Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 56/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RA 130/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 03. Februar 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. April 1996 zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt - noch - Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die am ... 1952 geborene Klägerin erlernte vom September 1970 bis Juli 1972 den Beruf einer Verkäuferin und erlangte am 01. Juli 1972 ein entsprechendes Facharbeiterzeugnis. Von 1972 bis 1991 war sie als Fachverkäuferin für Lebensmittel und ab März 1991 dann als Verkäuferin für Textilien beschäftigt. Vom 25. November 1991 bis 20. Februar 1992 durchlief sie eine Qualifikation für Verkaufspersonal, vom 16. März 1992 bis 10. Juni 1992 dann eine Aufbauqualifikation für Leitungstätigkeiten. Vom September 1992 bis Juni 1995 war die Klägerin als Verkäuferin und Filialleiterin eines Spiel- und Schreibwarengeschäftes mit dem Verkauf von Spielwaren sowie der Organisation und Abrechnung der Filiale beschäftigt. Die Tätigkeit setzte regelmäßig eine Lehre oder eine Anlernzeit voraus, die vom Arbeitgeber für eine völlig ungelernte Kraft mit sechs Monaten angesetzt wurde. Die Klägerin wurde nach dem Manteltarifvertrag (MTV) Einzelhandel Brandenburg, Tarifgruppe K 3 im dritten Tätigkeitsjahr, entlohnt. Diese Entlohnung entsprach der eines Facharbeiters und war im Tarifvertrag durch selbständiges Arbeiten in Verkauf und Abrechnung definiert.
Am 24. April 1996 beantragte die Klägerin wegen seit 16. Mai 1995 bestehenden Wirbelgleitens Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit bzw. Invalidität. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht über eine Rehabilitationsmaßnahme vom 02. Februar 1996 in der H.-J.-Klinik in Bad H. bei, der als Diagnosen ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom beidseits bei Spondylolisthesis L 5/S 1, ein rezidivierendes Cervikokranialsyndrom, eine essentielle arterielle Hypertonie sowie Migräne aufweist. Die Klägerin sei nicht in der Lage, in ihrem Hauptberuf als Verkäuferin/Filialleiterin mehr als zwei Stunden zu arbeiten, weiterhin sei ihr Heben und Tragen von Lasten über 7 kg, Tätigkeiten in gebeugter Körperhaltung nicht möglich, Tätigkeiten in anderen Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu vermeiden. Ständiges Stehen oder Sitzen sei nicht möglich. Körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen könnten vollschichtig ausgeübt werden.
Die Beklagte veranlasste weiterhin das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. Klumpp vom 25. Juni 1996, der rezidivierende Lumboischialgien bei Spondylolisthesis L 5 über S 1 (Typ Meyerding II) und rezidivierende Periarthritis der rechten Schulter diagnostizierte: Der Klägerin seien körperlich leichte Tätigkeiten ohne Bückbelastung und Hebebelastung vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 20. September 1996 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Den hiergegen am 27. September 1996 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1996 zurück.
Gegen den am 02. Januar 1997 per Einschreiben zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 27. Januar 1997 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat eine Arbeitgeberauskunft der K. Groß- und Einzelhandel GmbH vom 29 Januar 1998 und einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. M., Praktischer Arzt, vom 23. Juli 1997 eingeholt, dem ein Arztbrief des Chefarztes der H.-J.-Klinik Dr. Sch. vom 16. Januar 1996 beigefügt war, der bei den bekannten Diagnosen die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Filialleiterin/Verkäuferin in einem Spielwarengeschäft für nicht mehr zumutbar, die eine körperlich leichte Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen jedoch für vollschichtig zumutbar hielt.
Schließlich hat das Sozialgericht das Gutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. med. M. B. vom 27. November 1998 veranlasst: Dr. B. hat folgende Krankheiten und Gebrechen bei der Klägerin festgestellt:
Fehlhaltung der Halswirbelsäule mit Neigung zu cervikalen Reizerscheinungen, Ausschluss einer radikulären Symptomatik,
Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule, lumbales Wirbelgleiten L 5/S 1 Meyerding II mit Neigung zu lumbalen Reizerscheinungen, Ausschluss einer radikulären Symptomatik,
Schultergelenksverschluss rechts (Periarthritis humeros-capularis).
Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen vollschichtig verrichten. Ausschließliches Gehen, Stehen oder Sitzen sei zu widerraten. Die Arbeiten sollten in geschlossenen Räumen durchgeführt werden, im Freien müssten Witterungsschutzbedingungen eingehalten werden. Kälte, Nässe und Zugluft seien nicht mehr zumutbar. Dies gelte auch für Arbeiten im Steigen, mit Klettern, auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten im Hocken und Kriechen. Die Klägerin könne Arbeiten im Bücken nicht verrichten, das Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg sei möglich. Überkopfarbeiten seien der Klägerin nicht zumutbar. In Zwangshaltungen oder überwiegend einseitiger Körperhaltung könne die Klägerin nicht mehr arbeiten. Arbeiten unter Zeitdruck, wie Akkord- und Fließbandarbeiten, sollten ebenfalls nicht zugemutet werden. Als Filialleiterin könne die Klägerin unter Beachtung der genannten Kriterien tätig sein. Als Verkäuferin und Kassiererin könne sie nicht mehr tätig sein.
Mit Urteil vom 03. Februar 1999 hat das Sozialgericht die Beklagte entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung beschränkten Klageantrag verpflichtet, der Klägerin eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren: Nach Auffassung der Kammer sei der Hauptberuf der Klägerin nicht der einer Verkäuferin, sondern der einer Filialleiterin. Die Klägerin habe den Beruf der Fachverkäuferin erlernt und jahrzehntelang ausgeübt. Sie sei dann nach Qualifizierungen zuletzt als Filialleiterin tätig gewesen. Die Angabe des Arbeitgebers, dass eine völlig ungelernte Kraft innerhalb von sechs Monaten für die Tätigkeit angelernt werden könne, sei für die Kammer unglaubhaft gewesen, da es abwegig erscheine, dass eine völlig ungelernte Kraft innerhalb von sechs Monaten mit der Organisation und der Abrechnung der Filiale betraut werde, den anderen Fachverkäuferinnen Weisungen erteilen und Lehrlinge ausbilden könne. Hierfür sprächen u. a. die Aufgabengebiete der Klägerin und ihre Entlohnung nach der Gehaltsgruppe K 3 des MTV Einzelhandel Brandenburg. Als Angestellte mit längerer Berufsausbildung besitze die Klägerin Berufsschutz. Die Verweisung auf eine Tätigkeit als Bürohilfskraft scheide aus sozialen Gründen aus. Die Tätigkeit einer Registratorin sei nicht den Tätigkeiten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren zuzurechnen. Vielmehr handelt es sich hier um eine angelernte Tätigkeit, welche für eine Angestellte mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung als Verweisungstätigkeit ausscheide.
Gegen das ihr am 26. April 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Mai 1999 eingelegte Berufung der Beklagten.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Klägerin Berufsschutz wie einer dreijährig Ausgebildeten zukomme, sie jedoch auf eine Tätigkeit als Registratorin nach BAT VIII zumutbar verweisbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 03. Februar 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. April 1996 zu gewähren.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beklagte hat u. a. die Stellungnahme der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder vom 21. November 1997 zur Eingruppierung von Beschäftigten in Registraturen eingereicht.
Der Senat hat die Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. G., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, vom 04. Mai 2000 und Dr. M., Praktischer Arzt, vom 21. Mai 2000 eingeholt und eine Stellungnahme des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt vom 27. Dezember 2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 31. Juli 2001 zur Ausübbarkeit der Verweisungstätigkeit durch die Klägerin eingeholt: Aufgrund der vorliegenden Daten zum beruflichen Werdegang der Klägerin und der Anforderungen zu der Tätigkeit einer Registratorin könne davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in der Lage sein werde, die Verweisungstätigkeit vollwertig ausüben zu können. Für die Verweisungstätigkeit würden verwaltende, organisatorische Grundkenntnisse gefordert. Die Klägerin habe laut beruflichen Angaben den Berufsabschluss einer Verkäuferin und sei in diesem Beruf auch jahrelang tätig gewesen. In der letzten Tätigkeitsausübung habe sie zudem noch Aufgaben einer Filialleiterin im Handel wahrgenommen. Diesbezüglich sei davon auszugehen, dass aufgrund der Ausbildung und letzten Tätigkeit ausreichend kaufmännische Grundkenntnisse vorhanden seien, um aufbauend darauf die Tätigkeit als Registratorin ausüben zu können. Die Ausbildung zur Verkäuferin beinhalte grundlegend kaufmännisches Wissen, vermittle Kenntnisse in Wirtschaftslehre, Rechnungswesen und Datenverarbeitung. Als Filialleiterin werde die Kompetenz bezogen auf das Planen, Organisieren und Kontrollieren der zu erledigenden Arbeiten weiter ausgebaut. Auf diesen Vorkenntnissen aufbauend wäre mit einer Einarbeitungszeit von drei bis sechs Monaten zu rechnen. Der Zugang zur Tätigkeit eines Registrators/einer Registratorin basiere auf dem Berufsbild einer Verwaltungsfachangestellten, also einem verwaltenden Beruf. Die Kenntnisse aus der Ausbildung einer Verkäuferin seien allgemein kaufmännischer Art. Steigende Anforderungen in der EDV-unterstützten Registratur erhöhten die verwaltungstechnischen Qualifikationsanforderungen. Bezogen auf die Klägerin werde eine mindestens dreimonatige bis unter sechsmonatige Einarbeitungszeit vorausgesetzt, da die vorhandenen kaufmännischen Kenntnisse aufgrund der Handelsspezifik für eine schnellere Einarbeitung nicht ausreichend seien. Der Zeitpunkt der Aufbauqualifizierung als Filialleiterin rechtfertigten nicht die Verkürzung der Einarbeitungszeit, da seitdem mehr als fünf Jahre vergangen seien und die erlangten Kenntnisse nicht den heutigen Anforderungsprofilen von Registratoren gerecht würden. Zeiten der Nichtberufstätigkeit aufgrund Krankheit oder Arbeitslosigkeit würden zudem weitläufig die vorhandene Qualifikation entwerten.
Ergänzend ist eine berufskundige Beschreibung zum Kaufmann(-frau) im Einzelhandel beigezogen worden, wegen deren Inhaltes auf Blatt 297 bis 300 der Gerichtsakten verwiesen wird.
Der Senat hat letztlich das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. J. R. vom 27. Mai 2002 veranlasst. Dr. R. hat folgende Krankheiten bei der Klägerin festgestellt:
Segmentdegeneration C 5/6 mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung bei statisch muskulärer Fehlhaltung der Wirbelsäule.
Wirbelgleiten L 5/S 1 bei knöchernem Defekt L 5 mit resultierender statischer Fehlhaltung und Einengung des unteren Wirbelkanals mit haltungs- und belastungsabhängig auftretenden Nervenwurzelreizungen.
Funktionsstörung re. Schulter bei verkürzter Muskulatur.
Zusätzlich liegen folgende weitere Gesundheitsstörungen vor:
Medikamentös eingestellter Bluthochdruck.
Hieraus ergäben sich folgende Einschränkungen der Leistungsfähigkeit: Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Arbeiten in starker Rumpfbeuge sowie Überstreckung der Wirbelsäule, Arbeiten in überwiegendem Gehen und Stehen, Arbeiten mit Ziehen und Bewegen von Lasten, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit extremen Witterungseinflüssen wie starker Kälte, Nässe oder Zugluft, Arbeiten mit Stauchungen oder Rüttelungen sowie Vibrationen der Wirbelsäule sollten nicht mehr abverlangt werden. Derartige Tätigkeiten seien geeignet, die bereits jetzt feststellbaren gesundheitlichen Störungen ungünstig zu beeinflussen und zu verschlimmern. Entsprechend dem Anforderungsprofil für einen Kaufmann im Einzelhandel sei diese Tätigkeit rückwirkend und aktuell nicht mehr zumutbar. Entsprechend dem Anforderungsprofil seien hier Hebearbeiten an Waren sowie auch Arbeiten im Lager notwendig. Es sei eine Tätigkeit im überwiegenden Stehen und Gehen mit teils schweren körperlichen Anforderungen. Auch Überkopfarbeiten seien notwendig und Zwangshaltungen könnten auftreten. Eine derartige Tätigkeit sei in keiner Weise mehr zumutbar.
In der beigezogenen Kurzbeschreibung der Tätigkeit einer Sachbearbeiterin in der Registratur seien keine Arbeiten genannt, welche die Klägerin nicht ausführen könne. Eine solche Tätigkeit sei vollschichtig zumutbar.
Auch eine Tätigkeit als Filialleiterin sei nicht mehr zumutbar, denn sie entspräche im Wesentlichen einer Tätigkeit eines Kaufmannes im Einzelhandel. Sofern keinerlei Tätigkeit im Verkaufsbereich abverlangt werde und ausschließlich verwaltende Büroarbeiten oder organisatorische Aufgaben erforderlich seien, sei eine Einsetzbarkeit möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Bescheid vom 20. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1996 ist insoweit rechtswidrig. Das Urteil des Sozialgerichts erweist sich demnach als zutreffend.
Der Klägerin steht Rente wegen Berufsunfähigkeit zu, denn sie erfüllt die dafür erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere ist sie berufsunfähig.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, die hier wegen der Vorschrift des § 302 b SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) noch anwendbar ist, haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
1. berufsunfähig sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).
Die Klägerin ist hiernach berufsunfähig. Sie kann ihren maßgeblichen Beruf einer Verkäuferin/Filialleiterin nicht mehr ausüben. Eine gesundheitlich und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit ist nicht ersichtlich, insbesondere ist die Klägerin nicht in der Lage, die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit einer Registratorin nach BAT VIII innerhalb von drei Monaten wettbewerbsfähig vollwertig zu verrichten.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130).
Hauptberuf ist hiernach die Tätigkeit einer Verkäuferin/Filialleiterin, den die Klägerin auch zuletzt von 1992 bis 1995 ausgeübt hat. Die Klägerin war hierbei mit den Tätigkeiten einer Verkäuferin und einer Filialleiterin beschäftigt, weshalb ihr Hauptberuf nicht allein die Tätigkeit einer Filialleiterin ist.
Mit den vorhandenen Leistungseinschränkungen ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, als Verkäuferin/Filialleiterin zu arbeiten.
Nach der beigezogenen berufskundlichen Literatur handelt es sich bei der Tätigkeit eines Kaufmanns(-frau) im Einzelhandel im Verkaufsbereich um eine zeitweise mittelschwere bis schwere körperliche Arbeit (Hebearbeiten im Lager), überwiegend im Stehen und Gehen, zum Teil mit Bücken, Hocken, Überkopfarbeit (Verkauf) sowie im Sitzen (Büro). Diesen Anforderungen wird die Klägerin nach sämtlichen im Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren eingeholten Gutachten nicht gerecht.
Die Unfähigkeit der Klägerin allein, als Verkäuferin/Filialleiterin zu arbeiten, begründet zwar noch keine Berufsunfähigkeit. Ausgehend von diesem Beruf muss sie sich grundsätzlich auf Tätigkeiten verweisen lassen, für die eine Ausbildung oder Anlernung von drei Monaten bis zu zwei Jahren (so genannte angelernte Tätigkeiten) notwendig wäre. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. können einem Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N.). Nach dem vom Bundessozialgericht zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Angestelltenberufe, ausgehend von der am geringsten qualifizierten Tätigkeit in fünf Gruppen eingeteilt, nämlich die mit den Leitberufen der "unausgebildeten Angestellten", der "Angestellten, mit einer längeren Ausbildung", der "Angestellten, für die über eine längere (durchschnittlich) dreijährige Ausbildung hinaus zusätzliche Zugangsvoraussetzungen wie etwa die Ablegung einer Meisterprüfung, der erfolgreiche Besuch an einer Fachschule oder das abgeschlossene Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule erforderlich sind", sowie der Angestellten, die mit ihrem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb an oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 1).
Davon ausgehend ist die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin/Filialleiterin der Gruppe der dreijährig ausgebildeten Angestellten zuzuordnen. Die Klägerin hat als Verkäuferin zwar nach eigenen Angaben nur eine zweijährige Ausbildung durchlaufen. Die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Raster erfolgt aber nicht ausschließlich nach der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend sind vielmehr die Qualifikationsanforderungen der verrichteten Arbeit, das heißt, der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert für den Betrieb. Es kommt also auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. genannten Merkmale umschrieben wird. Ein Versicherter ist dann der Gruppe der Facharbeiter bzw. der dreijährig ausgebildeten Angestellten zuzuordnen, wenn er, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, einen entsprechend anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt hat und entsprechend entlohnt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 1993, Aktenzeichen 13 RJ 37/92). Unter Berücksichtigung des Berufslebens der Klägerin ist davon auszugehen, dass diese bei ihrer Tätigkeit als Verkäuferin/Filialleiterin über die volle Breite der Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten Einzelhandelskaufmanns verfügte. Sie hat ihr Berufsleben über 20 Jahre in dieser Tätigkeit verbracht, sich einer Qualifikation für Verkaufspersonal, einer Aufbauqualifikation für Leitungstätigkeiten unterzogen und war zuletzt vom September 1992 bis Juni 1995 auch als Filialleiterin in einem Spiel- und Schreibwarengeschäft tätig und ist dort nach Gehaltsgruppe K 3 des Tarifvertrages für den Brandenburgischen Einzelhandel entlohnt worden. Dabei ist insbesondere diese tarifliche Einstufung der Klägerin durch ihren letzten Arbeitgeber zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist nämlich die individuelle Eingruppierung des Versicherten in eine für Facharbeiter vorgesehene Lohngruppe ein Indiz für einen entsprechenden Qualitätsgrad der geleisteten Arbeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14 S. 55 f.).
Als Angestellte mit einer dreijährigen Ausbildung obliegt es der Beklagten, um eine Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit zu vermeiden, eine der Klägerin gesundheitlich und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit konkret zu benennen, wenn der Hauptberuf nicht mehr ausgeübt werden kann. Der Versicherungsträger trägt hierfür die Darlegungslast sowie die objektive Beweislast (BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 13, 14).
Dies ist der Beklagten nicht gelungen. Insbesondere ist die Klägerin nicht in der Lage, die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit einer Registratorin innerhalb von drei Monaten vollschichtig zu verrichten. Auch ist keine andere zumutbare Verweisungstätigkeit ersichtlich.
Die Verweisungstätigkeit als Registratorin wäre der Klägerin zwar sowohl sozial als auch gesundheitlich zumutbar.
Die soziale Zumutbarkeit dieser Tätigkeit ergibt sich daraus, dass nach den eingeholten Auskünften des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt sowie der Stellungnahme der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder die Tätigkeit einer Registratorin nicht etwa stets den ungelernten Tätigkeiten zuzuordnen ist - wie der Klägerbevollmächtigte meint - , sondern je nach dem Anforderungsprofil sowohl eine ungelernte, eine angelernte als auch eine gelernte Tätigkeit darstellen kann. Die Beklagte hat hier ausdrücklich die Tätigkeit einer Registratorin, wie sie in der Gruppe VIII des BAT umschrieben wird, als Verweisungstätigkeit benannt. Dabei handelt es sich um eine angelernte Tätigkeit, die jedenfalls eine längere Ausbildung als drei Monate voraussetzt, weshalb diese einer dreijährig ausgebildeten Angestellten zumutbar wäre.
Die Klägerin wäre nach den medizinischen Ermittlungen auch in der Lage, eine solche Tätigkeit zu verrichten. Dies ergibt sich vor allen Dingen aus dem Gutachten des vom Berufungsgerichts bestellten Dr. J. R., der unter Bezugnahme auf das zu den Akten genommene körperliche Anforderungsprofil dieser Tätigkeit eine solche Tätigkeit trotz der vorhandenen Leistungseinschränkungen für vollschichtig verrichtbar gehalten hat. Diese Auffassung wird durch das Ergebnis des Gutachtens von Dr. B. im sozialgerichtlichen Verfahren bestätigt. Die Klägerin leidet danach an einer Segmentdegeneration C 5/6 mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung bei statisch muskulärer Fehlhaltung der Wirbelsäule, einem Wirbelgleiten L 5/S 1 bei knöchernen Defekt L 5 mit resultierender statischer Fehlhaltung und Einengung des unteren Wirbelkanals mit haltungs- und belastungsabhängig auftretenden Nervenwurzelreizerscheinungen, darüber hinaus an einer Funktionsstörung der rechten Schulter bei verkürzter Muskulatur und einem medikamentös eingestellten Bluthochdruck. Es ist nachvollziehbar, wenn der Sachverständige dem entnimmt, dass die Klägerin zwar nicht mehr in der Lage ist, Lasten von mehr als 5 kg zu heben und zu tragen und insbesondere Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten in überwiegend gehender, stehender Körperhaltung vollschichtig zu verrichten. Solche Anforderungen werden jedoch an die benannte Verweisungstätigkeit nicht gestellt. Auch die übrigen bei diesen Erkrankungen ausgeschlossenen Anforderungen finden sich nicht im Anforderungsprofil der Tätigkeit einer Registratorin.
Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da die Klägerin ab dem Zeitpunkt des Beginns der Arbeitsunfähigkeit in ihrer letzten Tätigkeit als Verkäuferin und Filialleiterin am 16. Mai 1995 nicht in der Lage war und ist, die Tätigkeit einer Registratorin in Form einer angelernten Tätigkeit nach BAT VIII innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten vollwertig zu verrichten. Nach der Stellungnahme des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt vom 27. Dezember 2000, welche dieses unter dem 31. Juli 2001 ergänzt hat, ist die Klägerin aufgrund ihrer kaufmännischen Vorbildung durchaus in der Lage, eine Tätigkeit als Registratorin vollwertig zu verrichten. Sie bedarf dafür allerdings einer Anlernzeit von wenigstens drei Monaten, höchstens sechs Monaten. Dies resultiert daraus, dass ihre Vorkenntnisse, die sie im Laufe ihres Berufslebens und bei ihren Fortbildungen erlangt hat, im Wesentlichen solche kaufmännischer Art sind, die sie zwar für die Ausübung des Berufs einer Registratorin verwenden kann, jedoch nicht das vollständige Anforderungsprofil dieser Tätigkeit abdecken. Die Tätigkeit einer Registratorin stellt eine verwaltungstechnische Tätigkeit dar, bei der die kaufmännischen Vorkenntnisse nur teilweise zu verwerten sind. Dies ist nachvollziehbar und der Senat folgt deshalb der Auffassung des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt, das die Vorkenntnisse und Ausbildung der Klägerin berücksichtigt hat.
Der Auffassung der Beklagten, dass dadurch letztlich ein Verlust von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit führen würde, trifft hier nicht zu. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Klägerin über Kenntnisse aus einem anderen Beruf als dem einer Registratorin verfügt und nur die tatsächlich noch verfügbaren Kenntnisse zur Einarbeitung in die davon abweichende Tätigkeit einer Registratorin verwenden können. Das Arbeitsamt Eisenhüttenstadt hat deshalb das Hauptgewicht seiner Ausführungen auch darauf gelegt, dass es die unterschiedliche Art der Tätigkeiten ist, die dazu führt, dass die Klägerin mehr als drei Monate benötigt, um die Tätigkeit einer Registratorin vollwertig zu verrichten. Es hat lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass Teile der kaufmännischen Kenntnisse im Laufe der Zeit bei der Klägerin verlorengegangen sein dürften und diese für die Anlernung zur Tätigkeit einer Registratorin nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Dies leuchtet ein, weshalb der Senat dieser Auffassung folgt.
Für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit liegen auch die weiteren Voraussetzungen vor. Die Klägerin hat vor Eintritt der Berufsunfähigkeit wenigstens fünf Jahre an Pflichtbeitragszeiten und somit die allgemeine Wartezeit erfüllt (§ 43 Abs. 1 Nr. 3, § 50 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI a.F.). Es sind ebenfalls in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten vorhanden.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil nicht ausdrücklich festgestellt, wann die Rente wegen Berufsunfähigkeit, zu der es die Beklagte verurteilt hat, beginnt. Nach § 99 Abs. 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird die Rente von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wurde. Die Anspruchsvoraussetzungen lagen bereits im Jahre 1995 vor. Denn die von Dr. R. genannten gesundheitlichen Störungen mit den daraus resultierenden Leistungseinschränkungen bestanden in dem Umfang schon im Jahre 1995, wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 02. Februar 1996 ergibt. Davon ausgehend beginnt die Rente am 01. April 1996, wie von der Klägerin nunmehr auch klarstellend beantragt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt - noch - Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die am ... 1952 geborene Klägerin erlernte vom September 1970 bis Juli 1972 den Beruf einer Verkäuferin und erlangte am 01. Juli 1972 ein entsprechendes Facharbeiterzeugnis. Von 1972 bis 1991 war sie als Fachverkäuferin für Lebensmittel und ab März 1991 dann als Verkäuferin für Textilien beschäftigt. Vom 25. November 1991 bis 20. Februar 1992 durchlief sie eine Qualifikation für Verkaufspersonal, vom 16. März 1992 bis 10. Juni 1992 dann eine Aufbauqualifikation für Leitungstätigkeiten. Vom September 1992 bis Juni 1995 war die Klägerin als Verkäuferin und Filialleiterin eines Spiel- und Schreibwarengeschäftes mit dem Verkauf von Spielwaren sowie der Organisation und Abrechnung der Filiale beschäftigt. Die Tätigkeit setzte regelmäßig eine Lehre oder eine Anlernzeit voraus, die vom Arbeitgeber für eine völlig ungelernte Kraft mit sechs Monaten angesetzt wurde. Die Klägerin wurde nach dem Manteltarifvertrag (MTV) Einzelhandel Brandenburg, Tarifgruppe K 3 im dritten Tätigkeitsjahr, entlohnt. Diese Entlohnung entsprach der eines Facharbeiters und war im Tarifvertrag durch selbständiges Arbeiten in Verkauf und Abrechnung definiert.
Am 24. April 1996 beantragte die Klägerin wegen seit 16. Mai 1995 bestehenden Wirbelgleitens Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit bzw. Invalidität. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht über eine Rehabilitationsmaßnahme vom 02. Februar 1996 in der H.-J.-Klinik in Bad H. bei, der als Diagnosen ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom beidseits bei Spondylolisthesis L 5/S 1, ein rezidivierendes Cervikokranialsyndrom, eine essentielle arterielle Hypertonie sowie Migräne aufweist. Die Klägerin sei nicht in der Lage, in ihrem Hauptberuf als Verkäuferin/Filialleiterin mehr als zwei Stunden zu arbeiten, weiterhin sei ihr Heben und Tragen von Lasten über 7 kg, Tätigkeiten in gebeugter Körperhaltung nicht möglich, Tätigkeiten in anderen Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu vermeiden. Ständiges Stehen oder Sitzen sei nicht möglich. Körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen könnten vollschichtig ausgeübt werden.
Die Beklagte veranlasste weiterhin das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. Klumpp vom 25. Juni 1996, der rezidivierende Lumboischialgien bei Spondylolisthesis L 5 über S 1 (Typ Meyerding II) und rezidivierende Periarthritis der rechten Schulter diagnostizierte: Der Klägerin seien körperlich leichte Tätigkeiten ohne Bückbelastung und Hebebelastung vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 20. September 1996 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Den hiergegen am 27. September 1996 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1996 zurück.
Gegen den am 02. Januar 1997 per Einschreiben zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 27. Januar 1997 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat eine Arbeitgeberauskunft der K. Groß- und Einzelhandel GmbH vom 29 Januar 1998 und einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. M., Praktischer Arzt, vom 23. Juli 1997 eingeholt, dem ein Arztbrief des Chefarztes der H.-J.-Klinik Dr. Sch. vom 16. Januar 1996 beigefügt war, der bei den bekannten Diagnosen die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Filialleiterin/Verkäuferin in einem Spielwarengeschäft für nicht mehr zumutbar, die eine körperlich leichte Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen jedoch für vollschichtig zumutbar hielt.
Schließlich hat das Sozialgericht das Gutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. med. M. B. vom 27. November 1998 veranlasst: Dr. B. hat folgende Krankheiten und Gebrechen bei der Klägerin festgestellt:
Fehlhaltung der Halswirbelsäule mit Neigung zu cervikalen Reizerscheinungen, Ausschluss einer radikulären Symptomatik,
Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule, lumbales Wirbelgleiten L 5/S 1 Meyerding II mit Neigung zu lumbalen Reizerscheinungen, Ausschluss einer radikulären Symptomatik,
Schultergelenksverschluss rechts (Periarthritis humeros-capularis).
Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen vollschichtig verrichten. Ausschließliches Gehen, Stehen oder Sitzen sei zu widerraten. Die Arbeiten sollten in geschlossenen Räumen durchgeführt werden, im Freien müssten Witterungsschutzbedingungen eingehalten werden. Kälte, Nässe und Zugluft seien nicht mehr zumutbar. Dies gelte auch für Arbeiten im Steigen, mit Klettern, auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten im Hocken und Kriechen. Die Klägerin könne Arbeiten im Bücken nicht verrichten, das Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg sei möglich. Überkopfarbeiten seien der Klägerin nicht zumutbar. In Zwangshaltungen oder überwiegend einseitiger Körperhaltung könne die Klägerin nicht mehr arbeiten. Arbeiten unter Zeitdruck, wie Akkord- und Fließbandarbeiten, sollten ebenfalls nicht zugemutet werden. Als Filialleiterin könne die Klägerin unter Beachtung der genannten Kriterien tätig sein. Als Verkäuferin und Kassiererin könne sie nicht mehr tätig sein.
Mit Urteil vom 03. Februar 1999 hat das Sozialgericht die Beklagte entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung beschränkten Klageantrag verpflichtet, der Klägerin eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren: Nach Auffassung der Kammer sei der Hauptberuf der Klägerin nicht der einer Verkäuferin, sondern der einer Filialleiterin. Die Klägerin habe den Beruf der Fachverkäuferin erlernt und jahrzehntelang ausgeübt. Sie sei dann nach Qualifizierungen zuletzt als Filialleiterin tätig gewesen. Die Angabe des Arbeitgebers, dass eine völlig ungelernte Kraft innerhalb von sechs Monaten für die Tätigkeit angelernt werden könne, sei für die Kammer unglaubhaft gewesen, da es abwegig erscheine, dass eine völlig ungelernte Kraft innerhalb von sechs Monaten mit der Organisation und der Abrechnung der Filiale betraut werde, den anderen Fachverkäuferinnen Weisungen erteilen und Lehrlinge ausbilden könne. Hierfür sprächen u. a. die Aufgabengebiete der Klägerin und ihre Entlohnung nach der Gehaltsgruppe K 3 des MTV Einzelhandel Brandenburg. Als Angestellte mit längerer Berufsausbildung besitze die Klägerin Berufsschutz. Die Verweisung auf eine Tätigkeit als Bürohilfskraft scheide aus sozialen Gründen aus. Die Tätigkeit einer Registratorin sei nicht den Tätigkeiten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren zuzurechnen. Vielmehr handelt es sich hier um eine angelernte Tätigkeit, welche für eine Angestellte mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung als Verweisungstätigkeit ausscheide.
Gegen das ihr am 26. April 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Mai 1999 eingelegte Berufung der Beklagten.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Klägerin Berufsschutz wie einer dreijährig Ausgebildeten zukomme, sie jedoch auf eine Tätigkeit als Registratorin nach BAT VIII zumutbar verweisbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 03. Februar 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. April 1996 zu gewähren.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beklagte hat u. a. die Stellungnahme der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder vom 21. November 1997 zur Eingruppierung von Beschäftigten in Registraturen eingereicht.
Der Senat hat die Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. G., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, vom 04. Mai 2000 und Dr. M., Praktischer Arzt, vom 21. Mai 2000 eingeholt und eine Stellungnahme des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt vom 27. Dezember 2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 31. Juli 2001 zur Ausübbarkeit der Verweisungstätigkeit durch die Klägerin eingeholt: Aufgrund der vorliegenden Daten zum beruflichen Werdegang der Klägerin und der Anforderungen zu der Tätigkeit einer Registratorin könne davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in der Lage sein werde, die Verweisungstätigkeit vollwertig ausüben zu können. Für die Verweisungstätigkeit würden verwaltende, organisatorische Grundkenntnisse gefordert. Die Klägerin habe laut beruflichen Angaben den Berufsabschluss einer Verkäuferin und sei in diesem Beruf auch jahrelang tätig gewesen. In der letzten Tätigkeitsausübung habe sie zudem noch Aufgaben einer Filialleiterin im Handel wahrgenommen. Diesbezüglich sei davon auszugehen, dass aufgrund der Ausbildung und letzten Tätigkeit ausreichend kaufmännische Grundkenntnisse vorhanden seien, um aufbauend darauf die Tätigkeit als Registratorin ausüben zu können. Die Ausbildung zur Verkäuferin beinhalte grundlegend kaufmännisches Wissen, vermittle Kenntnisse in Wirtschaftslehre, Rechnungswesen und Datenverarbeitung. Als Filialleiterin werde die Kompetenz bezogen auf das Planen, Organisieren und Kontrollieren der zu erledigenden Arbeiten weiter ausgebaut. Auf diesen Vorkenntnissen aufbauend wäre mit einer Einarbeitungszeit von drei bis sechs Monaten zu rechnen. Der Zugang zur Tätigkeit eines Registrators/einer Registratorin basiere auf dem Berufsbild einer Verwaltungsfachangestellten, also einem verwaltenden Beruf. Die Kenntnisse aus der Ausbildung einer Verkäuferin seien allgemein kaufmännischer Art. Steigende Anforderungen in der EDV-unterstützten Registratur erhöhten die verwaltungstechnischen Qualifikationsanforderungen. Bezogen auf die Klägerin werde eine mindestens dreimonatige bis unter sechsmonatige Einarbeitungszeit vorausgesetzt, da die vorhandenen kaufmännischen Kenntnisse aufgrund der Handelsspezifik für eine schnellere Einarbeitung nicht ausreichend seien. Der Zeitpunkt der Aufbauqualifizierung als Filialleiterin rechtfertigten nicht die Verkürzung der Einarbeitungszeit, da seitdem mehr als fünf Jahre vergangen seien und die erlangten Kenntnisse nicht den heutigen Anforderungsprofilen von Registratoren gerecht würden. Zeiten der Nichtberufstätigkeit aufgrund Krankheit oder Arbeitslosigkeit würden zudem weitläufig die vorhandene Qualifikation entwerten.
Ergänzend ist eine berufskundige Beschreibung zum Kaufmann(-frau) im Einzelhandel beigezogen worden, wegen deren Inhaltes auf Blatt 297 bis 300 der Gerichtsakten verwiesen wird.
Der Senat hat letztlich das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. J. R. vom 27. Mai 2002 veranlasst. Dr. R. hat folgende Krankheiten bei der Klägerin festgestellt:
Segmentdegeneration C 5/6 mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung bei statisch muskulärer Fehlhaltung der Wirbelsäule.
Wirbelgleiten L 5/S 1 bei knöchernem Defekt L 5 mit resultierender statischer Fehlhaltung und Einengung des unteren Wirbelkanals mit haltungs- und belastungsabhängig auftretenden Nervenwurzelreizungen.
Funktionsstörung re. Schulter bei verkürzter Muskulatur.
Zusätzlich liegen folgende weitere Gesundheitsstörungen vor:
Medikamentös eingestellter Bluthochdruck.
Hieraus ergäben sich folgende Einschränkungen der Leistungsfähigkeit: Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Arbeiten in starker Rumpfbeuge sowie Überstreckung der Wirbelsäule, Arbeiten in überwiegendem Gehen und Stehen, Arbeiten mit Ziehen und Bewegen von Lasten, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit extremen Witterungseinflüssen wie starker Kälte, Nässe oder Zugluft, Arbeiten mit Stauchungen oder Rüttelungen sowie Vibrationen der Wirbelsäule sollten nicht mehr abverlangt werden. Derartige Tätigkeiten seien geeignet, die bereits jetzt feststellbaren gesundheitlichen Störungen ungünstig zu beeinflussen und zu verschlimmern. Entsprechend dem Anforderungsprofil für einen Kaufmann im Einzelhandel sei diese Tätigkeit rückwirkend und aktuell nicht mehr zumutbar. Entsprechend dem Anforderungsprofil seien hier Hebearbeiten an Waren sowie auch Arbeiten im Lager notwendig. Es sei eine Tätigkeit im überwiegenden Stehen und Gehen mit teils schweren körperlichen Anforderungen. Auch Überkopfarbeiten seien notwendig und Zwangshaltungen könnten auftreten. Eine derartige Tätigkeit sei in keiner Weise mehr zumutbar.
In der beigezogenen Kurzbeschreibung der Tätigkeit einer Sachbearbeiterin in der Registratur seien keine Arbeiten genannt, welche die Klägerin nicht ausführen könne. Eine solche Tätigkeit sei vollschichtig zumutbar.
Auch eine Tätigkeit als Filialleiterin sei nicht mehr zumutbar, denn sie entspräche im Wesentlichen einer Tätigkeit eines Kaufmannes im Einzelhandel. Sofern keinerlei Tätigkeit im Verkaufsbereich abverlangt werde und ausschließlich verwaltende Büroarbeiten oder organisatorische Aufgaben erforderlich seien, sei eine Einsetzbarkeit möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Bescheid vom 20. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1996 ist insoweit rechtswidrig. Das Urteil des Sozialgerichts erweist sich demnach als zutreffend.
Der Klägerin steht Rente wegen Berufsunfähigkeit zu, denn sie erfüllt die dafür erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere ist sie berufsunfähig.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, die hier wegen der Vorschrift des § 302 b SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) noch anwendbar ist, haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
1. berufsunfähig sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).
Die Klägerin ist hiernach berufsunfähig. Sie kann ihren maßgeblichen Beruf einer Verkäuferin/Filialleiterin nicht mehr ausüben. Eine gesundheitlich und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit ist nicht ersichtlich, insbesondere ist die Klägerin nicht in der Lage, die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit einer Registratorin nach BAT VIII innerhalb von drei Monaten wettbewerbsfähig vollwertig zu verrichten.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130).
Hauptberuf ist hiernach die Tätigkeit einer Verkäuferin/Filialleiterin, den die Klägerin auch zuletzt von 1992 bis 1995 ausgeübt hat. Die Klägerin war hierbei mit den Tätigkeiten einer Verkäuferin und einer Filialleiterin beschäftigt, weshalb ihr Hauptberuf nicht allein die Tätigkeit einer Filialleiterin ist.
Mit den vorhandenen Leistungseinschränkungen ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, als Verkäuferin/Filialleiterin zu arbeiten.
Nach der beigezogenen berufskundlichen Literatur handelt es sich bei der Tätigkeit eines Kaufmanns(-frau) im Einzelhandel im Verkaufsbereich um eine zeitweise mittelschwere bis schwere körperliche Arbeit (Hebearbeiten im Lager), überwiegend im Stehen und Gehen, zum Teil mit Bücken, Hocken, Überkopfarbeit (Verkauf) sowie im Sitzen (Büro). Diesen Anforderungen wird die Klägerin nach sämtlichen im Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren eingeholten Gutachten nicht gerecht.
Die Unfähigkeit der Klägerin allein, als Verkäuferin/Filialleiterin zu arbeiten, begründet zwar noch keine Berufsunfähigkeit. Ausgehend von diesem Beruf muss sie sich grundsätzlich auf Tätigkeiten verweisen lassen, für die eine Ausbildung oder Anlernung von drei Monaten bis zu zwei Jahren (so genannte angelernte Tätigkeiten) notwendig wäre. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. können einem Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N.). Nach dem vom Bundessozialgericht zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Angestelltenberufe, ausgehend von der am geringsten qualifizierten Tätigkeit in fünf Gruppen eingeteilt, nämlich die mit den Leitberufen der "unausgebildeten Angestellten", der "Angestellten, mit einer längeren Ausbildung", der "Angestellten, für die über eine längere (durchschnittlich) dreijährige Ausbildung hinaus zusätzliche Zugangsvoraussetzungen wie etwa die Ablegung einer Meisterprüfung, der erfolgreiche Besuch an einer Fachschule oder das abgeschlossene Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule erforderlich sind", sowie der Angestellten, die mit ihrem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb an oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 1).
Davon ausgehend ist die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin/Filialleiterin der Gruppe der dreijährig ausgebildeten Angestellten zuzuordnen. Die Klägerin hat als Verkäuferin zwar nach eigenen Angaben nur eine zweijährige Ausbildung durchlaufen. Die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Raster erfolgt aber nicht ausschließlich nach der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend sind vielmehr die Qualifikationsanforderungen der verrichteten Arbeit, das heißt, der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert für den Betrieb. Es kommt also auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. genannten Merkmale umschrieben wird. Ein Versicherter ist dann der Gruppe der Facharbeiter bzw. der dreijährig ausgebildeten Angestellten zuzuordnen, wenn er, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, einen entsprechend anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt hat und entsprechend entlohnt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 1993, Aktenzeichen 13 RJ 37/92). Unter Berücksichtigung des Berufslebens der Klägerin ist davon auszugehen, dass diese bei ihrer Tätigkeit als Verkäuferin/Filialleiterin über die volle Breite der Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten Einzelhandelskaufmanns verfügte. Sie hat ihr Berufsleben über 20 Jahre in dieser Tätigkeit verbracht, sich einer Qualifikation für Verkaufspersonal, einer Aufbauqualifikation für Leitungstätigkeiten unterzogen und war zuletzt vom September 1992 bis Juni 1995 auch als Filialleiterin in einem Spiel- und Schreibwarengeschäft tätig und ist dort nach Gehaltsgruppe K 3 des Tarifvertrages für den Brandenburgischen Einzelhandel entlohnt worden. Dabei ist insbesondere diese tarifliche Einstufung der Klägerin durch ihren letzten Arbeitgeber zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist nämlich die individuelle Eingruppierung des Versicherten in eine für Facharbeiter vorgesehene Lohngruppe ein Indiz für einen entsprechenden Qualitätsgrad der geleisteten Arbeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14 S. 55 f.).
Als Angestellte mit einer dreijährigen Ausbildung obliegt es der Beklagten, um eine Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit zu vermeiden, eine der Klägerin gesundheitlich und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit konkret zu benennen, wenn der Hauptberuf nicht mehr ausgeübt werden kann. Der Versicherungsträger trägt hierfür die Darlegungslast sowie die objektive Beweislast (BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 13, 14).
Dies ist der Beklagten nicht gelungen. Insbesondere ist die Klägerin nicht in der Lage, die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit einer Registratorin innerhalb von drei Monaten vollschichtig zu verrichten. Auch ist keine andere zumutbare Verweisungstätigkeit ersichtlich.
Die Verweisungstätigkeit als Registratorin wäre der Klägerin zwar sowohl sozial als auch gesundheitlich zumutbar.
Die soziale Zumutbarkeit dieser Tätigkeit ergibt sich daraus, dass nach den eingeholten Auskünften des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt sowie der Stellungnahme der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder die Tätigkeit einer Registratorin nicht etwa stets den ungelernten Tätigkeiten zuzuordnen ist - wie der Klägerbevollmächtigte meint - , sondern je nach dem Anforderungsprofil sowohl eine ungelernte, eine angelernte als auch eine gelernte Tätigkeit darstellen kann. Die Beklagte hat hier ausdrücklich die Tätigkeit einer Registratorin, wie sie in der Gruppe VIII des BAT umschrieben wird, als Verweisungstätigkeit benannt. Dabei handelt es sich um eine angelernte Tätigkeit, die jedenfalls eine längere Ausbildung als drei Monate voraussetzt, weshalb diese einer dreijährig ausgebildeten Angestellten zumutbar wäre.
Die Klägerin wäre nach den medizinischen Ermittlungen auch in der Lage, eine solche Tätigkeit zu verrichten. Dies ergibt sich vor allen Dingen aus dem Gutachten des vom Berufungsgerichts bestellten Dr. J. R., der unter Bezugnahme auf das zu den Akten genommene körperliche Anforderungsprofil dieser Tätigkeit eine solche Tätigkeit trotz der vorhandenen Leistungseinschränkungen für vollschichtig verrichtbar gehalten hat. Diese Auffassung wird durch das Ergebnis des Gutachtens von Dr. B. im sozialgerichtlichen Verfahren bestätigt. Die Klägerin leidet danach an einer Segmentdegeneration C 5/6 mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung bei statisch muskulärer Fehlhaltung der Wirbelsäule, einem Wirbelgleiten L 5/S 1 bei knöchernen Defekt L 5 mit resultierender statischer Fehlhaltung und Einengung des unteren Wirbelkanals mit haltungs- und belastungsabhängig auftretenden Nervenwurzelreizerscheinungen, darüber hinaus an einer Funktionsstörung der rechten Schulter bei verkürzter Muskulatur und einem medikamentös eingestellten Bluthochdruck. Es ist nachvollziehbar, wenn der Sachverständige dem entnimmt, dass die Klägerin zwar nicht mehr in der Lage ist, Lasten von mehr als 5 kg zu heben und zu tragen und insbesondere Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten in überwiegend gehender, stehender Körperhaltung vollschichtig zu verrichten. Solche Anforderungen werden jedoch an die benannte Verweisungstätigkeit nicht gestellt. Auch die übrigen bei diesen Erkrankungen ausgeschlossenen Anforderungen finden sich nicht im Anforderungsprofil der Tätigkeit einer Registratorin.
Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da die Klägerin ab dem Zeitpunkt des Beginns der Arbeitsunfähigkeit in ihrer letzten Tätigkeit als Verkäuferin und Filialleiterin am 16. Mai 1995 nicht in der Lage war und ist, die Tätigkeit einer Registratorin in Form einer angelernten Tätigkeit nach BAT VIII innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten vollwertig zu verrichten. Nach der Stellungnahme des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt vom 27. Dezember 2000, welche dieses unter dem 31. Juli 2001 ergänzt hat, ist die Klägerin aufgrund ihrer kaufmännischen Vorbildung durchaus in der Lage, eine Tätigkeit als Registratorin vollwertig zu verrichten. Sie bedarf dafür allerdings einer Anlernzeit von wenigstens drei Monaten, höchstens sechs Monaten. Dies resultiert daraus, dass ihre Vorkenntnisse, die sie im Laufe ihres Berufslebens und bei ihren Fortbildungen erlangt hat, im Wesentlichen solche kaufmännischer Art sind, die sie zwar für die Ausübung des Berufs einer Registratorin verwenden kann, jedoch nicht das vollständige Anforderungsprofil dieser Tätigkeit abdecken. Die Tätigkeit einer Registratorin stellt eine verwaltungstechnische Tätigkeit dar, bei der die kaufmännischen Vorkenntnisse nur teilweise zu verwerten sind. Dies ist nachvollziehbar und der Senat folgt deshalb der Auffassung des Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt, das die Vorkenntnisse und Ausbildung der Klägerin berücksichtigt hat.
Der Auffassung der Beklagten, dass dadurch letztlich ein Verlust von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit führen würde, trifft hier nicht zu. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Klägerin über Kenntnisse aus einem anderen Beruf als dem einer Registratorin verfügt und nur die tatsächlich noch verfügbaren Kenntnisse zur Einarbeitung in die davon abweichende Tätigkeit einer Registratorin verwenden können. Das Arbeitsamt Eisenhüttenstadt hat deshalb das Hauptgewicht seiner Ausführungen auch darauf gelegt, dass es die unterschiedliche Art der Tätigkeiten ist, die dazu führt, dass die Klägerin mehr als drei Monate benötigt, um die Tätigkeit einer Registratorin vollwertig zu verrichten. Es hat lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass Teile der kaufmännischen Kenntnisse im Laufe der Zeit bei der Klägerin verlorengegangen sein dürften und diese für die Anlernung zur Tätigkeit einer Registratorin nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Dies leuchtet ein, weshalb der Senat dieser Auffassung folgt.
Für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit liegen auch die weiteren Voraussetzungen vor. Die Klägerin hat vor Eintritt der Berufsunfähigkeit wenigstens fünf Jahre an Pflichtbeitragszeiten und somit die allgemeine Wartezeit erfüllt (§ 43 Abs. 1 Nr. 3, § 50 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI a.F.). Es sind ebenfalls in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten vorhanden.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil nicht ausdrücklich festgestellt, wann die Rente wegen Berufsunfähigkeit, zu der es die Beklagte verurteilt hat, beginnt. Nach § 99 Abs. 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird die Rente von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wurde. Die Anspruchsvoraussetzungen lagen bereits im Jahre 1995 vor. Denn die von Dr. R. genannten gesundheitlichen Störungen mit den daraus resultierenden Leistungseinschränkungen bestanden in dem Umfang schon im Jahre 1995, wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 02. Februar 1996 ergibt. Davon ausgehend beginnt die Rente am 01. April 1996, wie von der Klägerin nunmehr auch klarstellend beantragt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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