Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 158/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RJ 68/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. März 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine von der Beklagten vorgenommene Kürzung seiner Berufsunfähigkeitsrente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze; maßgeblich ist, ob Einmalzahlungen hierbei zu berücksichtigen sind.
Der am ... 1941 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit November 1994 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Vom 01. September 1995 bis 31. August 2000 war er als Hausmeister mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden neben dem Rentenbezug berufstätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers. Seitdem ist der Kläger arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt für Arbeit. Dem Arbeitslosengeld liegt laut Bescheid vom 17. Oktober 2000 ein Bemessungsentgelt von 590,00 DM wöchentlich zugrunde, was zu einer Leistungshöhe von wöchentlich 248,57 DM führt. Das Bemessungsentgelt berechnete die Bundesanstalt dergestalt, dass sie die vom Arbeitgeber bescheinigten Arbeitsentgelte von September 1999 bis August 2000 (27920 DM) durch 52 (Anzahl der Arbeitswochen) dividierte und dem so erhaltenden Betrag (536,92 DM) eine 10prozentige Pauschale für Einmalzahlungen (53,69 DM) hinzufügte und so ein Bemessungsentgelt von 590,61 DM feststellte, das sie auf 590 DM rundete.
Am 16. Juni 2000 suchte die Ehefrau des Klägers die Auskunfts- und Beratungsstelle (A- und B-Stelle) der Beklagten in Potsdam auf und bat um Darlegung der Auswirkungen der für den Kläger ab Januar 2001 geltenden Hinzuverdienstgrenze.
Mit Bescheid vom 04. Dezember 2000 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers ab 01. Januar 2001 neu und begrenzte sie wegen des Hinzuverdienstes dahingehend, dass sie nur in Höhe von zwei Dritteln zu leisten sei. Die monatliche Hinzuverdienstgrenze betrage für den Kläger nach den von ihm im letzten Jahr vor Eintritt der Berufsunfähigkeit erzielten 1,0887 Entgeltpunkten 2415,44 DM. Das der Sozialleistung des Klägers zugrunde gelegte Bemessungsentgelt jedoch betrage monatlich 2556,60 DM, so dass gemäß § 96 a Abs. 2 Ziffer b Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) die Rente auf zwei Drittel zu kürzen sei. Für eine volle Rentenhöhe gemäß Ziffer c sei die Hinzuverdienstgrenze überschritten, nicht jedoch für eine Rente in Höhe von zwei Dritteln gemäß Ziffer b. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2001 zurück. Hiergegen hat sich die am 28. Februar 2001 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet, mit der der Kläger vorgetragen hat, ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im Jahr sei unschädlich. Würden die Sonderzahlungen bei den jeweiligen Monaten, nicht jedoch im gesamten Jahr berücksichtigt, blieben sie außer Betracht. Das Ergebnis, dass er aufgrund der Regelungen des nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlichen Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes nunmehr laufend die Hinzuverdienstgrenze überschreite, sei nicht hinnehmbar.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 04. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2001 eine ungekürzte Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Mit Urteil vom 26. März 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Berechnungsweise der Beklagten entspreche dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. § 96 a Abs. 3 Satz 3 SGB VI a. F. regele, dass als Hinzuverdienst bei einer Sozialleistung das dieser zugrundeliegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen sei. Es sei unstreitig, dass das Arbeitslosengeld des Klägers nach einem Bemessungsentgelt von 590 DM monatlich geleistet werde, so dass die Beklagte dies bei der Berechnung der Hinzuverdienstgrenze zu berücksichtigen habe. Die Berechnung der Bundesanstalt entspräche den Festlegungen des Bundesverfassungsgerichts für Einmalzahlungen.
Gegen dieses, dem Kläger am 09. April 2002 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 07. Mai 2002. Durch die Praxis der Rentenversicherungsträger ergebe sich das Ergebnis, dass Empfänger einer Rente wegen Berufsunfähigkeit, die daneben Arbeitslosengeld bezögen, ungünstiger dastünden, als Berufsunfähigkeitsrentner, die daneben Arbeitsentgelt bezögen. Bei Arbeitnehmern nämlich würden Sonderzahlungen, die jährlich wiederkehrten, zweimal pro Jahr unberücksichtigt bleiben. Diese Schlechterstellung sei mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz nicht beabsichtigt, eine entsprechende Anpassung des § 96 a Abs. 1 Satz 2 SGB VI sei vom Gesetzgeber unterlassen worden, weil er das Problem nicht erkannt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. März 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, den Kläger betreffend, verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Vollrente, sondern lediglich Anspruch auf Gewährung einer Teilrente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. Januar 2001.
Gemäß § 313 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 96 a SGB VI (beide in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung) betrug die Hinzuverdienstgrenze für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von zwei Dritteln (§ 313 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b SGB VI) das 70fache des aktuellen Rentenwertes (§ 68), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten. Für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe (§ 313 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI) betrug die Hinzuverdienstgrenze das 52,5fache des entsprechend berechneten Wertes.
Der Kläger hat Entgelt erzielt, dass das 52,5fache, nicht jedoch das 70fache der dargelegten Formel erreicht, so dass seine Rente in Höhe von zwei Dritteln zu gewähren ist.
Gemäß § 96 a Abs. 3 Satz 1 Ziffer 4 SGB VI stehen bei der Feststellung des Hinzuverdienstes dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen der Bezug der in § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - (SGB IV) genannten Sozialleistungen gleich. In § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV wird das Arbeitslosengeld als Erwerbsersatzeinkommen aufgelistet, ist also im Rahmen des § 96 a SGB VI grundsätzlich als Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Gemäß § 96 a Abs. 3 Satz 3 SGB VI ist als Hinzuverdienst das der Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.
Aufgrund des Bewilligungsbescheides des Arbeitsamtes Potsdam vom 17. Oktober 2000 steht fest, dass der, wie dargelegt, zu berücksichtigenden Sozialleistung Arbeitslosengeld ein Bemessungsentgelt von 590 DM wöchentlich zugrunde liegt. Diese zwingende und nicht interpretationsfähige gesetzliche Vorschrift hat die Beklagte, wie ihr durch Art. 20 Grundgesetz - GG - geboten, rechnerisch richtig - wie zwischen den Beteiligten unstreitig - mit dem Ergebnis angewandt, dass sie zu der vorgenommenen Rentenkürzung führt.
Der Senat sieht weder Veranlassung, die Frage, ob diese gesetzliche Regelung dem Grundgesetz widerspricht, dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG zur Prüfung vorzulegen und das Verfahren auszusetzen, noch im Wege einer verfassungsmäßigen Interpretation eine Regelungslücke dahingehend zu erkennen und zu schließen, dass der Gesetzgeber es versäumt hätte, nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Einmalzahlungen und deren Ausführung den § 96 a SGB VI dahingehend zu novellieren, dass dessen Abs. 3 Satz 1 so geändert wird, dass die Einmalzahlungen vom Bemessungsentgelt ausgenommen werden. Der Senat teilt die Auffassung der Bevollmächtigten des Klägers, dass durch die dargelegte gesetzliche Regelung das Ergebnis eintritt, dass Bezieher von Arbeitseinkommen, die zweimal jährlich einmalige Zuwendungen zum Arbeitsentgelt erhalten, weiter volle Rente wegen Erwerbsminderung beziehen können, während Bezieher von Erwerbsersatzeinkommen dies nicht können. Das Ergebnis ist, dass bei dem gleichen Jahreseinkommen in einem Fall ungekürzte Rente wegen Erwerbsminderung bezogen wird, im andern hingegen nicht. Ob dieses Ergebnis sinnvoll ist oder nicht, hat der Senat nicht zu beurteilen, von seiner Verfassungswidrigkeit jedoch ist er nicht überzeugt.
Das Grundgesetz verbietet, Gleiches willkürlich ungleich und Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (BVerfGE 4, 144 [155]). Diese Voraussetzungen liegen jedoch hier nicht vor. Denn die Ungleichbehandlung ist nicht willkürlich. Insoweit ist es zunächst Aufgabe des Gesetzgebers selbst, die Grenzen der Ungleichbehandlung zu bestimmen (BVerfGE 36, 31 [330]). Erst wenn sich keine plausiblen Gründe für die in der Norm getroffene Abwägung finden lassen, kann der Gleichheitssatz verletzt sein (BVerfG a.a.O.). Hier handelt es sich in dem einen Fall um Erwerbseinkommen, das von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erzielt wird, ohne dass hierdurch die Solidargemeinschaft der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der gesetzlichen Sozialversicherung belastet wird. Im andern Fall jedoch - hier dem des Klägers - wird Erwerbsersatzeinkommen aus der gesetzlichen Sozialversicherung erzielt, das Einkommen belastet also - ebenso wie daraus ggf. zu entrichtende Versicherungsbeiträge (§ 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) - die Beitragszahler dieser Versicherung. Wenn dann zum einen durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz gewährleistet wird, dass das Entgelt - für das der Versicherte selbst Beiträge entrichtet hat - auch insoweit es sich um Einmalzahlungen handelt, der Sozialleistung zugrunde gelegt, diese also dadurch erhöht wird und zum anderen dann konsequent auch bei der Prüfung der Anrechnung auf eine andere Sozialleistung der gesetzlichen Sozialversicherung das volle, also durch Einmalzahlungen erhöhte Arbeitsentgelt zugrunde gelegt wird, so liegt für diese Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund vor, der nicht als willkürlich oder völlig unvernünftig anzusehen ist. Er liegt vielmehr im Bereich des weiten gesetzgeberischen Ermessens im Bereich der Sozialversicherung.
Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen letztlich nicht zugunsten des Klägers durch.
Ausgehend vom In-Kraft-Treten des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 zum 01. Januar 2001 könnte ein Fall unechter Rückwirkung dergestalt vorliegen, dass ein zurückliegender Sachverhalt - der Verdienst des Klägers - nunmehr anders bewertet wird, ohne dass der Kläger Gelegenheit hatte - etwa durch Verkürzung der Arbeitszeit - sein Verhalten darauf einzurichten. Tatsächlich aber hat der Gesetzgeber des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes lediglich vollständig das umgesetzt, was das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 24. Mai 2000 - 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99) zuvor ihm aufgegeben hatte. Von daher hatte der Kläger Gelegenheit, sich auf die bevorstehende Rechtsänderung einzustellen, zum Beispiel sein Arbeitsverhältnis von Juni 2000 bis August 2000 zu beenden oder zu verkürzen.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine von der Beklagten vorgenommene Kürzung seiner Berufsunfähigkeitsrente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze; maßgeblich ist, ob Einmalzahlungen hierbei zu berücksichtigen sind.
Der am ... 1941 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit November 1994 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Vom 01. September 1995 bis 31. August 2000 war er als Hausmeister mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden neben dem Rentenbezug berufstätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers. Seitdem ist der Kläger arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt für Arbeit. Dem Arbeitslosengeld liegt laut Bescheid vom 17. Oktober 2000 ein Bemessungsentgelt von 590,00 DM wöchentlich zugrunde, was zu einer Leistungshöhe von wöchentlich 248,57 DM führt. Das Bemessungsentgelt berechnete die Bundesanstalt dergestalt, dass sie die vom Arbeitgeber bescheinigten Arbeitsentgelte von September 1999 bis August 2000 (27920 DM) durch 52 (Anzahl der Arbeitswochen) dividierte und dem so erhaltenden Betrag (536,92 DM) eine 10prozentige Pauschale für Einmalzahlungen (53,69 DM) hinzufügte und so ein Bemessungsentgelt von 590,61 DM feststellte, das sie auf 590 DM rundete.
Am 16. Juni 2000 suchte die Ehefrau des Klägers die Auskunfts- und Beratungsstelle (A- und B-Stelle) der Beklagten in Potsdam auf und bat um Darlegung der Auswirkungen der für den Kläger ab Januar 2001 geltenden Hinzuverdienstgrenze.
Mit Bescheid vom 04. Dezember 2000 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers ab 01. Januar 2001 neu und begrenzte sie wegen des Hinzuverdienstes dahingehend, dass sie nur in Höhe von zwei Dritteln zu leisten sei. Die monatliche Hinzuverdienstgrenze betrage für den Kläger nach den von ihm im letzten Jahr vor Eintritt der Berufsunfähigkeit erzielten 1,0887 Entgeltpunkten 2415,44 DM. Das der Sozialleistung des Klägers zugrunde gelegte Bemessungsentgelt jedoch betrage monatlich 2556,60 DM, so dass gemäß § 96 a Abs. 2 Ziffer b Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) die Rente auf zwei Drittel zu kürzen sei. Für eine volle Rentenhöhe gemäß Ziffer c sei die Hinzuverdienstgrenze überschritten, nicht jedoch für eine Rente in Höhe von zwei Dritteln gemäß Ziffer b. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2001 zurück. Hiergegen hat sich die am 28. Februar 2001 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet, mit der der Kläger vorgetragen hat, ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im Jahr sei unschädlich. Würden die Sonderzahlungen bei den jeweiligen Monaten, nicht jedoch im gesamten Jahr berücksichtigt, blieben sie außer Betracht. Das Ergebnis, dass er aufgrund der Regelungen des nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlichen Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes nunmehr laufend die Hinzuverdienstgrenze überschreite, sei nicht hinnehmbar.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 04. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2001 eine ungekürzte Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Mit Urteil vom 26. März 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Berechnungsweise der Beklagten entspreche dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. § 96 a Abs. 3 Satz 3 SGB VI a. F. regele, dass als Hinzuverdienst bei einer Sozialleistung das dieser zugrundeliegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen sei. Es sei unstreitig, dass das Arbeitslosengeld des Klägers nach einem Bemessungsentgelt von 590 DM monatlich geleistet werde, so dass die Beklagte dies bei der Berechnung der Hinzuverdienstgrenze zu berücksichtigen habe. Die Berechnung der Bundesanstalt entspräche den Festlegungen des Bundesverfassungsgerichts für Einmalzahlungen.
Gegen dieses, dem Kläger am 09. April 2002 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 07. Mai 2002. Durch die Praxis der Rentenversicherungsträger ergebe sich das Ergebnis, dass Empfänger einer Rente wegen Berufsunfähigkeit, die daneben Arbeitslosengeld bezögen, ungünstiger dastünden, als Berufsunfähigkeitsrentner, die daneben Arbeitsentgelt bezögen. Bei Arbeitnehmern nämlich würden Sonderzahlungen, die jährlich wiederkehrten, zweimal pro Jahr unberücksichtigt bleiben. Diese Schlechterstellung sei mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz nicht beabsichtigt, eine entsprechende Anpassung des § 96 a Abs. 1 Satz 2 SGB VI sei vom Gesetzgeber unterlassen worden, weil er das Problem nicht erkannt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. März 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, den Kläger betreffend, verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Vollrente, sondern lediglich Anspruch auf Gewährung einer Teilrente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. Januar 2001.
Gemäß § 313 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 96 a SGB VI (beide in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung) betrug die Hinzuverdienstgrenze für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von zwei Dritteln (§ 313 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b SGB VI) das 70fache des aktuellen Rentenwertes (§ 68), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten. Für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe (§ 313 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI) betrug die Hinzuverdienstgrenze das 52,5fache des entsprechend berechneten Wertes.
Der Kläger hat Entgelt erzielt, dass das 52,5fache, nicht jedoch das 70fache der dargelegten Formel erreicht, so dass seine Rente in Höhe von zwei Dritteln zu gewähren ist.
Gemäß § 96 a Abs. 3 Satz 1 Ziffer 4 SGB VI stehen bei der Feststellung des Hinzuverdienstes dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen der Bezug der in § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - (SGB IV) genannten Sozialleistungen gleich. In § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV wird das Arbeitslosengeld als Erwerbsersatzeinkommen aufgelistet, ist also im Rahmen des § 96 a SGB VI grundsätzlich als Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Gemäß § 96 a Abs. 3 Satz 3 SGB VI ist als Hinzuverdienst das der Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.
Aufgrund des Bewilligungsbescheides des Arbeitsamtes Potsdam vom 17. Oktober 2000 steht fest, dass der, wie dargelegt, zu berücksichtigenden Sozialleistung Arbeitslosengeld ein Bemessungsentgelt von 590 DM wöchentlich zugrunde liegt. Diese zwingende und nicht interpretationsfähige gesetzliche Vorschrift hat die Beklagte, wie ihr durch Art. 20 Grundgesetz - GG - geboten, rechnerisch richtig - wie zwischen den Beteiligten unstreitig - mit dem Ergebnis angewandt, dass sie zu der vorgenommenen Rentenkürzung führt.
Der Senat sieht weder Veranlassung, die Frage, ob diese gesetzliche Regelung dem Grundgesetz widerspricht, dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG zur Prüfung vorzulegen und das Verfahren auszusetzen, noch im Wege einer verfassungsmäßigen Interpretation eine Regelungslücke dahingehend zu erkennen und zu schließen, dass der Gesetzgeber es versäumt hätte, nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Einmalzahlungen und deren Ausführung den § 96 a SGB VI dahingehend zu novellieren, dass dessen Abs. 3 Satz 1 so geändert wird, dass die Einmalzahlungen vom Bemessungsentgelt ausgenommen werden. Der Senat teilt die Auffassung der Bevollmächtigten des Klägers, dass durch die dargelegte gesetzliche Regelung das Ergebnis eintritt, dass Bezieher von Arbeitseinkommen, die zweimal jährlich einmalige Zuwendungen zum Arbeitsentgelt erhalten, weiter volle Rente wegen Erwerbsminderung beziehen können, während Bezieher von Erwerbsersatzeinkommen dies nicht können. Das Ergebnis ist, dass bei dem gleichen Jahreseinkommen in einem Fall ungekürzte Rente wegen Erwerbsminderung bezogen wird, im andern hingegen nicht. Ob dieses Ergebnis sinnvoll ist oder nicht, hat der Senat nicht zu beurteilen, von seiner Verfassungswidrigkeit jedoch ist er nicht überzeugt.
Das Grundgesetz verbietet, Gleiches willkürlich ungleich und Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (BVerfGE 4, 144 [155]). Diese Voraussetzungen liegen jedoch hier nicht vor. Denn die Ungleichbehandlung ist nicht willkürlich. Insoweit ist es zunächst Aufgabe des Gesetzgebers selbst, die Grenzen der Ungleichbehandlung zu bestimmen (BVerfGE 36, 31 [330]). Erst wenn sich keine plausiblen Gründe für die in der Norm getroffene Abwägung finden lassen, kann der Gleichheitssatz verletzt sein (BVerfG a.a.O.). Hier handelt es sich in dem einen Fall um Erwerbseinkommen, das von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erzielt wird, ohne dass hierdurch die Solidargemeinschaft der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der gesetzlichen Sozialversicherung belastet wird. Im andern Fall jedoch - hier dem des Klägers - wird Erwerbsersatzeinkommen aus der gesetzlichen Sozialversicherung erzielt, das Einkommen belastet also - ebenso wie daraus ggf. zu entrichtende Versicherungsbeiträge (§ 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) - die Beitragszahler dieser Versicherung. Wenn dann zum einen durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz gewährleistet wird, dass das Entgelt - für das der Versicherte selbst Beiträge entrichtet hat - auch insoweit es sich um Einmalzahlungen handelt, der Sozialleistung zugrunde gelegt, diese also dadurch erhöht wird und zum anderen dann konsequent auch bei der Prüfung der Anrechnung auf eine andere Sozialleistung der gesetzlichen Sozialversicherung das volle, also durch Einmalzahlungen erhöhte Arbeitsentgelt zugrunde gelegt wird, so liegt für diese Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund vor, der nicht als willkürlich oder völlig unvernünftig anzusehen ist. Er liegt vielmehr im Bereich des weiten gesetzgeberischen Ermessens im Bereich der Sozialversicherung.
Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen letztlich nicht zugunsten des Klägers durch.
Ausgehend vom In-Kraft-Treten des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 zum 01. Januar 2001 könnte ein Fall unechter Rückwirkung dergestalt vorliegen, dass ein zurückliegender Sachverhalt - der Verdienst des Klägers - nunmehr anders bewertet wird, ohne dass der Kläger Gelegenheit hatte - etwa durch Verkürzung der Arbeitszeit - sein Verhalten darauf einzurichten. Tatsächlich aber hat der Gesetzgeber des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes lediglich vollständig das umgesetzt, was das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 24. Mai 2000 - 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99) zuvor ihm aufgegeben hatte. Von daher hatte der Kläger Gelegenheit, sich auf die bevorstehende Rechtsänderung einzustellen, zum Beispiel sein Arbeitsverhältnis von Juni 2000 bis August 2000 zu beenden oder zu verkürzen.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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