RA 2849/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 7/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2001 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 5. April 2001 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen Art und Umfang der Berücksichtigung von Anrechnungs- und Kindererziehungszeiten bei der Altersrente.

Die 1936 geborene Klägerin beendete am 23. März 1956 ihre Schulbildung mit der Reifeprüfung. Vom 15. Oktober 1971 bis zum Bestehen der Diplomprüfung im April 1976 studierte sie an der Pädagogischen Hochschule Rheinland. Kinder, die von ihr auch erzogen wurden, hat die Klägerin am 4. Juni 1958, 9. Mai 1960, 6. April 1966 und 9. Mai 1967 geboren. Seit 1982 lebt die Klägerin in den Niederlanden.

Mit Bescheid vom 22. März 1996 stellte die Beklagte Zeiten fest, die „für die gesetzliche Rentenversicherung erheblich sind und nach den gesetzlichen Bestimmungen anerkannt werden können“. Neben sonstigen rentenwirksamen Zeiten gehörten dazu auch Ausbildungs-Anrechnungszeiten vom 8. Mai 1952 bis 23. März 1956 und 15. Oktober 1971 bis 31. Oktober 1974 im Umfang von insgesamt 84 Monaten (= 7 Jahren). Weiterhin heißt es in diesem Bescheid:

Die Ausbildungszeiten können als Anrechnungszeit nicht in vollem Umfang anerkannt werden, weil sie grundsätzlich nur bis zur Höchstdauer von insgesamt sieben Jahren berücksichtigt werden.

Für Ausbildungszeiten, die vor dem 1. Januar 1992 geendet haben, können weitere Anrechnungszeiten über diese sieben Jahre hinaus anerkannt werden.

Hierbei sind jedoch Zeiten des Schul- oder Fachschulbesuchs höchstens bis zu vier Jahren und die Zeit des Hochschulbesuchs höchstens bis zu fünf Jahren zu berücksichtigen.

Als weitere Anrechnungszeiten werden deshalb anerkannt
vom 1. November 1974 bis 31. Oktober 1975,
vom 1. November 1975 bis 29. April 1976.

Diese Zeiten können jedoch bei der Rentenberechnung nicht uneingeschränkt berücksichtigt werden. Abhängig vom tatsächlichen Leistungsbeginn sind die genannten Zeiten nur gekürzt anzurechnen. Beim Rentenbeginn im Jahre 1996 werden die weiteren Anrechnungszeiten nur zu 8/12 berücksichtigt.

Mit jedem Jahr des Rentenbeginns danach werden die weiteren Anrechnungszeiten um 1/12 mehr gekürzt.

Welche Auswirkungen diese Regelung hat, wenn von einem Beginn der Rente mit dem Monat nach der Erteilung dieses Bescheides ausgegangen wird, ergibt sich aus dem beigefügten Versicherungsverlauf.

Frühere Bescheide über die Anerkennung von Ausbildungs-Anrechnungszeiten werden hiermit insoweit aufgehoben.

Für Zeiten einer schulischen Ausbildung nach dem 16. Lebensjahr, die wegen Überschreitens der Höchstdauer oder wegen fehlenden Abschlusses einer Fach- oder Hochschulausbildung nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt werden, können auf Antrag freiwillige Beiträge nachgezahlt werden, sofern diese Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt sind.

Weiterhin erkannte die Beklagte für die vier Kinder jeweils eine einjährige Kindererziehungszeit sowie eine 10jährige Berücksichtigungszeit an.

Unter dem 22. Januar 1999 übersandte die Beklagte der Klägerin eine Rentenauskunft über eine ab dem 1. Juni 2001 beginnende Regelaltersrente.

Dieser Auskunft lag nunmehr nur noch die Anerkennung von 36 Kalendermonaten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung zugrunde. Nachdem die Klägerin auf die ihrer Auffassung nach zu Unrecht nicht berücksichtigten weiteren Ausbildungszeiten hingewiesen hatte, übersandte ihr die Beklagte zunächst ein erläuterndes Schreiben und entschied sodann mit Bescheid vom 6. August 1999 darüber, „welche der angegebenen Zeiten für die gesetzliche Rentenversicherung erheblich sind und nach den gesetzlichen Bestimmungen anerkannt werden können“. Weiterhin heißt es in dem Bescheid: „Aufgrund der Rechtsänderungen zum 01. 01. 1997 ist die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung nur noch nach dem vollendeten 17. Lebensjahr zulässig. Sofern in der Vergangenheit Ausbildungszeiten bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres bereits durch einen Bescheid anerkannt wurden, ist dieser insoweit rechtswidrig geworden und wird hiermit aufgehoben“. Im dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie fühle sich durch die unzureichende Berücksichtigung von Anrechnungs- und Erziehungszeiten benachteiligt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, nach den nunmehr geltenden gesetzlichen Bestimmungen könnten Ausbildungszeiten nur noch bis zu einer Höchstdauer von drei Jahren und für Zeiten nach vollendetem 17. Lebensjahr als Anrechnungszeit anerkannt werden. Im Übrigen könne erst im Leistungsfall über den Umfang der Anerkennung von Anrechnungszeiten entschieden werden.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 24. Juni 2000 Klage erhoben und nochmals geltend gemacht, sie fühle sich durch die - ihrer Ansicht nach - völlig unzureichende Bewertung von Anrechnungs- und Erziehungszeiten durch den Gesetzgeber als Mutter von vier Kindern benachteiligt. Mit ihrer Klage wolle sie erreichen, dass sich der Gesetzgeber mit der Diskriminierung ihres Personenkreises auseinandersetzen müsse.

Mit Urteil vom 11. Januar 2001 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig „zurückgewiesen“ und unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Oktober 1996 zum Aktenzeichen 4 RA 108/95 ausgeführt, die Klägerin könne die Beklagte nicht bereits im Kontenklärungsverfahren zur verbindlichen Anerkennung von Ausbildungszeiten verpflichten.

Gegen das am 29. Januar 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Februar 2001 Berufung eingelegt und dazu vorgetragen, ihrer Auffassung nach stelle die mit Gesetzesänderung vom 1. Januar 1997 eingeführte verminderte Berücksichtigung von Ausbildungszeiten einen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Vertrauen des Versicherten und den Bruch einer gegebenen Zusage dar. Die Gesetzesänderung sei willkürlich und nur erfolgt, um Umschichtungen des Sozialhaushalts zu erreichen. Sie habe ihre Lebensplanung an der früher bestehenden Rechtslage ausgerichtet. Zudem habe sie bereits im Dezember 2000 bei der Beklagten einen Leistungsantrag gestellt.

Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 5. April 2001 beginnend ab dem 1. Juni 2001 eine Regelaltersrente als vorläufige Leistung nach Artikel 45 der Verordnung Nr. 574/72 EWG bewilligt. Bei der Rentenberechnung sind von der Beklagten u.a. insgesamt 36 Monate (Mai 1953 bis März 1956 und Oktober 1971) Anrechnungszeit wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung und für jedes Kind je ein Jahr Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt worden.

Ein konkreter Klageantrag ist von der Klägerin trotz Aufforderung durch das Gericht nicht gestellt worden. Ihrem Vorbringen kann aber der Antrag entnommen werden, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 5. April 2001 zu verurteilen, ihre Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten wegen Ausbildung und höherbewerteten Kindererziehungszeiten neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Akten des Sozialgerichts Berlin - S 35 RA 2849/00 - und die Akten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage - nur noch - gegen den Rentenbescheid vom 5. April 2001 zulässig. Dieser Bescheid ist in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Dies folgt zwar nicht bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, wohl aber aus ihrem Sinn und Zweck, der darin besteht, eine schnelle und umfassende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis herbeizuführen und sich widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Neben Gründen der Prozessökonomie spricht auch der Schutz des Betroffenen für eine Einbeziehung, um ihn vor möglichen Rechtsnachteilen zu schützen, wenn im Vertrauen auf ein bereits anhängiges Verfahren der weitere Bescheid nicht angefochten wird. Eine weite Auslegung des § 96 SGG kann deshalb regelmäßig als im Interesse des Betroffenen liegend angesehen werden (vgl. zur Einbeziehung von in Verfahren gegen Feststellungs- und Bewertungsbescheiden ergehenden Rentenbescheiden auch BSG SozR 1500 § 96 Nr. 30). Über den neuen Bescheid entscheidet das Berufungsgericht auf Klage (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 6. Auflage 1998, § 96 Rdnr. 7).

Mit Erlass eines zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Rentenbescheides ist jedoch das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegen den Feststellungsbescheid vom 6. August 1999 entfallen, denn dieser kann die Klägerin nicht mehr eigenständig beschweren. Dieser Bescheid stellt im Verhältnis zum Rentenbescheid nur eine vorgreifliche Teilregelung dar, der keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt, sobald eine abschließende Verwaltungsentscheidung über die Leistung (Rentenbescheid) ergangen ist.

Berufung und Klage sind unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente wegen Berücksichtigung von weiteren Ausbildungsanrechnungs- und Kindererziehungszeiten.

Gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes -WFG- vom 25. September 1996 (BGBl. I, 1461) sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach vollendetem 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben, insgesamt jedoch höchstens bis zu drei Jahren. Diese ab dem 1. Januar 1997 geltende Regelung, die hier auf Grund des erst danach eingetretenen Versicherungsfalls Anwendung findet, enthält zwar für Versicherte gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage, nach der Ausbildungszeiten bis zur Dauer von sieben Jahren rentenwirksame Anrechnungszeiten waren, eine Schlechterstellung für die Versicherten, sie ist aber nicht verfassungswidrig und verstößt insbesondere nicht gegen die Eigentumsgarantie des Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz -GG-.

Die Klägerin hatte bereits vor In-Kraft-Treten der Änderungen durch das WFG ein Rentenanwartschaftsrecht im Sinne eines vermögenswerten subjektiv-öffentlichen Rechts auf zukünftige Teilhabe an den Einnahmen des Rentenversicherungsträgers nach Eintritt des Versicherungsfalls erworben (ausführlich zum Anwartschaftsrecht Beschluss des BSG vom 16. Dezember 1999, B 4 RA 11/99 R). Derartige Rentenanwartschaften unterfallen dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Artikel 14 Abs. 1 GG (dazu BVerfGE 58, 81, 109; 95, 143, 160; 97, 271, 284; 100, 1, 32).

Nach der Rechtsprechung des BVerfG, das sich bereits mit der Möglichkeit der Begrenzung von Ausbildungszeiten durch gesetzliche Neuregelung (vgl. zum RRG 1972, BVerfGE 58, 81 ff) zu befassen hatte, steht dem Gesetzgeber jedoch für Eingriffe in bestehende Rentenanwartschaften eine nicht unerhebliche Gestaltungsfreiheit zu. Die Minderung von Rentenanwartschaften stellt sich dann als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Artikel 14 Abs. 2 Satz 2 GG dar. Denn auch bei bereits bestehenden Anwartschaften sind von vornherein die Möglichkeiten von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt. Eine Unabänderlichkeit der bei der Begründung bestehenden Bedingungen widerspreche (so das BVerfG a.a.O.) dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht.

Eingriffe in geschützte Anwartschaften sind jedoch auch durch den Gesetzgeber nicht uneingeschränkt möglich. Sie müssen erforderlich und geeignet zur Erreichung eines wichtigen im öffentlichen Interessen liegenden Ziels sein und im Übrigen den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit entsprechen, d.h. für den Versicherten zumutbar sein. Legitimierende Gründe für Eingriffe können insbesondere dann vorliegen, wenn sie zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen. Dies entspricht dem Regelungszweck des WFG, mit dem durch Einsparungen mittelbar eine Konjunkturstärkung mit wiederum positiven Auswirkungen auf die gesetzliche Rentenversicherung beabsichtigt wurde (vgl. BT-Drucksache 13/4610 S. 18). Zur Erreichung dieses Ziels sind die mit dem Gesetz erfolgten Änderungen auch geeignet, weil sie zu einer Verminderung der Ausgaben der Rentenversicherung führen. Ihre Erforderlichkeit folgt bereits daraus, dass neben - politisch nicht favorisierten - Maßnahmen zur Erhöhung des Beitragsaufkommens nur durch Einsparungen das genannte Ziel erreicht werden kann.

Zur Überzeugung des Senats hat der Gesetzgeber mit den Regelungen des WFG, soweit sie im vorliegenden Verfahren von Bedeutung sind, den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum auch im Übrigen nicht überschritten, weil die Gesetzesänderungen die Versicherten im Ergebnis nicht übermäßig belasteten und sich damit als zumutbar darstellen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der verfassungsrechtliche Schutz der hier betroffenen Hochschulzeiten als Rentenzeiten bereits deshalb verhältnismäßig gering ist, weil für sie von den Versicherten keine Beiträge entrichtet wurden. Die Frage, inwieweit der Gesetzgeber Inhalt und Schranken von unter die Eigentumsgarantie fallenden Positionen bestimmen darf, lässt sich nämlich nicht unabhängig davon beantworten, in welchem Umfang der Eigentümer eine solche Position durch eigene Leistungen erworben hat. Je höher der einem Anspruch zu Grunde liegende Anteil eigener Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. BVerfGE 58, 81, 109 f). Bei Anrechnungszeiten, die einem Versicherten gewährt werden, ohne dass er dafür Beiträge gezahlt hat, ist dieser personale Bezug jedoch nicht besonders ausgeprägt. Auf Grund der fehlenden Beitragsbezogenheit beruhen Anrechnungszeiten überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind Ausdruck einer besonderen staatlichen Fürsorge für die mit der Ausbildung für den Einzelnen verbundene Minderung der sozialen Sicherung (BVerfGE 58, 81, 113). Auch vom BSG (BSGE 78, 138) ist eine Änderung der Bewertung von beitragsfreien Zeiten selbst dann nicht als Verstoß gegen den Eigentumsschutz des Artikel 14 GG angesehen worden, wenn es im Einzelfall zu einer erheblichen Verminderung der Rente des Versicherten durch die Gesetzesänderung kam (die Anwartschafts- bzw. Rentenkürzung betrug in dem vom BSG entschiedenen Fall etwa 40%!). Die Klägerin hätte hingegen auch bei Berücksichtigung von sieben Jahren mit Anrechnungszeiten wegen Ausbildung entsprechend der früheren gesetzlichen Regelung nur einen um weniger als 15 % höheren Rentenanspruch gehabt. Eine unzumutbare Belastung liegt nach alledem nicht vor.

Auch in Anbetracht der Tatsache, dass der 4. Senat des BSG (Beschluss vom 16. Dezember 1999, B 4 RA 11/99 R) im Gegensatz zum 5. Senat (Urteil vom 24. Februar 1999, SozR 3-2600 § 300 Nr. 14) in der Verminderung der Besserstellung der ersten Beschäftigungsjahre mit Pflichtbeitragszeiten (durch eine in der Regel höhere als den entrichteten Beiträgen entsprechende Bewertung) einen Verfassungsverstoß gesehen, das Verfahren gemäß Artikel 100 GG ausgesetzt und das BVerfG angerufen hat, konnte sich der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Regelungen, die bereits nicht mit den vom BSG im genannten Vorlagebeschluss zu beurteilenden übereinstimmen, überzeugen. Auch Versicherten, die die allgemeine Wartezeit erfüllt und das 55. Lebensjahr vollendet haben, erwächst aus ihrem Rentenversicherungsverhältnis kein derart verfestigtes Anwartschaftsrecht, das jeglichen Eingriffen gegenüber Vorrang einzuräumen wäre. Dies gilt insbesondere dann, wenn vom Gesetzgeber - wie hier in § 252 Abs. 4 SGB VI geschehen - für rentennahe Jahrgänge Übergangsregelungen geschaffen wurden, die für die davon betroffenen Versicherten zu einer Abschwächung der Verschlechterungen führen. Für die Klägerin wirkt sich diese Sonderregelung für bis Dezember 2000 beginnende Rentenansprüche jedoch nicht mehr aus. Als weiteren Ausgleich für Ausbildungszeiten, die nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden können, sieht das Gesetz im Übrigen in § 207 Abs. 1 SGB VI die Möglichkeit vor, freiwillige Beiträge nachzuentrichten.

Ein für die Klägerin positives Verfahrensergebnis konnte sich auch nicht aus der Tatsache ergeben, dass die Beklagte mit Bescheid vom 22. März 1996 weitere als die jetzt berücksichtigten Anrechnungszeiten festgestellt hatte. Aus diesem Bescheid kann die Klägerin keine Rechte mehr herleiten. Denn gemäß § 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI wird erst bei der Feststellung einer Leistung über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten entschieden.

Die von der Beklagten im Rentenbescheid berücksichtigten Kindererziehungszeiten als Beitragszeiten entsprechen ebenfalls den gesetzlichen Regelungen (vgl. §§ 56, 249 SGB VI). Auch insoweit vermochte der Senat einen Verfassungsverstoß nicht zu erkennen. Der Gesetzgeber hat innerhalb des ihm zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums den Wert der Kindererziehung durch Gewährung von Beitragszeiten ohne eigene Beitragsleistung ausreichend gewürdigt.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil zur Frage, ob die hier anzuwendenden Normen des WFG der Verfassung entsprechen, noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist. Über die Revisionen (B 4 RA 114/00 R und B 4 RA 30/01 R) gegen die klageabweisenden Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 8 RA 4154/99) und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (L 4 RA 16/00) ist vom BSG noch nicht entschieden worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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