Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 8 An 9/94
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 77/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. August 1994 hinsichtlich der Kostenentscheidung unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt geändert: Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge zu vier Fünfteln zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich noch dagegen, dass die Beklagte die im Zeitraum vom 01. September 1956 bis 17. März 1990 erzielten Arbeitsentgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) für Zeiträume vor dem 01. Juli 1993 begrenzt hat.
Der im ... 1927 geborene Kläger war im fraglichen Zeitraum als Bauingenieur, Betriebsdirektor, Bezirksbaudirektor und wiederum als Betriebsdirektor tätig. Mit Bescheid vom 22. September 1993 stellte die Beklagte die Zeit vom 01. September 1956 bis 30. Juni 1990 als Zeiten von der Zugehörigkeit zu Zusatzversorgungssystemen fest und begrenzte gleichzeitig die bescheinigten Arbeitsentgelte. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 1994 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 25. Januar 1994 Klage beim Sozialgericht Cottbus erhoben, welche unter dem Aktenzeichen S 8 An 6/94 eingetragen worden ist. Er hat die Begrenzung als eine Bestrafung aufgrund einer undifferenzierten Schuldvermutung angesehen, die seine Menschenwürde verletze. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 24. März 1994 erlassen, der seinem Inhalt nach dem angefochtenen Bescheid vom 22. September 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Januar 1994 abgeändert hatte.
Mit Urteil vom 11. August 1994 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe das für sie verbindliche Recht zutreffend angewandt. Dieses verstoße zur Überzeugung der erkennenden Kammer auch nicht gegen das Grundgesetz.
Gegen dieses, dem Kläger am 24. August 1994 zugestellte Urteil richtet sich die am 09. September 1994 eingelegte Berufung.
Mit Beschluss vom 09. Juni 1997 hat das Landessozialgericht im Einverständnis aller Beteiligten im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995 (4 RA 98/94 und 4 RA 1/95) das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 ( 1 BvL 22/95) und dem diese umsetzenden Zweiten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungsgesetz) vom 27. Juli 2001 hat die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2002 den Feststellungsbescheid vom 27. Januar 1997 ergänzt und auf Leistungszeiträume bereits ab 01. Juli 1993 erweitert.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Vortrag, für den Zeitraum vom 01. April 1991 bis 30. Juni 1993 bestimmte die Kürzung seiner Arbeitsentgelte fort. Er betrachte trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Begrenzungsregelung für die Zeit bis Juni 1993 als nicht gerechtfertigt.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. August 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 22. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Januar 1994 sowie der Bescheide vom 24. März 1994, 27. Januar 1997 und 18. Februar 2002 zu verpflichten, die im Zeitraum vom 01. September 1956 bis 17. März 1990 erzielten Arbeitsentgelte auch für Zeiträume vor dem 01. Juli 1993 ohne Begrenzung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält sie, soweit der Kläger nicht durch den Ausführungsbescheid zum 2. AAÜG-Änderungsgesetz klaglos gestellt ist, für unbegründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist in der Hauptsache unbegründet; lediglich in Bezug auf die Kostenentscheidung hat sie weitgehend Erfolg. Soweit das Sozialgericht ausgehend vom damals geltenden Recht die Klage vollständig abgewiesen hatte, ist der Kläger nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und dem 2. AAÜG-ÄndG für Zeiträume bis zum 30. Juni 1993 klaglos gestellt worden. Soweit er darüber hinaus Leistungen begehrt, ist die Berufung unbegründet. Die Beklagte hat, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, mit dem Bescheid vom 18. Februar 2002 das 2. AAÜG-Änderungsgesetz gemäß dem Willen des Gesetzgebers angewandt.
An der Verfassungskonformität des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes zu zweifeln, besteht nicht der geringste Anlass: Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Urteil vom 28. April 1999 (1 BvL 22/95) bereits im Tenor unter Abs. 1 festgestellt, dass die Regelungen des § 6 Abs. 2 AAÜG seit dem 01. Juli 1993 mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar seien. Unter Ziffer 2 des Tenors wird der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30. Juni 2001 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. In den Entscheidungsgründen dieses Urteils heißt es auf Seite 42 unter Ziffer C wörtlich:
"§ 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des Rentenüberleitungs-ergänzungsgesetzes war bis zum 30. Juni 1993 verfassungsmäßig. Danach verstießen sie gegen das Grundgesetz".
Zu der Begrenzung auf 30. Juni 1993 führt das Bundesverfassungsgericht auf Seite 29 unter Ziffer D aus, bis zu dem genannten Datum müsse dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen nach der Wiedervereinigung eingeräumt werden. In dieser Zeit dürfe er sich mit größeren Typisierungen und Generalisierungen begnügen und damit einhergehende Härten und Ungerechtigkeiten gäben erst dann Anlass zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der Gesetzgeber seine Regelungen nicht anhand inzwischen möglicher Erkenntnisse und Erfahrungen überprüft und auf den Versuch einer sachgerechteren Lösung verzichtet.
Diesen Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber durch das 2. AAÜG-Änderungsgesetz vom 27. Juli 2001 (Bundesgesetzblatt I S. 1939 ff.) Rechnung getragen.
Somit hat der Kläger genau das erhalten, was vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich geboten festgestellt wurde; der Gesetzgeber hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt.
Von daher war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Senat sieht davon ab, dem Kläger Kosten gemäß § 192 i. V. m. § 184 SGG aufzuerlegen. Zwar liegen die Voraussetzungen hierfür vor, nachdem dem Kläger im Erörterungstermin vom 20. September 2002 die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dargelegt wurde, vor, dennoch sieht der Berichterstatter hiervon ab, da der Kläger den Eindruck machte, er sei trotz seiner akademischen Vorbildung nicht in der Lage, die Systematik dieser Regelungen geistig zu durchdringen. Da der Begriff der Missbräuchlichkeit, wie er in § 192 Abs. 1 Ziffer 2 SGG verwandt wird, jedoch ein subjektives Element erhält, nämlich das, dass entgegen besseren Wissens ein Rechtsstreit fortgesetzt wird und der Kläger zur Einsicht in dieses Wissen nicht fähig ist, wird von einer entsprechenden Kostenauferlegung abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich noch dagegen, dass die Beklagte die im Zeitraum vom 01. September 1956 bis 17. März 1990 erzielten Arbeitsentgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) für Zeiträume vor dem 01. Juli 1993 begrenzt hat.
Der im ... 1927 geborene Kläger war im fraglichen Zeitraum als Bauingenieur, Betriebsdirektor, Bezirksbaudirektor und wiederum als Betriebsdirektor tätig. Mit Bescheid vom 22. September 1993 stellte die Beklagte die Zeit vom 01. September 1956 bis 30. Juni 1990 als Zeiten von der Zugehörigkeit zu Zusatzversorgungssystemen fest und begrenzte gleichzeitig die bescheinigten Arbeitsentgelte. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 1994 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 25. Januar 1994 Klage beim Sozialgericht Cottbus erhoben, welche unter dem Aktenzeichen S 8 An 6/94 eingetragen worden ist. Er hat die Begrenzung als eine Bestrafung aufgrund einer undifferenzierten Schuldvermutung angesehen, die seine Menschenwürde verletze. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 24. März 1994 erlassen, der seinem Inhalt nach dem angefochtenen Bescheid vom 22. September 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Januar 1994 abgeändert hatte.
Mit Urteil vom 11. August 1994 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe das für sie verbindliche Recht zutreffend angewandt. Dieses verstoße zur Überzeugung der erkennenden Kammer auch nicht gegen das Grundgesetz.
Gegen dieses, dem Kläger am 24. August 1994 zugestellte Urteil richtet sich die am 09. September 1994 eingelegte Berufung.
Mit Beschluss vom 09. Juni 1997 hat das Landessozialgericht im Einverständnis aller Beteiligten im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995 (4 RA 98/94 und 4 RA 1/95) das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 ( 1 BvL 22/95) und dem diese umsetzenden Zweiten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungsgesetz) vom 27. Juli 2001 hat die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2002 den Feststellungsbescheid vom 27. Januar 1997 ergänzt und auf Leistungszeiträume bereits ab 01. Juli 1993 erweitert.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Vortrag, für den Zeitraum vom 01. April 1991 bis 30. Juni 1993 bestimmte die Kürzung seiner Arbeitsentgelte fort. Er betrachte trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Begrenzungsregelung für die Zeit bis Juni 1993 als nicht gerechtfertigt.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. August 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 22. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Januar 1994 sowie der Bescheide vom 24. März 1994, 27. Januar 1997 und 18. Februar 2002 zu verpflichten, die im Zeitraum vom 01. September 1956 bis 17. März 1990 erzielten Arbeitsentgelte auch für Zeiträume vor dem 01. Juli 1993 ohne Begrenzung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält sie, soweit der Kläger nicht durch den Ausführungsbescheid zum 2. AAÜG-Änderungsgesetz klaglos gestellt ist, für unbegründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist in der Hauptsache unbegründet; lediglich in Bezug auf die Kostenentscheidung hat sie weitgehend Erfolg. Soweit das Sozialgericht ausgehend vom damals geltenden Recht die Klage vollständig abgewiesen hatte, ist der Kläger nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und dem 2. AAÜG-ÄndG für Zeiträume bis zum 30. Juni 1993 klaglos gestellt worden. Soweit er darüber hinaus Leistungen begehrt, ist die Berufung unbegründet. Die Beklagte hat, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, mit dem Bescheid vom 18. Februar 2002 das 2. AAÜG-Änderungsgesetz gemäß dem Willen des Gesetzgebers angewandt.
An der Verfassungskonformität des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes zu zweifeln, besteht nicht der geringste Anlass: Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Urteil vom 28. April 1999 (1 BvL 22/95) bereits im Tenor unter Abs. 1 festgestellt, dass die Regelungen des § 6 Abs. 2 AAÜG seit dem 01. Juli 1993 mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar seien. Unter Ziffer 2 des Tenors wird der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30. Juni 2001 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. In den Entscheidungsgründen dieses Urteils heißt es auf Seite 42 unter Ziffer C wörtlich:
"§ 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des Rentenüberleitungs-ergänzungsgesetzes war bis zum 30. Juni 1993 verfassungsmäßig. Danach verstießen sie gegen das Grundgesetz".
Zu der Begrenzung auf 30. Juni 1993 führt das Bundesverfassungsgericht auf Seite 29 unter Ziffer D aus, bis zu dem genannten Datum müsse dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen nach der Wiedervereinigung eingeräumt werden. In dieser Zeit dürfe er sich mit größeren Typisierungen und Generalisierungen begnügen und damit einhergehende Härten und Ungerechtigkeiten gäben erst dann Anlass zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der Gesetzgeber seine Regelungen nicht anhand inzwischen möglicher Erkenntnisse und Erfahrungen überprüft und auf den Versuch einer sachgerechteren Lösung verzichtet.
Diesen Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber durch das 2. AAÜG-Änderungsgesetz vom 27. Juli 2001 (Bundesgesetzblatt I S. 1939 ff.) Rechnung getragen.
Somit hat der Kläger genau das erhalten, was vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich geboten festgestellt wurde; der Gesetzgeber hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt.
Von daher war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Senat sieht davon ab, dem Kläger Kosten gemäß § 192 i. V. m. § 184 SGG aufzuerlegen. Zwar liegen die Voraussetzungen hierfür vor, nachdem dem Kläger im Erörterungstermin vom 20. September 2002 die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dargelegt wurde, vor, dennoch sieht der Berichterstatter hiervon ab, da der Kläger den Eindruck machte, er sei trotz seiner akademischen Vorbildung nicht in der Lage, die Systematik dieser Regelungen geistig zu durchdringen. Da der Begriff der Missbräuchlichkeit, wie er in § 192 Abs. 1 Ziffer 2 SGG verwandt wird, jedoch ein subjektives Element erhält, nämlich das, dass entgegen besseren Wissens ein Rechtsstreit fortgesetzt wird und der Kläger zur Einsicht in dieses Wissen nicht fähig ist, wird von einer entsprechenden Kostenauferlegung abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
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