L 2 RA 220/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 67/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 220/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Juli 2001 wird unter Abweisung auch der Klage gegen den Bescheid vom 13. März 2000 zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Verfahrens vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte die im Zeitraum vom 01. Januar 1972 bis 30. Juni 1990 erzielten Arbeitsentgelte gemäß den gesetzlichen Vorschriften über die Beitragsbemessungsgrenze teilweise nicht zur Ermittlung von Entgeltpunkten berücksichtigt hat.

Der am ...1940 geborene Kläger, der in dem fraglichen Zeitraum Mitglied in Zusatzversorgungssystemen (Altersversorgung der Intelligenz bzw. für Mitarbeiter des Staatsapparats) war bzw. nach seinem Vorbringen auch Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung - FZR - geleistet hat, bezog teilweise Einkommen, das 1200 Mark monatlich bzw. 14400 Mark jährlich überstieg. Auf den Rentenantrag des Klägers hin bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 24. Februar 2000 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Im Versicherungsverlauf zum Rentenbescheid ist dargelegt, welche Arbeitsentgelte berücksichtigt worden sind; es ist eine Begrenzung gemäß der Beitragsbemessungsgrenze der Anlage 2 des SGB VI vorgenommen worden. Diese Rente ist mit Bescheid vom 13. März 2000 neu festgestellt worden.

Gegen die Begrenzung richtete sich der Widerspruch des Klägers.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies damit, dass die Beitragsbemessungsgrenzen im Gesetz vorgesehen und vom Bundessozialgericht (Urteil vom 31. Juli 1997 - 4 RA 35/97 - ) bestätigt worden sei.

Hiergegen hat sich die am 19. Februar 2001 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage gerichtet.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, in der Zeit vom 01. Januar 1972 bis 30. Juni 1990 die Beiträge in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen, das heißt, auch insoweit dadurch die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich hierzu auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid berufen.

Mit Urteil vom 26. Juli 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Der Bescheid vom 24.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung von in der FZR bzw. in der Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates versicherten Arbeitsentgelten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der Anlage 2 des SGB VI.

Die Beklagte hat in den angefochtenen Entscheidungen bei der Rentenberechnung zutreffend Entgeltpunkte gemäß § 256 a SGB VI ermittelt. Nach § 256 a Abs. 1 SGB VI werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 08.05.1945 Entgeltpunkte ermittelt, in dem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Verdienst im Sinne des § 256 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI ist die Summe aller nach §§ 256 a Abs. 2 SGB VI zu berücksichtigenden Einkommenspositionen. Diese (nach Anlage 10 umgerechnete Summe) ist als Ganzes an der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zu messen (§ 260 Satz 2 SGB VI). Auf diese Weise wird vermieden, dass für Verdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 2 zum SGB VI Entgeltpunkte ermittelt werden. Eine Auslegung des § 256 a SGB VI, dass danach etwa wegen ihres Charakters als Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet nicht auf die Beitragsbemessungsgrenze abzustellen wäre, verbietet die ausdrückliche Regelung des § 260 Satz 2 SGB VI.

Die Beklagte hat diese Vorschriften in den angefochtenen Bescheiden zutreffend angewandt, was vom Kläger auch nicht gerügt worden ist.

Soweit der Kläger begehrt, die Beitragsbemessungsgrenze auf Arbeitsentgelte, für die Beiträge zur FZR oder zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem gezahlt worden sind, nicht anzuwenden, hat der 2. Senat des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg am 15.06.1999 in einem ähnlichen Fall bereits entschieden und zur Begründung im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

"Eine separate Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze auf nach § 256 a Abs. 2 Satz 1 erste Alternative, SGB VI zu berücksichtigendes Einkommen (Einkünfte, für die Pflichtbeiträge gezahlt worden sind) einerseits und auf Verdienste, für die Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung "bzw. zur Altersvorsorge für Mitarbeiter des Staatsapparates" gezahlt worden sind, andererseits, die zu dem von dem Kläger gewünschten Ergebnis führen würde, kommt nicht in Betracht. Für eine getrennte Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze könnte man zwar die Gleichbehandlung mit Versicherten im früheren Bundesgebiet heranziehen, bei denen bei zeitlich parallel erfolgter Pflichtbeitragszahlung und Zahlung von freiwilligen Beiträgen (vor 1957) diese Beiträge jeweils in voller Höhe bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen waren. Eine solche isolierte Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze ist jedoch weder § 256 a SGB VI noch § 260 Satz 2 SGB VI zu entnehmen. Selbst wenn man eine solche in die genannte Regelung hineinlesen wollte, träfe sie jedenfalls auf die in der DDR gezahlten Beiträge zur FZR "bzw. zur Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates" nicht zu. Wegen der Nähe zur Sozialversicherung ("Einheit von Sozialpflichtversicherung und FZR" in der Terminologie des DDR-Rentenrechts) sind die Beiträge zur FZR mit den freiwilligen Beiträgen in der ehemaligen Bundesrepublik nicht zu vergleichen. Zwar handelt es sich dabei um "freiwillige" Beiträge, der Versicherte hatte jedoch während der Zugehörigkeit zur FZR weitestgehend keine Möglichkeit, die Höhe der Beiträge zur FZR zu bestimmen, sieht man von der Wahl zwischen der vollen Beitragszahlung und der Beitragszahlung für ein Einkommen bis 1200,00 Mark monatlich ab.

Eine andere Anspruchsgrundlage, nach der über der Beitragsbemessungsgrenze liegendes Einkommen, für das Beiträge zur FZR "oder zur Altersvorsorge für Mitarbeiter des Staatsapparates" entrichtet worden sind, bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen wäre, ist nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger geltend macht, dass bereits die so genannte Systementscheidung, die die Überführung der in der DDR erworbenen Rechte, Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozial-pflichtversicherung, der freiwilligen Zusatzrentenversicherung sowie aus Zusatz- und Sonderversorgungen regelte, verfassungswidrig sein soll, er deshalb einen Anspruch auf Berücksichtigung einer nach DDR-Recht erworbenen Rechtsposition habe, so hat seine Klage ebenfalls keinen Erfolg. Wie das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. nur Urteil vom 27.01.1993 - 4 RA 40/92 - BSGE 72, 50, 67), wurden die in der DDR erworbenen Rechte durch entsprechende Rechte, Ansprüche und Anwartschaften nach dem SGB VI ersetzt (gesetzliche Novation). Der Kläger kann - soweit er dies noch geltend machen sollte - mithin aus dem Recht der ehemaligen DDR keine Ansprüche mehr herleiten. Die so genannte Systementscheidung ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.04.1999 (1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95) - bei verfassungskonformer Auslegung, die für den vorliegenden Fall keine Auswirkungen hat - auch mit dem Grundgesetz vereinbar.

Auch die Regelungen der §§ 256 a Abs. 2, 260 Satz 2 SGB VI, nach denen die umgewandelten Verdienste bei der Ermittlung der Entgeltpunkte höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze des früheren Bundesgebiets berücksichtigt werden, sind nicht verfassungswidrig. Insbesondere liegt darin keine Verletzung des grundrechtlich gewährleisteten Eigentums (Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz). Zwar zählen Anwartschaften auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich zum Eigentum und dies soll nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch für in der DDR erworbene Anwartschaften gelten, die über den Einigungsvertrag insoweit einen entsprechenden Charakter erhalten haben. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass geschützt insoweit allenfalls das sein kann, was in der DDR erworben worden ist. Es bedurfte jedoch erst der "Hochwertung" durch ein bundesdeutsches Gesetz, dass aus versicherten Arbeitsverdiensten in der DDR nunmehr höhere Arbeitsentgelte entstanden, die die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. In den Wert der nach dem Recht der DDR erworbenen Anwartschaften wurde dadurch nicht zum Nachteil des Klägers eingegriffen. Darüber hinaus sind derartige Anwartschaften nicht jeglicher gesetzgeberischer Einwirkung entzogen. Denn nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt. Um ein solches Gesetz handelt es sich bei der Regelung des § 260 Satz 2 SGB VI. Die Regelung bewirkt dabei keinen Entzug einer Rentenanwartschaft sondern lediglich eine Begrenzung der Hochwertung von Verdiensten auf die Beitragsbemessungsgrenze. Die Regelung betrifft also nur Positionen, die über das hinausgehen, was regelmäßig in den Schutzbereich der Gesetzlichen Rentenversicherung fällt - nämlich eine Absicherung auf der Grundlage von Entgelten bis zur Beitragsbemessungsgrenze (vgl. BSG-Urteil vom 30.01.1997, Az. 8 RKn 21/95). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.04.1999 (1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95) deshalb auch festgestellt, dass es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne, dass die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften, die durch eine einheitliche, ausschließlich aus der Gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung unter Verzicht auf Zusatzleistungen ersetzt wurden, nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt werden. Die Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze auf die überführten Leistungen sei durch die Entscheidung zu Gunsten der verfassungsrechtlich zulässigen Eingliederung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vorgeprägt und könne nicht entfallen, ohne dass das Rentensystem gesprengt würde.

Auch der Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz ist nicht verletzt. Dass die Einkommen, für die Beiträge zur FZR "bzw. zur Altersvorsorge für Mitarbeiter des Staatsapparates" geleistet wurden, rentenrechtlich unberücksichtigt bleiben, soweit mit ihnen die Beitragsbemessungsgrenze für das jeweilige Kalenderjahr überschritten wird, ist sachlich gerechtfertigt. Es ist nur folgerichtig, wenn zusätzlich als versicherungspflichtiges anzurechnendes Entgelt - und um nichts anderes handelt es sich bei den in der FZR "und in der Altersvorsorge für Mitarbeiter des Staatsapparates" versicherten Entgelten - nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu einer höheren Rente führt. Damit wird es nicht anders behandelt, als Entgelte über die Beitragsbemessungsgrenze im alten Bundesgebiet. Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich zulässige Systementscheidung muss auch hingenommen werden, dass auch Versicherte, die nicht wie der Kläger die nach DDR-Recht höchst zulässigen FZR-Beiträge entrichtet haben, Entgelt ebenfalls bis zur Beitragsbemessungsgrenze angerechnet erhalten.

Im Übrigen bezieht der Kläger eine Rente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres, also eine Leistung, die es nach dem Recht der DDR nicht gab. Auch insoweit kann in nach DDR-Recht erworbene Ansprüche nicht eingegriffen worden sein."

Gegen dieses, dem Kläger am 09. November 2001 zugestellte Urteil hat dieser am 20. November 2001 Berufung erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, er wisse, dass nach der Rechtslage und der Rechtsprechung gegenwärtig keine Aussichten zu einem Erfolg seiner Berufung bestünden, jedoch sei eine erneute Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts denkbar. Der Kläger hat insoweit auf kritische Stellungnahmen zur gegenwärtigen Rechtslage sowie die Möglichkeit zu deren zukünftiger Änderung hingewiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Juli 2001 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 24. Februar 2000 in der Fassung des Bescheides vom 13.März 2000 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 zu verurteilen, für die Beitragszeiten vom 01. Januar 1972 bis zum 30. Juni 1990 die erzielten Verdienste ohne Berücksichtigung einer Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, Versicherungsnummer ..., die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 24. Februar 2000 auch in Form des Neufeststellungsbescheides vom 13. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte Arbeitsentgelte oberhalb der Beitragsbemessungsentgelte berücksichtigt.

Dies gilt nicht nur für den vom Sozialgericht geprüften Bescheid vom 24. Februar 2000, sondern auch für den Bescheid vom 13. März 2000, der dem Sozialgericht nicht mitgeteilt worden war und der dem Senat erst im Berufungsverfahren zuging, in Bezug auf den Streitgegenstand aber keine neue Beschwer enthält und über den der Senat kraft Klage zu entscheiden hat.

Zur Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen, die auch hinsichtlich des Bescheides vom 13. März 2000 vollinhaltlich vom Senat übernommen wird. Der Senat weist auch die Berufung aus deren Gründen als unbegründet zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - , § 142 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Soweit der Kläger sich auf eine mögliche Änderung der Rechtslage in der Zukunft bezieht, steht es ihm frei, zu gegebener Zeit erneut an die Beklagte heranzutreten, falls sich Änderungen zu seinen Gunsten ergeben. Der Senat hat die geltend gemachten Ansprüche allein auf der Grundlage des geltenden Rechts zu prüfen. Ein Grund zur Aussetzung des Verfahrens - um zukünftige Rechtsentwicklungen abzuwarten - liegt nach § 114 SGG nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Berufungsverfahrens.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

Urteil:
Rechtskraft
Aus
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