L 8 AL 7/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 62 AL 4752/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 7/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2001 sowie der Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2000 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 1. April 2000 Arbeitslosengeld für die Dauer von 18 Monaten zu gewähren. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Die 1943 geborene Klägerin ist gelernte Verkäuferin (Textil) und war vom 1. Januar 1983 bis 31. Dezember 1996 als Verkaufshilfe in dem Tabakwaren- und Zeitschriftenladen ihres Ehemannes beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit umfasste 17 Stunden; das monatliche Bruttoarbeitsentgelt betrug 1.000,00 DM. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Vom 1. Januar bis 13. Juli 1997 bezog die Klägerin Krankengeld von der AOK Berlin. Am 15. Juli 1997 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 7. August 1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, die Klägerin habe die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg nicht erfüllt, denn sie habe keine 360 Kalendertage in einer Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden. Ebenso wenig habe sie Zeiten zurückgelegt, die einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe begründen könnten.

Am 1. August 1997 begann die Klägerin wieder bei ihrem Ehemann zu arbeiten. Nach dem dazu geschlossenen Arbeitsvertrag wurde sie als Verkäuferin eingestellt und erhielt bei einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden ein monatliches Bruttoentgelt von 2.554,27 DM. Neben ihrer Verkaufstätigkeit oblag ihr außerdem die Führung der Bücher und der Einkauf von Waren.

Am 1. April 2000 meldete sich die Klägerin erneut nach erneuter arbeitgeberseitiger Kündigung arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Zu dem Leistungsantrag reichte die Klägerin ergänzend einen „Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Beschäftigungen beim Ehegatten“ ein.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte ebenfalls ab (Bescheid vom 5. Juni 2000, Widerspruchsbescheid vom 9. November 2000). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, es fehle an der erforderlichen Anwartschaftszeit, da die Mitarbeit im Geschäft ihres Ehemannes nicht im Rahmen eines die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses bzw. Versicherungspflichtverhältnisses, sondern als familienhafte Mithilfe erfolgt sei; sie habe weisungsfrei und eigenverantwortlich arbeiten können.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gewandt und weiterhin geltend gemacht, mit der ab 1. August 1997 ausgeübten Beschäftigung bei ihrem Ehemann habe sie die Anwartschaftszeit und damit die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg erfüllt. Sie habe regelmäßig vormittags im Geschäft ihres Ehemannes als Verkäuferin gearbeitet, wie auch eine Vielzahl von Kunden auf der eingereichten Liste bestätigt hätten.

Das SG hat die Klägerin im Termin am 31. Oktober 2001 persönlich und den Ehemann der Klägerin als Zeugen zu den Einzelheiten ihrer Mitarbeit im Kiosk ihres Ehemannes gehört.

Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 31. Oktober 2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg gemäß § 117 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), denn sie habe nicht die Anwartschaftszeit gemäß § 123 Abs. 1 SGB III erfüllt, weil sie nicht mindestens 12 Monate als Arbeitnehmer in einem Versicherungspflichtverhältnis in der Rahmenfrist gestanden habe. Ob die Klägerin als Arbeitnehmerin in einem Versicherungspflichtverhältnis nach § 25 Abs. 1 SGB III gestanden habe, beurteile sich nach den dazu entwickelten Grundsätzen, wie sie insbesondere von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelt worden seien. Für die Beschäftigung als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sei mithin entscheidend die persönliche Abhängigkeit. Persönlich abhängig sei bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb der Beschäftigte, der in den Betrieb eingegliedert und einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen sei, das Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung umfasse. Ein Beschäftigungsverhältnis könne auch unter Ehegatten bestehen. Allerdings sei bei einem Ehegattenbeschäftigungsverhältnis die Arbeitnehmereigenschaft ganz besonders dahingehend zu prüfen und dabei auszuschließen, dass der Arbeitsvertrag zum Schein abgeschlossen worden sei, der Ehegatte Mitunternehmer oder Mitgesellschafter des anderen Ehegatten sei oder seine Tätigkeit lediglich eine familienhafte Mithilfe darstelle. Letzteres sei zur Überzeugung des SG anzunehmen. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis setze neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhalte, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstelle, mithin über einen freien Unterhalt hinausgehe. Weitere Abgrenzungskriterien seien nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliege, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt werde, und schließlich und besonders, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetze. Allen einzelnen Umständen komme allerdings nur Indizwirkung zu (Hinweis auf BSG in NZS 1995, 31; BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 11). Für die familienhafte Mithilfe spreche zum einen, dass das Geschäft 1983 zum Teil aus gemeinsamen Mitteln erworben worden sei und auch die Mutter der Klägerin Geld für den Erwerb des Geschäfts beigesteuert habe. Hinzu komme, dass die Klägerin über viele Jahre für ein relativ geringes Entgelt mitgearbeitet habe, auch wenn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine untertarifliche oder erheblich untertarifliche Bezahlung des Ehegatten die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht grundsätzlich ausschließe. Insgesamt spreche dies jedenfalls dafür, dass die Klägerin zunächst auf Grund familienrechtlicher Bindungen in dem Geschäft ihres Ehemannes mitgearbeitet habe. Aber auch die Mitarbeit seit August 1997 auf der Basis eines weitaus höheren Entgeltes spreche zur Überzeugung des SG keinesfalls für ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis. Die Klägerin habe nunmehr für eine geringfügig höhere Arbeitszeit ein Entgelt erhalten, welches wiederum unüblich gewesen sei. Ein solch hohes Entgelt werde üblicherweise familienfremden Mitarbeitern nicht gezahlt und spreche gegen die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin. Es komme hinzu, dass dieses jetzt hohe Arbeitsentgelt aus wirtschaftlicher Sicht nicht begründbar gewesen sei, wenn die Klägerin andererseits während der Zeit ihrer Krankheit und mithin während eines Zeitraums von 8 Monaten durch eine fremde Arbeitskraft nicht ersetzt worden sei, weil eine solche nicht bezahlbar gewesen wäre. Wenn eine fremde Arbeitskraft nicht eingestellt wird, weil diese zu teuer wäre, sei es ausschließlich auf familienhafte Mitarbeit zurückzuführen, dass die Klägerin ein erheblich überdurchschnittliches Arbeitsentgelt erhalten habe, jetzt verbunden mit der Gewissheit, dass mit der veränderten Arbeitszeit der Erwerb einer Anwartschaft möglich würde. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die Klägerin auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit im März 2000 von einer anderen Arbeitskraft nicht ersetzt worden sei und der Ehemann den Betrieb allein weiterführe. Für eine familienhafte Mitarbeit spreche schließlich, dass die Klägerin und ihr Ehemann gemeinsam überlegt und gehandelt hätten, wie den wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung getragen werden könne, um die Kosten zu senken.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin die Gewährung von Alg ab 1. April 2000 beansprucht. Sie sei ordnungsgemäß auf Grund eines Arbeitsvertrages in dem erforderlichen Zeitumfang als Arbeitnehmerin geführt worden und auch entsprechend den vom SG genannten Anforderungen mit ihren Bezügen in den Büchern geführt worden. Entgegen der Annahme des SG sei das Kapital für den Betrieb nur zu einem geringen Teil aus dem gemeinsamen Vermögen der Eheleute und im Wesentlichen durch zwei dem Ehemann der Klägerin gewährte Darlehen seiner Mutter und der Mutter der Klägerin aufgebracht worden. Dass es sich nicht nur um ein zum Schein geschlossenes Arbeitsverhältnis handele, werde durch die in der eingereichten Liste erfolgte Bestätigung einer Vielzahl von Kunden belegt. Die Verringerung von Personalausgaben sei bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein generell angewandtes Mittel und könne den Eheleuten nicht vorgehalten werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. April 2000 für die Dauer von 18 Kalendermonaten Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Stamm-Nr.: ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat für die Zeit ab 1. April 2000 Anspruch auf Alg.

Nach § 117 Abs. 1 SGB III haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und
3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Die Klägerin war seit Beendigung ihrer Tätigkeit in dem Kiosk ihres Ehemannes seit dem 1. April 2000 arbeitslos (§ 118 SGB III); sie hat sich anlässlich ihrer persönlichen Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt Berlin Nord am 31. März 2000 arbeitslos gemeldet (§ 122 SGB III) und sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin hat auch entgegen der Auffassung des SG die gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 3 SGB III für einen Anspruch auf Alg erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt. Denn sie hat in der am 31. März 2000 endenden dreijährigen Rahmenfrist (§ 124 Abs. 1 SGB III) auf Grund der Beschäftigung bei ihrem Ehemann mindestens 12 Monate bei ihrem Ehemann in einem Versicherungspflichtverhältnis (§ 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III) und damit nach Maßgabe des § 127 SGB III unter Beachtung ihres Lebensalters und unter ergänzender Berücksichtigung der Zeit des Krankengeldbezuges (§ 26 Abs. 2 SGB III) einen Anspruch auf Alg für 18 Monate erworben.

Die Mitarbeit der Klägerin im Kiosk ihres Ehemannes in der Zeit vom 1. August 1997 bis 31. März 2000 erfolgte im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (bis 31. Dezember 1997: § 168 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG-) bzw. eines Versicherungspflichtverhältnisses als Arbeitnehmer (ab 1. Januar 1998: § 25 Abs. 1 SGB III) und dient mithin zur Erfüllung der Anwartschaftszeit. Das SG hat dazu zutreffend darauf hingewiesen, nach welchen Grundsätzen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses festzustellen ist und dass diese Kriterien grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen Ehegatten zu beachten sind. Allerdings ist im Hinblick auf die diesen offenstehende weite Gestaltungsfreiheit und die insbesondere auf Grund der familiären Bindung modifizierte Weisungsgebundenheit eine genaue Prüfung im Einzelfall notwendig (BSG, Urteil vom 21. April 1993 - 11 RAr 67/92 = SozR 3-4100 § 168 Nr. 11; Niesel, SGB III, § 25 Rdnr. 24). Maßgeblich sind deshalb nicht nur die vertraglichen Abreden, zu prüfen ist auch die tatsächliche Ausgestaltung.

Festzuhalten ist zunächst, dass nach Auffassung des Senats der Sachverhalt nicht erkennen lässt, der Betrieb des Kiosks stelle ein gemeinschaftliches Unternehmen der Eheleute dar mit der Folge einer (selbständigen) Mitarbeit der Klägerin als Mitunternehmerin. Dagegen spricht die durch Vorlage der betreffenden Verträge belegte Darlehensvergabe nur an den Ehemann durch dessen Mutter sowie die Mutter der Klägerin sowie die aus der Anhörung der Eheleute und dem klägerischen Vorbringen zu entnehmende Wertung und Handhabung seitens der Eheleute.

Die mit dem vorgelegten Arbeitsvertrag getroffene formale Gestaltung und (buchungsmäßige Behandlung der) Entgeltzahlung stellen gewichtige Hinweise auf eine abhängige Beschäftigung dar. Der dem als wesentliches Bedenken gegenüber gestellten Entgelthöhe vermag der Senat jedoch die vom SG angenommene Bedeutung nicht beizumessen. Das SG weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Entgelthöhe mit Blick auf ein „normales“ Beschäftigungsverhältnis und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage sachlich nicht begründet und recht beliebig erscheint und damit eher nicht auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis deutet (vgl. zur Orientierung den Tarifvertrag für den Berliner Einzelhandel, gültig ab 1. Juli 1999, abgeschlossen zwischen dem Gesamtverband des Einzelhandels Land Berlin e.V. und der DAG - Landesverband Berlin/Brandenburg - bzw. der Gewerkschaft HBV Landesbezirk Berlin). Doch sprechen andererseits der Umstand, dass eine geldliche Leistung für erbrachte Arbeit, sofern sie nicht lediglich als Taschengeld anzusehen ist, für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses keine entscheidende Bedeutung hat, selbst wenn sie erheblich untertariflich ist (BSG, Urteil vom 12. September 1996 - 7 RAr 120/95 in Die Beiträge 1997, S. 234 ff.) sowie die Korrekturmöglichkeit für überhöhte Entgelte durch § 112 Abs. 5 Nr. 3 AFG bzw. die Nachfolgevorschrift des § 134 Abs. 2 Nr. 1 SGB III für eine relativ geringe Gewichtung dieses Merkmals. Dies macht deutlich, dass - auch wenn die Entlohnung vergleichbarer fremder Arbeitskräfte ein Gesichtspunkt bei der Prüfung einer abhängigen Beschäftigung darstellt (Niesel, a.a.O.) und die hier vorliegende höchst unterschiedliche Ansetzung der Entgelthöhe darauf hindeutet, dass die Zuordnung des von den Ehegatten erarbeiteten Betriebsergebnisses nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Abgeltung der Arbeitsleistung einer beschäftigten Kraft, sondern auch nach anderen wirtschaftlichen Kriterien mit Blick auf die Verhältnisse der Ehegatten vorgenommen worden ist - jedenfalls vorliegend die Entgelthöhe kein tragendes Argument zur Verneinung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses darstellt.

Im Lichte der daraus deutlich werdenden gesetzgeberischen Entscheidung, Ehegatten in Kenntnis der diesen offenstehenden Gestaltungsmöglichkeiten den Zugang zum sozialen Schutz im Rahmen einer Pflichtversicherung zu gewähren (vgl. zur früher anders lautenden Entscheidung des Gesetzgebers die Versicherungsfreiheit der Ehegattenbeschäftigung in § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes in der bis 31. Dezember 1966 geltenden Fassung), kommt dem fehlenden Merkmal der Ersetzung einer fremden Arbeitskraft entgegen der Auffassung des SG nicht die von diesem gesehene entscheidende negative Bedeutung bezüglich des geltend gemachten Beschäftigungsverhältnisses zu. Die Ersetzung bzw. Einstellung einer Fremdkraft stellt zwar ein durchaus sachgerechtes Merkmal im Rahmen der Prüfung dar (vgl. Kassler Kommentar § 7 SGB IV Rdnr. 2 m.w.N.). Auch ist auf Grund der erfragten Öffnungszeiten des Kiosks (Montag bis Freitag 5.00 - 18.00 Uhr, Sonnabend 5.00 - 13.00 Uhr, Sonntag 7.00 - 12.00 Uhr) eine zusätzliche Kraft objektiv angebracht, jedoch weder während des krankheitsbedingten Ausfalls der Klägerin ab November 1996 noch seit April 2000 eingestellt worden. Die dazu gegebene Begründung der Klägerin, die Einstellung einer solchen Kraft sei finanziell nicht tragbar (gewesen), überzeugt im Hinblick auf die zwischenzeitliche Wiedereinstellung der Klägerin (mit deutlich höherem Entgelt) nicht. Allerdings wird man es einem Selbständigen freigestellt sein lassen müssen, die anfallende Arbeit selbst zu erledigen oder diese teilweise oder vollständig einem anderen zu übertragen. Daher wird man einem Selbständigen - hier dem Ehemann der Klägerin - auch zugestehen müssen, das (gegebenenfalls magere) Ergebnis seiner eigenen Arbeit unter Einbindung eines Familienangehörigen (gegebenenfalls nur) über den Umweg einer Vergütung dieses Familienangehörigen zu erhalten und diesen damit dem Schutz der Sozialversicherung zu unterstellen. Denn es stellt eine rechtlich zulässige Entscheidung dar, wenn ein Selbständiger das Betriebs- bzw. Arbeitsergebnis in der Familie belassen will und deshalb nur dann eine Mitarbeit zulässt, wenn der Ertrag „in der Familie bleibt“ und dabei eine Ausgestaltung wählt, die einen sozialrechtlich zulässigen Schutz bewirkt.

Eine andere Bewertung gebietet auch nicht der Hinweis der Beklagten auf die Angaben der Klägerin in dem eingereichten Fragebogen, wonach sie in der Ausführung ihrer Verkaufstätigkeit im Kiosk weisungsfrei gearbeitet habe. Diese Angabe ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es angesichts des insbesondere örtlich aber auch zeitlich festgelegten Arbeitseinsatzes tatsächlich keiner Weisungen bedurfte, die Gebundenheit durch die betrieblichen Gegebenheiten (örtliche Lage, Öffnungszeiten, zu verkaufende Ware) vorgegeben war. Der Schluss auf eine abhängige Beschäftigung ist mithin nach der Art der Tätigkeit nicht verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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