Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 6 KN 135/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 KN 13/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. März 2001 wird zurückgewiesen, die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine höhere Altersrente.
Die am ... 1936 geborene Klägerin war vom 15. April 1971 bis 31. Dezember 1992 bei der Deutschen Reichsbahn/Deutsche Bahn AG beschäftigt. Die Klägerin trat der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR) nicht bei.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin Altersrente antragsgemäß wegen Arbeitslosigkeit ab 01. September 1996 und berücksichtigte in dem Zeitraum vom 15. April 1971 bis 30. Juni 1990 die erzielten Arbeitsentgelte nur bis zur in der DDR geltenden Bemessungsgrenze von 600 Mark monatlich; Rentenbescheid vom 13. August 1996.Die Rentenhöhe (Zahlbetrag) betrug 1.450,05 DM am 01. September 1996 nach dem Rentenbescheid vom 05. Oktober 1999).
Die Klägerin legte hiergegen am 01. Oktober 1996 Widerspruch mit der Begründung ein, bei der Rentenberechnung seien die Anwartschaften aus der Altersversorgung der Deutschen Reichsbahn für alle Eisenbahnerjahre bezüglich eines Steigerungssatzes von 1,5 % nicht berücksichtigt worden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 02. September 1999 wurde der Rentenbescheid vom 13. August 1996 "teilweise aufgehoben", weil ab Rentenbeginn eine Vergleichsberechnung gemäß Art. 2 § 5 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) unter Beachtung des Art. 2 § 35 RÜG vorzunehmen sei. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Dem Rentenbescheid vom 13. August 1996 habe nur die Anwendung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI), nicht jedoch Art. 2 RÜG zugrunde gelegen, was nachzuholen sei. Für die Berechnung der Rente nach dem SGB VI könne die Zeit bei der Deutschen Reichsbahn/Deutschen Bahn AG jedoch keine besondere steigernde Berücksichtigung finden. Zugunsten der Klägerin ergebe sich auch nichts anderes aus Urteilen vom 10. November 1998 des Bundessozialgerichts (BSG; B 4 RA 32/98 R und B 4 RA 33/98 R).
Die Beklagte errechnete unter dem 05. Oktober 1999 eine Monatsrente nach dem Übergangsrecht für das Beitrittsgebiet für die Klägerin. Die Monatsrente hätte nach Übergangsrecht am 31. Dezember 1991 DM 1.080,00 betragen; Bescheid vom 20. Oktober 1999; wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 208 bis 211 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Die Klägerin hat am 01. Oktober 1999 Klage vor dem Sozialgericht Cottbus erhoben und u.a. die Berücksichtigung eines Steigerungssatzes von 1,5 % für ihre Arbeitsjahre bei der Deutschen Reichsbahn geltend gemacht.
Die Beteiligten haben sich im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. März 2001 dahingehend geeinigt, dass die von der Klägerin im Zeitraum vom 15. April 1971 bis 31. Dezember 1973 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen, weil nach den geltenden Rechtsvorschriften auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) die Klägerin keinen Anspruch habe, dass für ihre Rentenberechnung ab 01. Januar 1974 höhere Arbeitsentgelte zu berücksichtigen seien. Die Klägerin gehöre nicht zum berechtigten Personenkreis i.S. BSG, denn sie sei zum 01. Januar 1974 noch keine 10 Jahre Angehörige der Deutschen Reichsbahn gewesen und habe deshalb noch keine Ansprüche aus der Eisenbahnerversorgung vom 18. Oktober 1956 (GBl. I Nr. 101) erwerben können; wegen der Einzelheiten des Urteils vom 21. März 2001wird auf Bl. 27 bis 32 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das am 29. März 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. April 2001 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt, ihr Begehren weiter verfolgt und ergänzend vorgetragen, das BSG führe zwar in seiner Entscheidung u.a. aus, dass eine zehnjährige Zugehörigkeit vor 1974 bei der Deutschen Reichsbahn hätte vorliegen müssen, dies widerspreche jedoch Sinn und Zweck der Entscheidung. Die zehnjährige Zugehörigkeit zur Deutschen Reichsbahn vor 1974 werde wiederholt als Argument dafür gebraucht, eine Rentenerhöhung abzulehnen. Das Sozialgericht Berlin (S 18 RA 3861/00) habe im Urteil vom 09. April 2001 zutreffend entschieden, dass auf ein Arbeitsrechtsverhältnis vor dem 01. Januar 1974 abzustellen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. März 2001 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 13. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. September 1999 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli 1997 bis zum 01. Juli 2001 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Rentenberechnung vom Januar 1974 bis 30. Juni 1990 über das bereits sozialversicherungspflichtige Entgelt von 600 DM hinaus weitere sozialversicherungspflichtige Entgelte bis zu einer monatlichen Bemessungsgrenze von insgesamt 1.250 DM zu berücksichtigen und der Klägerin eine höhere Altersrente ab 01. September 1996 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Mit den Beteiligten hat am 04. April 2002 ein Erörterungstermin stattgefunden, in dem die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. April 2001 ( Az.: S 18 RA 3861/00) ist zu den Gerichtsakten genommen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten (VSNR: ...) Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht hat ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil die Beteiligten dem zugestimmt haben; §§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Beklagten erlassenen Verwaltungsentscheidungen (Rentenbescheid vom 13. August 1996; Widerspruchsbescheid vom 02. September 1999) sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies gilt auch für die nachfolgenden Rentenanpassungen.
Die Klägerin hat für die Zeit ab 01. Januar 1974 keinen Anspruch auf Berücksichtigung von weiteren sozialversicherungspflichtigen Entgelten oberhalb von 600 Mark monatlich.
Die Beklagte hat zutreffend für die Klägerin als sogenannte Zugangsrentnerin die Rentenberechnung gemäß § 256 a SGB VI durchgeführt. Diese Vorschrift ergänzt die Bestimmung der §§ 63 ff. SGB VI für Rentenberechtigte, deren Recht auf Rente - wie bei der Klägerin - nach dem 01. Januar 1992 entstanden ist (sogenannte Zugangsrenten), soweit der Wert ihres Rechts auf Beitragszeiten beruht, die - wie bei der Klägerin - gemäß § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichgestellt sind. Die Vorschrift ist für den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis der früher eisenbahnversorgten Zugangsrentner die maßgebliche Rechtsgrundlage zur Bestimmung des Versicherungsgegenstandes und damit Grundlage zur Ermittlung der individuellen Komponente des Wertes der ihr zuerkannten Altersrente (BSG - B 4 RA 33/98 R = SozR 3-2600 § 256 a Nr. 3). Für Personen, die Zeiten in der Sozialversicherung der DDR - der FZR der DDR gehörte die Klägerin nicht an - zurückgelegt haben, sind persönliche Entgeltspunkte nach § 256 a SGBVI zu ermitteln. Hierzu gehörte die eisenbahnversorgte Klägerin, die in der Sozialversicherung der DDR (pflicht-)versichert war.
Nach § 256 a SGB VI ist "für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet" nach dem 08. Mai 1945 zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte der in der DDR erzielte Verdienst des Einzelnen bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze in der Anlage 2 zum SGB VI abschnittsweise (hier nach Kalenderjahren) dem Versichertendurchschnittsentgelt aller in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten gegenüber zu stellen. Da sich dieses Durchschnittsentgelt aus den in den alten Bundesländern erzielten (versicherten) "Durchschnittsentgelten" errechnet, in der DDR aber ein wesentlich niedriges Lohnniveau bestand, sind die in der DDR erzielten individuellen Verdienste zunächst mit den Werten der Anlage 10 SGB VI zu vervielfältigen, das heißt hochzuwerten, um ihre Vergleichbarkeit mit den entsprechenden (höheren) West-Durchschnittsentgelten herzustellen. Dies hat die Beklagte bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Klägerin für den geltend gemachten Zeitraum zutreffend getan. Sie hat sämtliche Versicherungsentgelte der Klägerin entsprechend den Angaben in den Sozialversicherungsausweisen berücksichtigt und mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigt.
Der Klägerin steht keine höhere Rente zu. Die von ihr auf der Grundlage des Urteils des SG Berlin vom 09. April 2001 (S 18 R 3861/00) vertretene Auffassung hat der Gesetzgeber verworfen. Er hat die Rechtsprechung des BSG (B 4 RA 32/98 R, B 4 RA 33/98 R) umgesetzt. Nach § 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI gelten für Zeiten der Beschäftigung u.a. bei der Deutschen Reichsbahn vom 01. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst, bis zu 650 DM monatlich, Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung als gezahlt, wenn ein Beschäftigungsverhältnis u.a. bei der Deutschen Reichsbahn am 01. Januar 1974 bereits 10 Jahre ununterbrochen bestanden hat. Diese Regelung hat der Gesetzgeber durch das 2. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 27. Juli 2001 (2. AAÜG-ÄndG – BGBl. I S. 1939 ff.) nach Art. 13 Abs. 12 1. Halbsatz dieses Gesetzes mit Wirkung vom 01. Dezember 1998 in Kraft gesetzt. Nach Art. 13 Abs. 12 2. Halbsatz 2. AAÜG-ÄndG gilt: Soweit am 10. November 1998 ein Rentenbescheid mit Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Reichsbahn oder bei der Deutschen Post noch nicht bindend bewilligt war, tritt u.a. Art. 2 Nr. 2 AAÜG-ÄndG - § 256 a Abs. 2 SGB VI - mit Wirkung vom 01. Januar 1992 in Kraft.
§ 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG findet auf die Klägerin keine Anwendung, weil sie nicht bei der Deutschen Reichsbahn am 01. Januar 1974 bereits 10 Jahre ununterbrochen in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, sondern erst ab 15. April 1971 für die Deutsche Reichsbahn tätig geworden ist.
Der Gesetzgeber hat den Regelungsgehalt von § 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI nach dem Wortlaut eindeutig und verfassungskonform bestimmt. Der Gesetzgeber hat zutreffend berücksichtigt (vgl. Bundesratsdrucksache 3/01 vom 05. Januar 2001; Begründung zu Art. 2, Nr. 2 (§ 256 a), S. 26), dass die Versorgungsordnungen von 1973 einen Vertrauensschutz auf die 1956 eingeführte "Alte Versorgung" nur für langjährig bei der Deutschen Reichsbahn oder bei der Deutschen Post Beschäftigte vorsah.
Die Klägerin kann auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Grundgesetz (GG) mit dem vorgenannten Personenkreis nicht gleichgestellt werden. Soweit die Klägerin Anwartschaften nach der Eisenbahnerversorgung gleichwohl aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit bei der Deutschen Reichsbahn erworben hatte, sind diese durch einen Anspruch auf eine SGB VI - Rente ersetzt worden. Dies ist nach Auffassung auch des 2. Senats dieses Gerichts (Urteil vom 10. Mai 2000 - L 2 RJ 115/96) in der sich dieser und der nunmehr darüber zu befindende Senat durch ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestätigt sehen, mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. BSG - B 4 RA 33/98 R).
Darüber hinaus ist ein Verstoß gegen Art. 14 GG (Eigentumsschutz), worunter auch Rentenanwartschaften fallen (u.a. BVerfGE 69, 272 ff.), nicht gegeben. Die Vergleichsberechnung der Beklagten durch Bescheid vom 20. Oktober 1999 macht hinreichend deutlich, dass bei Anwendung der Vorschriften des RÜG und Berücksichtigung von 22 Arbeitsjahren mit dem Faktor von 1,5 v.H. bei der Klägerin (nur) ein Rentenzahlbetrag am 31. Dezember 1991 von 1.080 DM zu errechnen gewesen ist. Dem gegenüber betrug die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zum 01. September 1996 1.450,05 Mark (Zahlbetrag).
Die Berücksichtigung eines Anspruchs auf Änderung des Rentenartfaktors bzw. des Zugangsfaktors in einen Steigerungsfaktor 1,5 sieht das Gesetz nicht vor. Der nach den Berechnungsvorschriften der Sozialversicherungsrente der DDR vorgesehene Steigerungsbetrag für jedes Jahr der ununterbrochenen Dienstzeit bei der Deutschen Reichsbahn von 1,5 v. H. des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes der 20 Kalenderjahre vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit (§ 2 Abs. 4 VSO-DR) ist auf eine Rente nach dem SGB VI nicht übertragen worden, wie das LSG für das Land Brandenburg schon mehrfach entschieden ( u.a. Az.: L 2 RJ 115/96) hat, vom BSG ( z.B. 4 RA 25/98 R) bestätigt worden ist und es den Intentionen des Gesetzgebers entspricht (vgl. Bundesrat Drucksache a.a.O.). Dafür gab es aus Sicht des Gesetzgebers auch keinen Grund, denn die Rente nach dem SGB VI berechnet sich nach anderen Grundsätzen als die nach dem Sozialversicherungsrecht der DDR, deren Berechnungselemente insgesamt nicht übernommen werden sollten. Die Eisenbahnerverordnung ist zudem mit Ablauf des 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten (Anlage II zum Einigungsvertrag Kap. VIII, Sachgebiet H, Abschnitt III Nr. 2).
Nach alledem bleibt die Berufung und die Klage der Klägerin ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen; § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine höhere Altersrente.
Die am ... 1936 geborene Klägerin war vom 15. April 1971 bis 31. Dezember 1992 bei der Deutschen Reichsbahn/Deutsche Bahn AG beschäftigt. Die Klägerin trat der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR) nicht bei.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin Altersrente antragsgemäß wegen Arbeitslosigkeit ab 01. September 1996 und berücksichtigte in dem Zeitraum vom 15. April 1971 bis 30. Juni 1990 die erzielten Arbeitsentgelte nur bis zur in der DDR geltenden Bemessungsgrenze von 600 Mark monatlich; Rentenbescheid vom 13. August 1996.Die Rentenhöhe (Zahlbetrag) betrug 1.450,05 DM am 01. September 1996 nach dem Rentenbescheid vom 05. Oktober 1999).
Die Klägerin legte hiergegen am 01. Oktober 1996 Widerspruch mit der Begründung ein, bei der Rentenberechnung seien die Anwartschaften aus der Altersversorgung der Deutschen Reichsbahn für alle Eisenbahnerjahre bezüglich eines Steigerungssatzes von 1,5 % nicht berücksichtigt worden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 02. September 1999 wurde der Rentenbescheid vom 13. August 1996 "teilweise aufgehoben", weil ab Rentenbeginn eine Vergleichsberechnung gemäß Art. 2 § 5 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) unter Beachtung des Art. 2 § 35 RÜG vorzunehmen sei. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Dem Rentenbescheid vom 13. August 1996 habe nur die Anwendung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI), nicht jedoch Art. 2 RÜG zugrunde gelegen, was nachzuholen sei. Für die Berechnung der Rente nach dem SGB VI könne die Zeit bei der Deutschen Reichsbahn/Deutschen Bahn AG jedoch keine besondere steigernde Berücksichtigung finden. Zugunsten der Klägerin ergebe sich auch nichts anderes aus Urteilen vom 10. November 1998 des Bundessozialgerichts (BSG; B 4 RA 32/98 R und B 4 RA 33/98 R).
Die Beklagte errechnete unter dem 05. Oktober 1999 eine Monatsrente nach dem Übergangsrecht für das Beitrittsgebiet für die Klägerin. Die Monatsrente hätte nach Übergangsrecht am 31. Dezember 1991 DM 1.080,00 betragen; Bescheid vom 20. Oktober 1999; wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 208 bis 211 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Die Klägerin hat am 01. Oktober 1999 Klage vor dem Sozialgericht Cottbus erhoben und u.a. die Berücksichtigung eines Steigerungssatzes von 1,5 % für ihre Arbeitsjahre bei der Deutschen Reichsbahn geltend gemacht.
Die Beteiligten haben sich im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. März 2001 dahingehend geeinigt, dass die von der Klägerin im Zeitraum vom 15. April 1971 bis 31. Dezember 1973 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen, weil nach den geltenden Rechtsvorschriften auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) die Klägerin keinen Anspruch habe, dass für ihre Rentenberechnung ab 01. Januar 1974 höhere Arbeitsentgelte zu berücksichtigen seien. Die Klägerin gehöre nicht zum berechtigten Personenkreis i.S. BSG, denn sie sei zum 01. Januar 1974 noch keine 10 Jahre Angehörige der Deutschen Reichsbahn gewesen und habe deshalb noch keine Ansprüche aus der Eisenbahnerversorgung vom 18. Oktober 1956 (GBl. I Nr. 101) erwerben können; wegen der Einzelheiten des Urteils vom 21. März 2001wird auf Bl. 27 bis 32 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das am 29. März 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. April 2001 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt, ihr Begehren weiter verfolgt und ergänzend vorgetragen, das BSG führe zwar in seiner Entscheidung u.a. aus, dass eine zehnjährige Zugehörigkeit vor 1974 bei der Deutschen Reichsbahn hätte vorliegen müssen, dies widerspreche jedoch Sinn und Zweck der Entscheidung. Die zehnjährige Zugehörigkeit zur Deutschen Reichsbahn vor 1974 werde wiederholt als Argument dafür gebraucht, eine Rentenerhöhung abzulehnen. Das Sozialgericht Berlin (S 18 RA 3861/00) habe im Urteil vom 09. April 2001 zutreffend entschieden, dass auf ein Arbeitsrechtsverhältnis vor dem 01. Januar 1974 abzustellen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. März 2001 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 13. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. September 1999 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli 1997 bis zum 01. Juli 2001 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Rentenberechnung vom Januar 1974 bis 30. Juni 1990 über das bereits sozialversicherungspflichtige Entgelt von 600 DM hinaus weitere sozialversicherungspflichtige Entgelte bis zu einer monatlichen Bemessungsgrenze von insgesamt 1.250 DM zu berücksichtigen und der Klägerin eine höhere Altersrente ab 01. September 1996 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Mit den Beteiligten hat am 04. April 2002 ein Erörterungstermin stattgefunden, in dem die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. April 2001 ( Az.: S 18 RA 3861/00) ist zu den Gerichtsakten genommen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten (VSNR: ...) Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht hat ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil die Beteiligten dem zugestimmt haben; §§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Beklagten erlassenen Verwaltungsentscheidungen (Rentenbescheid vom 13. August 1996; Widerspruchsbescheid vom 02. September 1999) sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies gilt auch für die nachfolgenden Rentenanpassungen.
Die Klägerin hat für die Zeit ab 01. Januar 1974 keinen Anspruch auf Berücksichtigung von weiteren sozialversicherungspflichtigen Entgelten oberhalb von 600 Mark monatlich.
Die Beklagte hat zutreffend für die Klägerin als sogenannte Zugangsrentnerin die Rentenberechnung gemäß § 256 a SGB VI durchgeführt. Diese Vorschrift ergänzt die Bestimmung der §§ 63 ff. SGB VI für Rentenberechtigte, deren Recht auf Rente - wie bei der Klägerin - nach dem 01. Januar 1992 entstanden ist (sogenannte Zugangsrenten), soweit der Wert ihres Rechts auf Beitragszeiten beruht, die - wie bei der Klägerin - gemäß § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichgestellt sind. Die Vorschrift ist für den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis der früher eisenbahnversorgten Zugangsrentner die maßgebliche Rechtsgrundlage zur Bestimmung des Versicherungsgegenstandes und damit Grundlage zur Ermittlung der individuellen Komponente des Wertes der ihr zuerkannten Altersrente (BSG - B 4 RA 33/98 R = SozR 3-2600 § 256 a Nr. 3). Für Personen, die Zeiten in der Sozialversicherung der DDR - der FZR der DDR gehörte die Klägerin nicht an - zurückgelegt haben, sind persönliche Entgeltspunkte nach § 256 a SGBVI zu ermitteln. Hierzu gehörte die eisenbahnversorgte Klägerin, die in der Sozialversicherung der DDR (pflicht-)versichert war.
Nach § 256 a SGB VI ist "für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet" nach dem 08. Mai 1945 zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte der in der DDR erzielte Verdienst des Einzelnen bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze in der Anlage 2 zum SGB VI abschnittsweise (hier nach Kalenderjahren) dem Versichertendurchschnittsentgelt aller in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten gegenüber zu stellen. Da sich dieses Durchschnittsentgelt aus den in den alten Bundesländern erzielten (versicherten) "Durchschnittsentgelten" errechnet, in der DDR aber ein wesentlich niedriges Lohnniveau bestand, sind die in der DDR erzielten individuellen Verdienste zunächst mit den Werten der Anlage 10 SGB VI zu vervielfältigen, das heißt hochzuwerten, um ihre Vergleichbarkeit mit den entsprechenden (höheren) West-Durchschnittsentgelten herzustellen. Dies hat die Beklagte bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Klägerin für den geltend gemachten Zeitraum zutreffend getan. Sie hat sämtliche Versicherungsentgelte der Klägerin entsprechend den Angaben in den Sozialversicherungsausweisen berücksichtigt und mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigt.
Der Klägerin steht keine höhere Rente zu. Die von ihr auf der Grundlage des Urteils des SG Berlin vom 09. April 2001 (S 18 R 3861/00) vertretene Auffassung hat der Gesetzgeber verworfen. Er hat die Rechtsprechung des BSG (B 4 RA 32/98 R, B 4 RA 33/98 R) umgesetzt. Nach § 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI gelten für Zeiten der Beschäftigung u.a. bei der Deutschen Reichsbahn vom 01. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst, bis zu 650 DM monatlich, Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung als gezahlt, wenn ein Beschäftigungsverhältnis u.a. bei der Deutschen Reichsbahn am 01. Januar 1974 bereits 10 Jahre ununterbrochen bestanden hat. Diese Regelung hat der Gesetzgeber durch das 2. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 27. Juli 2001 (2. AAÜG-ÄndG – BGBl. I S. 1939 ff.) nach Art. 13 Abs. 12 1. Halbsatz dieses Gesetzes mit Wirkung vom 01. Dezember 1998 in Kraft gesetzt. Nach Art. 13 Abs. 12 2. Halbsatz 2. AAÜG-ÄndG gilt: Soweit am 10. November 1998 ein Rentenbescheid mit Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Reichsbahn oder bei der Deutschen Post noch nicht bindend bewilligt war, tritt u.a. Art. 2 Nr. 2 AAÜG-ÄndG - § 256 a Abs. 2 SGB VI - mit Wirkung vom 01. Januar 1992 in Kraft.
§ 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG findet auf die Klägerin keine Anwendung, weil sie nicht bei der Deutschen Reichsbahn am 01. Januar 1974 bereits 10 Jahre ununterbrochen in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, sondern erst ab 15. April 1971 für die Deutsche Reichsbahn tätig geworden ist.
Der Gesetzgeber hat den Regelungsgehalt von § 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI nach dem Wortlaut eindeutig und verfassungskonform bestimmt. Der Gesetzgeber hat zutreffend berücksichtigt (vgl. Bundesratsdrucksache 3/01 vom 05. Januar 2001; Begründung zu Art. 2, Nr. 2 (§ 256 a), S. 26), dass die Versorgungsordnungen von 1973 einen Vertrauensschutz auf die 1956 eingeführte "Alte Versorgung" nur für langjährig bei der Deutschen Reichsbahn oder bei der Deutschen Post Beschäftigte vorsah.
Die Klägerin kann auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Grundgesetz (GG) mit dem vorgenannten Personenkreis nicht gleichgestellt werden. Soweit die Klägerin Anwartschaften nach der Eisenbahnerversorgung gleichwohl aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit bei der Deutschen Reichsbahn erworben hatte, sind diese durch einen Anspruch auf eine SGB VI - Rente ersetzt worden. Dies ist nach Auffassung auch des 2. Senats dieses Gerichts (Urteil vom 10. Mai 2000 - L 2 RJ 115/96) in der sich dieser und der nunmehr darüber zu befindende Senat durch ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestätigt sehen, mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. BSG - B 4 RA 33/98 R).
Darüber hinaus ist ein Verstoß gegen Art. 14 GG (Eigentumsschutz), worunter auch Rentenanwartschaften fallen (u.a. BVerfGE 69, 272 ff.), nicht gegeben. Die Vergleichsberechnung der Beklagten durch Bescheid vom 20. Oktober 1999 macht hinreichend deutlich, dass bei Anwendung der Vorschriften des RÜG und Berücksichtigung von 22 Arbeitsjahren mit dem Faktor von 1,5 v.H. bei der Klägerin (nur) ein Rentenzahlbetrag am 31. Dezember 1991 von 1.080 DM zu errechnen gewesen ist. Dem gegenüber betrug die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zum 01. September 1996 1.450,05 Mark (Zahlbetrag).
Die Berücksichtigung eines Anspruchs auf Änderung des Rentenartfaktors bzw. des Zugangsfaktors in einen Steigerungsfaktor 1,5 sieht das Gesetz nicht vor. Der nach den Berechnungsvorschriften der Sozialversicherungsrente der DDR vorgesehene Steigerungsbetrag für jedes Jahr der ununterbrochenen Dienstzeit bei der Deutschen Reichsbahn von 1,5 v. H. des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes der 20 Kalenderjahre vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit (§ 2 Abs. 4 VSO-DR) ist auf eine Rente nach dem SGB VI nicht übertragen worden, wie das LSG für das Land Brandenburg schon mehrfach entschieden ( u.a. Az.: L 2 RJ 115/96) hat, vom BSG ( z.B. 4 RA 25/98 R) bestätigt worden ist und es den Intentionen des Gesetzgebers entspricht (vgl. Bundesrat Drucksache a.a.O.). Dafür gab es aus Sicht des Gesetzgebers auch keinen Grund, denn die Rente nach dem SGB VI berechnet sich nach anderen Grundsätzen als die nach dem Sozialversicherungsrecht der DDR, deren Berechnungselemente insgesamt nicht übernommen werden sollten. Die Eisenbahnerverordnung ist zudem mit Ablauf des 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten (Anlage II zum Einigungsvertrag Kap. VIII, Sachgebiet H, Abschnitt III Nr. 2).
Nach alledem bleibt die Berufung und die Klage der Klägerin ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen; § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG.
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